Crucify von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: Ein neuer Freund mit Flügeln --------------------------------------- Der Winter war kalt und hart. Sunny überlebte teilweise nur, weil Fido ein guter Jäger geworden war. Als sie kein Geld mehr hatte fing sie an mit ihren Tieren auf den Marktplätzen kleine Kunststücke vorzuführen. Das Geld, das sie dabei verdiente gab sie direkt für Heu und Pferdefutter aus, denn Shadow konnte sich nicht so leicht selbst versorgen wie Fido. Sunny wurde auf ihrer Reise erwachsen. Sie hatte gelernt, dass man wirklich keinem Menschen trauen konnte und wusste, dass sie sich keinem Menschen mehr anvertrauen wollte. Doch ohne die Menschen konnte Sunny nicht überleben, sie war auf ihr Geld angewiesen. Jedes Mal wenn sie in eine Stadt kam wurden ihre Augen eisgrau und ihre Art eiskalt. Bei ihren kleinen Vorführungen lächelte sie zwar und schaute freundlich, aber das war nur eine Maske. Sie wollte nicht unter Menschen sein, aber im Winter hatte sie keine andere Wahl. Ihr Schlafplatz befand sich meist in irgendeiner Seitenstrasse, selten wurde ihr angeboten im Stall zu schlafen. Wenn sie in einem Stall schlief war sie mit dem ersten Hahnenschrei schon wieder unterwegs. Sie sehnte sich den Frühling sehr herbei, der zu ihrem Glück mit schnellen Schritten kam. Als das Gras sprießte und sich die Blumen für die Sonne öffneten, konnte sie etwas Geld sparen. Zeitweise machte sie einen großen Bogen um die Städte. Sie merkte, dass sie sich der Küste näherte. Eines Tages, die Sonne lachte vom Himmel, machte sie unter einem blühenden Obstbaum Rast. Fido verabschiedete sich lautlos und ging auf die Jagd. Shadow zupfte genüsslich an ein paar Grashalmen und schnaubte. Sunny lächelte, ihre nunmehr fast dunkelgrünen Augen funkelten. „Überfriss dich nicht!“, sie ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen, die rauer und steiniger war als in ihrer Heimat. „Bald sind wir da.“, sagte sie mehr zu sich selbst, „Wir haben einen großen Umweg im Winter machen müssen, aber das ist egal. Hauptsache Shadow musste keinen Hunger leiden!“ In diesem Moment kam Fido mit einem Kaninchen im Maul zurück. Er warf es vor Sunny und riß sie aus ihren Gedanken. „Fido! Wie immer erfolgreich.“, Sunny tätschelte seinen Kopf, „Na dann, Zeit zum Essen!“ Sie häutete das Kaninchen mit geschickten Griffen, entfachte ein Feuer und einige Zeit später wurde gegessen. „So gut wie bei Sanji schmeckt es zwar nicht, aber......“, sie verstummte, konnte sich selbst nicht erklären, warum sie gerade jetzt an ihn denken musste. Ein halbes Jahr nach ihrer Begegnung. Nach einem kurzen Moment schüttelte sie den Kopf und schob diesen Gedanken beiseite. Nach dem Essen machte sie es sich bequem. Shadow, der sich gerade ausgiebig gewälzt hatte, lag auf dem Boden und döste. Sunny lächelte und dann sah sie verwundert Fido hinterher, der sich so eben von ihnen entfernte als ob er erneut auf die Jagd gehen würde. Sunny machte sich keine Gedanken darüber. Sie wusste, dass er gut alleine zurecht kam und Fido wusste, dass Sunny auf ihn warten würde. Sie schloss die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Sie war sich sicher, dass jetzt bessere Zeiten vor ihr lagen. Sie würden bald das Meer erreichen. Nach einiger Zeit kam Fido zurück und schubste Sunny mit seiner kalten, feuchten Nase an. Sie öffnete die Augen und schaute ihn an: „Was hast du denn im Maul, eine Maus?“ Sie hielt die Hände auf und Fido legte ihr vorsichtig, fast behutsam, ein Küken in die Hände, es war ein junger Bussard. Sunnys Augen weiteten sich: „Wo hast du den denn her? Geh, zeig mir wo du ihn gefunden hast!“ Fido schaute sie aus klugen Augen an und drehte sich zum Gehen. Sunny folgte ihm. Gar nicht weit von ihrem Rastplatz entfernt stoppte Fido und Sunny hatte auch schon das Nest erblickt. Sie schaute sich um, hörte gespannt, ob die Eltern nach ihrem Jungen riefen, doch alles blieb still. Nach einer viertel Stunde seufzte Sunny leise und strich dem Bussard sanft über den Kopf: „Es tut mir leid mein Kleiner, aber deine Eltern scheinen nicht mehr da zu sein! Keine Angst, ich krieg dich schon groß und fliegen lernst du auch!“, sie lächelte und schaute sich den Greifvogel genauer an. Er war klein, zu klein für sein Alter. Es würde nicht mehr lange dauern und er lernt das Fliegen. Und er war mager, ein weiteres Zeichen dafür, dass seine Eltern sich nicht mehr um ihn kümmerten, aus welchen Gründen auch immer. Sunny blickte zu Fido, der immer noch neben ihr stand: „Wir müssen uns um ihn kümmern! Such ein Maus, Fido!“ Als ob der Hund sie verstanden hätte lief er los und suchte den Boden ab. Es dauerte nicht lange und er hatte eine Maus gewittert, ausgebuddelt und getötet. Sunny fütterte den Vogel und musste lächeln als er zufriedene Laute von sich gab. Sie band sich ein Tuch um, legte Moos hinein und bettete den Vogel in sein neues Nest. Der kleine Bussard schlief sofort ein. Danach sattelte sie Shadow und machte sich wieder auf den Weg. Ab und zu sprach sie mit dem Bussard, damit er sich an ihre Stimme gewöhnte. Sie nannte ihn Horus, auch wenn das eigentlich Falke bedeutete, aber ihr fiel kein besserer Name ein. Sobald er wach wurde füttere sie ihn und ihre Fürsorge wurde schon ein paar Wochen später belohnt. Horus blieb partout nicht in seinem „Nest“ und drohte öfters hinauszufallen. Sunny wollte nach ihm greifen, doch Horus war schneller, setzte sich auf ihre Hand und schließlich auf ihren Arm. Von da an saß er auf ihrer Schulter oder auf Shadows Sattel. Horus hatte gut zugenommen und war auch ein gutes Stück gewachsen. Zeitweise, wenn er auf dem Sattel saß und eine Windböe kam, breitete er seine Flügel aus. Und so kam der Tag an dem Horus seine ersten Flugversuche unternahm. Sunny verfolgte das Schauspiel mit weit aufgerissenen Augen: „Horus! Mach so weiter und du wirst ein begnadeter Flieger!“ Als Horus seinen Namen hörte drehte er sofort um und landete auf ihrem ausgestreckten Arm. Sunny strich ihm vorsichtig über den Kopf und lachte. Dann wurde sie traurig, denn sie wusste, das die Zeit gekommen war und sie dem Bussard „auf Wiedersehen“ sagen musste. Es lag in seiner Hand, ob er bei ihr bleiben würde oder nicht. Horus kletterte auf ihre Schulter und zupfte an ihren Haaren, fast als wolle er sagen: „Sei nicht so traurig!“ Und obwohl Horus seine Eltern verlassen hätte sobald er fliegen konnte, blieb er bei Sunny, die ja quasi seine Ersatzmutter war. Er übte viel, probierte immer wieder neue Manöver aus und wurde bald ein meisterhafter Flieger und Jäger. Ungefähr eine Woche später erreichte Sunny das Meer. Sie betrat den Strand und fing an zu lachen, ein paar Freudentränen mogelten sich aus ihren Augen. „Das Meer! Sieh mal Shadow, das Meer!“, schrie sie ausgelassen und fing an zu rennen. Shadow trabte neben ihr her und Fido fing an zu bellen. Sunnys Freude übertrug sich sofort auf die Tiere. Der Strand war menschenleer, es befand sich auch keine Stadt oder Hafen in der Nähe. Kurz bevor sie das Wasser erreichte stoppte Sunny und zog ihre Stiefel aus. Dann sattelte sie schnell Shadow ab und rannte ins Wasser. Sunny lachte und bespritzte Shadow, der ihr hinterher gelaufen war. Der Isländer schaute sie verwundert an und begann mit den Vorderhufen im Wasser zu planschen. Fido sprang aufgeregt am Strand hin und her, bevor er auch ins Wasser kam. Horus drehte am Himmel laut schreiend seine Runden. Nach einiger Zeit waren alle so müde, dass sie an den Strand gingen um zu verschnaufen. „Herrlich, oder?“ Sunny drehte sich im Kreis und ließ sich dann in den Sand fallen. Nachdem sich ihr Puls wieder normalisiert hatte stand sie auf und blickte auf das Meer. Es schien unendlich weit zu sein und Sunny kam es so vor, als ob es ihr unendliche Möglichkeiten bot. Sie ging zu Shadows Sattel, auf dem sich Horus niedergelassen hatte und bedeutete ihm auf ihre Schulter zu klettern, was der Bussard auch sofort tat. Dann sattelte sie Shadow, tauschte sein Halfter gegen die Trense und zog sich ihre Stiefel wieder an. Shadow begann zu tänzeln als sie den Sattelgurt fester zog. Sunny stieg auf und hielt Horus ihren Arm hin. Nachdem er auf ihren Unterarm geklettert war gab sie ihm einen Schubs und er stieg in die Luft. Sie klopfte Shadow auf den Hals, erhöhte den Druck ihrer Beine und sagte: „Bist du immer noch so schnell wie letztes Jahr?“ Dann gab sie die Zügel frei und Shadow ging sofort in den Galopp über. Sunny setzte sich tief in den Sattel und fühlte den Wind in ihren Haaren, sie fühlte sich frei. Fido feuerte sie durch sein Gebell an und Horus schrie laut und flog noch schneller. Shadow wechselte in den Rennpass und sie flogen nur so über den Strand. Nach etwa zwei Kilometern zügelte Sunny ihren Hengst und sie trabten noch ein Stück bevor sie in den Schritt wechselte. Wirklich erschöpft schien der Hengst nicht zu sein, aber glücklich. Sie waren alle glücklich. Die Nacht verbrachten sie am Strand. Es war einfach traumhaft für Sunny bei Meeresrauschen einzuschlafen und auch wieder zu erwachen. Gegen Mittag des nächsten Tages erreichten sie eine Stadt. Sunny führte wieder Kunststücke mit ihren Tieren vor und bekam mehr Geld als üblich, da die Zuschauer von dem Bussard fasziniert waren. Horus konnte punktgenau auf ihrem Arm oder Shadows Sattel landen und flog nur Zentimeter über die Köpfe der Zuschauer hinweg. Fido ging am Ende jeder Vorstellung mit dem Hut durch die Menge, was die Zuschauer schon immer dazu verleitet hatte mehr Geld hineinzuwerfen. Sunny lächelte zufrieden als sie im Hafen saß und das Geld zählte. Ihre Augen waren eisgrau und ihre Art eiskalt, wie immer wenn sie unter Menschen war. Lediglich wenn sie mit ihren Tieren sprach wurden ihre Augen grün und ihre Stimme liebevoll. Sie schlenderte über den Hafen und schaute sich die Schiffe an. Sie hatte ihren Mantel an obwohl die Sonne schien, der Wind aber war kalt. Wie immer lief Shadow rechts neben ihr und in der linken Hand hatte sie den Holzstab. Fido lief an ihrer linken Seite und Horus hatte sich auf ihrer rechten Schulter niedergelassen. Im Hafen ankerten nicht sehr viele Schiffe. Es waren große mit vielen Masten dabei, aber ein Kleines erweckte ihre Aufmerksamkeit. Die Galionsfigur war ein Lammkopf und an Deck wuchsen Orangenbäume. Sunny schmunzelte bei dem Anblick und dann meldete sich ihr Magen zu Wort. „Es ist Zeit für was zu essen!“ Fido horchte bei dem Wort Essen auf und schaute sie erwartungsvoll an. Sunny suchte die erstbeste Kneipe auf. Sie betrat den Raum, ging direkt zum Tresen und legte ein paar Münzen darauf. Der Wirt kam und schaute sie an. „Hast du einen Stall und Futter für mein Pferd?“, fragte sie mit eiskalter Stimme. Die Gäste in der Kneipe schenkten ihr keine besondere Aufmerksamkeit und Sunny ihnen auch nicht. Der Wirt nahm die Münzen, nickte und erklärte ihr den Weg. Sunny verließ den Raum und versorgte Shadow. In dem Moment als sie die Kneipe verließ blickte ein blonder Mann auf und fixierte Fido, der hinter Sunny durch die sich schließende Tür schlüpfte. Der Blonde saß mit seinen Freunden an einem Tisch und wurde von ihnen verwundert angeschaut. „Ist irgend etwas, Sanji?“, fragte ihn einer seiner Freunde. Er schüttelte den Kopf und sagte: „Ich dachte nur, dass ich den Hund kenne. Muss mich wohl getäuscht haben!“ Nach einiger Zeit betrat Sunny wieder die Kneipe, setzte sich an den Tresen und bestellte etwas zu essen. Sie drehte den Menschen bewusst den Rücken zu, sie wollte keinen Kontakt oder ein Gespräch führen. Sie aß in aller Ruhe ihre Suppe, das Brot hatte sie an Fido weitergegeben, und Horus saß verkehrt herum auf ihrer Schulter und überblickte den Raum. Auf ein Mal schlich sich ein Dieb von hinten an Sunny ran und wollte ihren Geldbeutel klauen. Er war von seinem Können so überzeugt, das er meinte Sunny hätte in nicht bemerkt. Sunny zog langsam mit der rechten Hand ihr Messer, das sie seit diesem Winter immer bei sich trug. Gerade als der Dieb langsam seine Hand nach Sunnys Geldbeutel ausstreckte, richtete sie ihr Messer auf ihn. Ihr rechter Arm war nach hinten ausgestreckt, denn sie hatte sich nicht umgedreht und dann sagte sie: „Das würde ich an deiner Stelle nicht versuchen!“ Der Dieb hielt in der Bewegung inne und wurde sichtlich wütend: „Ach ja!?“, brüllte er und zog somit die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Auch der Blonde und seine Freunde schauten in die Richtung aus der das Brüllen kam. Sanjis Augen weiteten sich bei dem Anblick. Er kannte diesen Mantel und den Hund. Der Dieb wich kurz zurück und zog dann auch sein Messer. Sunny musste nicht hinsehen um zu wissen, dass er seine Waffe gezogen hatte. Sie wusste es, weil sie wusste, dass Menschen mit Niederlagen nicht klar kamen und dieser Dieb hatte gerade eine starke Niederlage einstecken müssen. Sunny seufzte und zischte: „Und das würde ich an deiner Stelle lieber lassen!“ Ihre Stimme klang eiskalt und war fast tonlos. Sie dreht sich langsam auf ihrem Barhocker um. In diesem Moment stand Fido auf und knurrte leise. Horus hatte sich auch umgedreht und blickte den Dieb mit seinen stechend gelben Augen genau an. Sunny fixierte den Mann mit ihren eisgrauen Augen die böse funkelten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)