I hope to Heaven his soul is gone von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Arbeitstitel: I hope to Heaven his soul is gone Autor: Ahiku E-mail: ahiku@arcor.de Disclaimer: Die Charaktere gehören Maki Murakami und ich mache natürlich keinen Profit damit. Warnungen: death, depri, darkfic, shonen-ai, lime Pairing: Lest doch selbst ;-) Kommentar: Eigentlich hasse ich es, Charaktere aus Gravitatiom sterben zu lassen, da ich glaube, dass der einzige, der irgendwie zum Sterben fähig ist, Yuki ist. ^^° *lol* Und er stirbt garantiert nicht. Nicht hier. Tja. Vielleicht liest es ja jemand und vielleicht ist jemand traurig, wenn er es liest... Mich würde es auf jeden Fall freuen, wenn es ÜBERHAUPT jemand liest! XD Also! Liebe Grüße, Ahiku! "Lebwohl, Shuichi." Stundenlang starrte er schon an die Decke seines Zimmers. Die Wände waren noch kahl, denn er war gerade erst eingezogen. Einzig und allein ein paar Poster seines Idols, Ryuichi Sakuma zierten die Wände, an denen die Farbe schon abzublättern begann. Shuichi seufzte und drehte sich zur Seite um einen Blick auf die Leuchtziffern seines Weckers zu werfen. Es war bereits nach 3 Uhr und er hatte noch kein Auge zu getan. Draußen schien ein Auto vorbeizufahren, denn einige Lichtstrahlen wanderten über den Fußboden, die Wand hinauf und bis zur Decke. Shuichi schloss die Augen. Es war vorbei. Es war endgültig vorbei. Yuki hatte ihn verlassen. Dabei dachte Shuichi, sie würden zusammen glücklich werden können, besonders nachdem Yuki eingesehen hatte, dass Shuichi kein Ersatz für Yuki Kitazawa war. Doch es sollte wohl nicht sein. Shuichi erschrak über seine eigene Vernunft. Selbst er hatte gemerkt, dass sie sich in ihrer gemeinsamen Zeit immer mehr entfernt und auseinander gelebt haben. Er hatte Yuki nur noch sehr selten zu Gesicht bekommen und wenn er überhaupt zu Hause war, verbrachte er seine Zeit hinter seinen Laptop... Wenigstens hatten sie sich im Guten getrennt, Yuki ging nach Amerika, hatte dort einen Verlag gefunden, der seine Werke auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten veröffentlichen wollte und versuchte nun dort, ein neues Leben zu beginnen. Shuichi lachte innerlich bitter auf. Amerika... Kitazawa... Davon würde er wohl niemals loskommen. Der Junge schüttelte den Kopf. Yukis Vergangenheit klebte geradezu an ihm, ließ ihn nicht mehr los und fesselte ihn mit unsichtbaren Banden an sich. Yukis Vergangenheit war mit einer Gravitation bestückt, die weitaus stärker war, als alle Bande, die zwischen Yuki und Shuichi jemals bestanden hatten. Doch auch Shuichi musste sich schmerzlich eingestehen, dass er ihn nicht mehr so liebte, wie er es am Anfang an getan hatte... Er dachte zunächst, es sei normal, denn diesen Dauerzustand des verliebt Seins konnte ja kein Mensch ertragen...diese ständigen Anfälle von galoppierender Blödheit, verursacht durch Magenkribbeln, ein Gefühl, als würde er schweben und Herzklopfen, zusammen mit tomatenroten Gesichtszügen und ständig durch geschwitzten Klamotten... Nein...so konnte es ja nicht immerzu weiter gehen. Er dachte, seine Liebe sei tiefgründiger gegangen, etwas alltäglicher geworden, doch anscheinend war dem nicht so. Er wusste nicht einmal, ob er Yuki vermisste. Etwas vielleicht, doch wenn er es recht überlegte, brauchte er ihn nicht, genauso wenig, wie Yuki ihn brauchte. Erneut seufzte der Pinkhaarige. Dann schwang er sich auf, zog sich schnell ein paar Klamotten über und verließ schließlich seine Wohnung. Einige Zeit wandelte er durch die Stadt, betrachtete die grell leuchtenden Neonreklamen, die ihm den Weg erhellten. Er musste seinen Kopf frei bekommen. Er wollte nicht mehr denken müssen, denn je mehr er das tat, umso deprimierter wurde er. Nachdem er merkte, dass seine Füße bereits zu Eisklötzen erstarrt waren, beschloss er, Hiro einen Besuch abzustatten. Er brauchte jetzt einfach jemanden in seiner Nähe, einen Menschen, mit dem man sich unterhalten konnte. Er ertrug die Stille in seinen eigenen vier Wänden nicht, ertrug diese Kahlheit nicht mehr. Es war kurz vor halb 6, als er Hiro wach klingelte. Verschlafen machte ihm dieser auf. "Shuichi...was ist denn?" "Ano...gomen ne, dass ich so früh schon vorbeikomme...darf ich reinkommen?" "Hm, klar...", murmelte der Langhaarige und schritt ein wenig zur Seite, um Shuichi Platz zu machen. "Ich hab es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten... in den Jahren, die ich bei Yuki gewohnt habe, habe ich mich einfach zu sehr daran gewöhnt, nicht allein zu sein." Er kniff die Augen zusammen. "Tut mir echt leid, dass ich so früh störe..." Hiro winkte ab. "Schon gut, Shuichi... bei mir bist du immer willkommen, das weißt du doch.", meinte er müde lächelnd und durchwuschelte ihm die Haare. Er konnte sich vorstellen, dass Shuichi sich einsam fühlte. Yuki war weg, er selbst unternahm viel mit Ayaka, die schon seit längerem seine feste Freundin war und sonst hatte er, wenn er es recht überlegte, kaum Freunde. Shuichi war mit seiner Beziehung zu Yuki und dem Aufstieg von Bad Luck dermaßen beschäftigt gewesen, dass er keine Zeit hatte, sich neue Freunde zu machen. Besonders, weil es jetzt auch schwer wurde, überhaupt noch Menschen zu treffen, die ihn wegen seines Charakters mochten und nicht wegen seines Erfolges. Immerhin war er in Japan ja eine Berühmtheit, ein zweiter Sakuma Ryuichi, sozusagen dessen Nachfolger, was er auch mit Stolz und Würde trug und hart arbeitete, um dessen Ansprüchen gerecht zu werden... so wie Sakuma-san es sich immer gewünscht hatte. Shuichi ließ sich auf Hiros Bett sinken und schaltete schließlich den Fernseher ein. Hiro, der nun auch nicht mehr ins Bett gehen brauchte, da Shuichi ihn ohnehin wach halten würde, nahm seine E-Gitarre und fing an, sie ein wenig zu polieren, schließlich sollte sie auf der Bühne ja gut aussehen... Shuichis Augenlieder wurden immer schwerer. Er ließ sich zurücksinken, bekam kaum mit, was im Fernsehen eigentlich gesagt wurde. Aus halb geöffneten Augen verfolgte er die Frühnachrichten. ~ Yokohama. In der Nacht stand ein Mehrfamilienhaus in Flammen, die Brandursache konnte bis jetzt noch nicht geklärt werden. Es gibt keine Toten, jedoch wurden einige Bewohner mit Rauchvergiftungen ins nächstgelegene Krankenhaus eingeliefert. Los Angeles. Sakuma Ryuichi, der ehemalige Leadsänger von Nittle Grapser, der seine Karriere hier in Japan begann, verstarb im Alter von 33 Jahren auf dem Weg zu den Dreharbeiten zu seinem Debütfilm in den USA...~ Hiro ließ seine Gitarre zu Boden fallen. Dumpf schlug sie auf dem harten Grund auf, der Lack sprang an einigen Stellen ab, als er wie gebannt auf den Fernseher starrte. Shuichi war derweilen aufgestanden. Sein Blick war leer, als schien er durch den Fernseher hindurch zu sehen. Unaufhörlich strömten Tränen seine Wangen hinab, doch er bemerkte dies nicht. Erst als er eine Hand auf seiner Schulter spürte, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. "Sakuma-san...", wisperte er. "Sakuma-san...das kann nicht sein...das kann einfach nicht sein...nein, das kann nicht sein...", flüsterte er ununterbrochen. Ein irres, ungläubiges Lächeln huschte über seine Lippen. Während ununterbrochen Tränen aus seinen Augen über seine Wangen strömten. "Shuichi...", versuchte Hiro ihn zu beruhigen. "Sakuma-san...Sakuma-san...nein...Sakuma-san..." "Shuichi...hör zu..." "Nein, Sakuma-san...er ist, er kann doch nicht...", er blickte nun vom Fernseher weg, sah Hiro mit Tränen verschleierten Blick an. "Sag mir, dass das nicht wahr ist, Hiro! Sag mir, dass sie das eben nicht gesagt haben! Bitte!" Hiro blickte ihm ernst entgegen. "Bitte...", wisperte der Kleinere der beiden. "Shuichi... er ist tot." Mit einem Mal stoppte Shuichi sein Weinen. Er starrte seinen Freund fassungslos an. Entsetzten und Zorn spiegelten sich plötzlich in seinen Zügen wider. "DU LÜGST!", schrie er schließlich. "DU BIST EIN VERDAMMTER LÜGNER!!!", brüllte er, drehte sich um und wischte mit einem Aufschrei den Fernseher von seinem Platz. Die Mattscheibe zerbrach in tausend Stücke. Schnaufend ließ sich Shuichi auf die Knie fallen um in den Scherbenhaufen zu schlagen. "SHUICHI!" "DU LÜGST! DU LÜGST! DU BIST EIN VERDAMMTER LÜGNER! DU LÜGST!", schrie er, während er in einer Tour in die Scherben schlug und sich tiefe Schnitte zuzog. Er spürte den Schmerz jedoch nicht. Alles in ihm war so leer und dennoch mit einem unermesslichen Zorn erfüllt. "ICH HASSE DICH! ICH HASSE DICH!!! ICH HASSE DICH, SAKUMA RYUICHI!", schrie er, während sich erneut Tränen den Weg aus seinen Augen bahnten. "Shuichi..." Hiro nahm Shuichis Handgelenke und hielt ihn fest. Shuichi drehte sich dem Gitarristen mit verheultem Gesicht zu. "Warum ist er einfach gegangen, ohne uns Lebwohl gesagt zu haben? Warum musste gerade er sterben...warum ist er gestorben, ohne dass...ohne dass...", er schluchzte. Schmerz durchzuckte seinen Körper. "Ich kann das alles nicht glauben...ich glaube es einfach nicht...", wisperte er. Langsam stand er auf, riss sich sanft aber bestimmt von Hiro los, um auf den Balkon zu gehen. Der Langhaarige ging im vorsichtshalber hinterher, da er befürchtete, Shuichi wolle sich in die Tiefe stürzen, doch dieser trat nur an die frische Luft, atmete tief ein und begann so laut er konnte zu schreien. Vögel flogen auf. Sein Mark und Bein erschütternder Schrei hallte durch die Häuserkluften, wurde immer wieder gebrochen und zurückgeworfen und entfachte selbst bei Hiro eine unangenehme Gänsehaut. Anscheinend nicht mehr enden wollende Tränen tropften aus Shuichis Augen auf den Boden. Seine blutverschmierten Hände tasteten sich voran, während er einen Schritt vor den anderen setzte und sich an der Hausfassade festkrallte, bevor er mit den Rücken dagegenhielt und zu Boden rutschte. Bittere Schluchzer verließen seinen Mund. Sein Idol war tot. Sakuma Ryuichi lebte nicht mehr. Das konnte nicht sein, das konnte einfach nicht wahr sein. Der Mensch, den er auf der ganzen Welt am meisten bewunderte, der Mensch, dem er seine Karriere zu verdanken hatte, seinen steilen Aufstieg, der ihn immer wieder zum Aufstehen und Weitermachen getrieben hat, wenn er mal einen Durchhänger hatte, dieser Mensch, der ihn so tief beeindruckte, wie noch kein anderer zuvor sollte nicht mehr am Leben sein? Einfach so? Auf den Weg zu den Dreharbeiten umgekommen? Nein, das konnte nicht wahr sein. Er zog die Knie an seinen Körper und begann zu wippen, bis Hiro ihn zu sich zerrte und ihn in die Arme schloss. Es war ein trüber Tag, der genau Shuichis Stimmung ausdrückte, da es auch noch zu Regnen begann, während einige Trauergäste weinend um dem frisch ausgehobenen Grab standen. Hiro blickte sich um. Es waren nicht wirklich viele Menschen da. Wenn man es recht bedachte, sogar recht wenige. Er seufzte. Ryuichi schien so sehr mit seiner Karriere beschäftigt zu sein, dass er sich kaum Freunde machen konnte. Das erinnerte ihn an Shuichi. Und mit dem war momentan sowieso nichts mehr los. Nach und nach verließen alle Trauergäste den Friedhof, Noriko weinte in Tomas Armen. Toma hatte dafür gesorgt, dass Ryuichis Beerdigung in Japan stattfinden würde, denn wo er geboren wurde, sollte er auch begraben liegen, in der Nähe der Menschen, die sich um ihn gekümmert hatten, als er noch lebte. "Shuichi, lass uns gehen...", sagte Hiro einfühlsam und berührte vorsichtig die Hand des zu Boden zerstörten Jungen, der seit Tagen nichts anderes tun konnte als herzzerreißend zu weinen. "Bitte...geh schon mal, ich bleibe noch kurz hier, Ok...?", sagte er mit Tränen durchzogener Stimme. Hiro wollte ihn eigentlich nicht allein lassen, denn er konnte sich ja nicht sicher sein, ob er sich gleich mit dem Holzkreuz, welches vorläufig das Grab Sakumas schmücken sollte, erstechen würde... Doch er könnte ihn wohl nicht davon abhalten, noch ein wenig bei Ryuichi zu sein... Schließlich wusste er ja, was Shuichi schon seid seiner Kindheit für den älteren Sänger empfunden hatte... Sicher hatte Shuichi ihn auf eine gewisse Weise geliebt, so wie er ihn vergötterte... Ryuichi und er waren vielleicht nicht so befreundet wie Hiro und Shuichi, aber es bestand eine Art festes Band zwischen ihnen, was sie verband und auf irgendeine Art zueinander gehörig machte... "Ok, Shuichi... Ich geh nach Hause, du weißt ja, wo du mich findest..." Er nickte, versuchte erst gar nicht, die Tränen von seinem Gesicht zu wischen. Er stand einen Moment still da, weinte leise, so dass es kaum jemand hörte. Der Wind wehte ihm den Regen ins Gesicht, ließ seine Haare an seiner Stirn kleben. Als er eine weiße Lilie auf das Grab legte, brach er zusammen. Seine Hände versanken im Matsch. "Shuichi...?" Er musste Stunden vor dem Grab gelegen haben, denn als er wieder zur Besinnung kam, merkte er, dass es bereits stockdunkel war. Verschlafen blickte er sich um und begann zu zittern. "Shuichi!" Schon wieder sein Name... wurde er jetzt etwa verrückt? Er hatte schon wieder Sakuma-sans Stimme gehört... Er hatte ihn ja schon vermisst, als er wieder nach Amerika gegangen war, aber jetzt war dieser Zustand unerträglich geworden. Mühevoll kämpfte er sich auf die Beine, wankte ein wenig, als ihn erneuter Schwindel übermannte. "Shuichi... Hey, Shuichi!" Seine Augen weiteten sich. Jetzt hatte er auch noch eine Halluzination. Er sah Ryuichi, der im fahlen Licht des Mondes, der sich hinter den dunklen Wolken hervor schob, geradezu leuchtete. Sein Zittern verstärkte sich. "Ein Geist...", wisperte er. Fing an, auf die Erscheinung zuzugehen. Ein Lächeln huschte über seine Lippen, zierte das dreckige Gesicht. "Ich spinne...da steht der Geist von Sakuma Ryuichi..." Immer schneller und schneller ging er auf ihn zu. Er streckte die Hand nach ihm aus, um ihn zu fassen, um ihn festzuhalten. Er wollte sich von ihm verabschieden, ihm etwas Wichtiges sagen, bevor er endgültig ins Land der Toten verschwinden würde. "Sakuma-san!", schrie er nun und rannte los. Das Bild des älteren Sängers schien zu verschwimmen. Nein, er lief ebenso...er lief vom Friedhof, durch das gebogene Tor. Er... Shuichi stieß gegen jemanden. "Sakuma-san!", schrie er erneut. "SHUICHI!" Er wurde an seinen Armen gehalten und durchgeschüttelt. "Verdammt, wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht, als du gar nicht mehr gekommen bist und dich überall gesucht! Warst du die ganze Zeit hier auf dem Friedhof?" Shuichi blickte sich apathisch um. "Shuichi, komm zu dir!" "Hiro! Ich habe Sakuma-san gesehen! Es war sein Geist und er hat zu mir gesprochen!!!" Hiro sah ihn ernst an. "Shuichi...das hast du dir nur eingebildet, bestimmt hast du Fieber..." Er zog ihn am Arm hinter sich her und brachte ihn zu seinem Apartment. "Ich kann dich leider nicht mit zu mir nehmen...Ayaka-chan ist stand vorhin plötzlich vor der Tür...", sagte er, als er angekommen war und den verwirrten Shuichi dazu brachte, die Tür aufzuschließen. Er half ihm, die Schuhe auszuziehen, streifte sich seine ebenfalls ab und drückte den Jungen in Richtung Badzimmer. "Hör zu, du duschst jetzt und dann gehst du ins Bett! Und putz dir die Zähne, ja? Shuichi!" Shuichi starrte mit leerem Blick durch ihn hindurch. Hiro verdrehte die Augen, zog ihm die dreckigen Klamotten aus und legte ihn etwas gewaltsam in Unterwäsche ins Bett, um ihm die Decke bis zum Hals zu ziehen. "Schlaf jetzt, Shuichi... ich muss jetzt los, mach keinen Blödsinn, Ok?" Hiro wartete noch einen Moment, bis Shuichi allem Anschein nach ins Land der Träume versunken war und machte sich auf den Weg in sein eigenes Apartment. Doch wirklich gern allein lassen, wollte er ihn nicht. Dazu machte er einen viel zu schlechten Eindruck auf ihn. Shuichi wand sich im Schlaf hin und her, träumte die ganze Zeit lauter Irre bringende Dinge, bis er schweißgebadet, kerzengerade in seinem Bett saß und ein lauter Schrei seiner Kehle entfuhr. Verwirrt sah er sich im Zimmer um. Dieselben kahlen Wände... Er schloss kurz die Augen, öffnete sie jedoch kurz darauf wieder, schrie abermals erschreckt auf. Er blickte in ein bleiches Gesicht. "Shuichi! Sei doch leise!" "TASUKETE!!! HILFE!!! EIN GEIST! ZU HILFE!!! HIIIIIIIIIIILFEEEEE!", schrie der Junge jedoch nur panisch. Dann spürte er einen heftigen Schlag an seinem Kopf, der ihn wieder ins Land der Träume gleiten ließ. Am nächsten Morgen stand er sehr früh auf, stellte sich kurz unter die kalte Dusche, um endlich wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Er machte sich auf den Weg zu Sakuma-sans Grab, als hoffte er, dass die Einbildungen, die er hatte wahr sein würden und das Grab tatsächlich leer wäre... Er wollte gerade in die Straße, in der der Friedhof lag, einbiegen, als er Hiro erspähte, doch bevor er dessen Namen rufen konnte, wurde ihm der Mund zugehalten und Shuichi wurde ins nächst beste Gebüsch gezogen. "Schhh... beruhige dich...", flüsterte eine heisere Stimme in sein Ohr. "Wenn du schreist, bring ich dich um." Shuichi, dem nun mehr nach schreien zu Mute war, als es gut für ihn war, versuchte sich krampfhaft aus den Händen seines...ja, was war das eigentlich? Eine Entführung? Geiselnahme? Er hatte keine Ahnung. Er versuchte sich umzudrehen, um in das Gesicht desjenigen blicken zu können, der ihn festhielt. Seine Augen weiteten sich. Das konnte doch nicht wahr sein! "Hallo Shuichi. Ich bin's, Ryuichi!" Zwei freundlich dreinblickende Augen sahen ihn an, doch das kindliche Lächeln konnte die Ernsthaftigkeit, die nun dem Gesicht des Älteren innewohnte, nicht überdecken. "Kann ich meine Hand wegnehmen, ohne dass du gleich die ganze Gegend zusammen schreist?" Shuichi wurde bleich im Gesicht, nickte dann aber. "S...Sakuma-sans Geist...", wisperte er verstört. "Quatsch, du dumme Nuss... ich bin doch kein Geist! Oder könnte ich sonst das hier tun?", fragte er und schloss Shuichi in seine Arme. Shuichi riss die Augen noch weiter auf, spürte die warmen Hände des anderen auf seinem Rücken, die sich an ihm festkrallten. "Shuichi, bitte...du musst mir helfen..." "S...Sakuma-san...", wisperte er erneut. Er war kaum in der Lage, diese Situation zu begreifen. "Du bist gar nicht tot?" "Argh...würde ich sonst hier vor dir sitzen?" Shuichi schüttelte den Kopf. "Nein...", meinte er. "Hör mal, Shuichi, das ist kein guter Ort zum Reden..." Shuichi nickte erneut. Nein...in Gebüschen hatte er wahrlich noch kein guten Konversationen geführt... Verwirrt packte er Sakuma am Handgelenk und zog ihn hinter sich her. "Gut, dann bringe ich dich zu mir nach Hause. Ich fürchte, du hast einiges zu erklären..." So schnell, wie er zum Friedhof gekommen war, waren die beiden auch in Shuichis Apartment angekommen. Ryuichi zog sich die Schuhe aus und seufzte erleichtert. Er kannte dieses Apartment schon, da er in der Nacht schon einmal da war, um mit Shuichi zu reden, doch da dieser irgendwie nicht wirklich ansprechbar war, ließ er es bleiben und verschwand, um durch die dunklen Straßen Tokios zu wandeln. "Bitte, setz dich doch...", sagte Shuichi und bot ihm einen mit Büchern voll gestapelten Pappkarton als Sitzplatz an. Ryuichi folgte dieser Einladung auch gleich. "Sorry, ist nicht gerade hübsch, bin grad erst hier eingezogen...", sagte er. "Hast du Durst? Oder Hunger?", fragte er schließlich beiläufig, was er sich auch hätte sparen können, da er Ryuichis Magenknurren nur laut und deutlich hören konnte. Er ging in die kleine Küche, kramte ein wenig in den Schränken herum, setzte Wasser auf und trat schon mal, mit ein paar Lebensmitteln auf dem Arm in das Zimmer, in dem Ryuichi saß. Dann stellte er seinen Ballast auf einem anderen voll gepackten Karton ab und schob ihn in Richtung Ryuichi, holte sich ebenso eine Art Stuhl und setzte sich dazu. "Bist du nicht mehr mit Yuki zusammen?", fragte Ryuichi schließlich. Shuichi schaute ihn leicht verärgert an. "Was tut das zur Sache? Warum lebst du noch? Ich meine, nicht, dass ich nicht froh darüber wäre, aber etwas verwirrt mich das ja schon.", meinte er sauer und ging zurück in die Küche, um das kochende Wasser in Tee zu verwandeln. Ryuichi schmierte sich währenddessen einen Toast ein und verschlang ihn gierig mit drei großen Bissen, bevor er das Gleiche mit einem weiteren wiederholte. "Sorry, Shuichi...", meinte der Ältere kleinlaut. "Ich glaube, ein Sorry wird dir da nicht weiterhelfen. Ryuichi...was hast du dir dabei gedacht? Ich versteh das nicht!", sagte er und steckte seinen Kopf aus der Küchentür. Dann kam er mit der Teekanne und Tassen beladen zurück ins Wohnzimmer. "Warum hast du deinen Tod vorgetäuscht? Hast du mal an die Konsequenzen gedacht, wenn das rauskommt?" Shuichi spulte sich auf. Er fing immer mehr an zu schreien, konnte gar nichts anderes mehr tun, als dies. "Sorry, Shuichi...", entschuldigte Ryuichi immer und immer wieder. "Tut mir leid, aber was sollte ich tun...diese Frau ist einfach wahnsinnig..." "Eh? Welche Frau meinst du?" "Na, diese Rage... glaub mir, die hätte mich umgebracht, wenn ich nicht selbst so getan hätte..." Shuichis Gesichtsausdruck war unbeschreiblich. Rage... ja, das konnte er sich nur zu gut vorstellen. Sicher hatte Ryuichi Essigsäure in seinem Wasser gehabt oder Benzin im Saft... er mochte gar nicht weiterdenken. Diese Frau war krank, zweifelsohne... "Sie meinte, dass sie mich lieben würde... aber sie hat wirklich seltsame Arten, einem ihre Liebe zu gestehen..." "Ich weiß...ich hatte mal dasselbe Problem, aber ich brauchte nicht meinen eigenen Tod vortäuschen, damit sich alles wieder geregelt hat..." "Ach, Shuichi...", begann Ryuichi schließlich. Shuichi erschrak...glitzerten in seinen Augen etwa Tränen? "Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll..." Shuichi, der sich nun ebenso einen Toast einschmierte und diesen langsam anknabberte, sah Ryuichi nun mit großen Augen an. "Ich glaube, ich kann dir da nicht helfen... jedenfalls wüsste ich keine Möglichkeit, bei der du nicht wirklich noch draufgehen würdest...Aber ich frage mich zwei Dinge... erstens, wie hast du es geschafft so zu tun als..." "Das hat sich so angeboten... frag lieber nicht...", sagte er und ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht... "Oh doch, das interessiert mich..." "Mit dem Auto... ich stand grad hinter einem Baum, da ist es plötzlich losgerollt, durch ein Brückengeländer gekracht, in die Tiefe gestürzt und dann ist es verbrannt...Dann hat es bei mir ausgehakt und ich bin abgehauen... Aber ich versteh selbst nicht, wieso sie mich für tot erklärt haben..." Shuichi nippte an seinem Tee. "Hmm... schon seltsam, in diesen Kriminalfilmen suchen sie immer das Gebiss und vergleichen es mit irgendwelchen zahnärztlichen Aufzeichnungen oder so...", meinte er und schlang nun bereits seinen vierten Toast hinunter. "Wirklich, sehr seltsam... entweder wollte jemand, dass du verschwindest und hat deinen Plan einfach geschehen lassen oder die sind einfach nur zu blöd... Also ich habe geglaubt, dass du tot bist...", meinte Shuichi. Er fand zwar diese ganze Sache mehr als merkwürdig, aber ein riesiger Stein war von seinem Herzen gefallen. Ryuichi lebte. Er lebte noch. Er hätte heulen können vor Glück, aber angesichts der Tatsache ließ er es lieber... "Wer sollte wollen, dass ich verschwinde?", fragte sich der Grünhaarige. "Hey, überleg mal...glaubst du nicht, dass du irgendwelche Neider hattest? Du warst kurz vor deinem Debüt als Hollywoodstar...gerade dort gibt es sicher eine Menge intriganter..." "Shuichi...hast du deinen Wortschatz verbessert...?" Ryuichi lächelte ihn an. So kannte er ihn ja gar nicht. Wie lange hatte er den Kleinen eigentlich schon nicht mehr gesehen? Ein halbes Jahr? Er wollte es sich zuerst nicht eingestehen, aber er hatte ihn irgendwie vermisst. Dieses naive kleine Dummerchen... "Achja...was ich noch wissen möchte, Ryuichi...warum bist du gerade zu mir gekommen? Warum nicht zu Toma, warum nicht zu Noriko?" Ryuichi überlegte einen Moment. Stimmt...es war ihm von Anfang an klar, dass er sich Shuichi anvertrauen würde. Er war unter falschen Namen nach Japan geflogen und sah heimlich seiner eigenen Beerdigung zu. Was für ein seltsames Gefühl das doch war... Aber am meisten versetzte ihm Shuichi einen Stich. Er hatte ihn noch nie so weinen gesehen. "Weil ich dir vertraue...", sagte er schließlich. Shuichi blickte ihn an. Er wollte gerade ansetzten, etwas zu sagen, da überkam ihn ein stechender Schmerz in seiner Brust. Er hielt sie sich und begann zu husten. Ryuichi sah ihn besorgt an. "Alles okay?", fragte er schließlich, als Shuichi seinen Hustenanfall beendet hatte. "Huh... ich muss mich wohl erkältet haben...", sagte er heiser. Für den Rest des Tages blieben sie in Shuichis Wohnung, versuchten, eine Lösung für das ziemlich große Problem zu finden. Dabei kamen sie bei Ryuichi solle alles gestehen und somit einen Skandal auslösen, bis zu, er solle ins Ausland einer Sekte beitreten und irgendwann Selbstmord begehen., doch irgendwie wollte ihm keine dieser Ideen wirklich zusagen. Mittlerweile war es ziemlich spät geworden. Shuichi hatte einen Futon aus dem Schrank geholt und rollte ihn auf dem Boden aus. "Du schläfst im Bett.", sagte er zu dem Grünhaarigen. "Aber... das kann ich nicht. Ich sehe doch, dass du krank bist." "Du bist mein Gast!" "Ich hab mich ja wohl so ziemlich selbst eingeladen!" "Ist doch egal. Du bist mein Gast und du schläfst im Bett! Basta! Ich such dir ein paar Klamotten raus, warte kurz." Er schmiss ihm ein Handtuch zu. "Hier, du willst doch sicher duschen, ne?" Ryuichi lächelte und nickte. Oh ja...eine Dusche, das war es, was er gebrauchen konnte, mal abgesehen von Schlaf. "Das Bad ist den Flur runter links.", sagte Shuichi, der mit dem halben Oberkörper im Schrank steckte und was zum Anziehen suchte. "Geh schon mal, ich bring dir dann gleich die Klamotten." "Ok...", sagte Ryuichi und ging aus dem Schlafzimmer, steckte jedoch seinen Kopf noch einmal hinein. "Shuichi...?" Der Angesprochene wandte seinen Blick zu ihm. "Ja?" "Danke." Shuichi lächelte. Er half ihm doch gern, auch wenn er es nicht wirklich konnte. Er wusste weiß Gott nicht, wie Ryuichi da jemals wieder raus kommen sollte... Ryuichi lehnte seine Stirn an die Wand, als warmes Wasser seinen Körper entlang strömte. Es tat ja so verdammt gut. Und endlich, mit dem Wasser strömten auch seine Tränen. Wo war er da nur hineingeraten? Gut, er war abgehauen, aber es gab keinen Beweis, dass er gestorben ist. Was wohl in der Urne war? Sicher Ruß aus dem Auto... Pitschnass kam er aus der Dusche, trocknete sich ein bisschen ab und umwickelte seine Taille schließlich lasch mit dem Handtuch, öffnete die Badezimmertür und fand einen Stapel Klamotten in einem Pappkarton. Er musste grinsen. Wenn er gerade nicht das kleine Problem mit seinem nicht mit Absicht vorgetäuschtem Tod hätte, würde er Shuichi erst einmal ein paar Möbel kaufen... Er nahm den Karton mit ins Badezimmer und zog sich das Sweatshirt und die Boxershorts über. Er war zwar ein paar Zentimeter größer als Shuichi, aber das machte nicht wirklich etwas, die Sachen passten ihm eigentlich ganz gut. Er rieb sich noch schnell die Haare trocken und verließ das Badezimmer, um ins Schlafzimmer zu gehen. Shuichi lag schon in seinem Futon und schlief, also löschte Ryuichi das Licht und setzte sich erst einmal aufs Bett, schloss die Augen. Er ließ sich zurückfallen und öffnete die Augen wieder. Langsam gewöhnten sie sich an die Dunkelheit, konnten die kahlen Wände sehen, die Shuichi so hasste. Er hatte versucht, sie durch ein paar Poster etwas angenehmer wirken zu lassen, doch so wirklich wollte es ihm nicht gelingen. Das sind alles Poster von mir, dachte Ryuichi, legte eine Arm über die Augen und schloss sie. In seinem Kopf drehte es sich, ging drunter und drüber. In seinem Zimmer in Amerika hatte er auch Bilder von Shuichi hängen, immerhin waren die beiden Freunde. Obwohl er sich langsam nicht mehr sicher war, ob er wirklich nur Freundschaft für den Jungen empfand. Er war sich da schon nicht mehr so sicher gewesen, als er nach Amerika zurückkehrte, doch er hoffte, dieses leise Gefühl würde verschwinden... doch dem war nicht so. Er seufzte. Auch das noch. Das konnte er jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Shuichi würde ihn hassen... Nach einigen Stunden fiel Ryuichi in einen kurzen, traumlosen Schlaf, wurde jedoch durch das Husten des Jüngeren der beiden geweckt. Verschlafen setzte er sich auf. Shuichi wälzte sich hin und her, hustete, so dass es den Anschein machte, er würde sich bald übergeben. Ryuichi stand auf, ließ sich auf die Knie sinken und krabbelte neben Shuichi. "Shuichi...?", sagte er leise, stieß ihn ein wenig an. Er war total verschwitzt. Er beugte sich zu dem Jüngeren hinab und legte seine Stirn gegen die des Pinkhaarigen. "Meine Güte... du hast total hohes Fieber..." Dann zog er ihm die Decke weg, schob einen Arm in Shuichis Kniekehlen, legte sich die Arme des Jungen um den Hals und hob ihn an. Er war erstaunt, wie leicht er war. Nahezu wie eine Feder, obwohl er immer einen kräftigen Appetit zu haben schien... Dann legte er ihn ins Bett und deckte ihn zu. "Ich hab's dir doch gesagt... dir geht's nicht so gut, also schlaf gefälligst du in deinem Bett. Das brauchst du viel nötiger als ich...", flüsterte er, wohl wissend, dass der andere ihn nicht hören könnte. Er ging ins Badezimmer, suchte in dem Medizinschränkchen nach Medikamenten, die noch nicht 2 Jahre über das Verfallsdatum waren, suchte auch einen Waschlappen, machte ihn kurz nass und kehrte zu Shuichi zurück. Sanft strich er ihm die Haare aus der Stirn um den Lappen darüber zu legen. Der Jüngere hustete stark. Ryuichi überlegte einen Moment. Das einzige, was er gefunden hatte, war etwas Hustenbalsam. Er zog Shuichis Bettdecke noch ein wenig beiseite, nahm etwas vom Balsam auf seine Handfläche und schob die Hand unter Shuichis Oberteil. Sanft verteilte er die Masse auf Shuichis Brust, strich ihm bis zum Hals hinauf. Eukalyptusgeruch strömte ihm in die Nase, ließ auch ihn besser atmen. Röte schoss ihm ins Gesicht, als er merkte, wie lange seine Hand nun schon auf Shuichis flachen Bauch verweilte. Er zog sie zurück, strich ihm das Oberteil glatt und deckte ihn wieder zu. Shuichi hustete dumpf, drehte sich ein wenig, so dass der Lappen von seiner Stirn rutschte. Ryuichi legte ihn erneut auf, strich ihm über die verschwitzte Wange. "Tut mir wirklich leid, Shuichi..." Er blickte noch eine Weile in das schlafende Gesicht, dass er auch im Dunkeln wunderschön fand und strich ihm über die Wange. Doch er konnte jetzt nichts mehr für ihn tun, also legte nun er sich in den Futon, genoss es, dass Shuichi kurz vorher noch darin gelegen hatte, schloss seine Augen und schlief schließlich ebenso ein. Erschrocken und schwer keuchend schlug er die Augen auf. Er atmete hektisch, setzte sich dann auf und blickte sich um. Das Bild vor seinen Augen, welches bis vor kurzem nichts weiter als eine stupide Verzerrung war, klarte sich auf und er sah sein kahles Zimmer. Er schnaufte, fuhr sich dann mit der Hand über die Stirn, spürte den Lappen, der regelrecht an ihr klebte. Er streifte ihn ab, legte ihn neben sich, dann fiel sein Blick nach rechts auf den Fußboden. Ryuichi lag eingerollt in seinem Futon... er musste ihn des Nachts in sein Bett getragen haben. Dieser Spinner. Er sollte doch im Bett schlafen. Shuichis nackte Füße stellten sich auf den Fußboden, versuchten, festen Stand zu finden, ehe er sich schwankend erheben konnte. Krampfhaft versuchte er, sein Gleichgewicht zu halten, doch dann wurde ihm schwarz vor Augen, er taumelte und wäre sicherlich hart auf den Boden aufgeschlagen, wenn er nicht von zwei starken Armen gehalten worden wäre. "Shuichi... ist alles in Ordnung mit dir?", fragte Sakuma und blickte ihn besorgt an. "Hai...mir wurde bloß kurz schwindelig. Danke...", sagte er, errötete, als er bemerkte, dass er ziemlich schwer auf dem Älteren lasten musste. "Tut mir leid.", sagte er, setzte sich dann auf die Knie und verneigte sich kurz. "Was denn? Keine Sorge, ich hab mir schon nichts getan, bei deinem Fliegengewicht.", sagte der Grünhaarige und lächelte schief. Shuichi sah ihn verlegen an, fing sich nach einer Weile jedoch wieder und musterte nun sein Gegenüber. Ryuichi sah ziemlich schlecht aus. War wohl auch nicht weiter wunderlich, war er ja in der letzten Zeit nicht gerade zu viel Schlaf gekommen. "Suman na...", wisperte er noch einmal. "Wofür entschuldigst du dich, Shuichi?" "Du brauchst Schlaf.", meinte er nur knapp, wollte sich erheben, doch das drehende Gefühl in seinem Kopf ließ es nicht zu. "Den hast du genauso nötig.", meinte der Grünhaarige. "Warum bist du aufgestanden? Wolltest du zur Toilette?", wechselte er das Thema, stützte Shuichi ein wenig ab, da er merkte, dass dieser leichte Schwierigkeiten mit seinem Gleichgewichtssinn hatte. Shuichi schüttelte den Kopf. Nein. Er wusste nicht, wieso er aufgestanden war. Vielleicht wollte er Ryuichi überreden, sich wieder ins Bett zu legen? Er wusste es nicht. Dieser hatte ihn nun wieder ins Bett verfrachtete, saß neben ihm, blickte ihn schon beinahe liebevoll an. Shuichi entging das nicht, auch wenn er gegen eine sich langsam bemerkbar machende Bewusstlosigkeit zu kämpfen hatte. Er blickte auf, sah Ryuichi direkt in die Augen. Dieser erschrak ein wenig, blickte weg. "Was ist? Was hast du?", fragte Shuichi schließlich. Ryuichi überlegte, ob er es ihm sagen sollte. Ob er ihm seine Gefühle gestehen sollte, ihm sagen sollte, was er für Shuichi empfand. Ob er verletzt sein würde? Ob er ihn für total verrückt halten würde? Für durchgeknallt? Er schüttelte den Kopf. "Es ist nichts...", sagte er, strich Shuichi aber entgegen seiner Aussage sanft eine Strähne seines verschwitzen Haares aus dem Gesicht. "Du siehst blass aus." "Schau mal in den Spiegel." Ryuichi lachte kurz auf, schloss dann die Augen für einen kurzen Moment. "Shuichi. Noch mal vielen Dank für alles." "Hm? Ich habe nichts für dich getan..." "Doch, du hast mehr für mich getan, als du glaubst. Ich... ich werde wohl in irgendein Land gehen, wo man mich nicht kennt und ein neues Leben anfangen... vielleicht geh ich nach Südafrika und tauche nach Seegurken...", sagte er, lächelte den Jungen an. Doch dieser blickte nur unendlich traurig. Ryuichi seufzte... Das war wohl die einzige mögliche Lösung für dieses Problem... er müsste endgültig verschwinden, weit weg von Japan und Amerika. Und am besten auch weit weg von Shuichi, damit er warten konnte, bis seine Gefühle für ihn wieder verschwanden.... So wie die Situation aussah, hätte er ihm ohnehin nur Schmerzen zugefügt, selbst wenn er seine Gefühle erwidern würde. Was für eine Zukunft hätten sie schon? Ryuichi hatte die Augen noch immer geschlossen, öffnete sie jedoch, als er einen sanften Druck an seiner Hand spürte, der zweifelsohne von Shuichi ausging. Unaufhörlich liefen ihm Tränen über die Wangen, dann setzte er sich auf, strich über Ryuichis Wange und küsste ihn sanft auf die weiche Haut. Ryuichi riss die Augen auf, spürte, wie Shuichis Lippen seine Wange kurz und samtweich berührt hatten, dann packte er ihn am Hals und zog seinen Kopf zu hin, dass er ihm genau in die Augen sehen konnte. "Ich... es...tut mir leid...", weinte Shuichi. "Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist...", entschuldigte er sich. Doch schon hatte er Ryuichis Lippen auf den seinen, die ihn gierig küssten, während seine Finger versuchten, ihm die Tränen wegzuwischen. Schwer atmend löste sich Shuichi von ihm. "Beruhig dich...", wisperte Ryuichi, strich ihm durchs Haar, küsste ihm sanft auf die Stirn und schmiegte seine Wange an die des Jüngeren. "Nimm mich mit... ich möchte nie wieder von dir getrennt sein...", keuchte er, fing an zu schniefen. Ryuichi schüttelte den Kopf. "Ich kann nicht.", flüsterte er heiser. Erneut füllten sich Shuichis Augen mit Tränen. "Warum nicht...?" Diesmal war Shuichi, der einen sehnsüchtigen Kuss entfachte. Er drückte Ryuichi rücklings ins Bett, lag auf dessen Körper, presste sich so fest an ihn, wie Ryuichi ihn in seinen Armen hielt. "Ich will...", keuchte der Ältere während einer kurzen Unterbrechung: "Ich will nicht, dass deine Karriere deswegen den Bach runtergeht. Du hast bald den Durrchbruch geschafft, du kannst jetzt unmöglich aufhören... Leb dein Leben, wie es für dich vorgesehen ist, Shuichi...", flüsterte er, wurde erneut in einen Strudel aus Begierde gezogen. Langsam wanderte die Hände des Jüngeren unter sein Oberteil, strichen über die makellose Haut, die sich durch diese leichten Berührungen schon wie elektrifiziert anfühlte. "Ich will aber bei dir sein...", erwiderte der andere, der nun die warmen Hände Ryuichis auch auf seiner nackten Haut spürte. "Ohne dich kann ich nicht leben... du warst...", er keuchte auf, als Ryuichi seine Brustwarzen umspielte, bis sie sich verhärteten. "Du warst seit jeher mein Vorbild, sempai... Du hast dich die ganze Zeit um mich gekümmert..." Erneut keuchte er, als die flinken Finger sich unter den Bund seiner Hose vorarbeiteten. "Ich...ah...ich brauche dich. Wenn du nicht da bist, hat mein leben keinen Sinn..." Ryuichi machte sich an Shuichis Hals zu schaffen, nahm Schwung und drehte nun ihn auf den Rücken, kniete über ihm und blickte ihm schließlich tief in die Augen. "Aber ich bin doch da...", wisperte der Ältere, beugte sich hinab und legte seine Hand sanft auf Shuichis Herz. Dann empfing er erneut seine gierigen Lippen. Shuichi zog nun seine Arme unter Ryuichis Shirt hervor, nahm dessen Gesicht in beide Hände und blickte ihn an. "Aber wenn du weg gehst, bist du nicht mehr bei mir.", wisperte er mit tränen durchzogener Stimme. "Ich will dich aber nicht schon wieder verlieren... Es war schon schlimm genug als ich dachte, dass du gestorben bist... Ich dachte, ich sehe dich niemals wieder..." "Shuichi..." "Es hat so schrecklich wehgetan...", wisperte er, drehte dann seinen Kopf beiseite, um den Tränen besser freien Lauf lassen zu können. "Shu-chan...", wisperte Ryuichi, drehte Shuichis Gesicht wieder zu sich, damit er ihn anblickte. "Was soll Hiro-kun ohne dich tun? Was wird aus Bad Luck, wenn du nicht mehr da bist?" "Das ist mir egal... ich möchte bei dir sein..." Wieder und wieder trafen sich ihre Lippen, schmetterlingsgleich, kurz und süß, um sich gleich drauf wieder zu trennen, nach einem innigeren Zusammentreffen lechzend. Hände strichen über verschwitzte Haut, Schweiß vermischte sich mit Schweiß, Haut traf auf Haut, als Shuichi und Ryuichi eins wurden, die Kontrolle über sich verloren, in Ekstase gerieten und schließlich nahezu gleichzeitig über die Klippe in die tosenden Fluten eines stürmischen Ozeans gestoßen wurden. Ryuichi brach auf Shuichi zusammen, küsste ihn noch einmal begierig. Sie brauchten eine Weile, um wieder zu Atem zu kommen, lagen dann eng ineinander verschlungen da, sogen den Duft des jeweils anderen ein und genossen die Wärme des anderen Körpers neben sich. "Ich möchte ja auch bei dir sein...", wisperte Ryuichi, strich dem Jungen, der sich so fest an sich schmiegte und ihn nun mit seinen strahlenden Augen anblickte: "Ich möchte ja auch bei dir sein und dich nie mehr vermissen müssen...", wisperte er. "Deshalb bin ich ja auch nach Japan zurückgekehrt." Er schloss die Augen. Shuichi betrachtete das schöne Gesicht des älteren Mannes, die langen Wimpern, die sanften und weichen Züge seines Gesichtes... "Aber wir haben keine Zukunft." Shuichi atmete aus. Sicher...er wusste das. Aber es war so verdammt schwer, es sich einzugestehen. Er sagte nichts, genoss noch eine Weile die Haut des anderen, strich sanft über den flachen Bauch, bis ihm die Augen zufielen und er in einen tiefen Schlaf fiel. Shuichi öffnete langsam die Augen, setzte sich auf, spürte, wie seine Brust schmerzte, spürte, wie ihm langsam alles begann, wehzutun, er aufstand und die Wohnung nach Ryuichi absuchte, da er nicht mehr neben ihm lag. Doch nirgends war ein Zeichen von ihm, der Futon lag in seinem Schrank, als wäre er nie benutzt worden, die eigentlich benutzten Teller des spärlichen Abendessens standen sauber im Schrank. Shuichi rieb sich die Augen, kämpfte gegen die Tränen an, die langsam in ihm aufstiegen. Schnell zog er sich seien Klamotten an, hastete zur Eingangstür, streifte sich die Schuhe über und machte die Tür auf, um hinauszusprinten, da versperrte ihm jemand den Weg. "Wohin willst du denn, Shuichi?", fragte eine ihm wohlbekannte Stimme. Shuichi registrierte seinen Freund zuerst nicht. Erst als dieser ihn an der Schulter packte, und ihn vor Schreck zusammenzucken ließ, blickte er ihn an. "Hiro...was machst du..." "Ich war die ganze Zeit bei dir, Shuichi. Du bist zusammengebrochen. Ich hab dich hergebracht. Du hast dich die ganze Nacht im Fieberwahn hin und her gewunden und merkwürdiges zeug geredet... Ich war nur gerade in einer Apotheke, um dir ein paar Medikamente zu besorgen. Also, wohin willst du? Du solltest dich wirklich lieber wieder hinlegen..." Shuichis Augen flackerten, füllten sich erneut mit Tränen, die unaufhörlich seine Wangen hinab strömten. Das konnte doch nicht sein... er hatte ihn doch so eindeutig bei sich gespürt. "Shuichi... ich rede mit dir." Ein Schluchzen verließ seine Kehle, dann blickte er Hiro an, schüttelte den Kopf, stieß ihn grob zur Seite und rannte los. Er ignorierte die Rufe seines besten Freundes, ignorierte, dass er hinter ihm her jagte. Seien Füße trugen ihn schneller über den langsam gefrierenden Boden, doch auch die Kälte, die sich langsam durch seine Knochen fraß, ließ ihn nicht in seiner Schnelligkeit erlahmen. Unaufhörlich weinte er, atmete hektisch die eiskalte Luft ein und aus, ignorierte den brennenden Schmerz seiner Lunge, ignorierte das starke Husten, rannte einfach dorthin, wohin ihn seine Beine trugen. Er bremste, wurde durch seine Geschwindigkeit von den Füßen gefegt und landete mit einem schmerzerfüllten Laut auf dem kalten, ausgedorrten Boden. Einige Minuten blieb er liegen, eher er wieder zu sich kam und sich langsam aufrappelte. "I hope to Heaven his soul is gone." stand in güldenen Lettern über dem Namen Sakuma Ryuichi. Frische Blumen schmückten das Grab. Der Kumagoro, den Shuichi selbst darauf gesetzt hatte, ließ den Kopf hängen, schein still vor sich hin zu weinen. Shuichi stand einen Moment unbeweglich da, blickte starr auf das Kreuz hinter dem frischen Grab. "Shuichi!", keuchte der langhaarige Gitarrist, als er seinen Freund endlich eingeholt hatte. "Was soll das?" Doch dieser blickte nur leer durch ihn hindurch. Hiro versuchte, sich ihm zu nähern, wollte ihn in seine Arme schließen, ihm Nähe geben, doch Shuichi stieß ihn erneut weg und fing wieder an zu rennen... Nun saß er schon eine ziemliche Weile am Rand der Bühne des Zepp Tokyo, betrachtete die Zuschauerränge und erinnerte sich an das allererste Konzert, welches er gegeben hatte. In seinen Händen spielte er mit dem kalten Metall, welches er vor einer ziemlichen Zeit in Yukis Wohnung in einer Schublade gefunden hatte, ließ es von einer Hand in die andere gleiten. Dann formten sich seine Lippen zu einem Lächeln. "Ich kann ohne dich nicht leben...", murmelte er. Eine einsame Träne rollte über sein Gesicht. "Es tut mir Leid...Hiroshi..." Er schniefte. Zitternd hob er seine Hand, führte sie an seine Schläfe. Er drückte ab. Vögel flogen erschrocken auf. Die Waffe glitt aus den leblosen Händen und fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Er spürte keinen Schmerz. Seine Augen richteten sich starr und leer auf den Fußboden vor sich, konnten jedoch nichts mehr sehen. Ein feines Rinnsal Blut lief aus seinem Mundwinkel, dann sackte sein Kopf zur Seite und sein Körper kippte um, blieb regungslos liegen, als sich eine Blutlache um seinen Kopf herum ausbreitete. Er kam sich so leicht wie eine Feder vor, als er in die Dunkelheit schwebte. Zunächst blickte er sich ängstlich um, sah nach links, sah nach rechts, wusste nicht so recht, wohin er sollte, was er zu tun hatte oder wie ihm geschah. Doch nach einiger Zeit des Umherirrens spürte er plötzlich, wie sich zwei Arme um sich schlangen und ihn fest an einen scheinbaren Körper drückten. Ein Lichtstrahl durchbrach die Dunkelheit, er bemerkte, wie er von zwei blauen Augen angesehen wurde, die sich um ihn sorgten, dann wurde er von zwei Lippen berührt, die so warm und doch so entsetzlich kalt waren. "Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Du bist nicht allein...", hallte eine klare und unglaublich reine Stimme in seinem Kopf wider. Zwar bewegte sich der Mund seines Gegenübers nicht, doch war es eindeutig er, der zu ihm sprach. Er nickte, genoss die Berührungen und schmiegte sich an den Träger dieser wunderbaren Stimme, die ihn so mit Wärme zu füllen vermochte. "Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ich werde jetzt für immer an deiner Seite sein. Ich liebe dich...", wisperte die Stimme erneut, küsste ihm sanft beide Augenlider und schenkte ihm ein Lächeln voller Zuneigung, ehe er ihn erneut fest in die Arme nahm, durch sein Haar strich und mit ihm in der Ewigkeit verschwand. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)