The World In A Cage von -Red-Karasu (+Final Chapter up 9 December 2008+) ================================================================================ Kapitel 1: 1. [System] ---------------------- 1. [System] Es klopfte. Immer wieder. 'Lass mich schlafen, bitte, nur noch ein bisschen. Ich war fast die ganze Nacht auf und mir tut jeder Knochen im Körper weh. Lass mich einfach schlafen…' Doch das Klopfen hörte nicht auf. Im Gegenteil, es wurde noch fordernder, bis schließlich noch eine ziemlich genervte Stimme zu ihm durchdrang. „ZERO! Mach auf verdammt!“ Er zuckte zusammen. 'Nein!…Lass mich in Ruhe, hau einfach ab. Ich hab’ das Gefühl, dass mein Kopf gleich platzt...' Er quälte sich trotz seiner Gedanken aus dem Bett, das selbst nach der kurzen Zeit, die er heute darin verbracht hatte, vollkommen zerwühlt war. Er wusste, dass er keine andere Wahl hatte, wollte er nicht noch mehr Ärger riskieren. Langsam ging er in Richtung Tür. 'Ich hoffe sehr, dass er nicht so wütend ist, wie er klingt.' Vorsichtig sperrte er auf und ließ den Mann in die kleine Wohnung. Der Andere sagte nichts, sondern packte ihn hart an den Schultern und drückte Zeros Körper scheinbar ohne große Mühe gegen die Wand. „Geht doch!“ Er lockerte seinen Griff und für einen Moment hatte Zero damit zu kämpfen, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Leicht zitternd schlang er die Arme um seinen Körper. Ihm war kalt und die letzte Nacht hatte deutliche Spuren hinterlassen. Schließlich folgte er dem Anderen in die Küche, wo dieser sich mittlerweile auf einem Stuhl niedergelassen hatte. „Wo ist das Geld?“ Seine Stimme war ruhiger als noch kurz zuvor. Zero nickte nur kurz, zum Zeichen, dass er verstanden hatte und ging in sein Schlafzimmer. Als er zurückkam, drückte er seinem Besucher noch immer wortlos einen dicken Umschlag in die Hand. Dieser öffnete ihn und zog eines der Bündel von 10.000 Yen Scheinen hervor. Zufrieden nickend sah er den Jüngeren an. „Dich kann sich wirklich nicht jeder leisten...und bei dem Trinkgeld...“ Sein Herz krampfte sich bei diesen Worten zusammen, äußerlich zeigte er jedoch keinerlei Regung. Er hasste es, wenn man über ihn sprach, wie über einen Gegenstand, aber er konnte sich schlecht darüber beschweren, denn schließlich entsprachen diese Worte der Wahrheit: wer das nötige Kleingeld hatte, konnte ihn kaufen. Zumindest für ein paar Stunden. Mit ausdruckslosen Augen sah er dem Anderen nach, als der aufstand und mit einem knappen „Bis heute Abend!“ seine Wohnung wieder verließ. Zero hatte sich abgewöhnt, seine Gefühle zu zeigen oder überhaupt wirklich zuzulassen, dass er etwas fühlte. Emotionen waren gleichbedeutend mit Schwäche. Und wenn er Schwäche zeigte, würde er nur noch schneller kaputt gehen als so schon, das wusste er. Langsam ging er wieder in sein Schlafzimmer und vergrub sich in seinem Bett, dem einzigen Ort, der ihm etwas Schutz bot, an dem er sich nicht ganz so ausgeliefert vorkam wie auf der Straße. Und eigentlich war das die pure Ironie, wenn man bedachte, dass er einen nicht zu unterschätzenden Teil seiner Arbeitszeit eben in Betten verbrachte. Auch wenn diese meist um einiges luxuriöser waren als sein einfacher Futon. Er schloss die Augen und versuchte alle Gedanken zu verdrängen, die er hatte, bis er allmählich eine willkommene Leere in seinem Kopf spürte und wieder in einen unruhigen Schlaf fiel. ~~~~~ Einige Stunden swurde er wieder von Klingeln geweckt – allerdings war es diesmal sein Wecker. Mit einem Seufzen raffte er sich auf und ging ins Bad, wo er sich für einen Moment stirnrunzelnd im Spiegel betrachtete. 'Wow...das ist jämmerlich...' Vorsichtig, mit kalten Fingerspitzen, fuhr er sich über den Oberkörper. Es schmerzte, als er die roten Striemen berührte, die sich darüber zogen. 'Ich würde sagen, das ist ein neues Rekordtief...so schlimm sah es schon lange nicht mehr aus... Aber was soll's...Dieser Typ hat schließlich bezahlt und alles andere ist uninteressant...' Er stieg unter die Dusche und versuchte sich ein wenig zu entspannen, als das warme Wasser seinen Körper überspülte. Von dem Schmutz auf seiner Seele konnte es nichts entfernen, aber auch damit hatte er zu leben gelernt. Schließlich drehte er das Wasser wieder ab und ging zu seinem Kleiderschrank. Korsett, Hotpants, Netzstrümpfe mit Strapsen und schwarze Lackoverknees. Seine normale Arbeitskleidung. Er zog sich an, ging dann noch einmal ins Bad, um sich zu schminken. Sonst könnte er gleich vergessen, heute Abend noch Kunden zu haben. 'Ein Hoch auf die Erfindung von Make-up...' Schließlich schlüpfte er noch in seinen schwarzen Ledermantel und genoss für einen Moment einfach das schützende Gefühl, dass das schwere Material ihm gab. Mit einem Seufzen fuhr sich noch einmal mit den Händen durch seine langen schwarzen Zöpfe und verließ dann seine Wohnung. Er hasste den Weg zu seiner Arbeit. Seit inzwischen viereinhalb Jahren – seit er 17 war – war er gezwungen, das zu machen und trotzdem drehte sich ihm dabei jeden Abend aufs Neue beinahe der Magen um. Er konnte nicht einmal verhindern, dass sich jedes Mal in seinem Kopf Szenen abspielten, die ihm zeigten, was heute wohl passieren könnte. Er hatte sich mit seinem Leben zwar weitgehend abgefunden, dieses Gefühl, diese Abscheu, jedoch ließ sich einfach nicht unterdrücken. Umso dankbarer war er dafür, dass er sehr schnell gelernt hatte, niemandem zu zeigen, was er wirklich fühlte oder dachte. Die meisten seiner Kollegen waren vermutlich der Meinung, dass ihm einfach alles egal war. Aber andererseits: sie wussten genauso gut wie er, dass das im Grunde, die beste Überlebensstrategie war, wenn man nicht freiwillig dort arbeitete. Und viele von ihnen hielten es genauso. Als er in der U-Bahn saß, starrte er aus dem Fenster. Durch das Spiegelbild in der Scheibe sah er, dass es alles normale Leute waren, die mit ihm fuhren. Keiner von ihnen sah so aus, als ob er das nötige Kleingeld hätte, um Eintritt ins „Grudge“ zu bekommen. Plötzlich fühlte er eine Hand auf seinem Arm, was ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Er drehte sich um und sah in das Gesicht eines älteren Mannes, der sich neben ihn gesetzt hatte und ihm nun einen wohlwollenden Blick zuwarf. „Schauen Sie doch nicht so traurig drein, junge Frau. Ein Lächeln würde Ihnen sicher besser stehen.“ Er wollte etwas erwidern, doch in dem Moment stand der Mann auf, nickte ihm noch einmal zu und verließ dann den Zug. Zero starrte ihm stumm hinterher, schüttelte dann leicht den Kopf. Woher sollte der Mann auch wissen, dass sein Gegenüber keine Frau war, sondern ein Mann, der feminin aussah und seit Jahren gezwungen wurde, als Stricher die Spielschulden seines Vaters abzuarbeiten… Denn genau so sah die bittere Wahrheit aus, die er am Tag der Beerdigung seiner Mutter erfahren hatte. Der Kontakt zu seinem Vater war zu diesem Zeitpunkt jedoch schon seit mehreren Jahren abgerissen, da sich sein werter Erzeuger irgendwann einfach aus dem Staub gemacht hatte. Einige Minuten später kam der Zug bei seiner Haltestelle an und der junge Mann stieg aus, um langsam in Richtung seines Arbeitsplatzes zu gehen. Als er schließlich ankam, führte ihn sein Weg durch den Hintereingang bis zu dem Raum, in dem sich die Angestellten vor Dienstbeginn aufhalten und zurechtmachen konnten. Das „Grudge“ war nicht einfach ein Bordell. Es war vielmehr ein Club, in dem die Reichen dieser Stadt feiern konnten. Und wer das nötige Bargeld bei sich hatte, konnte sich von den jungen Männern und Frauen, die hier – mehr oder minder freiwillig – arbeiteten, aussuchen, wer ihm am besten gefiel und sich noch etwas vergnügen. Zero nickte ein paar seiner Kollegen zu, bevor er sich auf einen Stuhl fallen ließ. Fast unmerklich verzog er sein Gesicht. Sein gesamter Körper schmerzte immer noch. Durch einen der Spiegel hindurch wanderte sein Blick durch den Raum, bis er schließlich an einer seiner Kolleginnen hängen blieb. Sie musste etwa genauso alt sein wie er selbst und arbeitete noch nicht allzu lange hier. Sie war ziemlich übel zugerichtet worden, versuchte jetzt krampfhaft eine ruhige Fassade aufrecht zu erhalten. Dass diese Verletzungen nicht von einem Freier stammten, war jedem hier klar. Auch wenn sie alle für ihren Chef nur Ware waren, so achteten ihre „Aufpasser“ doch darauf, dass sie nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden, denn das war schließlich schlecht fürs Geschäft. Er spielte gerade mit dem Gedanken, sie anzusprechen, als Maya den Raum betrat. Ihr ließ er gern den Vortritt. Sie müsste mittlerweile Mitte Dreißig sein und war vermutlich die, die am längsten hier arbeitete. Und sie hatte genauso sicher schon mehr Scheiße erlebt als die meisten anderen zusammen,. Jeder von ihnen brachte ihr einigen Respekt entgegen, denn sie war es auch, die sich im Notfall um andere kümmerte, obwohl das sonst unter ihnen so gut wie nicht vorkam. Weshalb sie hier war, wusste keiner so genau, an einem Ort wie diesem pflegte niemand Freundschaften oder ähnliche Bindungen zu anderen. Sie alle wussten, dass sich das nicht lohnte. Nicht für sie. Maya ging auf das Mädchen zu und redete beruhigend auf es ein. Dann öffnete sie eine Dose mit Körper-Makeup und begann vorsichtig, die Kratzer und blauen Flecken auf den Armen und dem Oberkörper der jungen Frau zu überschminken. Zero seufzte leise, während er sich eine Kippe anzündete. Es war wirklich schade um das Mädchen. Als sie hier angefangenhatte, war sie eine wahre Schönheit gewesen, doch davon war nun nicht mehr viel übrig, so gebrochen, wie sie aussah. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er nicht bemerkt hatte, wie Maya neben ihn getreten war. Erst als sie ihn leicht an der Schulter rüttelte blickte er zu ihr auf. „Mh?“ „Zeig mal deinen Oberkörper.“ Zero nickte und stand auf. Er entledigte sich schweren Herzens seines Mantels und lockerte die Schnürung seines Korsetts. Maya betrachtete den zierlichen Körper vor sich mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen. „Der hat dich aber auch ganz schön zugerichtet gestern…“ Der junge Mann zuckte nur mit den Schultern. „Was soll’s schon…mittlerweile bin ich’s gewohnt…“, murmelte er und zog noch einmal an seiner Zigarette, bevor er sie im Aschenbecher erstickte. Was konnte er schließlich dafür, wenn einer seiner Stammfreier auf SM-Spiele stand und dazu am liebsten ihn nahm? Unterdessen hatte Maya damit begonnen, auch seinen Oberkörper sorgfältig zu überschminken, genau so wie sie es zuvor mit dem jungen Mädchen getan hatte. „Wir bekommen heute einen Neuzugang…“, merkte sie nach einer Weile ohne Zusammenhang an. Zero nickte nur, war innerlich allerdings doch etwas verwundert. Es geschah nicht allzuoft, dass Neue hergebracht wurden, so wie er damals. Aber so wie Mayas Worte klangen, war genau das der Fall. „Ein Junge…gerade mal 18, glaube ich…“, fügte sie dann noch kopfschüttelnd hinzu. Er wusste, dass ihr jeder der hier arbeiten musste Leid tat, selbst wenn sie sich so mit ihrem eigenen Schicksal abgefunden hatte, wie es augenscheinlich der Fall war. „Weswegen kommt er her?“, fragte Zero tonlos. Doch Maya zuckte nur kurz mit den Schultern. „Keine Ahnung…Karyu wusste auch nichts Näheres…“ Sie betrachtete noch einmal Zeros Oberkörper und bedeutete ihm dann, sich wieder richtig anzuziehen. Sie sammelte ihre Sachen zusammen bevor sie sich nochmals an Zero wandte. „Ich konnte es heute so drehen, dass du hier im Club Dienst hast. Bar und so weiter, du weißt schon. Dann musst du heute nicht raus.“ Zero sah sie einen Moment verwirrt an, nickte dann jedoch dankbar, verkniff sich allerdings das kleine Lächeln, das sich auf seine Lippen schleichen wollte. Maya wandte sich zum gehen, hielt aber nochmals an der Tür inne. „Ach und Zero?“ „Hm?“ „Du solltest mehr essen. Du hast ziemlich abgenommen in letzter Zeit.“ Zuerst reagierte er nur mit einem desinteressierten Schulterzucken. „Hab halt 'nen anstrengenden Job…“, murrte er sarkastisch. Maya verdrehte die Augen und verschwand dann endgültig. Zero setzte sich wieder und verbrachte die restliche Zeit bis Dienstbeginn in dem kleinen Raum damit, auf die Tischplatte vor sich zu starren und darüber nachzudenken, wie lange er nun nichts mehr gegessen hatte. Waren es zwei Tage? Drei? Langsam schüttelte er den Kopf. 'Spielt ja doch keine Rolle…' Er versank weiter in seine Gedankenwelt und vernichtete dabei noch einige weitere Zigaretten, bis ihn Geräusche auf dem Gang aufschrecken ließen. Kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen und Karyu trat ein, einen zierlichen Jungen mit sich ziehend. Alle, die sich hier im Raum befanden, starrten den Jungen an. Er zitterte am ganzen Körper und schien gänzlich aufgelöst zu sein. Karyu hatte anscheinen vor, von neuem damit zu beginnen, den Jungen verbal fertigzumachen, als sich die Tür ein weiteres Mal öffnete und Maya wieder den Raum betrat. Sie sah Karyu mit einem wütenden Blick an. „Raus, sofort!“, forderte sie ihn auf, bedeutete ihm gleichzeitig mit einer Geste, sich vom Acker zu machen. Eigentlich hatte sie, wie alle anderen auch, nichts zu sagen, aber da sie bereits länger als der Bodyguard hier arbeitete, verschwand er einige Augenblicke später aus dem Raum. Und Zero fragte sich einmal mehr, ob die Beiden sich vielleicht besser kannten, als ihre Arbeit hier nahelegte. Maya zog den Jungen neben sich auf einen Stuhl und versuchte ihn, wie schon die junge Frau vorhin, zu beruhigen. Die meisten anderen hatten ihre Blicke längst wieder abgewendet, denn eigentlich interessierte es niemanden, was mit einem der Anderen war. Jeder hatte genug damit zu tun, selbst über die Runden zu kommen, doch irgendetwas verbot es Zero geradezu den Neuen einfach zu ignorieren. Hatte er nicht irgendwann einmal genauso hier gesessen? Nach einer Weile hatte der Junge sich wieder halbwegs beruhigt und Maya stand auf. Ihr Blick traf den Zeros, als sie sich zum Gehen wandte. „Kannst du noch ein bisschen auf ihn achten?“ „Wieso? Er geht mich nichts an.“ „Er wird nachher mit dir zusammen im Barbereich arbeiten. Willst du, dass du wegen diesem Nervenwrack weniger Geld bekommst?“, fragte sie selbst etwas gennervt, worauf Zero nur mit einem Seufzen reagierte. Er hatte keine Lust den ganzen Abend jemanden mit sich herumzuschleppen. Er hatte schließlich so schon genug zu tun. Dennoch nickte er ergeben und schlenderte die wenigen Schritte hinüber zu seinem neuen Kollegen, um sich auf den Stuhl neben ihm fallen zu lassen. Der Jüngere sah ihn schüchtern an, wirkte dabei wirkte wie ein verängstigtes, kleines Tier. So, wie er da saß, erinnerte er ihn unweigerlich an das berühmte Kaninchen vor der Schlange. „Wie heißt du?“, fragte er, bemüht seiner Stimme den gewohnt gleichgültigen Klang zu geben. „…Tsukasa…“ Ein Nicken von Seiten Zeros. „Ok. Dann hör zu, Tsukasa. Keiner von uns hier macht diesen verdammten Job gern. Ich hab keine Ahnung, warum du hier bist und ehrlich gesagt, ist es mir auch herzlich egal...“, der Jüngere zuckte bei diesen harten Worten zusammen, hörte aber trotzdem weiter zu. „…und alle Anderen interessiert es auch nicht. Gewöhn dich am besten dran. Auch wenn Maya sich jetzt um dich gekümmert hat, du musst lernen allein klarzukommen. Dieser Job ist scheiße, das wissen wir alle. Aber wir müssen das halt durchziehen. Eine Wahl haben wir so oder so nicht.“ Zero lehnte sich vor und strich dem verängstigten Jungen ein paar Tränen aus dem Gesicht, ohne dabei jedoch selbst irgendeine Regung zu zeigen. „Versuch einfach, stark zu sein und dich abzuschotten von dem, was passiert. Noch kannst du hier drinnen im Club arbeiten. Aber irgendwann musst du genauso raus auf die Straße wie alle anderen auch. Davor kann dich niemand schützen.“ Er erhob sich und betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Dank des Make-ups war er wirklich wieder ansehnlich. „Jetzt komm, ich muss dir noch alles zeigen.“ Der Junge nickte schüchtern und erhob sich nach kurzem Zögern ebenfalls. Als er sich einen letzten prüfenden Blick im Spiegel zuwarf, seufzte Zero innerlich. Es war schade um diesen Jungen. Er würde es hier vermutlich nicht lange aushalten ohne vollkommen kaputt zu gehen. Aber so war das Leben. Kapitel 2: 2. Tainted World --------------------------- 2. Tainted World „Könntest du BITTE endlich damit aufhören, mir hinterher zu laufen?!“ Wütend drehte Zero sich um und funkelte den Jüngeren an. „A-aber…“ „Nichts aber!“, fiel er dem Jungen ins Wort, fuhr sich mit einer unwirschen Geste durch die Haare. Geschlagene drei Stunden ging das jetzt schon so. Anfangs war es ja vollkommen in Ordnung, dass Tsukasa ihn begleitete, wenn er die Gäste bediente, da Zero ihn so vorstellen konnte. Aber langsam war er einfach nur genervt. Nicht zuletzt deswegen, weil er so sein Trinkgeld mit dem Kleinen teilen musste. Also sollte er sich irgendetwas einfallen lassen. Der Schwarzhaarige atmete einmal tief durch. Er musste ruhig bleiben. „Okay…hör zu…“, Tsukasa sah ihn fragend an. „Ich weiß, dass das heute nicht einfach für dich ist. Du willst nicht hier sein, es ist dein erster Tag und all das. Aber wenn du nicht aufhörst hinter mir herzurennen, dann bekommst du mächtig Ärgern, verstanden?“ Die Antwort, die er bekam, bestand nur aus einem herzerweichenden Seufzen und einem Blick, der so verängstigt wirkte, dass ihm seine Worte schon beinahe wieder leidtaten. Aber irgendetwas musste er trozdem tun, er konnte es sich nicht leisten, den ganzen Abend jemanden am Arsch kleben zu haben – zumindest nicht, wenn es kein Kunde war. „Okay, wir machen das anders…“, meinte er schließlich leise, ehe er wieder so laut fortfuhr, dass Tsukasa ihn auch über die Musik hinweg verstehen konnte. „Wehe du versaust das jetzt, dann kannst du dir schon mal dein Grab schaufeln.“ Seine Blicke sprachen Bände, als Zero den Jüngeren an der Schulter griff und vor sich her durch den vollen Club schob. Um sie herum tobte das Nachtleben. Die Bässe vibrierten durch ihre Körper, doch Zero hatte sich, wie die meisten anderen auch, angewöhnt die Musik einfach zu ignorieren. Er dirigierte Tsukasa an der vollen Tanzfläche vorbei bis zu einer der Sitzecken, wo er schon eher am Abend eine seiner Stammkundinnen ausgemacht hatte. Mit einem seichten Lächeln auf den vollen Lippen begrüßte er sie und gab ihr den Handkuss, auf den sie bestand, seit sie sich kannten. Sie nickte ihm lächelnd zu und betrachtete dann Tsukasa. Dann wandte sie ihre Blicke fragend an Zero, zog eine Augenbraue leicht nach oben. „Das ist Tsukasa, ein Neuzugang…Ich dachte, er gefällt dir vielleicht, Kana.“ „Ja, das tut er…“ Sie streckte die Hand aus und zog den leicht verdatterten Jungen zwischen sich und ihre Begleiterinnen auf die weich gepolsterte Bank. Der Blick des Jüngeren irrte umher, bis er schließlich wieder bei Zero hängen blieb. Der zuckte nur mit den Schultern und ging dann zurück an die Bar, um zu arbeiten. Dort wurde er allerdings auch schon von Karyu erwartet. Das hatte ihm noch gefehlt. Konnte der Kerl nicht irgendwo anders rumstehen? „Wo warst du?“ „Weg…“ „Und wo ist der Kleine?“ „Bei Kana…“, Karyu warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Bei der?“ „Was dagegen?“, zischte Zero genervt. Er persönlich hatte Karyu noch nie leiden können. Zero war nicht der Mensch, der anderen überhaupt so etwas wie Gefühle entgegenbrachte, doch ihm gegenüber konnte er eine offensichtliche Antipathie nicht unterdrücken. Der schlaksige junge Mann zählte zwar zu den erträglicheren Aufpassern, aber Zero mochte seine ganze Art nicht. Vielleicht auch, weil sie sich auf die ein oder andere Weise so ähnlich waren. Oder, weil Karyu ganz einfach ein Arschloch war. „…denn bringen?“ Zero schüttelte den Kopf, als Zeichen, dass er nichts verstanden hatte. Nicht gerade feinfühlig packte der Ältere ihn am Arm, um ihn in den Lagerraum hinter der Bar zu ziehen, in dem die Kühlschränke für die Getränke standen. Wütend riss Zero sich los. Seine Augen zu schmalen Schlitzen verengt blitze er Karyu an. „Geht's dir noch gut?“, fauchte er. „Könnte ich dich auch fragen. Wie kannst du diesen Neuling bei Kana lassen? Du solltest ein Auge auf ihn haben!“ Wieder zuckte Zero nur mit den Schultern. „Und? Das ist ja wohl nicht deine Sache. Er muss lernen hier klarzukommen und er hat mich genervt. Außerdem was soll das? Bei ihr ist er in „guten Händen“, er hätte es schlimmer treffen können.“ Karyu starrte ihn immer noch nur an. Er schien etwas sagen zu wollen, aber gleichzeitig nicht die richtigen Worte dafür zu finden. Zero legte den Kopf schief und wartete. „Wenn du was sagen willst, tu's. Ich hab heute noch zu tun“ Die Stimme des Schwarzhaarigen klang mehr als genervt. „Das kannst du doch nicht machen!“ „Siehst du doch…“, langsam ging es ihm echt zu weit. „Mann, der Kleine ist noch Jungfrau!“ „Und das, obwohl DU ihn hergebracht hast? Ich bin erstaunt…hast ihn noch nicht allein erwischt, was?“, zickte Zero zurück, merkte jedoch, kaum dass er seinen Satz beendet hatte, dass er dieses Mal zu weit gegangen war. Er konnte sich gerade noch ducken und so verhindern, dass die Hand, die nun mit voller Wucht einen der Kühlschränke traf, Bekanntschaft mit seinem Gesicht machte. Er hob den Kopf und blickte in Karyus vor Wut blasses Gesicht. Fest blickte er sein älteres Gegenüber an, als er sich wieder aufrichtete. Karyu wusste genau worauf er angespielt hatte. „Man könnte glatt meinen, du wärst eifersüchtig auf Kana…“, meinte Zero noch herablassend, als er sich umwandte, um wieder hinter die Bar zu gehen. „Halt die Klappe, du Hure.“ Er zeigte keinerlei Reaktion auf diese Worte, doch auch jetzt verletzte es ihn noch, so betitelt zu werden. Und Karyu wusste das. Er kannte ihn schließlich seit er hier war. Kaum stand er wieder auf seinem Posten hinter der Bar, kam auch schon eine erfreut lächelnde Kana auf ihn zu, um sich schließlich auf einem der Barhocker niederzulassen. Ohne zu zögern schob Zero ihr eine Bloody Mary entgegen. Nach fast 2 Jahren, in denen sie seine Freierin war, wusste er, was sie mochte. Sie nickte ihm zu. „Süß der Kleine“, meinte sie, als sie einen Schluck getrunken hatte, was mit einem Nicken quittierte. „Wo habt ihr den her?“ Diesmal ein Schulterzucken. Kana wandte sich um und spähte durch den Raum. Zeros dunkle Augen folgten ihrem Blick. In der Sitzecke saßen Tsukasa und die Begleiterinnen Kanas und schienen sich zu unterhalten. „Er ist ziemlich schüchtern…“ Und wieder konnte er nur nicken, denn gerade war der Jüngere rot angelaufen und sah beschämt zu Boden. „Solang er dir gefällt…“, meinte er schließlich, was sie dazu veranlasste sich wieder zu ihm umzudrehen. Sie streckte leicht eine Hand aus und umfasste Zeros Kinn. „Ja tut er…aber natürlich niemals so, dass er dich ersetzten könnte, Zero…“ Sie beugte sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Ihre Augen blitzten belustigt, denn sie wusste sehr wohl, dass Zero das nicht besonders mochte. Sie griff nach ihrem Glas, erhob sich und mit einem weiteren Lächeln war sie in der tanzenden Menge verschwunden. Unwillkürlich atmete der Schwarzhaarige durch. Einige Stunden später, gegen vier Uhr morgens, machte sich Zero auf den Heimweg. Er war froh, dass er heute zeitig angefangen hatte, sodass jemand anderes den Dienst bis in den Morgen hinein übernahm. Müde schleppte er sich durch die Straßen, bis er schließlich leicht stolpete. „Scheiße…“ Er griff sich an die Schläfe. Vielleicht hätte er doch eher aufhören sollen. Diese verdammten Trinkspiele waren einfach nichts für ihn. Aber Kana hatte ihn nun mal dabeihaben wollen. Also was hatte er anderes tun sollen? Und immerhin konnte er sicher sein, in dieser Nacht einiges an Gewinn gemacht zu haben. Er ging einige Schritte weiter und stützte sich an einer Wand ab. 'Durchatmen…einfach ruhig atmen...' Er schloss einen Moment die Augen., versuchte das Gleichgewicht zu behalten, während sie die Welt um ihn drehte. Nach einer kurzen Pause, stieß er sich wieder von der Mauer ab, geriet aber erneut ins Wanken. „Kana, du sadistische Kuh…verdammter Tequila...“ Warum sie ihn aber auch immer zu so was treiben musste. Er war sich bewusst, dass die Frau ihn auf ihre verdrehte Art mochte, dennoch machte sie sich zu gern einen Spaß daraus, die Tatsache, dass er nicht viel Alkohol vertrug, auszunutzen. Sie fand das sehr unterhaltsam. Zero war da allerdings, besonders wegen des unheimlichen Katers, den er jedes Mal bekam, anderer Meinung. Das Problem war, dass er nicht das Recht hatte, gegen irgendetwas Widerspruch einzulegen, wenn sie für seine Dienste bezahlte. Er fluchte leise vor sich hin, während er langsam weiterging. Als er etwas hinter sich hörte, blieb er stehen und drehte sich suchend um. Trotz seines Alkoholpegels und den Plateaus konnte er sich noch auf den Beinen halten, die Frage war allerdings, wie lange. Er sah, dass ihm jemand entgegenkam. Ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Inneren breit. Nicht, dass er paranoid war, aber das kam ihm nicht gut vor. Er konzentrierte sich wieder auf die Straße vor sich und setzte seinen Weg fort. Die Schritte hinter ihm wurden schneller und kamen immer näher. Der Schwarzhaarige versuchte, seine Schritte ebenfalls zu beschleunigen, was ihm , so kam es ihm vor, aber nicht wirklich gelang, sodass er schließlich ohne weiteres Nachdenken, einfach zu rennen begann. Die Schritte hinter ihm passten sich seinen an. Er sah erneut über seine Schulter zurück, musste allerdings feststellen, dass das in betrunkenem Zustand keine gute Idee war, da er sofort ins Stolpern geriet und einen Augenblick lang das Gleichgewicht verlor. Genau dieser kurze Moment reichte seinem Verfolger, um ihn an der Schulter zu packen und so zu Boden zu reißen. Für einen Moment spürte Zero nichts. Dann den harten, unebenen Boden unter seinem Rücken und, zu seinem Entsetzen, einen schweren Körper auf dem seinen. Er blickte nach oben. „Du bist ziemlich unvorsichtig…“, meinte eine Stimme eindeutig zu nahe an seinem Ohr. Er versuchte, die Gestalt von sich zu drücken, doch sein Gegenüber hielt seine ohnehin vom Alkohol geschwächten Arme fest und drückte sie auf die Erde. Äußerlich unbewegt betrachtete Zero den Typen, der da auf ihm saß. Er war erstaunlich jung, vielleicht 19 oder 20 Jahre alt, aber mit Sicherheit kräftiger als er selbst, was so gesehen allerdings auch nicht wirklich eine Kunst war. Dennoch sagte Zero kein Wort, sondern versuchte nur den Anderen von sich zu drücken. Er hörte Gelächter und blickte auf. Um sie herum standen noch vier oder fünf andere junge Männer. Er spürte einen Finger, der nicht allzu sanft über seine Wange strich. Schnell drehte er den Kopf und biss aus Reflex zu. Eine Sekunde lang betrachtete ihn sein Gegenüber mit schmerzverzerrtem Gesicht. Dann holte er aus und schlug zu. Wieder zeigte Zero keine Regung. Er war Schläge gewöhnt, so dass er es kaum noch spürte. „Du kleine Schlampe…Ich hab doch gesehen, dass du aus dem Grudge kamst…Also tu nicht so, du lässt doch auch sonst jeden an dich heran…“ Zustimmendes Gemurmel erscholl. Er sah seinen Angreifer nur mit leicht aufgerissenen Augen an. Nur weil er seinen Körper verkaufte, hieß das noch lang nicht, dass er das gern tat. Und diese Typen verlangten von ihm, dass er sich ihnen hier anbot? Die Wut stieg in Zero hoch, als der Andere begann, ihn zu begrabschen, und anscheinend seine Hotpants öffnen wollte. „Na dann wollen wir doch mal sehn, ob du deinen Job auch beherrschst und wie ein braves Mädchen deine Beine breit machst…“ Der Schwarzhaarige wurde stutzig. Hielten die ihn etwa für ein Mädchen? Als sich die Hand noch weiter bewegte, wurde es ihm zuviel. „Du nimmst jetzt sofort die Hand aus meinen Hosen, du kleiner Flachwichser, oder es passiert was“, knurrte er kalt und blickte dem jungen Mann, der ihn jetzt seinerseits ein wenig entsetzt ansah, fest in die Augen. Zero nutzte diesem Umstand und riss seine Arme los. Kaum eine Sekunde später taumelte der Kerl von ihm zurück, nachdem er die Faust des Älteren zu spüren bekommen hatte. Der rappelte sich ebenfalls auf und sah sich um. Er hatte sich geirrt: es waren insgesamt acht junge Männer, die nun um ihn herum standen. Und er war noch immer vom Alkohol benebelt. Geistesgegenwärtig schloss er seine Hosen wieder. Er rechnete sich keinerlei Chancen aus. Schon in nüchternem Zustand hätte er gegen sie alle auf einmal nichts ausrichten können. Aber so wie es ihm gerade ging, konnte er das gleich ganz vergessen. Aber er würde sich hier sicherlich nicht ohne Gegenwehr einfach so überwältigen lassen. Also musste er es anders versuchen. Abschätzend musterte er denjenigen, der auf ihm gesessen hatte. „Werd erstmal erwachsen, bevor du versuchst, jemanden zu vergewaltigen. Ich mag vielleicht Stricher sein…“, er strich sich einige seiner Zöpfe aus dem Gesicht, „…aber du könntest dir mich niemals leisten…“ Er ließ seinen Blick schweifen. „Nicht mal wenn ihr alle zusammenlegen würdet…“ Er versuchte seine Stimme überlegen klingen zu lassen. Auch wenn er wusste, dass er sich um Kopf und Kragen redete, diese Typen durften unter keinen Umständen mitbekommen, wie fertig er gerade war. Mit einem unguten Gefühl im Magen betrachtete er, wie sie langsam näher kamen. „Wie teuer bist du denn?“, fragte einer links von ihm. Zero musterte ihn kalt. „Zu teuer.“ „Sag schon…ich hab Geld…“ Der Junge begann zu grinsen. Zero wandte sich ihm zu, schüttelte leicht den Kopf. Er setzte gerade an, um zu antworten, als ihm die Arme auf den Rücken gedreht wurden. Mit einem Aufschrei wurde ihm klar, dass das nur eine Falle gewesen war, um ihn abzulenken. Er fragte sich ernsthaft, wie er so dumm hatte sein können darauf herein zu fallen. Er spürte Atem an seinem Ohr, einen Körper, der sich von hinten an ihn drängte. „Dann nehmen wir dich eben einfach so, ohne zu bezahlen…“ Bei diesen Worten jagte eine Gänsehaut über seinen Körper. Sein Herz verkrampfte sich, als er wieder Hände auf seinem Körper spürte. „Ich wollte schon lange mal wissen, wie es mit einem Typen ist…“ Mit diesen Worten wurden Zeros Hotpants wieder geöffnet und er wurde unstandslos an eine Wand gepresst. Der, der auch schon vorhin auf ihm gesessen hatte, drängte sich wieder an seinen Körper. Er schien wohl eine Art Anführer dieser Truppe zu sein. Zero presste die Augen zusammen und drückte sich so weit es ging gegen die Hauswand in der Hoffnung, vielleicht einfach darin verschwinden zu können, als ihn die Finger des Anderen weiter erforschten. Als er für einen Moment drohte zusammenzusacken, wurde er grob festgehalten und noch fester gegen die Wand gedrückt, sodass er sicher sein konnte einige Kratzer davon zu tregen. Nur mit Mühe konnte er einen Schmerzenslaut unterdrücken, als sein Körper brutal von dem anderen genommen wurde. Kapitel 3: 3. Hai to Ame ------------------------ 3. Hai to Ame Das Erste, was Zero später spürte war, wie ihm jemand über die Stirn strich. Er zuckte zusammen, öffnete die Augen und versuchte aus Reflex der Hand auszuweichen, die ihn berührte. Als er wieder halbwegs klar sehen konnte, erkannte er, dass jemand neben ihm auf dem Boden hockte und ihn aufmerksam betrachtete. Er wich den Blicken aus, versuchte vorsichtig sich aufzurappeln. Weit kam er allerdings nicht, denn die Hand, die seine Stirn berührt hatte, hielt nun sein Handgelenk fest. Fragende Augen trafen auf einen forschenden Blick, der junge Mann, der ihn noch immer zurückhielt sagte auch jetzt nichts. Schließlich schaffte Zero es, sich loszumachen und taumelnd auf die Beine zu kommen. Schwer atmend von der Anstrengung griff er nach seinem Mantel, der ihm von der Straßenbande entrissen worden war und hob auch sein Handy wieder auf. Es war wohl pures Glück, dass sie Typen es nicht mitgenommen hatten. Vermutlich war es ihnen nicht aktuell genug. Der Umschlag mit seinen Einnahmen dieses Abends war allerdings verschwunden. Unbehaglich drehte Zero sich wieder zu dem anderen um, der am Boden hockte und ihn noch immer beobachtete. Es schien ihm, als würde er auf etwas warten. Dem seltsam interessierten Blick wieder ausweichend, wandte Zero sich ruckartig in die entgegengesetzte Richtung, um seinen schmerzenden Körper so schnell wie möglich in sein Bett bringen zu können. Dazu kam es allerdings nicht, da ihm durch die schnelle Bewegung, zusammen mit den Nachwirkungen des Alkohols, die sich wieder bemerkbar machten, sofort wieder schwarz vor Augen wurde. Er taumelte und erwartete schon, den kalten Boden wieder hart zu spüren zu bekommen. Doch stattdessen war das Letzte, was er fühlte, bevor er das Bewusstsein erneut verlor, ein Paar schlanke Arme, die ihn auffingen. In der vom morgendlichen Dämmerlicht spärlich erhellten Straße kniete nun ein junger Mann auf dem Boden und hielt einen leblosen Körper in den Armen, seine Blicke noch immer auf das feine Gesicht des anderen gerichtet. Er schüttelte leicht den Kopf. „Was mach ich hier eigentlich…?“, entkam es leise seinen Lippen, als er sich aufrichtete und den anderen auf seine Arme lud. Er hatte sich nur ein wenig die Beine vertreten wollen und stattdessen lief er nun, einen Ohnmächtigen tragend, der – seiner Kleidung nach zu urteilen – nicht unbedingt einen seriösen Job hatte, durch die Straßen zurück zu seiner Wohnung. Aber hätte er ihn einfach verletzt und ohnmächtig dort liegen lassen sollen? Wohl kaum. Also legte er auch den restlichen Weg zu seinem Apartment zurück, sperrte die Tür auf, als er ankam und ging in sein Schlafzimmer, wo er die noch immer bewusstlose Gestalt auf seinem Bett ablegte. Als er seinen 'Fund' noch einmal ansah, konnte er abermals nur den Kopf schütteln. Nach kurzem Zögern machte er sich schließlich vorsichtig daran den Anderen zumindest von seinen Stiefeln zu befreien. Ein Knöchel war angeschwollen; er war wohl ziemlich heftig umgeknickt. Er ließ seine Blicke über den zierlichen Körper auf seinem Bett schweifen und musste schlucken. Am besten wäre es sicherlich, ihn auch noch von dem restlichen Zeug zu befreien und ihn in wärmere Sachen zu stecken. Aber das ließ er lieber, bis er wusste, wer dieser junge Mann eigentlich war. Also nahm er nur seine Bettdecke und die Überdecke und breitete beides über dem leblosen Körper aus. Nach einem letzten Blick wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Einige Zeit später saß er an seinem PC, um einen seiner Aufträge endlich fertigzustellen – er hatte dieses Projekt schon viel zu lange vor sich hergeschoben. Leise Geräusche gefolgt von einem unterdrückten Aufkeuchen, ließen ihn aus seinen Gedanken auffahren. Er ließ seine Arbeit liegen und stand eilig auf, um nachzusehen, was passiert war. Er ging bis zum Schlafzimmer, blieb dort allerdings im Türrahmen stehen. Das Gesicht seines unfreiwilligen Besuchers war ihm mit einem erschrockenen Ausdruck zugewandt. Er war in der Haltung erstarrt, in der er sich gerade befunden hatte, im Begriff aus dem Bett zu klettern. Einen Moment lang nahm er das Bild in sich auf, das sich ihm dort bot. Auf eine nicht definierbare Art und Weise sah der andere, wie er da verschreckt, zerkratzt und müde auf seinem Bett saß wunderschön aus. All diese Dinge konnte ihm nichts anhaben, sogar der abweisende Ausdruck in seinen dunklen Augen ließ ihn beinahe noch schöner wirken. Unwillig schüttelte er den Kopf, um klare Gedanken zu bekommen. „Wie heißt du?“, fragte er seinen Gast dann ohne Umschweife. Der jedoch schüttelte nur leicht den Kopf und sah ihn weiterhin stumm an. „Gut…dann nicht…“, ein leises Seufzen entkam ihm. „Wie auch immer. Ich bin Hizumi.“ Ein leichtes Nicken von Seiten des Anderen war die Antwort. „Vielleicht solltest du erst einmal duschen gehen…“ Langsam ging Hizumi ein paar Schritte auf sein Gegenüber zu und half ihm vorsichtig auf die Beine. Der junge Mann sah ihn sichtlich verwirrt an, während er von ihm ins Bad geführt wurde. „Dort liegen Handtücher…andere Klamotten gebe ich dir nachher, okay?“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Bad. Zero stand einige Momente nur stumm da und starrte auf die Badezimmertür, die nun geschlossen war. 'Was ist hier eigentlich los...?' Dennoch begann er langsam, sich von seiner Kleidung zu befreien. Als er sah, dass sie teilweise ziemlich lädiert war, entkam ihm trotz seiner anhaltenden Verwirrung ein unwilliges Murren. Das, was geschehen war, hatte er momentan einfach ausgeblendet. Eine weitere Fähigkeit, die er im Laufe der Jahre erlernt hatte. Was auch immer mit ihm passierte, er ließ es nicht in sein emotionales Bewusstsein vordringen. Vorsichtig stieg er unter die Dusche und drehte das warme Wasser auf. Mit einem leichten Seufzen ließ er es über seinen Körper rinnen und spürte, wie sich seine Muskeln allmählich etwas entspannten. Seine Gedanken jedoch kreisten unaufhörlich um seinen unverhofften Gastgeber, in dessen Wohnung er sich nun anscheinend befand. 'Hizumi…' Was wollte dieser Typ nur von ihm? Zero schüttelte den Kopf. Was sollte er schon wollen? Viele Möglichkeiten gab es da schließlich nicht. Er hatte ihn gefunden. Und bei seiner Kleidung war es ja wohl mehr als eindeutig zu erkennen, welchen „Beruf“ er ausübte. Also was wollte er wohl? Sich über seine eigene Dummheit ärgernd, stellte Zero das Wasser ab und verließ die Dusche. Er hätte vorhin einfach leiser sein müssen, dann hätte er aufstehen und gehen können, statt sich jetzt mit diesem Typen rumärgern zu müssen. Jetzt bekam er aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht einmal Geld für seine Dienste. Er trocknete sich ab und wickelte sich dann fest in das Handtuch. Langsam tastete er über seinen Körper, verzog immer wieder das Gesicht, wenn er eine neue Blessur ertastete. Wenn das so weiter ging, brauchte er wirklich mehr als nur ein bisschen Make-up, um noch irgendwie präsentabel auszusehen. Mit einem letzten Seufzen wandte er sich zur Tür und öffnete sie leise. Er sah sich in der Wohnung um, um sich kurz zu orientieren. Auch von hier aus konnte er Hizumi in einem der anderen Räume – er tippte auf das Wohnzimmer – am Fenster stehen sehen. Es schien heftig zu regnen. Barfuß trat Zero in das Wohnzimmer, blieb jedoch ein paar Schritte von dem anderen entfernt stehen. „Hizumi…?“ Er wunderte sich selbst, wie rau und brüchig seine Stimme klang. Der andere hatte ihn jedoch gehört und drehte sich mit einem leichten Lächeln zu ihm um. Einen Moment musterte er Zero, nickte dann leicht. „Du brauchst noch etwas zum anziehen, nicht wahr?“ Er ging an seinem Gast vorbei und bedeutete ihm, mit ins Schlafzimmer zu gehen. 'Hab ich es nicht gesagt…' Für einen Moment umspielte ein winziges, trauriges Lächeln Zero’s Mund, verschwand aber augenblicklich wieder, als Hizumi ihn anwies sich aufs Bett zu setzen, während er selbst zum Schrank ging und darin nach etwas suchte. Ohne irgendeine Regung zu zeigen, befreite Zero sich langsam von dem Handtuch und wartete ab. Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war der verwirrte und erschrockene Blick Hizumis, als dieser sich wieder umdrehte, um ihm wirklich ein paar Sachen zu geben. Er blickte Zero verwirrt an, als er sie auf das Bett legte. „Hier, zieh das an.“, meinte er. Der andere jedoch rührte sich nicht, sondern sah ihn an. „Du brauchst nicht so zu tun, als ob du mir helfen willst. Ich weiß, was du von mir willst. Also komm einfach her und nimm es dir…dazu bin ich schließlich da…“ Ohne den Blick abzuwenden hatte Zero gesprochen und erlebte jetzt mit, wie seinem Gegenüber die Röte ins Gesicht schoss. „W-was???“ So langsam schien Hizumi zu verstehen, was er gemeint hatte. „Nein! So ist das nicht…“ Er schien nicht zu wissen, was er sagen sollte, suchte nach Worten, winkte dann aber ab. „Zieh dich bitte an, okay?“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und schon das zweite Mal an diesem Morgen sah Zero ihm verwirrt hinterher. Irgendwie verstand er diesen Mann nicht. Wenn er ihn nicht mit hierher genommen hatte, um sich mit ihm zu vergnügen, warum dann? Nur langsam kam wieder Bewegung in seinen Körper und er streifte sich Shorts, einen weiten schwarzen Pullover und ebensolche Hosen über. Dann stand er auf und ging, immer noch barfuß, wieder ins Wohnzimmer. Einige Augenblicke beobachtete er Hizumi, der ihn anscheinend noch nicht bemerkt hatte. „Warum hast du mich mit hierher gebracht, wenn nicht…dafür?“, fragte er leise. Der Angesprochene drehte sich zu ihm um und sah ihn einen Moment zweifelnd an. „Was hättest du gemacht, wenn du jemanden auf der Straße gefunden hättest, der dort ohnmächtig zusammengebrochen ist. Ihn liegen gelassen?“ Zero nickte leicht. „Ja...vermutlich.“ Hizumi zog eine Augenbraue in die Höhe. „Seltsam…“ Er schüttelte den Kopf. „Hör mal...Ich hab wirklich nicht vor, dich irgendwie auszunutzen…ich wollte dir nur helfen, okay?“ Zero sah ihn immer noch verwirrt an. „Aber…warum? Du kennst mich nicht und wir hatten noch nie miteinander zu tun. Und ich hätte ebenso einfach wieder abhauen können, oder dich bestehlen…“ Während er sprach war Zero langsam ein wenig näher gekommen, bis er sich vorsichtig an ein Regal lehnte, immernoch einen gewissen Abstand zwischen sich und dem Anderen einhaltend. „Du bist ziemlich misstrauisch, was?...aber das wäre dann wohl das Risiko gewesen, schätze ich…“ Er zuckte mit den Schultern und ließ sich auf dem Sofa nieder, das im Raum stand. Er beobachtete Zero, der sich schweigend im Zimmer umsah. „Wie spät ist es…?“, fragte dieser nach einer Weile. Hizumi sah kurz auf seine Uhr. „Kurz nach zwei…wieso?“ Zero wandte sein Gesicht nun wieder ihm zu und sah ihn an. „Dann sollte ich gehen. Ich hab noch zu tun, bevor ich heute Abend…los muss…“ Er stieß sich vom Regal ab und ging ins Badezimmer um die Überreste seines eigentlich Outfits zusammenzusuchen, die sogleich in seiner Umhängetasche verschwanden, die Hizumi anscheinend ebenfalls mit hierher genommen hatte. Stiefel und Mantel holte er noch aus dem Schlafzimmer und zog sie an. Schließlich zückte er im Gehen aus reiner Gewohnheit, und ohne wirklich darüber nachzudenken, seine Karte, um sie auf der Anrichte im Flur zurückzulassen. Mit einem leisen, aber bestimmten Klicken schloss sich die Tür hinter ihm. Hizumi hatte regungslos und in beinahe schon wieder in Gedanken versunken dagessesen, nachdem Zero das Zimmer verlassen hatte. Das Geräusch des Türschlosses ließ ihn kurz zusammenzucken und er löste sich aus seiner Starre, um wieder in sein Arbeitszimmer zu gehen. So Leid es ihm irgendwie auch tat, er würde den anderen wohl nicht wiedersehen. Auf dem Weg durch den Flur erregte jedoch etwas seine Aufmerksamkeit. Er ging darauf zu und nahm das kleine rechteckige Stück Kartonpapier in die Hand. Auf schwarzblauem Untergrund stand darauf mit weißer Schrift die Adresse des „Grudge“ und ein Name, wie es schien. „Zero…“ War dies der Name des anderen? Und warum hatte der seine Karte hier liegen gelassen? Mit einem Seufzen legte Hizumi das Papier zurück an seinen Platz und machte sich wieder an die Arbeit. ~~~ Zero selbst hingegen hetzte so schnell, wie es ihm in seinem Zustand möglich war, durch den anhaltenden Regen nach Hause. Er hatte schlafen wollen, doch daraus würde nun wohl nichts mehr werden. Er musste heute recht zeitig anfangen und hatte außerdem keine Lust im Dunkeln zum Club zu fahren. Also setzte er sich stattdessen, nachdem er seine Wohnung erreicht hatte, in seine Küche und trank eine Tasse Kaffee. Nach einer Weile gab er es auch auf, das Knurren seines Magens zu überhören und warf einen Blick in seinen Kühlschrank: viel zu holen gab es da nicht, abgesehen von einer Flasche Soyasoße und einem Glas saure Gurken, dem er inzwischen schon ein Eigenleben zutraute. Schließlich gab er die Suche nach etwas Essbarem in den eigenen vier Wänden auf und verließ seine Wohnung noch einmal, um sich in einem nahe gelegenen Ramen-Shop etwas zu kaufen. Geld hatte er zwar momentan nicht viel, aber diese Ausnahme musste jetzt einfach sein. Würde er noch länger nichts essen, würde es früher oder später dazu kommen, dass er auf der Arbeit zusammenbrach oder etwas Ähnliches. Und das würde seinem Boss sicher nicht gefallen. Stillschweigend und die anderen Gäste strikt ignorierend saß er in dem kleinen Schnellrestaurant und schlürfte seine Nudelsuppe. Hin und wieder sah er aus dem Fenster, beobachtete wie die letzten Tropfen vom Himmel fielen, eine etwas sauberere Luft zurücklassend. Es tat gut, wieder einmal etwas im Magen zu haben, vor allem aber wärmte ihn das Essen von Innen ein wenig auf. Als er fertig war, sah er auf und blickte auf die Uhr, die an der Wand hing. Nur mit einiger Anstrengung konnte er sich einen lauten Fluch verkneifen. Stattdessen stand er schnell auf und bezahlte, um sich auf den Rückweg zu machen. Ihm war gar nicht aufgefallen, wie lange er dort gesessen hatte. Also ging er ohne noch zu zögern in seine Wohnung zurück und begann sich auf den Abend vorzubereiten. Bildete er sich das ein, oder sah er ein wenig besser aus als gestern? Er schüttelte den Kopf Nein, bei dem was in der Nacht passiert war, war das eigentlich nicht möglich. Erst jetzt kehrte die Erinnerung daran zurück und ließ ihn leicht zittern. Manchmal hatte er das Gefühl solche Dinge geradezu anzuziehen. Er betrachtete einige Zeit sein nun unnatürlich bleiches Abbild im Spiegel. Dann schüttelte er ein weiteres Mal entschlossen den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Es hatte einfach keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er warf einen letzten Blick auf sein Erscheinungsbild und verließ dann das Badezimmer. Einmal mehr schlang er sich seinen Mantel um die schmalen Schultern und verließ das Haus auf dem Weg zu seiner Arbeit. An diesem Abend war es verhältnismäßig ruhig für ihn im Grudge. Tsukasa hatte er wieder erfolgreich an Kana, beziehungsweise eine ihrer Freundinnen, die anscheinend einen regelrechten Narren an dem Jungen gefressen hatte, abgeschoben. Karyu konnte er aus dem Weg gehen, da dieser heute „Außendienst“ hatte und an der Bar arbeiten musste er auch nicht. Tage wie dieser waren ihm am liebsten. Er musste die meiste Zeit nur anwesend sein und hübsch aussehen. Es sei denn, einer der Besucher verlangte nach ihm, was allerdings eher selten vorkam, da seine Kunden sich meist schon im Laufe des Tages anzukündigen pflegten, so dass er alles ein wenig koordinieren konnte. Umso mehr wunderte er sich darüber, dass Kana ihn nicht hatte sehen wollen, schließlich hätte er heute noch Zeit für sie gehabt. So aber saß er an der Bar, ignorierte das sinnlose Gerede einer Kollegin und nippte ab und zu an einem Glas Wasser – nach dem gestrigen Abend hatte er vorerst keine Lust mehr auf Alkohol. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er heftig zusammenfuhr, als ihm jemand bestimmt auf die Schulter tippte. Er versuchte sein heftig schlagendes Herz zu beruhigen und drehte sich um. „Du hast Besuch Zero…“ Erstaunt zog er eine Augenbraue nach oben und blickte sein Gegenüber, eine weitere Kollegin, fragend an. „Sicher, dass es für mich ist…?“ fragte er zweifelnd. Das Mädchen nickte. „Ganz sicher. Der Typ hat direkt nach dir gefragt.“ Sie forderte ihn auf, ihr zu folgen. Auf dem Weg zu dem Zimmer, in das das Mädchen seinen Besucher geschickt hatte, perfektionierte Zero seine Maske, sodass sein Gesicht keinerlei Regung mehr zeigte, als er schließlich die Tür öffnete. Er sah sich kurz um und erblickte den anderen, der mit dem Rücken zu ihm im Zimmer stand und sich umsah. „Hier bin ich.“ Zero’s Stimme war verhältnismäßig leise, in der Stille dieses Zimmers aber deutlich zu hören. Scheinbar ein wenig aufgeschreckt drehte sein Gast sich zu ihm um und kam mit einem kleinen Lächeln einige Schritte auf ihn zu. Zero war beim Anblick des Gesichts, dem er sich nun gegenüber sah, allerdings etwas aus dem inneren Gleichgewicht geraten und starrte den Anderen jetzt recht offensichtlich mit meiner Mischung aus Erschrecken und Verwirrung an. Kapitel 4: 4. Carnival ---------------------- 04. Carnival Nach einer Weile des Schweigens erlangte Zero seine Fassung soweit wieder, dass er normal sprechen konnte. „Was tust du denn hier? Ich hätte nicht gedacht, dass du genug Geld hast, um hier überhaupt reingelassen zu werden…“ Mit Absicht ließ er seine Stimme ein wenig arrogant klingen, um zu verhindern, dass er Andere seine Verwirrung bemerkte. „Bist du dir da so sicher…Zero?“ Hizumi schmunzelte und zog eben die Karte aus seiner Hosentasche, die er eher am Tag in seiner Wohnung gefunden hatte. „Wie kommst du an meine Karte?“ Zero’s Tonfall wurde leicht aggressiv, was Hizumi jedoch nicht daran hinderte weiterhin zu lächeln als wäre er die Ruhe in Person. „Ich hab sie bei mir im Flur gefunden. Ich nehme mal an du hast sie da hingelegt. Aber wie auch immer, jedenfalls bin ich damit hier reingelassen worden…“ Zero verfluchte sich innerlich. Er sollte in Zukunft seine Gedanken wirklich besser beieinander halten, wenn er sich nicht einen Haufen Ärger einhandeln wollte. Gleichzeitig gewann diese Situation einiges an Logik: Wenn er die Karte hatte, bekam Hizumi natürlich Zutritt zum Grudge, weil er sie normalerweise nur Leuten gab, die das Geld hatten, sich diesen Laden auch leisten zu können. „…Und jetzt willst du dir doch noch deine Belohnung abholen, hm?“, beendete Zero deutlich vernehmbar seinen Gedankengang. Was sollte der Andere auch sonst hier wollen? Innerlich den Kopf über seine schon wieder zu Tage tretende Dummheit schüttelnd, ging Zero in Richtung Bett und begann dabei sein Korsett aufzuschnüren. Er ließ sich auf dem Bettrand nieder und sah seinen Gast ruhig an. „Willst du da jetzt noch ewig rumstehen? Ich hab nicht den ganzen Abend Zeit…“ Hizumi zog die Augenbrauen zusammen. „Wer sagt denn, dass ich deswegen da bin?“, fragte er ernsthaft und ging ein paar Schritte durch das Zimmer. „Es ist anzunehmen, oder? Schließlich befinden wir uns hier in einem Nachtclub mit gewissem Ruf – und ich bin Stricher.“, fügte er nach kurzem Zögern hinzu. „Was wäre an deiner Stelle wohl die nächstliegende Idee, hm?“ Er schüttelte leicht den Kopf, sah jedoch wieder zu seinem Gegenüber, als dieses schwer seufzte. „Vielleicht…“, begann Hizumi, wirkte dabei beinahe ein wenig hilflos. „…vielleicht wollte ich oder viel mehr konnte ich nicht glauben, dass du hier wirklich arbeitest…und bin hergekommen in der Hoffnung, dass man hier keine Ahnung hat, wer „Zero“ ist…oder zumindest, dass du nicht hinter diesem Namen steckt.“ Er sprach leise, fast als würde er die Worte sich selbst vortragen und nicht dem Stricher, der ihm mit Blicken folgte. Zero schwieg eine Weile, bevor er sich mit einer Hand durch seine Zöpfe fuhr. „Du bist seltsam…“, erklärte er schließlich. „Ich kann dich wirklich nicht verstehen…warum zum Teufel interessiert dich das?“ Die Antwort war ein Schulterzucken. „Ich weiß nicht…vielleicht gefällt es mir nicht, dass jemand wie du hier arbeitet…“ „Fragt mich denn irgendjemand, ob mir das gefällt? Denkst du ich mache das freiwillig, oder was?“ Ohne es zu wollen klang Zero aufbrausend, weitaus mehr als er es sich sonst erlaubte. „Ob du es glaubst oder nicht, das hier war nicht unbedingt der Job, den ich mir für mein weiteres Leben vorgestellt hatte!“ Das gefährliche Funkeln, das in Zeros Augen lag, nagelte Hizumi förmlich auf der Stelle fest, an der er gerade stand. „Hab ich doch auch gar nicht gesagt…“ Er blieb noch immer ruhig, denn er wollte den Anderen nicht noch mehr reizen als er es anscheinend schon getan hatte. Dann legte er den Kopf etwas schief und sah ihn forschend an. „Warum arbeitest du dann hier?“ Zero sah den anderen einen Augenblick lang sprachlos an, dann sprang er vom Bett auf und packte Hizumi grob am Arm. Trotz seines lädierten physischen Zustandes hatte er noch genug Kraft, um den verblüfften jungen Mann neben sich her zur Tür zu ziehen. Er öffnete diese und schob Hizumi umstandslos aus dem Zimmer. „Ich wüsste nicht, was DICH das angeht…“ Seine Stimme war ein gefährliches, mühsam beherrschtes Flüstern bevor er einen Schritt zurücktrat und die Tür mit einem Knall schloss. Schwer atmend drehte Zero sich um und ging die wenigen Schritte bis zum Bett. Er ließ sich darauf fallen und schloss die Augen, zwang sich dazu einige Male tief durchzuatmen, um seine Wut unter Kontrolle zu bekommen. Wie konnte dieser daher gelaufene Idiot es wagen ihn danach zu fragen? Was wusste der, in seiner kleinen heilen Welt, denn schon davon, was in seinem Leben ablief? Und überhaupt, es ging ihn nichts an! Sie kannten sich nicht!Und er hatte auch kein Bedürfnis daran in nächster Zeit etwas zu ändern. Die Tatsache, dass der junge Mann ihm vermutlich das Leben gerettet hatte übersah er dabei geflissentlich. ~~~ Auf der anderen Seite der Tür stand Hizumi einige Augenblicke wie versteinert da. Ihm war spätestens in diesem Moment klar, dass er eine Grenze überschritten hatte, die man lieber nicht antasten sollte. Wo war nur seine sonst so zuverlässige Menschenkenntnis geblieben? Er hätte sich doch denken können, dass Zero nicht jedem daher gelaufenen Typen auf die Nase binden würde, warum er diesen „Beruf“ ausübte. Kopfschüttelnd wandte er sich ab und verließ kurze Zeit später den Club, argwöhnisch von den Türstehern beobachtet. ~~~ „Nun komm schon!“ „Nein!...Lass mich endlich in Ruhe!“ „Ach komm…Tsukasa…ich tu dir doch nichts!“ „Nimm deine Hände weg! Ich hab dir gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen!“ Der Junge nahm seine verbliebene Kraft zusammen und stieß den Größeren von sich weg. Doch das störte Karyu recht wenig. Schon einen Augenblick später drängte er Tsukasa erneut an die Wand. Seine Finger streichelten leicht über das Gesicht des Kleineren, doch der drehte den Kopf weg. „Bitte…Karyu…“ Seine Stimme wurde zu einem erstickten Wispern und nur einen Moment später rollten ihm die ersten Tränen über die Wangen. „Bitte…lass mich los…“ Die zuletzt kaum noch wahrnehmbaren Worte zeigten Wirkung. Karyu ließ von dem Jüngeren ab und sah verwundert zu wie dessen Beine einknickten und er langsam an der Wand herunter rutschte, nun heftig schluchzend. Ein Fluchen auf den Lippen drehte Karyu sich weg und ließ ihn dort in dem Gang sitzen, in dem er auf auf den Jungen gewartet hatte. Er hätte sich zwar gern ein wenig mit dem Neuzugang vergnügt, auch wenn der Chef das untersagt hatte, aber dass der Andere so reagierte hatte er nicht provozieren wollen. Durch einen Hinterausgang verließ der das Grudge und lehnte sich draußen an eine Mauer, den Blick in den Nachthimmel gerichtet. Auch wenn es vermutlich keiner seiner Kollegen vermuten würde, kotzte ihn der ganze Job hier insgeheim tierisch an. Klar. Er hatte seine Freiheiten. Und konnte froh sein, dass er als Bodyguard eingestellt war und nicht als einer der Stricher. Und er wurde auch gut bezahlt. Trotzdem. Es kotzte ihn mächtig an. Hätte er heute noch einmal die Wahl, würde er sich sicherlich nicht für die Arbeit hier entscheiden. Aber im Nachhinein war man eben immer klüger und selbst er würde jetzt nicht mehr so einfach aus dieser Sache herauskommen. Er fischte seine Zigarettenpackung aus der Hosentasche und zündete sich eine an. Den Rauch tief inhalierend legte er den Kopf in den Nacken. Ein Seufzen verließ seine Lippen kurze Zeit später, gemeinsam mit dem blauen Dunst, der sich in die Nachtluft verflüchtigte. ~~~ Tsukasa indessen verharrte noch einige Momente an die Wand gelehnt auf dem kalten Fußboden des Gangs sitzend. Er brauchte etwas Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Erst dann rappelte er sich vorsichtig auf und ging in Richtung Toiletten, sich immer mit einer Hand an der Wand abstützend. Als er die Räume erreichte blickte er in den Spiegel. Ein resigniertes Seufzen entkam ihm. Diese Begegnung mit Karyu hatte sein Makeup ruiniert. Mal wieder. Seit er hier war passierte es leider oft, dass er wegen irgendwas, meistens einer Annäherung irgendeiner Person an ihn, plötzlich die Nerven verlor und vollkommen die Kontrolle über sich verlor. Vorsichtig versuchte er zu retten was noch zu retten war. Und gleichzeitig stelle er sich die Frage, was das eben gesollt hatte. Was Karyu damit bezweckte war ihm natürlich klar, auch wenn ihm bei dem Gedanken ein Schauer über den Rücken lief. Aber warum hatte der Ältere ausgerechnet bei ihm sein Glück versucht? Das war es, was er nicht verstand, hatte der Andere bei seinen Kollegen oder Kolleginnen doch sicher bessere Chancen auf ein wenig Ablenkung. Erstaunt, beinahe erschrocken sah er sein Spiegelbild an. Waren das gerade seine Gedanken gewesen? ~~~ Als die Nacht schon beinahe dem neuen Tag wich, verließ Zero erschöpft das Grudge. Diese Nacht war überdurchschnittlich beschissen gewesen und das sollte etwas heißen – schließlich war jede Nacht hier zum kotzen. Aber nein, bei seinem Glück musste ausgerechnet heute, wo er sowieso schon keine Nerven mehr hatte, dieser Wichser auftauchen. Warum kamen die Idioten mit den sadistischen Veranlagungen eigentlich immer ausgerechnet zu ihm? Hatte er ein Schild mit der Aufschrift „Verprügel mich!“ um den Hals hängen, oder was? Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und ließ sie dann unachtsam auf den Boden fallen. Ihm egal, was damit nun passierte. Langsam ging er oder vielmehr schleppte er sich weiter. Er würde sonst was geben, um endlich aus diesen Schuhen heraus zu kommen. Und dann heiß duschen. Für ein paar Minuten einfach vergessen, was passiert war. Das war alles, was er wollte. Ihm erschien der Weg zur Bahn noch länger als sonst. Nicht zuletzt weil er sich immer wieder umsah, ob nicht diese Typen vom letzten Abend wieder unterwegs waren. Er mochte gar nicht daran denken, was wohl dieses Mal passieren würde, wenn er ihnen über den Weg liefe. Zu seinem Glück musste er keine zwei Minuten mehr warten, als er an der Haltestelle ankam. Er stieg ein und ließ sich auf den nächstbesten Sitz fallen. Einmal tief durchatmen. Seine Augen richteten sich nach draußen. Er konnte nichts erkennen außer den Wänden des Tunnels, durch den die Bahn gerade fuhr, doch er sah auch diese nicht wirklich an. Vielmehr war er bemüht die Schmerzen zu verdrängen, die nun immer deutlicher in sein Bewusstsein rückten. Ein leises Seufzen bahnte sich den Weg durch seine vollen Lippen. Er war und blieb eben ein Stück Dreck und hatte es vermutlich wirklich nicht besser verdient als so behandelt zu werden. Die letzten Minuten seines Heimwegs nahm er nicht mehr wirklich bewusst wahr. Sein Körper schien sich von selbst durch die schwach beleuchteten Straßen zu schleppen, wusste von allein, wohin er gehen musste. Er schloss die Tür seiner kleinen Wohnung auf und ließ im Flur seinen Mantel einfach auf den Boden fallen. Er würde ihn morgen eh wieder anziehen, was machte es da für einen Unterschied ob er dort lag oder aufgehängt war? Aufhängen… Auch eine Möglichkeit. Er warf sich selbst im Spiegel ein verächtliches Lächeln zu und ging dann in die Küche. 'Aufräumen wäre wohl erstmal besser…' In dem kleinen Apartment herrschte nie wirklich Ordnung, aber den derzeitigen Zustand konnte man getrost als Chaos bezeichnen. Zero schob ein paar Sachen beiseite und schaltete seinen Wasserkocher an. Bis das Wasser so weit war, schaffte er es das Zimmer in einen halbwegs annehmbaren Zustand zu bringen, auch wenn er immer wieder kleine Pausen machen musste, weil er sich falsch bewegt hatte. Er goss sich eine Tasse schwarzen Tee auf und setzte sich vorsichtig an den Küchentisch. Eine Zeit lang starrte er einfach auf die Tasse und verfolgte mit müden Augen den Dampf, der daraus zur Zimmerdecke aufstieg. Dann setzte er die Tasse an die Lippen und trank langsam ein paar Schlucke, genoss die Wärme, die sich langsam in seinem Körper ausbreitete. Dann stand er mit einem Seufzen auf und ging ins Badezimmer. Hin und wieder einen verächtlichen Blick in den Spiegel werfend, entledigte er sich seiner Klamotten. Er zog die Augenbrauen zusammen. Langsam brauchte nicht einmal mehr anzufangen die blauen Flecken zu zählen. Und das wiederum würde ihm Ärger mit Kana einbringen. Sie hasste es, wenn irgendwelche Makel seinen Körper befleckten, den sie sich in ihrer Sucht nach schönen Dingen zu Eigen gemacht hatte. Es sei denn natürlich sie selbst war für diese Makel verantwortlich. Er schüttelte den Kopf und stieg unter die Dusche. Unter dem warmen Wasser entspannten sich seine Muskeln etwas und das Make-up verschwand nach und nach im Abfluss. Als er sich wieder halbwegs menschlich fühlte, verließ er die Dusche, wickelte sich in ein großes Handtuch ein und ging in die Küche. Dort griff er nach seinem Tee und nahm diesen mit ins Schlafzimmer. Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen, stellte die Tasse daneben auf den Boden. Er griff sich sein Schlafshirt und Shorts, zog beides über und kroch unter die Bettdecke. Sein Körper war wie gelähmt vor Müdigkeit, sodass er nicht einmal mehr dazu kam den Tee zu trinken, sondern beinahe sofort einschlief. Kapitel 5: Interlude I: Zero- A night full of memories ------------------------------------------------------ SO. Entgegen aller Erwartungen geht es hier doch mal weiter~ Das Kapitel ist, wie der Titel sagt, eine Rückblende auf Zeros Erinnerungen. Und wir haben gleich ZWEI Gastauftritte: Shinya und Daisuke(kagerou). Sie benehmen sich alle (vor allem Zero und Shinya) recht OOC, aber das is gewollt. Das ändert sich noch, schließlich sind sie zu dem Zeitpunkt erst 16. Aber genug Gelaber von mir. Viel Spaß, und lasst mit Comments oder zumindest Kekse da...oder Kritik. Whatever XD ~~~~~~~~~ Interlude I:Zero - A night full of memories „Zeeeeeroooooooo-senpaaaaiiii!“ Er schreckte zusammen, sah sich aber nicht um. „Ohayo, Daisuke…“ meinte er nur leise und sah den Jungen, der nun neben ihm lief nicht einmal an. Die Aufgabe nicht wieder einzuschlafen nahm seine Konzentration schon zu sehr in Anspruch. Der Jüngere jedoch strahlte ihn weiter an und ließ sich auch durch sein Schweigen nicht davon abbringen, weiter mit ihm zu reden. „Kommt Shinya-senpai heute wieder?“ fragte er neugierig. Wie immer. Zumindest wie immer in den letzten zwei Wochen, in denen Shinya nicht zur Schule erschienen war. Jetzt schlich sich ein kleines Lächeln auf Zeros Lippen und auch sein Tonfall änderte sich. „Hai…“ er nickte leicht, wobei der dem Anderen nun doch ins Gesicht sah. „Heute ist er wieder da…“ Ihm wurde es etwas leichter ums Herz, hatte er sich doch Sorgen um seinen besten Freund gemacht, obwohl er natürlich gewusst hatte, wo sich dieser aufhielt. Am Schultor verabschiedete er sich mit einer kurzen Geste von Daisuke und ging weiter zu dem Platz, an dem er und Shinya sich immer trafen. Schon von weitem sah er die schmale Gestalt dort stehen, was seine Schritte beflügelte und ohne etwas zu sagen schloss er den Braunhaarigen in die Arme, was dieser nach einem kurzen erschrockenen Zusammenzucken auch erwiderte. „Schön dass du wieder da bist, Shin-chan…“ Zero lächelte ihn ehrlich an, was sein schüchterner Freund erwiderte. „Du tust ja so, als wäre ich irgendwo gewesen, wo es unglaublich gefährlich ist…“ erwiderte der Heimgekehrte leicht grinsend. Zero nickte bekräftigend. „Immerhin Tokyo…“ Auch er musste lachen. Dann sah er sich seinen Freund genauer an. „Scheint dir aber gut getan zu haben…“ Ein weiteres warmes Lächeln für den Zierlicheren der Beiden. „Hat es auch…ich konnte mich ja zwei Wochen vollkommen entspannen…“ Die beiden machten sich allmählich auf den Weg ins Schulinnere. „Ich hätte auch gern mal so ein Glück…“ maulte Zero gespielt, erntete dafür ein weiteres leises Lachen. „Tja, so 'ne großartige Schwester, die sich 'nen heißen Kerl aus Tokyo zum heiraten sucht, kann eben nicht jeder haben…“ „Ach, er war heiß…?“ Ein spielerische Kopfnuss von Shin war die Antwort. „Du weißt wie ich das meine…“ Sie ließen sich auf ihren Plätzen nieder und wollten mit ihrem Gespräch fortfahren, als plötzlich jemand ins Klassenzimmer gestürmt kam und Shinya förmlich in die Arme sprang. „Shinyaaaaaaaaaaaa~…“ Dieser schaute ziemlich perplex, tätschelte dem Jüngeren aber den Kopf. „Is ja gut ,Daisuke,…lass mich los, ok?“ Sofort stand der Angesprochene auf und stand ein wenig verlegen vor dem Braunhaarigen. „Schön, dass du wieder da bist…“, fügte er noch mit einem kindlichen Lächeln hinzu. Shinya nickte. „Hai, ich freu mich auch. Du hast doch Zero keinen Stress gemacht, während ich weg war, oder?“ fragte er dann gespielt streng. Dai sah ihn mit großen, unschuldigen Augen an. „Ich? Nööö...“ Ein verächtliches, wenn auch scherzhaft gemeintes Schnauben von Zero folgte. „Neeeeeeeiiiiiin…bloß nicht…“ Zero sah seinen besten Freund mit wichtiger Miene an. „Er hat mir nur ungefähr alle fünf Minuten die Ohren zugeheult, warum du nicht da bist und mich mindestens genauso oft gefragt, wann du endlich wiederkommst…“ berichtete er grinsend. „Gar nicht wahr!“ fuhr Daisuke dazwischen. „Du übertreibst…“ Während Shinya sich das Lachen verkneifen musste nickte Zero mit theatralischem Gesichtsausdruck. „Stimmt schon…“ Er sah Shinya an, machte eine kurze Pause. „Ich hab übertrieben, ich gebe es zu…“ Er hielt kurz inne. „Dai hat nur alle zehn Minuten gefragt…“ beendete er ernsthaft den Satz. Während Daisuke schmollend dastand konnte Shinya nicht mehr und brach in Gelächter aus. ~~~ „Und das hat sie dir wirklich ALLES geschenkt?” fragte Zero verzückt. Shinya nickte begeistert. „Ja, hat sie. Sie meinte, sie braucht die Sachen nicht mehr, weil sie ja keine Zeit mehr hat, seit das Kind da ist…“ Genau wie der Schwarzhaarige betrachtete er den Koffer voller Klamotten. „Die Frau ist genial…“ lobte dieser Shinyas neue Schwägerin. „Das sind alles Designersachen…“ mit Begeisterung kramte er sich durch die Stoffe und erkannte sogar einige Sachen, die er in Zeitschriften gesehen hatte, wieder. „h.Naoto…“ hauchte er begeistert und hielt mit leuchtenden Augen eins der Stücke in die Höhe. „Würde dir sicher stehen…wenn es dir passt, kannst du es gern haben…“, meinte Shinya sanft, denn es musste Zero wirklich gefallen, konnte man solche Begeisterungsausbrüche doch eher selten bei ihm beobachten. „Echt jetz'?“ „Hai, zieh es mal an…“ Shinya wies in Richtung Bad, wo sein Freund sich umziehen und herrichten sollte. „Ich warte hier…“ Zero nickte und verschwand schnell im angrenzenden Raum. Keine fünf Minuten später betrat er das Zimmer wieder und blickte leicht verlegen um sich. „Ich hätt' nich' gedacht, dass das Teil SO kurz ist…“, meinte er, wobei er auf den Saum des Rockes deutete, der auf der oberen Hälfte seiner Oberschenkel hing. Shinya betrachtete ihn kritisch. „Kannst du dir doch leisten, mit den Beinen…“ meinte er dann und legte die Zeitschrift zur Seite, in der er geblättert hatte. Gleich darauf stand er auf und drehte sich einmal um die eigene Achse, was den weiten Rock des Kleides, das er trug, zur Geltung brachte. „Na, was meinst du?“ fragte er dann erwartungsvoll. „Perfekt…“ Zero kam mit einem Lächeln näher und nahm seinen besten Freund kurz in den Arm. „Jetzt fehlt nur noch das richtige Make-up und dann würde keiner merken, dass du kein Mädchen bist...“ Er grinste, als Shin ihn spielerisch in die Seite boxte. „Ja klar, und dir fehlen ganz eindeutig noch Strapse und Fuck-me-boots!“ erwiderte der Braunhaarige lachend. Zero ließ sich aufs Bett fallen und blickte zu ihm hoch. „Dann können wir ja danach schau'n, wenn wir das nächste Mal einkaufen gehen…“ gab er grinsend Antwort. Shinya setzte sich mit einem Kopfschütteln neben ihn. „Wo denn? Hier gibt’s so was doch nicht…“ Er ließ sich nach hinten fallen und verschränkte die Arme unter dem Kopf. „Ich sag dir…in Tokyo hättest du viel Geld gelassen, Zero-chan…da gab’s Läden ohne Ende, in denen man solche Klamotten kaufen konnte…“ Ein Seufzen entrang sich seinen Lippen. Der Angesprochene beugte sich mit einem Lächeln über ihn. „Dann kann ich ja schon mal anfangen zu sparen, ne?“ „Wieso?“ Shinya zog eine Augenbraue in die Höhe und sah seinen Freund verwirrt an. Dieser tippte ihm mit dem Finger auf die Nasenspitze. „Na, wir machen doch diesen Ausflug nach Tokyo…in…“ Er dachte kurz nach. „…2 Monaten?“ Shinyas Gesichtsausdruck blieb fragend. „Tun wir?“ Erst jetzt fiel es Zero wieder ein und er sprang schnell vom Bett. „Aaahhh…gomen…ich hab das total vergessen…das haben wir ja letzte Woche besprochen, als du weg warst…“ Er kam wieder zum Bett, um Shinya ein Infoblatt für den Ausflug zu überreichen und setzte sich dann wieder neben ihn. während dieser den Zettel überflog. „Klingt nicht schlecht…“, kommentierte er mit einem Nicken und einem knappen Lächeln. „Das Beste ist, dass der Ausflug an einem Freitag ist…“ „Wieso?“ unterbrach Zero ihn. Shinya setzte sich ebenfalls auf und ließ das Blatt vom Bett segeln. „Na, ganz einfach: Dann können wir das Wochenende über noch bei meiner Schwester bleiben und am Sonntag nach Harajuku gehen…“ Mit jedem Wort waren Zero’s Augen größer geworden. „Harajuku?“ fragte er ungläubig. „Is' ja krass.“ Mehr brachte er nicht raus, um seiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Shinya jedoch wusste, wie es ihm ging; hatte sein bester Freund doch schon seit Jahren davon geträumt, endlich mal aus der Kleinstadt, in der sie lebten, herauszukommen und wenigstens einmal in seinem Leben die Cosplayer in Harajuku mit eigenen Augen zu sehen. Seine Vermutung über Zeros Freude wurde bestätigt, als dieser ihm stürmisch um den Hals fiel, so dass er nach hinten kippte und sie nun beide auf Shinyas Bett lagen. „Das is' so toll…, so dermaßen genial…“ sprudelte es in immer neuen Variationen der Freude aus dem Schwarzhaarigen heraus, so dass Shin nicht umhin konnte, in Lachen auszubrechen. „Is' ja gut…“ er pattete den Kopf seines Freundes. „Und am Freitag können wir einkaufen gehen, wenn du willst…“ Eifriges Nicken war die Antwort. Dann sah Zero allerdings auf die Uhr. „Shit…wo wir grad' beim Thema sind…ich muss los zur Arbeit…“ Mit diesen Worten verschwand er im Bad und kam kaum zwei Minuten später in Schuluniform wieder heraus. Shinya begleitete ihn noch zur Tür. „Ich kann’s immer noch nich' glauben, dass du den Job noch nicht hingeschmissen hast…“ Zero zuckte mit den Schultern. „Was hab ich großartig für 'ne Wahl?…es gibt Schlimmeres…und die Bezahlung stimmt auch…“ Er erntete jedoch nur ein leichtes Kopfschütteln von Shinya. „Der Typ hat dich angegraben!“ meinte er entrüstet. Sein Freund aber schnaubte verächtlich und hob andeutungsweise das Knie. „Der hat zu spüren bekommen, was das für Folgen hat…“ begründete er mit einem leichten Grinsen. Shinya wusste, dass Zero sich damals gewehrt hatte; und zwar auf eine Weise, die mit Sicherheit schmerzhaft gewesen war. Also zuckte er nur leicht mit den Schultern und umarmte den Schwarzhaarigen. „Dann bis morgen, ok? Viel Spaß…“ Der Angesprochene verdrehte die Augen. „Werd' ich haben…“ Er hob noch einmal kurz die Hand zum Gruß und verließ dann endgültig das Haus der Terachis. ~~~ „Bin zu Hause!“ Zero zog seine Schuhe aus und ließ sie, genau wie seine Tasche, erst einmal fallen. Da steckte seine Mutter auf schon den Kopf aus der Küche. „Und wie war dein Tag, Liebling?“ Sie lächelte ihn liebevoll an. „Sag nich' Liebling.“ meinte der so Angesprochene scherzhaft. „Ach, lass mir doch auch meine Freude! Komm her, das Essen ist gerade fertig!“ Freudig nickte der Schwarzhaarige und folgte seiner Mutter in die Küche. „Sieht gut aus!“ lobte er sie. „Na, so lange es auch so schmeckt…“ Sie setzte sich ihm gegenüber und sie begannen zu essen. Eine Weile herrschte einvernehmliches Schweigen. Zero wusste genau, dass er und seine Mutter nicht miteinander reden mussten. Sie wussten meist auch so, wie es dem jeweils anderen ging, hatten sie doch schon immer ein ungewöhnlich gutes Verhältnis zueinander gehabt. Nach einer Weile jedoch begann seine Mutter zu sprechen. „Ist Shinya wieder da?“ fragte sie ohne Zusammenhang in den Raum hinein. Zero sah sie ein wenig erstaunt an. Er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sein bester Freund heute zurückkehren würde. „Ja. Woher…?“ Er wurde von seinem sanft lächelnden Gegenüber unterbrochen. „Du wirkst heute glücklicher als in der letzten Zeit…“ erklärte sie woraufhin ihr Sohn nickte. „Es war schon irgendwie blöd ohne ihn…ich meine Daisuke war da, und ich mag den Kleinen echt, aber…er is' eben nich' Shinya, ne?“ schloss er seine Ausführungen. „Der Kleine?“ seine Mutter zog eine Augenbraue in die Höhe. „Er ist ein Jahr jünger als du…und minimal kleiner…“ Zero lachte leise. „Aber er benimmt sich wie Grundschule…manchmal zumindest…“ „Verstehe…aber jetzt hast du deinen Shin ja wieder…“ Sie aß noch einen Happen und sah ihren Sohn dann fragend an. Zero musste sich ein weiteres Auflachen verkneifen, denn er wusste, was jetzt wieder kommen würde. Aber er war seiner Mum deswegen nicht böse. „Und du bist sicher…dass ihr nicht zusammen seid?“ gespielt nachdenklich sah Zero sie an. Zögerte die Antwort hinaus. „Wenn du mich so fragst….sehr sicher…“ gab er mit einem Lächeln Auskunft. „Ich hab dir doch schon oft erklärt, dass wir einfach beste Freunde sind und dass da sonst nichts zwischen uns ist.“ Gut. Sie hatten sich schon geküsst, aber alle Details musste er ja auch nicht erzählen. „Wenn du das sagst…“ Ein mildes Lächeln. „Tu' ich….ach, wart' mal kurz…“ Er stand auf und ging in den Flur zurück. Aus seiner Tasche fischte er den Rock, den Shinya ihm geschenkt hatte. Er kam wieder in die Küche und hielt seiner Mutter das Kleidungsstück entgegen, die es aufmerksam musterte. „Hübsch. Wo is' der Rock dazu?“ fragte sie ihn amüsiert, bekam jedoch als Antwort nur eine herausgestreckte Zunge. „Den hat Shin mir geschenkt, sieht cool aus, oder?“ fragte Zero mit unverminderter Begeisterung. Ein leichtes Nicken. „Du trägst ihn, nicht ich…aber du hast keine passenden Schuhe dazu, oder? Die Stiefel sind doch hinüber, seit der Hund der Nachbarn sie so lecker fand…“ Der Junge setzte sich wieder hin, legte das Kleidungsstück neben sich. „Ich weiß…“ Er seufzte, „Aber ich find' schon ein paar Neue…hoffe ich…“ Sie aßen zu Ende, dann stand Zero auf. „Ich bin oben, ok? Muss kurz-“ „…Shin anrufen, ich weiß. Dann geh schon…“ Seine Mutter winkte ihn spielerisch aus der Küche und er ging nach oben in sein Zimmer. Dort ließ er die Tasche wieder in eine Ecke und sich selbst aufs Bett fallen, bevor er nach dem Telefon angelte, um eben erwähnten, besten Freund anzurufen. Es klingelte nur einmal, dann nahm der Andere ab. „Hey, Zero!“ „N' Abend!...Gott, ich hab es vermisst, mit dir zu telefonieren…“ Shinya lachte. „Es waren nur zwei Wochen!“ „Jaaaa…aber zwei lange…“ Er kicherte. „Weißt du, welche Idee meine Mum heute mal wieder hatte?“ „Lass mich raten…wir sind zusammen?“ Zero konnte das Grinsen seines Freundes quasi durch das Telefon hindurch sehen. „Genau! Genial, oder?“ Er wickelte sich die Telefonschnur um den Finger. „Ich frag mich, wann sie das endlich lässt…“ „Ach komm! Deine Mum ist toll! Gönn ihr doch die kleine Macke…“ „Auch wieder wahr…“ Zero hielt kurz inne. „Sag mal…hast du Lust, diese Woche irgendwann mit mir Schuhe kaufen zu gehen?...der Hund unserer Nachbarn hat meine Lieblingsstiefel zerfleischt…“ Er ließ ein tiefes Seufzen hören. „Was?“ Shinya schien verblüfft. „Die schönen hohen?“ „Genau die…“ Der Jüngere überlegte kurz. „Wenn du noch ein bisschen warten kannst, können wir dann auch in Tokyo welche kaufen…ich hab fast identische in 'nem Szeneladen gesehen…und nich' mal sehr teuer…“ „Mhhh~…“ brummelte Zero. „Wieso nicht…die Zeit werd ich auch noch überleben…“ Er gähnte leise. „Müde?“ „Mhn…“ kam wieder eine gebrummelte Antwort. „Ich hab zwei Wochen allein mit Dai hinter mir…das zehrt…“ meinte er schief grinsend „Du bist so gemein!“ lachte Shin. „Ja ich weiß…danke…“ Er rappelte sich etwas auf. „Aber…ich glaub ich hau mich jetz' wirklich ins Bett…sonst penn ich wieder in der Schule ein…“ „Wieder?“ Er hörte förmlich, wie Shinya eine Augenbraue in die Höhe zog. „Geschichte is' nun mal langweilig…“ Shin schüttelte den Kopf. Das war typisch. „Ok, dann stör ich dich nich' länger. Morgen wie immer?“ „Joa…dann schlaf gut, Shin.“ „Hai, du auch.“ Zero legte auf und manövrierte den Hörer wieder auf seinen Platz zurück. Er stand auf und ging ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. Duschen würde er am nächsten Morgen, sonst würde er nie wach werden. Nachdem er sich zurück in seinem Zimmer bis auf die Shorts ausgezogen hatte, kroch er unter die weiche Bettdecke und löschte das Licht. Sein Blick ging zur die dunkle Zimmerdecke, seine Gedanken zu Shinya. Er war wirklich froh, dass sein bester Freund wieder da war. ~~~~~~~~ und ich verspreche, dass es noch vor Weihnachten mit was WIRKLICH neuem weitergeht...^^° Kapitel 6: 6. Dears ------------------- Wow...ich schaff es endlich mal ein wirklich neues Kapitel hier on zu stellen...aber ich wollte eben wirklich erst den Rest in einer annehmbaren Fassung updaten bevor es weitergeht... Über Reviews freu ich mich natürlich anch wie vor *lach* ~~~ 6. Dears Am nächsten Morgen wachte er auf, als er etwas Nasses an seiner Hand fühlte. Zero verzog mit noch immer geschlossenen Augen das Gesicht, konnte sich nur langsam aus der ruhigen Bewusstlosigkeit des Schlafes hervorkämpfen. Er blinzelte unwirsch gegen das ins Zimmer fallende Licht und sah sich suchend um, bis er feststellte, dass er wohl im Schlaf in die Tasse gegriffen hatte, die samt Tee immer noch neben seinem Bett stand. Langsam setzte er sich auf, versuchte keine Schmerzen herauszufordern. Er trocknete seine Hand an der Bettdecke ab und griff dann zielsicher in seine Nachttischschublade. Nach ein paar Sekunden zog er einen Streifen Schmerztabletten hervor, nahm sich zwei und spülte sie mit einem Schluck kaltem Tee hinunter. Er verharrte noch ein paar Momente sitzend im Bett, schlug dann jedoch seufzend die Decke beiseite und machte sich auf den Weg ins Bad. Zwei Stunden später tat er etwas, das er verabscheute und nach Möglichkeit weitestgehend vermied. Innerlich seufzte er. Er hasste Menschenmassen, Gedränge und all das, was sich in den Einkaufsmeilen der Stadt abspielte. Eingepfercht wie Tiere schoben sich die Menschen durch die großen Kaufhäuser. Mittendrin er selbst. Normalerweise versuchte er, solche Ausflüge weitestgehend zu vermeiden, doch heute war – zu zu seinem Leidwesen – nicht daran zu denken. Und das nur, weil Kana ihm eine ihrer Karten geschickt hatte, die er ungefähr alle zwei Monate auf seinem Platz in der Garderobe fand. Wie immer war sie aus altrosa gefärbtem Pergamentpapier gefertigt und mit einigen netten aber bestimmten Sätzen beschriftet gewesen, die ihm mitteilten, was sich seine Stammkundin diesmal wünschte. Und leider Gottes hatte ihn Maya beim Lesen der Nachricht überrascht und ihn freundlich darauf hingewiesen, dass er ihr gleich neues Make-up mitbringen könne, wenn er einmal unterwegs war. War das eigentlich fair? Gehüllt in seinen schwarzen Mantel, eine Sonnenbrille auf der Nase, das Gesicht zu Boden gewandt, machte Zero sich auf den Weg, versuchte das lebendige Treiben, das sich um ihn herum abspielte, weitestgehend zu ignorieren. //...wie ich das hasse...// Er lief hastig durch das Einkaufscenter, zu dem Laden, zu dem Maya ihn geschickt hatte. //Das nächste Mal sperre ich mich auf dem Klo ein, wenn ich Post bekomme...// Er sah auf, als er den Laden erreichte. Wenigstens war es einer dieser Underground Shops, in die sich kein „Normaler“ verirrte, sondern nur Leute, unter denen er auch nicht weiter auffiel. Zielstrebig ging er auf das Regal zu, in dem sich das von seiner Kollegin gewünschte Make-up befinden musste, als er plötzlich gegen jemanden stieß. Er stieß einen leisen Fluch aus und wollte weitergehen, als er spürte, dass er am Arm festgehalten wurde. Panik kam in ihm auf, doch bevor er irgendetwas tun konnte, vernahm er eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. „Hey...du? Wie geht's dir?“ Innerlich sackte er zusammen. //Nein...der Typ hat mir grade noch gefehlt...// Er sah sein Gegenüber nicht an. „Lass mich los.“, war alles, was er mit leiser Stimme verlangte. „Du siehst echt nicht gut aus...du solltest vielleicht mehr schlafen...“ //Ich pack's nich...was wird das jetz?// Er hob den Kopf. „Kümmer dich endlich um deinen eigenen Scheiß und lass mich in Ruhe.“ Hizumi lächelte ihn nur an. „Immer mit der Ruhe.“ Endlich konnte Zero seinen Arm befreien und eher unwillkürlich ließ er den Blick über den Körper des anderen schweifen. Und was er sah, versetzte ihn in Staunen. Das war keineswegs der Typ, der ihn neulich aufgesammelt hatte. Das war nicht der junge Mann, der in Jeans und einem schlichten schwarzen Pullover durch die Straßen lief und ohnmächtige Stricher mit zu sich nach Haus nahm. Nein, ganz und gar nicht. Vor ihm stand jemand in einem beinahe perfekt abgestimmten, gothicartigen Visualoutfit. Die Klamotten waren wirklich nicht übel. Der einzige Makel war, dass sein Gegenüber eben das Gesicht dieses Kerls von neulich hatte. Zero ließ sich äußerlich nichts anmerken und setzte seinen Weg zum Regal fort, welches er durchforstete, bis er das Gewünschte gefunden hatte. Mit einem leicht missmutigen Geräusch - denn er war nun mehr als nur ein bisschen genervt davon, dass Maya ihn hierher geschickt hatte - griff er sich die kleine Dose und schritt dann, wieder erfolgreich alles um sich herum ausblendend, zur Kasse um zu zahlen. Wenigstens das Geld hatte seine Kollegin ihm schon im Voraus gegeben. Kurze Zeit später steckte er das erstandene Make-up in seine Umhängetasche und verließ das Geschäft, die Blicke auf den Boden zu seinen Füßen geheftet. Was er dadurch nicht mitbekam, waren die Blicke, die Hizumi ihm, begleitet von einem nicht zu deutenden Lächeln, hinterherwarf. Zero stand keine zehn Minuten später vor einem der Kleiderständer und starrte so grimmig wie es ging, ohne dabei wirklich eine Miene zu verziehen, die Kleidungsstücke an, die vor im hingen. Das konnte Kana nicht ernst meinen. Stammkundin hin oder her, er überlegte wirklich, ob er es nicht irgendwie hinbekommen könnte, dass er das NICHT anziehen musste. Dann lieber ganz nackt. „Gefällt es dir nicht?“, fragte ihn die junge - und nach seinem Geschmack viel zu neugierige – Verkäuferin, da er jetzt schon einige Zeit regungslos auf die für ihn hinterlegten Sachen starrte, ohne irgendwelche Anzeichen zu machen, sie mitzunehmen. Vielleicht war das der Nachteil daran in Undergroundshops einzukaufen: Die Angestellten behandelten einen weitaus persönlicher als die Leute in anderen Geschäften, wenn sie der Meinung waren mit Leuten aus „ihrer Szene“ zu sprechen. „Mh.“, war seiner Laune entsprechend alles, was er zunächst von sich gab. Dann folgte ein schicksalsergebenes Seufzen. Er wusste ja, dass er keine andere Wahl hatte, zumindest, wenn er nicht riskieren wollte, dass Kana wirklich sauer werden würde. Das hatte er einmal erlebt und wollte es sich um seiner Gesundheit Willen ein weiteres Mal ersparen. „Pack's ein.“, meinte er deshalb nach einigen weiteren Sekunden des Schweigens resignierend und folgte der jungen Frau zur Kasse, wo sie die Klamotten in schwarzen Tüten, mit dem Logo des Ladens darauf, verstaute und ihm aushändigte. „Viel Spaß damit, bezahlt ist ja schon alles, ne?“ Zero nickte. Kana zahlte ihm diese Dinge immer, wenn es ihr selbst einen Nutzen brachte. „Dann viel Spaß und einen schönen Tag noch!“ Der Schwarzhaarige konnte ein wütendes Schnauben gerade noch unterdrücken. Schöner Tag, aber sicher. Sein ganzes Leben war schließlich von Sonnenschein durchflutet und bereicherte ihn täglich mit neuen Genüssen. //...und Stachelschweine können fliegen.// Mit einem weiteren Seufzen trat er aus dem Laden. Er sollte sich diesen unangebrachten Sarkasmus wirklich abgewöhnen... Nach einem kurzen Blick zur Orientierung fixierte er die Uhr des Einkaufszentrums, woraufhin sich seine Augenbrauen missmutig zusammenzogen. Er hatte viel zu viel Zeit verschwendet. Am Nachmittag desselben Tages stand Zero vor seinem Spiegel und warf sich einen letzten kritischen Blick zu. Er konnte immer noch nicht recht fassen, dass Kana das wirklich von ihm verlangte. Zumal er noch nicht einmal wusste, warum er diese Aufmachung eigentlich tragen sollte. Schließlich wandte er sich von der Glasfläche ab, nahm seine Tasche und den Mantel und verließ einige Sekunden später die Wohnung. Draußen angekommen lehnte er sich an die Hauswand, bevor er eine Zigarette aus seiner Tasche fischte, um sich mit deren Vernichtung die Wartezeit zu verkürzen. Es dauerte allerdings nicht lange bis ein schwarzes, nobel aussehendes Fahrzeug neben ihm hielt, aus dem ein junger Mann ausstieg. Der Schwarzhaarige nickte dem Fahrer nur knapp zu, öffnete sich dann selbst die Tür zum hinteren Teil des Wagens und ließ sich in die Polster der Rückbank sinken. Kaum war die Fahrzeugtür wieder geschlossen, wurde die Trennwand zwischen Fahrer und dem hinteren Wagenteil herunter gefahren und ein Paar brauner Augen blickte ihn durch den Rückspiegel belustigt an. „Sieht man dich also auch mal wieder, Zero-kun.“ „Halt die Klappe.“, antwortete der Angesprochene ohne den Fahrer auch nur eines Blickes zu würdigen. „Hast heute wieder einen deiner besonders liebreizenden Tage, was?“, kam es nun kichernd von vorn, gleichzeitig wurde jedoch der Motor des Wagens gestartet. „Ja, und wenn du das nicht am eigenen Leib zu spüren bekommen willst, dann hör auf zu nerven.“ Mit diesen Worten betätigte der Stricher den Knopf, der die Trennwand wieder nach oben fahren ließ und nachdenklich die Stirn runzelte. Er fragte sich, wie Kana es mit solchen Angestellten aushielt. Vermutlich war jedoch davon auszugehen, dass der Andere sich bei ihr keine solchen Verhaltensweisen erlaubte. Lange hatte er allerdings nicht Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn schon nach wenigen Minuten hielt der Wagen wieder, und als er ausstieg, konnte Zero schon Kana erkennen, die, ganz Hausherrin dieses Anwesens, in der Eingangstür stand und seine Ankunft beobachtete. Der Schwarzhaarige ging auf sie zu und gab ihr den üblichen Handkuss. Die Frau wandte sich an den Fahrer, als Zero an ihr vorbei ins Innere des Hauses trat. „Ich hoffe, er hat sich benommen?“ Der Angesprochene lachte leise. „Aber natürlich, Madam. Er war reizend wie immer.“ Kana nickte, obwohl sie natürlich den leicht ironischen Unterton ihres Angestellten vernommen hatte. „Dann hol jetzt bitte unseren anderen Gast ab. Ich möchte nicht länger warten als unbedingt nötig.“ Mit diesen Worten ließ sie den Brünetten stehen und wandte sich ganz ihrem Lieblingszeitvertreib zu. „Willst du nicht den Mantel ausziehen, Zero?“ „Natürlich.“ Ohne auch nur an Widerworte zu denken, entledigte er sich des Kleidungsstücks, bevor er seiner Freierin weiter hinein ins Innere des Hauses folgte. Sie führte ihn in das großzügig gestaltete Wohnzimmer, das in hellen, kühlen Tönen gehalten war und bedeutete ihm, sich auf einem der weißen Ledersofas niederzulassen. Eine Weile starrte Zero schweigend und mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen vor sich hin. Er spürte Kanas verlangenden Blick auf seinem Körper ruhen, während er versuchte, sich im Kopf die Worte zurecht zu legen, die ihm schon gestern in den Sinn gekommen waren. „Kana?“ sprach er sie zurückhaltend, beinahe schüchtern klingend an. „Ja?“ „Warum...das...?“ fragte er und machte eine Geste an seinem Körper entlang, die ihr zeigen sollte, dass er auf sein Outfit ansprach. „Oh, ich dachte, es steht dir.“ meinte sie und warf ihm ein katzengleiches Lächeln zu. „Es ist...weiß.“ Etwas irritiert schaute Zero auf, als seine Kundin auf diese Bemerkung hin auflachte. „Ich wusste, dass dich das freuen würde, mein Lieber.“ meinte sie, ein weiteres Kichern nur schwerlich untrdrückend. Bevor er jedoch noch etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür und ein zierlicher junger Mann mit hellbraunem Haar und vollen Lippen trat ein. „Madam? Ihr Gast ist jetzt anwesend.“ Die Hausherrin nickte. „Danke, Uruha. Bring ihn bitte ins Atelier. Wir sind gleich da.“ Mit einem Nicken verschwand ihr Angestellter wieder aus dem Zimmer und Zero konnte nicht anders, als Kana verwundert anzusehen. „Ich habe ihn von deinem Boss gekauft. Er hat mir gefallen. Findest du nicht, dass ihm diese Uniform wirklich gut steht?“ fragte sie ihn in freundlichstem Plauderton. „Sicher.“ blieb Zeros einzige Erwiderung auf das eben Gehörte. Warum auch sollte Uruha, der sowieso wie ein Model aussah und wohl bisher einer der begehrtesten Stricher im „Grudge“ war, denn in einem Hauch aus Nichts – sprich in Hotpants und einem durchscheinenden schwarzen Hemd – schlecht aussehen? Er folgte seiner Kundin durch das Haus und fühlte sich dabei ein wenig wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank. Die Frau betrat vor ihm das Atelier, das er schon von früheren Besuchen her kannte. Kana war wirklich obsessiv, wenn es um Schönheit im Allgemeinen und die Schönheit junger Männer im Besonderen ging. Schließlich hatte sie es sich nicht nehmen lassen, drei großformatige Aktgemälde von Zero anfertigen zu lassen. Wo diese jetzt die Wände schmückten, wollte der Schwarzhaarige lieber gar nicht wissen. In seine Gedanken vertieft hatte er die Räumlichkeiten betreten und sich, seiner Gewohnheit entsprechend, mit gesenktem Kopf an eine Wand gelehnt um zu warten. „Es freut mich, dass du kommen konntest, mein Lieber!“ Zweifelsohne die hocherfreute Stimme seiner Freierin, die jetzt im Vorzimmer auf den anderen Gast zuging. „Für dich versuche ich doch immer mein Möglichstes.“ Schleimer. Ein fröhlich klingender Schleimer. Dessen Stimme Zero viel zu bekannt vorkam. Dennoch weigerte er sich, den Kopf zu heben. „Ach komm, Hizumi, tu nicht so.“ Gespielt entschuldigend fügte sie hinzu: „Ich konnte einfach keinen Anderen nehmen, und du wirst sehen, das werden die besten Fotos, die hier je gemacht wurden. Ihr beiden ergänzt euch einfach perfekt!“ Sie betonte das letzte Wort besonders. Kana betrat mit ihrem anderen Gast das Atelier. Bei den Geräuschen hob Zero innerlich frustriert aufstöhnend den Kopf , blickte resignierend in den Raum und begegnete dabei einem Paar dunkler Augen, die ihn erst erstaunt und dann in gewisser Weise erfreut musterten. Super. Nicht nur, dass er hier in einer stofflich kaum vorhanden Fetischaufmache stand, die zu allem Überfluss auch noch weiß war, nein, Kana wollte Fotos machen, und das auch noch mit...diesem Typen, vom dem er eigentlich gehofft hatte ihn zumindest nach der begegnungs an diesem Morgen nicht mehr wiederzusehen? Zero wusste, dass das Leben ihn hassen musste, aber dennoch war er auf diesen Schlag ins Gesicht nicht gefasst gewesen. Ein leises, resigniertes Seufzen verließ unmerklich seine Lippen. ~~~ „Ok, so steht ihr gut. Hizumi leg bitte die Hand an Zeros Kinn, als ob du ihn zu dir ziehen wolltest.“ Hektisches Klicken. „Zero, Lippen leicht geöffnet lassen, das wirkt sonst verspannt.“ //Ich BIN verspannt...Idiot...// Erneutes Klicken. „Rückt noch etwas näher zusammen.“ „Wenn ich noch näher rücke, hocke ich auf seinem Schoß.“ Eine kühle Feststellung, von der Hausherrin mit einem zerknirschten Blick bedacht. Zero atmete kurz durch und führte die Anweisung aus, musste sich dazu jedoch an seinem „Partner“ für das Shooting festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. „Die Lippen näher zusammen, ihr beiden, da sollen Funken sprühen!!!“ Der Fotograf bewegte sich hektisch, um ihre Position aus verschiedenen Winkeln aufzunehmen. Wieder führten beide die Anweisung aus, auch wenn sich Hizumi auf das geknurrte „Wenn du mich berührst bist du tot...“ seines kleineren Gegenübers ein breites Grinsen und vor allem eine freche Antwort verkneifen musste, als er fühlte, wie sich der Körper des anderen näher an seinen schmiegte. „Hizumi, bitte die Hand weiter nach unten.“ erklang wieder die Stimme der Hausherrin. Der Zorn brodelte in Zero. Das machte diese Schlampe doch absichtlich. Er musste sich sehr beherrschen um nicht auszurasten, als sich schwarz behandschuhte Finger langsam über seinen Allerwertesten bewegten. Und das allem Anschein nach auch noch genossen. Der einzige – schwache – Trost war, dass sein Hintern nach wie vor in den weißen Hotpants steckte. Und Zero hoffte schwer, dass das so bleiben würde. ~~~ „Soll ich dich nach Hause bringen?“ fragte Hizumi neben ihm, während der Kleinere dem Auto hinterher sah, das sie bis zu Hizumis Wohnung gebracht hatte. An diesem Punkt hatte der Chauffeur ihnen mit einem „Sorry, ich hab echt keine Zeit, noch zu Zero zu fahren, Kana tickt aus, wenn ich zu spät zurückkomme“ zu verstehen gegeben, dass sie beide aussteigen mussten und war dann davongerauscht. //Dieser miese, kleine Bastard...// Zero schreckte etwas zusammen, als Hizumi ihn auf die Schulter tippte und seine Frage wiederholte. Langsam schüttelte er den Kopf, sah seinen Fotopartner das erste Mal an diesem Tag wirklich an. Ohne das Make-up wirkte sein Gesicht beinahe sanft – genau wie... „Nein...ich...muss arbeiten...“ Erstaunlich ruhig gab er diese Aussage von sich und unterbrach gleichzeitig seinen Gedankengang. „Ich kann dich auch dorthin bringen.“ „Sollst du aber nicht.“ Die Worten hatten schroff klingen sollen, doch bei dem Gedanken daran, was ihn noch erwarten würde, wurde Zero so anders, dass er sich nicht fähig fühlte, den Anderen wie den restlichen Tag lang anzupflaumen, so dass die Aussage eher wie eine Bitte klang. Er nickte dem Älteren noch kurz zu und machte sich dann auf den Weg. Hizumi indessen sah dem Davongehenden hinterher, versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er fand Zero zweifelsohne körperlich attraktiv, doch er hatte auch die blauen Flecken auf dessen Körper erkennen können, die ihm zeigten, was für eine Art von Leben der Andere führte. Und sein Verhalten ihm selbst gegenüber war auch alles andere als freundlich gewesen. Doch trotz dieser Tatsache hatte der junge Stricher seine Neugier geweckt. Er hätte nicht übel Lust, dieses Mysterium, das da hieße Zero, zu ergründen und einmal hinter diese Fassade aus Beherrschung und Abgrenzung zu sehen. Ein leises Lächeln spielte um seine Lippen, als er seinen Wohnungsschlüssel aus der Tasche fischte und die Tür aufschloss. Kapitel 7: 7. Abel to Cain -------------------------- 07. Abel to Cain „Hey Kleiner, alles ok?“ Tsukasa sah nach oben und blickte in das freundliche Gesicht Mayas. Ein wackliges Lächeln zierte seine Lippen. „Ja...ok...“ Seine Stimme war leise und genauso zittrig, wie er sich fühlte und so konnte er auch nicht verhindern, dass er zusammenzuckte, als sie ihm leicht durch die Haare wuschelte. In dem Moment öffnete sich die Tür. „Tsukasa?“ „Mh?“ „Komm mit, du hast Arbeit.“ Ein schwaches Nicken blieb die ganze Antwort als der zierliche 18-jährige sich erhob, an Maya vorbei ging und hinter Karyu das Zimmer verließ. Ausgerechnet Karyu. Seit er hier war, machte der Ältere sich beinahe unablässig an ihn heran, egal wie dreckig es ihm gerade ging, oder was er zu tun hatte. Auch wenn er jetzt – im Vergleich zu anderen Tagen – geradezu nett zu ihm gewesen war, war der Größere ihm doch nicht geheuer. Er war einfach nicht einzuschätzen, genau wie der Rest seiner neuen „Kollegen“, allen voran dieser Zero. Aber vielleicht wurde man so, wenn man länger hier arbeitete. Er würde es wohl am eigenen Leib erfahren. Tsukasa war so in seine Gedanken versunken, dass er beinahe gegen Karyu gelaufen wäre, der nun vor einer Tür stehen geblieben war und ihn mit einem ernsten Gesichtsausdruck ansah, in dem er jedoch meinte, noch etwas anderes erkennen zu können. „Ich werde hier warten. Wenn irgendwas...nicht Geplantes passiert, schrei. Dann helf ich dir.“ Tsukasa nickte. „Danke.“ „Nichts danke. Wenn dir was passiert, erlebe ich die Hölle.“ Karyu sprach vollkommen emotionslos und gerade das traf den Jüngeren wirklich hart. Noch einmal nickte er knapp, legte dann die Hand auf die Türklinke, um den Raum zu betreten. Doch noch bevor er dir Tür öffnen konnte, wurde sie auch schon von innen aufgerissen und er sah sich einem Mann von mindestens Mitte vierzig gegenüber, der anscheinend gerade vorgehabt hatte, sich wütend darüber zu beschweren, dass noch niemand bei ihm war. Als er jedoch Tsukasa erblickte, wich die Wut in seinem Gesicht einem süffisanten Grinsen. Er trat einen Schritt zur Seite und bedeutete dem Jungen, den Raum zu betreten. Mit verzweifeltem Ausdruck wandte Tsukasa sich angesichts dieser Geste noch einmal zu Karyu um, der sich jedoch nicht im Geringsten darum kümmerte und ihn einfach ignorierte. Also ließ er sich ohne Gegenwehr von dem Freier durch die Türöffnung ziehen und auf das Bett in eine sitzende Position drücken. Mit angsterfüllten Augen sah er den Mann an, der vor ihm stand und ihn nun eingehend musterte, ohne dass dabei dieses seltsame – Tsukasa kam es einfach nur widerlich vor – Grinsen aus seinem Gesicht wich. Es war das erste Mal, dass er so angesehen wurde. Das erste Mal, dass er anscheinend gezwungen sein würde so weit zu gehen, wie er gehofft hatte, es nie tun zu müssen. Mit einem Schaudern spürte er, wie ihm der Fremde mit zwei Fingern über die Wange strich, sein Blick dabei immer gieriger wurde. „Du siehst noch besser aus als auf dem Bild...so schön...und zerbrechlich...“ Er zuckte zusammen, als der Atem des Mannes über seinen Hals und sein Ohr strich und unwillkürlich kniff er die Augen zusammen. Er ekelte sich. Er wollte das alles nicht, wollte nur, dass es aufhörte. Als er schließlich die Hände des Mannes erst auf seiner Kleidung und dann darunter, direkt auf seiner Haut spürte, konnte er nicht anders als zuzulassen, dass erste Tränen über sein Gesicht rannen. ~~~ Karyu wartete draußen vor der Tür. Seit Tsukasa den Raum des Kunden betreten hatte, stand er hier, starrte Löcher in die Wand gegenüber und vernichtete eine Zigarette nach der anderen. Er wusste nicht warum, aber er konnte es nicht lassen sich vorzustellen, was gerade hinter dieser Tür ablief. Nach einigen stillen Minuten konnte er die ersten Schluchzer hören, die ihm immer verzweifelter zu werden schienen und schließlich zu einem schmerzerfüllten Wimmern wurden, während gleichzeitig ein lauter werdendes Stöhnen an seine Ohren drang. Karyu schüttelte energisch den Kopf, um die bildliche Vorstellung des Geschehens wieder aus seinen Gedanken zu verbannen. Er wusste nicht, warum ihm das an die Substanz ging, aber anders als die meisten Geschehnisse hier, ließ es ihn nicht kalt. ~~~ „Fuck! Jetzt mach schon! Los!“ Hektisches Herumhacken auf einer Tastatur. Leises Knurren, als der Schwarzhaarige zum wiederholten Male versuchte, endlich eine Verbindung zum Internet zu bekommen. „Verdammtes Drecksding!!!“, fluchte Hizumi – was eigentlich eher untypisch für ihn war – weiter, als es ihm auch dieses Mal nicht gelang und ließ seinem Ärger freien Lauf, indem er einmal kräftig gegen das Gehäuse seines PCs schlug. Und siehe da, die Meldung „Verbindung aufgebaut“ erschien wie durch Zauberhand auf seinem Flachbildschrim. „Geht doch...“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm einen Schluck seiner Cola. Misstrauisch beobachtete er die Maschine dabei, wie sie alle nötigen Konfigurationen vornahm, so dass er sich in seinen bevorzugten Chat einloggen konnte, in dem sich eigentlich nur Leute tummelten, die er über die ein oder andere Ecke kannte. Dort angekommen enterte einen privaten Raum, in dem er sich mit einem Freund verabredet hatte. Beinahe sofort erschien eine Nachricht auf seinem Bildschirm. *zettyou_spice* wrote: Nettes Outfit~ *zettyou_spice* wrote: ...wo warst du so lang? Leicht verdrehte er die Augen. Warum musste dieser Typ immer so neugierig sein? Er schnitt seiner Webcam eine Grimasse und strich sich mit der Hand über den nackten Oberkörper, da er nur Shorts trug. Als Ergebnis sah er seinen Freund im Anzeigefenster von dessen Videostream lachen. Hizumis Finger flogen über die Tastatur. +Ero:de+ wrote: Danke, ich weiß... +Ero:de+ wrote: Hatte heute dieses Fotoshooting, hab ich dir doch erzählt. Es dauerte nur ein paar Momente, bis er eine Antwort lesen konnte. *zettyou_spice* wrote: Achso, stimmt. ...hatte ich ganz vergessen... *zettyou_spice* wrote: Wie war's denn? War dein/e Partner/in wenigstens heiß? X3 +Ero:de+ wrote: Partner. Und: ja. War er. Hizumi zögerte kurz. Sollte er erzählen, was passiert war und vor allem, mit wem er posiert hatte? Mit einem Seufzen entschloss er sich dazu. Er würde ohnehin den ganzen Abend darüber nachdenken. Doch bevor er etwas schreiben konnte, hatte er bereits eine neue Nachricht: *zettyou_spice* wrote: Beschreiben! Ich will jedes Detail! +Ero:de+ wrote: Immer mit der Ruhe...Ich hab dir doch von diesem Typen erzählt, den ich gefunden hab...? *zettyou_spice* wrote: Der Stricher? +Ero:de+ wrote: Ja, genau der. DAS war mein Partner. Hizumi sah auf das Bild, das ihm die Reaktion seines Freundes zeigen würde, und wie erwartet entgleisten diesem die Gesichtszüge. Danach war auf dem Stream sichtbar, dass sein Gegenüber hektisch zu tippen anfing. *zettyou_spice* wrote: WTF??? *zettyou_spice* wrote: Im Ernst? +Ero:de+ wrote: Nein, ich verarsch dich. Natürlich ernst, sonst würd ich das nich sagen, oder? *zettyou_spice* wrote: Bei dir weiß man ja nie. Aber gut. Erzähl mal. Der Schwarzhaarige zog eine Augenbraue nach oben. Manchmal hätte er den anderen wirklich töten können für seine Kommentare. Aber man gewöhnte sich ja bekanntlich an alles. +Ero:de+ wrote: Naja, viel zu erzählen gibt es da eigentlich nicht. Er hat vielleicht 2 Sätze mit mir geredet. Das war's. Er wirkt immer so...mh...weit weg? +Ero:de+ wrote: ...also so, als würde es ihn nichts angehen, was mit seinem Körper passiert... *zettyou_spice* wrote: Wundert dich das wirklich?...ich meine...ich will nich wissen, was er so über sich ergehen lassen muss...bei dem „Job“... +Ero:de+ wrote: Ja...vielleicht...aber...ich versteh das ja nich...aber ich hab ihn ständig anstarren müssen. *zettyou_spice* wrote: What? Wie meinst du das?...Unfall-Schema, oder was? Hizumi musste leise lachen. War ja klar, dass er damit kam. Auf diese Theorie hatte sein Kumpel schon immer gern bestanden. Er trank noch einen Schluck seiner Cola, um Zeit zu schinden, und schrieb dann, mit bedächtig gewählten Worten, seine Antwort. +Ero:de+ wrote: Nein. Nicht so... +Ero:de+ wrote: Wie soll ich sagen...es ist mehr so...er wirkt auf mich so unwirklich... +Ero:de+ wrote: Wie etwas, was nicht aus dieser Realität stammt, in der ich lebe... +Ero:de+ wrote: Vielleicht ein bisschen, wie ein Schmetterling, den es sonst nur in den Tropen gibt. Etwas Fremdes...er ist so schön, so zerbrechlich...und so kalt... Ein Blick auf seinen Bildschirm verriet ihm, dass sein virtuelles Gegenüber über seine Worte nachdachte. Er schien beinahe verwirrt zu sein, runzelte die Stirn. *zettyou_spice* wrote: ...das klingt psycho...als ob du von ihm besessen wärst...oder in ihn verknallt. +Ero:de+ wrote: Was? Quatsch. Nein. Er fasziniert mich eben. *zettyou_spice* wrote: Meinetwegen auch das. *zettyou_spice* wrote: Oh. Sorry ich muss weg. Meine Beschäftigung ist gerade nach hause gekommen...hehe... *zettyou_spice* wrote: wir sehen uns morgen, k? +Ero:de+ wrote: Ok. Dann bis morgen. Und viel Spaß! »*zettyou_spice* said: „see you later, bitches!“ and left this room« Mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen verließ auch Hizumi den Chatroom. Er wusste sehr gut, was sein Freund jetzt tun würde. Sein Mitbewohner war anscheinend gerade heimgekommen und nun würden die beiden ihr gemeinsames Schlafzimmer nutzen. Eigentlich beneidenswert. Der Schwarzhaarige stand auf und ging langsam in seine Küche, vorbei am Schlafzimmer. Als er durch die halboffene Tür auf sein eigenes Bett sah, hatte er sofort wieder das Bild vor seinem geistigen Auge, wie Zero ihn verwirrt angesehen hatte, nachdem er aufgewacht war. Dieser Anblick hatte sich unwiderruflich in seine Netzhaut gebrannt. ~~~ „Zero?“ „Ja...“ „Wer war das?“ Der Angesprochene zuckte leicht zusammen, als die Hände, die bisher eher sanft über seinen Rücken gestrichen hatten, sich in die von Striemen gezeichnete Haut gruben. Er ließ ein Seufzen hören. „Keine Ahnung. Irgendeiner der Üblichen halt“. Er blickte die Frau an, die neben ihm im Bett lag. „Du weißt, dass es mir auch lieber wäre, wenn ich 'etwas' unversehrter wäre...“ Nun kicherte sie. „Ja, aber aus anderen Gründen, als ich mir das wünsche“. „Sicher. Wir denken doch alle nur an uns selbst, da sind weder du noch ich eine Ausnahme“. Spielerisch fuhren feingliedrige Hände durch seine schwarzen Zöpfe, zogen neckend daran. „Nur mit dem Unterschied, dass ich zumindest bis auf wenige Ausnahmen auch das bekomme, was ich will...“ „Danke...es ist immer wieder eine Freude und überaus aufbauend, mit dir zu reden, Kana...“ Er erntete ein zuckersüßes Lächeln von der Frau, die für ihn bezahlte. „Dann hör doch auf zu reden und lass uns zum Wesentlichen kommen...“ Mit einer fließenden Bewegung richtete sie sich auf, drückte Zero auf die Matratze und lächelte ihn triumphierend an. Zero schloss die Augen, ließ ihre Liebkosungen und Berührungen einfach geschehen. Auch wenn sie sicher zu Kunden zählte, die ihm lieber waren, änderte das nichts an der Tatsache, dass er, hätte er die Wahl, das alles nicht tun würde. Und wie jedes Mal, wenn er mit dieser Frau zusammen war, wunderte er sich über das merkwürdige Verhältnis, dass sie zueinander hatten. Wäre der bezahlte Sex nicht, hätte man beinahe meinen können, dass sie Freunde wären. Ein sanftes, aber dennoch energisches Beißen in seinen Hals holte ihn aus seinen Gedanken, gemeinsam mit der Hand, die zielsicher den Weg zwischen seine Beine fand. „Du bist unkonzentriert. Du weißt, dass ich das nicht ausstehen kann.“ Ein gespieltes, ausdrucksloses Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Entschuldige.“ Er legte einen Arm um ihren schmalen, vom Alter noch unberührt erscheinenden Körper und zog sie näher an sich. ~~~ „Tsukasa?“ Die dunkle Stimme drang nur schwach in das Bewusstsein des 18-jährigen vor. Er wusste nicht, wie spät es war, wo genau er war oder was er tat. Alles, was ihm bewusst war, war die Tatsache, dass sein gesamter Körper höllisch schmerzte und er sich noch nie in seinem Leben so schäbig gefühlt hatte. Als das Zimmer vom Aufflackern einer Lampe erhellt wurde, kniff er die Augen zusammen. Schritte kamen auf das Bett zu und er merkte daran, dass die Matratze sich senkte, dass sich jemand neben ihm auf dem Bettrand niedergelassen hatte. Eine Hand, die sich irgendwie rau anfühlte, legte sich auf seine Stirn. „Hey, bist du bei Bewusstsein?“ Er registrierte die Stimme, erkannte sie nach einer Weile und schlug daraufhin seine vom Weinen schmerzenden Augen auf. „Was interessiert's dich denn?“ Seine Stimme klang heiser und nahm seinen Worten damit die Schärfe, die er eigentlich hatte hineinlegen wollen. „Ich bin für dich verantwortlich, schon vergessen?“ Die Stimme des anderen klang kühl wie immer, aber wieder glaubte er noch etwas Anderes darin zu hören. Aber das bildete er sich vermutlich auch dieses Mal nur ein. „Komm, ich bring dich hier weg.“ „Mach dir bloß keine Mühe.“ „Das Zimmer wird gebraucht.“ Innerlich schnaubte Tsukasa. Hatte er es nicht gesagt? So etwas wie Mitgefühl existierte an diesem Ort nicht. „Karyu, du bist ein Arsch.“ Die Worte waren mehr ein Flüstern gewesen, aber dennoch hatte der Ältere, der ihn nun vorsichtig hochhob, sie gehört. Tsukasa sah das bittere Lächeln nicht, das der so Betitelte nun zeigte. „Danke, dafür werde ich bezahlt.“ Mit dem Fuß schloss Karyu die Zimmertür und trug den mittlerweile entweder wieder schlafenden oder bewusstlosen Jungen in eines der Zimmer, die den Angestellten vorbehalten waren, legte ihn vorsichtig auf das schmale Bett, das im Raum stand, und verließ diesen dann wieder, in der Absicht, jemanden zu holen, der sich um den Kleinen kümmern würde. Er selbst hatte noch zu tun und außerdem wollte er nicht bei dem Jungen bleiben, der ohnehin schon einen viel zu großen Teil seiner Gedanken einnahm. ~~~ „So, ich muss jetzt da lang.“ Maya zeigte nach links, wo eine Straße von ihrem bisherigen Weg abging. „Sicher, dass du es noch zu dir nach Hause schaffst?“ Sie musterte den Jungen, der bleich und mit ausdruckslosen Augen neben ihr stand. Sie hatte das ungute Gefühl, dass sich dieser Ausdruck irgendwann nicht mehr ändern würde, wie bei der Mehrzahl ihrer Kollegen. Er schien zu zart zu sein, als dass er nicht irgendwann endgültig zerbrechen würde. „Ja...das...geht schon...“ erwiderte er nach kurzem Zögern leise. „Es...ist nicht sehr weit...“ „Gut.“ Maya nickte noch einmal. „Dann...sehen wir uns morgen. Und Tsukasa: versuch zu schlafen, ok?“ Nun war es an ihm zu nicken. Dann drehte sich seine Kollegin um und setzte ihren Heimweg fort, während er noch immer an der gleichen Stelle stand und nicht wusste, ob er es denn wirklich noch bis zu dem Loch, das sich seine Wohnung nannte, schaffen würde, ohne vorher einfach wieder aus den Latschen zu kippen. Ein zittriges Seufzen verließ seine trockenen, aufgesprungenen Lippen, als er sich vorsichtig und mit kleinen Schritten, um sich möglichst wenig zu bewegen, doch noch in die Richtung seines Ziels aufmachte. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er die Gruppe junger Männer nicht bemerkte, die ihm auf seinem Weg entgegenkamen. Erst als er mit einem von ihnen schmerzhaft zusammenprallte, merkte er, dass er nicht mehr allein war. Obwohl der Zusammenstoß nicht allzu heftig gewesen war, hatte er ausgereicht, den zierlichen und geschwächten Jungen das Gleichgewicht verlieren zu lassen. Er stieß ein scharfes Zischen aus, als er schmerzhaft auf dem Asphalt aufkam. „Seht mal...wir scheinen Glück zu haben in den letzten Tagen.“ Heiseres Lachen folgte auf diese Aussage. „Noch so ein kleines, flatterhaftes Vögelein. Er kommt sicher auch geradewegs aus dem „Grudge“...“ Entsetzen breitete sich in Tsukasa aus, als er aufsah und erkennen musste, dass die sieben oder acht Typen ihn eingekreist hatten. Und ihren Blicken nach zu urteilen, hatten sie schon eine ziemlich klare Idee, was sie mit ihm anstellen wollten. //Bitte...bitte...nicht...// „Och seht mal...der Kleine is so happy, dass er uns seine Dienste anbieten darf, dass er vor Glück anfängt zu heulen...“, lachte einer der Typen, während er ihn unsanft wieder auf die Beine zog, nur um ihn danach an die nächstgelegene Hauswand zu drücken. Tsukasa konnte nichts anderes tun, als die Augen zusammenzukneifen und zu beten, dass er das Bewusstsein verlieren würde, als er zum zweiten Mal an diesem Abend ein paar Hände seinen Körper erforschen spürte. Ungeduldige Finger rissen am Reißverschluss seiner Jacke, bis sie sie geöffnet hatten, doch gerade als Tsukasa damit rechnete, jetzt auch noch seine Bluse zu verlieren, waren die Hände plötzlich verschwunden und er hörte ein ersticktes Aufkeuchen. Ängstlich öffnete er die Augen und gewahrte jemanden, mit dem er hier wirklich nicht gerechnet hatte. Er sank an der Hauswand herunter und beobachtete die Szene, die sich ihm bot: Karyu war gerade dabei, die Straßenbande aufzumischen und wie es aussah, hatten diese Typen trotz ihrer Überzahl nicht wirklich eine Chance gegen den Bodyguard. Der ignorierte es völlig, dass auch er einige Treffer abbekam und schlug so lange auf seine Gegner ein, bis diese entweder bewegungslos am Boden lagen oder einfach die Flucht ergriffen. Schwer atmend blieb der Ältere stehen, wischte sich das Blut, das ihm als Resultat eines harten Treffers übers Kinn lief, ab und sah Tsukasa forschend an. „Alles ok, Kleiner?“, fragte er, noch immer leicht außer Atem und zog den anderen dann vorsichtig auf die Füße, um ihn ein weiteres Mal anzusehen. „Ja...du...warst noch rechtzeitig...da...“ Wieder liefen Tsukasa Tränen über die Wangen. Er wunderte sich beinahe, dass er überhaupt noch welche hatte, um weinen zu können, und ließ sich, ungeachtet dessen, wen er vor sich hatte, gegen Karyus Oberkörper sinken. Es war einfach zu viel für ihn. Er brauchte das Gefühl, dass er nicht ganz allein war – auch wenn es nur für wenige Minuten und nicht echt sein sollte. „Ich bring dich nach hause.“ Die Stimme des Bodyguards klang erstaunlich weich, als er ihn sich zum zweiten Mal an diesem Abend auf die Arme lud, um ihn den restlichen Weg bis zu Tsukasas Wohnung zu tragen. Keine halbe Stunde später saß Karyu in seinem eigenen Wohnzimmer, das nur von einigen Kerzen erhellt war. Zur Gesellschaft hatte er nur seinen derzeit besten Freund – eine Flasche Jack Daniel's – der ihn hoffentlich auch heute Abend erfolgreich davon abhalten würde nachzudenken. ~~~~~~~~~~~~~~~~ So..hier ich nochmal. Erstmal zu der Sache mit dem Unfall-Schema, falls jemand nich wissen sollte, was damit gemeint ist: Es geht darum, dass Menschen die Eigenschaft haben, bei Unfällen, die besonders schlimm/hässlich sind einfach hinzustarren, auch wenn sie es eigentlich nicht sehen wollen, aber eben von ihrer Neugier dazu getrieben werden. (mir wurde gesagt, dass man das in der "Fachsprache" auch als "natürlichen Voyerismus" bezeichnet. Jetzt wissen wir's also *lach*) Kapitel 8: Interlude II: Karyu - How things became the way they are ------------------------------------------------------------------- So, diesmal ging es schneller, rechnet aber mit dem nächsten Kapitel nicht vor Anfang April ^^° Und Danke an die, die Kommentare geschrieben haben! Weiter geht's jetzt mit einem kleinen Ausflug in Karyus Vergangenheit, viel Spaß dabei ^^ ~~~~~~~~~~~~~~~ 08. Interlude II: Karyu – How things became the way they are „Karyu, komm sofort zurück, hörst du?!?!“, kreischte eine aufgebrachte Frauenstimme. Mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss und ein 17-jähriger verließ wütend das Haus. „Du verdammtes Mistbalg!!!“ Er schaltete auf Durchzug. Er würde sich das nicht mehr anhören. Es hatte eh keinen Sinn mehr. Auf seinem Rücken trug er eine Reisetasche, in der er das Nötigste verstaut hatte. Nie wieder würde er auch nur einen Fuß in diese Wohnung setzen. Wütend schnaubte er, als er die Straße hinunter ging und sein sogenanntes „Zuhause“ mit zügigen Schritten hinter sich ließ. Sie hatten ihn lange genug herumgeschubst. Und nun, nachdem selbst seiner Mutter auch die letzte Sympathie für ihn abhanden gekommen zu sein schien, gab es keinen Grund, aus dem er sich seinen ihn drangsalierenden Stiefvater und dessen Schläge noch länger hätte antun müssen. Sollten sie doch zu zweit glücklich werden. Vielleicht soffen sie sich ja eines Tages zu Tode oder brachten sich gegenseitig um, wenn sie mal wieder stritten. Aber im Gegensatz zu ihnen hatte er noch so etwas wie ein Leben vor sich und das würde er sich von diesen beiden Schnapsleichen sicher nicht kaputtmachen lassen. Nicht, dass er großartige Ambitionen auf eine steile Karriere hegte, aber besser leben als diese beiden wollte er allemal. Und sei es nur, um am Ende auf sie herabsehen zu können. Der junge Mann blieb stehen, atmete tief durch. Auch wenn er es nicht bereute, so war sein Aufbruch – er vermied in Gedanken das Wort „Flucht“ – vielleicht doch etwas überstürzt gewesen. Am meisten störte ihn allerdings, dass er seine Gitarre hatte zurücklassen müssen. Er schüttelte kurz den Kopf, sah sich um. Er war ganz in der Nähe des Bahnhofs und noch fuhren Züge. Mit einem kurzen Nicken ging er dann entschlossen in Richtung des Gebäudes vor sich. Einer seiner besten Freunde wohnte nur ein paar Bahnstationen von hier und zumindest für heute Nacht konnte er sicher bei ihm unterkommen. ~~~ Tokyo. Warum? Was um Himmels Willen hatte ihn dazu gebracht, ausgerechnet nach Tokyo zu gehen, nachdem er seinem Kumpel nicht länger als ein Wochenende auf der Tasche hatte liegen wollen. Nirgendwo in Japan war das Leben teurer als hier und er, der kaum genug Geld hatte um die nächste Woche zu überleben, kam hierher, in der Hoffnung einen Job zu finden. Er seufzte. Vielleicht sollte er das nächste Mal wirklich besser nachdenken. Andererseits war das noch nie seine große Stärke gewesen. Er hatte schon immer aus dem Bauch heraus gehandelt und obwohl ihm das regelmäßig Ärger einbrachte, sah er keinen Grund daran etwas Grundlegendes zu ändern. Man hätte meinen können, dass er irgendwann etwas daraus lernen würde, aber bisher war dieser Zeitpunkt anscheinend noch nicht gekommen. Er stieß sich von der Hauswand ab, an der er bisher gelehnt hatte und tauchte wieder in den Menschenstrom ein, ließ sich durch die Einkaufsmeilen dieser Metropole treiben. Seit neun Tagen war er nun hier. Er hatte noch immer keine feste Unterkunft, sondern trieb sich nachts in irgendwelchen Parks herum, was nur dank der Tatsache funktionierte, dass Sommer war, und sein Geld verflüchtigte sich mit jedem Tag mehr. Aber noch weniger essen als jetzt konnte er nicht, sonst würde es ihn irgendwann schlicht und einfach umhauen. Und er konnte es auf keinen Fall riskieren, dass er mit Ärzten oder der Polizei in Kontakt kam. Denn die würden dann seine Personalien überprüfen und auch wenn die Chance sehr klein war, so war es doch möglich, dass seine Eltern ihn als vermisst gemeldet hatten. Jetzt hatten sie schließlich niemanden mehr, der ihnen nachräumte oder ihnen ihren Scheiß-Alkohol brachte. Er sah sich kurz um. Irgendwo hier musste sein Ziel sein. In einer Anzeige einer Tageszeitung hatte er gelesen, dass ein kleines Restaurant einen Aushilfskellner suchte. Das war die letzte von acht Stellen, die er sich heute angesehen hatte. Und bisher hatte er keinen Erfolg verbuchen können. Langsam wurde die Zeit knapp... Keine fünf Minuten später blieb er stehen. Das war es wohl. Er atmete noch einmal tief durch, setzte sein freundlichstes Lächeln auf und betrat dann das kleine, traditionell japanisch eingerichtete Restaurant, innerlich für seinen Erfolg betend. ~~~ Während er sich durch die halbdunklen Gassen schleppte, fragte er sich immer wieder, wie er es in den vergangenen zwei Jahren soweit hatte kommen lassen können – zumindest in den Augenblicken, in denen er sich nicht an der nächstbesten Hauswand abstützen musste, um die Krämpfe auszuhalten, die seinen Körper in regelmäßigen Abständen schüttelten. Eigentlich hatte er sich doch geschworen, niemals zu werden wie seine Mutter und ihr dauerbesoffener Stecher, und jetzt? Jetzt saß er noch viel tiefer in der Scheiße. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entkam seinem Mund, als sich sein Körper unter erneuten Schmerzwellen zusammenzog. Wenn er diesen Typen, der ihm neuen Stoff verkaufen wollte, nicht bald fand, würde er vermutlich elendig in einer dieser Seitengassen verrecken. Zumindest fühlte sich sein Körper im Moment so an, als hätte er genau das vor. Allerdings hätte das auch den Vorteil, dass er sich dann nicht mehr mit dieser Misere herumschlagen müsste. Egal. Er musste weiter, musste in Bewegung bleiben, um es noch ein paar Minuten zu überstehen. Dann endlich, als er um die nächste Ecke bog, konnte er den leuchtenden Schriftzug erkennen. Warum sein Dealer ihn ausgerechnet in der Nähe des „Grudge“ treffen wollte, verstand er zwar nicht, aber andererseits war es wahrscheinlich, dass er das Geld, das er bekommen würde, gleich für die Dienste eines Mitarbeiters dieses „Clubs“ einsetzen wollte. Er wagte sich weiter in die Gasse vor, sich nur zu bewusst, dass diese Vorsicht eigentlich umsonst war, da sein lauter, unregelmäßiger Atem ihn ohnehin verraten würde, sollte ihm jemand auflauern. „Karyu. Da bist du ja endlich!“ Der Angesprochene fuhr zusammen, als die Stimme hinter ihm erklang. Im Halbdunkeln konnte er seinen Dealer auf sich zukommen sehen. „Bist du bescheuert? Ich hätt beinah nen Herzinfarkt gekriegt!“ Seinem Gegenüber entlockte diese Ansage lediglich ein müdes Grinsen. „So wie du aussiehst, machst du's ohnehin nicht mehr lange...“ „Wie auch immer...“ Karyu sah sich unruhig um, versuchte seine Schmerzen zu unterdrücken, um einen klaren Kopf zu behalten. Ihm war von Anfang an nicht wohl bei dieser Sache gewesen. Jeder Junkie und Dealer hier wusste, dass man in dieser Gegend keine Geschäfte abwickeln sollte, und hätte dieser abgewrackte Typ, der jetzt ein nur wenige Zentimeter großes, in Silberfolie eingewickeltes Päckchen aus der Tasche zog, nicht so guten Stoff, hätte er sich auch nie darauf eingelassen. Mit zitternden Händen holte er einige große Geldscheine aus der Tasche und hielt sie dem anderen hin. Langsam musste er sich wirklich beeilen, wenn er nicht die vollen Auswirkungen seiner Entzugserscheinungen erleben wollte. Doch wie so oft im im Leben machte ihm irgendwer einen fetten Strich durch die Rechnung, denn gerade als der Dealer das Geld an sich genommen hatte und ihm seine paar Gramm Crack aushändigen wollte, kamen zwei Gestalten um die Ecke, die nur Sekundenbruchteile brauchten, um zu verstehen, was sich in der Seitenstraße abspielte. Mit einem „Verdammt!“ auf den Lippen reagierte der Mann, der Karyu seine Ware gebracht hatte, ließ den Stoff fallen und suchte schleunigst das Weite. Karyu selbst hätte es ihm gern gleichgetan, doch kaum hatte er einige Meter hinter sich gebracht, verließen ihn mit einer weiteren Welle von Krämpfen auch seine letzten Kraftreserven und er spürte nur noch, wie seine Beine nachgaben, bevor er sich mit dem Gesicht voran auf dem harten Asphalt wiederfand. Noch bevor er sich auch nur annähernd von den Schmerzen oder der in ihm aufsteigenden Übelkeit erholen konnte, hörte er, wie jemand neben ihm stehen blieb. Er musste nicht einmal den Kopf heben, um zu wissen, dass es die beiden Männer von eben waren. Und als sollte eben dieser Gedanke bestätigt werden, fühlte er eine Hand, die in seinen Haarschopf griff und ihn daran grob nach oben zog. „Na was haben wir denn da...?“ Die Stimme, die er hörte, troff geradezu vor Sarkasmus und als Karyu es fertig bekam, seine Augen, die er vor Schmerz zusammengekniffen hatte, wieder zu öffnen, konnte er auf dem Gesicht des Typen, der ihn gepackt hatte, ein hämisches Grinsen erkennen. „Wenn das mal keiner dieser abgefuckten Junkies ist...“ Die zweite Stimme ertönte irgendwo hinter ihm. Bevor er sich darüber jedoch Gedanken machen konnte, wurde sein Arm brutal nach hinten gerissen, so dass Karyu sich mehr oder weniger aufgerichtet im Griff dieses zweiten ominösen Mannes wiederfand. Ein ersticktes Keuchen verließ seinen Mund. Das Leben musste ihn wirklich hassen. Doch auch dieser Gedanke wurde im Keim erstickt, als sich eine Faust ungebremst in seinen Bauch grub. Aus seinem Keuchen wurde ein Röcheln und er konnte nicht sagen, wie er es schaffte, seinen rebellierenden Magen unter Kontrolle zu behalten und dem Typen vor sich nicht einfach auf die Schuhe zu kotzen. Vielleicht das letzte bisschen Selbsterhaltungstrieb, das ihm noch geblieben war. „Ich dachte eigentlich, Penner wie du wissen mittlerweile, dass sie hier nichts zu suchen haben...“ Mit diesen Worten landete die Faust an seinem Kinn, während der Andere hinter ihm ihn fester packte, als Karyu drohte, einfach zu Boden zu sacken. Automatisch fiel sein Blick auf seinen kostbaren Stoff, der durch das Silberpapier selbst im hier herrschenden Zwielicht gut zu sehen war. Zu seinem Leidwesen wurde dieser Blick bemerkt. Der Mann, dessen Kraft er eben schon zu spüren bekommen hatte, bückte sich und hob das kleine Päckchen auf, drehte es spielerisch zwischen den Fingern, während die Augen seines Opfers sich nicht davon abwenden konnten. Ein paar Zentimeter in Silber gewickeltes Pulver, das ihm die nächsten ein, zwei Tage das Überleben sichern würde. „Du willst es, nicht war?“ Beinahe gegen seinen Willen musste Karyu nicken. Ja, verdammt, er brauchte diesen Stoff. Jetzt! So groß sein Verlangen war, so geschockt musste er aussehen, als der Mann vor ihm seelenruhig begann, das kleine Päckchen auseinander zu falten und dann gelassen, mit einem miesen Grinsen auf den Lippen zusah, wie Karyus Lebensgrundlage im wahrsten Sinne des Wortes vom Winde verweht wurde. Bevor er in der Lage war, wirklich zu begreifen, was gerade geschehen war, spürte er wie sein Arm losgelassen und er dafür am Kragen gepackt wurde. Und im nächsten Moment prallte er schmerzhaft gegen die nächste Hauswand. Kraftlos sank er daran herunter und erwartete schon als nächstes mit Fußtritten malträtiert zu werden, gegen die sein jetzt erbärmlich zitternder Körper mit einhundertprozentiger Sicherheit kapituliert hätte, als er stattdessen schnelle Schritte auf sich zu eilen und eine herrische Stimme Anweisungen bellen hörte. Für einen Moment sah er Asphalt, dann bunte Farben, Grau und schließlich hatte er das Gefühl, in eine undurchdringliche Dunkelheit zu fallen, ohne etwas dagegen tun zu können. ~~~ Als er wieder halbwegs zu Bewusstsein kam, registrierte er zwei Dinge: Zum einen fühlte sich der Erdboden, auf dem er lag, merkwürdig weich an und zum anderen war es wärmer, als er es von einer klammen Oktobernacht erwartet hätte. Das Einrasten eines Türschlosses, das in seinen Ohren unheimlich laut klang, ließ ihn aufschrecken. Schwerfällig hob er seinen Kopf, wartete bis sein Blick halbwegs klar wurde und erkannte einen Mann, der keine zwei Meter von seinem Bett entfernt stand und auf ihn herunter sah. „Du siehst wirklich erbärmlich aus...“ Die harten Worte aus dem Mund des Mannes ließen ihn zusammenzucken, auch wenn Karyu sich bewusst war, dass es der Wahrheit entsprach. „Danke“, meinte er deswegen so sarkastisch, wie er es zustande brachte, während sein Körper wieder zu zittern begann. „Wo bin ich hier?“, wollte er dann wissen. Der Unbekannte verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. „In meiner Wohnung. Und hier wirst du so lange bleiben, bis du sauber bist.“ Er zeigte auf eine Tür an der anderen Seite des Zimmers. „Dort ist das Bad ...und dort...“, er zeigte neben das Bett, „...steht ein Eimer. Du wirst dich früher oder später übergeben müssen. Ich komme später wieder und bringe dir etwas zu essen“. Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Zimmer. Karyu starrte ihm fassungslos hinterher. Was zur Hölle ging hier eigentlich ab? Allerdings hatte er keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, da sein Körper wieder zunehmend von Schüttelfrost und Krämpfen, die sich nach kurzer Zeit in seiner Magengegend sammelten, beherrscht wurde. Zwar versuchte er, soweit es ging, ruhig zu bleiben, aber gegen die Tatsache, dass er immer häufiger würgen musste, konnte er nichts ausrichten und schließlich musste er vor der Schwäche seines Körpers kapitulieren und einsehen, dass er zu schwach war, um den stärker werdenden Brechreiz noch zurückzuhalten. Mit einem Ächzen gelang es ihm noch, sich über den Bettrand zu beugen, so dass er das wenige, das in seinem Magen gewesen war, zusammen mit viel Magensäure und Gallenflüssigkeit in den Eimer erbrach. Schwer atmend blieb er eine Weile so über den Bettrand gebeugt liegen und wartete, dass die Krämpfe in seinem Bauch abklangen, während ihm der widerliche, leicht saure Geruch seines Erbrochenen in die Nase stieg. Irgendwann, als sich der Nebel in seinem Kopf wieder etwas lichtete, stellte er fest, dass er anscheinend noch einmal eingeschlafen sein musste. Ob nun aus Übermüdung oder schlicht, weil sein Körper durch den Entzug vollkommen entkräftet war, wollte er lieber gar nicht wissen. Als seine Wahrnehmung etwas schärfer wurde, bemerkte er zuerst, dass er noch immer den schalen Geschmack seines Erbrochenen auf der Zunge hatte. Als er sich daraufhin unter einem schmerzvollen Stöhnen aufrichtete, musste stellte er fest, dass sein Körper von kaltem Schweiß bedeckt und das Bett, in dem er lag, vollkommen zerwühlt war. Karyu rutschte an den Bettrand, stellte vorsichtig seine Füße auf den Boden und stand langsam auf. Mit wackeligen Schritten ging er in Richtung des Badezimmers, als erst der Schlüssel im Türschloss herumgedreht und anschließend und anschließend die Tür zu seiner „Zelle“ aufgerissen wurde, bevor zwei miteinander diskutierende Personen den Raum betraten. Trotz seiner noch etwas getrübten Wahrnehmung erkannte er, dass es der Mann war, der ihn anscheinend hierher gebracht hatte, und der nun schlagartig schwieg und so den Streit mit der Frau, die nach ihm eintrat, unterbrach. „Du bist wach?“ Karyu nickte schwach. „Gut. Setz dich.“ Der ihm noch immer Unbekannte deutete auf das Bett, in dem Karyu bis jetzt geschlafen hatte. „Aber-“ „Setz dich!“ Karyu zuckte zusammen, tat dann jedoch lieber, was von ihm verlangt wurde. Er wusste nur zu genau, dass er nicht nicht einmal den Hauch einer Chance hätte, sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen. Die Frau, die nach dem Betreten des Zimmers im angrenzenden Bad verschwunden war, trat nun mit einem Lächeln auf den Lippen zu Karyu und reichte ihm ein Glas Wasser. „Hier, trink etwas. Dann geht’s vielleicht etwas besser. Ich bin übrigens Maya.“ Dann, bevor Karyu etwas erwidern konnte, drehte sie sich um und wandte sich an den Mann. „Und Kenta, sei nicht so grob zu ihm.“ Der so Angesprochene verschränkte die Arme und sah Maya ernst an. „Wieso nicht? Er hat es doch nicht anders verdient, wenn er sich sein Leben so versaut mit diesem Dreckszeug.“ Davon gänzlich unbeeindruckt legte seine Begleiterin ihm die Hand auf den Arm, lächelte ihm zu und verließ dann mit dem Satz „Ich werde etwas zu Essen machen.“ den Raum. Karyu, der nur dagesessen und die Szene beobachtet hatte, hob nun das Glas an die Lippen und trank einen Schluck. Dann wandte er sich seinerseits an den Mann, der ihn nun ansah. „Wer...sind Sie eigentlich...und wieso haben Sie mich mitgenommen?“ Trotz seiner Verfassung war er erstaunt darüber, wie brüchig seine Stimme klang. Erst zuckte sein Gegenüber nur mit den Schultern, während er zu überlegen schien, was er antworten sollte. Schließlich rang er sich zu einer knappen Erklärung durch. „Matsumoto Kenta...und zu dem anderen Punkt: Es wäre nicht unbedingt gut für uns gewesen, wenn in der Nähe des Grudge ein abgewrackter Junkie sein Leben ausgehaucht hätte.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer wieder und Karyu konnte hören, wie er in einem anderen Teil der Wohnung wieder ein Gespräch mit Maya anfing. Langsam ließ sich Karyu wieder auf das Bett sinken, froh darüber, dass er im Moment, da weder Übelkeit noch ständiges Zittern seinen Körper beherrschten, klar denken konnte. Nachdenklich sah er an die Decke. Warum dieser Matsumoto ihn mitgenommen hatte, konnte ihm im Prinzip auch egal sein. Er hatte ihm damit vielleicht – nein, ziemlich sicher sogar – das Leben gerettet, aber andererseits konnte er hier nicht ewig bleiben, sondern sollte zusehen, dass er hier schnellstmöglich wieder weg und an neuen Stoff kam. So schwach, wie er sich im Moment fühlte, bezweifelte er, dass er diese Entzugserscheinungen noch lange aushalten würde. Eine leichte Berührung an der Schulter, die trotz aller Vorsicht eine Welle aus Schmerz durch seinen überreizten Körper fluten ließ, riss ihn aus seinen Gedanken. Als er den Kopf in die Richtung drehte, aus der die Berührung gekommen war, sah er die Frau von gerade eben vor sich stehen. Mit einem seltsam weichen Lächeln, betrachtete sie ihn. „Ich hab dir was zu Essen gebracht...ich weiß nicht, ob du es lange bei dir behalten kannst, aber du solltest es versuchen.“ Karyu nickte schwach, als er einer Schale auf dem Nachttisch gewahr wurde, die anscheinend mit Misosuppe gefüllt war. „Danke...“ Die Frau zuckte nur leicht mit den Schultern. „Schon gut. Bedank dich nicht. Du hast noch eine Menge Zeit vor dir, bis du clean bist...und ich glaube nicht, dass Kenta dich vorher hier weglässt.“ „Was?“ Karyu sah die Ältere geschockt an. Das konnte sie doch nicht ernst meinen. „Aber das...das geht nicht...das halt ich nicht aus...“ Maya betrachtete den Jungen, oder vielmehr jungen Mann vor sich. Ein Häufchen Elend, wie es im Buche stand. Er sah einfach nur fertig aus und war allem Anschein nach mit seinen Kräften am Ende. Sie konnte sich gut vorstellen, warum ihr Freund ihn mitgenommen hatte. Kapitel 9: Interlude III: Karyu - Life's miserable -------------------------------------------------- Mh~...etwas schneller, als ich gesagt habe, aber kann ja nicht schaden, ne? Hier geht's also weiter mit dem zweiten Teil von Karyus Vergangenheit. Ihr dürft mich danach ruhig steinigen, ich find ja selber mies, was ich mir da ausgedacht hab...*heute grad mal ihren emotionalen Tag hat* Wie auch immer. SO isses und bleibt es auch. *shrug* Viel Spaß und Kommentare sind wie immer gern gesehen, nich wahr... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Interlude III: Karyu – Life's miserable „Karyu, da bist du ja endlich...was hast du mit deinem Gesicht gemacht?“ Der freudige Ausdruck auf Mayas Gesicht wandelte sich in einen besorgten. Der Angesprochene winkte ab. „Schon okay, wir haben's nur beim Training etwas übertrieben...ich hätte nicht gedacht, dass dieser Inoue so einen festen Schlag drauf hat...“ Mit einem selbstironischen Grinsen ließ der mittlerweile fast 21-jährige seine Tasche auf den Boden und danach sich selbst auf einen der Stühle fallen, die in der kleinen Küche standen. „Wo ist Kenta eigentlich?“ Maya, die ihrem Zögling gerade ein Glas kalten Tee auf den Tisch stellte, zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß nicht genau. Er meinte nur, dass er noch etwas mit dem Boss zu besprechen hätte, wegen eines Neuzugangs und dass er vermutlich erst später nach Hause kommen würde.“ Sie setzte sich auf den Stuhl, der Karyus gegenüber stand und betrachtete ihn kritisch. „Du solltest da Eis draufpacken...“ „Ach was...“ Der Jüngere strich sich vorsichtig über sein leicht geschwollenes Kinn, auf dem sich schon jetzt ein dunkler Fleck abzeichnete. „So schlimm ist das nicht. In ein paar Tagen sieht man das schon nicht mehr...“ „Na, wenn du meinst...“ Maya lehnte sich zurück und sah den jungen Mann vor sich eindringlich an. Sie war froh, dass ihr Freund ihn damals mit zu sich genommen hatte. Vermutlich hatte er dem Jungen so das Leben gerettet. Und auch, wenn es eine mehr als harte Zeit gewesen war, hatte er es bisher durchgehalten, seine Finger von den Drogen zu lassen und clean zu bleiben. „Immer wenn du mich so anschaust, hab ich das Gefühl, dass ich irgendwas verbrochen habe...“ Karyu betrachtete sie mit einem Grinsen, stand dann auf, um in sein Zimmer zu gehen. Gerade als Maya ihm antworten wollte, hörten sie, wie sich die Tür zu ihrer kleinen Wohnung öffnete, und nur wenige Augenblicke später betrat Matsumoto den Raum, nickte Karyu lächelnd zu und ging dann zu seiner Freundin, um sie mit einem kurzen aber liebevollen Kuss auf den Mund zu begrüßen. Während die beiden eine Unterhaltung begannen, verließ Karyu den Raum endgültig und begab sich in sein eigenes, kleines Zimmer. Seine Tasche landete in einer Zimmerecke und blieb dort unbeachtet liegen, als sich er sich auf seinem Bett ausstreckte. //Damn, das gibt morgen böse Muskelkater...// Mit einem leicht verkrampften Gesichtsausdruck bewegte er seine Glieder und glaubte kurzzeitig, wirklich jede Sehne und jede Muskelfaser in seinem Körper spüren zu können. Dann jedoch machte sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit. Auch wenn er selbst hatte einstecken müssen, so hatte er den Kollegen Kentas, die ihn allesamt wie ein Küken behandelten, dennoch zeigen können, dass er sich durchaus wehren und auch ganz gut austeilen konnte. Doch, er war durchaus zufrieden. Wenn diese Männer ihn endlich ernstnahmen, dann sollte es nicht mehr lange dauern, bis er gemeinsam mit Kenta im Grudge würde arbeiten können. Er wusste, dass auch Maya in diesem Club arbeitete, und auch aus der Beschaffenheit dieses „Jobs“ hatte sie kein Geheimnis gemacht, doch gerade das war der Grund dafür, dass Karyu ebenfalls als Bodyguard dort arbeiten wollte. Denn obwohl er es nie öffentlich zugegeben hätte, machte auch er sich Sorgen um seine „Ziehmutter“, wie er sie manchmal im Scherz nannte, und konnte es nur schwer ertragen, wenn sie wieder einmal mit einem blauen Auge oder anderen, schlimmeren, Blessuren nach Hause kam. Manchmal fragte er sich wirklich, wie Kenta es aushielt, eine Beziehung mit ihr zu führen und gleichzeitig zusammen mit ihr dort zu arbeiten. Für ihn selbst wäre es unerträglich, nicht nur zu wissen, dass die eigene Freundin ihren Körper verkaufen musste – auch wenn Karyu nicht wusste warum Maya das tat – sondern auch noch teilweise zusehen zu müssen, wie sie mit ihren Freiern umging, oder schlimmer wie diese Maya im Gegenzug behandelten. Allerdings, gestand er sich mit einem Seufzen ein, war die Beziehung der beiden ohnehin eines der merkwürdigsten Dinge, die er je erlebt hatte. Obwohl man meinen könnte, dass es unter den gegebenen Umständen nicht möglich sein sollte, schienen sich die beiden aufrichtig zu lieben. Aber was dachte er darüber eigentlich überhaupt nach. Von Liebe hatte er sowieso keine Ahnung und so etwas wie emotionale Nähe kannte er auch erst, seit Maya und Kenta ihm so aus der Scheiße geholfen hatten. Er setzte sich auf, schüttelte den Kopf, um seine Gedanken loszuwerden und langte dann nach dem Päckchen Zigaretten, das auf seinem Nachttisch lag. Das und hin und wieder ein Drink waren das einzige, was er an so gearteten Giftstoffen noch an sich heran ließ. Und wenn er daran dachte, was für einen Horror er in den ersten sechs Monaten seines Entzugs durchgemacht hatte, war er sicher, dass dies auch für den Rest seines Lebens so bleiben würde. ~~~ „Und du bist sicher, dass es gut ist, ihn mitzunehmen?“ Besorgt sah Maya ihren Freund an, mit dem sie an diesem Morgen am gedeckten Frühstückstisch saß. Kenta erwiderte ihren Blick seufzend. „Du weißt doch, was ich damals mit dem Chef ausgemacht habe. Er kann nur bleiben, wenn er etwas für das Unternehmen tut. Da kannst du wirklich noch froh sein, dass er nicht wie Uruha oder Ryousuke aussieht, sonst hätte er ihn garantiert auch dazu gezwungen, sich mit an die Straße zu stellen.“ Etwas missmutig wandte er sich wieder seinem Reis zu. Er hatte diese Diskussion schon des ofteren mit seiner Freundin geführt und wusste, dass er daran nichts ändern konnte. Entweder Karyu half oder der Junge würde wieder auf der Straße landen. So lief das Geschäft hier eben. „Abgesehen davon...“, fing er nach einigen Minuten, in denen das Zimmer in Stille gehüllt gewesen war, wieder an, „wenn ich ihn mitnehme, dann weiß er gleich was ihn erwartet. Dann kann er entscheiden, ob er wirklich bleiben will. Und ich kann sicher gehen, dass alles glatt läuft...“ „Schon gut, du hast ja Recht...“, ergab Maya sich mit einem Seufzen. „Ich mache mir einfach Sorgen, dass er das nicht so ernst nimmt, wie es ist.“ Mit diesen Worten erhob sie sich von ihrem Platz, legte die Stäbchen ordentlich neben ihrer Schale ab. „Ich geh ihn wecken, ja?“ Kenta nickte und faltete dann die Zeitung auseinander, um wenigstens ein paar der Artikel zu überfliegen. ~~~ „Also...“, Matsumoto sah seinen Ziehsohn ernst an. „Du hältst dich im Hintergrund. Tu nichts, wenn ich es nicht sage. Ich will nicht, dass hier irgendwas aus dem Ruder läuft.“ „Hey, is doch gut. Ich werd ganz brav da stehn und warten.“ Etwas pikiert lehnte sich Karyu in dem teuren Ledersitz zurück und sah aus dem Seitenfenster des schwarzen Autos. Da durfte er endlich mal mit, wenn Kenta einen Auftrag ausführte, und dann behandelte man ihn wie ein kleines Kind. Er wusste ja selbst, dass er zu impulsiven Handlungen neigte, aber dass er nicht aus dem Wagen springen und den Jungen, den sie anscheinend abholen und ins Grudge bringen sollten, einfach ins Auto zerren konnte, war selbst ihm klar. „Jetzt sei nicht beleidigt. Aber wenn du beim Chef einen guten Eindruck machen willst, muss heute einfach alles klappen.“ Seine Besorgnis hinsichtlich Karyus Karrierewunsches ignorierend, lächelte er den Jüngeren an und legte ihm in einer väterlichen Geste eine Hand auf die Schulter. Dann öffnete er die Fahrertür und stieg aus dem Wagen, um zu seinen zwei Kollegen zu gehen, die gerade dabei waren, das richtige Haus ausfindig zu machen. „Was soll's schon...“, brummte Karyu, immer noch nicht ganz zufrieden mit der Situation, vor sich hin, bevor er ebenfalls das Fahrzeug verließ und sich zu seinen Kollegen gesellte. Diese hatten mittlerweile anscheinend tatsächlich die richtige Adresse ausfindig gemacht und standen nun vor dem kleinen Gartentor herum und regten sich darüber auf, dass niemand zu Hause war. Matsumoto hingegen stand lässig da und hatte für die beiden Männer nur ein müdes Lächeln übrig. „Lasst den Armen doch seine letzten freien Minuten genießen.“, meinte er dann nur trocken, um ihren Sprüchen ein Ende zu machen und hoffte inständig, dass er sein Mitgefühl für den Jungen aus seiner Stimme hatte verbannen können. Er kannte durch seinen Chef in etwa das Leben, das der Neuzugang bisher gelebt hatte und wusste aus Erfahrung was er nun und in den nächsten Wochen zu erwarten hatte. Es sollte ihm nicht so nahe gehen, aber insgeheim wünschte er sich, er könnte dem Jungen dieses Schicksal ersparen. Vielleicht lag es daran, dass er zum einen wusste, was im Grudge so vor sich ging und zum anderen natürlich, wie es war, so in diese Welt gerissen zu werden, seit er damals Maya kennen gelernt hatte. Karyu wollte gerade aus Langeweile anfangen, Kenta ein wenig über den Neuen auszufragen, als er Schritte näherkommen hörte. Ein Blick in die Richtung aus der diese kamen präsentierte ihm einen sehr hübschen, aber ziemlich blass und mitgenommen aussehenden Jungen, der in etwa zwanzig Metern Entfernung auf dem Gehsteig stehen geblieben war und nervös zu ihnen herüber schaute, während er sich einige seiner geflochtenen Zöpfe hinter die Ohren strich. Er schien sich einen Ruck zu geben, ging die letzten Schritte auf die wartenden Männer zu und sah sie nun misstrauisch an. „Wollen Sie zu mir?“ Augenscheinlich versuchte er, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, doch sie war leise und er schien Mühe zu haben, dass sie nicht brach. Matsumoto trat einen Schritt auf den zierlichen Jungen zu und deutete mit einem Kopfnicken eine Verbeugung an. „Wenn du dich Zero nennst, dann bist du der, den wir suchen.“ Sichtlich verwundert sah der Junge zu dem älteren Mann auf. „Auf Beileidswünsche kann ich verzichten und ich will weder etwas kaufen noch verkaufen. Entschuldigen Sie mich also bitte.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab, wollte durch das kleine Gartentor das Grundstück betreten und auf sein Wohnhaus zugehen, als einer von Matsumotos Kollegen ihn mit festem Griff am Oberarm aufhielt. „Tut mir Leid, Zero, aber wir müssen dich leider mitnehmen. Unser Chef will dich sprechen.“ Matsumoto versuchte ein Seufzen zu unterdrücken. „Mach uns keinen Ärger, dann wird es für alle Beteiligten leichter, ja?“ Mit einem erst erstaunten, dann fast ängstlichen Blick hörte Zero dem ihm unbekannten Mann zu, ließ dann den Kopf hängen. Leise gemurmelte Worte verließen seinen Mund, und Karyu glaubte darin den Satz „Was soll's schon, ist ja jetzt auch egal...“ zu hören. Dann nickte er nur noch schwach und ließ sich ohne weiteren Widerstand in den Wagen bugsieren. Bei der Rückfahrt saß Karyu neben dem Neuen, während sein älterer Kollege den Platz auf dem Beifahrersitz eingenommen hatte. Verstohlen musterte der 21-jährige den anderen aus den Augenwinkeln. Er war wirklich hübsch. Ein schönes Profil, volle Lippen, dunkle, schön geformte Augen, die auch jetzt die ganze Zeit den Boden des Fahrzeugs musterten, als hätten sie nie etwas Interessanteres gesehen. Blasse, ebenmäßige Gesichtszüge und Haut, die sich wie Samt anfühlen musste. Die langen Zöpfe fielen ihm weit über die schmalen Schultern, wenn er wie jetzt so in sich zusammengesunken da saß. Karyu grinste in sich hinein. Doch, dieser Junge entsprach durchaus seinem Geschmack, der sich schon seit seinen Teenagerjahren nicht nur auf Frauen, sondern auch auf das eigene Geschlecht erstreckte. Vielleicht, so überlegte er weiter, hatte diese Schönheit ja in den nächsten Tagen ein wenig Zeit für ihn. ~~~ Mit einer Zigarette zwischen den Lippen lief Karyu durch die Gänge des Grudge. Er hatte im eigentlichen Club vergeblich nach Zero gesucht, was hieß, dass der Jüngere hier irgendwo in den Garderoben oder Ruheräumen zu finden sein musste. Nacheinander öffnete er einige der Türen, die vom Gang abzweigten, aber entweder waren die Zimmer dahinter leer oder die Leute darin sahen ihn fragend bis desinteressiert an, wenn er sie beim Nachschminken oder ihren kurzen Pausen störte. „Da bist du ja!“, meinte er schließlich bei der nächsten Tür mit einem Grinsen, als er Zero in dem fast dunklen Raum sitzen sah, in dem nur eine kleine Lampe brannte. Die schmale Gestalt, die sich auf dem Bett zusammengekauert hatte zuckte unter seinen Worten, wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Dann hob er langsam den Kopf und der Ältere sah, dass das Makeup vollständig verschmiert war. Allem Anschein nach hatte der Neuzugang hier im Halbdunkeln gesessen und geweint. Lässig ließ sich Karyu neben dem anderen aufs Bett fallen, schlug die Beine übereinander und hielt Zero seine Kippenschachtel hin. „Auch eine?“ Als Antwort bekam er nur ein schwaches Kopfschütteln, bevor der Angesprochene sich mit dem Handrücken über sein Gesicht fuhr, als könne er so die Tränenspuren verschwinden lassen. „Brauchst du sonst irgendwas?“ Er zog eine Augenbraue in die Höhe. Er konnte nicht wirklich verstehen, warum der andere so fertig war. Im Normalfall waren die, die hier als Stricher oder Huren arbeiteten, entweder selbst an ihrer Situation Schuld oder aber – auch wenn es relativ selten vorkam – arbeiteten sogar freiwillig hier. Uruha zum Beispiel war so ein Fall. Der gab offen zu, dass er diesen Job machte, weil er dabei gutes Geld verdienen konnte. Das schloss Karyu jedoch in Zeros Fall aus. Nein, wie freiwillig sah das hier nicht unbedingt aus. Aber wenn der Junge irgendwas verbockt hatte, dann musste er für seine Schulden eben einstehen. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte er nach einer Weile, in der er den Jüngeren schweigend gemustert hatte. „17...ich...hatte vor einer Woche Geburtstag.“ Er holte unter seinem Oberteil eine Silberkette hervor, an der ein ebenfalls silberner Ring befestigt war. „Das hat mir mein Freund zum Geburtstag geschenkt...vermutlich das Letzte, was ich je von ihm haben werde...“ Zero hatte leise gesprochen und schien schon wieder mit den Tränen zu kämpfen. „Die letzte Woche hat mein Leben zerstört...und jetzt hocke ich hier...und...“, er musste schlucken, „...und...soll meinen Körper verkaufen...“ Seine Stimme war mittlerweile nur noch ein ersticktes Flüstern. Karyu, der ihm, aufmerksam zugehört hatte, zuckte nur mit den Schultern. „So ist das Leben halt...“, meinte er dann nur trocken, bevor er den Stummel seiner Zigarette in dem Aschenbecher ausdrückte, der auf dem Nachttisch stand. „Man bekommt immer das, was man verdient, nicht wahr...“ Mit diesen Worten hatte er sich zu Zero hinübergelehnt und drückte ihn nun langsam aber erbarmungslos auf die Matratze, auf der er vorher gesessen hatte, um schließlich noch sein Knie zwischen Zeros Oberschenkeln zu platzieren. Ein selbstsicheres Grinsen hatte sich auf seine Lippen gelegt, als er auf den nun zitternden Jungen herabsah, der seinen Blick nur geschockt erwiderte. Es schien als wollte der Jüngere etwas sagen, aber es kam kein Laut über seine bebenden Lippen. „Keine Angst, Zero...ich werde auch ganz vorsichtig sein...aber du weißt ja sicher, wie das funktioniert...nicht wahr?“ Die Stimme des Älteren hatte einen spöttischen Klang, als er diese Worte in das Ohr des ihm Unterlegenen sprach. Dessen Körper spannte sich spürbar an, bevor er seinen Hände an Karyus Schultern legte und versuchte, ihn von sich wegzuschieben. „W-warum tust du das?“ Doch statt einer Antwort strecke der Ältere seinen Hand in Richtung der Hotpants aus, die Zero trug und öffnete umstandslos deren Verschluss. „Wozu bist du denn sonst da?“ Kapitel 10: 10. Damned ---------------------- So, ein Update, hooray. ich möchte nur nochmal betonen, dass ich Karyu NICHT für hässlich halte *lach* Wie könnte ich auch...seht ihn euch doch an XD Ich wollte lediglich ausdrücken, dass er nicht auf die Art schön ist, wie zero doer Uruha vielleicht *denk* Er passt einfach nich ins Schema. Punkt aus! X3 Wie auch immer, jetzt geht es weiter, diesmal etwas ruhiger, aber nicht desto trotz...wichtig! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 10. Damned Als Karyu aufwachte, stand die Sonne hoch am Himmel und schien durch das Wohnzimmerfenster herein. Er selbst hatte eher das Gefühl, dass sie ihn verhöhnte, wie er hier auf seinem Sofa lag. Noch immer trug er die Klamotten vom Vortrag und hatte einen mörderischen Kater, den er wohl der Tatsache zu verdanken hatte, dass die Flasche Jack Daniel's auf dem Tisch vor ihm bis auf einen winzigen Rest leer war. Einige Flüche vor sich hinmurmelnd raffte er sich auf, um ins Bad zu gehen. Sein Blick fiel auf den Kalender, der an der gegenüberliegenden Wand hing hing und obwohl er gedacht hätte, dass das nur schwer möglich sein sollte, ließ das seine Laune noch ein gutes Stück weiter in den Keller sinken. Er hasste diesen Tag. Noch mehr als sein restliches Leben. Man hatte es ihm ja vor ein paar Jahren schon gesagt. Alles änderte sich. Dass diese Leute immer Recht behalten mussten. Er schüttelte den Kopf, bereute das keine Sekunde später, da sich seine Kopfschmerzen nun voll entfalten konnten, und ging dann endlich in sein Badezimmer, wo er sich aus seinen verschwitzten und zerknitterten Klamotten schälte und unter die Dusche trat. Kaltes Wasser tat vorerst den Rest. Als er etwa eine Stunde später auf die Straße trat und sich seine Sonnenbrille aufsetzte, war er in Gedanken an einem anderen Ort. Genauer gesagt einer Wohnung, die etwa eine Viertelstunde von seiner eigenen entfernt lag. Der Ausdruck auf Tsukasas Gesicht hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Der Kleine war so zerbrechlich und erschien ihm so verzweifelt, dass selbst er Mitleid mit dem Jungen hatte. Nur einmal hatte er solche Verzweiflung bisher so direkt mitbekommen. Und dieser andere Mensch hasste ihn heute – berechtigterweise. Dennoch, dieser Junge – Karyu wusste nicht, was genau es war, aber er hatte irgendetwas an sich, das bei ihm einen Beschützerinstinkt weckte. Er hatte es auf eine merkwürdige Art und Weise genossen, als er Tsukasa am Vorabend in den Armen gehalten und nach Hause getragen hatte. Mit einem Seufzen unterbrach er seine Gedanken, um sich eine Zigarette anzuzünden, bevor er endlich losging. Er hatte heute andere Sorgen als das. Nachdem er unterwegs noch einen Strauß weiße Lilien gekauft hatte, ging Karyu nun endlich über das Friedhofsgelände. Merkwürdig, wie friedlich es an diesen Orten war, auch wenn sie eigentlich von Trauer erfüllt sein sollten. Als er aufsah, erkannte er in einiger Entfernung eine Frau vor einem Grabstein stehen und ging langsam zu ihr. „Hey...“ Mit einem traurigen Lächeln sah Maya auf, nickte ihm zu und beobachtete dann, wie Karyu den Blumenstrauß auf dem Grab seines Ziehvaters ablegte. „Alles ok?“ Seine Stimme war erstaunlich ruhig, beinahe schon sanft, als er wieder sprach. Maya schüttelte nur leicht den Kopf. „Nicht wirklich...“ Karyu konnte deutlich hören, dass sie geweint hatte, da ihre Stimme noch immer rau klang und mit jedem weiteren Wort zu kippen drohte. „...ich vermisse ihn immer noch...“ Ohne etwas zu sagen, legte Karyu einen Arm um ihre zitternden Schultern und zog die Frau, die jahrelang für ihn da gewesen war, zu sich heran. Er hätte ihr gern gesagt, dass er Kenta, der vor zwei Jahren bei einem 'Unfall' gestorben war, ebenso vermisste, wie sie es tat, aber sein Stolz ließ es nicht zu. Sie standen eine Weile schweigend vor dem Grab, bevor Karyu mit einem Seufzen in die Knie ging, um einige Räucherstäbchen zu entzünden. //Seit du tot bist, ist dieser Ort erst so richtig abgefuckt...das kannst du mir glauben, Kenta...// Karyu war so in seine Gedanken versunken, dass er regelrecht zusammenzuckte, als Maya plötzlich zu sprechen begann. „Hat er dir eigentlich je gesagt, warum er dich bei uns aufgenommen hat?“ Ruckartig hob Karyu den Kopf und sah sie über sein Rand seiner Sonnenbrille hinweg verwundert an. „Nein...erzählst du es mir?“ Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen hockte Maya sich neben ihn und strich mit den Fingerspitzen vorsichtig über den in den Grabstein gravierten Namen. „Er wollte nicht noch einmal einem Junkie beim Sterben zusehen...“ „Wie meinst du das...?“ Maya warf ihm einen Seitenblick zu, den er nicht recht deuten konnte, sah dann aber wieder nach unten auf das Grab, zu den Lilien, die diesem Ort Leben einhauchen sollten. „Er hat es mir einmal erzählt...in der Zeit, als wir dich noch einsperren mussten...“ Sie hielt kurz inne, erinnerte sich mit einem wehmütigen Lächeln an die Diskussionen, die es gebraucht hatte, um Karyu in der Wohnung zu halten, bis Kenta irgendwann ausgerastet war und den Jungen einfach in dessen Zimmer eingesperrt hatte. „...ich weiß, dass das sehr...radikal war...aber er hat es mir erklärt...“ Noch einmal unterbrach sie ihre Rede, um nun selbst noch drei Räucherstäbchen zu entzünden. „Bevor Kenta hierher kam, hat er in Sendai gewohnt...und hatte dort auch eine Familie. Sein Sohn ist irgendwann auf die falsche Bahn geraten und an einer Überdosis gestorben. Seine Frau hat ihm die Schuld dafür gegeben, weil er schon damals in nicht ganz legalen Kreisen gearbeitet hatte...“ Mit einem Lächeln sah Maya den jungen Mann neben sich an. „Du hast ihn wohl an seinen Sohn erinnert. Ich glaube, er wollte, dass du dein Leben auf die Reihe bekommst und irgendwann ganz normal leben kannst. Deswegen wollte er nicht, dass du mit im Grudge arbeitest. Du weißt ja selbst, dass du da jetzt nicht mehr so einfach rauskommst...“ Mit diesen Worten erhob sie sich. „Wir sehen uns heute Abend, Karyu.“ Als ihre Schritte sich entfernten, nahm Karyu langsam die Sonnenbrille ab und starrte auf die Grabinschrift. „Wie's aussieht hab ich's mal wieder verbockt, was Kenta...?“ ~~~ Mit müden Augen sah Zero dem Rauch hinterher, der sich in blaugrauen Schleifen in den dunklen Nachthimmel verflüchtigte. Sterne sah er keine, als er den Himmel betrachtete. Alles wie immer. Aus dem Inneren des Grudge konnte er noch die basslastige Musik hören, während es ansonsten hier draußen verhältnismäßig ruhig war. „Ähm...Zero...?“ Achja. Den hatte er ja schon beinahe verdrängen können. „Mh?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue wandte er sich zu Tsukasa um, der ihn wie immer irgendwie Hilfe suchend ansah. Wie ein Küken. „Naja...ich...also...“ „Spuck's aus, oder lass mich in Ruhe, ok?“ Der Jüngere zuckte unter den harten Worten zusammen. „Entschuldige. Ich wollte nur wissen...wie lang der Dienst hier draußen geht...“, fragte er dann kleinlaut. Zero schaute auf die Armbanduhr, die er nur trug, wenn er draußen Dienst hatte. „Wenn du Glück hast, noch vier Stunden. Zumindest müssen wir noch bis zwei Uhr hier stehen. Wenn du natürlich fünf vor zwei von einem Kunden mitgenommen wirst, dann bleibst du so lang bei ihm, bis er dich gehen lässt.“ Er beantwortete die Frage ohne besondere Betonung. Es war eine der Regeln des Grudge, die er irgendwann einfach auswendig gewusst hatte und nun zu jeder Tages- oder Nachtzeit herunterbeten konnte. Tsukasa nickte nur schüchtern. „Okay...“ Dann sah er auf, weil er das Gefühl hatte beobachtet zu werden. Er sah sich kurz um, bis sein Blick auf ein anderes Augenpaar traf, das sich anscheinend bemühte bewusst desinteressiert auszusehen. Ein kleines Lächeln legte sich auf Tsukasas Lippen, als er sah, dass Karyu ihn anscheinend beobachtet, oder doch zumindest angesehen hatte. Er war dem anderen immer noch zutiefst dankbar dafür, dass dieser ihn vor ein paar Tagen vor diesen Typen beschützt hatte, und bekam allmählich das Gefühl, dass der Bodyguard vielleicht trotz seines abweisenden Verhaltens eigentlich gar kein so schlechter Kerl war. „Halt dich lieber von ihm fern.“ Erstaunt wandte Tsukasa sich wieder zu Zero um, der anscheinend den Blickkontakt zwischen ihm und Karyu mitbekommen hatte und diesen nun selbst taxierte. „Was?“ „Er ist ein Schwein, wie jeder andere hier. Ganz einfach. Wenn du das halbwegs unbeschadet überstehen willst, vertraue niemandem.“ Zeros Stimme klang kälter als sonst, doch statt der sonstigen Ausdruckslosigkeit schwang nun eine unterdrückte Wut darin mit. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stieß der Ältere sich von der Mauer des Grudge ab und ging mit langsamen, leicht wiegenden Schritten auf ein Auto zu, das soeben wenige Meter entfernt von ihnen gehalten hatte. Mit einem seichten Lächeln auf den vollen Lippen lehnte er sich an das Fahrzeug und neigte den Kopf etwas in die Richtung des Fahrers, während er dem offensichtlich interessierten Mann seine Preisliste mitteilte. Nach einem Nicken des Fahrers strich Zero sich ein paar seiner Zöpfe zurück, gab dem Mann so einen aufreizenden Ausblick auf die weiche Haut seines Halses, öffnete dann die Beifahrertür und setzte sich mit eleganten Bewegungen auf den freien Sitz. Dann schloss er die Tür wieder und der Wagen fuhr an. Mit gemischten Gefühlen sah Tsukasa dem Auto hinterher. Es war merkwürdig, wie gut der Ältere seine Rolle anscheinend beherrschte. Als wäre er eine Puppe, die einfach lächelte und tat, was man von ihr verlangte. Er hatte Angst, irgendwann auch so zu werden. Unbewusst schlang er die Arme um seinen Oberkörper, als er sich wieder gegen die Wand lehnte. //Was hat er damit gemeint...ob er früher mal mit Karyu aneinander geraten ist?...// ~~~ „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder...“ mit einem letzten lasziven Lächeln drückte Zero seinem Freier seine Visitenkarte in die Hand und verließ dann endgültig das Hotelzimmer. Sobald er außer Sichtweite war, verschwand auch das aufgesetzte Lächeln aus seinem Gesicht. Er betrat den Aufzug, der ihn in die Lobby des teuren Hotels bringen würde, und lehnte sich mit einem erschöpften Seufzen an die Kabinenwand. Er dachte kurz an den Verlauf des Abends zurück und steckte prüfend eine Hand in seine Umhängetasche, erleichtert, dort den Umschlag zu finden, in dem sich sein Honorar befand. Wäre es nicht vollkommen absurd, könnte er mit diesem Abend zufrieden sein. Der Mann war okay gewesen, keine merkwürdigen Fetische und geschlagen hatte er ihn auch nicht. Er hatte einfach nur mit ihm Sex haben wollen. //Wenn es doch immer so wäre...// Von seinen eigenen Gedanken abgestoßen schüttelte er den Kopf. Wenn es wirklich schon so weit war, dass er sich über so etwas freute, war wohl alles zu spät. Er nickte dem Nachtportier zu, als er das Hotel verließ und nach draußen in die angenehme Kühle der Nacht trat. Mit einem Blick auf dir Uhr stellte er fest, dass es schon zu spät war, um noch zum Grudge zurückzukehren. //Merkwürdig...// Er hatte nicht einmal mitbekommen, dass er so lange bei seinem Kunden gewesen war. Seine rechte Hand wanderte erneut in die Umhängetasche, förderte diesmal allerdings eine Schachtel Zigaretten hervor. Er fischte eine aus der Packung und zündete sie sich mit dem Feuerzeug an, dass er aus seiner Manteltasche gezogen hatte. Dass er das metallene Klicken auffallend laut wahrnahm, machte ihm bewusst, dass es für eine Nacht in Tokyo erstaunlich ruhig war. Genau wie er selbst erstaunlich ruhig war, als würde die klare, kalte Luft das Gewicht, das sonst auf ihm zu lasten schien, für ein paar Minuten von seinen Schultern nehmen. Als er bewusst aufsah, bemerkte er, dass er auf einer Brücke stand und ging näher zum Geländer. Gedankenverloren sah er auf die glatte Wasseroberfläche herab, die wie polierter, schwarzer Marmor den Mond spiegelte, der in einer schmalen Sichel am Himmel stand, die Stimmen einer herannahenden Gruppe Jugendlicher nicht einmal wirklich registrierend. Er lehnte sich etwas nach vorn und genoss den leichten Luftzug, der ihm entgegenschlug. Mit einer geschickten Bewegung schnippte etwas Asche von seiner mittlerweile weiter abgebrannten Zigarette und sah zu, wie die grauen Flocken sich in der Dunkelheit verloren, als würden sie in einen schwarzen, unendlich tiefen Abgrund fallen. Ohne dass er es verhindern konnte, regte der Anblick ihn zum Nachdenken an, etwas, was er im Normalfall möglichst vermied. Er wusste aus Erfahrung, dass das weder irgendwas brachte noch besonders gut für ihn war. Aber heute war eine seltsame Nacht und die Gedanken und Gesichter, die durch seinen Kopf geisterten, ließen sich nicht unterdrücken. //Was Shinya wohl mittlerweile macht...ob er glücklich ist?// Der Gedanke tat weh, Zero spürte, wie sein Herz sich schmerzhaft zusammenzog. Er hasste dieses Gefühl, aber immerhin wusste er in solchen Momenten, dass er noch dazu in der Lage war zu fühlen. Ein wenig zumindest. „...ich hoffe, du hast jemanden, der dich liebt...“ Ein verbittertes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Es hatte doch alles ganz anders werden sollen. „Hast du denn jemanden, der dich liebt?“ Zero schnappte erschrocken nach Luft und hatte das Gefühl, sein Herz würde stehenbleiben, bevor er es im nächsten Augenblick in doppelter Geschwindigkeit weiterschlagen spürte. Doch wie immer versuchte er äußerlich ruhig zu bleiben, nachdem er sich etwas von dem Schock erholt hatte. Während er den abgebrannten Zigarettenstummel achtlos über das Geländer in das dunkle Wasser schnippte, nutzte Zero diesen kurzen Augenblick, um noch einmal durchzuatmen, bevor er antwortete. „Ich brauche keine Gefühle, und Liebe schon gar nicht.“ Er hatte an der Stimme erkannt, wer neben ihm stand – eine Tatsache, die ihm eigentlich hätte zu denken geben müssen – und wandte sich dem jungen Mann jetzt zu. „Langsam glaub ich, du verfolgst mich.“ Hizumi lächelte ihn nur unbefangen an. „Nein, das nicht, aber man muss ja immer die Augen offen halten, oder?“ Seine Stimme hatte einen schalkhaften Ton und gleichzeitig etwas so scheinbar Naives, das Zero schon jetzt wieder auf die Palme brachte. Er versuchte ruhig zu bleiben. „Wenn du meinst...“, antwortete er schließlich mit einem Schulterzucken und drehte sich um, um seinen Weg nun endlich fortzusetzen. Schließlich wollte er heute noch in sein eigenes Bett kommen. „Lust was zu trinken?“, hörte er seine eigene Stimme fragen und stand gleich darauf kurz davor, sich selbst zu ohrfeigen. Als er jedoch sah, wie seinem Gegenüber die Gesichtszüge entgleisten, rechtfertigte das diese ausgenommen dämliche Frage schon beinahe wieder. „Wie jetzt? Wir beide?“ Zero zuckte noch einmal mit den Schultern. „Ich kenn hier in der Nähe ne Bar. Wenn du nicht willst, umso besser, geh ich allein.“ Mit diesen Worten kehrte er Hizumi endgültig den Rücken zu und ging weiter die Brücke entlang, während er sich selbst fragte, was ihn bitte geritten hatte, ausgerechnet diesen Kerl so etwas zu fragen. Als er Schritte hinter sich hörte, die ihn kurz darauf einholten, zuckte er nur ein weiteres Mal mit den Schultern und beschloss, nicht darüber nachzudenken. Nachdenken war nie gut. Und er hatte ja schon vorher festgestellt, dass dies eine ziemlich merkwürdige Nacht war. Er würde sehen, welche mehr oder weniger fatalen Folgen diesmal aus seinem unüberlegten Handeln entstehen würden. ~~~ Mit leicht zittrigen Händen wischte er sich das verlaufene Makeup aus dem Gesicht. Als er einen Blick in den Spiegel warf, erschauderte er. Seine Augen erschienen ihm wie die eines Toten. „Du widerst mich an...“, flüsterte Tsukasa seinem Spiegelbild zu und ließ die Hand sinken. Es schien ihm, als würden sich die Minuten zu Jahren ausdehnen und er hatte nicht auch nur den Hauch einer Ahnung, wie er hier jemals wieder fortkommen oder dies über einen längeren Zeitraum überleben sollte. Er riss seine Augen von der Holzmaserung des Schminktischs los und betrachtete seine Hände. Allein bei dem Gedanken daran, was diese Hände getan hatten – hatten tun müssen – wurde ihm schlecht. Er konnte nicht verhindern, dass sich erneut ein ersticktes Schluchzen den Weg aus seiner Kehle hervorkämpfte und legte sich eine dieser schmutzigen Hände auf den Mund, damit ihn niemand hören konnte. Nervös zuckte er zusammen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm und als er sich zögerlich umwandte sah er, dass Karyu in der halbgeöffneten Tür stand. Irgendetwas schien mit ihm nicht zu stimmen, denn das überhebliche Grinsen, zu dem er seine Lippen normalerweise verzogen hatte, war verschwunden. Langsam trat der Ältere ein, musterte Tsukasa dabei genau. „Ist etwas passiert?“ Karyu schlug sich innerlich die Hand vor die Stirn. Hatte er diesen Jungen das tatsächlich gefragt? Er erwartete schon eine Antwort wie „Nein, alles super, siehst du doch“, wie er sie vielleicht von Zero bekommen hätte, doch der Kleinere schüttelte nur stumm den Kopf, während er noch immer mehr schlecht als recht versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken. Karyu stellte sich dicht neben Tsukasas Stuhl und lehnte sich gegen den Tisch, an dem dieser saß. Einem plötzlichen Impuls folgend legte er seine Hand leicht auf das hellbraune Haar des Weinenden und wuschelte leicht hindurch. Tsukasa sah ihn einen Moment ungläubig aus Augen, in den Tränen schimmerten an und schlang dann, für den Bodyguard vollkommen unvorbereitet, seine Arme um die Taille des Älteren und barg das Gesicht an dessen Bauch, als er seine Tränen endgültig nicht mehr zurückhalten konnte. Zwischen den abgehackten Atemzügen des Kleinen konnte Karyu mit einiger Mühe immer wieder die Worte „ich kann das einfach nicht mehr“ heraushören und zu seinem Entsetzten versetzte ihm diese Verzweiflung erneut einen heftigen Stich. Kapitel 11: 11. Hollow ---------------------- Juhu, es geht weiter...auch wenn es wieder etwas gedauert hat, aber es ging leider nicht anders. Wisst ihr was mir aufgefallen ist? World in a Cage wird am 20.6. zwei Jahre!!! An dem Tag 2006 hab ich die Erstfassung des ersten Kapitels hier hochgeladen, kaum zu glauben, wie lange das schon her ist. Naja, ich werde auf jeden Fall versuchen am 20. schon das nächste Kapitel online zu stellen...so als kleines Geschenk an die Leser quasi *lach* Es haben vielleicht nicht alle gemerkt, aber ich hab endlich mal die Chara-Beschreibungen auf Vordermann gebracht und jetzt die Bilder drin und ein paar kleine Infos. Allen, die wissen wollten, wer Hizumi ist und was er eigentlich mit Kana zu tun haben, werden in diesem Kapitel vielleicht ein paar Fragen beantwortet ^^ Genug Geschwafel, viel Spaß beim lesen ^^ ~~~ 11. Hollow „Ich hab vor ein paar Tagen dein Spielzeug gesehen...“ Hizumi richtete seine Augen auf Kana, während er betont ungerührt an seinem Tee nippte. Die Frau, die ihm gegenüber auf dem weißen Ledersofa saß, zog erstaunt eine Augenbraue nach oben. „So?“ Es war nur ein Wort, aber Hizumi wusste, dass ihr das nicht gefiel und dass sie genau wusste, von wem er sprach. Er kannte sie gut genug, um sie durchschauen zu können. Vermutlich war er so ziemlich der einzige Mensch, dem das zumindest in Ansätzen gelang. „Ja.“ Er runzelte die Stirn. „...er war anscheinend auf dem Heimweg von irgendwoher. Dann hat er mich gefragt, ob ich mit ihm was trinken geh. War ’ne ziemlich abgewrackte Szenekneipe...“ Ein leises Klirren war zu hören, als Kana ihre Tasse, zusammen mit der Untertasse, die sie bisher in ebenfalls in der Hand gehalten hatte, fester als nötig auf dem Glastischchen abstellte. „Interessierst du dich für ihn?“ Hizumi musste schmunzeln, da ihre Stimme irgendwie ziemlich pikiert klang. „Und wenn?“ Kana zog die Augenbrauen zusammen. „Ich denke, du weißt, dass er anschaffen geht. Und dass ich zu seinen Kunden gehöre, kannst du dir vermutlich denken. Abgesehen davon...Du könntest ihn dir nie leisten.“ „Autsch. Das tat weh.“ Der Schwarzhaarige verschränkte die Arme vor seinem Oberkörper und lehnte sich in den Sessel zurück, in dem er saß. „Würde das nicht nur beweisen, dass guter Geschmack doch in der Familie liegt?“ Er beobachtete, wie sich die Frau elegant eine Zigarette ansteckte. „Was findest du überhaupt an ihm?“ Abwartend sah er sie an, während sie die Worte abzuwägen schien, mit denen sie seine Frage beantworten sollte. „Ich kann ihn kaufen aber ich kann ihn nicht besitzen.“ Nun war es Hizumi, der eine Augenbraue nach oben zog. „Wie genau meinst du das?“ Die elegante Frau ihm gegenüber lehnte sich ebenfalls in das teure Möbelstück zurück und betrachtete eine Zeit lang ihre perfekt manikürten Fingernägel. „...ich kann ihn mir kaufen, ich kann ihn dazu bringen mit mir zu schlafen, alles zu tun, was ich will. Aber er wird mir nie gehören.“ Nun sah sie Hizumi mit einem ernsten Gesichtsausdruck an. „Sein Herz, wenn er so etwas überhaupt noch hat, gehört nicht mir. Es ist weit weg. Ich kann machen was ich will, er wird mir keine seiner inneren Regungen zeigen, nur das, was ich sehen will oder herausfordere. Ich kenne ihn jetzt seit etwa zweieinhalb Jahren...ich konnte zusehen, wie seine Seele verkümmert ist, sein Stolz immer mehr verschwand.“ Ein leichtes Funkeln schien ihre Augen für ein paar Sekunden zu erhellen. „Und ich würde nur zu gern seine eisige Fassade zerbrechen, um zu sehen, wer dahinter steckt, wer dieser Junge ist.“ Nachdem sie geendet hatte, war es ein paar Augenblicke still, sodass man nur das gleichmäßige Ticken einer Wanduhr, die im Nebenzimmer hing, hören konnte, dann ein leises Klicken, als Hizumi seine Tasse ebenfalls wieder abstellte. „Erzähl mir von ihm.“ „Wieso das?“ „Ich bin neugierig.“ ~~~ „Madam? Das Essen ist jetzt angerichtet.“ Mit einem Nicken erhob Kana sich von ihrem Platz hinter dem großen Schreibtisch und folgte ihrem Angestellten ins Esszimmer, wo sie sich am Kopfende der Tafel niederließ. „Uruha?“ „Ja, Madam?“, der junge Mann, der gerade den Raum wieder verlassen wollte, um die Dame des Hauses ungestört essen zu lassen, drehte sich noch einmal um. „Geh doch bitte in den Weinkeller und hol mit eine Flasche dieses '98er Chardonnay, ja? Und bring zwei Gläser mit.“ „Sehr wohl, Madam.“ Er warf ihr wie sonst auch ein bezauberndes Lächeln zu und verließ dann den Raum. Auf dem Weg in den Keller jedoch wandelte sich sein Gesichtsausdruck in einen Ernsten, Grübelnden. Er hatte das Gespräch zwischen Kana und diesem Typen am Nachmittag mitbekommen und was er gehört hatte, gefiel ihm überhaupt nicht. Seiner Meinung nach verschwendete Kana ihre Zeit an Zero, den doch sowieso nichts interessierte, sein eigenes Leben nicht und Kana erst recht nicht. Seufzend griff er nach einer Flasche des geforderten Weins, bevor er sich anschickte, die Treppen wieder hinaufzusteigen. Anscheinend musste er allmählich zu anderen Mitteln greifen, um auf sich aufmerksam zu machen. Nach einem kleinen Umweg, auf dem er noch die Weingläser holte, betrat er das Speisezimmer wieder. „Ich hoffe, Sie sind mit dem Essen zufrieden.“ Er stellte die Flasche sowie die Gläser ab. „Für wen ist das zweite Glas, wenn ich fragen darf? Erwarten Sie noch einen Gast?“ „Danke. Es ist sehr gut.“ Kana legte das Besteck für einen Moment beiseite und sah Uruha an. „Nein. Setz dich. Ich dachte, du kannst mir ein wenig Gesellschaft leisten.“ Innerlich die Stirn runzelnd tat dieser wie geheißen, griff dann nach der Flasche und einem bereitliegenden Öffner, um den Korken zu entfernen. „Haben Sie einen bestimmten Wunsch?“ Er füllte ihr Glas mit der durchscheinend goldenen Flüssigkeit und reichte es ihr, bevor er sich selbst ebenfalls ein Glas einschenkte. Kana indes sah erst den Wein gedankenverloren an, wie es eigentlich nicht ihre Art war und dann ihren schönen Angestellten. „Wieso hast du dich darauf eingelassen hier zu arbeiten? Im Grudge hättest du aufhören können, wenn du irgendwann keine Lust mehr gehabt hättest, hier kannst du das nicht einfach so. Was bringt einen so schönen jungen Menschen wie dich dazu, sein Leben so wegzuwerfen?“ Uruha sah sie einen Moment ernsthaft verwirrt an. Was sollte das? Diese Dinge hatten sie doch früher auch nie interessiert. Trotzdem entschloss er sich, ihr zu antworten. „Welche Wahl hätte ich denn groß gehabt? Mir ist bewusst, dass ich nicht ewig im Grudge hätte bleiben können. Und welche Firma stellt bitte jemanden ein, der sein Studium abgebrochen hat, um freiwillig auf den Strich zu gehen?“ Er zog eine fein geschwungene Augenbraue nach oben. „Abgesehen davon dachte ich, dass es interessant sein könnte, für Sie zu arbeiten.“ Er trank einen Schluck seines Weins und beschloss, es dabei zu belassen. Seine Arbeitgeberin musste auch nicht alles wissen. „So ist das also...“ Sie konnte den Blick des jungen Mannes auf sich spüren, als sie ebenfalls einen Schluck aus ihrem Glas nahm. Kurz herrschte Schweigen. „Madam, darf ich Ihnen eine Frage stellen?“ Mit einem Nicken symbolisierte Kana ihre Zustimmung. „Warum...warum sind Sie so an Zero interessiert?“ „...Warum interessiert dich das?“ Uruha stellte sein Glas ab und betrachtete eingehend die aus dunklem Holz gefertigte Tischplatte, hob dann den Kopf wieder und sah sie direkt an. „Ich würde Sie gern verstehen, das ist alles.“ „Nun, ich denke, er ist etwas Besonderes...jemanden wie ihn trifft man nicht alle Tage, ich will ihn ergründen...“ Sie hielt inne. Was sollte das? Was ging es einen einfachen Angestellten an, was in ihr vorging? „Reicht dir das als Erklärung?“ Uruha, der die plötzliche Kälte in ihrer Stimme hörte, nickte und erhob sich. „Natürlich. Vielen Dank für den Wein. Ich werde Sie jetzt allein lassen. Sollten Sie etwas brauchen, rufen Sie mich bitte.“ Er spürte Kanas Blick im Rücken, als er zur Tür ging und als er sie gerade hinter sich schließen wollte, hörte er ihre Stimme. „Uruha!“ Er drehte sich etwas verwundert um. „Ja, Madam?“ „Habe ich dir erlaubt zu gehen?“ Mit einer Verbeugung betrat Uruha den Raum wieder. „Entschuldigen Sie bitte.“ Er richtete sich wieder auf und sah zu, wie sie ihre Serviette auf den noch halb vollen Teller legte, aufstand und mit eleganten Schritten auf ihn zukam. Man konnte wirklich sagen was man wollte, diese Frau war der Wahnsinn. In jeder Hinsicht. Und bei dem derzeitigen Ausdruck in ihren Augen vielleicht auch ein bisschen wahnsinnig. Aufmerksam sah er diese Frau, deren Ausstrahlung er sich kaum entziehen konnte, an, als sie vor ihm stand. Ihre Hand griff nach seinem Kinn, sodass sie sicher sein konnte, dass er nicht sofort gehen können würde, sollte ihm etwas nicht passen. „Was wolltest du noch sagen?“ „Was? Nichts...ich-“ „Was wolltest du noch sagen, Uruha?“ Die Art, wie sie seinen Namen betonte, ließ ihn unruhig werden. Er atmete durch, sah sie dann aber trotz seines unguten Gefühls wieder an. „Ich...dachte mir nur...“ „Ja?“ Ihr Stimme klang ziemlich ungeduldig, was von dem leichten Druck, als ihre Hand sich fester um sein Kinn schloss, zusätzlich betont wurde. Noch einmal atmete er durch, um seine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen. „Ich verstehe nur nicht, warum du unbedingt diesen Jungen willst. Meinst du nicht, dass jemand, der dich nicht nur als Job sieht, dich besser zufriedenstellen kann, als dieser wandelnde Eisberg?“ Er musste sie nur ansehen und wusste, dass er einen fatalen Fehler begangen hatte. Die Ungeduld in ihren Augen verwandelte sich in Wut, und bevor er dazu kam, Erleichterung zu spüren, als sie ihn losließ, spürte er auch schon ein heftiges Brennen auf seiner Wange. „Ich wüsste nicht, wer dir erlaubt hat mich zu duzen! Du bist genauso erbärmlich wie alle anderen. Und jetzt geh mir aus den Augen! Sofort!“ „...Natürlich...“ Mit gesenktem Kopf verließ der Braunhaarige das Zimmer und ging den Gang hinunter. Seit wann war er eigentlich so dämlich? Er hätte sich doch ausrechnen können, dass so etwas passierte. Dem Schmerz nach würde er noch morgen früh Kanas Handabdruck auf seiner Wange haben. Ein Seufzen entkam seinen vollen Lippen. Da hatte er es. Schönheit nützte ihm gar nichts, wenn diese Frau weiter so auf den Eisklotz vom Dienst fixiert bleiben würde. Irgendetwas musste er sich einfallen lassen. ~~~ Als am nächsten Mittag das Telefon klingelte, stand Hizumi beschwingt von seinem Platz am Computer auf. Er hatte heute richtig gute Laune. Es war sein Geburtstag, er hatte gestern mit ein paar Freunden feuchtfröhlich reingefeiert, Geschenke abgegriffen und die Kopfschmerztablette half mittlerweile auch. Das Leben konnte kaum schöner sein. Entsprechend dieser Stimmung meldete er sich, als er Kanas Nummer auf dem Telefondisplay sah. „Guten Morgen, meine Lieblingstante. Wie komm ich zu der Ehre, dass du mich anrufst?“ „Nanu, was ist denn mit dir los? Müsstest du nicht noch mit Kater im Bett liegen und mich verfluchen, weil ich dich an deinem Geburtstag belästige?“, spielte Kana auf einen Vorfall vor einigen Jahren an, an dem der Anruf genau so ausgefallen war. „Sei nich so nachtragend...du weißt, dass ich gedacht hab, dass jemand anders dran ist.“ Schwungvoll ließ das Geburtstagskind sich auf seine Couch fallen. „Also nochmal. Wie komm ich zu der Ehre? Willst du mir was schenken?“ Er hörte ein leises Lachen. „Wie immer kein bisschen ungeduldig. Ja, ich hab in der Tat ein Geschenk für dich, aber das bekommst du erst heute Abend. Ich möchte, dass wir uns um acht Uhr in meinem Apartment treffen. Ist das möglich?“ Hizumi überlegte kurz. Eigentlich hatte er heute ein Date mit dieser gefärbten Blondine, die er gestern kennen gelernt hatte. Aber allein daraus, dass er sich schon jetzt nicht mehr an ihren Namen erinnern konnte, schloss er, dass sich sein Interesse an ihr wohl in Grenzen hielt, und beschloss, das Mädchen auf einen anderen Tag zu vertrösten. In der Regel waren Kanas Geschenke es wert, dass man auf andere Dinge verzichtete. „Okay, meinetwegen. Dann sehen wir uns heute Abend. Bis dann.“ „Ja, bis dann.“ Und schneller, als er es erwartet hatte, hörte Hizumi das Tuten in der Leitung, das ihm sagte, dass seine Tante schon aufgelegt hatte. Merkwürdig. „Wie auch immer...“ Sie war eben hin und wieder komisch, fand er mit einem Schulterzucken und streckte sich, bevor er wieder aufstand. Er wollte noch diesen Auftrag beenden, denn das würde ihm eine nicht zu verachtende Summe Geld einbringen. Von dieser Aussicht angetrieben, nahm er wieder vor seinem PC Platz und besah sich noch einmal die Arbeit der letzten Tage und Stunden. Noch hier und da ein letzter Schliff an den Grafiken und die Homepage dieses Unternehmens wäre ein weiteres Glanzstück seiner Karriere. ~~~ Mit einem leisen Seufzen strich Zero über den roten Kratzer, der sich von kurz über seinem Schlüsselbein etwa zehn Zentimeter nach unten zog. Sinnlos zu versuchen, das zu überschminken. Aber es würde gehen, zu einem Teil wurde es ja von seinem Oberteil verborgen, gegen den Rest konnte er halt nichts machen. Er warf einen Blick auf den Zettel, den Maya ihm vorhin gegeben hatte. Er hatte heute also zwei feste Kunden, stellte er fest. Zwischen den Terminen würde ihm genug Zeit bleiben, sich noch einmal etwas herzurichten, das wäre kein Problem. Danach sollte er noch im Club arbeiten, was wohl auch zu schaffen war. Sollten sich die beiden Herren also halbwegs zu benehmen wissen, sollte der Abend nicht allzu stressig werden. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er leicht zusammenschreckte, als ein Umschlag vor ihm auf dem Schminktisch landete. Mehr oder weniger interessiert blickte er auf und musste zu seinem Leidwesen feststellen, dass es Karyu war, der neben ihm stand. „Was?“, war dementsprechend freundlich seine Begrüßung. „Kana hat das geschickt. Scheint wichtig zu sein.“ Zero quittierte das mit einem Nicken, auch wenn es ihn wunderte, so schnell wieder einen dieser Briefe zu erhalten. Er musterte den Umschlag kurz und sah dann wieder zu dem Bodyguard, der noch immer neben ihm stand. „Sonst noch was?“ „Nein.“ „Dann geh jemand anderem auf den Geist, ich hab noch zu tun.“ Mit diesen Worten griff Zero nach seinen Schminksachen und fing an, sich für den Abend fertig zu machen. Karyu stand noch einen Moment da, verfluchte erst diesen verdammten Stricher, dann sich selbst und sah sich anschließend kurz im Raum um. Als sein Blick an Tsukasa hängen blieb setzte sein Herzschlag eine Zehntelsekunde aus. Der Junge sah noch schlechter aus als in den letzten Tagen. Seine Haut war unnatürlich blass und er schien zu zittern. Seine Augen sahen verschrockener drein denn je und hätten sie nicht vor unterdrückten Tränen geglänzt, wären sie wohl stumpf gewesen wie die eines Toten. Sich innerlich einen Ruck gebend, wandte Karyu sich ab. Er hatte keine Zeit, sich um dieses Kind zu kümmern, er hatte genug andere Sachen zu tun. Mit diesem Gedanken verließ er die Umkleide und ging, sich im Laufen eine Zigarette anzündend, den Gang hinunter. Er dachte weiter an die Dinge, die er noch zu erledigen hatte, damit heute Abend alles reibungslos laufen konnte, als er hinter sich Schritte hörte und sich eher routinemäßig umdrehte. Einen Moment lang wünschte er sich, er hätte es nicht getan, denn jetzt sah er sich wieder diesen großen, tiefbraunen Augen gegenüber, die ihn so bittend ansahen. „Kann ich dir helfen?“ Mit Absicht ließ er seine Stimme kühler klingen, als vielleicht nötig gewesen wäre, aber Tsukasa sollte keinesfalls denken, dass sie nach diesem Zwischenfall vor ein paar Tagen plötzlich Freunde seien. „Ich...“ Nach Worten ringend sah der Jüngere zu ihm auf. „Ich...wollte mich bedanken...“ Betont lässig zog Karyu eine Augenbraue nach oben. „Und...wofür?“ „Naja, dass du da warst...neulich...“ Tsukasa war die Situation sichtlich unangenehm und er hoffte inständig dadurch nicht alles zu vermasseln. Der Bodyguard jedoch zuckte lediglich mit den Schultern. „Was nützt du uns schon, wenn du hier ’nen Nervenzusammenbruch hast...“ Mit einem knappen Nicken wandte er sich wieder um, um seinen Weg fortzusetzen, hielt aber, einen kurzen Blick auf seine Uhr werfend, noch einmal inne. „Und jetzt beeil dich, dass du fertig wirst, du hast in 45 Minuten einen Kunden.“ Tsukasa sah dem anderen hinterher, wie er zu den Clubräumen lief und dabei einen Zug von seiner Zigarette nahm, während er selbst sich fühlte, als sei er an der Stelle, an der er stand, einbetoniert worden. Er hatte gehofft, dass Zero nicht Recht behalten würde und Karyu vielleicht doch eine nette Seite hätte, aber anscheinend war dieser tatsächlich genauso kalt und berechnend, wie sein Kollege es behauptet hatte. Kapitel 12: Interlude IV: Zero – I dreamt of Heaven, but it was Hell -------------------------------------------------------------------- Nyappy Birthday X3 Es ist vollbracht, meine Story is 2 Jahre alt...Gott ich werd hier sentimental. Zumal ich sagen muss, dass sich nichts so entwickelt hat, wie es laut meiner anfänglichen Notizen hätte sein sollen...*sigh* Ja...zum Kapitel an sich...der zweite Teil von Zeros Vergangenheit... *yey* Und IHR seid daran Schuld, dass es jetz so aussieht, ich hätte diese Entwicklung nie auch nur in Betracht gezogen und jetz hab ich den Salat. Ich bin einfach zu beeinflussbar. Des weiteren gibt's in diesem Kapitel einen Gastauftritt von Ryo(Girugamesh), den sich X-Yukirin gewünscht hat, die die Erste war, die mir damals sagen konnte mit dem Hizumi gechattet hat. Und last but not least (jaja, die Schwafelei is gleich vorbei...) noch ein ultrafettes DANKESCHÖN an -Juli-, meine Betaleserin, ohne die ganze Story schon lange nicht mehr existieren würde, weil ich ohne sie nie angefangen hätte weiterzuschreiben. Schatz, ich hab dich so lieb, das glaubst du nich. Ohne dich und unsre Chaoten wär mein Leben absolut langweilig!*kisu* ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 12. Interlude IV: Zero – I dreamt of Heaven, but it was Hell „Maaaan, Zero, wie lange willst du dich jetzt noch im Bad verbarrikadiern? Komm da endlich raus, du bist hübsch genug und Shinya wartet sicher schon!“ Nach dieser weiteren Schimpftirade – der dritten in den letzten zwölf Minuten – ging Daisuke weiter in Zeros Zimmer auf und ab, während eben jener seit gefühlten zwei Stunden im Bad stand und tat, was auch immer er meinte tun zu müssen. „Ist ja gut, ich bin gleich so weit!“, tönte es jetzt – nicht minder angenervt als Daisuke es war – zurück und bevor der Jüngere wieder in seine Nörgelei verfallen konnte, trat Zero endlich aus dem kleinen Badezimmer und präsentierte sich seinem Freund. „Und was hat daran jetzt so ewig gedauert?“, fragte dieser nach einer kritischen Musterung nur desinteressiert. „Idiot...“ Im Spiegel an seinem Kleiderschrank überprüfte er ein letztes Mal den Sitz seiner Kleidung und stellte zufrieden fest, dass Hotpants, Overknees und sein Tanktop dort waren, wo sie hingehörten, woraufhin er sich seine Tasche schnappte. „Los, komm, sonst muss Shinya so lange warten. Hast du dein Geschenk?“, trieb er nun ganz selbstverständlich den noch immer gelangweilt dreinblickenden Jungen an, der sich nur langsam vom Bett aufraffen konnte, auf das er sich bei Zeros Eintritt ins Zimmer hatte fallen lassen. „Schon unterwegs, und ja, hab ich.“ Gemeinsam gingen sie nach unten, wo sie sich erst von Zeros Mutter verabschiedeten, die ihnen augenzwinkernd viel Spaß wünschte, und dann in ihre Schuhe schlüpften. Von hier aus würden sie zu Shinyas Wohnung laufen, der nur ein paar Straßen weiter wohnte. „Wer kommt eigentlich noch alles?“, begann Daisuke erneut ein Gespräch und brachte Zero mit dieser Frage zum grübeln. „Ahm...lass mich nachdenken...Shinya, du, ich...ich glaub Sakito kommt, dieser Typ aus der Oberstufe, der wollte vielleicht noch jemanden mitbringen, keine Ahnung, dann Ryo, den hat Shinya beim Schlagzeugunterricht kennen gelernt...und sonst...“ „Du hast keine Ahnung, hab ich Recht?“ „Ja, ausnahmsweise.“ Der Ältere der beiden konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. „Ich hoffe nur, es sind nicht zu viele Leute...“ „Zero, wir sprechen hier von Shinya. Von uns abgesehen, wie viele Freunde, also richtige Freunde, hat er an unserer Schule, mh?“ „Ist ja gut, ist ja gut...“ Sie betraten das Grundstück der Familie Terachi, klingelten und begrüßten ihren gemeinsamen Freund mit einer Umarmung und Glückwünschen, als dieser die Tür öffnete. ~~~ „Sooooo...das war der Letzte...und Ryo werd ich mitnehmen...“ Mit einem wenig begeisterten Gesichtsausdruck sah Daisuke dem davongehenden Partybesucher, dessen Namen er gerade nicht mehr wusste, hinterher und musterte dann den anderen Jungen, der definitiv ein paar Bier zu viel gehabt hatte und sich nun, anstatt sich daran zu lehnen, eher an der Flurgarderobe festhalten musste, um nicht einfach umzukippen. „Danke, das ist wirklich super von dir...“ Shinya schenkte seinem jüngeren Freund ein Lächeln. „Wenigstens musst du keinen großen Umweg machen...er wohnt ja gleich bei dir in der Nähe...“ „Ja, ja, schon gut...“, grummelte Daisuke gutmütig und legte sich den Arm des Betrunkenen mit einem „jetzt komm, du Alkoholleiche“ um die Schulter. „Wenn er mir auf die Schuhe kotzt, bist du mir wirklich was schuldig, Shinya.“, grinste er dann, bevor er sich endgültig umdrehte. Shinya sah den beiden noch hinterher, bis sie das Grundstück verlassen hatten, bevor er selbst wieder nach drinnen ging und Zero schließlich im Wohnzimmer fand, wo sein Freund gerade versuchte, zumindest einen Hauch von Ordnung in das Chaos zu bringen, das die Feiernden hinterlassen hatten. Wer hätte auch ahnen können, dass doch so viele Leute kommen würden? „Hey, das musst du doch jetzt nicht machen...“, sagte er leise und setzte sich auf die Lehne des Sofas. „Ich weiß...aber deine Eltern müssen ja morgen auch keinen totalen Schock bekommen, oder?“ Er warf seinem besten Freund ein kleines Lächeln zu, bevor er die letzten Flaschen, die er in irgendwelchen Zimmerecken gefunden hatte, zu den anderen auf den Tisch stellte. „So...muss reichen...“ „Okay, dann lass uns nach oben gehen, sonst klapp ich hier weg...“ Gemeinsam gingen sie die Treppen hinauf in Shinyas Zimmer, wo sich Zero erst einmal geschafft auf dessen Bett fallen ließ, während das Geburtstagskind selbst gleich im Badezimmer verschwand. Mit einem Seufzen legte Zero seine rechte Hand auf die Stirn. „...wer hätte gedacht, das der Kurze mich so unter den Tisch saufen kann...“, murrte er leise und hatte schon jetzt das Gefühl seinen Kater zu spüren. Nur gut, dass er anscheinend zumindest schneller wieder klar im Kopf wurde als Ryo. Er mochte jetzt nicht unbedingt an Daisukes Stelle sein und einen so hoffnungslos Betrunkenen nach Hause schaffen müssen. „Hey, schläfst du schon, oder wie?" Zero schreckte hoch, als Shinya ihn leicht in die Seite piekte. „Nein, nein, keineswegs...“, antwortete er mit einem Gähnen. „Ich bin dann auch mal im Bad...“ Er raffte sich auf und ging in das kleine Badezimmer, das an Shinyas Zimmer grenzte. Als er nach ein paar Minuten das Zimmer wieder betrat, stand sein bester Freund am Fenster und schaute nach draußen. Zero ging zu ihm und legte sein Kinn auf Shinyas schmaler Schulter ab, das Zusammenzucken des Anderen übergehend. „Na?“ „Zero! Hab ich mich erschrocken!“ „Oh, entschuldige, das sollte ich deinem armen, alten Herzen nicht antun...“ „Boah! Das war mies.“ „Ich weiß, ich weiß...“ Zero löste sich von ihm und grinste Shinya an, als der sich herumdrehte. „Grins nur nicht so, komm du erstmal in mein Alter, du Knilch.“ Lachend ging Zero zum Bett und winkte seinen Freund zu sich. „Ich weiß...dieses halbe Jahr Altersunterschied zwischen uns ist schon gewaltig, was da alles passieren kann...Jetzt komm endlich ins Bett, sonst bekommst du noch Rheuma oder so, wenn du in der Kälte stehst!“ Shinya ließ nur ein vielsagendes Schnauben hören, leistete aber der Aufforderung Folge und kroch zu seinem besten Freund ins Bett, nur um sich an ihn zu kuscheln und seinen Kopf auf Zeros Brustkorb zu legen. Dieser hob träge eine Hand und begann Shinya leicht im Nacken zu kraulen, was dieser eine Weile schweigend genoss. „...sag mal...Zero...“ „Mh?“, kam die gutmütig gebrummte Antwort. „Kann...kann ich dich was fragen...?“ Der Angesprochene zog erstaunt eine Augenbraue nach oben, verwundert darüber, dass Shinyas Stimme so unsicher klang. Er legte seinen Arm auf Shinyas Rücken und streichelte ihn sanft. „Na klar, war ist denn los?“ „Naja...ich...hab doch heute Geburtstag...und...“ Er unterbrach sich selbst, um sich aufzurichten, sodass er schließlich vor Zero im Bett kniete, der ihn verwirrt ansah. „...darf ich mir etwas wünschen?...würdest du mir meinen größten Wunsch erfüllen?“ Zero runzelte die Stirn und setzte sich ebenfalls auf. „Natürlich, wenn ich kann...“ Er streckte die Hand aus und strich leicht übers Shinyas Wange. „...also, was hast du, mh?“ „Ich...naja...“ Er sah Zero kurz an, senkte dann seinen Blick und musterte intensiv die in der Dunkelheit nicht näher auszumachende Bettdecke. „Zero...ich...hab mich in dich verliebt...“, meinte er leise, holte dann kurz Luft und fuhr schnell fort. „Ich weiß, dass es dir nicht so geht, dass ich nur dein bester Freund bin...aber...ich wollte es dir sagen...und...“ Er wurde erneut unterbrochen, diesmal von Zero, der ihm einen Finger auf die Lippen legte und ihn ein paar Momente einfach nur schweigend und irgendwie geschockt ansah. Der Jüngere fühlte sich im Moment schlicht und einfach von der Situation überfordert und hatte keine Ahnung, wie er auf dieses Geständnis reagieren sollte. Er hatte nie auch nur darüber nachgedacht, ob Shinya etwas anderes als ein Freund für ihn sein könnte. Aber andererseits, wenn er weiter darüber nachdachte, war es denn normal, dass sie als Freunde, auch wenn sie die besten Freunde waren, eine solch innige Beziehung zueinander hatten? Mit einem kleinen Seufzen sah er Shinya an, der auf einmal noch zerbrechlicher als sonst wirkte, wie er zusammengesunken vor ihm auf dem Bett saß und dadurch so traurig aussah, dass es ihm einen Stich ins Herz gab. „Shinya...ich...du hast Recht...bis jetzt warst du immer nur ein Freund...aber...ich will, dass du glücklich bist...also...“, er verzog seine Lippen zu einem sanften Lächeln, „Was wünschst du dir?“ „Ich wünsche mir, dass du mich liebst, Zero...“ Nach dieser Antwort lehnte Shinya sich nach vorn und küsste Zero sanft auf die Lippen. „Bist du dir sicher?...Ich kann nur versuchen dich lieben zu lernen...ich kann nichts versprechen...“ „Versuch es...bitte...und...lass mich dich spüren...ich...will dir gehören...“ Shinya löste sich von dem Schwarzhaarigen und streckte sich wieder auf dem Laken aus, bevor er Zero über sich zog, um ihn erneut in einen Kuss zu verstricken, wenngleich, wenngleich dieser inniger und ein wenig fordernder war, als der Vorherige. ~~~ „Da bist du ja endlich!“ Zero empfing seinen Freund mit offenen Armen, als Shinya mit einiger Verspätung aus dem Schultor trat. Der Brünette erwiderte die Umarmung und stahl seinem Schatz gleich noch ein kleines Küsschen, bevor er sich wieder von ihm löste. „Ja, tut mir Leid...Tanaka-sensei wollte uuuuungebedingt noch was wegen meiner Projektarbeit in Musik mit mir besprechen...“ Er lächelte den anderen Jungen schüchtern an, als sie sich gemeinsam auf den Heimweg machten. Als sie ein paar Straßen von ihrer Schule entfernt waren, griff Zero ganz automatisch nach der Hand des anderen und umschloss sie sanft mit seiner eigenen. Er war wirklich froh, dass alles so gekommen war. Zwar hatte er vor allem in der Anfangszeit ihrer Beziehung, kurz nach Shinyas 17. Geburtstag noch einige Zweifel daran gehabt, ob er die Gefühle seines bis dato besten Freundes ebenso erwidern konnte, doch mittlerweile musste er zugeben, dass er sich bis über beide Ohren in den Älteren verliebt hatte. Und schließlich war mittlerweile Juli, was hieß, dass sie schon fünf Monate zusammen waren. Und nein, er hatte es nicht bereut, kein einziges Mal. „Sag mal, wo bist du in Gedanken bitte schon wieder?“, hörte er Shinyas amüsierte Stimme. „Naja...“, Zero musste zugeben, dass er sich ein bisschen ertappt fühlte. „Ich hab über meinen Geburtstag nachgedacht. Ich mag nich feiern...Dann bin ich genauso alt wie du. Es kann nur noch bergab gehen...“, lamentierte er daraufhin gespielt. „Tse, Jungspund. Soll ich dir zeigen, wie fit ich trotz meines hohen Alters noch bin?“ Mit diesen Worten piekte Shinya den Schwarzhaarigen mehrmals heftig in die Seite, sodass dieser lachend die Flucht ergriff, um sich vor weiteren Angriffen in Sicherheit zu bringen. Ausgelassen und ein wenig erschöpft vom Rennen kamen sie etwa zehn Minuten später in der Straße an, in der Zero wohnte. „Schau mal, was machen die denn da?“, machte Shinya seinen Freund auf die Männer aufmerksam, die vor dem Tor seines Hauses standen und anscheinend auf jemanden warteten. „Komisch...Mum müsste längst da sein...“ Mit einem unguten Gefühl im Bauch ging Zero auf sie zu, ohne sie dabei nur einen Moment aus den Augen zu lassen. „Entschuldigen Sie. Ich wohne hier, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“ Die beiden Uniformierten tauschten einen kurzen Blick. „Sie sind also Shimizu-san?“, fragte der Größere der Beiden, woraufhin Zero nur kurz nickte. „Es tut uns Leid, Ihnen das mitteilen zu müssen, aber Ihre Mutter, Shimizu Kaori, hatte heute Vormittag einen Verkehrsunfall.“ Zeros Augen weiteten sich geschockt, er riss sich von Shinya los, und packte stattdessen den Polizisten am Arm. „Was ist mit ihr? Geht es ihr gut?“ Statt gleich zu antworten, legte der andere Polizist ihm eine Hand auf die Schulter, sodass Zero ihn ansah. „Es tut uns sehr Leid. Der Aufprall war zu heftig. Ihre Mutter verstarb, noch bevor die Rettungskräfte vor Ort waren.“ „Was? Aber – das...“ Verzweifelt sah Zero zwischen Shinya und den beiden Männern hin und her in der Hoffnung, einer von ihnen würde anfangen zu lachen und ihm erklären, dass das nur ein makaberer Scherz gewesen sei. Aber nichts dergleichen passierte, niemand sagte etwas und Shinya war der Erste, in den wieder Leben kam. Er überwand die geringe Distanz zu seinem Freund und schloss ihn fest in die Arme. Er fühlte sich hilflos und hatte keine Ahnung, wie er Zero irgendwie helfen konnte, schließlich wusste er um die enge Bindung, die dieser schon immer zu seiner Mutter gehabt hatte. Nachdem er sich versichert hatte, dass sein Freund nicht in den nächsten Sekunden einfach umkippen würde, wandte er sich kurz an die Polizisten. „..naja...ich denke...mehr können Sie im Moment nicht tun...“, er versuchte, die in ihm aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Er musste jetzt stark sein, wenn er für Zero da sein wollte. „...wenn noch irgendetwas ist, rufen Sie bitte bei mir an.“ Während Shinya den Polizisten seine Anschrift und Telefonnummer gab, starrte Zero einfach nur auf die Straße zu ihren Füßen. Er konnte – und wollte – nicht begreifen, was diese Männer ihm gerade gesagt hatten. Seine Mutter! Sie konnte nicht tot sein, das ging einfach nicht. Sie war schließlich der einzige Mensch, den er hatte. Gut, er hatte Shinya, aber das war etwas anderes, sie war schließlich seine Mutter! „...Shinya...“, erklang nach einigen Minuten drückenden Schweigens seine Stimme wieder. „K-können wir...zu dir gehen...?“ „Natürlich...“ Widerstrebend ließ Shinya seinen Freund los, der ihm jetzt nicht nur noch blasser als sonst, sondern auch wahnsinnig zerbrechlich erschien. „...ich verstehe, was ist jetzt mit ihm?“ Gemeinsam mit seinen Eltern saß Shinya im Wohnzimmer. Nachdem er mit Zero zu sich nach Hause gegangen war, war sein Freund in Shinyas Zimmer zusammengebrochen, hatte so heftig weinen müssen, dass er kaum noch Luft bekommen hatte und hatte nur hin und wieder zusammenhangslose Wortfetzen von sich gegeben. „Er schläft jetzt.“, antwortete der Brünette bedrückt. „Ich glaube, er ist einfach vor Erschöpfung eingeschlafen...“ Er merkte, wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde. „Ich...kann selbst nicht glauben, dass seine Mutter tot sein soll. Ich meine, ich hab sie vor zwei Tagen noch gesehen und mit ihr an einem Tisch gesessen...“ Mit einem Seufzen setzte sich Shinyas Mutter neben ihren Sprössling und zog ihn liebevoll in ihre Arme. „So was kann man nie so einfach begreifen, mein Schatz.“ Und mit einem weiteren Seufzen fügte sie hinzu: „Wir werden versuchen, ihm zu helfen, sag ihm das, ja? Er kann auf jeden Fall hier bleiben erstmal.“ „Danke Mum.“ Shinya drückte seine Mutter noch einmal kurz, bevor er sich erhob, um wieder nach oben zu gehen und auf Zero aufzupassen, der noch immer, in einen unruhigen Schlaf gefallen, in seinem Bett lag. ~~~ Besorgt musterte Shinya seinen Freund. Er wusste nicht ob es sein konnte, aber irgendwie war Zero in der letzten Woche schrecklich abgemagert. Zumindest kam es ihm so vor, und es wäre auch kein Wunder gewesen, schließlich hatte er seit dem Tag, an dem er vom Unfalltod seiner Mutter erfahren hatte, kaum etwas zu sich genommen. „Willst du wirklich nichts essen?“, fragte er den anderen noch einmal sanft, doch Zero schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke. Ich glaube, wenn ich esse, dann häng ich in zehn Minuten spätestens über der Kloschüssel...“, gab der Angesprochene nur leise und tonlos Antwort. Heute war die Beerdigung seiner Mutter gewesen. Jetzt konnte er nicht mehr an irgendwelchen kindischen Hoffnungen festhalten. Jetzt, wo er vor ihrem Grab gestanden hatte, musste er der Tatsache ins Auge sehen, dass er niemanden mehr hatte. Schließlich wusste er nicht einmal, ob sein Vater noch in Japan war, oder wo er sich sonst herumtreiben konnte. „Hier.“ Zero zuckte zusammen, als Shinya sich neben ihn setzte und ihm eine kleine Schachtel entgegenhielt. „Was ist das?“ Sein Freund seufzte. „Ich weiß, es ist unpassend...aber...auch wenn das heute ein schlimmer Tag für dich war...es ist dein Geburtstag, Zero. Und ich will dir das hier schenken.“ Statt zu antworten, nickte Zero nur und öffnete die Schachtel mit zittrigen Fingern. Er konnte nicht verhindern, dass Tränen in seine Augen traten, als er den silbernen Ring, der an einer ebensolchen Kette befestigt war, sah. „Shinya...“, hauchte er nur leise. Vorsichtig nahm er das Schmuckstück heraus, drehte es leicht und entdeckte eine Gravur auf der Innenseite des Rings. 'Forever yours – Shinya' stand dort und diese drei Worte brachten ihn einmal mehr an diesem Tag dazu, in Tränen auszubrechen. „Shinya...das...“ Statt weiterzusprechen schlang er die Arme fest um den Oberkörper seines Freundes und drückte sich fest an ihn. „Bitte verlass mich nie...bitte...“, brachte er leise und unter ersticktem Schluchzen hervor, während seine Hände sich in den Stoff von Shinyas Hemd gruben. „Keine Angst...ich lasse dich nicht allein...“, erwiderte der andere sanft, strich ihm ein paar seiner schwarzen Zöpfe aus dem Gesicht, um dann seinerseits die Arme um den bebenden Körper seines Freundes zu legen. ~~~ „Bist du sicher, dass du da allein hinwillst? Ich meine...du kannst doch auch morgen gehen, nicht direkt jetzt, nachdem sie heute...beerdigt worden ist...“ Zero nickte tapfer und versuchte seinem Freund ein Lächeln zu schenken, auch wenn er wusste, dass er kläglich scheiterte. „Ist schon ok. Ich war ja vorgestern schon dort. Ich hole nur ein paar Sachen und komme dann wieder, ja?“ Dass Shinya unglücklich mit dieser Entscheidung war, wusste er, aber er konnte nicht jedes Mal, wenn er etwas brauchte, den Anderen nötigen mitzukommen. Er musste lernen, wieder allein klar zu kommen. Er hatte keine andere Wahl. Die Gedanken, so gut es ging, aus dem Kopf verbannend, hielt er den Blick auf den Boden gerichtet und tat sein Möglichstes, um vollkommen unauffällig zu sein, während er den kurzen Weg zu seinem Zuhause ging. Wäre es nach ihm gegangen hätte er sich gern in Luft aufgelöst. Als er seinen Blick hob, stand er in der Straße, in der sein bisheriges Leben sein Ende gefunden hatte, und hatte das Gefühl, dass sein Herz ein paar Takte aussetzte, als er eine Gruppe Männer, diesmal allerdings definitiv keine Polizisten, vor seinem Gartentor stehen sah. Er wusste, nicht wer sie waren, aber sie sahen zu ihm und ihm war klar, dass sie auf ihn warten mussten. Nervös atmete er durch, bevor er seinen Weg fortsetzte. „Wollen Sie zu mir?“, fragte er leise aber deutlich, als er bei ihnen angekommen war, und dem Grinsen nach, das zumindest zwei von ihnen auf den Lippen trugen, hätte er vielleicht lieber weglaufen sollen. Es schien ihm, als würde er nicht einmal an dem nun folgenden Gespräch teilnehmen und konnte erst wieder klar denken, als er zwischen zweien der Männer in einem schwarzen Auto saß. In seine Gedanken versunken starrte er auf den Boden des Wagens. Was auch immer diese Männer oder ihr Chef von ihm wollten, er hoffte, dass es nicht zu lange dauern würde, sonst würde sich Shinya nur unnötig Sorgen um ihn machen. Erst als das Auto stehen blieb, sah Zero wieder auf. Er hatte keine Ahnung, wo er war, war sich aber ziemlich sicher, dass er normalerweise keinen Fuß in so eine Gegend gesetzt hätte. „Komm bitte mit.“ Der Mann, der in der kleinen Gruppe anscheinend das Sagen hatte, stand an der Autotür und wartete auf ihn. Mit einem Nicken stieg Zero aus, sah sich noch einmal kurz um und folgte dem Anderen in ein Gebäude. Er hoffte wirklich, rechtzeitig nach Hause zu kommen. Was mit ihm passieren würde, wäre eigentlich egal, es ging nur um Shinya, den einzigen Menschen, der ihm jetzt wirklich noch Halt geben konnte. Ohne es wirklich zu registrieren, war Zero mit dem Fremden zusammen vor einer Tür stehengeblieben. Auf das Klopfen hin ertönte ein barsches „Herein!“. Mit einem Nicken entfernte sich sein Begleiter und überließ es ihm selbst, den Raum zu betreten. „Du musst Zero sein!“, wurde er auch sogleich von der unsympathischen Stimme empfangen, die einem Mann gehörte, der gut und gerne in seinen 50ern sein mochte und der ihn nun von seinem Schreibtisch aus musterte. „Ja.“ „Schließ die Tür und komm her, wir haben zu reden.“ Zero tat, wie ihm geheißen und nahm dann auf dem freien Stuhl auf der anderen Schreibtischseite Platz, sodass er dem Unbekannte nun gegenüber saß. „So, so...“ „Wer...sind Sie?“ „Das tut hier nichts zur Sache. Es geht um dich. Ich habe gehört, dass deine Mutter kürzlich verstorben ist.“ Zero nickte nur leicht. „Ja...das stimmt.“ „Mh~...“ Er konnte sich nicht helfen, aber das leicht überhebliche Grinsen, das sich auf dem Gesicht des Kerls ausgebreitet hatte, kam ihm grausam vor. „Ich kannte deinen Vater.“ „Was?“ Ein Nicken. „Ja, ich kannte ihn. Er hatte Schulden bei mir. Spielschulden. Dann ist er verschwunden und schafft es immer wieder, sich meinen Leuten zu entziehen. Das letzte Mal haben wir ihn vor vier Monaten in Europa gefunden. Wo er jetzt ist, weiß ich nicht.“ Ein zunehmend unangenehmen Gefühl machte sich in Zero breit, noch verstärkt durch den stechenden Blick, der auf ihm haftete, seit er sich gesetzt hatte. „I-ich weiß auch nicht, wo er ist.“ Ein weiteres Nicken. „Ich weiß, ich weiß. Aber siehst du, ich habe ein Problem. Dein Vater hatte Schulden. Nach seinem Verschwinden hat seine Mutter sie zum Teil bezahlt. Aber jetzt sitzen wir hier, deine Mutter ist tot und deine Familie schuldet mir immer noch Geld.“ „Und...was kann ich dagegen tun ?“ Ein kaltes Lachen war die erste Reaktion auf diese Frage, dann ein Zeigefinger, der belehrend vor seinem Gesicht herumwedelte. „DAS ist die Frage, die ich mir auch gestellt habe. Und die Antwort ist ganz einfach: du wirst für mich arbeiten. Ich habe einen Club, dort werde ich dich...unterbringen. Matsumoto!“ Das letzte Wort hatten er gerufen, sodass Zero zusammengezuckt war. Der Mann, der ihn hierhergebracht hatte, betrat den Raum. „Sie wünschen, Chef?“ „Bring den Kleinen zu seinem Arbeitsplatz. Klär alles weitere mit Maya.“ Matsumoto verbeugte sich, ging dann zu Zero, legte ihm seine Hand auf die Schulter und forderte ihn mit einem unmissverständlichen Blick dazu auf, ihm zu folgen. Kapitel 13: 13. Cocoon ---------------------- Es geht weiter~...Spät, aber lieber spät als nie, nich wahr. Ich hab es leider durch Prüfungen und Vorstellungsblabla nicht eher geschafft weiterzuschreiben und meine Beta hatte ebenfalls mit ihren Uniklausuren zu tun. Jetz ist alles ok, ich hab meinen Abschluss und nen Job, also kanns entspannt weitergehen. Das Kapitel is jetz meiner Meinung nach nich das Beste, das ich geschrieben hab, aber ich glaube es is nich ganz unwichtig für die Story...auch wenn meine Hoffnung in Uruha wenigstens einen halbwegs normalen Charakter zu haben hiermit offiziell den Bach hinuntergegangen sind. Wie auch immer, viel Spaß beim Lesen und Feedback ist wie immer sehr willkommen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 13. Cocoon Mit einem kleinen, vorfreudigen Lächeln auf den Lippen trat Hizumi um kurz vor acht aus dem Aufzug des Gebäudes, in dem sich Kanas Apartment befand, das sie neben ihrer Villa besaß, und sah sich kurz um. Dann fischte er die Schlüsselkarte aus seiner Jackentasche und öffnete die Tür, hinter der die großzügig Wohnung lag. „Kana?“ Er runzelte die Stirn, als er keine Antwort bekam, schlüpfte dann aber aus seinen Schuhen, um sich in der Wohnung umzusehen. Es würde ihn auch nicht weiter wundern, wenn seine Tante sich im Moment noch ein Schaumbad gönnen würde, und ihn deshalb nicht bemerkt hätte. Diesem Gedanken folgend sah er zuerst im Bad nach, wo er sie allerdings auch nicht finden konnte, und ging dann weiter ins Wohnzimmer. Auch hier war niemand, dafür sah er ein Kuvert auf dem Tisch liegen, auf dem sein Name stand. Er trat näher, hob es auf und besah sich die Geburtstagskarte, die darin gesteckt hatte. „Ich wünsche dir nochmals alles Gute. Leider kann ich selbst nicht hier sein, aber deine Überraschung bekommst du natürlich trotzdem. Wenn du pünktlich warst, sollte sie etwa in einer halben Stunde bei dir eintreffen. Ich wünsche dir viel Spaß, Kana“ Mit einem Seufzen ließ er die Karte wieder auf den Tisch fallen. Das hieß wohl, dass er keine andere Wahl hatte, als zu warten. Um sich die verbleibende Zeit zu vertreiben, ging er in die Küche und durchstöberte den immer gut gefüllten Kühlschrank nach ein paar Leckereien. ~~~ „Wenn du hier fertig bist, kommst du wieder in den Club, verstanden?“ „Ja, ja, schon klar...“, murrte Zero und stieg aus dem Auto aus, mit dem er zu Kanas Apartment gefahren worden war. Ihm passte das alles nicht. Es entsprach nicht Kanas üblichem Verhalten, ihn in so kurzer Zeit gleich zweimal sehen zu wollen. Noch dazu in diesem Apartment, was für ihn bedeutete, dass er definitiv erst in den frühen Morgenstunden hier wieder weg kam. Er legte den Kopf in den Nacken und sah an der gläsernen Fassade des Gebäudes nach oben. Und nicht nur das. Dazu kam noch, dass er seinen Dienstplan für heute Abend kurzfristig hatte umstellen müssen, weil, laut seinen Vorgesetzten, ein Termin bei Kana wichtiger war als andere Kunden. Vermutlich ließ die Frau einfach mehr Geld springen. Was seinem Chef natürlich egal war, war die Tatsache, dass er den Unmut seiner Kunden über den verschobenen Termin mit Sicherheit deutlich zu spüren bekommen würde, wenn er sie wiedersah. Zero seufzte leise und betrat dann das Gebäude. Wie immer hielt er seinen Blick auf den Boden gerichtet, als er die Eingangshalle durchquerte, um schließlich den Fahrstuhl zu betreten und damit in das oberste Stockwerk zu fahren. Dort angekommen zückte er die Schlüsselkarte, die Kana ihm vor circa einem halben Jahr für den Fall, dass sie ihn hier treffen wollte, zugesteckt hatte. Er atmete noch einmal kurz durch und öffnete dann mit der Karte die Tür, drückte sie leise auf und trat in den Flur. Ob seine Kundin schon hier war oder nicht, konnte er zwar noch nicht auszumachen, aber für den Fall der Fälle war es immer besser, keinen Lärm zu machen, da Kanas Laune sonst stark darunter leiden konnte. Er stellte seine Tasche ab und zog sich seinen Mantel aus, hängte ihn dann an der Garderobe auf. Auch Unordnung war eines der Dinge, die Kana auf den Tod nicht ausstehen konnte. Er warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel, um ein letztes Mal sein übliches, gespieltes Lächeln zu proben und ging dann weiter ins Wohnungsinnere, bis er schließlich im weitläufigen Wohnzimmer ankam. Begrüßt wurde er dort von einem dunklen, wie immer neugierig dreinblickenden Paar Augen, in dem sich bei seinem Anblick zusätzlich noch Überraschung zeigte. „Ich fass es nich...du schon wieder...“, murrte Zero. War es eigentlich fair, dass dieser Typ bei jeder möglichen oder auch unmöglichen Gelegenheit in seinem Leben auftauchte? Nein, eigentlich nicht, aber andererseits, was war in seinem Leben schon fair? „Wo ist Kana?“, hakte er dann trotzdem nach. Zur Not würde er eben auf sie warten müssen. „Mh? Oh, die kommt heute nicht.“, erwiderte Hizumi nachdenklich, bevor sich ein gewisses Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Aber jetzt verstehe ich das...“ Er richtete sich vom Sofa auf und griff nach der Geburtstagskarte, die noch immer auf dem niedrigen Couchtisch lag. „Schätze, dass du meine ‚Geburtstagsüberraschung’ bist.“ Mit diesen Worten hielt er Zero die Karte hin, die dieser nur ungläubig las. Irgendetwas konnte da nicht mit rechten Dingen zugehen. Ganz und gar nicht. Misstrauisch sah Zero den anderen an. „Und was genau hast du mit Kana zu schaffen?“ Es entsprach zwar nicht unbedingt seinem Naturell derartige Fragen zu stellen, aber es wurmte ihn, dass er nicht nur Kana anscheinend nicht mehr entkommen konnte, sondern nun auch noch dauernd mit diesem Typen konfrontiert wurde. „Kana?“ Ein weiteres belustigtes Grinsen folgte. „Sie ist meine Tante...ich dachte, das hätte sie dir vielleicht schon gesagt...naja...wie auch immer...jetzt sind wir schon mal hier, worauf hast du Lust?“ Ein paar Sekunden lang konnte Zero nur schweigend dastehen und abwechselnd auf die Karte in seiner Hand und Hizumi, der nun wieder vor ihm auf der Couch saß, starren. Seine Gedanken schienen zu rasen und mit einem kleinen „Klick“ wurde ihm schließlich bewusst, was sich aus dieser Situation ergeben würde. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Zeros Lippen, als er leicht den Kopf schief legte. „Warte hier einen Moment ja?“, bat er mit sanfter Stimme. „Ich bin gleich wieder da.“ Hizumi sah ihm nur hinterher, verwirrt vom plötzlichen Stimmungsumschwung des Anderen. Doch bevor er sich großartige Gedanken um die Gründe machen konnte, kehrte Zero auch schon zurück und stellte vorsichtig eine Flasche Rotwein sowie zwei Gläser auf dem niedrigen Couchtisch ab. Er öffnete die Flasche und schenkte ihnen ein, gab dann Hizumi ein Glas und lächelte ihn abermals zuvorkommend an. „Lass uns anstoßen.“, forderte er Hizumi auf, der dem sogleich nachkam, aber immer noch nicht wirklich verstand, was das alles eigentlich gerade sollte. Zudem fiel es ihm zunehmend schwerer, seine angeborene Neugier im Zaum zu halten. Er trank einen Schluck, betrachtete dann noch einmal die auf einmal so weich wirkenden Gesichtszüge seines Gegenübers. Er konnte nicht sagen, was es war, aber irgendetwas an diesem 'neuen' Zero gefiel ihm nicht. „Wie heißt du eigentlich wirklich?“, wollte er dann kurzentschlossen wissen, um die entstandene Stille nicht zu drückend werden zu lassen. Zero, der gerade versonnen auf die dunkelrote Flüssigkeit in seinem Glas geblickt hatte, hob nun den Kopf und sah ihn fragend an. „Wie meinst du das?“ Hizumi gab ein trockenes Lachen von sich. „Wie dein wirklicher Name ist. Deine Mutter wird dich kaum Zero genannt haben, oder?“, bohrte er dann nach. Er hatte sich bemüht, trotz seiner Wortwahl nicht zu drängend zu klingen, wunderte sich aber, dass der Angesprochene nicht antwortete, sondern nur durch ihn hindurch zu sehen schien. „Willst du es mir nicht sagen?“, hakte er dann vorsichtshalber noch einmal nach. „Das auch...aber ich kann nicht...“, Zero ärgerte sich darüber, wie leise seine Stimme klang, doch mit der Anspielung auf seine Mutter hatte Hizumi ohne es zu wissen einen seiner Schwachpunkte getroffen. Er schüttelte leicht den Kopf und hielt einen Moment inne, um seine Stimme zu festigen, bevor er weitersprach. „Ich habe diesen Namen verdrängt.“ Nun war es Hizumi, der ihn erst fragend und dann einfach nur verwirrt ansah. „Wie meinst du das?“, wiederholte er dann unbewusst die Frage, die Zero ihm kurz zuvor gestellt hatte. Dieser lehnte sich mit einem Seufzen in die Polster der Couch zurück, nun wieder intensiv seinen Rotwein musternd. „Den Menschen, zu dem dieser Name gehört hat, gibt es nicht mehr. Sein Leben hat geendet, als er ins Grudge kam. Was hätte es also für einen Sinn, wenn ich mich an diesen Namen erinnern würde?“ Noch einen Moment sah versonnen auf seine Hände, bevor er sich erneut zu einem Lächeln zwang, sein Glas abstellte und sich erhob. Nach einer leichten Verbeugung nahm er Hizumi ebenfalls dessen Glas ab und griff dann nach seiner Hand. „Komm, folge mir.“ Hizumi tat, wie ihm geheißen, und ließ zu, dass Zero ihn hinter sich her in Richtung Schlafzimmer des Apartments zog. Dort angekommen schloss er die Tür hinter ihnen und bedeutete seinem Kunden, auf dem Bett Platz zu nehmen. Zu sehr damit beschäftigt, irgendwie zu verstehen, was hier eigentlich gerade passierte, sah Hizumi zu, wie der andere auf ihn zukam, um sich dann rittlings auf seinem Schoß niederzulassen und die Arme um seinen Nacken zu schlingen. Ihm wurde heiß, als er fühlte, wie sich der schlanke, geschmeidige Körper Zeros eng an den seinen schmiegte und sich zu allem Überfluss auch noch weiche Lippen an seinem Hals zu schaffen machen. Während er sich mit einem Arm weiter nach hinten abstützte, legte er, ohne es wirklich steuern zu können, den anderen Arm um diesen schönen jungen Mann auf seinem Schoß und drückte ihn noch ein wenig mehr an sich. Was zur Hölle war hier eigentlich los? Ohne Widerstand zu leisten, ließ er sich von Zero aufs Bett drücken und sah ihn nur entrückt an, als dieser begann ihm mit einem verführerischen Ausdruck in den Augen sein Oberteil aufzuknöpfen. Hizumi streckte den Arm aus, um dem anderen leicht über die Wange zu streicheln, diese weiche Haut berühren zu können, doch sobald er Zeros Gesicht berührte, zuckte dieser merklich zusammen, auch wenn man ihm keine gefühlsmäßige Regung ansah. Erst jetzt begriff Hizumi, was er gerade im Begriff war zu tun, und er setzte sich auf, um Zero sanft, aber bestimmt von sich zu schieben. „Hör auf“, verlangte er gleichzeitig, auch wenn seine Stimme nicht so überzeugt klang, wie er es sich gewünscht hätte. „Was?“ Zero, sichtlich aus dem Konzept gebracht, blieb nun neben ihm auf dem Bett knien. „Ich hab gesagt, du sollst aufhören.“ Hizumi atmete noch einmal durch und rückte demonstrativ noch etwas von dem anziehenden jungen Mann neben sich weg, der daraufhin nur ein genervtes Geräusch von sich gab und ihn wieder mit jenem Blick bedachte, den Hizumi schon bei früheren Begegnungen von ihm geerntet hatte. Er hatte also richtig gelegen mit seiner Vermutung. „Wieso willst du nicht mit mir schlafen? Kana hat mich dir geschenkt und ich sehe doch, dass ich dir gefalle. Wieso nutzt du diese Chance nicht?“, rissen ihn die aufgebrachten Worte des neben ihm Sitzenden aus seinen Gedanken. „Ich wäre ja doch nur einer deiner Kunden, oder?“ Er änderte seine Sitzposition ein wenig, sodass er Zero besser ansehen konnte, und betrachtete ihn kritisch. Bevor dieser etwas erwidern konnte, fuhr er fort. „Und viel lieber würde ich wissen, was hinter deiner Fassade steckt.“ Nach einem kurzen Moment der Stille schüttelte Zero kurz den Kopf, nur um sich dann zu erheben. „Ich bin nur Fassade, das solltest du mittlerweile wissen.“ Er wollte sich umdrehen und das Zimmer verlassen, doch Hizumi griff mit einer schnellen Bewegung nach seinem Handgelenk, zog ihn noch einmal zu sich und küsste ihn sanft auf die Lippen. Davon erschrocken entzog Zero sich dem festen Griff und holte wie aus Reflex aus, um Hizumi eine kräftige Ohrfeige zu verpassen. Dann verließ er das Zimmer und nur wenige Sekunden später hörte man auch die Wohnungstür geräuschvoll zuschlagen. Hizumi indessen saß unverändert und mit einem wehmütigen Lächeln auf den Lippen auf dem Bett und starrte in Richtung Tür. ~~~ Über den großen Flachbildschirm flimmerten die aktuellen Wirtschaftsnachrichten, doch Kana schien durch die Sprecherin hindurch zu sehen. Sie achtete nicht darauf, was mit welchen Aktienkursen passierte, selbst wenn es wichtig für sie gewesen wäre, sie war viel zu sehr mit dem beschäftigt, was sie getan hatte. Sie hatte ihren Neffen sehr gern, dennoch war sie sich nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Schon seit einiger Zeit spukten in ihrem Kopf Bilder von ihm und Zero herum, die so hartnäckig waren, dass sie sich selbst von einem Glas Cognac nicht hatten vertreiben lassen. „Madame?“ Sie zuckte unwillkürlich zusammen und bedachte Uruha, der soeben eingetreten war, mit einem wütenden Blick, so als sei es seine Schuld, dass sie sich heute nicht konzentrieren konnte. „Was ist?“, war in einem dazu passenden Tonfall ihre Antwort. „Ich wollte mich nur erkundigen, ob Sie noch etwas wünschen?“ Uruha hatte keine Miene verzogen, sondern lächelte sie noch immer freundlich an. „Nein danke.“ Sie sah ihn noch kurz an, wandte ihren Blick dann wieder dem Bildschirm zu. Man konnte noch immer den Abdruck ihrer Hand sehen, dort wo sie ihn am vorherigen Tag geohrfeigt hatte und das gefiel ihr nicht. Sie hatte das nicht tun wollen, aber er hatte sie provoziert. „Setz dich, Uruha.“ „Natürlich.“ Mit einem weiteren warmen Lächeln ließ der junge Mann sich mit etwas Abstand neben ihr auf dem Ledersofa nieder und blieb dort sitzen, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, ganz wie ein wunderschönes, aus Stein gehauenes Kunstwerk. Auch Kana sagte nichts, sondern versuchte zumindest so zu wirken, als ob sie aufmerksam die Nachrichten verfolgen würde. Nachdem etwa fünf Minuten lang keiner der beiden gesprochen oder eine Regung gezeigt hatte, räusperte Uruha sich schließlich, sodass seine Chefin ihn fragend ansah. „Sie sollten aufhören an ihn zu denken, Madame.“ „Wie bitte?“ Ein weiteres Mal lächelte er sie nur an, doch dieses Mal kam es Kana so vor, als läge ein Hauch Mitleid darin. „Sie denken an Zero. Ich glaube nicht, dass das gut ist.“ Auf diese Worte hin straffte sich Körper der Hausherrin, die sich nun aufrechter hinsetzte und Uruha, der nach wie vor entspannt gegen das Rückenteil des Sofas gelehnt dasaß, mit einem verkniffenen Blick bedachte. „Und ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht. Es sei denn, du willst unbedingt auch noch einen Handabdruck auf deiner anderen Wange.“ Das Lächeln das Braunhaarigen wurde etwas breiter, bis er schließlich leise lachte. „Du weißt doch, dass mir das nichts ausmacht. So zeigst du wenigstens irgendeine Regung mir gegenüber...“ Kana zog scharf die Luft ein und war drauf und dran, Uruha wirklich eine weitere Ohrfeige zu verpassen, doch der war dieses Mal darauf vorbereitet und fing ihre Hand ab. „Ich weiß, ich habe kein Recht dich zu duzen...“, meinte er nur amüsiert und hauchte einen zarten Kuss auf ihren Handrücken. Kana zog die Augenbrauen zusammen. „Was ist? Bist du sprachlos?“ Uruha legte sich ihre Hand auf die Wange und ignorierte es, als sie ihre Fingernägel in seine Haut grub, schmiegte sich im Gegenteil noch mehr gegen die Berührung. „Du bist krank, Uruha.“ Erneut lachte der Jüngere auf. „Ach ja? Das macht nichts...bist du nicht genauso krank?“ Er sah ihr direkt in die Augen und legte seine Hand auf ihre. „Wir haben Gemeinsamkeiten...beide krank...und wir sind beide einsam...wir könnten uns gegenseitig helfen...“ „Wie bitte?“ Ruckartig wurde ihm die Hand entzogen und seine Arbeitgeberin stand empört auf. „Was erlaubst du dir eigentlich?“ Diesmal war ihre Bewegung schnell genug, sodass Uruhas Kopf unter der Wucht einer weiteren Ohrfeige zur Seite ruckte. „Schlag mich ruhig...“, sagte er nach einem kurzen Augenblick des Schweigens. „Wenn das alles ist, was du für mich übrig hast, schlag mich ruhig...“ Er hob den Kopf und Kana konnte den Zorn und die Frustration in seinem Blick erkennen, während er seine Hände zu Fäusten ballte. „Früher im Grudge war ich dir doch auch noch gut genug...warum sollte ich dich dann jetzt nicht von deiner Einsamkeit ablenken können? Ich kenne dich, Kana, ich kenne dich.“ Während er sitzen blieb, drehte Kana sich um und ging zur Tür. Sie trat hindurch, zögerte jedoch, bevor sie das Zimmer gänzlich verließ. „Komm in zwanzig Minuten in mein Zimmer.“, wies sie ihn schließlich in ihrer gewohnt herrischen Stimmlage an und ging. Kapitel 14: 14. Kamikaze ------------------------ Es geht weiter. Es hat schon wieder so lange gedauert, verzeiht mir bitte. Ich hatte, was diese Geschichte angeht eine kleine Schreibblockade und hab nebenbei noch an einer anderen Geschichte gearbeitet...Aber jetzt ist es da. Ob im September wieder etwas kommt, oder wann, kann ich nicht genau sagen, da ich nicht weiß, wie ich zum schreiben komme und meine Beta den ganzen Monat durch Japan gondelt, aber wir versuchen unser Bestes. Jetzt genug davon, hier kommt das neue Kapitel, viel Spaß damit. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 14. Kamikaze Die Tür zur Garderobe öffnete sich und Karyu machte einen Schritt in den Raum, während er sich suchend umsah. „Hat einer von euch Tsukasa gesehen?“, fragte er dann genervt. Die Anwesenden, die sich gerade auf ihren Dienstbeginn vorbereiteten, schüttelten den Kopf, ehe eine junge Frau, deren Namen sich Karyu partout nicht merken konnte, vage in in Richtung Flur zeigte. „Ich glaub, er ist vorhin Richtung Waschräume gegangen...“, bemerkte sie desinteressiert und wandte sich wieder ihrem Makeup zu. Er nickte knapp und verließ den Raum wieder, ließ die Tür laut hinter sich ins Schloss fallen. Eilends stürmte er beinahe den Gang hinunter, um so schnell wie möglich zu den Räumlichkeiten zu gelangen. Der Kleine hatte ihm schon genug Scherereien bereitet und wenn der Brünette heute wieder zu spät bei seinem Kunden auftauchen würde, hätten sie Beide ein ziemliches Problem am Hals. Und darauf konnte er persönlich ganz gut verzichten. Schwungvoll stieß Karyu die Tür auf und sah sich um. Er glaubte für einen Moment ein ersticktes Schluchzen gehört zu haben und ging in die Richtung des Geräusches, blieb bei dem Anblick, der sich ihm bot, jedoch wie angewurzelt stehen. Am Waschbecken stand eine schmale Gestalt, die mit zittrigen Händen und tränennassen Wangen versuchte, einige Tabletten aus einem kleinen Glasgefäß zu schütteln. Der Junge betrachtete sie kurz, als sie in seiner Handfläche lagen, nur um sie dann mit einer schnellen Bewegung zu schlucken. „Bist du eigentlich bescheuert?“ Ohne sich bewusst dazu entschieden zu haben, hatte Karyu sich aus seiner Starre gelöst und den Jungen mit festem Griff an den Schultern gepackt. Tsukasa warf ihm nur einen verloren wirkenden Blick zu, bevor er den Kopf senkte und sich nicht einmal daran zu stören schien, dass er damit begonnen hatte, ihn kräftig durchzuschütteln. „Ich rede mit dir, verdammt!!!“ Er stieß den Jungen von sich, sodass dieser gegen die nächste Wand stolperte und ihn nun mit glasigen Augen ansah. „...lass mich doch einfach in Ruhe...“, flüsterte der Kleinere dann mit so tonloser Stimme, dass es Karyu geradezu Angst machte und er wieder einmal einfach aus seinem Bauchgefühl heraus handelte. Er verpasste Tsukasa erst einen Schlag ins Gesicht – ob aus Wut auf den Anderen oder sich selbst vermochte er nicht zu sagen – und packte ihn dann am Handgelenk, um ihn erbarmungslos in Richtung der nächsten Toilette zu zerren. Dort angekommen zwang er den zierlichen Jungen in die Knie, drückte ihn mit dem Kopf über die Kloschüssel und drehte ihm gleichzeitig den Arm auf den Rücken. „Spuck es aus. Oder ich bring dich dazu, dass du es ausspuckst.“, forderte er mit kalter Stimme. Als Tsukasa wieder nicht reagierte, legte Karyu einen Arm um dessen Bauch und drückte ruckartig mit dem Handballen in die Magengrube des Brünetten, der daraufhin tatsächlich anfing zu würgen und sich, nachdem Karyu diese Bewegung noch ein paar Mal wiederholt hatte, krampfartig erbrach. Der Ältere hielt seinen Blick starr auf den zitternden Körper vor sich gerichtet. Ihm war klar, dass Tsukasa ihn jetzt vermutlich noch weniger leiden konnte als vorher schon, aber er hatte einfach nicht zulassen können, dass der Junge sich in irgendwelchen Stoff flüchtete und sich damit auch noch selbst zerstörte. Vollkommen egal, was er da hatte nehmen wollen. Das Warum schob er in diesem Moment von sich weg und war froh, als Tsukasa versuchte, sich wieder aufzurichten. Deutlich vorsichtiger als vorher half Karyu ihm dabei, wieder auf die Beine zu kommen und stützte ihn auf dem Weg zu den Waschbecken, damit er sich den Mund ausspülen konnte, ließ ihn aber immer noch keinen Augenblick aus den Augen. „Geht's dir besser?“, fragte er nach einer Weile des Schweigens, in der sein 'Schützling' nur bewegungslos am Waschbecken gestanden und auf die Wand vor sich gestarrt hatte. Jetzt begann der dünne Körper vor ihm erneut leicht zu zittern und bevor Karyu sich versah, hatte Tsukasa ihm, wie schon ein paar Tage zuvor, einfach die Arme um den Oberkörper geschlungen und ließ sich langsam auf den Boden rutschen. „I-ich...kann das...einfach nicht...“, brachte er dann krächzend hervor, mittlerweile auf dem Boden kniend und sah aus verweinten Augen zu dem Bodyguard auf. Dieser fühlte sich mit der ganzen Situation einmal mehr vollkommen überfordert, hockte sich dann aber etwas zögernd ebenfalls hin, um dem Jüngeren mit einer unsicheren Geste eine Träne von der Wange zu streichen. Tsukasa krallte seine Hände in Karyus Unterarm und schluchzte nun heftiger und schien kaum noch in der Lage zu sein, richtig zu atmen. „Lass d-das...d-ir geht’s doch...a-auch nur...“, er machte eine Pause, in der er förmlich nach Luft schnappte, „weil's d-dein...verd...dammter Job ist...du h-hasst mich...genau wie j-jeder andere hier...“, sein Griff um Karyus Arm verstärkte sich noch, doch dieser versuchte sich immer noch einen Reim auf das momentane Geschehen zu machen und sah stumm auf den Weinenden hinab. „Es ist doch jetzt...alles egal...“, Tsukasas Stimme war nicht mehr lauter als ein Flüstern. ~~~ Mit angemessenen Schritten durchquerte Kana das Grudge, bis sie sich schließlich an der Bar niederließ und die Beine übereinanderschlug. Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, bevor sie mit einer fließenden Bewegung einen der Stricher, die hinter der Bar arbeiteten zu sich winkte, um sich den üblichen Bloody Mary zu bestellen. Zero, der heute im Club arbeitete, sah sie und ging zu ihr, um sie zu begrüßen. Mit einem Lächeln nahm sie den Handkuss zur Kenntnis. „Wie geht es dir?“, fragte sie dann, nachdem sie ihn eingehend gemustert hatte. Mit seinem üblichen leeren Lächeln nickte der Schwarzhaarige leicht. „Gut, danke. Vielleicht können wir später reden. Ich habe leider noch eine Kundin.“ Kana nickte knapp. „Dann hoffe ich, dass du später noch etwas Zeit für mich hast. Du weißt, ich warte nicht gern.“ „Ja, natürlich...“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging in Richtung der Zimmer, wo die Freierin schon auf ihn wartete. Und obwohl er es zu ignorieren versuchte, konnte er Kanas stechend eifersüchtigen Blick im Rücken spüren. ~~~ Hizumi ließ sich auf seinen Stuhl vor dem PC fallen und klickte die Seite seines Stammchats an. Ungeduldig trommelte der junge Webdesigner mit den Fingern auf der Tischplatte herum, er konnte es kaum erwarten, bis er endlich online kam, um seine Neuigkeiten zu teilen. »User +Ero:de+ logged in« *zettyou_spice* wrote: Hey, da bist du ja endlich, ich hab gewartet~ +Ero:de+ wrote: Sorry, hatte noch zu tun. Musste dringend noch ein Projekt fertigstellen... +Ero:de+ wrote: Aber ich hab jetzt die Fotos von diesem Shooting letztlich. *zettyou_spice* wrote: Passt schon. *zettyou_spice* wrote: Das mit dem Stricher?? *zettyou_spice* wrote: Immer her damit, wenigstens eins. Wenn der Typ dich so fasziniert, dann muss ich ihn sehen~ +Ero:de+ wrote: Okay, ich schick dir eins davon...aber wehe du schickst das weiter, sonst macht meine Tante mir die Hölle heiß... »+Ero:de+ sends file« *zettyou_spice* wrote: Ja, ja, kein Ding, ich bin halt nur neugierig... » File sent successfully « +Ero:de+ wrote: Und? Wie findest du ihn? Nach einer knappen Minute runzelte Hizumi verwundert die Stirn. Wieso brauchte der Andere so lang, um zu antworten? Sonst dauerte das doch auch immer nur wenige Sekunden. *zettyou_spice* wrote: ... *zettyou_spice* wrote: ...ich bin in zehn Minuten bei dir »*zettyou_spice* said: „see you later, bitches!“ and left this room« „Was ist denn jetzt kaputt?“, fragte Hizumi sich halblaut selbst. Er konnte sich wirklich keinen Reim auf das Verhalten seines Freundes machen, da er viel eher damit gerechnet hätte, dass dieser nun anfangen würde jedes Detail von Zeros Erscheinungsbild zu analysieren und kommentieren. Mit einem Seufzen gab er es auf, einen tieferen Sinn hinter dem ungewöhnlichen Verhalten zu suchen, loggte sich wieder aus und stand dann auf, um in Richtung Küche zu gehen. In der Zeit, bis sein Freund eintreffen würde, konnte er sich noch eine Kleinigkeit zu Essen machen, schließlich hatte er heute aufgrund der näherrückenden Deadline für seine Arbeit noch nicht wirklich etwas zu sich genommen. Keine Viertelstunde später klingelte es Sturm und Hizumi beeilte sich, an die Tür zu gehen, um einem eventuellen Streit mit seinem Nachbarn vorzubeugen. Kaum hatte er die Tür geöffnet, war sein Kumpel auch schon in der Wohnung und ging, ohne sich auch nur die Schuhe auszuziehen, in Richtung Wohnzimmer. „Natürlich, komm nur herein...“, murmelte er perplex, folgte seinem Gast dann aber, der ihn bereits ungeduldig ansah. „Wo sind die anderen Bilder? Bitte, ich muss sie dringend sehen!“ Jetzt wirklich ernsthaft verwirrt nickte Hizumi. „Setz dich, ich hol sie...“ Als er zurückkam, saß sein Freund auf der Couch, sah ihn schon erwartungsvoll an und riss ihm die Mappe mit den Fotos förmlich aus der Hand, blätterte dann aber stumm darin herum und schien mit jedem Augenblick aufgewühlter zu werden. „Das kann nicht sein...“, meinte er irgendwann leise und ließ die Mappe auf den Tisch fallen. „Das kann schlicht und einfach nicht sein...“ Hizumi runzelte die Stirn und sah den anderen besorgt an. Was zur Hölle ging hier eigentlich vor? „Daisuke...was ist los?“, wollte er dann eindringlich wissen, da das Verhalten seines Gegenübers ihm einfach nur Rätsel aufgab. Der Angesprochene hob den Kopf und ein ungläubiger Blick aus ihn unverwandt ansehenden Augen traf ihn. „Ich...kenne ihn...“ „Wie bitte?“ Jetzt war es an Hizumi einfach nur schockiert dazusitzen. „Woher kennst du ihn?“ Daisuke atmete tief durch. „Er...wir waren auf einer Schule...er war eine Stufe über mir und wir waren quasi beste Freunde...bis...er irgendwann einfach weg war...“ „Bist du dir da sicher?? Ich meine, vielleicht sieht er deinem Freund auch nur ähnlich?“ Der Ältere der Beiden versuchte Ruhe zu bewahren. Was er gesagt hatte, war zwar absurd, aber genauso unwahrscheinlich war es doch, dass ausgerechnet Zero der ehemalige beste Freund von Daisuke gewesen sein sollte. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, was für ein Leben der Stricher geführt haben mochte, bevor er in dem Club gelandet war. Dem entsprechend fiel auch die Reaktion seines Gegenübers aus. „Natürlich bin ich sicher! Ich hab mit dem Typen beinahe mein gesamtes Leben verbracht!“, antwortete Daisuke gewohnt ungeduldig und fischte aus seiner Jackentasche ein schon ziemlich lädiertes Foto. „Das wurde nach einem Schulfest gemacht...der Junge ganz rechts ist Shinya...er und Zero waren schon immer unzertrennlich gewesen und damals waren sie gerade ein paar Monate ein Paar...“, erklärte er dann ruhiger. Hizumi hingegen konnte kaum glauben, dass das der gleiche Mensch sein sollte, den er kennen gelernt hatte. Aber ohne Zweifel war das auf dem Bild die vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alte Version des jungen Mannes, mit dem er selbst nun auf einem anderen Satz Bilder zu sehen war. Zero trug die Sommeruniform seiner Schule und strahlte förmlich in die Kamera, während er seinen Freund im Arm hielt und Daisuke die beiden von hinten anzuspringen schien. „Was...ist damals passiert?“, fragte er dann den anderen, der ihn nur schulterzuckend ansah. „Das weiß niemand so genau...Zeros Mutter war gestorben...kurz vor seinem Geburtstag...am Tag ihrer Beerdigung ist er noch einmal zu ihrem Haus gegangen, um ein paar Sachen zu holen und nicht mehr wieder gekommen...Shinya hat sich jahrelang Vorwürfe gemacht, weil er ihn allein hatte gehen lassen...“, erzählte Daisuke kopfschüttelnd, während sein Blick einen unbestimmten Punkt fixierte. „Wenn ich das gewusst hätte...“ Seufzend stand er auf und sah zu seinem Kumpel. „Lass die Finger von ihm...“ „Was??? Wie kannst du das sagen? Ich denke er ist dein Freund?“ Hizumi war aufgesprungen und sah den Jüngeren zornig an, doch der schüttelte nur leicht den Kopf. „Zero hat Gründe für das, was er tut...hätte er fliehen wollen, hätte er es versucht...oder er hätte irgendwie jemandem von uns eine Nachricht zukommen lassen...verstehst du? Die Polizei ist damals davon ausgegangen, dass er sich umgebracht hat oder so etwas...er will nicht gefunden werden!“ Mit diesen Worten drehte Daisuke sich um und stürmte aus der Wohnung, während Hizumi ihm einfach nur fassungslos hinterhersah. „...das kann ich nicht glauben...“, murmelte er dann und ließ sich wieder auf sein Sofa fallen. ~~~ Er hatte gerade den Hauptraum den Clubs wieder betreten und sich an der Bar ein einfaches Glas Wasser bestellt, als Kana ihn mit einem beinahe zischend ausgesprochenen „Zero!“ zum Zusammenzucken brachte, was noch verstärkt wurde, als sie ihre Hand auf seine Schulter legte. Der unter seinem Oberteil verborgene, tiefe Kratzer brannte stark, als er mit dem Stoff in Berührung kam. Betont langsam drehte er sich um und sah sie an. „Kann ich dir helfen?“ „Was ist mit deinem Gesicht?“ „Was wohl? Ich finde es sieht so zerkratzt gut aus...“ Zero atmete durch und versuchte, sich zu beruhigen, doch in Kanas Augen konnte er den Zorn aufwallen sehen. „Wie sprichst du eigentlich mit mir?“ „Entschuldige...“ Er seufzte. „Wollen wir uns setzen? Ich bring dir gleich etwas zu trinken, ja?“ Zero war gerade dabei, hinter die Bar zu treten, als Kana ihn am Arm packte. „Nein, du bleibst hier. Wer war das?“ „Meine letzte Kundin.“ „Wie heißt sie?“ Er sah die Frau vor sich verwirrt an. Es schien als würde ihre Besessenheit allmählich Besorgnis erregende Ausmaße annehmen. „Du weißt, dass ich darüber nicht sprechen darf. Und es spielt auch keine Rolle.“ „Natürlich tut es das! Du gehörst mir! Und diese Frau hat kein Recht, deine Schönheit zu zerstören!“ Kanas Stimme war lauter geworden und die Wut darin nicht mehr zu überhören. Ihre Finger gruben sich in seinen Oberarm, als Zero versuchte, sich von ihr loszumachen. Allmählich hatte er keine Lust mehr auf dieses Spiel. „Ach, wenn eine vollkommen Unbekannte mich kauft, ist das ein Problem, ja? Aber wenn du mich deinem Neffen schenkst, ist das in Ordnung, oder was?“, fragte er selbst lauter als eigentlich nötig. „Ich bin vielleicht Stricher und habe deiner Meinung nach weder Stolz noch Würde, aber ich bin nicht dein verdammtes Spielzeug! Lass mich mit dem Scheiß endlich in Ruhe!“ Er wusste, was er sagte oder verlangte, war vollkommen sinnlos und musste sich in Kanas Ohren einfach nur kindisch anhören, doch eine Ohrfeige auf die bis dahin unverletzte Wange zeigte ihm, dass er wohl einen empfindlichen Nerv getroffen hatte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verließ er den Club in Richtung der Aufenthaltsräume. Er hasste Tage wie diesen. Nicht nur, dass sein Leben war, wie es eben war, nein, es musste auch noch alles schlecht laufen, was nur ging. Jetzt fehlte nur noch, dass er diesem schrägen Typen wieder über den Weg lief und er würde sich vermutlich einfach von der nächstbesten Brücke stürzen. ~~~ „Karyu?“ Der Angesprochene drehte sich um und sah zu seiner Überraschung Maya auf sich zulaufen. „Was gibt's?“ Er sah sie fragend an, doch dann verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. „Alles okay bei dir?“, wollte er mit einer vagen Geste in Richtung ihres schon halb verheilten Veilchens wissen. „Ja, keine Bange, es geht nicht um mich.“ Sie hielt inne und schien für einen Moment zu überlegen, wie sie ihrem Ziehsohn ihr Anliegen näherbringen konnte. „Ich hab dich vorhin gesehen. Mit Tsukasa.“ Sie sah ihm forschend in die Augen. „Wie geht es ihm?...Er sah, vorsichtig ausgedrückt, wirklich beschissen aus.“ Betont unbeteiligt nickte Karyu. „Ich weiß. Hatte wohl nen Schwächeanfall oder so was...ist wieder besser, schätze ich.“ Er wusste nicht genau warum, aber irgendwas in ihm hielt ihn davon ab zu erzählen, was wirklich passiert war. Vielleicht war es das gleiche Gefühl, dass ihn dazu brachte, sich um den Jungen zu sorgen. „Ich werd ihn erstmal in seine Wohnung schaffen, sonst bricht er uns noch auf dem Weg dahin zusammen...zum arbeiten ist er heute jedenfalls nicht mehr zu gebrauchen.“ Er fuhr sich durch die Haare. „Kannst du das regeln?“ Als Maya bejahte, wandte er sich zum gehen, wurde von ihr aber noch einmal zurückgehalten. „Karyu, ich bin nicht blind.“, meinte sie dann ruhig. „Kümmer dich um ihn, sieh es meinetwegen als zweite Chance. Aber wenn du wieder so etwas abziehst wie damals mit Zero, werd ich dir eigenhändig das Genick brechen.“ Sie sah ihn ernst an und irgendwas sagte Karyu, dass er besser nicht an ihren Worten zweifeln sollte. Er nickte leicht. „Keine Angst...das habe ich nicht vor...“ Dann drehte er sich endgültig um, damit er endlich Tsukasa holen und zumindest für heute Nacht von hier wegbringen konnte. ~~~ Mürrisch wühlte Zero in seiner Schultertasche nach seinem Schlüssel. Nach dieser Nacht wollte er nichts mehr machen, außer einfach nur in sein Bett zu fallen und für ein paar Stunden einfach an garnichts denken zu müssen. Als er aufsah, um die Tür aufzuschließen, hatte er für einen Augenblick das Gefühl einfach laut losfluchen oder wahlweise lachen zu müssen. Zu schade, dass es hier in der Nähe keine Brücken gab, von denen er hätte springen können. Wie sehr konnte das Leben – oder wer auch immer dort oben das Sagen hatte – ihn eigentlich hassen? Nach einer weiteren Sekunde des Nachdenkens beschloss er, den anderen einfach zu ignorieren, da Hizumi bis jetzt auch nur dort herumstand, ohne sich irgendwie zu regen und das, obwohl er ihn hatte kommen sehen müssen. Zero hatte es gerade bis ins Treppenhaus geschafft und wollte eben die Tür schließen als eine Hand ihn mit festem Griff an der Schulter festhielt, was den Schmerz, der durch die Kratzer verursacht wurde, wieder aufflammen ließ. „Was willst du?“, fragte er den ungebetenen Gast schließlich so desinteressiert, wie es ihm nur möglich war. „...dich etwas fragen...“ Zero drehte sich wieder zu dem anderen um, wobei er ihn mit einem offensichtlich genervten Blick bedachte. „Und was?“ „Bist das wirklich du?“ Er hatte schon zu einer weiteren Gegenfrage ansetzen wollen, als er das Bild in Hizumis Händen sah. Seine Augen weiteten sich und er versuchte, das Zittern, das seinen Körper ergreifen wollte, krampfhaft zu unterdrücken. Er brauchte noch einen Moment, bis er sich wieder vollends im Griff hatte. „Geh.“ „Was?“ „Du sollst verschwinden!“ Hizumi sah ihn erstaunt an. Er hatte nicht erwartet, dass der andere sofort so gereizt reagieren würde. „Also stimmt es wohl...“ Er sah noch einmal auf das Foto, in das lachende Gesicht des jungen Mannes, der nun vor ihm stand und den er sich lachend einfach nicht vorstellen konnte. „Was geht dich das an...“ Zero wandte seine Augen krampfhaft von dem Bild ab. „Ich will nicht mal wissen, woher du das hast...“ Er kniff die Augen leicht zusammen. „Und ich sage es nur noch einmal: Verpiss dich aus meinem Leben, verstanden?“ Ohne Hizumi auch nur noch einmal anzusehen schlug er die Tür vor dessen Nase zu und eilte die Treppen zu seiner Wohnung hinauf. Die Wohnungstür fiel ebenfalls lautstark ins Schloss. „Verdammte Scheiße!“ Fluchend riss Zero sich die Tasche von der Schulter und warf sie auf den Boden. Dann sank er langsam mit dem Rücken an der Tür hinunter, bis er schließlich auf dem Boden sitzen blieb. Er musste sich stark zusammenreißen, um seine Fassade wenigstens halbwegs aufrecht zu erhalten und nicht einfach in Tränen auszubrechen. Doch er hatte seit dem Tag, an dem Karyu ihn in diesem Zimmer gefunden hatte, nicht mehr geweint, und er hatte nicht vor daran etwas zu ändern. Hizumi indessen stand vor dem Haus, in dem der andere wohnte, und sah an der Fassade nach oben. Er konnte nicht verhindern, von der Reaktion Zeros beeindruckt zu sein. Der Stricher mochte zwar bisher mürrisch gewesen sein, aber hatte nie so die Stimme erhoben. Er zog sein Handy aus der Tasche und schrieb Daisuke eine Nachricht. „Ich werde ihn nicht einfach aufgeben.“ Kapitel 15: 15. Angeldust ------------------------- Pheeew...es geht endlich weiter...ich bitte um Verzeihung, weil es doch so lang gedauert hat, aber es ging leider wirklich nicht schneller, ich hatte euch ja vorgewarnt *lach* Aber - und das ist die gute Nachricht - lange müsst ihr das nicht mehr mitmachen, weil das hier tatsächlich schon das vorletzte Kapitel ist. Das letzte Kapitel ist eigentlich auch schon fertig und muss nur noch mal überarbeitet werden und der Epilog kommt dann auch bald. Es sollte also nicht allzulang dauern, bis das nächste Kapitel kommt, ich stell es - bei entsprechenden Reviews natürlich - baldmöglichst hoch. Also viel Spaß, ich hoffe es gefällt ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 15. Angeldust „Schatz? Ich bin wieder zu Hause!“ Mit einem erleichterten Seufzen ließ Shizumi seine Tasche fallen und zog sich die Schuhe aus. Er wunderte sich zwar, dass sein Freund ihm nicht antwortete, aber andererseits kam es oft vor, dass der Jüngere so in irgendetwas versunken war, dass er nichts mitbekam, was sich um ihn herum abspielte. „Daisuke? Ich hab uns was zum Essen mitgebracht“, informierte er den anderen, trat dann ins Wohnzimmer und blieb wie angewurzelt stehen. „Ähm...was...genau, wird das?“, wollte er ein wenig verwirrt wissen und ging neben seinem Freund, der inmitten eines Haufens alter Fotos saß, in die Knie. „...nichts...“, war die Antwort, die er leise bekam, was ihn dazu brachte die Tüte mit dem Essen neben sich auf dem Couchtisch abzustellen und seinen Schatz an sich zu ziehen. „Das sieht mir nicht nach 'Nichts' aus, Kleiner...“ Daisuke kuschelte sich an seinen Freund und nickte nun doch, den Kopf in dessen Halsbeuge vergraben. Blind fischte er nach einem der Fotos und hielt es Shizumi hin. „Was ist das?“, fragte dieser und besah sich das Bild, bei dem es sich eindeutig um einen Schnappschuss handelte, der wohl während eines Einkaufsbummels oder etwas Ähnlichem entstanden sein musste. „...das sind Shinya und Zero, oder?“, hakte er dann vorsichtshalber noch einmal nach, woraufhin er ein weiteres Nicken als Antwort erhielt. Eine Weile sagte keiner der beiden etwas. Shizumi, weil er versuchte, sich irgendeinen Reim auf das alles zu machen, und der Jüngere der beiden, weil er nicht wusste, wie er seinem Freund das Vorgefallene verständlich machen sollte. „Ich...weiß nicht genau, wie ich dir das erklären soll...“, brach Daisuke schließlich das Schweigen und sah nun ratlos sein Gegenüber an. „Ist irgendwas mit Shinya?“ „Nein...das nicht...es...ist Zero...“ Shizumi zog erstaunt die Augenbrauen nach oben. „Hat er sich etwa bei dir gemeldet?“ Das zumindest würde erklären, warum sein Liebling derart neben der Spur war. Er wusste, wie sehr der Jüngere darunter gelitten hatte, dass einer seiner beiden besten Freunde von einem auf den anderen Tag einfach verschwunden war. „Nein...Hizumi...“, war jedoch das Einzige, was er im Moment noch als Antwort bekam, und diese Information brachte ihn auch nicht wirklich weiter. „Okay...“ Der Ältere streichelte Daisuke beruhigend über den Rücken. „Versuch erstmal, dich ein bisschen zu beruhigen, ja? Ich koch uns erstmal Tee...und dann erklärst du mir das...“ Mit diesen Worten schob er seinen Freund sanft von sich und bewegte ihn dazu sich auf dem Sofa niederzulassen, während er selbst in die Küche ging, wo er sich erst einmal eine Zigarette anzündete, bevor er das Wasser aufsetzte. //So viel zu einem entspannten Wochenende...// Als er wenige Minuten später das Wohnzimmer wieder betrat, hatte Daisuke die Fotos mehr oder weniger ordentlich auf einen Stapel gepackt und hielt nur noch ein paar in den Händen, auf die er immer noch versonnen starrte. „Hier.“ Mit einem dankbaren Nicken nahm der Jüngere Shizumi die Tasse aus den Händen, während dieser sich nun ebenfalls auf der Couch niederließ. „Also...was ist mit Zero?“, wollte er dann vorsichtig aber bestimmt wissen. „Und...was hat Hizu damit zu tun?“ Daisuke trank einen Schluck, der eigentlich noch viel zu heißen Flüssigkeit und stellte seine Tasse dann vor dem Sofa auf dem Boden ab. Kurz hatte er den kleinen Couchtisch dafür in Erwägung gezgen, doch dieser war – wie eigentlich immer – mit Notizen und Papieren bedeckt, die er für sein Studium brauchte. Nach einem tiefen Durchatmen sah er seinen älteren Freund an und erzählte mit leiser Stimme: „Hizumi...hat doch diese Tante...diese reiche Tusse, du weißt schon, mit der Villa und so...“ Shizumi nickte kurz zum Zeichen, dass er fortfahren sollte. „Er hat dir sicher erzählt, dass sie Stammgast in diesem Club ist...Grudge, oder wie das heißt...und von diesem Stricher, von dem sie unbedingt Fotos zusammen mit Hizumi haben wollte...“ Abermals unterbrach Daisuke sich selbst, um seinem Freund nun eins der Fotos hinzuhalten, der es nahm und ein paar Momente betrachtete, bevor er merkte, worauf sein Gegenüber hinaus gewollt hatte. „Das ist...?“ Ein Nicken von Seiten Daisukes bestätigte seine Vermutung. „Ja...das...ist Zero...und er ist auch genau der Typ, von dem Hizumi seit einiger Zeit so hin und weg ist...“ Seine Stimme war zu einem erstickten Flüstern geworden, sodass Shizumi das Foto weglegte und seine Tasse ebenfalls auf dem Boden abstellte, um seinen Schatz in eine tröstende Umarmung ziehen zu können. „Was willst du jetzt machen?“, fragte er, nachdem abermals Stille für eine Weile das Zimmer beherrscht hatte, während er Daisuke sanft über den Bauch streichelte. „Ich hab ihm gesagt, er soll die Finger von Zero lassen....“ „Wieso das?“ Ein leichtes Schulterzucken. „Vielleicht...will er nicht gefunden werden...“, antwortete er dann mit einem frustrierten Seufzen. „Ich meine, er lebt jahrelang quasi vor unserer Haustür...und...meldet sich nicht...“ Der Jüngere konnte nicht verhindern, dass er Tränen in den Augen hatte; zu sehr nahm ihn diese Situation mit. „Wir...hätten ihm doch helfen können...“ Shizumi drückte den jungen Mann in seinen Armen noch etwas mehr an sich. „Vielleicht hatte er keine Möglichkeit dazu...nach dem, was du mir erzählt hast, kann ich mir nicht vorstellen, dass er freiwillig dorthin gegangen ist...“ „Umso schlimmer! Wenn Hizumi etwas macht, vielleicht war sein Opfer dann umsonst...wer weiß denn, womit diese Leute ihm gedroht haben...“ Aus den Augenwinkeln warf er einen Blick auf das Bild, das Zero und ihren gemeinsamen Freund zeigte. „Sein Blick ist so leer...als würde er gar nicht mehr wirklich leben...“ Daisuke hielt inne. „Wie soll ich das bloß Shinya beibringen...“ „...vielleicht solltest du das selbst erstmal verdauen...und ich glaube nicht, dass Hizumi etwas Dummes tun würde. Ich kenne ihn seit Beginn der Uni...und das sind immerhin schon fast fünf Jahre...er ist nicht so leichtfertig, wie es manchmal den Anschein hat...“, versuchte Shizumi noch einmal, den Jüngeren zu beruhigen. Da Daisuke nach wie vor aufgewühlt zu sein schien, strich er dem Jüngeren sanft über die Wange und sah ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an. „Ich bin immer für dich da, okay?“ ~~~ „Karyu?“ „Mh?“ „Das...ist nicht das Haus, in dem ich wohne...“ Die Stimme des zierlichen Brünetten klang verschüchtert und noch immer etwas rau, doch der Angesprochene zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern. „Ich weiß. Aber ich wohne hier.“ Verstehend nickte Tsukasa. „Ich kann zu mir laufen...sollte ja nicht weit sein...“, murmelte er und stieg aus dem Auto aus, das auch sein Fahrer nun zügig verließ. „Idiot“, meinte der nur, zündete sich eine neue Kippe an und schob den Jungen vor sich her zum Hauseingang. „Du bleibst heute Nacht hier.“ Noch ehe Tsukasa ihn auch nur verwundert ansehen konnte, fügte er hinzu: „Bild dir nichts drauf ein, das macht es für mich nur einfacher ein Auge auf dich zu haben...“ Der Jüngere senkte den Kopf und sah zu Boden, bevor er Karyu schweigend bis in dessen Wohnung folgte. Dort angekommen, wies der Bodyguard ihn an, ins Wohnzimmer zu gehen, während er selbst die Küche nach etwas Essbarem durchstöberte. Tsukasa betrat unsicher den Raum und sah sich um. Irgendwie hatte er sich diese Bleibe ganz anders vorgestellt. Alles erschien ihm irgendwie chaotisch, auf eine Weise, als wäre es dem Besitzer egal, wie es aussah, solange es nur seinen Zweck erfüllte. Als er in einem vollgestellten Regal ein gerahmtes Bild stehen sah, ging er hin und griff danach, um es sich genauer anzusehen. Es kam ihm so vor, als wäre es der einzige wirklich persönliche Gegenstand hier. Es zeigte drei Personen. Die Frau war eindeutig Maya und der schlacksige Junge in der Mitte konnte eigentlich nur eine jüngere Version Karyus sein, die scheinbar sorglos in die Kamera grinste. Aber wer war der Mann da neben den beiden? Und wieso waren sie überhaupt auf diesem Bild, das für ihn wie ein Familienfoto aussah? „Was tust du da?“, ertönte plötzlich Karyus Stimme hinter ihm und ließ ihn erschrocken zusammenzucken. „En-entschuldige...ich hab das Bild angesehen...“ Karyu nickte nur stumm, während er zwei Schüsseln auf den niedrigen Couchtisch stellte, in denen aufgewärmter Reis mit Gemüse vor sich hindampfte. Dann trat er zu dem Jüngeren und nahm ihm den Rahmen ab. „Bevor du fragst, der Mann hat früher im Grudge gearbeitet.“, sagte er nur kühl und stellte das Bild wieder an seinen angestammten Platz. Einige Stunden später lag Karyu in seinem Bett und starrte an die Decke, dabei unbewusst die Risse im Putz zählend. Den Jungen hatte er auf seiner Couch einquartiert. Es reichte, wenn der Brünette ihm so schon den Schlaf raubte, er mochte gar nicht daran denken, wie es wäre, ihn neben sich liegen zu haben. Seufzend richtete er sich auf und griff nach seinen Zigaretten, um sich eine anzuzünden. Gott, er war so erbärmlich. Lag er tatsächlich mitten in der Nacht schlaflos da und dachte über dieses halbe Kind nach? Was war nur aus ihm geworden... und was sollte das alles eigentlich? Bevor er sich jedoch weiter in den Gedanken um sein Selbstmitleid verlieren konnte, klopfte es zaghaft an seine Schlafzimmertür. „Was ist?“, murrte er so unfreundlich wie möglich. Als die Tür jedoch langsam geöffnet wurde und er gleich darauf Tsukasa weinend und am ganzen Körper zitternd in seinem Schlafzimmer stehen sah, tat ihm dies schon beinahe wieder Leid. „Was ist los?“, wiederholte er seine Frage deswegen etwas sanfter und bedeutete dem Häufchen Elend mit einer Handbewegung, näher zu kommen. Mit unsicheren Schritten ging der 18-jährige zum Bett und setzte sich auf den äußeren Rand. „...ich hatte einen Albtraum...“, murmelte er dann, während er auf seine Hände sah. „...kann...kann ich...hier bleiben heut Nacht...?“ Seine Stimme war so leise, dass Karyu Probleme hatte, den Jungen überhaupt zu verstehen. „Was?“ „...ich fühl mich sicherer...wenn du da bist...“, erklärte er leise und wischte sich ein paar Tränen von den Wangen. „...bitte...“ Der Bodyguard konnte seine Verwirrung im ersten Moment nur mit einem entgeisterten „Spinnst du?“ zum Ausdruck bringen, versuchte dann aber, sich zusammenzureißen. Er seufzte, rückte dann – wenn auch unter innerlichem Protest – etwas zur Seite. „...okay...aber bild dir nichts drauf ein...“ Er griff nach seiner zwischenzeitlich abgelegten Zigarette und nahm einen kräftigen Zug. Zum wiederholten Male fragte er sich, in was er hier eigentlich hineingeraten war, musste dann aber an Mayas Worte denken. „...schon okay...“ Vorsichtig, fast zögernd kroch Tsukasa auf das Bett und sah Karyu an, der erst seine Zigarette im Aschenbecher erstickte und dann noch einmal aufstand. Er ging zu seinem Schrank und zog eine Steppdecke aus einem der oberen Fächer. „Hier!“Das Bündel flog zu Tsukasa aufs Bett und der Bodyguard legte sich selbst wieder hin, um wie schon vorhin die Zimmerdecke anzustarren – schon allein, um nicht in Versuchung zu geraten den zierlichen Körper neben sich zu betrachten. Eine ganze Weile herrschte Schweigen, dann merkte er zu seinem Entsetzen, dass Tsukasa etwas näher rückte und schließlich den Kopf so zur Seite drehte, dass er mit der Stirn die Schulter des Älteren berührte. „...danke...“ „Wofür?“ „...du hast mir geholfen...“ Ein trockenes Schnauben. „Komm mir lieber nicht zu nahe, es wäre nicht das erste Mal, dass ich einen so zerbrechlichen Jungen wie dich ausnutze...“ Karyu versuchte, seine Stimme so unbeteiligt und sachlich wie möglich klingen zu lassen, war sich aber nicht sicher, ob es ihm gelang. „Wie meinst du das?“ Es fiel im schwer, auf diese eigentlich so arglos gestellte Frage zu antworten, doch er konnte und wollte nicht riskieren, dass so etwas nochmal passierte. Nicht bei diesem Jungen. Er schwieg für einige Sekunden und atmete möglichst unauffällig tief durch, bevor er antwortete, ohne Tsukasa auch nur anzusehen. „Ich hab Zero vergewaltigt, damals, als er grad ins Grudge gekommen war.“ Genau spürte er, wie der schmale Körper neben ihm zusammenzuckte, sich verspannte. Tsukasa schien sogar für einige Augenblicke die Luft anzuhalten. Dann spürte Karyu eine Bewegung neben sich, anscheinend hatte der Jüngere sich aufgesetzt und sah nun im wahrsten Sinne des Wortes auf ihn hinunter. „...egal...“, murmelte er dann. Karyu sah erstaunt zu ihm auf. „Was?“ „Es ist egal...“ Der Ältere setzt sich nun ebenfalls aufrecht hin und starrte sein Gegenüber an. „Dir ist schon klar, was ich gesagt hab, oder?“ „...ich bin nicht dumm...“ Tsukasa erwiderte seufzend den Blick des Bodyguards. „...es ist egal...weil...“ Wie schon zuvor sah er auf seine Hände, als er weitersprach. „Du bist der Einzige...vielleicht abgesehen von Maya...der mich irgendwie...menschlich behandelt hat...“ „Ach du Scheiße...“, war Karyus einziger – dumpfer – Kommentar, als er sich wieder nach hinten fallen ließ. Ein anderer Gedanke hatte in seinem Kopf gerade keinen Platz mehr. ~~~ Grübelnd starrte Zero auf den kleinen Zettel in seiner Hand und überlegte nun schon einige Minuten, wo genau in diesem Laden er nochmal Misopaste finden würde. Er ging anscheinend definitiv zu selten einkaufen. Und wieso schrieb er sich eigentlich für die paar Sachen überhaupt einen Zettel? Vermutlich auch nur aus Gewohnheit. Also Reis, Misopaste, eingelegtes Gemüse, Curry und schwarzer Tee. Mit einem Seufzen setzte er sich wieder in Bewegung und durchsuchte mit den Augen die Regale, an denen er vorbeiging. Als er wenig später endlich alles zusammenhatte, verließ er das Einkaufszentrum schnellstmöglich wieder, um in seine Wohnung zu kommen. Er musste heute relativ zeitig im Grudge sein, da er Thekendienst hatte und mit seinen Kollegen noch einige Dinge vorbereiten musste. In seine Gedanken vertieft bemerkte er die junge Mutter nicht, die sich gerade das am Straßenrand ausgestellte Angebot einer Apotheke ansah, und konnte so nicht verhindern, dass er förmlich in sie hineinlief. Erschrocken sah er sie an und verbeugte sich hastig. „Entschuldigen Sie...ich war wohl in Gedanken woanders...“, murmelte er, während er einen Schritt zurücktrat, um zu sehen, ob sonst irgendwas passiert war. „Ach was, ist doch nicht so schlimm“, winkte sie nur lächelnd ab und wandte sich dem kleinen Mädchen zu, das, einen großen Strauß Sonnenblumen mit beiden Armen umfassend, neben ihr stand. „Ist mit dir auch alles in Ordnung, Akiko?“ Die Kleine nickte eifrig, sodass ihre zu zwei Zöpfen gebundenen Haare mitwippten, und strahlte Zero an, der einfach nur ausdruckslos auf das Kind hinunter sah. Dann verabschiedete er sich mit einem Nicken und wollte schon weitergehen, als er eine kleine Hand an seinem Mantel zupfen spürte. Er drehte sich noch einmal um und blickte erneut in ein Paar dunkelbraune Augen, die neugierig zu ihm aufschauten. „Duuu? Bist du traurig?“, wollte das Mädchen wissen, woraufhin er nur, ohne eine Miene zu verziehen, den Kopf schüttelte. „Ich mag dir was geben...“, erklärte sie ihm strahlend. Sie ließ seinen Mantel los und zog unter einiger Anstrengung eine kleinere Sonnenblume aus ihrem Strauß, die sie ihm dann auffordernd hinhielt. „Hier!“ Nun doch sehr verwundert sah er die Kleine an. „Wieso willst du mir die schenken?“ „Weil Sonnenblumen glücklich machen!“, bekam er sofort eine altkluge Antwort. „Sie machen, dass Leute wieder lachen können!“ Im ersten Momemt wusste er nicht, wie er darauf reagieren sollte, sodass Akiko ihm schließlich die gelbe Blume einfach in die Hand drückte und dann winkend davonlief, um ihre Mutter einzuholen, die ein paar Meter weiter auf sie wartete. Zero indes stand nur da und sah auf die Sonnenblume in seinen Händen. Für einen Augenblick wollte er sie einfach auf den Asphalt fallen lassen und gehen, doch als er noch einmal an das Lachen des kleinen Mädchens und seine leuchtenden Augen dachte, schüttelte er nur leicht den Kopf und machte sich dann, die Blume in der Hand, endlich auf den Heimweg. ~~~ Die Fahrt zurück zum Grudge war in Schweigen gehüllt gewesen. Schon seit sie an diesem Morgen aufgewacht waren, hatten sie nicht viele Worte miteinander gewechselt, was sich bis auf wenige Ausnahmen bis zum Abend nicht geändert hatte. Auch wenn er das Gefühl nicht an sich heranlassen wollte, war Tsukasa irgendwie enttäuscht. Irgendein winziger Teil seines Ichs hatte gehofft, dem Älteren vielleicht ein bisschen näher zu kommen, in dem Sinne, dass er mehr über ihn hatte erfahren wollen. Karyus Geständnis hatte ihn zwar kurzzeitig ziemlich aus der Bahn geworfen, aber auf eine gewisse Weise hatte er es einfach akzeptiert. Warum genau, konnte er sich selbst nicht erklären. Vielleicht stumpfte er durch das, was um ihn herum und mit ihm passierte, auch allmählich ab. Gerade bogen sie auf einen Parkplatz ein und er wollte so schnell wie möglich aussteigen, um sich irgendwo zu verkriechen, bis er arbeiten musste, als er Karyus Hand seinen Unterarm umfassen fühlte. „Wart mal.“ Tsukasa drehte sich um und sah den anderen an. „Was willst du noch?“, fragte er leise. Manchmal hasste er sich dafür, dass er so zittrig wurde, sobald er das Gebäude vor ihnen auch nur sah. Der Mann neben ihm seufzte nur schwer. „Lass den Scheiß mit den Drogen, okay?“ Tsukasa war ernsthaft erstaunt. Was sollte das jetzt? „...das ist doch wohl meine Sache...“, gab er verärgert zurück. Ihm war durchaus bewusst, dass er klang wie ein bockiges Kind und sich auch so benahm. Aber andererseits interessierte das alles Karyu doch sowieso nicht wirklich. „Ist es nicht.“ Der Bodyguard sah ihn eindringlich an und festigte seinen Griff um das Handgelenk des Jüngeren. „Ich hab keinen Bock zuzusehen, wie du an dem Dreck krepierst“ „Ich werd schon nich dran sterben...“ Er sah aus dem Fenster. Er hatte einfach keine Lust, Karyus Blick zu begegnen. „Wirst du...glaub mir...“ Mit einem weiteren Seufzen ließ Karyu den Jüngeren los, legte stattdessen die Hand an sein Kinn und zwang ihn so, ihn anzusehen. „Hör zu, Kleiner. Ich hab das selbst durchgemacht, okay...ich bin an dem Zeug kaputt gegangen...“ „Na und? Du lebst doch noch!“ „Aber auch nur, weil mich jemand aufgenommen und auf kalten Entzug gesetzt hat...“ Erneut sah Karyu den Jüngeren eindringlich an. „Ich weiß, dass dir meine Meinung vermutlich ziemlich am Arsch vorbeigeht, aber trotzdem. Lass es einfach.“ Noch ein, zwei Sekunden sah er Tsukasa eindringlich an, bevor sein Blick wieder kälter und geschäftsmäßiger wurde. „Und jetzt aussteigen, ich hab zu tun.“ ~~~ „Ein 'Skinny Bitch' bitte“ Zero nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und füllte zwei Zehntel Wodka in ein Cocktailglas, um es dann mit Eis und Diätcola aufzufüllen. Nebenbei fragte er sich, woher ihm diese Stimme bekannt vorkam. „Hier, bitte.“ „Sieh mich doch wenigstens mal an...“ Ein neckender Tonfall. Mit einem innerlichen Murren hob er den Kopf und blickte sein Gegenüber kurz verwundert an. „Du?“ Zweifelnd musterte er Uruha. „Willst du jetzt auch mal die andere Seite des Ladens kennenlernen, oder was?“ Der hübsche Gast grinste, schüttelte dann aber den Kopf. „Eigentlich nicht. Aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du ein paar Minuten deiner Zeit für mich erübrigen könntest...“ „Tut mir Leid“, meinte Zero und wandte sich ab, um weitere Kunden zu bedienen. „Ich hab Bardienst. Wenn du mich willst, musst du morgen wiederkommen.“ „Meine Güte...du bist doch sonst nicht so...ist doch eh kaum was los...“ Uruha sah sich kurz an der Bar um und gab dann einem seiner früheren Kollegen per Handzeichen zu verstehen, dass er sich den Schwarzhaarigen für ein paar Minuten ausleihen wollte. Auf ein Nicken hin erhob er sich mit einer eleganten Bewegung und blickte wieder zu Zero. „Mitkommen. Los, es ist wichtig.“ Ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, verließ der Stricher seinen Arbeitsplatz und bedeutete seinem Gast, ihm zu folgen, damit er sie in ein freies Zimmer bringen konnte. Als sie dort angekommen waren, schloss er die Tür hinter seinem Besucher und lehnte sich von innen dagegen, während der Andere weiter hinein ging, um sich schließlich mit übereinander geschlagenen Beinen auf dem Bettrand niederzulassen und demonstrativ einen Schluck von seinem Drink zu nehmen. „Also, was willst du?“ Ein kleines Lächeln umspielte die vollen Lippen seines Besuchers. „Die Frage ist viel mehr, was du willst...“ Zero rollte genervt mit den Augen. „Hör mal, für irgendwelche dummen Spielchen hab ich weder Zeit noch Nerv. Sag mir, weswegen du hier bist, oder verschwinde, okay?“ „Hey, hey, ganz ruhig, Kleiner...“ Das Glas wurde auf dem Nachttisch abgestellt und der Ältere erhob sich, um einige Schritte auf ihn zuzugehen. „Also...ich will, das du von hier verschwindest. Ganz. Und ich könnte mir ganz gut vorstellen, dass du hier auch lieber früher als später rauswillst...also?“ Zweifelnd sah Zero den anderen an und wusste im ersten Moment nicht wirklich, wie er darauf reagieren sollte. „Und warum solltest ausgerechnet du das wollen?“, fragte er mit hörbarer Skepsis. „Na bestimmt nicht aus Nächstenliebe...“, Uruha schüttelte den Kopf. „Du bist mir im Weg. Solang du hier bist und Kana so auf dich versessen, stehen meine Chancen ziemlich schlecht...Da ich an ihrer Bessesenheit nichts ändern kann, muss ich eben versuchen, genau das mit dem anderen störenden Umstand zu tun.“ Zero konnte sich ein trockenes Schnauben nicht verkneifen. So etwas hätte er sich wirklich denken können. „Und wie genau willst du mir helfen?“ „Naja, gib mir den Namen von jemandem, bei dem du unterkommen könntest und der möglichst nicht in hier in der Stadt wohnt...und ich besorg dir die Adresse, damit du abhauen kannst.“ „Ja, sicher“ Sein Ton war mehr als nur sarkastisch. „Und woher solltest du diese Adresse bitte bekommen?“ Uruha grinste nur. „Ganz einfach. Dem Polizeichef der Präfektur Tokyo ist sicher nichts daran gelegen, dass sein Verhältnis zu einem Stricher an die Öffentlichkeit gerät.“, erklärte er dann. „Also? Hast du einen Namen?“ Zero stieß sich von der Tür ab und ging, auf den Boden starrend, ein paar Meter hin und her. Er wusste nicht, wie er auf das Angebot reagieren sollte. Diese ganze Situation war eigentlich viel zu surreal, um wahr sein zu können. „...Terachi...Terachi Shinya...“, sagte er nach kurzer Zeit des Schweigens leise. „Na also. Ich melde mich, sobald ich die Adresse habe. Dann musst du dir nur noch deine Papiere aus dem Büro des Chefs wiederholen.“ Der Ältere leerte sein Glas in einem Zug, stand dann auf und ging an Zero vorbei und verließ, ohne ihn auch nur noch einmal anzuschauen, das Zimmer. Der Schwarzhaarige indes stand nur da und fragte sich, was er gerade getan hatte. Wie hatte er riskieren können, dass er Shinya noch einmal wieder sah, dass der einzige noch lebende Mensch, der ihm etwas bedeutete, jetzt womöglich auch noch in Gefahr geraten konnte, nur weil er noch immer den Wunsch hatte, hier wegzukommen. Er sollte es doch mittlerweile wirklich besser wissen. Kapitel 16: 16. Trickster ------------------------- Uh...es hat lang gedauert...noch länger als sonst...aber verschiedene Umstände haben erfolgreich verhindert, dass das neue Kapitel eher online gehen konnte...bear with me, guys. Danach der Epilog und ihr habt es hinter euch. Ich hoffe ich hab nich alle von euch vergrault und bekomme trotzdem noch ein paar Kommentare... Und achja, noch ein bisschen Werbung in eigener Sache: eine andere kleine Story von mir, in der es um Tsukasa und Hizumi geht...vielleicht mag der ein oder andere ja vorbeischaun: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/50744/207585/ Whatever, los geht's: ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 16. Trickster „Wie kommt es, dass du schon wieder hier bist?“ Mit einer leichten Verbeugung reichte er seiner Kundin ein Glas Sekt, das sie mit einem Nicken und einem undefinierbaren Lächeln entgegennahm. Es war nicht nur merkwürdig, sie so schnell wiederzusehen, sondern auch, sie zu sehen, nachdem er vor so kurzer Zeit dieses Gespräch mit Uruha geführt hatte. Kana trank einen Schluck und sah ihn dann nachdenklich an. „Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht habe ich das Gefühl, dass du dich von mir entfernst...dass ich dich verliere...“ Sie stellte ihr Glas auf der Anrichte ab und stand anschließend auf, um auf Zero zuzugehen. Direkt vor ihm blieb sie stehen und begann die halb durchsichtige Bluse aufzuknöpfen, die er heute trug. Während der hübsche junge Mann nur dastand und sie ansah, streifte sie ihm den dünnen Stoff von den Schultern und ließ ihre Hände sanft über seinen Bustkorb wandern. „Ich wollte dich nicht schlagen neulich...“ Nur mit Mühe konnte Zero ein trockenes Auflachen unterdrücken. „Als ob das eine Rolle spielt. Ich hab dich schließlich provoziert, oder?“ Er umfasste vorsichtig ihre Hände und ging mit ihr zusammen zu seinem Bett. „Und verlieren kannst du mich nicht...ich gehöre nicht dir, sondern meinem Chef...und daran wird sich wohl auch nichts ändern...“, fügte er ernst hinzu. Kana drückte ihn beinahe sanft auf die Matratze und beugte sich über ihn. Ihre Hände strichen wieder liebkosend über seine Haut. „Wieso habe ich zugelassen, dass er dich sieht?“, fragte sie dann leise, fast als würde sie mit sich selbst sprechen. „Ich hätte wissen müssen, dass du ihn ebenso faszinierst wie mich...und jetzt verliere ich dich an ihn...“ Mit einem leichten Kopfschütteln zog Zero die Augenbrauen zusammen. „Falls du deinen Neffen meinst...es ist egal...er berührt mich ebenso wenig wie du...und genauso wenig wie du kann er mich hier herausholen...“ Einen Moment schien seine Freierin zu überlegen, nickte dann aber, bevor sie sich an den schlanken Körper unter sich schmiegte und ihn weiter mit den Händen erkundete, dabei immer wieder vorsichtig über vereinzelte Narben oder blaue Flecken strich. „Vielleicht hast du tatsächlich Recht...“, hauchte sie gegen seinen Hals. „Und doch...bist du mein...hier in diesem Käfig gefangen und mir ausgeliefert...“ ~~~ „Karyu? Hast du kurz Zeit?“ Der Angesprochene hob den Kopf und sah Maya fragend an, die eben mit schnellen Schritten auf ihn zu kam. „Was gibt’s denn?“ „Kannst du heute die Geldrunde übernehmen?“ „Wieso das denn?“ „Oguri liegt im Krankenhaus. Probleme mit den Yakuza. Also?“ Karyu zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen.“ Er stimmte schon allein deswegen zu, weil Maya ziemlich gehetzt klang und er nicht wollte, dass sie seinetwegen Ärger bekam. Er mochte diese Aufgabe nicht unbedingt, aber er konnte damit leben. So war er immerhin beschäftigt und lungerte nicht sinnlos tagsüber im Grudge herum, nur um sich abzulenken, wie er es bis eben getan hatte. „Achja, und wenn du einmal dabei bist, kannst du heute Abend Tsukasa vom New Otani Hotel abholen, er hat dort halb zehn einen Kunden.“ Widerwillig nickte er. Er hasste es schon jetzt, das tun zu müssen. Zwei Tage war es her, dass der Junge bei ihm übernachtet hatte und egal was er versuchte, noch immer bekam er das Bild, wie Tsukasa in seinem Bett gelegen und dabei so zerbrechlich und schutzbedürftig ausgesehen hatte, einfach nicht aus dem Kopf. Drei viel zu lange Stunden später hatte er etwa die Hälfte der Wohnungen hinter sich gebracht. Er war genervt – genauso wie die Leute, zu denen er fuhr – und er hatte noch nie wirklich verstanden, warum auch noch dieses Geld eingezogen werden musste. Er wusste von seiner Zeit bei Maya, dass den Huren nicht mehr wirklich viel blieb. Vermutlich reine Raffgier seitens seines Chefs. Er konnte sich anhand der gut gefüllten Umschläge, die er heute schon in den Händen gehalten hatte, grob ausrechnen, wie viel Geld der Kerl allein damit machen musste. Jetzt stieg er aus und sah für ein paar Sekunden an der Hausfassade nach oben. Die Fahrt zu dieser Wohnung hätte er persönlich wirklich gern von seiner Liste gestrichen. Langsam stieg er die Treppe hinauf und klingelte dann. Nur wenige Augenblicke später wurde die Tür geöffnet und gab den Blick auf einen definitiv übermüdeten Zero frei. „Was willst du?“ „Was wohl? Das Geld? Ich bin bestimmt nich scharf auf deine Gesellschaft.“ „...is auch besser für dich...“, schoss der Stricher giftig zurück und verschwand wieder im Innern seiner Wohnung. Karyu wusste, dass er eigentlich hätte mitgehen sollen – oder müssen, rein von den Vorschriften her –, aber ihn konnte so einfach nichts dazu bringen ausgerechnet diese Wohnung zu betreten. Und was sollte Zero schon tun? Aus dem Fenster springen? Sicher. Also wartete er einfach. „Hier, nimm.“ Karyu nickte, steckte den ziemlich prall gefüllten Umschlag in seine Tasche. „Wo ist das Arschloch, das sonst immer kommt?“ „Krankenhaus.“ „Hat er verdient.“ Und mit diesem Worten fiel die Tür wieder ins Schloss, während Karyu nur kopfschüttelnd dastand, bevor er schließlich das Haus verließ. Er hatte schließlich noch zu tun. ~~~ Zero lehnte sich von innen gegen die Tür und hörte, wie die Schritte des Anderen sich entfernten, bis die Haustür ebenfalls zuschlug. Langsam löste er sich aus seiner Starre und ging wieder in seine Küche. Dort betrachtete er noch kurz die Sonnenblume, die er in eine zur Vase umfunktionierte Weinflasche gestellt hatte – wieso auch immer er eine leere Flasche in seiner Küche stehen gelassen hatte. Er setzte sich wieder und schob sich dann lustlos mit den Stäbchen die letzten Reisbrocken seines verspäteten Frühstücks in den Mund. Eigentlich hatte er keine Lust auf das, was er sich für die freie Zeit vor seiner Arbeit vorgenommen hatte. Vielleicht hatte er auch nur Angst. Vermutlich sogar. Aber nun, da er diesen Entschluss einmal gefasst hatte, sollte er es auch hinter sich bringen. Er musste, schließlich hatte er sich lang genug davor gedrückt. Nach einigen Minuten, in denen er dumpf auf die Tischplatte gestarrt hatte, stand er erneut auf und ging in den Flur, um sich seinen Mantel und ein Paar Schuhe anzuziehen. Er griff nach seiner Umhängetasche und kehrte dann noch ein weiteres Mal in die kleine Küche zurück. Nach kurzem Zögern holte er die Blume aus ihrer improvisierten Vase, um sie notdürftig in ein Stück Zeitungspapier zu wickeln, bevor er die Wohnung endlich verließ. Das aufkommende nervöse Kribbeln in seiner Magengegend versuchte er dabei weitgehend zu ignorieren. Während der Fahrt mit der Metro sah Zero aus dem Fenster, versuchte sich auf die vorbeiziehende Landschaft zu konzentrieren. Er hatte eigentlich keinen Grund, nervös zu sein, es war schließlich nicht so, als ob ihn jemand erwarten würde. Als der Zug in seinen Zielbahnhof einfuhr, erhob der junge Mann sich mit einem Seufzen, warf noch einen kurzen Blick auf die Sonnenblume in seiner Hand und stieg dann schnell aus, bevor er sich das hier doch noch anders überlegen konnte. Er verließ den Bahnhof und suchte in seinen Manteltaschen automatisch nach Zigaretten und Feuerzeug und sog mit einem erleichterten Seufzen den Rauch ein, als er den Glimmstängel endlich zwischen den Lippen hatte. Es war merkwürdig. Wie lang war er nicht mehr hier gewesen? Vier Jahre ungefähr, aber selbst nach all dieser Zeit musste er nicht eine Minute über den Weg nachdenken, den er einschlagen wollte. Es war, als würden seine Beine von selbst wissen, wohin sie gehen mussten. Langsam lief er durch die Wohnsiedlung, in der er den größten – und eindeutig besseren – Teil seines Lebens verbracht hatte. Er konnte sich Zeit lassen; er war sich ziemlich sicher, dass ihn ohnehin niemand erkennen würde. Sein Herz verkrampfte sich leicht, als er an dem Haus vorbeiging, in dem er mit seiner Mutter gewohnt hatte. Der Garten machte einen verwilderten Eindruck, aber in den Fenstern hingen Gardinen, also schien zumindest wieder jemand hier zu wohnen. Er wandte den Blick ab und zwang sich dazu weiterzugehen; er wollte hier nicht stehen bleiben, nicht riskieren, einen Blick auf eine glückliche Familie werfen zu können. Und außerdem war das hier nicht sein Ziel gewesen. Ein paar Straßen weiter hielt er dennoch inne. Nachdenklich betrachtete er das immer noch eindrucksvoll wirkende, weiß verputze Haus vor sich, warf dann einen Blick auf das Klingelschild. Yamamoto. Also wohnte Shinyas Familie auch nicht mehr hier. Vielleicht war sein Vater versetzt worden... Zero schüttelte den Kopf und lief weiter. Es spielte keine Rolle. Er konnte und wollte Shinya da nicht mit hineinziehen. Andererseits war es dazu vielleicht schon zu spät. Konnte er eigentlich überhaupt verantworten, dass der einst wichtigste Mensch in seinem Leben ihn so sah? War es nicht vielleicht besser, wenn Shinya ihn so in Erinnerung behielt, wie er damals gewesen war? Nicht so kaputt und kalt wie jetzt? Etwa zwanzig Minuten später trat er unter einem Torbogen hindurch. Sein Blick wanderte über die vor ihm liegende schweigsame Szenerie, und einen Moment lang konnte er sich nicht überwinden weiterzugehen, auch wenn er wusste wohin er musste. Er war diesen Weg zwar nur ein einziges Mal gegangen, aber er würde diesen Tag nie vergessen. Mit aller Kraft versuchte er, die vor seinem geistigen Auge auftauchenden Bilder zu verdrängen, atmete noch einmal tief, bevor er sich langsam wieder in Bewegung setzte. Nur etwa zweihundert Meter weiter blieb er abermals stehen. Endgültig diesmal. Schweigend sah er auf den schlichten Grabstein, in den der Name seiner Mutter gemeißelt war. Langsam ging er in die Knie, den Drang unterdrückend, mit der Hand über die Schriftzeichen zu streichen. „Hey...“, seine Stimme war leise, nicht mehr als ein Flüstern. „Tut mit Leid, dass ich dich nie besucht hab...ich hab nicht mal Räucherstäbchen mit...“ Mit zitternden Händen befreite er die Sonnenblume von dem Papier und legte sie vorsichtig vor den Grabstein. „...hoffe sie gefällt dir...“ Er musste heftig schlucken, seine Kehle war wie zugeschnürt. Zero atmete tief durch und kniff die Augen zusammen. Er wollte jetzt nicht weinen, er hatte damals bei ihrer Beerdigung beschlossen, keine Emotionen mehr zu zeigen, nichts mehr zu empfinden. Anders ging es nicht. Aber mit jeder Sekunde, die er hier saß, hatte er das Gefühl, wieder mehr zu dem Jungen zu werden, der mit allen Sorgen zu seiner Mutter gehen konnte, damit diese in tröstete. „...ich vermisse dich...“, brachte er schließlich erstickt hervor. „...Mum...es ist...furchtbar...“ Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich eine Träne von der Wange, bevor seine Augen den Grabstein wieder fanden. Mehr sagte er nicht mehr, bis er das Friedhofsgelände verlassen hatte. ~~~ Karyu saß in seinem Auto, trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und rauchte mittlerweile die achte Zigarette nacheinander. Warum dauerte das so lange? Eigentlich hätte der Kleine schon längst wieder da sein sollen. Er hob den Kopf, als sich die Beifahrertür öffnete, und setzte sich mit einem gemurmelten „na endlich“ aufrecht hin. Aus den Augenwinkeln musterte er Tsukasa, der zwar körperlich unversehrt zu sein schien, aber dafür zitternd die Arme um den eigenen Oberkörper schlang. Sich innerlich dafür verfluchend streckte Karyu einen Arm aus und griff auf die Rückbank, nur um dem Jungen einen Augenblick später einen Pullover in den Schoß fallen zu lassen. „Zieh den an, wenn dir kalt ist...“, meinte er nur auf einen fragenden Blick hin und fuhr dann los. Nachts war eigentlich die einzige Zeit, in der man fahren konnte, ohne an jeder Kreuzung in einen Stau zu geraten. Als er an einer roten Ampel notgedrungen halten musste, warf er einen Blick auf den Beifahrersitz. Tsukasa hatte den Pullover nicht angezogen, sondern sich stattdessen wie unter einer Decke darunter verkrochen. Sein Kopf war zur Seite gegen das Fenster gesunken und sein Atmen ging gleichmäßig. Unwillkürlich musste Karyu lächeln. Irgendwie war dieser Anblick niedlich. Ein Hupen riss ihn aus seiner Betrachtung und unter gemurmelten Flüchen gegen den Autofahrer hinter sich und den Rest der Welt fuhr er wieder an. Nach einigen Minuten sah er noch einmal neben sich. Tsukasa schien wirklich eingeschlafen zu sein. Ohne, dass er es bewusst wahrgenommen hatte, hatte sich ein Gedanke in seinem Kopf festgesetzt, den er eigentlich nicht einmal zu Ende denken sollte, wenn er sein Leben weiterleben wollte. Aber wollte er das wirklich? Und hatte Maya nicht gesagt, er solle es als eine zweite Chance sehen? Er sah wieder auf die Straße, schlug dann mit dem Handballen aufs Lenkrad. „Verdammt...scheiß drauf...“ Karyu ignorierte die Ampel vor sich, die gerade auf Rot schaltete und bog ohne zu Blinken links ab, in Richtung Autobahn. Er konnte nur hoffen, dass es nicht sofort auffallen würde und sie genug Zeit hatten, um ein Stück von Tokyo wegzukommen. Über die Konsequenzen seines Handelns wollte er im Moment lieber nicht nachdenken. „Tsukasa. Aufwachen...“ Karyu beugte sich durch die geöffnete Beifahrertür über den Jüngeren und rüttelte ihn leicht an der Schulter, bis dieser aufwachte. „...was ist los?...“ Der Brünette blinzelte müde und sah sich um. „Wo sind wir...?“ Der Ältere richtete sich auf und zuckte mit den Schultern. „Irgendwo zwischen Mito und Fukushima auf dem Parkplatz eines Motels. Ich hab uns ein Zimmer besorgt...und jetzt komm, steig aus...“ „...was...?“ Tsukasa hatte das Gefühl, als würden die Informationen nur stark verlangsamt in sein Bewusstsein dringen. Er schüttelte leicht den Kopf, stieg dann ohne weitere Fragen aus und zog sich den Pullover über, den Karyu ihm gegeben hatte. Nach einem kurzen Blick über den Parkplatz folgte er dem Bodyguard in das etwas schäbig wirkende Gebäude. Kaum, dass er dort angekommen war, drückte dieser ihm einen Zimmerschlüssel in die Hand. „Hier, den Gang runter sollte es sein. Geh schon mal vor.“ Wieder konnte er nur nicken und tat das, was ihm gesagt worden war, so wie es ihm in der letzten Zeit zur Gewohnheit geworden war. In dem nicht eben luxuriös wirkenden Zimmer ließ er sich erschöpft auf das Bett fallen. Er rollte sich auf der Seite zusammen und schloss die Augen. Es kam ihm vor, als könne er jede einzelne Faser seines Körpers schmerzlich spüren. Als die Tür wenig später erneut geöffnet wurde, hob er den Kopf und drehte sich halb um. „Warum sind wir hier? Habt ihr noch jemanden gefunden, der mit mir machen kann, was er will?“, fragte er leise. „Was?“ Tsukasa setzte sich daraufhin auf und schlang die Arme kurz um seinen Oberkörper, bevor er den Griff wieder löste und die Hände zu Fäusten ballte. „Was soll ich denn denken, wenn du mich einfach in irgendeine Absteige schleppst ...oder willst du mich doch mal ausprobieren?“ Seine Stimme war lauter geworden. Sein Blick fixierte den Älteren, während er sich mit entschlossener Geste den Pullover mitsamt seines eigenen Oberteils einfach über den Kopf zog und die Kleidungsstücke vor sich aufs Bett fallen ließ. „Hier, bitte! Lass dich bloß nicht aufhalten!“ Karyu starrte den Jungen vor sich an. „Keine Angst, ich werde dich nicht anrühren...“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und atmete tief durch. „Zieh den Pullover wieder an, du erkältest dich.“ „Mir ist nicht kalt...und hör auf abzulenken. Was machen wir hier?“ „Tsukasa...du zitterst. Zieh dich an.“ Der Ältere durchquerte das kleine Zimmer mit wenigen Schritten und öffnete das Fenster, um sich dann nach draußen zu lehnen. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm ein paar tiefe Züge, setzte dann zu seiner Erklärung an. „Wir werden nicht mehr zurückfahren. Ich...ach scheiße, keine Ahnung warum!“ Er drehte sich zu dem Brünetten um, der auf dem Bett saß und ihn fassungslos ansah. „Aus irgendeinem Grund will ich nicht, dass du genauso kaputt gehst wie der Rest...und ich hab die Schnauze genauso voll von dem, was da abläuft....Also freu dich oder so...“ Er zuckte etwas hilflos mit den Schultern, zog noch einmal an seinem Glimmstängel und schnippte die gerade einmal halb aufgerauchte Zigarette aus dem Fenster. „Du zitterst immer noch...“ Schweigend griff Tsukasa nach dem Pullover und zog ihn sich wieder über. Dann rutschte er an den Bettrand, wo er Schuhe, Overknees und Hotpants auszog, bevor er unter die Decke kroch und sich dort wieder zusammenkauerte. Karyu erwachte mitten in der Nacht, als sich etwas an seinem Arm zu schaffen machte. Verwirrt blinzelte er in die Dunkelheit, bis er erkannte, dass Tsukasa sich mit beiden Händen an ihm festklammerte. Die Atmung des Jüngeren ging hektisch und er warf unruhig den Kopf hin und her. Mit einem Seufzen strich der Bodyguard ihm ein paar verschwitzte Haarsträhnen aus der Stirn. Nach wenigen Sekunden öffnete der Junge neben ihm seine Augen. „Wieder schlecht geträumt?“ Ein Nicken war die ganze Antwort, die er bekam. „Willst du was trinken?“ „Wieso kümmerst du dich um mich?“ Karyu konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen. „Ich würde meinen Arm gern noch eine Weile behalten“, meinte er nur trocken und bewegte besagtes Körperteil leicht im Griff des anderen, der daraufhin erschrocken losließ. „Entschuldige...“ „Schon gut...“ Eine Weile schwiegen beide, bevor Tsukasa tief durchatmete und den Älteren vorsichtig an der Schulter berührte. „Kannst...kannst du mich in den Arm nehmen?“ Seine Stimme war so leise, dass Karyu für einen Moment dachte, er habe sich verhört, was er auch gleich mit einem verwirrten „Was?“ deutlich machte. „...bitte...“ „...du erinnerst dich daran, was ich dir erzählt habe, oder...?“ Der Junge richtete sich etwas auf und beugte sich leicht über ihn. „...ich hab doch gesagt, dass es egal ist...bitte...“ Hilflos zuckte er mit den Schultern. „...ich weiß nicht warum...aber...bitte...“ „...scheiße...ich glaub's echt nicht...was mach ich hier eigentlich...“, murmelte Karyu, als er einen Arm um Tsukasas schmale Schultern legte und ihn leicht an sich zog. Wie sollte er heute überhaupt noch ein paar Minuten Schlaf bekommen? Er versuchte das Ziehen in seinem Bauch zu ignorieren, dass sich noch verstärkte, als der Junge in seinem Arm sich leicht an ihn kuschelte und den Kopf auf seinem Brustkorb ablegte. Ohne es wirklich zu registrieren, begann er, dem Kleineren sanft über den Rücken zu streicheln. Wie konnte es sein, dass dieses halbe Kind, dem in den letzten Wochen so viel angetan worden war, ausgerechnet ihm solches Vertrauen entgegenbrachte? Und wieso verdammt gefiel es ihm selbst gerade so sehr, hier in dieser schäbigen Absteige in einem genauso schäbigen Bett zu liegen und das nur, weil er diesen Jungen im Arm halten konnte? Alles, was er noch begriff, bevor er wieder in einen leichten Schlaf abdriftete, war, dass es sich einfach gut anfühlte, so mit Tsukasa hier zu liegen und zu wissen, dass sie beide fürs Erste weit weg waren von all der Scheiße, die im Grudge passierte. ~~~ Als Zero die Garderobe betrat, sah er bei seiner Tasche einen schlichten weißen Umschlag liegen. Der Schwarzhaarige ließ sich auf seinen Stuhl fallen, atmete erst einmal tief durch und griff dann lustlos nach dem Kuvert, um es einige Momente lang eingehender zu mustern. Normalerweise bekam er so etwas nur von Kana, alle anderen Freier machten ihre Termine über das Grudge aus, aber deren Umschläge sahen definitiv anders aus. Abgesehen davon war das mit Sicherheit nicht ihre Handschrift, wie er mit einem Blick auf die Rückseite des Umschlags feststellte, auf dem sein Name stand. Mit einem Schulterzucken riss er den Umschlag auf und entfaltete das Blatt Papier, das er daraus hervorgezogen hatte. „...Shinya...?“ Das Wort verließ nur gehaucht seinen Mund. Der Brief musste von Uruha stammen. Noch einmal überflog er die wenigen Zeilen, las die Adresse die dort geschrieben stand. Also wohnte Shinya jetzt in der Präfektur Mie. Wenn er sich recht erinnerte, hatte sein damaliger Freund aus irgendeinem Grund schon immer an der Mie Daigaku in der Präfekturhauptstadt studieren wollen. Seufzend ließ Zero den Zettel auf den Schminktisch fallen und legte mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken, das leichte Knacken seiner Nackenwirbel ignorierend. Was ging hier eigentlich vor? Seit er mit Uruha geredet hatte, war irgendwo in einer Ecke seines Gehirns wieder der Wunsch aufgekommen, von hier zu verschwinden, es irgendwie zu schaffen, ein normales Leben anzufangen. Aber konnte er es Shinya wirklich antun, einfach vor seiner Tür zu stehen, nachdem er sich jahrelang nicht gemeldet hatte? Und viel wichtiger: war jemand wie er eigentlich dazu fähig, so etwas wie ein 'normales Leben' zu führen? „Was willst du?“ Zero schnaubte. „Ich muss zum Boss“, er wedelte betont ungeduldig mit dem Zettel in seiner Hand. „Irgendso'n Kerl, der im Vorstand irgendeines Konzerns sitzt, will einen Termin und da muss was umgebucht werden.“ „Und wieso willst du damit zum Chef?“ Der Stricher verdrehte nur genervt die Augen. „Ey, du bist echt noch dämlicher, als du aussiehst, oder? Da sind wichtige Leute dabei und er muss entscheiden, wen ich versetzen kann. Lässt du mich jetzt rein oder willst du das schriftlich haben?“ Der Typ ihm gegenüber zuckte nur mit den breiten Schultern. „Er ist nicht da.“ „Toll, dann wart ich drinnen.“ Als er keine Reaktion bekam atmete er tief durch um sich zu beruhigen. „Soll ich dir erst noch einen runterholen oder was?“ Sein Gegenüber grinste schief. „Kleiner, wenn ich dich will, dann nehm ich dich. Aber sorry, ich steh eher auf mehr oben und weniger untenrum...“ „Super. Dann mach Platz. Is nich das erste Mal, dass ich alleine in dem scheiß Büro hock, okay?“ „Wenn du meinst...“ Er trat zur Seite und öffnete die Tür, sodass Zero den Raum betreten konnte, an dem sein Leben hier den Anfang genommen hatte. Er sah sich flüchtig um. Wo in aller Welt konnten die Papiere der Leute, die nicht freiwillig hier arbeiteten, versteckt sein? Eigentlich hatte ihr Boss es nicht nötig, diese Sachen großartig wegzuschließen, also hatte er vielleicht Glück. Er ging auf den ersten Aktenschrank zu und zog wahllos eine Schublade auf. Ungeduldig wühlte er sich hindurch, bevor er sich der nächsten widmete. Irgendwo musste der Kram doch sein. Und je länger er suchte, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sein Boss zurückkam und dann würde er so richtig in der Tinte sitzen. Er drehte sich um, um zu einem Schrank auf der anderen Seite des Zimmers zu suchen, als er hörte, wie hinter ihm etwas klirrend zu Boden fiel. „Verdammt...“ Allem Anschein nach hatte er in der Bewegung eine kleine Glasskultpur vom Schreibtischrand gerissen. Noch bevor er auch nur versuchen konnte, etwas gegen die Scherben zu machen, flog die Tür auf und der Bodyguard von eben stand vor ihm. „Sag mal, was treibst du hier eigentlich, Kleiner?“ Zero ballte die Hände kurz zu Fäusten und versuchte ruhig zu bleiben. „Nichts. Ich bin auf und ab gegangen und hab irgendwie die Skulptur mitgenommen...“ „Ja klar, deswegen stehen auch die Schubladen hier offen...“, schnappte der Andere, packte Zero an der Schulter und zog ihn zu sich heran. „Du bist nicht der Erste, der versucht abzuhaun...“ Noch bevor dieser reagieren konnte, stieß der kräftige Mann ihn von sich und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht, der so heftig war, dass der Schwarzhaarige gegen die offenen Schubladen des Aktenschrankes taumelte und zu Boden ging. Dort blieb er auch erst einmal liegen, denn er hatte das Gefühl, seine Umgebung nur noch verschwommen wahrzunehmen. Dazu kam ein stechender Schmerz in seinem Rücken, der sich im Moment seine Wirbelsäule entlang auszubreiten schien. Nach ein paar Minuten raffte er sich ächzend auf. Er musste seine Papiere jetzt einfach finden. Dieser Kerl war mit ziemlicher Sicherheit gerade losgegangen, um seinen Chef zu holen und wäre dieser erst einmal hier, konnte er sich einsargen lassen. Hektisch riss er die Türen des noch verbleibenden Schranks auf, um die einzelnen Fächer in Windeseile zu durchsuchen, doch gerade als er einige andere Ausweisdokumente in den Händen hielt, hörte er, wie hinter ihm leise die Bürotür geschlossen wurde. „Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du mich verrätst...“ Mit einem kaum sichtbaren, müden Lächeln blieb Zero, den Blick auf die Papiere vor sich gerichtet, stehen. Er hätte diese kalte Stimme überall erkannt. „Ich hatte gedacht, diese Flausen hätte ich dir schon zu Anfang ausgetrieben...aber es scheint, als hätte ich mich getäuscht...das ist schade...du warst wertvoll...“ Als er sich umdrehte, stand er seinem Boss gegenüber, dem Menschen, der ihm sein Leben genommen hatte und der nun mit einer Waffe auf ihn zielte. Der elegant gekleidete Mann Ende vierzig trat noch wenige Schritte auf ihn zu, legte seine Hand an das Kinn des Schwarzhaarigen und strich ihm über die allmählich entstehende Schwellung. „...es ist so schade um dich...“ Zero spürte etwas Kaltes an seinem Bauch, doch bevor er reagieren konnte, dröhnte ein Knall in seinen Ohren. Er fiel keuchend auf die Knie, bevor er, als sein Blickfeld allmählich schwarz wurde, zur Seite wegkippte und mit dem Kopf gegen die Kante der offen stehenden Schranktür schlug. Kapitel 17: Epilog: D'espairsRay -------------------------------- So...der Epilog...mehr Geschwafel gibt's am Ende, viel Spaß beim Lesen ^^ Und gewidmet is der Epilog LunaFeles, einfach weil ich sie liebhab *lach* 17. Epilog: D'espairsRay Er atmete noch einmal tief durch und drückte dann den kleinen Knopf neben dem Namensschild. Irgendwo im Haus hörte er es klingeln und nur Sekunden später öffnete sich das kleine Gartentor, an dem er bis jetzt gewartet hatte, und er betrat, sichtlich nervös, das Grundstück. Wirklich besser ging es ihm auch nicht, als er in der Haustür einen recht zierlich wirkenden jungen Mann stehen sah, der sein honigblondes Haar im Nacken zusammen gebunden hatte und ihn mit einem leichten Lächeln begrüßte. Er verbeugte sich leicht. „Guten Morgen...ich bin Hizumi...wir hatten telefoniert?“ Er formulierte seine letzten Worte als Frage, denn auch wenn er sich ziemlich sicher war, wollte er nicht unhöflich erscheinen. „Hallo. Ja, hatten wir. Komm rein...“ Der Blonde trat aus der Türöffnung, um ihn in das traditionell wirkende Haus eintreten zu lassen, bevor er sich ebenfalls leicht verbeugte. „Ich bin Shinya.“ Allein dieser Name ließ Hizumis Herz schneller schlagen. „Danke, dass ich kommen durfte.“ Shinya schüttelte lächelnd den Kopf. „Schon in Ordnung. Hätte ich davon gewusst, hätte ich dich eher darum gebeten.“, winkte er ab. „Geh schon mal ins Wohnzimmer. Möchtest du etwas trinken?“ „Wasser wäre gut“, bat der Dunkelhaarige und begab sich dann in die Richtung, in die sein Gastgeber gezeigt hatte. Seine Blicke schweiften über die Einrichtung des Raumes bis hinaus in den traditionellen Garten, den man durch die halbgeöffneten Schiebetüren sehen konnte. Dann ließ er sich an einem niedrigen Tisch auf einem Sitzkissen nieder und atmete noch einmal tief durch. Für ihn war es einfach merkwürdig, hier zu sitzen; er wusste nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Shinya kam wieder ins Zimmer und stellte das gewünschte Glas Wasser vor ihn auf den Tisch, bevor er sich Hizumi gegenüber niederließ. „Also...willst du ihn besuchen, oder wie sollte ich das am Telefon verstehen?“, wollte er nach nach einigen Momenten des Schweigens wissen. Auch jetzt antwortete Hizumi nur mit einem leichten Nicken. „Warum kommst du erst jetzt? Das Ganze ist doch schon vier Monate her?“ Der Blonde konnte sich nicht helfen, auch wenn ihm Hizumi sympathisch war, irgendwie traute er dieser ganzen Sache nicht. Als sein Gegenüber jedoch irgendwie frustriert aufseufzte und sich mit der Hand übers Gesicht fuhr, sah er, dass es auch diesen nicht kalt ließ. „Es ist noch nicht wirklich lange her, dass ich überhaupt erfahren habe, was los ist“, antwortete der Ältere der beiden. „Ich hatte Zero zwar lange nicht gesehen, aber am Anfang hat mich das nicht großartig gewundert. Früher hatte meine Tante nur hin und wieder von ihm erzählt, aber bis vor ein paar Monaten kannte ich ihn nicht mal...also persönlich, mein ich.“ Er sah wieder hinaus in den Garten, während er sprach. „Kana, also meine Tante, wollte irgendwann nichts mehr sagen, wenn ich sie nach ihm gefragt habe, und später, nach über einem Monat erst, hab ich dann diesen Kerl gefragt, der für sie arbeitet...Uruha...“ „Dieser hübsche Brünette?“, fragte Shinya dazwischen, was ihm mit einem Nicken bestätigt wurde. Vor einem knappen Vierteljahr bereits hatte sich Uruha ihm ebenfalls vorgestellt und schon damals war er Shinya reichlich merkwürdig vorgekommen. „...naja, er hatte mir gerade erzählen können, dass im Grudge etwas vorgefallen sein musste – das ist dieser 'Club'...doch bevor er weitersprechen konnte, ist Kana ins Zimmer gekommen und hat ihn angeschrien, was er sich eigentlich einbilde...ich bin dann gegangen, aber sie wirkte ziemlich von der Rolle...und spätestens dann hab ich mir auch Sorgen gemacht...“ Er trank einen Schluck, bevor sein Blick sich erneut auf Shinya richtete, der nun bedächtig nickte und ihn so zum weitersprechen aufforderte. Irgendwie hatte Hizumi das Gefühl, dass dieser zierliche Mann ihn genau beobachte und anhand seiner Mimik und Erzählweise herausfinden wollte, welche seine Beweggründe für das alles waren. „Ein paar Tage später kam Uruha zu mir und...er sah furchtbar aus. Ich wollte wissen, was passiert sei, aber er meinte nur mit diesem merkwürdigen Lächeln, dass er eben für seine Liebe kämpfen würde und meine Tante sich letztendlich wieder beruhigt habe.“ Hizumi zuckte etwas hilflos mit den Schultern. „Und er hat mir erzählt, was mit Zero passiert war, aber wohin sie ihn gebracht hatten, wusste er auch nicht...“ Hizumi verschwieg, dass er seitdem nicht wirklich hatte schlafen können, weil in seinen Träumen immer wieder Zero, inmitten einer Blutlache liegend, auftauchte und er keuchend, mit Angstschweiß bedeckt, mitten in der Nacht hochschreckte. Es hatte weitere Wochen gedauert, bis er seine Tante soweit gehabt hatte, dass sie ihm alles erzählte. Er hatte es ruhig versucht, er hatte getobt, geschrien, hatte ihr sogar gedroht. Doch das alles hatte nichts genützt. Sie hatte ihn erst dann über die Geschehnisse aufgeklärt, als Zero schon nicht mehr in Tokyo war. Am Tag dieses Ereignisses war sie ins Grudge gegangen, um dessen Besitzer zu zwingen ihr Zero, genau wie vorher Uruha, zu verkaufen. Wie genau, hatte sie allerdings nicht verraten. Und dann hatte sie Zero gesehen, der zusammengekrümmt auf dem Boden gelegen und keine Regung gezeigt hatte. Sofort waren alle Hebel von ihr in Gang gesetzt worden, um 'ihren' Stricher außer Gefahr zu bringen und von alldem hatte er, Hizumi, nichts mitbekommen. Shinya hatte gesehen, dass sein Besucher in Gedanken war und musterte ihn abermals. Er war erschüttert gewesen, als irgendein Unbekannter ihn angerufen hatte, nur um ihm zu sagen, dass sein ehemals bester Freund halbtot in einem Krankenhaus lag und irgendwo hingebracht werden musste, wo er sicher war. Und dass Shinyas Adresse das Einzige war, was der Anrufer hatte. Der Blonde seufzte. „Hizumi-kun?“ Der Angesprochene schrak zusammen und sah entschuldigend auf. „Ja?“ „Du solltest noch etwas wissen...es ist nicht so einfach, das alles...Ich...weiß nicht, wie du Zero kennen gelernt hast...aber nach dem, was dieser...Uruha erzählte, war er ganz anders, als der Junge, den ich gekannt habe.“ Gekannt und geliebt, fügte er in Gedanken hinzu. „Aber jetzt...er hat sich verändert, er ist anders als du ihn kennst.“ Nach einem weiteren tiefen Atemzug straffte sich Shinyas zierliche Gestalt. „Er erinnert sich nicht, verstehst du? Im Moment zumindest...die Ärzte wissen nicht, ob es zurückkommt...aber vielleicht wäre es sogar besser wenn nicht...“ Seine Stimme war gegen Ende der Erzählung leise geworden. Für ihn war es furchtbar zu wissen, was seine erste Liebe hatte durchmachen müssen. Und er war sich sicher, dass Uruha ihm nur einen Bruchteil dessen erzählt hatte, was tatsächlich passiert war. „Er erinnert sich nicht?“, kam indessen die fassungslose Frage von Hizumi, doch er erntete nur ein Kopfschütteln. „Ja, vermutlich der Aufschlag auf dem Hinterkopf und eine Art Verdrängungsmechanismus durch den Schock...Ich glaube, das Letzte, woran er sich wirklich deutlich erinnert, ist der Tod seiner Mutter, kurz vor seinem siebzehnten Geburtstag. Danach weiß er nur, dass er irgendwann angefangen hat, in einer Bar zu arbeiten, das ist alles.“ Shinya wollte weitersprechen, als in diesem Moment die Tür aufging und leise Stimmen zu hören waren. Die Beiden im Wohnzimmer verharrten schweigend, bis ein etwas schlaksiger junger Mann mit rotem Haar das Zimmer betrat und Shinya mit einem sanften Kuss auf die Lippen begrüßte, bevor er sich auch dem anderen vorstellte. „Hi, ich bin Daisuke, nenn mich ruhig Die!“, meinte er mit einem offenen Lächeln und ließ sich dann neben dem Blonden nieder, um ihm locker einen Arm um die schmalen Schultern legen zu können. „Hizumi...“, war alles was der Dunkelhaarige hervorbrachte. Er musste erstmal verarbeiten, was Shinya ihm gerade erzählt hatte. Als die jungen Männer ihm gegenüber sich jedoch anfingen zu unterhalten, horchte er auf. „Was hat der Arzt gesagt?“ Dai zuckte mit den Schultern. „Das Übliche. Ihm geht es gut, er braucht Ruhe und das Gedächtnis kommt vielleicht irgendwann wieder. Allerdings meinte er, dass sowas wie eine Traumatherapie helfen könnte, aber erst, wenn der Kurze wieder richtig auf den Beinen ist“, gab der Rotschopf leichthin Auskunft. Es war nichts wirklich Neues, das zu hören und er redete ohnehin nicht gern um den heißen Brei herum. „Shinya?“, schaltete sich Hizumi nun wieder ein, bekam ein Nicken, als Aufforderung weiterzusprechen. „Kann...ich ihn sehen?“ Der Blonde seufzte. „Jetzt lieber nicht...er sollte sich erstmal ausruhen...aber später sicher...Sag mal...soll ich dir das Gästezimmer herrichten...oder hast du ein Hotelzimmer?“ „Ich wollte eigentlich heute Abend zurückfahren...“, antwortete Hizumi nur erstaunt, doch der andere winkte ab. „Das ist kein Problem, wirklich. Ich kann mir Schöneres vorstellen, als an einem Tag so viele Stunden im Zug zu sitzen...“ Innerlich stimmte er dem anderen ja zu; er hatte nicht wirklich Lust, heute noch einmal über vier Stunden Fahrt auf sich zu nehmen, aber er wollte sich keinesfalls aufdrängen. Während er noch überlegte, hörte er ein Lachen und sah auf, bemerkte, dass der Rothaarige ihn wieder angrinste. „Stell dich nicht so an, du bleibst hier. Das Haus ist groß genug und sofern du stubenrein bist, macht es kaum Arbeit. Schließlich ist ja Wochenende...“ Jetzt musste auch Hizumi lächeln und nickte. „Vielen Dank...und keine Angst, ich wurde gut erzogen...“ Einige Stunden später lag Hizumi ausgestreckt auf einem Futon in dem Gästezimmer, das Shinya ihm zurechtgemacht hatte, und starrte an die Decke. Der Blonde und sein Verlobter – denn das hatte Die noch extra betont – waren nach langer Diskussion doch noch weggegangen. Freunde hatten sie eingeladen, doch vor allem dem Zierlicheren der Beiden war nicht wohl dabei gewesen, ihn mit Zero allein zu lassen, er machte sich einfach Sorgen. Schließlich hatte Hizumi ihm versprechen können, dass er es vermeiden würde, Zero in irgendeiner Weise aufzuregen, sondern nur hin und wieder nach ihm zu sehen. Das hatte er vor einer Weile schon getan, doch da hatte er nicht viel gesehen, es war, als hätte der andere sich zum Schlafen in die Decke wie in einen schützenden Kokon eingewickelt. Und so lag er selbst hier und dachte nach. Es war kaum glauben, dass er diesen Mann endlich gefunden hatte. Aber es löste auch Wehmut in ihm aus, dass er sich nicht an ihn erinnern würde. Denn, auch wenn ihre Begegnungen selten einer herzlichen Natur gewesen waren, hatte er sie irgendwie genossen. Ihm hatte gefallen, wie Zeros Maske nach und nach kleine Risse bekommen hatte. Als er draußen auf der Veranda Geräusche hörte, stand er auf. Es klang als würde dieser winzige Hund, den Shinya sich als Haustier hielt, draußen rumlaufen und ob das so gut war, bezweifelte der Schwarzhaarige irgendwie. Also raffte er sich vom Boden auf, schob die Türe nach draußen auf und trat hinaus, wo ihn der kleine Wadenbeißer auch sofort mit enthusiastischem Gekläffe begrüßte. „Ich glaub, sie mag dich...“ Die Stimme ließ seinen Kopf hochschnellen und er sah ein paar Meter weiter einen jungen Mann auf den Holzdielen hocken. Der Tonfall war anders, doch er kannte diese Stimme, und auch wenn er ein paar Augenblicke brauchte, um zu erkennen, dass das da vor ihm tatsächlich Zero war, konnte man es nicht bestreiten. Eben dieser legte nun den Kopf leicht schief. „Du bist wohl nicht sehr gesprächig, oder?“, wollte er dann irgendwie amüsiert wissen, woraufhin Hizumi nicht anders konnte, als einfach mit den Schultern zu zucken. Da war er also und sah so ganz anders aus, als der Zero, den er in Erinnerung hatte. Die langen Zöpfe waren verschwunden und stattdessen fielen seine Haare ihm in leichten Wellen auf die Schultern, und erst jetzt sah man, dass sie nicht wirklich schwarz waren, sondern einen warmen dunkelbraunen Ton hatten. Er trug lange Stoffhosen zu einem schwarzen Rollkragenpullover, der aussah, als wäre er ihm zwei Nummern zu groß. Doch die größte Veränderung war sein Gesicht. Früher hatte es Hizumi so anziehend gefunden, weil es nicht nur einfach bildhübsch war, sondern auch diese Unnahbarkeit nach außen trug. Jetzt schienen Zeros Augen ihm viel weicher und irgendwie warm, als der ihn noch immer neugierig musterte. „Na, genug geschaut?“, fragte der Jüngere jetzt sichtlich amüsiert. „Wer bist du?...entschuldige, falls wir uns kennen...aber ich hatte einen Unfall und wie es scheint, hab ich ein paar Sachen vergessen...“, fügte er noch mit einem kleinen, entschuldigenden Lächeln hinzu. Der Ältere zwang sich, dieses zu erwidern. „Hi...ich bin Hizumi...ein Bekannter von Shinya...irgendwie...“, versuchte er zu erklären und hob, weil er nicht so genau wusste, was er jetzt mit seinen Händen tun sollte, den kleinen Hund hoch, der ihm sofort das Gesicht abschlecken wollte. Zero lachte leise. „Ich sag ja, sie mag dich.“ Er ließ sich im Schneidersitz auf dem vom Sonnenlicht noch warmen Holz nieder und winkte den Gast seines besten Freundes zu sich. „Willst du dich mit zu mir setzen?“ „Gern...“ Hizumi ließ sich neben ihm nieder und spielte mit dem Tier in seinem Schoß, wobei er das Gefühl hatte, eingehend betrachtet zu werden. Schließlich wandte er sich dem Anderen wieder zu. „Was ist?“ „Ich weiß nicht...“ Zero streckte die Hand aus, um dem Hündchen liebevoll über den Rücken zu streicheln. „Ich hab nur das Gefühl, dich irgendwoher zu kennen.“ Der Schwarzhaarige nickte auf die unausgesprochene Frage hin. „Stimmt auch. Wir haben uns ein paar Mal gesehen. Aber irgendwie glaub ich, dass du mich nicht wirklich gut leiden konntest...“, erklärte er und konnte nicht verhindern, dass sich ein wehmütiges Lächeln auf seine Lippen schlich. „Wirklich?“ Zero sah ihn kurz nachdenklich an, schenkte ihm dann aber ein warmes Lächeln. „Also eigentlich wirkst du ja ganz sympathisch.“ ~World in a Cage – End~ +Open the Cage?+ ___________________________________ So...wow...es ist ein komisches Gefühö quasi das "Ende" unter diese Geschichte zu setzen. Auch wenn mir alle meine Storys wichtig sind, ist diese hier quasi mein "Baby", ich häng wirklich daran... Deshalb, vielen, vielen Dank an die, die mir regelmäßig Kommentare geschrieben haben! Ihr seid super! Und Danke auch an die 37 Leute, die diese Story zu ihren Favoriten gepackt haben, vielleicht lässt sich der ein oder andere ja noch zu einem Abschlusskommentar hinreißen, ich würde mich freuen. Ich denke, ich werde wohl irgendwann eine Forsetzung schreiben, wer dafür eine Benachrichtiung haben will, sagt einfach Bescheid (am besten auch per Comment). So. Noch ein letztes Danke an Juli, die immer so wundervoll gebetat hat und ohne die ich diese Story nie beendet hätte. Man liest sich hoffentlich bald, En Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)