Menschen, die auf Gras wandeln I+II+III von masamume ================================================================================ Kapitel 28: ------------ Kapitel 28 Er führte seinen Pharao eine Weile auf dem Markplatz umher und zeigte ihm voller Elan die vielen bunten und schönen Dinge hier, um ihn auch weiter ein wenig abzulenken, über was auch immer er nachdachte. Und doch sah er die kurze Aufhellung schnell wieder vergangen. Nach nur wenigen Momenten der Freude und einem schnellen Kauf eines aus Holz geschnitzten Pferdes für den Prinzen Daheim, kehrte die alte Traurigkeit, die ewige Verträumtheit in seinen Ausdruck zurück. Er ließ seinen Blick über die vielen Menschen und Dinge schweben und schien doch kaum etwas davon wirklich wahrzunehmen. Seine Gedanken waren ganz woanders und er überhörte das vorsichtige Fragen seines Soldaten einfach. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern einfach, weil er innerlich im Moment ganz woanders war. Was konnte es nur sein, dass es den sonst so überlegten Pharao so abwesend träumen ließ? Was sagte dieser sehnsüchtige Blick in seinen herrschaftlichen Augen? Was war es nur, was sein Herz forderte und selbst ein etwas stumpfer Mensch wie Penu dieses wortlose Bitten sehen konnte? Doch ihn danach fragen, konnte er nicht. Es wäre nicht nur unhöflich, sondern auch über seine Befugnisse hinaus. Wenn er etwas zu besprechen hatte, dann tat er das meist mit Fatil, wenn er einen Freund oder mit Seth, wenn er einen Mann der Götter brauchte. Mit einem Soldaten würde der König niemals die Dinge besprechen können, von welchen das Wohl des Reiches abhing. Denn das wusste letztlich jeder: Von der Stimmung des Königs wurde alles im Lande Ägypten gelenkt. „Penu?" „Ja, mein Pharao?" horchte er sofort auf, als er nach Minuten des Schweigens seinen Namen vernahm. „Was ist das für ein Haus dort?" Er zeigte auf ein rotgelb geziertes Haus am Rande des Marktplatzes. Es lag etwas entlegen an einer Ecke und davor war etwas weniger Gedränge. Dafür aber hatte es drei Stockwerke und mit dieser bunten Bemalung stach es doch ein wenig hervor, auch wenn es ganz in einer ruhigen Ecke lag. „Nun ..." überlegte nun auch Penu, dem dieses Haus auch schon ins Auge gefallen war. „Ich sehe dort seit einiger Zeit Männer ein- und ausgehen und eben auch ein auffallend hübsches Mädchen." Er führte seinen Pharao langsam durch die wabernde Menschenmenge darauf zu und erkannte es dann doch sofort. „Seht ihr das Zeichen über der Tür?" „Ja, dieses dreizackige schwarze" nickte er gleich. „Was bedeutet das?" „Majestät, Ihr könnt es nicht wissen, denn Ihr seid niemals da gewesen. Dieses Haus ist ein Freudenhaus." „Ein Freudenhaus?" „Ja, Ihr wisst schon" druckste er bei seiner nun doch etwas geflüsterten Erklärung dafür. „Ein Haus für ganz gewisse Freuden." „Ach, ein Freudenhaus" wiederholte er aufgeklärt. „Aber das Freudenhaus in der Hauptstadt trägt ein anderes Zeichen." „Das liegt daran, dass wir hier in der Wüste sind. Dieses Haus ist nicht so groß wie jenes bei uns Zuhause. Das Zeichen beschreibt, wie viel geboten wird und wie hoch die Preise sind. Es bedeutet die Qualität." „Ach ..." Das hatte er nicht gewusst. Er dachte, es gäbe nur dieses eine Zeichen für diese Art von Häusern. Dass es aber von der Größe und dem dortigen Angebot abhing, das hatte er nicht gewusst. Woher auch? Seine Lustsklaven kamen zu ihm und er ging nicht in ein solch öffentliches Gebäude. Und über Preise wusste er dort auch nicht viel. Er wusste aber, dass sich die Bordelle darin unterschieden, wie teuer sie waren. Das war wichtig und wurde auch von offizieller Stelle so gut es ging für die Kundschaft gelenkt. Ein billiges Haus versprach schnellen Sex für wenig Münzen, aber häufig auch kranke und ungebildete Sklaven, schlechtes Essen und schmutzige Räume. Ein teureres Haus bot im Mindestfalle ein sauberes Bett und achtete auf die Gesundheit der dort arbeitenden Lustsklaven. Es war wichtig, dass man wusste, worauf man sich einließ, um sich nicht unwillentlich eine Krankheit einzufangen. Zwar hatte der Palast erlassen, dass es einen gewissen Standard für die Sklavenhaltung geben sollte, aber leider wurde sich nicht immer daran gehalten, weil die Gesetze hierfür noch zu neu waren. Deshalb der Übergang durch die Kennzeichnung über den Eingangstüren. Somit waren indirekt auch die Bürger aufgerufen, schlechte Häuser mit kranken Sklaven zu meiden und somit in hoffentlich einigen Jahren diese Art von unwürdiger Menschenarbeit auszurotten. Nur eines von vielen Projekten, welche dem Pharao persönlich sehr am Herzen lagen. „Und?" fragte er auch etwas leiser weiter. „Ist dieses Haus ein gutes oder ein schlechtes?" „Ein gutes" antwortete Penu ihm. „Die Sklaven sind nicht wirklich gebildet, aber sie sind sauber und gesund. Sie leben dort auch und nicht auf der Straße. Das ist es, was das Zeichen sagt." „Aha ... woher weißt du das so genau?" „Majestät ..." Da wurde der Gute doch etwas berührt rot um die Nase. „Ihr wisst doch ... ich habe keine Frau Zuhause." „Ach so. Natürlich." Okay, Penu kannte sich bei so was also aus. Warum auch nicht? Er bekam als Soldat beim König einen guten Sold und hatte weder Frau noch Kind zu ernähren. Er war viel unterwegs und letztlich war auch er nur ein Mann mit gewissen Bedürfnissen. Ein Bordell zu besuchen, war keine Schande. Und eigentlich ... „Ich möchte dort hinein." Er wurde noch verrückt. Solche Sachen wie die Peinlichkeit vor Seth heute Morgen durfte einfach nicht noch mal passieren. Und auch vorhin war er wieder mit dieser Scham erwacht. Vielleicht würde eine Stunde mit einem Lustsklaven ein wenig Abhilfe schaffen und ihm wenigstens ein wenig Erleichterung für die Weiterreise geben. „Ihr wollt ... dort hinein?" flüsterte Penu noch mal etwas leiser. Konnte ja sein, dass er sich verhört hatte. „Majestät ... wir können auch zurück in die Herberge gehen und ich bringe Euch einen Sklaven. Ihr müsst nicht dorthin." „Ich will es aber" wiederholte er entschieden. Nur nicht in der Herberge. Seth hatte sein Zimmer doch ganz in der Nähe. Wenn er sah, wie Atemu sich einen Lustsklaven kommen ließ, einen Menschen, welcher ähnliches Leid wie er selbst erduldet hatte ... nein, er wollte nicht sehen, wie enttäuscht er blicken würde. Das würde nur wieder Erinnerungen lostreten, welche er nicht haben sollte. Seth sollte nicht sehen, wie unwürdig sein großer Retter war, dass er solchen Nöten nachgeben musste. Er hatte schon heute Morgen den Zwang verspürt, unheilig zu handeln. Wenn Atemu ihm nun noch einen Sklaven vorführte ... nein, er wollte nicht in Seths Augen blicken und ihm das erklären müssen. Langsam führte Penu das Pferd und seine teure Last an den Rande des Marktplatzes, wo der Pharao dann abstieg und die letzten Meter neben seinem Soldaten herging bis sie vor der großen Eingangstür Halt machten, welche einladend geöffnet war. Heraus drangen Töne eines ruhigen Gesprächs und ein guter Duft von Wasser und Ölen, von Blumen und kühler Luft, getragen von ein wenig leiser Flötenmusik. Die Schwelle der Tür war gut gefegt und es lag kein Müll herum. Ja, es sah aus, als wäre dies ein gepflegtes Haus. Penu band das Pferd an den Balken davor, als sogleich ein dünner Junge in dunkelgrauem Rock und etwas zu großem Wickelhemd herausgelaufen kam. Sein dunkles Haar ganz kurz geschoren und sein junges Gesicht ein wenig eingefallen, was seine tiefbraunen Augen nur noch größer scheinen ließ. Er blieb direkt an der Türschwelle stehen und verbeugte sich tief vor den zwei Gästen. „Guten Tag, werte Herren" sprach er voller Ehrerbietung. „Möchtet Ihr unser Haus besuchen?" „Ja, das möchten wir gern" sprach Atemu für sich selbst etwas erschrocken über das junge Alter. „Arbeitest du dort etwa?" „Oh ja!" nickte er sofort eifrig. „Seit einigen Tagen. Ich darf die Pferde, Esel und manchmal auch Kamele anbinden und auf sie aufpassen." „So ist das also." Er seufzte erleichtern auf, dass dieses Kind also nicht zu den Lustsklaven gehörte. Schlimm genug, dass es überhaupt erzwungene Lustsklaverei gab, aber Kindersklaverei war in dieser Sparte vom Palast streng verboten und wurde mit schwersten Strafen belegt. „Dann nimm mal unser Pferd, Junge" bat Penu und ließ sich von dem eifrigen Diener die Zügel aus der Hand nehmen. „Wie heißt es denn?" wollte der Junge aufgeregt wissen. „Eine sie" berichtigte Atemu freundlich. „Idema heißt sie. Gefällt sie dir?" „Ja, eine schöne Stute. Ich werde gut auf sie aufpassen und sie tränken. Soll ich ihr auch etwas Futter geben?" „Ja, tu das" lachte Atemu und hatte sein Herz sofort an diesen Jungen verschenkt. Er wusste nicht, wo er herkam, dass er seit kurzer Zeit im Freudenhaus arbeitete, aber er schien viel Freude an seiner Arbeit zu haben. Auf die Reittiere der Kunden aufpassen, war eine gute Arbeit für ein Sklavenkind. Und dass er ein Sklavenkind war, war nicht zu übersehen. In manchen Teilen des Landes wurden bis vor einiger Zeit noch niedere Sklaven, Sklavenkinder von Sklaven geboren, mit Narben an der Hand gekennzeichnet. Es war zwar mittlerweile verboten, aber dennoch gab es viele Menschen, welche so für ihr ganzes Leben verdammt waren. Und dieser Junge trug die typischen Narben in Form eines Kreuzes auf beiden Handrücken. Also war er schon als Sklave in diese Welt geboren. Auf ein Nicken des Pharaos hin gab Penu ihm eine kleine Silbermünze in die Hand und fing sich sofort einen überraschten Blick der großen, dunklen Kinderaugen ein. „Im Voraus für deine Arbeit" erklärte er. „Pass gut auf das teure Pferd auf." „Habt vielen Dank, werte Herren!" dankte er lautstark und kniete sich sogar auf dem Boden vor Penu nieder. „Vielen Dank!" „Gern geschehen." Penu hob den Jungen von dem staubigen Boden auf und klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Vielen Dank" sagte er auch ergeben zu Atemu herüber, dessen Lächeln er unter dem Schleier gar nicht sehen konnte. „Schon gut" beschwichtigte der mit seichter Stimme. „Kommst du, Penu?" Der ließ den Sklavenjungen beim Pferd stehen und war sich sicher, dass er bestimmt gut für das königliche Tier sorgen würde. Er folgte seinem Pharao durch die offene Tür und stand gemeinsam mit ihm in einem großen Saal. Von draußen vermutete man gar nicht, die Größe hinter diesen Mauern. Die Fenster waren mit dünnem, lichtdurchlässigem Stoff vor neugierigen Blicken geschützt und in sicherem Abstand verteilt, fanden sich Sitzgruppen mit dickholzigen, kreisrunden Tischen und ebenso aufgeplustert gepolsterten Sitzkissen. Die Wände waren mit schönen Blumenranken im typisch ägyptischen Stil bemalt und die Farben waren ebenso gedämpft wie die Musik des Flötenspielers hinten in der Ecke. Alles wirkte sehr ruhig, einladend und gemütlich, direkt kuschelig. „Guten Tag, meine Herren." Sie standen kaum drei Sekunden an der Tür und blickten sich um, da kam ihnen auch schon eine Frau entgegen. Nicht besonders groß, ein wenig mollig, aber durchaus hübsch anzusehen. Ein paar Falten an den Augen und den Mundwinkeln zeigten, dass sie viel lächelte und ihre dunkelgelbe Kleidung passte sehr schön zu ihren aufwendigen Augenbemalungen. Das dicke, schwarze Haar kunstvoll zusammen- und hochgesteckt und mit einem Ring aus festem Webstoff gesichert und verziert, wie auch ihre Arme und Füße von ähnlich gefertigten Bändern geschmückt wurden. „Guten Tag" nickte Atemu sie freundlich an. „Willkommen in unserem Haus" lächelte sie und machte eine höfliche Verbeugung vor den beiden. „Womit kann ich Euch behilflich sein?" „Gibt es eine Ecke, wo wir ungestört sprechen können?" bat Penu, als er sah, dass der Pharao seinen Schleier abnahm und damit diese kleine Bitte von selbst erklärte. „Nein" hauchte sie ganz überwältigt bei diesem Anblick. „Seid Ihr der Pharao?" Auch sie erkannte ihn sofort, selbst wenn noch etwas unsicher. Die meisten kannten seine Beschreibung und hatten schon Bildnisse von ihm gesehen. Statuen und Skulpturen waren zu seiner Krönung überall aufgestellt worden, sodass jeder das Antlitz des Herrschers im Herzen trug und schon mal irgendwo gesehen hatte. Doch natürlich sah der König lebendig etwas anders aus als eine Steinstatue. „Der bin ich" antwortete er beruhigend. „Und dein Name ist?" „Paneferher" antwortete sie und küsste die gereichte Hand ihres Königs voll Untergebung. „Es ist mir die größte Ehre, Euch begegnen zu dürfen, mein Pharao." „Ich freue mich auch sehr, Paneferher" wiederholte er höflich ihren Namen und zeigte sich so volksnah wie immer. „Und mein Begleiter hier heißt Penu. Mein Leibwächter und Freund." „Penu?" Und das war die typische Reaktion. Dieser Name passte einfach nicht auf einen stämmigen Mann, der kräftig gebaut war wie ein Zuchtbulle. „Auch Euch ein herzliches Willkommen, Penu" erbrachte sie dann aber doch mit einem höflichen Kopfnicken. Dass er nicht von Adel war, zeigten seine schwere Kleidung und das Zeichen auf seiner Schwertscheide sofort, aber dennoch empfing sie ihn so höflich wie jeden ihrer Gäste. „Bitte folgt mir." Sie ging voraus und schnippte mit dem Finger zur Seite zu zwei in leichten, orangenen Stoff gekleideten Mädchen, welche an der Seite standen und wohl nur auf einen Befehl warteten. Sie liefen voraus und zogen gemeinsam eine Konstruktion aus zusammenfaltbarem Holz aus der Wand. Auch dieses helle Holz war mit den gleichen, sanften Blumenmustern geschmückt und schied eine Sitzecke von den anderen ab. Noch bevor die Gäste im Schlepptau angekommen waren, verschwanden die Mädchen bereits mit wehendem Haar und hatten in aller Eile ein wenig Privatsphäre in diesem Saal hergestellt. Wirklich intelligent gemacht, diese Aufteilung. „Bitte, nehmt doch Platz, Majestät." Sie bot ihm eines der dicken Kissen an, auf welchem der wohl höchste aller Gäste sich niedersetzte, sein Leibwächter direkt daneben und schon waren die beiden Mädchen wieder da und stellten ihnen mit tiefer Verbeugung jeweils einen Kelch mit Wasser auf den Tisch. Und auch diese Mädchen waren hübsch anzusehen. Keine Kinder mehr, aber Frauen auch noch nicht. Ihre bemalten Augen und die Lippen unterstrichen ihre zierlichen Gesichter und der leichte Stoff ihrer Gewänder schmeichelte der noch leicht kindlichen Figur. Dies hier war wirklich eine neue Erfahrung für den König. Er machte sich viele Gedanken über die Freudenhäuser, aber selbst in einem gewesen, war er noch niemals. Er wusste nicht mal, ob diese Mädchen nun Lustsklaven oder einfach Dienerinnen waren, da er ihre Hände so schnell nicht hatte sehen können. Und wenn er etwas nicht wusste, fragte er frei heraus. Egal, was es war. „Sag mir, Paneferher, arbeiten diese Mädchen für dich als Dienerinnen?" „Ja, nur als Dienerinnen" bestätigte beruhigend. „Wir halten uns an die Richtlinien, welche vom Palast gegeben werden. Unsere Lustsklaven hier sind erwachsen, werden gut versorgt und ebenso gut behandelt. Ihr fragt sicher auch wegen des kleinen Efrabtep, welcher Euch draußen bestimmt begegnet ist?" „Ja. Er achtet auf die Reittiere?" „So ist es. Wir hatten vor einigen Wochen einen Sklavenhändler hier, der Kinder mit sich führte. Unser Stadthalter Abu Saphrem aber ist sofort eingeschritten. Nach dem Gesetz ist es verboten, Sklavenkinder ohne ausreichend Versorgung durch die Wüste zu führen und die Jungen und Mädchen waren wirklich bei schlechter Gesundheit. Der Händler wurde sofort festgenommen und in die nächstgrößere Stadt zu Gericht geführt. Die Sklavenkinder haben dann hier bei uns eine Unterkunft und Arbeit gefunden. Fünf Jungen und drei Mädchen. Eines der Mädchen ist leider kurz nach ihrer Ankunft gestorben, aber die anderen haben sich gut erholt und sind nun für mich tätig, wie ihr seht. Ich habe auch die entsprechende Erlaubnis, sie hier halten zu dürfen. Die Mädchen sind nun Dienerinnen, vier der fünf Jungs arbeiten in der Küche oder lernen ein Handwerk, damit wir sie später, wenn sie erwachsen sind, gut beschäftigen oder weiterverkaufen können. Und der Jüngste unter ihnen hat eben die Möglichkeit, seine Tierliebe als Tagewerk zu verrichten." „Dann hast du eine gute Tat getan, sie hier aufzunehmen" stellte Atemu beeindruckt fest. „Und ihr?" wand Atemu sich zur Seite den beiden dort stehenden Mädchen zu, welche schüchtern zurückblickten. „Geht es euch gut hier? Werdet ihr gut behandelt?" „Ja, sehr gut" antwortete die linke leise. „Wir sind der Herrin Paneferher und dem Herren Shemai sehr dankbar, dass sie uns aufgenommen haben. Sie sind sehr gütig." „Dann ist es gut" lächelte er der molligen Herrin zu. „Shemai ist dein Mann?" „Ja" antwortete sie gleich. „Wir führen dieses Haus seit fünf Jahren hier gemeinsam. Wir und unsere Sklaven haben ein gutes Auskommen, da wir mehr sind als nur ein Bordell. Wir bieten auch Getränke und Speisen an, wie eine Gaststätte. Dies wird von den Bürgern gut angenommen. Besonders aber natürlich von den Männern, welche hier manchmal sogar Stammgäste werden. Mein Mann ist zurzeit auf einer Reise, deswegen müsst Ihr leider mit mir Vorlieb nehmen." „Vorlieb" wiederholte er belustigt. „Du meinst, weil du eine Frau bist? Ich halte viel von geschäftigen Frauen wie dir. Du hast meinen größten Respekt." „Zu viel der Ehre, Majestät" dankte sie und neigte ihren Kopf tief herunter. Nur langsam erhob sie ihn wieder und blickte ihn höflich an. „Bitte entschuldigt meine Frage, aber seid Ihr nur hier, um zu schauen oder kann ich Euch etwas mehr anbieten?" „In der Tat, ich bin schon wegen eines Sklaven gekommen" gab er freimütig zu. Weshalb sollte er auch eine Hehl darum machen? Es war ganz legitim, dass er auch als verheirateter Mann nach anderen Betten suchte. Und als Pharao ohnehin. „Und Ihr, Penu?" fragte sie auch ihn. „Kann ich auch Euch etwas anbieten?" „Ich?" SCHOCK! Doch nicht vor seinem König! Außerdem hatte er eine Arbeit zu erfüllen. „Ich habe gar keine Zeit. Ich bewache selbstverständlich die Tür." „Natürlich, verzeiht" lächelte sie und blickte wieder den Pharao an. „Aber Herrin" sprach das Sklavenmädchen mit leiser Stimme. „Die Zimmer sind alle besetzt und ..." „Natürlich sind sie das nicht" unterbrach sie sofort streng. „Für den Pharao wird getan, was wir können. Dann weist dafür einen anderen Kunden ab. Geh und bereite unser Mondscheinzimmer für ihn." „Ja, Herrin." Und sofort verschwanden die kleine Sklavin, während die andere brav stehen blieb und darauf wartete, ob sie noch etwas tun konnte. „Dein Haus läuft wohl gut, was?" „Ja, wirklich" nickte sie. „Aber heute haben einige Sklaven eine Ruhepause. Bis in die frühen Morgenstunden hatten wir eine Händlerkarawane hier und jetzt sind meine Sklaven müde. Aber für Euch unterbricht sicher jeder gern seinen freien Tag." „Sklaven mit einem freien Tag. Ich bin beeindruckt" sprach er anerkennend. „Aber deine Sklaven haben auch das Recht, einen Freier abzulehnen?" „Natürlich ganz wie der Palast es vorschreibt" versprach sie. „Aber diesen Fall hatten wir noch nicht. Betrunkene, Aggressive oder Kranke werden gleich abgewiesen. Wir sind ein gutes Haus und wollen unseren Ruf behalten. Nun, Majestät, an was hattet Ihr gedacht? Was trifft Euren Geschmack? Mögt ihr zierliche Frauen oder eher rundlich? Hell oder dunkel? Zärtlich oder eher harsch? Ein Rollenspiel vielleicht? Oder habt ihr einen eigenen, ausgefallenen Wunsch an meine Mädchen?" „Um ehrlich zu sein" sprach er doch etwas bittender. „Hast du vielleicht auch einen Mann?" „Einen Mann, Majestät? Nun ja ... ja, wir haben einen" antwortete sie doch sichtlich überrascht. „Er wird eher selten gefordert, aber wir haben einen." „Gut. Wie sieht er aus?" „Normal würde ich sagen. Er ist sauber und gesund. Dunkles, schulterlanges Haar, tiefbraune Haut. Er ist nicht schwach, aber besonders muskelbepackt ist er auch nicht. Ein Durchschnittsmann. Tutusah, lauf los und hol Werin her, damit der Pharao ihn ansehen kann." „Nein, warte" bat er und stoppte das Mädchen gerade noch, bevor sie in aller Eile verschwinden konnte, um den einzigen, männlichen Sklaven zu holen. „Ich habe da etwas bestimmtes im Kopf" schilderte er der guten Paneferher. „Ich möchte einen Mann haben. Stark soll er sein, muskulös und athletisch. Und groß, sehr groß. Schlank sollte er auch sein und brünettes Haar, nicht zu lang. Und am liebsten blaue Augen. Eine weiche, gebräunte Haut. Stolz soll sein Gang sein und sein Wesen gebildet. Hast du so einen?" „Es tut mir leid, ich glaube, ich muss Euch enttäuschen" seufzte sie und bedauerte dies wohl wirklich zutiefst. „An Frauen kann ich Euch alles bieten, aber Männer sind nicht besonders gefragt. Der Großteil unserer Kundschaft ist ja selbst männlich." „Ich verstehe." Das stimmte ihn nun doch traurig und enttäuscht. Aber was hatte er sich denn vorgestellt? Dass sie einen Ersatz für seinen Traum hier hatten? Dass es wirklich jemanden geben konnte, der ihn imitieren konnte? Nein, jemanden wie ihn gab es nur dieses eine Mal. Und den fand man eher im Tempel als in einem Freudenhaus. ... zum Glück. „Aber vielleicht habe ich eine Idee" schlug sie vor. „Tutusah, lauf rüber zu Menhet und frag, ob er uns seinen Sklaven leiht. Sag ihm nicht, für wen. Bring ihn einfach her." „Ja, Herrin." Jetzt aber beeilte sie sich, lief so schnell sie konnte fort und tat, was ihr befohlen wurde. Die Sklavenkinder hier waren wirklich sehr engagiert und führten alle ihre Arbeiten mit Schnelligkeit und Präzision aus. Sie wussten, dass sie es hier gut hatten und sie würden alles tun, um bleiben zu dürfen. Dieses Haus war für Sklaven scheinbar wirklich ein Glücksgriff, selbst wenn Bordelle im Allgemeinen einen eher fraglichen Ruf besaßen. „Unser Stadtaufseher Menhet hält sich einen Sklaven" erklärte sie dem Pharao. „Er hat ihn einst als ausgebildeten Lustsklaven erworben und viel Gold für ihn bezahlt. Nun behandelt er seinen Dengar fast besser als seine zwei Frauen. Er verreist mit ihm und man sagt, er würde ihn auch in kaufmännischen Dingen beraten. Er ist heute mehr Gesellschafter als Lustsklave, aber vielleicht leiht er ihn für Euch." „Dengar" wiederholte er unsicher. „Er behandelt ihn gut?" „Sehr gut. Wie gesagt, sind seine Frauen manchmal schon eifersüchtig auf ihn." „Aber ich will ihn nicht" beschloss er. „Was ist, wenn er seinen Dengar liebt?" „Liebt? Majestät!" Das riss sie doch zu einem entrückten Lachen hin und sie musste sich die Hand vor den Mund halten, um ihre Belustigung zurückzudrängen. Es war einfach das alte Bild in den Köpfen der Menschen - Sklaven waren Sklaven und keine Menschen. „Entschuldigt, mein Pharao" gluckste sie und seufzte ihn grinsend an. „Einen Lustsklaven lieben. Nein, ich glaube, das wird er so wenig tun wie wohl alle anderen Menschen auch." „Aber Sklaven sind auch Menschen." Was sie darauf sagen sollte, wusste sie wohl auch nicht so recht. Sklaven und Menschen? Na ja ... menschenähnliche Wesen vielleicht. Selbst wenn sie Menschen waren, so waren sie anders, geringer. Natürlich sollte man sie gut behandeln, sie nicht kränken oder schlagen. Aber sie lieben? Ging so etwas? Einen Sklaven lieben? Man konnte sie mögen, vielleicht auch sehr mögen, aber Liebe zu seinem Sklaven empfinden? Sklaven liebten einander und Menschen liebten einander. Niemals liebte jemand über diese Grenzen hinweg. Vielleicht liebte der Sklave seinen Meister insgeheim manchmal, aber diese Liebe war wenig wert und bedeutete nichts. Atemu sah in ihrem Gesicht ein Mal mehr diesen langen Weg, die Brücke welche noch nicht fertig geschlagen war zwischen zwei Ufern. Es war einfach, Gesetze zu erlassen - aber es war schwer, die Meinung in den Köpfen zu verändern. Selbst wenn Paneferher ihre Sklaven gut behandelte, so waren sie letztlich doch nur Sklaven für sie. Vielleicht mochte sie ihre Sklaven sogar, aber lieben? Liebe konnte man doch wohl nicht zu einem Sklaven empfinden. „Nun ja ..." Dem Pharao widersprach man nicht, aber so ganz nachvollziehen konnte sie seine Meinung ebenso wenig. Er blickte sie so ernst an ... sie hatte doch den König hoffentlich nicht verärgert mit ihrem Lachen? Da traf es sich gut, dass auch schon das Sklavenmädchen wieder zurückkam. Verdammt schnell die Kleine und sie atmete noch ziemlich schwer vom Rennen, auch wenn sie versuchte, es zurückzuhalten. „Und?" fragte Paneferher sie sogleich. „Warum bist du so schnell zurück?" „Ich hab Menhet gefunden" keuchte sie. „Auf dem Marktplatz. Sie sind gleich hier." „Sehr gut" nickte sie dankend. „Geh und hole dir einen Kelch Wasser. Ich will nicht, dass du wieder in Ohnmacht fällst in der Hitze." „Ja, Herrin. Danke." Sie machte eine kurze Verbeugung und entschwand dann auch etwas langsamer wieder. „Sie ist noch etwas schwach auf den Beinen" erklärte sie auf den besorgten Blick des Königs hin. „Sie braucht noch eine Weile, um ganz wieder bei Kräften zu sein." „Dass du mir gut auf sie Acht gibst" bat er. Nicht vorwurfsvoll, sondern wirklich in einem bittenden Ton. „Sie ist doch noch ein Kind. Lass sie nicht zu schwer arbeiten." „Ich achte auf ihre Gesundheit, wie auf die Gesundheit eines jeden meiner Sklaven" schwor sie. „Krank bringen sie mir auch nicht viel. Sie sollen schon bei Kräften sein." Atemu meinte eigentlich auch, dass sie dem Kind auch ein wenig anderes Wohl zukommen lassen sollte. Ein wenig menschliche Wärme. Sie sprach nicht hart zu den Kindern, aber doch streng. Kinder jedoch wollten in den Arm genommen werden, getröstet, gelobt und geliebt. Alle Kinder - auch Sklavenwaisen. Doch bevor er ihr in verschmückten Worten seine Meinung erklären konnte, erhob sie sich auch schon, da man Schritte nahen hörte. Sie trat ein Stück zur Seite an den Rande der Holzwand und schon schaute ein älterer Mann daran herum. Sein Haar war auf dem Haupt kaum mehr noch als ein Kranz, seine Figur war gedrungen und ein wenig zu dick schaute sein Bauch nach vorn. Doch seine feine Kleidung verriet, dass er durchaus Geld besaß. Mit diesem teuren Gürtel in Übergröße und fein bestickten Schulterpolstern wirkte er schon herrschaftlich. Sein feiner Bart sah gepflegt aus, auch wenn er langsam eingraute. Dies war dann sicher der Stadtaufseher. Und neben ihm ... ja, das musste sein Sklave sein. Er war wirklich schön und fesselte Atemus Blick, sobald er um die Ecke neben seinen Herren trat. Sein Haar war in etwa so lang wie Seths, aber um einige Töne dunkler. Seine Augen nicht hell, aber von schluckendem Schwarz, welches im seichten Licht hier funkelte. Seine Haut heller als Seths, aber durchaus gesund gefärbt. Seine Gesichtszüge sehr fein, eine schmale Nase und einen großen, sinnlichen Mund. Seine Statur wirklich hoch gewachsen und kräftig. Ein wenig kleiner als Seth, weniger muskulös, aber durchaus sehr ansehnlich. Ja, er kam Seth näher als er gehofft hatte. Er war anders, aber von erkennbarer Schönheit. Nun ja, seine Schönheit war seine Überlebenschance. Alle Lustsklaven, welche gut leben wollten, mussten hübsch anzusehen sein, um ihren Herren zu gefallen. Schade, dass sie noch immer alle trotz ihrer Schönheit als so schmutzig angesehen wurden. Diese Art von Sklaven stand noch weiter hinter der Wertschätzung des Viehs zurück. Wenn sie nicht in einem schmutzigen Loch enden wollten, so mussten sie alles tun, um schön und willig zu sein, sie mussten gefallen. Je schöner man war, umso teurer war man. Je gebildeter man war, desto unterhaltsamer und weniger langweilig wurde man. Ein Lustsklave konnte häufig mehr schöne Dinge, wusste manchmal mehr von Bildung als der eigene Herr - und doch waren sie nicht mehr als ein Schmuckstück, ein Ding. Und sie mussten sich jeden Tag aufs Neue bewähren, durften niemals Müßiggang einlegen - es passierte allzu schnell, dass der Herr das Interesse an ihnen verlor, was letztlich einen ungewissen Tod zur Folge hatte. „Deine Kleine hat gesagt, du bittest mich und Dengar herein?" wiederholte der runde Stadtaufseher fragend. „Hast du zu wieder zu viel gekocht oder einen dringenden Grund?" „Menhet" lächelte sie und wies zur Seite auf den König, welcher sich soeben von seinem Kissen erhob. „Darf ich dir unseren Pharao vorstellen?" „Unseren ..." Da blieb ihm doch das Wort im Halse stecken. Er starrte ihn an als würde er das größte Wunder der Menschheit betrachten. Sein Mund stand peinlich weit offen, fast so weit wie seine Augen. „Ich grüße dich, Stadtaufseher Menhet" nickte Atemu, als er recht schnell meinte, er sei nun genug angestarrt worden und reichte auffordernd seine Hand nach vorne. „Mein König" keuchte er, fiel sofort vor ihm auf die Knie und küsste die edle Hand etwas zu innig als es nötig war. „Es ist mir eine Ehre, Euch in unserer Stadt begrüßen zu dürfen." „Die Ehre ist ganz auf meiner Seite" erwiderte er nickend und zog seine Hand zurück, um erneut einen Blick auf diesen wunderbar hoch und kräftig gewachsenen Mann zu werfen. „Und du bist Dengar?" „Mein Name in Eurem Munde ist zu viel Ehre" erbrachte er ruhig, trat heran und kniete vor ihm nieder. Ganz tief kam er herunter, senkte seinen Kopf herab bis fast auf den Boden und küsste die sandigen Sandalen des mächtigen Herrschers. Als Lustsklave durfte er seine Hand nicht zum Gruße küssen, für ihn hatten die Füße zu reichen. Auch wenn es Atemu nur ein Mal mehr beschwerte, wie unwürdig sich ein so schöner, stolzer Mann vor ihm erniedrigen musste, so kam er dennoch nicht umhin, von oben ein paar gut geschwungene Schulterblätter zu bewundern. Ja, an diesem Sklaven war wirklich alles perfekt. Er war sicher sehr teuer gewesen. „Steh bitte auf." Er ließ den Sklaven zurück auf seine Beine kommen und einen Schritt zurück neben seinen Herren treten. Er wusste, wo sein Platz war und ein Händler würde sagen, er sei sehr gut erzogen. Es war merkwürdig einen solch zauberhaften Menschen neben einem so plump wirkenden, gealterten Mann zu sehen. Es wirkte so unwirklich. Doch der Stadtaufseher war sein Eigentümer und Dengar sein Eigentum, eine Art Haustier, ein schönes Spielzeug. „Menhet, wir haben eine Bitte an dich" sprach Paneferher nach getaner Begrüßung mit einem erbittenden Lächeln. „Ich kann dem Pharao nichts Passendes anbieten. Würdest du deinen Dengar für ihn leihen, wenn er Gefallen an ihm findet?" „Aber natürlich!" nickte er seinen König sofort eifrig an. „Natürlich! Was immer Ihr wünscht, Hochwohlgeboren. Ihr sollt alles bekommen, was ihr Euch wünscht hier bei uns. Dengar, komm." Er griff nach ihm und zog ihn freundlich, aber bestimmt nach vorn. „Zeig dem Pharao deinen Körper." „Nein, nein" brach Atemu gleich ab. „Das muss er nicht. Wirklich nicht." Er sollte sich doch hier nicht für ihn ausziehen und hergezeigt werden wie ein zu kaufender Gegenstand. Er war ein Mensch! Außerdem war ihm die Sache langsam unangenehm. Er wollte doch nur ein wenig Bettgeflüster und darum wurde nun so ein Trubel gemacht. Selbst der Stadtaufseher kam und engagierte sich zur königlichen Lustbefriedigung. Irgendwie stellte er an sich eine traurige Gemeinsamkeit mit diesem armen Lustsklaven fest. Beide wurden nicht als Menschen mit Gefühlen angesehen. Atemu besaß keine Privatsphäre, nicht mal bei der Wahl seiner Bettgefährten konnte er Diskrepanz bewahren. Sein Sex war nichts persönliches, er war öffentlich und ohne Scham. Und bei Dengar war es ebenso. Er durfte ebenso wenig ein Geheimnis haben und würde nicht als Individuum angesehen. In den Augen aller anderen waren sie beide seelenlose Wesen. Der eine als Sohn der Götter, der andere als niederes Leben. Sie hatten viel gemeinsam, der Pharao und der Lustsklave. „Und?" bestätigte die Hausmutter. „Habe ich Euch zu viel versprochen? Er ist doch wirklich hübsch anzusehen. Trifft er Euren Geschmack?" „Na ja ..." Ja, er war sehr schön und machte auch keinen dummen Eindruck. Er war nicht Seth, aber auch er hatte eine ganz eigene Anziehung. Doch auch, wenn er nur ein Lustsklave war, so wollte der Pharao ihn doch nicht demütigen. Der edle Dengar sollte doch selbst entscheiden, ob er sich hergeben wollte. Er sollte selbst sagen, ob das Gefallen aneinander auf beiden Seiten bestand. „Ich weiß nicht. Kommt darauf an, wie er ..." „Dengar." Mehr als seinen Namen brauchte sein Herr nicht sagen und unausgesprochen befahl sein Blick den Rest. Sein Sklave löste das breite Band, welches um seine Brust gewickelt war und öffnete daraufhin das helles Hemd, welches sich schnell verflüchtigte. „Nein, das meinte ich nicht!" wollte er sofort richtig stellen, doch das kam wohl im Verständnis bei niemandem so wirklich an. Der schöne Sklave ließ sein Hemd an den Armen herabgleiten und zeigte seinen kräftigen Oberkörper. Er war zwar zierlich, aber nicht schmächtig. Kräftig, ohne aufgeblasen zu wirken. Seine Muskeln waren deutlich zu sehen, sie bewegten sich in dem hellen Licht hier und seine Haut war ohne einen einzigen Makel, glatt, straff und er war gut genährt. Er brauchte sich wirklich nicht zu schämen für sein Äußeres und das tat er wohl auch nicht. Es war für ihn selbstverständlich, dass man ihn anfasste und von oben bis unten betrachtete. So etwas wie Scham empfand ein Mensch wohl nicht mehr, wenn er erst seinen Stolz abgelegt hatte. Gespannt blickten alle drei den König an, ob er denn wohl Gefallen an ihm fand. Ob er gut genug war, dass er des Pharaos Bett teilen durfte. Dies wäre nicht nur für den Sklaven, sondern in erster Linie für dessen Herren eine große Auszeichnung. Wenn jemand etwas besaß, was selbst der Herrscher als gut ansah - das war unbezahlbar. „Ihr dürft ihn gern berühren" forderte sein Herr und packte ihn von der Seite ohne jegliche Wertschätzung direkt an die Brust, wohl um seine wohlerzogene Fügsamkeit zu demonstrieren, wie man es auch bei einem Nutztier tat. „Er ist gesund und sehr kräftig. Er fühlt sich gut an und tut alles, was ihm befohlen wird. Er ist das Schmuckstück meiner Sammlung. Hier, langt nur ordentlich zu, er kann was ab. Ich lege Euch meine wärmste Empfehlung ans Herz." „Was weiß jemand wie du davon, wo mein Herz liegt?" fragte er zwar laut genug, aber sichtlich nachdenklich, ein wenig traurig fast. Zu sehen wie ein menschliches Wesen beworben und behandelt wurde wie ein Tier und es mit noch mehr Geduld, mit Gleichgültigkeit hinnahm. Doch wenn er in diese schwarzen Augen blickte ... nein, sie waren nicht gleichgültig. Von Gleichgültigkeit weit entfernt. Sie lebten. Seine Aufmerksamkeit galt in diesem Moment nicht seinem Herren, sondern allein dem Pharao. Er schaute ihn an voller Erwarten und er konnte wohl nur schwer verbergen, dass er auch Hoffnungen gewisse hegte. Wenn der Pharao seine Dienste annahm, wenn er IHN annahm, so wäre sein Leben gesichert. Dann würde sein Herr ihn niemals mehr fortlassen, ihn bis ins hohe Alter bei ihm halten, denn er wäre einer der wenigen, welche dem Sohn der Götter ein Stück Lust geben durften. Ein gemeinsames Bett mit dem Pharao wäre ihm eine Versicherung für ein gutes Leben. Atemu trat an ihn heran, ganz nahe und löste mit nur einem ruhigen Blick die herrische Hand von dieser feinen Brust. Dann erst blickte er zu ihm hinauf in ein leuchtendes Kohlenschwarz und sah nach und nach einen roten Schimmer auf diesen rosigen Wangen wachsen, je länger er sein Antlitz betrachtete. Er hob seine Hände und berührte nicht etwa, was jeder sofort berühren würde. Er prüfte nicht das Gemächt in seinem Schritt, wollte nicht die Festigkeit seines Hintern wissen, die ganze Taille war ihm egal und auch sein kräftiger Brustkorb, seine Muskeln reizten ihn nicht. Er hob seine Hände weit hinauf und berührte seine Wangenknochen, strich ganz leicht darüber und verklärte damit den Blick dieses göttlichen Geschöpfes. Als er sanft über seine feinen Augenbrauen strich, schloss der Sklave seine Augen und atmete tief ein. Dass er jemals zärtlich berührt worden war, war unwahrscheinlich. Es drehte sich niemals um sein eigenes Wohlbefinden. Und doch nahm er es sofort an, ungewöhnt, aber sichtlich dankbar. Er öffnete seine Augen langsam wieder als die königlichen Hände seine Kiefernknochen entlang strichen und versenkte seinen Blick auf das gütige Gesicht seines Herrschers. Niemals wohl hatten Hände ihn so liebevoll, so vorsichtig und unschuldig berührt. Wie ein Hauch von Göttlichkeit umspann es ihn und gab ihm eine Wertschätzung, welche er niemals zuvor empfangen durfte. Es war das erste Mal, dass ihn Berührungen nicht benutzten. „Wäre es denn in Ordnung für dich?" Die Stimme des Pharaos war ruhig, möglichst unbedrohlich. Er wollte eine ehrliche Antwort hören. „Natürlich ist es in Ordnung!" antwortete Menhet sofort eifrig. „Er tut alles auf Befehl. Nehmt ihn, wenn er Euch gefällt!" „Ich habe nicht mit dir gesprochen" herrschte er den dicken Stadtaufseher etwas schärfer an. Er war der Letzte, der hier etwas zu sagen hatte. Hier ging es nur um zwei Individuen, welche sich ähnlicher waren, als es ihnen zugestanden wurde. Er senkte seine Stimme, legte einen warmen Ton hinein, als er weitersprach. „Für dich, Dengar. Antworte bitte ehrlich zu dir selbst. Wäre es dir angenehm, mein Bett zu teilen?" „Majestät" hauchte er dankbar und sah ihm so intensiv in die Augen, dass Atemu einen Moment von einem wohligen Schauer überlaufen wurde. „Es wäre mir mehr als angenehm. Eine Ehre und eine Freude." „Dann ist es gut" lächelte er und war von der Wahrheit dieser Worte überzeugt. Dengar gefiel ihm und wenn er ihm im Gegenzug auch gefiel, so konnte er es vor seinem Herzen auch verantworten. Dieser Sklave sah nicht nur die Sicherung seines Lebens und seine Pflicht, sondern auch die Hoffnung auf ein wenig Zweisamkeit mit jemandem, der ihm zugeneigt war. „Wie viel willst du für deine Leihgabe haben?" sprach er nun ernster zu dem Stadtaufseher. Er wusste, dass ein Herr solch einen teuren Sklaven sicher nicht uneigennützig auslieh. „Nehmt die Zeit mit ihm als Geschenk von mir zu Eurem Willkommen in Nove Vaasar" sprach er geehrt mit einer tiefen Verbeugung. „Meinen Dank" nickte er und wand sich an die Hausmutter. „Was möchtest du für unsere Unterkunft haben?" „Eure Anwesenheit ist mehr als genug Lohn" lächelte sie und verbeugte sich ebenfalls. „Solltet Ihr über dem hinaus noch einen Wunsch haben, sprecht ihn bitte sofort ungezwungen." „Danke. Ich möchte dann bitte gern aufs Zimmer geführt werden und ungestört bleiben. Und gib meinem Leibwächter bitte ein kräftiges Mahl, während er meine Tür bewacht." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)