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GON

Geschichte ohne Namen
von

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Kapitel 3 (Aiwe)

04.11.2004

Kapitel 3 (Aiwe)
 

Bis vor wenigen Sekunden hatte ich noch friedlich geschlafen und, was selten bei mir war, einen richtig schönen Traum erlebt, doch nun spürte ich wie mich jemand unsanft anstupste. Immer und immer wieder.

"He! Heeeeeee! Aufwachen! Oder bist du tot?"

"Halt die Klappe Saki!", murmelte ich sauer und zog mir den Schlafsack über die Ohren, was das Sakimonster jedoch nicht davon abhielt mich weiterhin zu rütteln.

"Man, Rae ist auch schon wach. Wieso haben wir dich überhaupt mitgenommen, du hältst uns nur auf", beschwerte sich Saki seufzend.

Gähnend richtete ich mich auf und rollte meinen Schlafsack zusammen. Was er sagte hatte schon seine Wahrheit. Ich war auch nicht gerade erpirscht darauf hier noch länger zu bleiben, zumal ich auf Raenefs Rücken weiter dösen konnte.

Als ich meine Sachen am Sattel meines Pferdes befestigt hatte, wollte ich mich gerade selbst drauf schwingen um Rae nachzureiten die schon ein paar Meter weiter vorne war, als Saki sein Pferd neben mir zum stehen brachte. "Lahmarsch!"

Ich wandte mich zu ihm um und zog ohne was zu sagen seinen Fuß aus dem Steigbügel. Verwundert starrte er mich an.

"Mach nen Abgang!", sagte ich grinsend und gab ihm dann einen Stoß, welcher ihn vom Sattel feuerte, da er auf der einen Seite keinen Halt im Steigbügel mehr hatte.

"Hey, ihr zwei! Wollt ihr weiter zanken oder setzten wir unseren Weg jetzt fort?", rief Rae zu uns zurück. Ich tippte Raenef an den Seiten leicht an und brav lief er Richtung Rae, während Saki damit beschäftigt war sich wieder in den Sattel zu hangeln.

Die Worte die Rae gestern Abend zu uns gesagt hatte gingen mir während wir weiter zogen nicht mehr aus dem Kopf.

Saki war aufgebrochen weil er seine Vergangenheit sucht. Rae weil sie ihre Bestimmung sucht. Aber warum war ich eigentlich aufgebrochen? War ich einfach nur ein Mitläufer? Mir schauderte bei diesem Gedanken und ich kam mir ein bisschen blöd vor. Aber eigentlich hatte ich keinen Richtigen Grund von Zuhause weg zu gehen. Zumindest wusste ich noch keinen. Die Welt entdecken, bei meinen Freunden sein und Spaß haben waren zwar schon Gründe, aber keine Nennenswerten.

Rae musste bemerkt haben was in mir vorging, da sie mich fragend musterte. Auch Saki sah zu mir herüber, allerdings eher erstaunt.

"Was ist denn?", fragte ich verwundert.

"Denkst du etwa? Ich hätte nicht gedacht das du so etwas schweres kannst."

"Blödmann!"

"Wollt ihr etwa wieder streiten? Dann könnt ihr alleine weiter reiten!", mischte sich Rae ein und ritt dann zwischen uns.

Auf ihrem Rücken trug sie einen Köcher voller Pfeile und an der Seite ihres Sattels war der Bogen befestigt.

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch gar keine richtige Waffe hatte. Ebenso wie Rae hatte auch Saki ein Bogen und Pfeile, doch ich Dummerchen hatte nur einen schön verzierten Dolch. Und es war nicht gerade ungefährlich außerhalb unseres Dorfes. Darüber hatte ich mir vor unserem Aufbruch noch keine richtigen Gedanken gemacht. Auch nicht darüber was uns überhaupt erwarten würde. Jede Nacht bestand Gefahr, dass wir von Räubern überfallen und vielleicht sogar getötet wurden, doch es gab auch noch viel schlimmere Gefahren. Da war ich mir sicher. Doch da von uns dreien noch keiner so weit weg von unserer Heimat war, kannten wir diese gar nicht.

"Eine Weggabelung. Wohin sollen wir reiten?" Rae wandte sich an Saki, der die zwei Wege aufmerksam musterte.

"Lasst uns nach rechts reiten", antwortete er schließlich.

"Aber da geht es so weit ich weiß erst einmal raus aus den Bergen. In die Ebene!", erwiderte Rae.

"Ich weiß." Ohne ein weiters Kommentar abzuwarten trieb Saki sein Pferd an und ritt voraus. Rae zögerte einen Moment, doch dann folgte auch sie ihm. Ich bildete mal wieder das Schlusslicht. Wenigstens konnte ich mal in Ruhe nachdenken.

Obwohl wir beste Freunde sind, habe ich das Gefühl, dass wir gegenseitig Geheimnisse haben, von denen keiner sich traut etwas zu erzählen. Schließlich habe auch ich ein Geheimnis. Vielleicht war das auch der Grund weshalb ich mit ihnen ging. Auf jeden Fall bereue ich meine Entscheidung nicht. Noch nicht jedenfalls.

Saki hatte uns inzwischen in dichten Nebel geführt und ich wollte schon wieder anfangen zu maulen weil ich kaum noch den Schweif von Raes Pferd sehen konnte, verkniff es mir dann jedoch.

"Seid ihr noch alle da?" Es war Sakis gedämpfte Stimme von weiter vorne.

Noch während er das sagte wäre ich beinahe auf Rae drauf geritten. Da man ihr schwarzes Pferd am besten im Nebel erkannte (bei mir sah es aus als würde ich schweben, weil Raenef genauso weiß war wie dieser drückende Nebel) hätte das eigentlich nicht passieren dürfen, doch für einen kurzen Moment war ich abgelenkt gewesen, da ich dachte hinter mir etwas zu hören und mich daraufhin umgedreht hatte um nachzusehen, was ich anschließend jedoch als dämlich befand, da ich durch den Nebel sowieso nichts erkennen konnte was nicht unmittelbar in unserer Nähe war.

"Ja sind wir. Und bist du noch auf dem richtigen Weg?", fragte Rae vorausahnend.

"Äh, na ja, einen Weg sehe ich schon lange nicht mehr", antwortete Saki zögernd.

"Na toll und wo sollen wir jetzt hin reiten? Ich will aus diesem Nebel rau...aaaaaahhhh!"

"Was ist los Lil!", fragten Saki und Rae erschrocken, doch im selben Moment erschien neben Rae der Kopf einer Kuh.

"Was zum... Was machen Kühe hier?" Noch während sie der ersten Kuh nachsah, kamen immer mehr hinterher und zogen an uns vorbei. Bald waren wir umringt von den vierbeinigen, gefleckten Wiederkäuern die einen unglaublichen Lärm veranstalteten mit ihren Glocken und dem lauten Rufen.

Plötzlich setzten sich unsere Pferde in Bewegung und zogen mit der Kuhherde mit.

"Ich hab keine Lust mehr!", jammerte ich als eine der Kühe ihren Kopf gegen mein Bein drückte und mir beinahe die Blutzufuhr kappte.

"Da vorne wird der Nebel lichter. Ich kann Häuser erkennen. Wir reiten direkt auf ein Dorf zu!", rief Saki plötzlich überrascht und nur wenige Schritte weiter konnte auch ich die ersten Häuser erkennen.

Es war tatsächlich ein kleines Dorf das sich vor uns auftat und seine Bewohner staunten nicht schlecht als wir mitten in der Kuhherde an ihnen vorbei ritten.

"Machen die auch irgendwann mal halt?", fragte Rae beschämt bei den vielen Blicken der Dorfbewohner die uns musterten. Wie auf Befehl blieben die Kühe abrupt stehen.

Ein kleiner alter Mann kam Kühe schiebend auf uns zugelaufen und blieb schließlich vor Saki stehen.

"Wer seid ihr? Wo kommt ihr her? Ist unser Wunsch etwa in Erfüllung gegangen?"

Saki drehte sich zu uns um und blickte uns mit hochgezogenen Augenbrauen und völlig verwirrt an.

"Ähm, ich bin Rae und das hier sind meine Freunde Saki und Lil. Wir kommen aus einem Dorf weit in den Bergen. Und... äh,... wer seid ihr? Und was meint ihr mit eurem Wunsch?"

"Folgt mir. Zwischen Kühen lässt es sich nicht gut reden." Der alte Mann griff nach Sakis Halfter und führte sein Pferd hinter sich her. Rae und ich mussten Calen und Raenef selbst antreiben.

Die Menschen sahen uns immer noch ununterbrochen an und tuschelten nun beschäftigt miteinander. Vor einer schäbigen Hütte schließlich lies der Alte Sakis Pferd stehen und bat uns mit einer Geste in sein Heim einzutreten. Da wir nicht wusste was wir sonst machen sollten, stiegen wir von unseren Pferden ab und folgten ihm ins Innere der Holzhütte.

Es gab nicht sonderlich viel zu sehen. In der Mitte des Raumes stand ein kleiner Tisch mit vier Stühlen. In einer Ecke stand ein weiterer, allerdings dreibeiniger Stuhl. Im Deckengebälk hingen einige Kräuter zum trocknen. Ein weiteres Zimmer schloss an diesen Raum an, doch was sich darin befand konnten wir nicht erkennen. Der Mann bat uns Platz zu nehmen und verschwand dann für einen kurzen Moment im hinteren Teil der Hütte.

Noch bevor jemand von uns etwas sagen konnte, tauchte er wieder auf mit einem stabilen Lederbeutel in der Hand.

Dann setzte er sich zu uns an den Tisch. "Seid ihr die, die kommen um uns zu retten?"

"Eigentlich nicht. Wir sind nur auf Durchreise. Eure Viehherde hat uns im Nebel aufgesammelt und mitgeschleift!", antwortete ich schroff.

"Aber ihr habt Waffen und in unser Tal ist seit Jahren kein Fremder mehr gekommen. Ihr müsst diejenigen sein, die uns helfen werden", beharrte der alte Mann stur.

"Bei was denn helfen?", fragte Saki neugierig.

"Ich werde es euch erzählen. Hinter unserem Dorf liegt ein dichter Wald. Früher war dies unser einziger Weg zu einer Handelsstadt, durch welche wir unser Dorf aufrechterhielten. Wir nahmen das Holz des Waldes und gaben dafür jedes Mal eines unserer Tiere frei um den Gott des Waldes nicht zu erbosen."

"Ein Waldgott?", rutschte es Rae raus.

"Ja. Vielleicht habt ihr keine Götter, aber wir haben seit Jahrhunderten unsere Götter, die wir heute noch verehren. Lasst mich fortfahren. Irgendwann kamen die Bewohner unseres Dorfes nicht mehr von ihrem Weg aus der Handelsstadt zurück. Egal wie viele gingen und sie suchten... keiner von ihnen kam zurück. Bald traute sich niemand mehr in den Wald hinein. Böse Mächte wandeln dort. Wir hofften und beteten, dass die Götter uns Helden schickten die uns helfen mögen. Und diese Helden sind heute gekommen."

Er sah uns nach einander an und am liebsten hätte ich Rae und Saki am Kraken geschnappt und mit nach draußen gezogen um weiter zu reiten.

"Tut mir leid, Alter. Aber wir haben selbst etwas zu tun und keine Zeit euch zu helfen. Habt ihr schon einmal gedacht, dass eure Leute vielleicht wo anders leben wollten und deshalb nicht zurückgekommen sind? Wir möchten eigentlich nur unsere Reise fortsetzten", erklärte Rae langsam.

"Nun, wenn ihr weiter wollt, müsst ihr durch den Verfluchten Wald gehen oder zurück in den tödlichen Nebel." Der Alte fing an zu kichern, was kurz darauf zu einem Hustenanfall wurde.

"Was soll das heißen?", fragte Saki verwundert.

"Ihr habt Glück das ihr aus dem Nebel heraus gekommen seid. Er steht ständig dort und verschwindet nie. Viele sind darin verendet. Nur unser Vieh findet den richtigen Weg hinaus. Und ihre Weidezeit ist zu Ende. Der Winter kommt und mit ihm die Zeit der Ställe. Keines unserer Tiere wird vor Anbruch des Frühlings mehr das Dorf verlassen. So lange sitzt ihr hier fest. Es sei denn ihr geht durch den Wald und tötet das, was dort lauert, oder", er legte eine dramatische Pause ein ehe er fort fuhr, "ihr werdet getötet. Ihr habt eine große Auswahl."

"Jahahahahaha! Eine sehr große, wenn nicht schon überragende. Entweder wir sterben im Nebel, oder vergammeln hier in diesem Dorf, oder lassen uns von irgendetwas in diesem Wald hinrichten. Fabelhaft nicht?! Und was nehmen wir? Eins, zwei oder drei?"

"Mach mal halblang, Lil! Wir sollten darüber nachdenken. Der Alte spricht die Wahrheit und es ist gewiss nicht seine Absicht uns hier gefangen zu halten", versuchte Rae mich zu beruhigen, da ich kurz davor war dem Mann an die Kehle zu springen.

"Wenn der Weg durch den Wald der einzige ist... wir können nicht den Winter abwarten... und der Nebel scheint noch aussichtsloser zu sein", meinte Saki langsam.

"Vielleicht sollten wir erst einmal in Ruhe darüber nachdenken. Welche Antwort wir auch geben, was wir sagen, tun wir auch, alter Mann. Du kannst unserem Wort glauben schenken."

Rae sah den Alten Mann an und dieser nickte. Dann hob er den Lederbeutel hoch und legte ihn auf den Tisch.

"Ihr sollt es nicht umsonst tun. Leider haben wir nicht genug Geld um euch zu bezahlen und hoffen dies genügt euch... falls ihr vorhabt den Wald zu durchqueren und das Übel zu finden."

Neugierig wie ich war griff ich nach dem Beutel und öffnete ihn. Was mir entgegen schien lies mein Herz höher schlagen. Es waren lauter kleine, fein gearbeitete und wunderschön verzierte Wurfmesser. Ihre Klingen blitzten wie die Sonne und schnitten Haut durch wie ein Skalpell.

"Wow! Die sind bester Qualität und so schön. Wir gehen durch den Wald, verlass dich drauf, Opa!", rief ich glücklich und nahm die kleinen Messer in die Hand. Dann spürte ich plötzlich Blicke auf mich gerichtet, die mich am liebsten auf der Stelle gefressen hätten. Voller Vorahnung schaute ich auf. Der alte Opa lächelte zufrieden, da er bekommen hatte was er wollte, doch Rae und Saki, die sich das ganze durch den Kopf gehen lassen wollten, starrten mich sauer an.

"Ups... da hab ich mich wohl hinreisen lassen... hahaha... Sorry."

Rae atmete ein paar Mal tief durch während sie ihren Blick abwandte und die Augen schloss. "Wahrscheinlich wäre uns sowieso nichts anderes übrig geblieben als durch den Wald zu gehen, Saki", sagte sie ruhig. Das war eben ihre Art. Sie konnte sich relativ schnell wieder beruhigen und Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten.

"Und das was darin steckt? Sollen wir etwa einfach so rein marschieren?", fragte Saki nervlich am Ende, während er seine Hände um meinen Hals legte und zudrückte.

"Naja, wir haben Pfeile und Bogen und Pferde... und Lil ihre heiß geliebten Klingen. Ich hoff doch mal du kannst damit umgehen", Rae blickte mich erwartungsvoll an. Sie hatte mir wohl doch noch nicht richtig verziehen, da sie Saki keinen Einhalt gebot und ihn mich weiter würgen lies.

"Ja... ich... komm... mit... allen...Klingen...klar", krächzte ich angestrengt.

"Gut. Dann werden wir Morgen früh darein gehen und hoffen das uns nichts entgegen kommt", seufzte Rae uns stand auf. "Wo können wir die Nacht verbringen?", fragte sie den alten Mann.

"Folgt mir ich bringe euch zu euren Betten." Der Opa stand auf und lief nach hinten in den uns unbekannten Teil der Hütte.

"Äh...Rae, hast du nicht was vergessen?", keuchte ich angestrengt und meinte damit Saki der immer noch an mir hing und in einem Murmeln voller Flüche verfallen war.

"Nein, eigentlich nicht. Was sollte ich vergessen haben?", fragte Rae schulterzuckend und verschwand dann im nächsten Zimmer.

"Na toll... las los Saki, ich ersticke!" Da Saki momentan total weg getreten war und nur noch daran dachte mich zu erwürgen, hob ich die Hand und ballte sie zu einer Faust, die ich ihm auf den Kopf donnerte.

"Aua... warum haust du mich immer?", fragte Saki beleidigt und rieb sich die getroffene Stelle.
 

Leichter Nebel zog sich durch das Tal als wir am nächsten Morgen aufbrachen. Die Leute hatten uns mit ausreichend Proviant versorgt und standen nun am Rand der Straße um uns zu verabschieden.

"Kommt mir vor wie auf einer Beerdigung...", murmelte Saki.

Der Weg führte aus dem Dorf hinaus und noch ein Stück weiter hinab in, wie wir festgestellt hatten, die Schlucht in der das Dorf lag. Es war ein enorm großer, düsterer Wald, hinter dessen letzten Bäumen eine kahle Steppe zum Vorschein kam. Tatsächlich gab es nur diesen einen Weg und wir würden ihn nun beschreiten.



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