Short Stories von Morwen (# 7 - Alkohol (J/Inoran) online) ================================================================================ # 4 - Kälte (Reita/Kai; ...?) Kap. 7 ------------------------------------ Teil: 7/? Musik: Zi:Kill (♥♥♥) (Meine japanische Lieblingsband schlechthin. *__*) Kommentar: Äh... Das letzte Mal ist ein wenig länger her (und das ist wahrscheinlich noch untertrieben *hust*). Gründe dafür gibt es viele, der Hauptgrund ist allerdings, dass ich schlicht und einfach nicht da war. Ich hoffe jedoch, dass ich in der nächsten Zeit wieder öfter zum Schreiben kommen werde. ^_^ Das Kapitel sollte eigentlich länger werden, aber ich habe mich entschlossen, es nochmal zu teilen, weil es mittendrin einen Perspektiv-Wechsel gibt (Reita ist auch mal wieder an der Reihe, das Geschehen zu kommentieren :D). Dieser Teil ist auch ein bisschen ernster als der Rest, den Grund dafür werdet ihr schnell herausfinden. Ansonsten kann ich mich nur einmal mehr für eure Kommentare bedanken. Ihr seid toll! ♥ Und weiter geht es. ^^ *~* Kai traute seinen Ohren nicht. „Ihn... ihn mitnehmen?“, stammelte er. „Aber wieso? Was hat er getan?“ Reita drehte sich zu ihm um und nahm sanft sein Gesicht in die Hände. „Keine Angst, ich bin bald wieder da“, sagte er und küsste Kai auf die Stirn. „Dann erkläre ich dir alles.“ Er schlüpfte in seine Turnschuhe und griff nach seiner Jacke, die an einem der Haken am Eingang hing, um sie überzuziehen. „In Ordnung, ich bin bereit.“ Yamamoto nickte und wandte sich zum Gehen. „Reita!“, rief Kai und griff nach der Hand des Bassisten, bevor er die Wohnung verlassen konnte. Er sah den anderen verwirrt an. „Reita, was-“ „Vertrau mir, Kai“, unterbrach ihn Reita leise. „Bitte.“ Kai sah ihn lange an, doch schließlich nickte er und ließ seine Hand wieder los. Reita fuhr ihm noch einmal liebevoll durch die Haare, dann drehte er sich um und ging. Einfach so. *~* Kai starrte fassungslos die Tür an. Er konnte noch immer nicht glauben, was gerade eben passiert war. Noch vor wenigen Minuten hatte er gedacht, dass ihn an diesem Tag nichts mehr schocken konnte, und dann wurde Reita plötzlich von der Polizei abgeholt. Das Ganze war so völlig irrational, dass Kai nur mit Mühe ein hysterisches Lachen unterdrücken konnte. Dann zwang er sich zur Ruhe. ‚Okay, bleib ganz cool’, dachte er. ‚Einatmen... ausatmen... denken!’ Irgendwie funktionierte es. Kai drehte sich auf dem Absatz herum und ging schnurstracks zurück in die Küche, wo er Ruki antraf. Der Sänger runzelte besorgt die Stirn, als er Kais blasses Gesicht sah. „Was ist passiert?“, fragte er. „Und wo ist Reita?“ „Eben war ein Polizist an der Tür, der Reita mitgenommen hat“, erklärte Kai und lief ruhelos in der Küche auf und ab. „Ihn mitgenommen?“ Rukis Gesicht zeigte grenzenlose Verwirrung. „... Warum?“ „Das weiß ich auch nicht“, erwiderte Kai heftiger als beabsichtigt und ballte die Hände zu Fäusten. „Das hat er mir nicht gesagt!“ Ruki sah ihn stumm an. „Er ist einfach gegangen, Ruki, ohne jede Erklärung!“ Kais Stimme war voller Verzweiflung. „Wieso bist du ihm dann nicht gefolgt?“, fragte der Sänger schließlich. „Wieso hast du ihn einfach so gehen lassen?“ Genau dieselbe Frage stellte Kai sich schon seit dem Moment, in dem Reita verschwunden war. Doch jetzt war es zu spät, jetzt konnte er sein Zögern nicht mehr rückgängig machen. Anscheinend ahnte Ruki etwas ähnliches, denn er zuckte schließlich mit den Schultern. „Tja, dann müssen wir wohl warten, bis er wieder da ist...“, meinte er nur. Diese Bemerkung brachte das Fass zum Überlaufen. „VERDAMMT, RUKI!“, schrie Kai. „Ich habe fast das Gefühl, als würde dich das alles nicht wirklich interessieren! Machst du dir denn gar keine Sorgen um Reita?“ Der Gesichtsausdruck des anderen verfinsterte sich. „Hör auf mich anzuschreien, Kai! Ich kann doch auch nichts für das, was ihm zugestoßen ist!“ Doch dann wurde Rukis Miene weicher. „Natürlich mache ich mir Sorgen um Reita“, sagte er. „Und ich hasse es, nicht zu wissen, was passiert ist. Doch du bist der einzige von uns, der wirklich darunter leidet, oder?“ Kai blieb stehen und sah ihn betroffen an. „Manchmal ist es wirklich schwierig, etwas von Akira zu erfahren, weil er von allein ja nie den Mund aufmacht“, sagte Ruki und seufzte, während er in seiner Hosentasche herumwühlte. Dann hob er plötzlich die Hand und warf Kai einen Schlüsselbund zu. „Mein Auto steht in der Straße gleich hinter dem Studio“, sagte der Sänger. „Ich nehme an, du findest den Schlüssel dafür selbst. Aber wenn ich auch nur einen einzigen Kratzer im Lack entdecke, dann mache ich dich persönlich dafür verantwortlich!“ „Ruki, was...“ „Verdammt, jetzt sieh mich nicht so an! Du willst wissen, was los ist, also geh und finde es heraus!“, rief der Sänger aufgebracht. Kai starrte ihn einen Moment lang an, dann lächelte er. „Danke, Ruki“, sagte er. „Das ist wirklich lieb von-“ „Ja, ja, schon gut“, knurrte der Sänger. „Jetzt hau endlich ab!“ Als Kai verschwunden war, kam Aoi in die Küche und sah den Sänger verwirrt an. „Was ist los?“, fragte er. „Wieso hat Kai so rumgebrüllt?“ Ruki seufzte, doch anstatt zu antworten trat er nur auf den anderen zu und legte ihm die Arme um den Nacken. „Aoi, mein Freund...“, flüsterte er ihm ins Ohr und der Gitarrist bekam eine Gänsehaut. „J-ja...?“ „Es gibt da einen Gefallen, den du mir tun könntest“, schnurrte Ruki. „Äh...“ „Könntest du mir wohl eine Zigarette geben?“ „Ach so... einen Augenblick.“ Aoi kramte nervös in seiner Tasche herum und drückte Ruki schließlich eine Zigarettenschachtel in die Hand. „Besten Dank“, hauchte der Sänger, dann ließ er wieder von dem anderen ab und nahm eine Zigarette heraus, um sie sich zwischen die Lippen zu stecken. „Die beiden treiben mich noch in den Wahnsinn“, nuschelte er und suchte in seiner Hosentasche nach einem Feuerzeug. „Noch eher als sich selbst. Außerdem muss man ihnen ständig einen Schubs in die richtige Richtung geben, sonst packen sie es nicht...“ Er blickte auf und sah dem Gitarristen in die Augen. „Fast so schlimm wie bei euch damals...“ Aoi lächelte. „Wir haben uns auch nicht viel besser angestellt, das ist wahr“, entgegnete er. „Ohne dich wäre es wohl nie was geworden...“ „Vielleicht hätte ich damals doch meine Klappe halten sollen“, brummte Ruki. „Aber dann hätte ich zwei Gitarristen mit gebrochenem Herzen gehabt, und das hätte der Band sicherlich nicht gut getan.“ Er sah überrascht auf, als Aoi plötzlich auf ihn zutrat und ihn in die Arme nahm. „Du bist wirklich ein Engel, Ruki“, sagte der Gitarrist sanft und strich dem anderen über den Rücken. „Ehrlich, ich kann gar nicht mit Worten ausdrücken, wie dankbar ich dir für alles bin... Nicht nur wegen Uruha und mir, sondern auch was Reita und Kai betrifft. Manchmal habe ich das Gefühl, ohne dich wären wir alle hoffnungslos aufgeschmissen.“ Der Sänger schloss die Augen und lehnte sich an Aoi. „Tatsächlich...?“, flüsterte er. Doch obwohl Aois ehrliche Worte sein Herz wärmten, fühlte er sich auf einmal sehr einsam. *~* Kai versuchte derweil sich krampfhaft daran zu erinnern, wo die nächste Polizeistation war. Bevor sie in das Studio gezogen waren, hatte er sich eine Karte von der Umgebung angesehen – nur zur Sicherheit natürlich, schließlich konnte man nie wissen, was passieren würde. Dass er jetzt tatsächlich von diesem Wissen Gebrauch machen würde, hätte er allerdings nicht gedacht... In der Nähe hatte es auch eine Polizeiwache gegeben, wenn er sich nicht irrte, und er wusste, wenn er Reita wieder finden wollte, dann musste er dort mit seiner Suche beginnen. Als er Rukis Auto vorsichtig durch die belebten Straßen lenkte – er nahm die Drohung des Sängers durchaus ernst, was eventuelle Schäden an seinem geliebten Auto betraf – hielt er aufmerksam nach der Station Ausschau, aber die Anordnung der Straßen in diesem Teil der Stadt war dermaßen verwirrend, dass er bald das Gefühl hatte, sich völlig verirrt zu haben. Schließlich entdeckte er die Polizeistation eher zufällig. Hätten nicht zwei, drei Dienstwagen davor gestanden, wäre er vielleicht sogar an dem unauffälligen, zweistöckigen Gebäude vorbeigefahren. Er parkte das Auto gerade auf der anderen Straßenseite, als er sah, wie der Kommissar zusammen mit Reita aus einem der Wagen stieg und mit ihm in dem Gebäude verschwand. Kai rief Reitas Namen, aber er wurde vom Lärm des Straßenverkehrs übertönt. Fluchend rannte er über die Straße und sprintete das halbe Dutzend Stufen hinauf, das zum Haupteingang führte. Dort wurde er jedoch gleich von einem jungen Polizisten aufgehalten, der hinter einer Theke im Eingangsbereich saß. „Entschuldigung! Bitte warten Sie einen Moment!“, rief er Kai zu und erhob sich schnell von seinem Platz, um dem Drummer den Weg zu versperren. „Sie können hier nicht einfach so herumlaufen!“ Kai machte ein verärgertes Gesicht, aber er schluckte die wütende Antwort, die ihm auf der Zunge lag, schnell herunter. Der andere tat schließlich nur seinen Job und ihn zu beschimpfen würde Kai eher Probleme bereiten, als dass es ihn weiterbrachte. „Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte der junge Mann und lächelte. Auf einem Schildchen an seinem Hemd stand, dass er Yamamoto hieß. Vielleicht ein Verwandter des Kommissars, überlegte Kai... andererseits war Yamamoto auch ein sehr weit verbreiteter japanischer Familienname. „Ein Freund von mir ist gerade hier hereingekommen, zusammen mit einem von Ihren Leuten“, antwortete Kai. „Bitte entschuldigen Sie, dass ich einfach so hier hereingeplatzt bin, aber ich weiß nicht, was mein Freund getan hat, dass er hierher gebracht wurde, und ich mache mir ehrlich gesagt große Sorgen um ihn.“ „Sie meinen den jungen Mann in Begleitung vom Kommissar?“, fragte der andere. Kai nickte. Yamamoto strich sich nachdenklich über das Kinn. „Soweit ich weiß, soll er lediglich befragt werden“, meinte er. „Sie werden ihn bald wieder sehen...“ „Das hat er mir auch gesagt“, sagte Kai ungeduldig. „Ich weiß nur nicht, wozu er befragt werden soll!“ Der andere sah ihn verwundert an. „Hat er es Ihnen etwa nicht erzählt?“ „Nein.“ Kai schüttelte den Kopf. „Er ist vor zwei Tagen für etwa sieben Stunden verschwunden und hat sich seitdem sehr seltsam benommen...“ „Ich verstehe.“ Yamamoto seufzte. „Nun, wenn Sie wollen, kann ich Ihnen erzählen, was geschehen ist. Es ist eine sehr unschöne Sache und ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass Ihr Freund das alles überhaupt so gut weggesteckt hat...“ Kai überlegte einen Moment lang, was er tun sollte. Einerseits hatte Reita ihm versprochen, dass er ihm alles erzählen würde, wenn er dazu bereit war, aber andererseits wollte Kai auch endlich erfahren, was zwei Tage zuvor passiert war. Schließlich siegte die Neugier und er nickte. „Es war ein furchtbarer Unfall“, begann Yamamoto und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Ich werde den Anblick wahrscheinlich nie wieder vergessen.“ Sie saßen hinter der Theke und der junge Polizist hatte Kai Kaffee angeboten, den der Drummer dankbar angenommen hatte. „Der Alptraum eines jeden Verkehrspolizisten...“ Der junge Polizist seufzte, dann fuhr er fort. „Der Fahrer eines Schwerlasters verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug, als er für wenige Sekunden einnickte. Er kam von der Fahrbahn ab und raste auf die Fußgängerampel zu. Ihr Freund, der dort gerade die Straße überquerte, befand sich dabei direkt vor ihm. Augenzeugen berichten, dass er beim Anblick des Lasters anfing zu rennen, aber es unmöglich hätte schaffen können, sich in Sicherheit zu bringen.“ Kai war bei den letzten Worten blass geworden und seine Finger hatten sich beinahe krampfartig um die Tasse in seinen Händen geschlossen. „Und dann?“, flüsterte er. „Was passierte dann?“ „Nun, das ist der tragischste Teil an der ganzen Sache“, meinte Yamamoto und machte ein betrübtes Gesicht. „Kurz bevor der Lastwagen ihn erreicht hatte, wurde er plötzlich von einem jungen Mann, der hinter ihm auf die Straße gerannt war, aus der Gefahrenzone gestoßen, so dass das Fahrzeug an ihm vorbeifuhr, ohne Schaden anzurichten. Sein Retter allerdings...“ Er verstummte. „Was ist mit ihm?“, fragte Kai, der plötzlich schreckliches ahnte. „Hat er überlebt?“ Yamamoto lachte humorlos. „Lassen Sie es mich so ausdrücken – als der Rettungsdienst eintraf, musste man ihn von der Straße kratzen... und das dürfen Sie wörtlich verstehen.“ „Oh mein Gott...“ Kai hielt sich entsetzt eine Hand vor den Mund. „Sie sagen es.“ Der andere nickte. „Ihr Freund hatte durch den Sturz für einen Moment das Bewusstsein verloren, aber als er kurz darauf wieder aufwachte, war das erste, was er sah... nun ja. Sie können sich vielleicht den Schock vorstellen.“ Kai nickte stumm. „Als die Polizei eintraf, war er nicht ansprechbar“, fuhr Yamamoto fort. „Er reagierte auf keines unserer Worte, doch nach einer Weile ließ der Schockzustand nach und er begann wieder zu sprechen. Er nannte uns seinen Namen und einer meiner Kollegen, der ein Fan Ihrer Band ist, erkannte ihn wieder. Wir brachten ihn auf das Revier und stellten ihm ein paar Fragen zu dem Vorfall, und nach einer Weile hatte er sich wieder beruhigt und machte einen dermaßen vernünftigen Eindruck, dass wir es für das Beste hielten, ihn vorerst wieder nach Hause zu schicken.“ Kai starrte an die gegenüberliegende Wand. Das war also Reitas Geheimnis... Der Bassist hatte jemanden sterben sehen und was noch viel schlimmer war – der andere war wegen ihm gestorben. Kein Wunder, dass er so fertig gewesen war. ‚Er hat gesagt, es wäre seine Schuld...’, dachte Kai. Jetzt verstand er den Sinn der Worte, die der Bassist in der Nacht vor zwei Tagen zu Ruki gesagt hatte – Reita machte sich Vorwürfe. Obwohl klar war, dass der Bassist selbst am wenigsten an dem Unfall Schuld hatte, konnte Kai seine Gefühle irgendwie nachvollziehen. Dann kam ihm plötzlich ein beängstigender Gedanke. Dass Fans manchmal zu sehr extremen Handlungen neigten war nicht ungewöhnlich, aber konnte es sein...? „Gibt es Hinweise darauf, dass er ein Fan von uns war?“, fragte Kai mit rauer Stimme. „Könnte das sein Handeln erklären?“ Yamamoto sah ihn mitfühlend an. „Es ist Ihre Band, nicht wahr?“, fragte er. Kai nickte. „Alles was Gazette betrifft unterliegt meiner Verantwortung.“ „Nun, ich kann Ihre Frage leider nicht beantworten, da ich es nicht weiß“, sagte Yamamoto. „Es tut mir Leid.“ Kai schloss die Augen und massierte seine Schläfen. Das alles war schlichtweg eine Katastrophe. Ein Alptraum. Sollte es sich tatsächlich herausstellen, dass Reitas Retter ein Fan von ihnen gewesen war... er wusste nicht, ob er weiter in dem Wissen Musik machen konnte, dass es Menschen gab, die bereit waren, für Gazette zu sterben. Und er war sich sicher, dass seine Bandkollegen ebenso darüber dachten. Doch wenn es kein Fan gewesen war – was brachte einen Menschen dazu, sein eigenes Leben zu opfern um das eines ihm völlig unbekannten Menschen zu retten? „Was ist mit der Familie des Verstorbenen?“, fragte Kai nach einer Weile. „Wie steht sie zu dem Vorfall?“ „Seine Eltern leben und arbeiten in den USA“, antwortete Yamamoto. „Wir haben ihnen eine Nachricht gesandt, doch bisher noch keine Antwort erhalten.“ Einen Moment lang schwiegen sie. „Falls es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihnen auch gerne eine Frage stellen“, sagte Yamamoto dann. Kai öffnete wieder die Augen und sah den jungen Polizisten ihm gegenüber an. „Natürlich, fragen Sie ruhig“, sagte er. „Sie erwähnten vorhin, er hätte sich seit seiner Rückkehr seltsam benommen – inwiefern seltsam?“ Kai spürte, wie sich seine Wangen röteten. „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch“, fuhr Yamamoto, der dies als Verärgerung interpretierte, schnell fort. „Aber vielleicht hat ihn der Unfall doch mehr mitgenommen, als es nach außen hin den Anschein hat, darum könnte ihm vielleicht ein Besuch bei einem Psychologen-“ „Nein, ich denke, das wird nicht nötig sein“, unterbrach ihn Kai sofort und lächelte entschuldigend. „Es ist nur... wissen Sie, er und ich haben uns nie besonders gut verstanden, aber seit dem Unfall benimmt er sich... anders mir gegenüber. Freundlicher.“ Kai hoffte, dass die Erklärung ausreichte – er konnte dem anderen ja schlecht die Wahrheit sagen. Sollte ihre Beziehung an die Öffentlichkeit gelangen... die Reaktionen darauf wollte er sich gar nicht erst vorstellen. „Ich verstehe“, sagte Yamamoto nachdenklich. „Vielleicht ist das eine Reaktion auf die schrecklichen Dinge, die er gesehen hat. Möglicherweise klammert er sich nun deshalb an Sie, weil Sie ihm Halt und Sicherheit geben, so dass er wieder zu sich selbst finden kann.“ „Heißt das...“ Kais Kehle fühlte sich plötzlich sehr trocken an. „Heißt das, dass dieses Verhalten nicht von Dauer ist sondern nur so lange anhält, bis er den Schock verarbeitet hat?“ „Das kann durchaus der Fall sein“, meinte Yamamoto. „Aber vielleicht hat dieses Erlebnis sein Wesen auch grundlegend verändert. Das ist schwer zu sagen und wird sich erst über einen längeren Zeitraum hinweg feststellen lassen.“ Plötzlich lächelte er. „Wenn Sie mit seiner neuen Art jedoch besser zurechtkommen, hoffe ich natürlich, dass letzteres der Fall ist.“ Kai sah Reitas grinsendes Gesicht deutlich vor sich. ... hätten atemberaubenden Sex... Er hatte keine Ahnung, wieso er ausgerechnet jetzt an diese Worte denken musste, aber sie sorgten dafür, dass sich seine Wangen noch dunkler färbten. Er nahm sich vor, noch einmal ausführlich mit Reita über ihre Beziehung zu sprechen. Aber wahrscheinlich würden sie das eh tun müssen, wenn das, was Yamamoto vermutete, wahr war. Denn wenn Kai eines nicht wollte, dann war es, dass sich an ihrem momentanen Verhältnis irgendetwas änderte... Es vergingen noch etwa zwanzig Minuten, bis Reita endlich von dem Gespräch mit dem Kommissar zurückkehrte. Als er Kai neben Yamamoto sitzen sah, blieb er überrascht stehen. „Kai?“, fragte er bestürzt. „Was zur Hölle tust du hier?“ „Nach Antworten suchen“, erwiderte der Drummer müde. Er hatte keine Lust, sich mit Reita zu streiten, darum stand er schnell auf und verabschiedete sich von dem jungen Polizisten. „Danke für den Kaffee. Und Ihre Hilfe.“ Yamamoto lächelte nur. „Keine Ursache. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“ Kai erwiderte das Lächeln, dann verließ er zusammen mit Reita das Gebäude. *~* Im Auto herrschte Stille. Seitdem sie losgefahren waren, hatte Reita jeden Blickkontakt gemieden. Kai spürte, dass es in dem Bassisten brodelte, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die aufgestaute Spannung entlud. Schließlich beschloss Kai, von sich aus das Schweigen zu brechen. „Reita, was ist los?“ „Wieso bist du mir gefolgt?“, fragte Reita leise. „Wie ich bereits sagte – um Antworten zu suchen“, entgegnete der Drummer. „Und, hast du sie gefunden?“ „Ja.“ Für einen Moment war es erneut still. „Reita, ich weiß, dass du sauer auf mich bist, weil ich eigene Nachforschungen angestellt habe“, sagte Kai dann. „Aber ich habe mir wirklich große Sorgen um dich gemacht, und nicht zu wissen, was dir so viel Kummer bereitet, hat mich fast umgebracht. Ich hoffe, du verstehst das.“ Er warf Reita einen Blick zu, erwartete, dass er ihm nun Vorwürfe machte, ihn anbrüllte, irgendetwas tat... Doch Reita schwieg. *~* Wieder zurück im Studio begab sich der Bassist wortlos in sein Zimmer und überließ es damit Kai, den anderen zu erklären, was passiert war. Sie waren nicht weniger bestürzt als er es gewesen war, als sie erfuhren, was Reita zugestoßen war. Und wie Kai vermutet hatte teilten sie seine Meinung zu der Überlegung, dass es sich bei dem Toten um einen Fan gehandelt hatte. „Das klingt alles ziemlich übel“, fasste Ruki schließlich mit düsterem Gesichtsausdruck die Situation zusammen. „Hat die Klatschpresse schon Wind davon bekommen?“, fragte Uruha, der für gewöhnlich praktisch dachte. Kai schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Laut Yamamoto haben sowohl der Rettungsdienst als auch die Polizei die Sache sehr diskret behandelt. Und unter den Augenzeugen gab es keinen, der Reita erkannt hat.“ „Zum Glück“, meinte jetzt Aoi, der lange Zeit nur schweigend zugehört hatte. „Ich hoffe, das wird auch so bleiben. Hat Yamamoto auch gesagt, wann der Tote beerdigt werden soll?“ Kai verneinte abermals. „Und was sagt Reita zu der ganzen Sache?“, fragte Ruki. Der Gesichtsausdruck des Drummers verfinsterte sich. „Ich habe keine Ahnung. Er hat seit unserer Rückkehr kein Wort mehr mit mir gesprochen.“ Bei dieser Bemerkung machte Ruki ein seltsames Gesicht, aber Kai war zu erschöpft, um weiter darüber nachzudenken. „Ich glaube, ich habe für diesen Tag genug erlebt“, sagte er und schlurfte in Richtung seines Zimmers davon. „Ich lege mich erst mal für eine Weile hin.“ „Kai...“, begann Aoi, aber der Drummer schenkte ihm nur ein beruhigendes Lächeln. „Keine Sorge, es geht mir gut“, sagte er. „Ich brauch nur eine kurze Pause. Außerdem haben wir heute noch viel zu tun.“ Er kehrte ihnen den Rücken zu. „Weckt mich in einer Stunde.“ Und damit war er verschwunden. *~* Die drei Übriggebliebenen sahen sich an. Genauer gesagt – Uruha und Aoi sahen Ruki an. Eine stumme Frage hing im Raum, die jedoch keiner der beiden Gitarristen auszusprechen wagte. Schließlich warf der Sänger entnervt die Arme in die Luft. „Schon gut, schon gut, jetzt starrt mich nicht so an, verdammt!“, rief er. „Ich wollte sowieso mit ihm reden!“ Uruha lächelte und lehnte sich an Aoi, der sogleich einen Arm um seine Hüfte schlang. Gemeinsam sahen sie zu, wie Ruki die Küche verließ und an Reitas Zimmertür klopfte. *~* Fortsetzung folgt... Ich hoffe, die Erklärung war nicht allzu unglaubwürdig. *hust* Manchmal gehen Fans für ihre Stars tatsächlich so weit, dass sie ihr eigenes Leben aufgeben oder es sogar für sie geben würden, auch wenn es sicher längst nicht so krass ist, wie hier beschrieben. Wie das dann für die Band sein muss, will ich mir nicht vorstellen... =/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)