Anubis Black von Autumn (JadenxChazz, AtticusxZane (Kapitel 22 ist da!!!)) ================================================================================ Kapitel 14: Die Rache des Skorpions (Teil 3) -------------------------------------------- Ich bin aus dem Urlaub zurück!! Das Finale der Skorpion-Story ist also endlich für Euch da! Hoffentlich seid Ihr auch schön neugierig...*zwinker* Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!^^ Kapitel 14: Die Rache des Skorpions (Teil 3) Ein neuer Morgen war über der Duellakademie angebrochen. Syrus stand vor Chicks Zimmertür in der Slifer-Unterkunft und klopfte zaghaft. Sein Freund öffnete und blickte den Türkishaarigen überrascht an. „Hallo Syrus! Was machst du denn hier? Du kommst mich doch nicht etwa abholen?" „Doch, genau das. Ich dachte mir, ich frage dich, ob du vielleicht Lust hast, mit mir zusammen zum Unterricht zu gehen. Magst du?" „Das....das ist sehr nett von dir, danke. Ich packe nur schnell meinen Rucksack!" Gesagt, getan. Er sprang zu seinem Schrank und stopfte ein Buch, sein Federmäppchen und einige Hefte in seine Schultasche, warf sie sich über die Schulter und lief hinaus. Sie schlenderten nebeneinander her, unterwegs Richtung Unterrichtsgebäude, tauschten schüchterne Blicke aus und lachten viel über gar nichts, wie eben zwei Menschen, die sich vor lauter herzlicher Verlegenheit nicht recht zu unterhalten wissen. Chick war das Herz schwer, wenn er daran dachte, was er dem anderen heute noch offenbaren wollte - aber es musste sein. Die Schwarzen Skorpione würden gegen Abend angreifen und bis dahin sollten die Anubiskrieger gewarnt sein. Er war sich durchaus klar darüber, dass er damit seinen Vater hinterging, doch letztendlich schien es ihm die erste lobenswerte Tat seines Lebens zu sein. Don Zaloog war ein Mann, dessen Karriere aus unzähligen Leichen bestand, ein Vollblutattentäter, der für Gold seine eigene Mutter umbringen würde. Rache und Hass, Gier und Tod, das waren die einzigen Prinzipien seiner Existenz, damals wie heute. Und seine Loyalität schwankte schlimmer als ein Schiff auf hoher See - ausschlaggebend war nur gewesen, dass ihr Gebieter mehr Lohn geboten hatte als ihr geiziger Feind. Von echten Werten hatte sein Vater noch nie etwas gehalten. Er stieß einen Seufzer aus und seine Augen wanderten hinauf zum Himmel, der von dicken grauen Wolken verhangen war und einen ungemütlichen Tag ankündigte. „Was ist mit dir, Chick? Du siehst so traurig aus. Was bedrückt dich? Kann ich dir helfen?" „Syrus....komm mal kurz mit, ich möchte dir etwas zeigen." Er führte den jüngsten Anubis Black zum Eingang des Waldes und stellte sich vor ihm auf, das Gesicht äußerst ernst und entschlossen. Ein Grollen rauschte über sie hinweg - es würde ein scheußliches Unwetter geben. Mit einer raschen Bewegung zog er die rote Slifer-Jacke aus und wandte seinem Gegenüber den rechten Oberarm zu, auf dem die Tätowierung eines Skorpions prangte. Syrus starrte auf diese Zeichnung und seine Augen weiteten sich entsetzt und ungläubig. Sein Mund formte lautlose Worte, als versage ihm die Stimme. „Es ist wahr. Ich bin einer der Schwarzen Skorpione, der Sohn von Don Zaloog, ihrem Anführer. Hör zu, ich erwarte nicht von dir, dass du mir glaubst, aber....ich habe dich wirklich gern, Sy. Mehr als sonst irgend jemand! Ich sollte euch auskundschaften, das ist richtig, doch ich will das nicht mehr. Daher warne ich dich. Mein Vater wird heute Abend angreifen - und er wird Chazz herausfordern, mit dem er seit viertausend Jahren noch eine Rechnung zu begleichen hat! Und noch etwas....die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen, mein Freund. Licht ist Schatten und Schatten kann Licht sein, je nach dem, von welcher Seite man es betrachtet oder von welcher Seite man seine Informationen erhält. Ich bitte dich nicht, mir zu vertrauen - jetzt, wo du weißt, wer ich bin, wäre das sinnlos. Aber eines muss ich dir noch sagen: Der Schlüssel um deinen Hals schützte ursprünglich Götter und keine Ungeheuer." Damit küsste er ihn sanft auf die Stirn und verschwand im Dickicht des Waldes. Syrus stand wie erschlagen, unfähig, sich zu rühren. Sein Herz pochte heftig und die Berührung mit den Lippen, die auf seiner Haut brannte, verwirrte ihn zusätzlich. War das alles nur ein Alptraum, eine Halluzination? Chick konnte doch unmöglich....zu ihren Feinden gehören! »Aber diese Tätowierung auf seinem Arm....und sein Wissen um die gesamte Situation! Nein, ich kann es nicht glauben! Ich will es nicht glauben! Er war so nett und freundlich und wir haben uns so prima verstanden! Sogar jetzt noch....hat er mich gewarnt. Vor seinem eigenen Vater! Nein, er ist nicht böse. Auch wenn er der Sohn eines Schattenreiters ist, er hat ein mitfühlendes Herz! Allerdings....‘Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen, mein Freund. Licht ist Schatten und Schatten kann Licht sein, je nach dem, von welcher Seite man es betrachtet oder von welcher Seite man seine Informationen erhält.‘ Was hat er damit gemeint? Und dann ‚Der Schlüssel um deinen Hals schützte ursprünglich Götter und keine Ungeheuer.‘ Was heißt das? Mit den Schlüsseln wurden die sieben Tore verschlossen, hinter denen die Heiligen Bestien ruhten, die das ägyptische Volk verteidigten. So jedenfalls hat es uns Mr. Sheppard erzählt. Warum sollte er lügen?« Ein Rascheln ließ ihn aufhorchen und eine schwache Hoffnung keimte in ihm, dass Chick vielleicht zurückgekommen sein könnte, aber er wurde enttäuscht. Es war Pharao, der miauend auf ihn zulief und ihm die Beine umschmeichelte. Syrus hob den Kater hoch und vergrub seine Wange in dem weichen Fell. „Tja, Pharao....ich fürchte, ich habe gerade einen Freund verloren. Ich kannte ihn noch nicht lange, aber ich mochte ihn wirklich sehr. Irgendwie....ist mir zum Heulen zumute....es ist einfach nicht fair, verstehst du?" würgte er hervor und Tränen sammelten sich in seinen Wimpern. „Er war lieb. Aber das zählt alles nicht. Auch wenn er ein warmes Herz besitzt, so muss ich ihn jetzt als Feind betrachten. Das ist gemein, richtig gemein!" Er schluchzte auf und weinte einen feuchten Fleck auf die getigerten Haare. Pharao maunzte und tapste mit einer Pfote gegen den Kopf des Jungen, als wolle er ihn trösten. Die Geste des Tieres zwang dem Fünfzehnjährigen ein wehmütiges Lächeln ab und er kraulte es hinter dem Ohr. „Es ist schon merkwürdig....irgendwie ist mir, als würdest du alles verstehen, was ich sage...." Er setzte den Kater wieder auf den Boden und wischte sich die Tränen fort. Er holte tief Luft und rannte los, zurück zum Unterrichtsgebäude. Er musste die anderen verständigen! Chicks Warnung sollte nicht in den Wind gesprochen sein! Atticus biss die Zähne zusammen und erhob sich aus seinem Bett. Seine Schwester versuchte, ihn zurückzuhalten, doch er schob sie sanft zur Seite. „Aufstehen darfst du laut Doktor Ishida erst morgen! Bleib liegen!" „Heute oder morgen - wo ist da der Unterschied? Außerdem wird Don Zaloog bald auftauchen, sonst hätte er Shezar....nein, Chazz....nicht diesen Skorpion geschickt. Ich kann nicht weiter untätig herumsitzen und darauf warten, dass was passiert! Ich muss meinen Schlüssel entsiegeln und meinen rechtmäßigen Platz als Anubis....wie heißt das nochmal?" „Anubis Black. ‚Black‘ ist das englische Wort für schwarz." „Ich muss meinen rechtmäßigen Platz als Anubis Black einnehmen." wiederholte er ernst. „Ich bin zwar noch nicht vollständig genesen, aber ich kann kämpfen....ich kann euch eine Hilfe sein! Ganz davon abgesehen habe ich es satt, ständig die kahlen Zimmerwände anzustarren und unter Beobachtung zu stehen. Seit Wochen liege ich hier herum und tue nichts aufregenderes, als Löcher in die Luft zu glotzen! Es reicht mir! Darüber hinaus will ich meine Erinnerungen wiederhaben und welcher Schattenreiter auch immer sie mir genommen hat, wird sich mit mir auseinander setzen müssen!" Er schritt energisch zur Tür. Er trug einen weißen Krankenpyjama, seine Arme und Beine waren nach wie vor bandagiert, nur die Binde auf der zerkratzten Wange war gegen ein größeres Pflaster ausgetauscht worden. Auch sein Oberkörper war sorgsam umwickelt, was man jedoch aufgrund des Hemdes nicht sah. Er war in seine Flursandalen geschlüpft und marschierte mit bemerkenswerter Nichtachtung an Schwester Carmichael vorbei, die von seinem wortlosen und plötzlichen Abschied sichtlich schockiert war. „Mr. Rhodes!! Kommen Sie zurück, aber sofort! Sie dürfen erst morgen aufstehen, hören Sie?! Ihre Angewohnheit, sich einfach so aus dem Staub zu machen, gefällt mir nicht! Wo wollen Sie denn überhaupt hin?! Miss Rhodes, Ihr Bruder ergreift die Flucht!" Das Mädchen antwortete nicht, sondern blickte ihm nach. Atticus konnte schrecklich stur sein, wenn es sich um eine Sache handelte, die ihm wichtig war, daher ließ sie ihn ohne weitere Proteste gehen. Es hatte keinen Sinn, gegen ihn anzureden, wenn er fest entschlossen war. Nun, und das war er zweifellos. Er steuerte auf den erstbesten Schüler zu, der ihm über den Weg lief, und fragte ihn nach dem Raum des Direktors. Nachdem er die nötige Auskunft erhalten hatte, begab er sich zu Mr. Sheppard und betrat sein Büro, ohne zu klopfen. „Hiron, was machst du hier? Ich dachte, du darfst noch nicht aufstehen! Weiß der Arzt, dass du hergekommen bist? Ich werde in der Krankenstation anrufen und...." „Ihr werdet nichts dergleichen tun." unterbrach er den Kanzler mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. „Ich bin es leid, wie ein vorsichtig gekitteter Gegenstand behandelt zu werden! Es ist meine Pflicht, die Schattenreiter zu besiegen und einen der Schlüssel zu verwahren! Erinnerungen hin oder her, ich kenne meine Aufgabe! Bitte - bringt mich in die unterirdische Halle! Lasst mich wieder einen Anubiskrieger werden!" Eine Weile musterte der Direktor der Akademie seinen Schüler mit angebrachter Skepsis, aber als er das Feuer in diesen braunen Augen entdeckte, nickte er. „Ich habe leider keine Zeit, ich muss eine Vorlesung abhalten. Aber Zane hat jetzt eine Freistunde. Ich werde ihn bitten, dich an meiner Stelle ins Audimax zu führen." Er betätigte die Sprechanlage und ordnete an, dass „Mr. Zane Truesdale" sich umgehend bei ihm einzufinden habe. Der Grünhaarige, der eine morgendliche Freistunde gerne mit dem Lesen einer interessanten Lektüre ausfüllte, war überrascht von dieser Aufforderung, kam ihr aber gehorsam nach. Dass er Atticus‘ Vorhaben missbilligte, verrieten seine Worte, nachdem der Kanzler ihm die Situation dargelegt hatte: „Bist du verrückt?! Du bist nicht in der Verfassung, dich uns anzuschließen!" „Das haben wir gestern bereits besprochen und ich denke, dass ich meine Meinung mehr als unmissverständlich klar gemacht habe. Wochenlang im Bett zu versauern, nützt mir nicht das geringste, da roste ich höchstens ein! Ich lasse mich nicht aufhalten, auch von dir nicht! Ich bin ein sehr guter Schwertkämpfer und wäre eine fabelhafte Unterstützung für die Gruppe! Mein Schlüssel ist der Schlüssel des Kampfes! Und ich will kämpfen!" „Sei doch vernünftig!" „Ich weigere mich, vernünftig zu sein! Die Schwarzen Skorpione sind echte Attentäter, mit denen ist nicht zu spaßen! Ich flehe dich an, Zane....bring mich zur Seele meiner Vergangenheit! Bitte!" Er konnte dem intensiven Blick dieser warmen, brennenden Augen nicht widerstehen, das spürte er. Während er auch äußerlich kühl und unnahbar wirkte, war alles an Atticus von einer inneren Flamme erfüllt, die ihn an Jaden erinnerte. Männer ihrer Art spazierten auf der Sonnenseite des Lebens, ließen sich nie unterkriegen und trugen ein Licht in ihrem Herzen, das ihnen Mut, Kampfgeist und Willenskraft verlieh. Mochten diese Qualitäten auch manchmal unter ihrer sorglosen, quirligen und mitunter nervigen Oberfläche verborgen sein, sie waren da - und kamen zum Vorschein, wenn man ihrer am dringendsten bedurfte. Zudem besassen Männer ihrer Art genauso ein Gefühl von Stolz wie ein Zane Truesdale oder ein Chazz Princeton, nur war es bei ihnen nicht zu übermäßig ausgeprägt. Obwohl er den schlichten Pyjama trug und von oben bis unten in Verbände gehüllt war, verfügte er über eine Ausstrahlung, die dem Meisterduellanten fast ein wenig unheimlich schien. Er war großgewachsen und schlank, aber dennoch wohltrainiert und geschmeidig, mit einem wundervoll geschwungenen Mund und diesen schokoladenbraunen Augen und Haaren, bei denen sich Zane unwillkürlich fragte, ob sich diese Farbe auch auf den Geschmack seiner sinnlichen Lippen auswirkte. Er konnte ihm nichts abschlagen. „Na gut. Ich bringe dich hin." „Vielen Dank!" Das Audimax war bald erreicht und momentan unbesetzt, sodass die beiden Studenten niemanden stören mussten. Zane drückte die Lampe auf dem Lehrerpult zur Seite und es offenbarte unter sich die geheime Treppe. Dann standen sie vor dem gusseisernen Tor mit dem Hochsicherheitsmechanismus. „Anfangs konnte nur Mr. Sheppard hinein, aber jedes Mitglied der Anubis Black wird automatisch im Computer gespeichert, sobald sein jeweiliger Schlüssel entsiegelt ist." Er durchlief die Scanns von Fingerabdrücken und Augennetzhaut und das massive Tor glitt auf. Nur noch eine einzige Kette umschloss die Kassette mit dem Schakal auf dem Deckel und Atticus berührte ohne Zögern die erste der sieben Säulen. „Sage: Gott Anubis, dein Krieger ist hier und erwartet deinen Befehl." „Gott Anubis, dein Krieger ist hier und erwartet deinen Befehl!" Zum letzten Mal materialisierte sich ein Lichtstrahl innerhalb des Raumes und nahm die Gestalt von Hiron an, prachtvoll anzusehen in seinem Hüftrock und dem schimmernden Goldschmuck. Das Seelen-Ich neigte sich vor und betrachtete seinen Gegenüber. ~~ Ich erkenne es. Du hast meine Erinnerungen, die deiner modernen Existenz fehlen. Dafür kann nur ein Schattenreiter verantwortlich sein! Du wirst dir dein Gedächtnis mit Gewalt zurückholen müssen. Knie nieder. Atticus Rhodes, ich, Hiron, einer der Sieben Krieger des Anubis, übergebe dir hiermit den Schlüssel des Kampfes! Sein Schutzpatron ist die Göttin Sachmet. Verteidige dein Tor mit dieser Klinge und mögest du siegreich sein in all deinen Schlachten! ~~ Er hängte ihm das Amulett um und hielt ihm ein herrliches Schwert hin, das in der Mitte, wo Griff und Schaft zusammentrafen, mit einem goldenen Löwenkopf verziert war. ~~ Erhebe dich nun, Hüter des Ersten Tores! ~~ „Hab vielen Dank, Hiron. Ich werde mich deiner Nachfolge als würdig erweisen." Der andere lächelte. ~~ Das weiß ich. Ich wünsche dir viel Glück! ~~ Damit erlosch seine Seele und fand endlich ihren wohlverdienten Frieden. Die beiden jungen Männer schwiegen aus Pietät eine Weile, um seinen endgültigen Tod zu würdigen, ehe sie den Rückweg antraten. „Als nächstes benötige ich die schwarze Uniform, damit man meinen neuen Status erkennt. Übrigens möchte ich ab jetzt ‚Atticus‘ genannt werden. Ich besitze zwar noch nicht seine Erinnerungen, aber Tatsache ist, dass ich nicht mehr Hiron bin, also will ich auch nicht mehr mit diesem Namen angesprochen werden. Es wird anfangs ungewohnt für mich sein, aber ich kann nicht in der Vergangenheit leben, wenn ich in die Gegenwart gehöre." „Wenn du das möchtest, werden wir das akzeptieren. Aber....darf ich dich etwas fragen?" „Natürlich. Was ist?" „Warum ist dein Schlüssel der Schlüssel des Kampfes? Die übrigen Schlüssel stehen alle für eine Tugend oder erstrebenswerte Dinge wie Freiheit oder Liebe." „Die Schlüssel und ihre Bedeutung richten sich nach den Gottheiten, die ihnen ihre magische Kraft verliehen haben. Der Schutzpatron meines Schlüssels ist Sachmet, die wichtigste Löwengottheit Ägyptens. Ihr Name kann mit ‚mächtig‘ oder ‚Die Mächtige‘ übersetzt werden. Sie galt als eine Tochter des Ra und wurde zu einer der wichtigsten Erscheinungsformen des ‚Auges‘ des Sonnengottes. Sie war eine Kriegsgöttin und militärische Schutzpatronin vieler ägyptischer Könige. Auf der anderen Seite wurde Sachmets Macht auch dazu eingesetzt, den Pharao auf mütterliche Art zu beschützen. Sie konnte Seuchen abwehren und sogar als heilende Gottheit fungieren. Jeder einzelne Schlüssel steht für einen Aspekt, der mit dem Pharao zusammenhängt oder aber mit seinem Volk und seinem Glauben. Ist dir das noch nie aufgefallen? Die Götter, die Sachmet als Patrone nachfolgen, sind Isis, Horus, Hathor, Osiris, Maat und Ra. Zwischen ihnen bestehen Verbindungen, die nicht ignoriert werden dürfen. Wie Sachmet wurde Maat als Tochter des Ra angesehen, und das Wort ‚Maat‘ benutzten die Ägypter für den Staat und die kosmische Ordnung, die der Pharao zu bewahren hatte. Isis war Schwester und Gemahlin des Osiris und Mutter des Horus. Der Pharao war die symbolische Inkarnation des Horus, solange er lebte und das machte Isis zu seiner symbolischen Mutter. Starb der Herrscher, setzte man ihn mit Osiris gleich. Hathor war sowohl die Gemahlin des Horus als auch die Gattin des Ra und wurde als sein ‚Auge‘ verehrt, stand also auch in einer engen Beziehung zu Sachmet. Der König wurde ebenfalls häufig als ihr symbolischer Gatte bezeichnet. Die Magie der Schlüssel stammt also nicht von willkürlich ausgewählten Göttern. Mein Schlüssel steht für den Kampf, aber auch für die Verteidigung des Landes gegen Feinde von außen. Syrus‘ Schlüssel steht für Hoffnung und Sicherheit, die sich viele Menschen von Isis erbaten. Dein Schlüssel steht für Freiheit, die im Bild von Horus‘ Ikonographie als Falke zum Ausdruck kommt - außerdem war er eine Gestalt des Pharaos, der das Volk beschützte. Der Schlüssel meiner Schwester steht für Liebe, und Hathor war die Göttin der Liebe, der Geburt, der Sexualität, der Freude und des Glücks. Bastions Schlüssel steht für den Ewigen Frieden, der den Ägyptern heilig wahr - der Glaube an das Leben nach dem Tod, verkörpert durch Osiris. Chazz‘ Schlüssel steht für Wahrheit, und das war einer der Aspekte der Maat, in deren Name Gericht gehalten wurde. Und schließlich Jaden und der Schlüssel des Lebens....Ra war das Licht, die Sonne. Ohne ihn gab es kein Leben." „Du bist bemerkenswert gut informiert." „Dieses Wissen basiert auf Hirons Gedächtnis. Ich wünschte, ich käme mir nicht vor wie ein halbfertiges Geschöpf, das auf die Erinnerungen eines....Fremden angewiesen ist. Meine Identität ist eine andere als die, die ich im Kopf habe. Aber ich habe genug. Wenn diese Schattenreiter glauben, dass sie mich damit weich machen, haben sie sich getäuscht! Ich werde ihnen eine Lektion erteilen, die sich gewaschen hat!" Zane musterte ihn verstohlen aus den Augenwinkeln. Atticus war wütend über das, was die Schattenreiter ihm angetan hatten und sein Zorn verlieh ihm eine leidenschaftliche, impulsive Aura, die einen in Bann schlug. »Er....er ist wunderschön....verdammt, was ist los mit mir?! Er verwirrt mich sosehr! Meine Logik nützt bei ihm nichts, er ist völlig unberechenbar. Und dass er so selbstverständlich mit mir umgeht....er kann ernst und entschieden sein, nur, um in der nächsten Sekunde einen albernen Witz zu reißen oder unmotiviert zu grinsen. Ich werde nicht klug aus ihm. Dennoch.... seine widersprüchliche Natur fasziniert mich. Ich möchte noch so viel mehr über ihn erfahren, ihn besser kennen lernen. Ob er....ob er der Grund für dieses seltsame Herzklopfen ist, das mich jedesmal befällt, sobald er in der Nähe ist? Kann das sein?« »Warum sagt er nichts? Unsere Gehirne scheinen gelähmt zu sein. Ich wüsste gern, was er über mich denkt. Mag er mich oder findet er mich zu aufgedreht und oberflächlich? Ich wirke oft so auf andere, aber ich bin es eigentlich gar nicht. Jedenfalls nicht, wenn es darauf ankommt. Er gleicht Anares in so vielen Dingen....er ist stolz, kühl, unnahbar....und einsam. Er trägt an dieser Schule den Titel ‚Kaiser‘, wie Lex mir erzählt hat. Alle bewundern ihn und seine Noten und seine Duellfähigkeiten, aber sie trauen sich nicht richtig an ihn heran, weil er so majestätisch und bisweilen auch arrogant auftritt. Trotzdem. Da steckt mehr hinter dieser gleichgültigen Fassade - viel mehr, er zeigt es nur nicht. Und wenn, dann nur sehr ungern. Könnte ich doch nur....ich weiß nicht....sein Herz erwärmen, damit er seine Gefühle nicht immer in sich einschließt. Ach Zane....« Sie gelangten zum Anubis-Black-Trakt und kamen im Gemeinschaftsraum an, wo zu ihrem Erstaunen eine Versammlung stattfand. Syrus begrüßte sie und bat sie, sich zu setzen. „Hallo, Hiron. Lex hat uns schon berichtet, dass du aufgestanden bist. He - ist das da ein Torschlüssel? Du hast das Siegel gelöst? Und was für ein tolles Schwert!" „Ja, das habe ich, Kleiner. Ich bin jetzt wieder ein Krieger. Aber nennt mich bitte nicht mehr Hiron, sondern Atticus. Das ist mein wahrer Name." „Ich wusste, dass ich dich nicht würde aufhalten können. Deine Uniform hängt im Schrank in deinem Zimmer, Nii-san. Du kannst dich gleich umziehen." Er nickte ihr zu und verschwand durch die Bücherwand. Einige Minuten später erschien er wieder, ohne Patientenpyjama und Sandalen, sondern in der schwarz-goldenen Uniform, die ihn als Anubis Black auswies. Seine Verbände waren komplett verborgen, nur an den Händen konnte man sie noch sehen. Er blickte einmal in die Runde und nahm auf dem Stuhl Platz, der mit der Zahl Eins gekennzeichnet war. „Ich freue mich sehr, dich bei uns willkommen heißen zu dürfen, Atticus." „Ich danke Euch, mein Anführer....ich meine: Ich danke dir, Jaden." „Und nun zu dir, Sy. Warum hast du uns hier zusammengetrommelt?" Der Türkishaarige erhob sich und berichtete seinen Freunden von dem Erlebnis mit Chick und seiner Warnung. „Ich weiß jetzt, dass er zu den Schwarzen Skorpionen gehört, aber er ist nicht böse, ich habe mich nicht in ihm getäuscht! Er hätte das alles für sich behalten können, hätte uns in eine Falle locken können, wenn er gewollt hätte. Er hat es nicht getan. Sein Vater, Don Zaloog, hat angeblich noch eine alte Rechnung mit dir offen, Chazz. Kannst du dich an etwas aus deinem früheren Leben erinnern, das mit ihm zusammenhängt?" Der Angesprochene schwieg, die Hände in die Hose gekrampft. Das war sein Kampf. Er wollte nicht, dass die anderen sich einmischten. Das war zwar unvernünftig, aber sein Stolz verbot es ihm, um Hilfe zu bitten. Er hatte begonnen, sich zu verändern, seit er Freunde und Liebe gefunden hatte, aber sein halsstarriger Stolz war ein dominanter Teil seines Wesens, den er nicht einfach so aufgeben konnte. „Nein." sagte er schlicht. Er spürte einen intensiven Blick auf sich ruhen und schielte nach links, wo Bastion neben ihm sass. Der Ältere betrachtete ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck, der ihn ein wenig verunsicherte. „Nicht zu ändern. Nun, Zaloog wird dich herausfordern. Aber du kennst die Regel: Du wirst nicht allein gehen, das ist zu gefährlich." „Ja, Jaden." „Gut. Die Versammlung ist beendet!" Die Gruppe löste sich auf und begab sich zum Unterricht, in die Bibliothek oder in den Lesesaal. Chazz, der eine Freistunde hatte, verkroch sich in sein Zimmer und begann, sein Deck neu zu mischen und ein paar Karten zu sortieren. Ein Kratzen vom Fenster her ließ ihn aufhorchen. Ein Skorpion krabbelte draußen herum. Er öffnete das Fenster und das Insekt glitt über das Sims auf seinen Schreibtisch und von dort auf den Teppich, wo es sich wie beim letzten Mal in Flammen verwandelte und eine Botschaft aus Hieroglyphen hinterließ. „Heute gegen Sonnenuntergang auf der Waldlichtung. Ich erwarte dich." Die grauen, bedrohlichen Wolken hingen immer noch wie ein unheilvolles Gebilde über der Duellakademie. Es schien, als wolle das Gewitter den günstigsten Zeitpunkt zu seinem Ausbruch abwarten. Der Hüter des Sechsten Tores schnallte sich seine Sai um und machte sich auf zum ersten Gefecht der Schatten, das er als Herausgeforderter bestreiten würde. Die Sonne versank gerade am Horizont, als er die Lichtung erreichte. Don Zaloog war bereits anwesend, flankiert von seinen Gefolgsleuten, ein verächtliches und widerliches Grinsen im Gesicht. „So sehen wir uns wieder, Shezar. Erinnerst du dich an das hier?" Er deutete auf seinen Schattentalisman, der einst ein Gürtel gewesen war, ehe er ihn zu einer Art Augenklappe hatte umschmelzen lassen, um seine entstellten Züge zu verbergen. „Ich erinnere mich. Und ich bereue es nicht. Du hast es verdient!" „Immer noch so arrogant wie damals. Du wirst niemals dazulernen. Also, um dem Protokoll genüge zu tun - das hier sind meine Kämpfer, die besten Attentäter, die man für politischen Meuchelmord engagieren kann. Gorg, der Hüne. Cliff, der Fallensteller. Meanae, der Dorn. Und mein Sohn Chick, der tödliche Akrobat. Ich bin der Anführer dieser prächtigen Bande und der Vierte Schattenreiter. Bist du bereit, dich mit mir zu messen?" „Jederzeit! Duell!!" Es war dunkel geworden. Zaloog zog sein Schwert und stürzte sich ohne Vorwarnung auf seinen Gegner. Die Zinken der beiden Sai [1] gekreuzt, wehrte Chazz den Schlag ab und schleuderte ihn nach hinten. Der Attentäter lachte nur höhnisch, wirbelte herum und trat dem jungen Mann die Beine weg, sodass er zu Boden fiel. Er holte mit seiner furchteinflößenden Klinge aus, aber der Anubis Black rollte sich flink zur Seite, sprang dabei auf die Füße und blockte den Hieb mit einer seiner Waffen. Mit nur einem Arm konnte er dem mörderischen Druck jedoch nicht standhalten und er musste den Kontakt abbrechen und ausweichen. Er trat während dieser Bewegung in ein Büschel Gras und hing plötzlich in der Luft, um seinen rechten Knöchel hatte sich ein Seil geschlungen. „Was zum Teufel....?!" „Oh, hatte ich das nicht erwähnt? Cliff hat ein paar Fallen für dich ausgelegt, damit du es nicht zu einfach hast. Du müsstest doch wissen, dass ich nicht fair spiele." Chazz bog den Rücken durch und zerschnitt das Seil. Er landete unsanft auf seinem verlängerten Rücken, rappelte sich aber schnell wieder hoch. „Was für ein feiger Zug. Aber ich bin nicht überrascht. In einem fairen Kampf kannst du natürlich nicht gewinnen! Andere die Drecksarbeit erledigen lassen, darin bist du ein Meister!" „Du solltest besser nicht so vorlaut sein. Wenn ich dich erst vernichtet und meine Rache genossen habe, werden meine Leute und ich auch die restlichen Anubiskrieger umbringen und uns ihre Schlüssel aneignen! Unser Gebieter wird sehr zufrieden sein!" „Das lasse ich nicht zu!!" Er rannte auf Zaloog zu, als Meanae, der weibliche Auftragskiller, ihre Peitsche knallen ließ und eine weitere Falle aktivierte, an der sie offensichtlich beteiligt war. Und es war keine gewöhnliche Falle, sondern eine, die mittels Schattenmagie erzeugt wurde. Aus dem Boden brachen unzählige Dornenranken hervor, die seinen Körper umwickelten wie Schlingpflanzen. Die spitzen Dornen, hart wie Stahl, stachen durch seine Hose und seine Stiefel, nur der Mantel mit dem eingenähten Kettenhemd verhinderte, dass sie auch in seinen Oberkörper eindrangen. Aber sie zerstachen seine Beine und seine Füße; er fühlte, wie warmes Blut über seine Schenkel und Zehen lief und schrie auf vor Schmerz. Dann spürte er ein Pieken an seinem Hals und an seiner Schläfe und ein eisiger Angstschauer durchfuhr ihn. „Die Schwarzen Skorpione agieren als Einheit. Ich kämpfe niemals allein und deshalb wird unser Duell rasch vorbei sein. Die Dornen werden dich aufspießen....einer wird deine Halsschlagader durchtrennen und der andere wird sich in deinen Kopf bohren. Grausam, ja. Aber äußerst amüsant." „Vater!! Was soll das? Du hast mir versprochen, ihn schnell und nicht grausam zu töten!!" „Aber, aber, mein Sohn. Wann hätte ich je ein Versprechen gehalten?" Er lachte selbstgefällig und Chick drehte sich der Magen um. Er wollte nicht, dass Chazz starb, aber solange er vor seinem Vater das gehorsame Kind spielen musste, musste er wenigstens so tun, als würde er seinen Tod erwarten. Dennoch....wenn er nichts unternahm.... Dem Krieger war schlecht vor Furcht. Seine Sai konnte er nicht benutzen, da die Ranken seine Arme umsponnen. Glühender Schmerz loderte in seinen Nerven, aber sein Zorn stieg mit jeder Sekunde. Er schluckte und merkte dabei, wie der Dorn an seiner Kehle die Haut ritzte. Sein Feind wollte seinen Tod genießen. Er sollte leiden und gewiss nicht schnell sterben, gleichgültig, was er seinem Sohn erzählt hatte. Er schloss die Augen und dachte an jene schreckliche Nacht, in der Kail getötet worden war, jene Nacht, in der er den Mann verloren hatte, den er über alles liebte. Er hörte das herrische, spöttische Gelächter aus der Vergangenheit, das sich in seinem Kopf mit dem Gelächter vermischte, das Don Zaloog soeben hören ließ. Wilder Triumph glitzerte in seinem erbarmungslosen Blick. Die schicksalshaften Dornen schoben sich ein paar Millimeter weiter vor und übten Druck auf Hals und Schläfe aus. Die Erinnerungen brannten in seiner Seele wie heißes Metall und jagten sich in einem rasenden Reigen intensiver Gefühle, die Chazz schier den Atem raubten. Finsternis und Dämonen. Angst. Entsetzen. Kampf und Blut. Entschlossenheit. Mut. Sieg und Niederlage. Tod! Tränen. Verzweiflung. Schmerz! Schmerz!! Nichts als Schmerz, körperlich wie seelisch. Und Wut. Maßlose Wut!! Und noch etwas....etwas viel stärkeres, machtvolleres. Hass. Er hatte immer geglaubt, Hass sei ein heißes, versengendes Gefühl, aber nun wusste er, was Hass in Wirklichkeit war - ein tiefer, eiskalter Abgrund ohne Boden, von dem man verschluckt wurde. Keine Hitze, kein Feuer. Kälte. Gnadenlose Kälte, die einen verschlang, wenn man nicht aufpasste. Seine Muskeln spannten sich an, hart und fest unter geschundenem Fleisch. Donner grollte über ihm, ein Blitz zuckte über den Himmel. Regentropfen prasselten aus den Wolkenschleusen auf die Erde herab, rauschten wie ein Wasserfall über Menschen, Tiere und Pflanzen hinweg. Der Schlüssel um seinen Hals begann zu leuchten. Mit zusammengebissenen Zähnen und funkelnden Augen riss er sich los; die Ranken gaben unter der pulsierenden Energie des Schlüssels und seiner Muskelkraft nach und er stürmte auf seinen Gegner zu, der ihn fassungslos anstarrte. „Sieh an! Ich habe dich unterschätzt! Ein Grund mehr, noch unfairer zu spielen als bisher!" Der Fallensteller trat ihm in den Weg, doch Chazz schlitzte ihm ohne langes Zögern den rechten Arm auf, sodass er schreiend zusammensackte. Meanae schleuderte ihre Peitsche, doch er wich mit einem Überschlag aus und traf sie in die Seite, wo er ihr eine tiefe Wunde beibrachte. Als nächstes sah er sich dem Riesen Gorg gegenüber. Auf dem glitschigen, nassen Gras schlidderte er bequem zwischen den stämmigen Beinen hindurch, ohne sich groß um ihn kümmern zu müssen und erreichte Zaloog, der mit gezückter Klinge seiner harrte. „Warum hast du mich nicht angegriffen, Chick? Willst du deinen Vater nicht verteidigen?" wandte sich der Sechzehnjährige an den Jüngeren, doch dieser schüttelte den Kopf. „Ich bin Attentäter geworden, weil ich als Attentäter geboren wurde. In Ägypten habe ich getötet, weil das meine einzige Überlebenschance war....und alles, was ich je gelernt hatte. Aber ich habe niemals Gefallen daran gefunden, jemanden zu töten. Duell der Schatten oder nicht....meiner Meinung nach sollte ein Kampf gerecht ausgetragen werden." „Ich glaube einfach nicht, was ich da aus deinem Mund höre! Die Kunst des Meuchelmords ist die einzige Kunst, die nie aussterben wird! Menschen wie wir werden immer gebraucht, mein Sohn! Unerwünschte Personen zu beseitigen, sei es aus Rache, Ehrgeiz, Gier oder Egoismus, ist ein Dienst, für den viele freiwillig hohe Summen bezahlen, um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen! Verstehst du das nicht? Unser Gewerbe ist das sicherste der Welt, denn alle Menschen sind Egoisten, alle sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht! Jeder von uns ist ein potentieller Mörder! Auch du, Shezar!" stieß er hervor und richtete sein Schwert auf seinen Kontrahenten, der ihm zornig vor die Füße spuckte. „Was redest du da, du verdammter Bastard! Es stimmt, es gibt Menschen, für die niemand sonst zählt außer ihnen selbst, und die bereit sind, für ihre eigenen Ziele über Leichen zu gehen! Aber es gibt auch andere Menschen, Menschen, die immer für ihre Freunde und ihre Familie da sind, Menschen, die ein tapferes und aufrichtiges Herz besitzen!!" Der Schattenreiter rümpfte angewidert die Nase und glich in diesem Moment einem vornehmen Herrn, den eine Ratte anekelt. „Wie abscheulich gutgläubig! Du hast keine Ahnung. In jedem von uns erwacht von Zeit zu Zeit der Wunsch zu töten - wenn auch nicht der Wille. Hast du nicht schon selbst einmal gesagt: ‚Manchmal könnte ich ihn erwürgen!‘ oder hast du nicht schon einmal jemand anderen sagen hören: ‚Ich würde sie oder ihn am liebsten umbringen!‘ Alle diese Äußerungen sind wörtlich zu nehmen, denn der Verstand ist in solchen Augenblicken vollkommen klar. Man möchte den und den umbringen, aber man tut es nicht. Der Wille muss den Wunsch erst genehmigen. Bei kleinen Kindern funktioniert diese Bremse noch unvollständig. Ein Junge aus meinem Heimatdorf hatte sich eines Tages über sein Kätzchen geärgert und ihm gedroht: ‚Sei still, oder ich schlage dich auf den Kopf und du bist tot!‘ Er handelte wie angekündigt, um einen Moment später mit Schrecken festzustellen, dass das Kätzchen nicht mehr zum Leben zu erwecken war. Jeder von uns ist fähig, zu töten! Ich bin ein Auftragskiller, Shezar, und du ein Krieger des Anubis. Wir sind von der gleichen Art." „Ich kann nicht fassen, dass du dir anmaßt, so etwas zu behaupten! Die Krieger des Anubis sind die Wächter der Sieben Schlüssel und der Sieben Tore, die die Heiligen Ungeheuer beschützen! Ihr dient einem Verräter, während unsere Loyalität dem Pharao galt! Wir sind nicht gleich!!" „Sind wir nicht?" meinte Don Zaloog in boshaftem Ton und schwang sein Schwert, das mit einem lauten Klirren auf die Zinken der gekreuzten Sai traf. „Unsere Kennfarbe ist schwarz. Die eure auch. Ihr seid ausgebildete Kämpfer, genau wie wir. Ich finde nicht, dass wir uns so unähnlich sind. Was ist? Du hast doch geschworen, dich zu rächen. Du hast geschworen, mich zu töten. Fehlt dir plötzlich der Mut?" Ringerarme packten Chazz und zerrten ihn von dem Anführer der Skorpione fort. Es war Gorg, der den jungen Mann in einen brutalen Schwitzkasten nahm. Unter dem zermalmenden Griff knackten seine Knochen. Seine schmerzenden Füße und Beine protestierten qualvoll bei dieser rohen Behandlung und er unterdrückte ein gepeinigtes Stöhnen. „Dummer Narr! Du weißt einfach nicht, wann du aufgeben solltest! Ich werde dir dein Herz herausschneiden und es an meinen Skorpiondämon verfüttern, du einfältiger, wertloser Bengel! Du wirst dafür bezahlen, dass du mich entstellt hast!" „Nicht so schnell, Schattenreiter!! Hast du da nicht was vergessen!?!" Zwei Klingen surrten durch den Regen und schlitzten dem Hünen die rechte Schulter auf. Er ließ sein Opfer los und presste keuchend eine Hand auf die Verletzung. Jaden war auf der Lichtung erschienen, dicht gefolgt von den fünf anderen Anubis Black. „Hm, der berühmte Kail beehrt mich mit seiner Anwesenheit. Wie praktisch, dass ihr alle hier seid - so können wir euch auf einen Schlag erledigen!!" Er wollte sich auf den Brünetten stürzen, doch Chazz kam ihm zuvor. Als er sah, dass Jaden in Gefahr war, rappelte er sich auf, den pochenden Schmerz ignorierend, der seinen gesamten Körper erfüllte, und holte mit einem seiner Sai aus. »Nein!! Ich werde nicht zulassen, dass du ihm noch einmal etwas antust!! Ich habe es geschworen! Ich habe es geschworen!!!« Wie eine Raubkatze sprang er nach vorne, auf seine Beute zu, und bohrte die Mittelzacke in seinen Bauch. Ein merkwürdiges Gurgeln drang aus Zaloogs Kehle, als Chazz sie herauszog, feucht und rot. Er stürzte auf die Knie und Blut lief aus seinem Mund. Der Wächter des Sechsten Tores wirbelte herum und verpasste ihm einen Hieb gegen die Halsschlagader. Mit einem Röcheln fiel der Schattenreiter nach hinten und sein Blut benetzte den nassen, schlammig gewordenen Waldboden. Er war tot und sein Körper löste sich langsam in Sand auf. „Meister!" riefen seine Gefolgsleute klagend im Chor, und auch sie begannen, zu Sand zu zerfallen - alle bis auf Chick. „Was....geht hier vor?" „Onuris hat uns aus Sand wiedererweckt, mit Hilfe von Schattenmagie, die tote Materie beleben kann. Vor viertausend Jahren sind wir hingerichtet worden, nachdem es uns gelungen war, ein zweites, erfolgreiches Attentat auf Pharao Tutangaton zu verüben. Das Zentrum des Zaubers, der uns am Leben hält, stellt mein Vater dar, wir anderen sind mit ihm verbunden." Er blickte auf seine linke Hand hinunter, die sich nach und nach in Sand verwandelte. „Wenn er stirbt, werden auch wir ausgelöscht. Chazz....du sollst wissen, dass ich keinen Groll gegen dich hege, weil du meinen Vater getötet hast. Hätte er erfahren, dass ich euch gewarnt habe, hätte er mich eigenhändig umgebracht. Ich wollte euch danken....dafür, dass ich ein paar Tage als Mitschüler bei euch leben durfte....und ich danke dir für deine Freundschaft, Syrus." Sein rechtes Bein löste sich auf und er verlor das Gleichgewicht. Der Hüter des Zweiten Tores lief zu ihm hin und legte seine Arme um ihn. „Du Dummkopf! Wenn du wusstest, dass du stirbst, sobald Zaloog stirbt, warum hast du uns überhaupt gewarnt? Dir muss doch klar gewesen sein, dass wir ihn töten würden! Das ist gemein! Ich will nicht, dass du verschwindest! Ich habe dich sehr gern! Ich will, dass wir zusammenbleiben! Bitte....bitte bleib hier....!" „Du bist wirklich süß....ich habe dich ehrlich liebgewonnen, Sy. Meine Gefühle dir gegenüber waren immer aufrichtig, auch wenn ich ein Schwarzer Skorpion bin. Hast du meine Worte nicht vergessen? Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Der Schlüssel um deinen Hals schützte ursprünglich Götter und keine Ungeheuer. Und mein Vater hat recht. Wir sind von der gleichen Art. Ihr wisst es nur nicht. Die Schriftrolle....zeigt den Gott Amun....ihr seid...." Sein Körper zerfiel endgültig und rieselte Syrus durch die Finger. Der Regen machte den Sand nass und schwer und die dicken Tropfen vermischten sich auf seinem Gesicht mit seinen Tränen. „Nein!! Das ist nicht fair! Er war mein Freund! Warum bloß?" Zane kniete sich zu ihm und umarmte seinen kleinen Bruder wortlos. Wieder blitzte und donnerte es heftig. „Woher wusstet ihr, dass ich hier bin?" erkundigte sich der Dunkelblauhaarige. Bastion ging zu ihm hinüber und half ihm auf die verletzten Beine. „Du bist nicht der einzige, der sich an Kails Todestag erinnert hat. Als du uns von deinen Alpträumen erzählt hast, erkannte ich sofort, dass sie die Erinnerung darstellten, die ich vor einiger Zeit zurückgewonnen hatte. Ich hatte gehofft, du würdest dich nicht allein in diesen Kampf werfen, aber du hast geschwiegen. Ohne die eingebrannte Botschaft auf deinem Teppich hätten wir dich nicht gefunden und hätten dich nicht retten können. Du kannst uns doch vertrauen, Chazz! Hättest du gleich den Mund aufgemacht, hätten wir dir von Anfang an beistehen können! Mir ist klar, warum du das Duell allein bestreiten wolltest, aber du hast dich auf diese Weise leichtsinnig in Gefahr gebracht! Wir sind ein Team und wir handeln als Team! Warum kapierst du das nicht?" Jaden trat zu ihnen. „Wir bringen dich erstmal zur Krankenstation. Wenn sich Doktor Ishida um deine Wunden gekümmert hat, kommst du in mein Zimmer. Ich habe mit dir zu reden." Eine halbe Stunde später waren die Verletzungen desinfiziert und gereinigt und Beine und Füße sorgsam verbunden. Da er nicht richtig gehen konnte, bekam Chazz einen Rollstuhl, um seine schmerzenden Füße zu schonen, denn bis auf weiteres durfte er sie nicht belasten. Bastion fuhr ihn zu Jadens Zimmer und entfernte sich nach dem Klopfen. Die Tür wurde geöffnet und er rollte hinein. Der Braunhaarige hatte seinen Uniformmantel ausgezogen und achtlos aufs Bett geworfen, er trug also nur noch das enge schwarze Tank Top, das seine Muskeln so schön abzeichnete. Er schloss die Tür wieder und sah den anderen kühl an. „Ich dachte, du kennst die Regel. Niemand kämpft im Alleingang! Ich mag es nicht als Befehl formuliert haben, aber nichtsdestotrotz war es ein Befehl. Warum hast du mir nicht gehorcht?" „Ich....ich hatte persönliche Gründe für den Kampf." „Persönliche Gründe! Zane hatte auch persönliche Gründe für sein Duell gegen Camilla, aber er ist nicht allein gegen sie angetreten - und er hat sich auch nicht heimlich davongestohlen, so wie du! Was hast du dir dabei gedacht?!" „Du verstehst nicht. Ich war durch einen Schwur an Don Zaloog gebunden. Ich musste ihn selbst bekämpfen!" „Dieses Recht hätte dir niemand streitig gemacht, glaub mir! Die offizielle Herausforderung gilt immer nur einem! Aber du hast meinen Befehl missachtet und wärest beinahe getötet worden! Als dein Anführer bin ich für dich verantwortlich!" In Chazz regte sich der Trotz. „Ach ja, natürlich, du bist mein Anführer! Bildest du dir ein, etwas Besseres zu sein, oder was?!" „Sei nicht albern. Du weißt genau, dass ich nicht um diese Verantwortung gebeten habe! Und ich bilde mir nie ein, etwas Besseres zu sein! Das trifft eher auf dich zu!! Ist dir eigentlich klar, was ich mir für Sorgen gemacht habe, als du plötzlich weg warst? Du hast meinen Anordnungen Folge zu leisten und dir keine Extrawürste zu erlauben! Du hättest mit deinem Leben dafür bezahlen können!" Entgegen der Anweisung des Arztes stand der Sechzehnjährige auf, postierte sich mit in die Hüften gestemmten Fäusten vor dem Wächter des Siebten Tores und funkelte ihn erbost an. „Du hast doch keinen Schimmer! Ich habe bei meinem Blut geschworen, diesen Bastard zu töten! Das war mein Kampf! Ihr hättet euch nicht einmischen dürfen, du am allerwenigsten! Ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten! Warum kannst du das nicht akzeptieren?!" „Weil dein Verhalten leichtsinnig war - und weil ich recht habe!!" In Jadens feurigen Augen loderte ein Zorn, der dem seines Gegenübers absolut ebenbürtig war. Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, was ihnen einen feuchten Glanz verlieh, und seine Hand zuckte über die Schulter, als wolle er nach einem seiner Schwerter greifen. Diese wilde, kriegerische Geste fachte Chazz‘ brodelnden Ärger noch mehr an und weckte zugleich heißes Verlangen in ihm. Die Wut verwandelte Jadens jugendliche Schönheit in die atemberaubende, sinnliche Macht eines herangewachsenen Mannes. Auch er war erregt, wie sein schnelles Atmen und seine geröteten Wangen verrieten. „Ich wollte es nicht sein, aber da ich nun mal dein Anführer bin, hast du mir zu gehorchen!! Ende der Diskussion!!" „Und was tust du, wenn ich dir nicht gehorche!?" stieß Chazz provozierend hervor. „Wirst du mich bestrafen? Mich bei Direktor Sheppard anschwärzen? Dich mit mir duellieren? Oder mich gar aus der Gruppe ausschließen? Unsere Freundschaft aufkündigen? Dann tu dir keinen Zwang an, ich pfeife auf unsere Freundschaft!!" Dieser Satz glich einem Messerstich, der sich brutal in sein Herz bohrte. Jaden starrte ihn an, wütend und verletzt. Seine Augen glitten über das dunkle Haar und die perlweiße Haut, über den schlanken, athletischen Körper hinweg, zurück zu dem makellosen Antlitz mit den rosigen, bebenden Lippen. Unwillkürlich streckte er die Arme aus und legte sie fest auf die anmutigen Schultern. Ihre Blicke versanken ineinander, und beide erkannten, dass sie im Geiste dasselbe Bild vor sich hatten - ein Bild von ihnen beiden, wie sie sich leidenschaftlich küssten und ihre nackten, schwitzenden Leiber aneinander pressten. Endlose, spannungsgeladene, elektrisierte Sekunden verstrichen zwischen ihnen....bis Yuki in einer raschen Bewegung den anderen in seinen Rollstuhl zurückwarf und aus seinem Zimmer schob. Seine Tür knallte zu. Chazz hockte da, immer noch keuchend, mit schweißnassen Schläfen und wild pochendem Herzen. Mechanisch begab er sich in seinen eigenen Raum und setzte sich auf sein Bett. Während er versuchte, das eben Geschehene zu verarbeiten, spürte er eine unangenehme Enge in seiner Hose und errötete vor Scham. Er war....oh Gott, und wie. Die unweigerliche Reaktion seines Körpers auf die starke sexuelle Begierde, die er bei dem Streit mit Jaden empfunden hatte. Er warf sich seufzend in die Laken und starrte an die Decke. »Verdammt, warum bin ich bloß so stur? Er hat gesagt, er hat sich Sorgen gemacht. Und er hat recht, in seiner Position ist er für uns alle verantwortlich. Ich hätte nicht gleich so ausrasten dürfen - und er war sauer, weil er Angst um mich hatte. Wie konnte ich nur sagen, ich würde auf unsere Freundschaft pfeifen? Ich bin so blöd! Ich liebe ihn doch....begehre ihn....« Plötzlich ertrug er es nicht mehr. Er entkleidete sich und humpelte ins Bad, abwechselnd den rechten und linken Fuß belastend. Er schlüpfte in die Duschkabine und drehte das heiße Wasser auf. Die Wärme wirkte beruhigend auf ihn und seine Hand fuhr zögernd zu seinem „Problem" hinunter. »Warum bin ich in deiner Gegenwart immer stumm, Jay? Warum kann ich dir nicht gestehen, was ich für dich empfinde? Ich will dich sosehr....warum....?« Draußen tobte das Gewitter endlich mit voller Wucht. Professor Banner, in Regenmantel und mit aufgespanntem Schirm, den er mühsam gegen den Wind stemmte, betrachtete die Sandhaufen, die zurückgeblieben waren. Die letzten Spuren des Gefechts. »Chick, mein Junge....ich bedaure, dass es so gekommen ist. Aber ohne Schlüssel haben wir nicht die Macht, sie zu vereinen. Und wenn wir sie nicht vereinen, könnte sich die Geschichte wiederholen. Sie weg zu sperren, bringt nichts. Dunkle Seelen finden das Dunkle und benutzen es für ihre eigenen Ziele. Ruhe in Frieden, mein Freund.« Damit ging er. [1] Ich weiß endlich, was das für Dinger sind, die ich immer so schön als "Spieße" umschrieben habe! Das allererste Mal habe ich sie in "Die Mumie kehrt zurück" gesehen, als die beiden Hauptdarstellerinnen im alten Ägypten aufeinander losgegangen sind. Damals dachte ich deswegen auch, die Dinger wären ägyptische Waffen und habe mich geärgert, weil ich nichts über sie herausfinden konnte. Das liegt daran, dass diese "Spieße" in Wirklichkeit japanisch und nicht ägyptisch sind. Man nennt sie SAI und sie sind so ähnlich aufgebaut wie eine Gabel oder ein Dreizack. Die Mittelzinke ist etwa doppelt so lang wie die beiden äußeren. Die Sai sind je nach Ausführung zwischen 45 cm und 52 cm lang (im besten Fall etwas länger als der Unterarm) und heute meist verchromt oder mattschwarz. Der Schaft ist zumeist rund oder oktagonal. Das Sai existiert in einer Vielzahl von Varianten und wird meistens paarweise geführt. Für diejenigen unter Euch, die sich Chazz' Waffe immer noch nicht vorstellen können, habe ich ein Bild davon in den Charakterguide aufgenommen, dort könnt Ihr's Euch ansehen. Nachdem ich endlich Bescheid weiß, werde ich auch den Begriff SAI weiterhin benutzen. Bis zum nächsten Mal!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)