Short Stories von Morwen (# 7 - Alkohol (J/Inoran) online) ================================================================================ # 4 - Kälte (Reita/Kai; ...?) Kap. 6 ------------------------------------ Teil: 6/? Musik: Gazette (mal zur Abwechslung XD) - "Bite to All" ist so ein verflucht genialer Partysong! *-* Kommentar: Urgh. Dieses Kapitel ist so schrecklich kitschig, dass es mir selbst schon fast peinlich ist... X'D *sich hinterm Schreibtisch verkriecht* Falls ihr einen Zuckerschock erleidet - ich übernehme keine Haftung. ^_~ Uhm... ja. Mehr fällt mir dazu nicht ein. XD Und danke für die vielen Kommentare! *-* Ich war echt hin und weg! (Ihr seid ja alle verrückt, ha, ha! XD) Hätte nicht gedacht, dass die Geschichte so gut ankommt. ^_^ Also noch mal vielen Dank. =) *verbeug* So, und jetzt geht's weiter. :D *~* „VERDAMMT!“ Kai schlug mit der Faust gegen die Tür des Schrankes in seinem Zimmer. Ein stechender Schmerz fuhr seinen Unterarm hinauf, doch er achtete nicht darauf, sondern schlug erneut gegen die glatte Holzoberfläche. „Verdammt, verdammt, verdammt!“ Wie hatte er nur so dumm sein können, Reita zu küssen?! Warum sorgte die Nähe des Bassisten in letzter Zeit eigentlich immer dafür, dass alle Sicherungen bei ihm durchbrannten? Und vor allem – wieso zum Teufel ausgerechnet Reita?! Hätte sich sein verdrehter Geschmack nicht für jemand besseren entscheiden können? Nicht, dass Kai überhaupt ein Interesse daran hatte, mit irgendeinem der anderen Bandmitglieder etwas anzufangen, aber musste es ausgerechnet er sein, auf den sein Gefühlsleben so merkwürdig reagierte? Kai schloss die Augen und versuchte, nicht mehr an die Ereignisse der letzten halben Stunde zu denken, doch die Bilder waren hartnäckig und ließen ihn nicht in Ruhe. Er hatte Reita geküsst und diese Tatsache ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Vielleicht war es ihm in dem Moment die völlige Verwirrung und das dumme Gesicht des anderen wert gewesen, aber im Nachhinein betrachtet hätte Kai keinen größeren Fehler begehen können. ‚Er hat sicher gedacht, ich will tatsächlich was von ihm...’, dachte Kai und fluchte abermals. Zumal der Kuss ihrem ersten Kuss in Bezug auf Leidenschaft in nichts nachgestanden hatte... Dieses Mal war er wahrscheinlich sogar noch intensiver gewesen, weil sie es beide gewollt hatten. Denn das war eine Tatsache, die Kai nicht leugnen konnte: Er hatte Reita in diesem Moment gewollt, und wahrscheinlich hätte ihn auch nichts davon abhalten können, den anderen nicht zu küssen. Und dieser Gedanke machte ihm sehr zu schaffen. Noch mehr als all das hatte ihn allerdings die Reaktion von Reita verwirrt: Nachdem sie sich nach einer Ewigkeit wieder voneinander gelöst hatten, hatte Reita ihn an sich gedrückt und... gelacht. Es war ein befreites, ehrliches Lachen gewesen, so als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen. „Du bist wirklich süß, Kai“, hatte er dann gesagt – nachdem er sich wieder halbwegs beruhigt hatte – und den anderen auf Armeslänge von sich geschoben, um ihn anzusehen. Und dann hatte Kai den zweiten, großen Fehler des Abends begangen – er war unter Reitas Blick flammend rot geworden. (Er hätte schwören können, dass seine Ohren in dem Moment geglüht hatten.) Reita hatte gelächelt und sich vorgebeugt, um ihm einen weiteren, sanften Kuss zu geben. Dann hatte er sich umgedreht und war die Stufen hinuntergegangen, nur um nach ein paar Schritten stehen zu bleiben und Kai die Hand hinzuhalten. „Komm, lass uns gehen.“ Und dann, als ob ein Schloss einrasten würde, hatte plötzlich Kais Verstand wieder eingesetzt, und er hatte den dritten und wahrscheinlich größten Fehler begangen – er hatte den Kopf geschüttelt und gemeint, er würde später nachkommen, er müsste zuerst noch eine rauchen und sich die Geschehnisse der letzten Stunde durch den Kopf gehen lassen. Das allein wäre nicht so schlimm gewesen, wenn er nicht noch hinzugefügt hätte, dass die anderen sicher komisch gucken würden, wenn er und Reita Hand in Hand in die Wohnung zurückkehren würden. Daraufhin hatte Reita die Hand wieder sinken lassen und nur stumm genickt. Und erst als der andere sich abgewandt hatte und gegangen war, wurde Kai sein Fehler wirklich bewusst, denn der enttäuschte Blick, mit dem Reita ihn angesehen hatte, tat tief im Inneren weh. *~* Kai wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, in der er in der Dunkelheit seines Zimmers auf dem Boden gesessen und apathisch ins Leere gestarrt hatte, bis endlich wieder Leben in ihn kam und er den Entschluss fasste, sich bei Reita zu entschuldigen. Er konnte das nicht einfach auf sich beruhen lassen. Je länger sie sich in dieser Sache anschwiegen, desto eher würde ihre eben erst mühsam wiedererrichtete Freundschaft in die Brüche gehen. Und Kai war mittlerweile an einem Punkt angekommen, an dem er dies um jeden Preis verhindern wollte. Trotz seiner körperlichen Müdigkeit fühlte er sich noch immer sehr wach, also erhob er sich und ging leise zur Tür, von wo aus er nach kurzem Zögern in den Flur hinaustrat. Während er mit klopfendem Herzen an den Zimmern seiner schlafenden Freunde vorbeischlich, überlegte er, was er Reita sagen sollte. Doch alle Formulierungen, die ihm durch den Kopf gingen, erschienen ihm albern oder unpassend, so dass er es wieder aufgab und einfach hoffte, dass ihm im entsprechenden Moment die richtigen Worte einfallen würden. Als er leise die Tür zu Reitas Zimmer öffnete, war es drinnen dunkel und der andere schlief bereits. Kai war ein bisschen enttäuscht, aber andererseits – was hatte er eigentlich auch erwartet? Dennoch trat er ein und schloss vorsichtig wieder die Tür hinter sich. Mit leisen Schritten näherte er sich dem Bett und ließ sich neben ihm auf dem Boden nieder. Obwohl durch das Fenster nur spärlich Licht ins Zimmer drang, konnte er doch die Konturen von Reitas Gesicht und den entspannten Ausdruck darauf erkennen. Kai legte die Unterarme auf die Matratze und bettete den Kopf darauf. Still betrachtete er das Gesicht des anderen, so wie dieser es nur wenige Stunden zuvor bei Kai im Treppenhaus getan hatte. Normalerweise waren Adjektive wie „hübsch“ oder „attraktiv“ keine Wörter, an die er im Zusammenhang mit Reita auch nur dachte. Er hatte den anderen nie körperlich anziehend gefunden, ebenso wenig wie eines der anderen Bandmitglieder. Doch als er Reita jetzt ansah, entdeckte er in dem schlafenden Gesicht das erste Mal so etwas wie Schönheit. Kai seufzte leise. ‚Warum nur ausgerechnet du...?’, dachte er und strich Reita sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Dann wurden seine Augenlider schwer und die Müdigkeit zu groß, und kaum hatte er die Augen geschlossen, war er auch schon eingeschlafen. *~* Als Kai am nächsten Morgen aufwachte, fielen gerade die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer. Es konnte noch nicht viel später als sechs Uhr sein, überlegte er gähnend, er konnte also noch ein bisschen weiterschlafen. Er wollte sich gerade umdrehen und die Decke, die ein Stück hinuntergerutscht war, wieder bis zum Kinn hochziehen, als ihm zwei Dinge auffielen: zum einen die Tatsache, dass er nicht mehr auf dem Boden lag, sondern in einem Bett, und zum anderen, dass Reita direkt neben ihm lag und schlief. Kai hätte schwören können, dass sein Herzschlag einen Moment lang aussetzte, als er Reitas blonde Haare sah, die sacht seine Nasenspitze kitzelten. Die Stirn des anderen berührte Kais Schulter und seine rechte Hand lag locker auf seinem Oberarm, doch aufgrund der geringen Breite des Bettes wäre es wahrscheinlich unmöglich gewesen, wenn Reita ihn nicht irgendwie berührt hätte. Nachdem er den Bassisten einen Moment lang überrascht angestarrt hatte, ließ Kai die letzte Nacht noch mal Revue passieren. Aber so angestrengt er auch nachdachte, er konnte sich nicht an den Moment erinnern, in dem er vom Boden aufgestanden war und sich zu Reita ins Bett gelegt hatte. Was zu einer sehr wichtigen Frage führte – was war passiert? Er rang einen Augenblick lang mit sich selbst. Sollte er Reita erst fragen, wenn dieser von allein wieder aufgewacht war oder sollte er ihn jetzt gleich wecken? Kai entschied sich schließlich für die zweite Möglichkeit – auch auf die Gefahr hin, dass Reita angepisst reagieren würde, wie er es immer tat, wenn man ihn so früh am Morgen weckte. Vorsichtig streifte er Reitas Hand ab, nur um ihn anschließend an der Schulter zu packen und sanft zu rütteln. „Reita“, sagte er leise. „Reita, wach auf!“ Der Bassist reagierte erst nicht, doch dann gab er ein leises Grummeln von sich und öffnete die Augen. „Was...?“ Er sah Kai verschlafen an und gähnte. „Ach so, du bist es...Was ist los?“ „Ähm...“ Kai biss sich auf die Unterlippe. „Was… also ich meine, wieso...“ „Ach so, das.“ Reita gähnte abermals, dann richtete er sich auf und stützte den Kopf in die Hand, um Kai besser ansehen zu können. „Ich bin nachts aufgewacht, weil ich mal auf Toilette musste“, sagte er. „Dabei habe ich dich entdeckt und gedacht, dass du es in einem Bett vielleicht bequemer hast, als auf dem Boden. Also habe ich dich mit zu mir geholt...“ Er sah Kais Gesichtsausdruck und grinste. „Keine Sorge, ich habe nichts mit dir angestellt, während du geschlafen hast.“ „Das will ich dir auch geraten haben“, sagte Kai finster, dann entspannte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht und er lächelte schüchtern. „Danke, Reita. Das war lieb von dir.“ „Kein Problem“, meinte Reita und einen Moment lang schwiegen beide. Dann runzelte der Bassist die Stirn. „Da ich deine Frage beantwortet habe – darf ich nun vielleicht auch erfahren, was du nachts in meinem Zimmer zu suchen hast?“ Kai wandte den Blick ab. „Ich wollte mich bei dir wegen gestern Abend entschuldigen“, sagte er leise. „Wegen dem, was ich zu dir gesagt habe... ich wollte dich wirklich nicht verletzten.“ Er sah auf und erwiderte offen Reitas Blick. „Aber diese ganze Situation ist noch so ungewohnt für mich und... und ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.“ Reitas Gesichtsausdruck wurde weicher und er hob eine Hand, um sie an Kais Wange zu legen. „Das weiß ich meistens auch nicht“, entgegnete er. „Ich lasse es einfach auf mich zukommen und versuche, irgendwie damit klarzukommen...“ „Ja, aber das kann ich nicht, Reita“, flüsterte Kai. „Ich kann mit dieser Ungewissheit nicht so gut umgehen, wie du... ich kann mich nicht einfach fallen lassen.“ „Dann fange ich dich auf“, sagte Reita und küsste ihn auf die Stirn. „Du musst mir nur vertrauen. Ich kann nicht versprechen, dass all das einfach für uns wird, aber wenn du mir nicht vertraust, dann schaffen wir es vielleicht tatsächlich nicht.“ „Wie kann ich dir vertrauen, wenn du mir nicht mal alles von dir erzählst?“, fragte Kai bitter. „Ich weiß immer noch nicht, was vor zwei Tagen mit dir passiert ist...“ „Nicht jetzt“, sagte Reita und ein Anflug von Kummer war in seiner Stimme zu hören. „Ich verspreche, dass ich es dir bald erzählen werde, aber noch nicht jetzt...“ Kai dachte einen Augenblick lang nach, dann nickte er müde. „Ist gut. Wenn es tatsächlich so schlimm ist, wie ich es aufgrund deiner Reaktion vermute, dann will ich dich nicht weiter danach fragen... Erzähl es mir einfach, wenn du dazu bereit bist.“ „Das werde ich“, sagte Reita. „Danke, Kai.“ Sie sahen sich einen Moment lang stumm an. „Tja...“, meinte Kai schließlich. „Dann sollte ich vielleicht einfach wieder zurück in mein Zimmer gehen...“ „Wenn du das möchtest, meinetwegen“, sagte Reita und fügte ein wenig leiser hinzu: „Du kannst natürlich auch hier bleiben, wenn es dir nichts ausmacht... Ich habe nichts dagegen.“ Kai dachte über diesen Vorschlag nach... und daran, dass es eigentlich nicht unangenehm war, sich mit Reita ein Bett zu teilen. Ein wenig seltsam, ja... aber nichts, woran er sich nicht gewöhnen konnte. Zudem war er mittlerweile wieder so müde, dass er eigentlich keine Lust hatte, aufzustehen und in sein eigenes Zimmer zurückzukehren. Also nickte er nur, dann schloss er die Augen und vergrub das Gesicht an Reitas Halsbeuge. Der andere legte vorsichtig einen Arm um ihn und zog ihn näher an sich. ‚Ich werde das bereuen’, dachte Kai und kuschelte sich an Reita. ‚Irgendwann werde ich das sehr bereuen. Bestimmt...!’ Und dann war er auch schon eingeschlafen. *~* Ruki weigerte sich hartnäckig, sein Bett zu verlassen. Für gewöhnlich kam Kai immer, um ihn zu wecken, aber obwohl es mittlerweile schon nach acht Uhr war, hatte sich der Drummer bisher noch nicht blicken lassen. Kai weckte ihn normalerweise immer. Das war ein Ritual, das sie bereits in den ersten Monaten, nachdem Kai der Band beigetreten war, entwickelt hatten, wenn sie auf Tour waren oder gerade ein neues Album aufnahmen. Und bis auf die seltenen Ausnahmen, bei denen Ruki mal vor dem anderen aufgestanden war, hatte sich in all den Jahren nichts daran geändert. Aber heute kam Kai einfach nicht und Ruki wurde langsam unruhig. Er war bereits seit einer Viertelstunde wach und starrte ungeduldig die Zimmertür an, doch das herzliche Lächeln und das fröhliche „Guten Morgen!“, das ihn sonst jeden Morgen weckte, ließen heute auf sich warten. Schließlich hatte er die Warterei satt und stand auf, um zu sehen, wo der andere blieb. Barfuss tappte er zur Tür und schlüpfte hinaus in den Flur. Das Bad war leer und auch aus der Küche drangen keine Geräusche, also musste Kai noch in seinem Zimmer sein. Ruki öffnete die Tür von Kais Zimmer und stellte fest, dass das nicht der Fall war. Er verschränkte die Arme vor der Brust und dachte lange und intensiv nach. Dann wanderten seine Mundwinkel langsam nach oben und formten ein Grinsen, das so breit war, dass es fast von einem Ohr zum anderen reichte. Er ging zurück in sein Zimmer und wühlte in dem Schränkchen neben seinem Bett herum. Nach einer Weile fischte er einen rechteckigen, kleinen Kasten heraus und schlich zurück in den Flur. Vor Reitas Zimmer blieb er stehen und öffnete vorsichtig die Tür – und fand genau das vor, was er erwartet hatte. „Perfekt“, flüsterte Ruki und hob die Kamera ans Auge. Es machte leise ‚klick’ und dann war ein summendes Geräusch zu hören, als die Polaroidkamera das Foto ausspuckte, auf dem nach und nach das Bild von Reita und Kai sichtbar wurde, die eng aneinandergekuschelt in Reitas Bett lagen und schliefen. Ruki schloss die Tür wieder hinter sich und grinste, während er das Foto betrachtete. Falls es in Zukunft Schwierigkeiten geben sollte, ihren Bandleader von etwas zu überzeugen... nun ja, jetzt hatte er ein geeignetes Druckmittel. *~* Als Kai zwei Stunden später erwachte, dauerte es wie bei seinem ersten Erwachen wenige Stunden zuvor einen Moment, bis er sich orientiert hatte und ihm wieder einfiel, wo er sich befand. Dieses Mal jedoch war Reita bereits wach und sah ihn still an. Sowohl sein Blick als auch die Tatsache, dass das Gesicht des anderen nur wenige Zentimeter von seinem eigenen entfernt war, ließ Kais Herz höher schlagen. „Wie lange bist du schon wach?“, flüsterte er. „Keine Ahnung“, antwortete Reita und grinste. „Schon seit einer Weile. Es macht Spaß, dich zu beobachten, während du schläfst, weißt du...?“ Kai wurde rot – und er ärgerte sich darüber. „Wieso?“ „Du schläfst mit offenem Mund – und die Versuchung, dich wach zu küssen, war verdammt groß, glaube mir – und murmelst hin und wieder irgendwas vor dich hin.“ „Tatsächlich?“, fragte Kai, dem dieses Gespräch irgendwie langsam peinlich wurde. „Was denn?“ „Ach, alles mögliche...“, entgegnete Reita und sein Grinsen wurde breiter. „Meinen Namen zum Beispiel...“ „Echt jetzt?!“, entfuhr es Kai, und er hätte sich dafür im nächsten Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. „Nein, war nur ein Scherz.“ Reita lachte. „Aber ich hätte nichts dagegen...“ „Mistkerl“, murrte Kai. „Schon so früh am Morgen schlecht gelaunt...“, tadelte Reita ihn und beugte sich vor, um Kai einen kurzen Kuss zu geben. „Das passt gar nicht zu dir“, flüsterte der Bassist und leckte sich die Lippen. „Muss an dir liegen“, entgegnete Kai spitz, dann konnte er der Versuchung nicht mehr widerstehen. Seine Hand vergrub sich in Reitas blonden Haaren und er zog ihn näher, um ihn zu küssen. Der Kuss war, anders als ihre Küsse zuvor, ohne jegliche Hast, dabei jedoch nicht weniger intensiv. Kai nahm sich Zeit, die Mundhöhle des anderen zu erkunden, bevor er ihn in ein träges, aber sinnliches Zungenspiel verwickelte, auf das Reita nur zu bereitwillig einging. Jedoch war keiner von ihnen darauf aus, die Oberhand zu gewinnen, sondern sie genossen einfach nur die Intimität und Ruhe des Augenblickes. Der Kuss schien sich ewig hinzuziehen, doch schließlich war es Reita, der sich als erster zurückzog. „Du wirst immer mutiger“, sagte er grinsend. „Du stehst doch auf mich, gib’s zu.“ „Sei nicht so eingebildet“, schnaubte Kai und schob ihn mit sanfter Gewalt von sich, um sich anschließend aufzurichten und einen Blick auf die Digitaluhr neben Reitas Bett zu werfen. „Oh, Mist!“, stöhnte er. „Es ist schon fast halb elf... Wir haben total verschlafen!“ „Nun, ich finde, es hat sich gelohnt“, meinte Reita. Aber Kai hörte ihm schon nicht mehr zu, sondern war bereits aufgestanden und auf dem Weg zur Tür. „Ich muss die anderen wecken...“ „Kai!“ rief Reita leise. „Warte bitte noch einen Moment...“ Der andere drehte sich um und sah Reita ungeduldig an. „Was ist denn?“ „Ich wollte dich fragen...“ Der Bassist stockte, dann holte er tief Luft und fuhr fort: „Was ist nun mit uns?“ Kai sah ihn verwundert an. „Was soll mit uns sein?“ Reita verdrehte genervt die Augen. „Kai, die anderen sind bereits wach“, sagte er. „Ich habe sie vorhin im Flur umherlaufen hören. Und es sollte mich sehr verwundern, wenn ihnen nicht bereits aufgefallen ist, dass du nicht mehr in deinem Zimmer bist... und da sie nicht völlig auf den Kopf gefallen sind, können sie sich sicher denken, wo du gerade steckst.“ Kai nickte wie in Trance. Ihm war klar, worauf Reita hinauswollte, und der Gedanke behagte ihm nicht. „Ich verstehe“, sagte er matt. Doch zum einen wollte er Reita nicht schon wieder vor den Kopf stoßen und zum anderen... würde er sich nicht auch selbst irgendwie betrügen, wenn er weiterhin versuchte sich einzureden, dass er nichts für den anderen empfand? Plötzlich blitzte Entschlossenheit in seinen Augen auf. „Verdammt, dann sollen sie es halt erfahren!“, meinte er. Auch wenn er selbst noch nicht so recht wusste, was das überhaupt für eine Beziehung war, die er mit Reita hatte – sie auf Dauer geheim zu halten, würde ihn eine Menge Nerven kosten. Jedenfalls mehr Nerven, als wenn die restlichen Bandmitglieder gleich erfuhren, was Sache war. Reitas Augen begannen zu leuchten. „Danke, Kai“, sagte er, während der Drummer sich abwandte und die Tür öffnete. Die drei Worte, die Reita danach sagte, waren so leise, dass Kai sie kaum mehr verstand, als er auf den Flur hinaustrat. Und wahrscheinlich hatte er sie sich eh nur eingebildet. *~* „Und? Gut geschlafen?“, begrüßte Uruha ihn, als Kai in die Küche kam. „Fantastisch, danke der Nachfrage“, entgegnete der Drummer kurz angebunden. „Hat Reita auch nicht geschnarcht?“, fragte Ruki mit einem unschuldigen Lächeln. „Er kann in der Nacht echt laut sein...“ „Weiß ich doch nicht, ich habe geschlafen“, antwortete Kai, der sich tapfer gegen die spitzen Bemerkungen seiner Freunde zur Wehr setzte. „Tatsächlich? Was habt ihr denn letzte Nacht noch getrieben, dass du das nicht gehört hast, während du geschlafen hast?“ „Hör auf, Kai zu ärgern, Ruki!“, kam Reita, der in dem Augenblick die Küche betrat, dem Drummer zu Hilfe. Er wuschelte Kai, der feuerrot angelaufen war, kurz durch die Haare und ließ sich dann auf den Stuhl neben ihn sinken. „Außerdem wüsste ich nicht, was dich unser Sexleben angeht“, fügte er dann hinzu. Ruki sah ihn überrascht an, während Kai Reita unter dem Tisch nur kraftvoll gegen das Schienbein trat. Der Bassist gab einen schmerzerfüllten Laut von sich. „Erzähl keinen Mist“, sagte Kai kühl. „Wir haben gar nichts getan, sondern lediglich geschlafen.“ „Das kann ich bestätigen“, sagte Aoi, dessen Zimmer neben dem von Reita lag. „Alles andere hätte ich mit Sicherheit gehört.“ „Oh ja“, erwiderte Reita und grinste. „Dass die Wände hier dünn sind, habe ich bereits bemerkt... ihr seid ja auch nicht gerade leise, wenn ihr-“ Uruha verschluckte sich just in diesem Moment an seinem Tee und bekam einen Hustenanfall, in dem das, was Reita als nächstes sagte, unterging. Aoi, der neben ihm saß, klopfte ihm besorgt auf den Rücken, bis der Anfall vorüber war. „Könnten wir bitte das Thema wechseln?“, röchelte Uruha, als er endlich wieder sprechen konnte. Kai sah verwirrt zwischen den beiden Gitarristen und Reita hin und her, beschloss aber, nicht weiter nachzufragen. Der Rest vom Frühstück verlief heiter, und die anderen ließen es sich nicht nehmen, Kai und Reita weiterhin zu necken. Doch während der Bassist den Spott gleichmütig über sich ergehen ließ, gingen Kai die ganzen Bemerkungen nach einer Weile auf die Nerven. So hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt... Als Ruki wiederholt einen äußerst zweideutigen Kommentar von sich gab, platzte Kai schließlich der Kragen. „Okay, Leute, es reicht!“, sagte er verärgert. „Könntet ihr das bitte bleiben lassen und einfach nur akzeptieren, dass die Dinge sind, wie sie sind?“ Die anderen gaben einen Moment lang Ruhe, dann sprach Ruki schließlich die Frage aus, die Kai am meisten befürchtet hatte: „Wie sind sie denn?“ In der darauf folgenden Stille war es so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Alle sahen Kai gespannt an, und auch Reita schien auf eine Antwort zu warten, denn sein Blick ruhte auf ihm und er machte keine Anstalten, dem Drummer in dieser peinlichen Situation zu helfen. „Ich...“ Kais Stimme erstarb, denn seine Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet, und er schluckte nervös. Was zum Teufel sollte er tun? Was sollte er sagen? Und was erwarteten die anderen – und ganz besonders Reita – überhaupt von ihm? Sollte er offen sagte, dass er Reita... ja, was eigentlich. Dass er ihn liebte? Nun, es war eine Form von Zuneigung, die er für ihn empfand, aber war dieses Gefühl stark genug, dass man es Liebe nennen konnte? Kai wusste es doch selbst nicht genau, wie sollte er den anderen da erst eine Antwort geben können? Es war mittlerweile fast eine Minute verstrichen und Kai fühlte sich noch immer völlig hilflos. Aoi und Uruha sahen ihn erwartungsvoll an, während Ruki beinahe ein bisschen enttäuscht wirkte, weil sich nichts Weltbewegendes tat. Lediglich Reitas Gesichtsausdruck war unergründlich, und das verunsicherte Kai am meisten. Schließlich holte er tief Luft, um den anderen zu sagen, dass er keine Ahnung hatte und nicht weiter darüber reden wollte, als er auf einmal spürte, wie jemand sacht die Hand an seine Wange legte. Er sah verwundert zur Seite und in Reitas Gesicht. Der andere lächelte leicht. ‚Vertrau mir!’ schienen seine Augen zu sagen. ‚Vertrau mir und lass dich fallen...’ Kai zögerte einen Moment lang... und nickte dann. „Ja“, flüsterte er. Und Reita beugte sich vor und küsste ihn. Kai schloss die Augen und schlang einen Arm um den Nacken des Bassisten, während er den Kuss erwiderte. Die Tatsache, dass die anderen ihnen dabei zusahen, wurde ihm sehr schnell sehr egal, denn Reita schaffte es einmal mehr, ihn fast besinnungslos zu küssen. Dabei war der Kuss weder besonders wild noch besonders leidenschaftlich... doch es war die unendliche Sanftheit des anderen, die Kai den Verstand raubte. Nach dem ersten, langen Kuss zog Reita sich zurück, nur um ihm anschließend viele weitere, zärtliche Küsse auf die Lippen zu hauchen, die Kai allesamt zum Schmelzen brachten und ihn schwach machten. Als Reita sich schließlich endgültig von ihm löste, konnte der Drummer nur mit Mühe der Versuchung widerstehen, den anderen am Kragen zu packen und ihn zu einem weiteren, hungrigen Kuss zu sich zu ziehen. Nachdem Kai wieder halbwegs klar denken konnte, hörte er Ruki leise pfeifen. „Das sah so aus, als hättet ihr das schon oft gemacht“, sagte der Sänger fröhlich. „Das war in der Tat nicht schlecht für den Anfang“, meinte Aoi und nickte anerkennend. „Gibt es noch irgendwelche Unklarheiten?“, fragte Reita herausfordernd. Er hatte die Arme während des Kusses um Kai gelegt und hielt ihn auch jetzt noch fest, als würde er spüren, dass der andere noch nicht wieder Herr seiner Sinne war und jemanden brauchte, der ihn stützte. Aoi hob abwehrend die Hände. „Nicht bei mir. Ich fand das ziemlich eindeutig. – Uruha?“ Er stieß dem anderen Gitarristen sanft den Ellenbogen in die Seite. „Was meinst du?“ Uruha lächelte nur sein undurchschaubares, katzenhaftes Lächeln, doch auch er nickte. „Sehr schön“, meinte Reita zufrieden. „Dann wäre ich dafür, dass wir es von nun an alle mit ein bisschen mehr Ehrlichkeit versuchen.“ Kai dachte, die merkwürdige Art, wie Reita das „alle“ betonte, wäre an ihn gerichtet, doch der andere sah dabei die beiden Gitarristen an. „Selbstverständlich“, sagte Aoi grinsend und legte Uruha einen Arm um den Nacken, und bei dem, was er dann tat, wurden Kais Augen groß. „Oh“, sagte er. Und dann, als er seine Sprache wieder gefunden hatte: „Ich verstehe.“ *~* Kai hätte lügen müssen, hätte er gesagt, dass er nicht gewusst hatte, dass die beiden Gitarristen ein Paar waren. Im Nachhinein betrachtet war es eigentlich die ganze Zeit über sehr offensichtlich gewesen, doch etwas in Kai hatte sich dagegen gesträubt, es zu sehen. Ebenso wie er sich dagegen gesträubt hatte, in Reita mehr zu sehen, als nur einen Freund. Kai war in dieser Beziehung ein wenig eigen – es war kein Problem, gut mit ihm auszukommen und mit ihm befreundet zu sein, doch wenn jemand mehr als das von ihm wollte, wurde es kompliziert. Es war nicht so, dass Kai es nicht merkte, wenn ihn jemand anmachte, aber er ging normalerweise nicht darauf ein, weil er einfach nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Für gewöhnlich waren die betreffenden Personen nur flüchtige Bekannte, die den Gedanken sehr aufregend fanden, ein Verhältnis mit einem Rockstar zu haben. Diesen Leuten machte Kai meistens mit höflichen Worten klar, dass er kein Interesse an einer Beziehung hatte, sie aber weiterhin befreundet sein konnten... und das klappte normalerweise auch. Dass es dieses Mal aber ausgerechnet jemand aus seinem engeren Freundeskreis sein musste, verunsicherte Kai sehr. Nicht nur, weil er die Gefühle erwiderte, sondern weil die Art, wie er sich von nun an Reita gegenüber verhalten würde – und zwar nicht nur, wenn sie alleine waren, sondern auch vor ihren besten Freunden – eine völlig andere war, als all die Jahre zuvor. Oder kurz gesagt – Kai war momentan ein bisschen überfordert von der Entwicklung der Ereignisse. Seine Gedanken schienen sich auf seinem Gesicht widerzuspiegeln, denn nach dem Essen nahm Reita ihn für einen Moment beiseite. „Was ist los?“, fragte er und lächelte Kai aufmunternd an, doch der andere sah die Sorge in seinen Augen. „Was hast du?“ Kai lächelte schief. „Mir geht’s gut, keine Sorge... Ich fühle mich nur ein bisschen erschlagen von all den Dingen, die in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert sind.“ Reita lachte. „Kann ich verstehen... irgendwie kommt plötzlich alles auf einmal, was?“ „Könnte man so sagen, ja“, nuschelte Kai und lehnte die Stirn an Reitas Schulter. „Die Jahre vorher mit euch vier Verrückten waren nichts dagegen.“ „Oh, ich verspreche dir, dass die Zukunft noch viel aufregender wird...“ „Was will mir dein dreckiges Grinsen jetzt sagen?“ Reitas Grinsen wurde breiter. „Was vermutest du denn?“ „Ich glaube, ich will die Details gar nicht so genau wissen...“ „Früher oder später werden wir sie auch von selbst herausfinden.“ Kai runzelte die Stirn. „Bevor ich dich freiwillig an mich heranlasse, werden noch Jahre vergehen, glaube mir...“ Reita schmollte. „Sei nicht so prüde.“ „Sei du nicht so schrecklich versaut!“, gab Kai schnippisch zurück und schlug Reita leicht gegen den Oberarm. In diesem Moment klingelte es an der Tür. Reita hob eine Augenbraue. „Wer ist das denn jetzt?“ Der Drummer zuckte mit den Schultern. „Wir erwarten keinen Besuch. Und Ito und seine Assistenten haben selbst einen Schlüssel.“ „Ich geh mal nachsehen“, meinte Reita und ging in den Flur hinaus. Kai, der plötzlich ein ungutes Gefühl bekam, folgte ihm einen Moment später. Als er in den Flur trat, öffnete der Bassist gerade die Tür. Allerdings konnte Kai nicht erkennen, wer dahinter stand, weil Reitas Rücken ihm die Sicht versperrte. Seine Schritte beschleunigten sich. „Reita, wer ist da?“, fragte er. In diesem Moment fing der Unbekannte vor der Tür an zu sprechen. „Sind Sie Suzuki Akira?“, fragte eine männliche Stimme. Reita nickte. „Ja, der bin ich.“ Endlich erreichte Kai die Tür und sah einen hochgewachsenen Mann mittleren Alters draußen im Gang stehen. Dieser holte gerade einen Ausweis aus der Brusttasche seiner Jacke und hielt ihn Reita hin. „Ich bin Kommissar Yamamoto Masao“, sagte er. „Und ich muss Sie bitten, mit mir zu kommen.“ *~* Fortsetzung folgt... Ich habe das Gefühl, ich hangel mich von Cliffhanger zu Cliffhanger... *ähem* Bis zum nächsten Teil könnte es möglicherweise noch eine Weile dauern, weil ich spätestens übermorgen zu meinen Eltern nach Hause fahre und ich weiß nicht, ob ich da die Zeit finden werde, weiterzuschreiben (wie ich meine Familie kenne eher nicht *hust*). Nun ja... Ich wünsche euch erst mal schön (Rest-) Ferien und freue mich wie immer über Kommentare. =) ♥ P.S.: Mit diesem Kapitel ist "Short Storys" mein zweitlängstes Projekt hier auf Animexx. Yay! *-* *Sektkorken knallen lässt* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)