Ani - Hu! von RayDark ================================================================================ Kapitel 3: Kai -------------- Hallöle!!!^^ Hier ein neues Kapitel! Viel Spaß beim Lesen! Kai Am nächsten Morgen öffnete Silence zögerlich die Augen. Das erste, was sie mitbekam war, dass es schon sehr hell war. Sie setzte sich im Bett auf und schaute sich die vertraute Umgebung an. Sie lag in ihrem Bett, direkt daneben die Balkontür, die auf einen riesigen, reich verzierten Balkon rausführte. Der Kronleuchter an der Decke, an dem eine Menge glitzernde Diamanten hingen. Die Kommode mit den vielen Duftfläschen, die sowieso nie benutzt wurden. Die Wände in einem pastellfarbenem Rot gehalten, sorgten für eine warme Atmosphäre. Eigentlich war dieses Zimmer einer Königin würdig und vielleicht war es auch mal eines der früheren Königin gewesen. Nach ihrem Tod war das Schloss nicht mehr besichtigt worden, da man es für verflucht hielt, weshalb es auch sehr schwer war, Personal für den Haushalt zu finden. Silence jedoch hatte nie was von dem Fluch gespürt. Das Einzige, was diesen Luxus ein wenig störte, war ein offener Kasten mit Verbandsachen, der fast täglich von der jungen Frau genutzt wurde. Allerdings spürte sie etwas, was ihr nicht so vertraut vorkam, denn sie hatte für die Nacht eine warme und weiche Decke, die ihr völlig unbekannt vorkam. Normalerweise gab es in diesem Zimmer keine Decke. Von ihrem Bett aus, sah sie direkt in den alten Kommodenspiegel, der schon einen Sprung hatte. Ihr Blick fiel auf die Duftwässerchen und für einen kurzen Moment fragte sie sich, warum sie die Flaschen überhaupt hatte, doch dann zog ein junger Adler ihre Aufmerksamkeit auf sich, als sie in den Spiegel sah. In eben diesem spiegelte sich nicht nur ihr Bett mit ihr darauf, sondern auch die Balkontüren neben dem Bett sowie dem Balkon. Auf dem Geländer saß ein wunderschöner Weißkopfadler, der Silence anscheinend durch den Spiegel hinweg betrachtete. Die junge Frau strich sich die langen, blauen Haare aus dem Gesicht und stand auf. Ihr langes Seidennachthemd, das sie vorher nie angehabt hatte, strich um ihre schlanken Beine als sie zur Tür ging. Als der lange, rote Seidenvorhang ihre Arme berührte, realisierte sie zum ersten Mal ihr Nachtgewand. Sie sah zum Adler, fing an ihn zu streicheln und sprach ihn leise an: „Sag mal, weißt du was passiert ist?“ Sie dachte nach und streckte dabei das Gesicht zur warmen Sonne und schloss genießerisch die Augen. Der erfrischende Wind spielte mit ihren langen Haaren und das Zwitschern der Vögel beruhigte sie. Ein ungewohntes Geräusch ließ sie aufblicken. Sie sah zur Seite und bemerkte, wie jemand leichtfüßig von den Giebeln des Westturmes zu ihr auf den Balkon sprang. „Sieh mal einer an, zu Tieren sprichst du also ganz normal… als ich dich gestern kennen gelernt habe, dachte ich, du wärst ein Pessimist, der sich fast das Leben nehmen will. Doch anscheinend habe ich mich geirrt…“, mit einem freundlichen Lächeln sah der blonde Fremde seinen Gegenüber an, diesmal bemerkte er die zwei langen Streifen auf ihrer Wange. Diese waren bei ihrer ersten Begegnung unter dem Verband verdeckt gewesen. Und nachdem ihr Bruder sie umgezogen hatte, hatte der junge Mann sie nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Streifen waren alte Narben, die sie in ihrer Kindheit bekommen haben musste. Aber diese Narben machten das Mädchen trotzdem nicht hässlicher, für ihn hatten sie sogar ihren eigenen Reiz. Die Miene der jungen Frau verfinsterte sich wieder, als sie an die gestrige Begegnung dachte. Sie wurde leicht rot um die Nase, als sie sich wieder erinnerte, dass sie in seinen Armen zusammengebrochen war. Der junge Adler, den sie zuvor noch gestreichelt hatte gesellte sich zu dem jungen Mann auf die Schulte. Überrascht sah sie auf. Der Adler spielte mit den langen blonden Haaren des Mannes und dieser schien sich sehr zu amüsieren. Zwischen den beiden herrschte eine tiefe Bindung. “Ray…“, Silence wollte ihn was fragen, doch verbiss sie die Frage lieber und ging zurück in ihr Zimmer. Der Angesprochene schaute überrascht auf, doch weitere Worte von ihr vernahm er nicht. Er folgte ihr leise ins Zimmer, doch im nächsten Moment war er auch schon wieder draußen. Das Mädchen war an der Kommode beschäftigt gewesen. Da diese niedriger war, musste sie sich bücken und Ray konnte durch den Spiegel in den tiefen Ausschnitt ihres Nachthemdes sehen. „Ähm… Silence, ich gehe schon mal runter, die andern warten auch schon im Klavierzimmer. Übrigens, hübsche Aussicht… ich meine dein Schloss!“, um sich nicht noch weiter zu verhaspeln, sprang der junge Mann mit rotem Gesicht vom Balkon und machte sich auf den Weg in das angesprochene Zimmer. Überrascht über den hastigen Abgang und die plötzliche Unsicherheit in seiner Stimme, kam das Mädchen noch einmal an den Balkon, bevor sie schulterzuckend zurück ging und sich anzog. Zwei Stockwerke unter dem Schlafzimmer von Silence saß ihr Bruder Victor am Klavier und spielte ein paar Noten, der dunkelhaarige Kai stand daneben und lauschte den Klängen. Als er die Augen wieder öffnete, war die Melodie schon seit einiger Zeit verklungen. Er und Victor blickten auf, als der dritte im Bunde, Ray in das Zimmer gestolpert kam. Beide bemerkten wohl die Röte in seinem Gesicht, doch sagten sie nichts dazu. Stattdessen schauten sie sich nur ein wenig überrascht an. Alle drei schwiegen die nächsten Minuten, bis Silence dann den Saal betrat. An diesem Morgen überraschte sie die anderen mit einem Gewand, das gegenteilig zu dem am vorigen Tage war. Das lange weiße Kleid, schimmerte leicht bläulich im Morgenlicht. Und die lange weiße Stola zierte ihre schmale Figur und betont sie sehr. Ihre blauen Haare waren locker hochgesteckt, eine Strähne fiel leicht über ihre Schulter. Die Männer hätte es nicht gewundert, wenn jetzt auch noch große, weiße Flügel aus dem Rücken geragt hätten. Victor, der seine Schwester doch schon öfter so gesehen hatte, räusperte sich, um ein Gespräch anzufangen. Auch wenn er sie schon länger kennt, als die anderen, so hatte ihm der Aufzug soeben wieder mal den Atem geraubt. Früher hatte er sich sogar verflucht, dass sie Geschwister waren und somit nie ein Liebespaar hätten werden können. Der junge Mann wusste genau, wer sie war, er kannte nicht nur das, was sie nach außen hin vorgab zu sein. „Schwesterherz, geht es dir besser? Ich meine… gestern…“, er unterbrach sich, wusste er doch, dass sie es nicht mochte, wenn ihr ihre Schwächen vor Augen gehalten wurden. Die Angesprochene nickte leicht und ging dann an den jungen Männern vorbei zum offenen Fenster und ließ sich den Wind ins Gesicht wehen. Die anderen drei sahen sich ratlos ins Gesicht, wusste keiner von ihnen, wie sie sich im Moment zu verhalten hatten. Sie horchten alle erleichtert auf, als es kurz darauf an der Tür klopfte und ein junges Mädchen hereinkam, das anscheinend zu dem Personal von Silence gehörte. „Oh, Herrin, Ihr seid hier! Es freut mich Euch wohlauf zu sehen. Bekommt man Euch ja selten zu Gesicht…“, das Dienstmädchen verstummte, etwas geschämt von ihrer offensichtlichen Redefreudichkeit. „Oh“, das Mädchen bekam leuchtende Augen als sie Kai erblickte, „Ihr habt mir doch einmal das Leben gerettet!“ Sie ließ sämtliche Sachen fallen und sprang auf den 19-jährigen zu und umarmte ihn freudig. Dieser, geschockt von ihrer Aktion, konnte nichts machen und blieb starr stehen. Bei dieser Aktivität wurde Victor vom Klavierstuhl gefegt und landete unsanft auf dem Boden. Verärgert sah er zu den Beiden hoch. Das Mädchen fing ohne Umschweife an zu erklären: „Das ist er! Er hat mich einmal vor Straßenräubern gerettet. Da war ich damals 11 und habe noch im Süden der Stadt gelebt! Er hatte sich damals schwere Verletzungen zugezogen… und wie ich sehe, ist der Riss im Ohr noch geblieben. Seine Ohren faszinieren mich ach, sie sind so spitz… is’ ja auch egal! Jedenfalls verloren wir uns danach aus dem Augen, weil mein Vater einen Job im Ausland bekommen hatte. Als ich endlich wieder herziehen konnte, fand ich nur eine Arbeitsstelle hier im Schloss. Immer wenn ich Zeit hatte, war ich nach Euch, Kai, auf der Suche. Ich habe Euch nur leider nie wieder gefunden. Wer hätte denn gedacht, dass Ihr ein Freund meiner Herrin seid! Is’ ja auch egal! Nun habe ich Euch wieder gefunden und ich werde mein Versprechen von damals einlösen! Erinnert Ihr Euch noch?! Ich weiß, dass wir zusammenpassen. Wir haben schließlich schon im selben Monat Geburtstag und sind auch im selben Jahr geboren. Ich kann es also besten Gewissens einlösen! Ich bin soweit, wir können meinetwegen schon morgen heiraten oder wenn es Euch auch beliebt, schon heute!“ Geschockt über die Worte des Mädchens und nicht bewusst über seine Gefühle, verließ Victor den Raum ohne einen Ton. Die anderen sahen das engumschlungende Paar geschockt an. Kai wollte ihm hinterherlaufen, doch das Dienstmädchen hielt ihn fest umklammert und versuchte ihm jetzt einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Der junge Mann hatte alle Mühe, sich dagegen zu wehren und auch wenn der Älteste in diesem Raum, Ray, dem jüngeren gerne gefolgt wäre, so war ihm klar, dass Kai in größeren Schwierigkeiten steckte. Stattdessen folgte Silence ihrem Bruder. Silence fing an zu schnuppern, bis sie die Witterung ihres Bruders aufgenommen hatte und folgte seinem Geruch bis zu dem Ostturm des riesigen Schlosses, das sie alleine mit ihrem Hauspersonal bewohnte. Als sie die riesige und schwere Eichentür öffnete, fand Victor vor dem Altar gebeugt wieder. In diesem Turm befand sich die Einrichtung einer Kirche, die dieses Schloss vor vielen Jahren erbaut hatte. Ursprünglich war es ein reiches Kloster gewesen, das die reichen und unverheirateten Söhne aufnahm und sie der Keuschheit lehrte. Danach benutzte es die frühere Königin als Sommerresidenz. Etwas unbehaglich, da das Mädchen Kirchen nicht so gerne nutzte, ging sie durch die vielen Bankreihen nach vorne zu ihrem Bruder. Sie setzte sich neben ihn auf die Stufen, nahm sein Gesicht in ihre Hände und stellte fest als sie in seine braunen Augen sah, die seine Seele und seine Gefühle widerspiegelten: „Du bist verliebt“ Victor sah ihr direkt in die Augen und sie konnte den ganzen Schmerz in seinen Augen sehen, der so plötzlich losgebrochen war. „Liebe? … Ja, vielleicht ist es Liebe… Was soll ich denn tun?“ Fragend sah er seine Schwester an, doch diese konnte ihm in Herzensangelegenheiten nicht weiterhelfen. Hilflos sah sie den Gesprächspartner an: „Vielleicht solltest du es ihr sagen…“ „Ihr!?“, Victor schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. War seiner Schwester das wirklich nicht aufgefallen? Diese widerrum sah leicht verwirrt zu ihrem Bruder bevor sie begriff. Sie lächelte: „Tut mir Leid… aber ich glaube nicht, dass du dir irgendwelche Sorgen machen musst. Das Dienstmädchen schien nicht sein Fall zu sein! Irgendwie hatte ich das Gefühl, er wollte sie ständig weg von seinem Körper haben!“ Mit einem Augenzwinkern lächelte sie ihren Bruder aufmunternd zu. „Na komm schon, wir gehen zurück und du sprichst dich mit Kai einmal richtig aus!“ Jetzt verstand das Mädchen allmählich, warum der Blick ihres Bruders aufmerksamer geworden war. Er hatte gelernt zu lieben… und vielleicht gab es für IHN eine Chance, wenn schon nicht für sie. Das Mädchen seufzte. Victor verstand ihr Seufzen anscheinend falsch und legte seinen Arm um ihre Schultern und mit einem Lächeln sagte er ihr: „Keine Sorge, mir geht es gut!“ Und in Gedanken fügte er noch hinzu, ‚Du wirst deine große Liebe auch schon noch finden.’ Als das Geschwisterpaar wieder im Klavierzimmer ankam, saß Kai am Klavier und das Dienstmädchen stand fünf Meter von ihm entfernt an der Tür. Sie funkelte den Mann mit den langen, blonden Haaren böse an. Dieser stand zwischen ihr und Kai, der versuchte, sich vom Schock zu erholen. Etwas zögerlich ging Victor auf den anderen zu. Doch durch plötzliche Angstanfälle, stoppte er. Seine Schwester ging auf ihn zu und Victor flüsterte leise: „Was, wenn er mich nicht mag?“ „Was, wenn er dich genauso mag, wie du ihn?“ Sie hatte vollkommen Recht, der ältere von Beiden nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging ein paar Schritte weiter „Kai… k…können wir…“, er unterbrach sich und sah nach hinten zu seiner Schwester, die ihm aufmunternde Zeichen gab und so sprach Victor weiter, nachdem er noch einmal kräftig durchgeatmet hatte, „…uns unterhalten? Ich muss mit dir reden… Aber nicht hier…“ Mit einem Blick sah er zu dem Dienstmädchen, das nicht ganz verstand, zumal seine Worte fast geflüstert waren und nur Kai sie hatte verstehen können. Dieser nickte glücklich dem Dienstmädchen entkommen zu können und zog Victor raus aus dem Raum. Fragend sah Ray zu Silence. Diese lächelte nur und gab dem Dienstmädchen ein Zeichen, dass sie das aufräumen sollte, was sie vorhin bei dem Anblick von Kai fallen gelassen hatte. Mürrisch sah dieses seine Herrin an und dachte sich wütend: ‚Wofür hält die sich eigentlich. Hält mich einfach von meinem geliebten Kai ab. Wir wollten doch heiraten, wir wären so ein schönes Paar gewesen!’ Im nächsten Moment zuckte sie zusammen und ihr Herz blieb fast Stehen vor Schreck, als sie den Blick ihrer Herrin bemerkte. Dieser hatte sich schlagartig geändert. War er bis eben noch recht freundlich gewesen, so war davon jetzt kein einziger Funken mehr zu sehen. Ihre Augen glühten im eiskalten Grün und ihre Pupillen hatten sich aufs minimalste verengt. Der Blick verriet Gefühlskälte und kein Erbarmen. Die Hausangestellte machte sich schnell auf, die ihr auferlegte Aufgabe so schnell wie möglich zu erledigen. Fieberhaft hatte sie es erledigt und ging schnell aus dem Blick ihrer Herrin. Der einzige Mann im Raum, Ray, war bei dem raschen Gefühlsumschwung ebenfalls zusammengezuckt. Er konnte mitfühlen, wie die Haushaltshilfe empfinden musste. Er selber bekam ebenfalls Angst. Victor und Kai sind währenddessen in einen anderen Raum gegangen. Als nichts gesagt wurde, fragte Kai nach, was denn so wichtig war. „Naja,… ich… ich…“, Victor brach ab, er war errötet und wandte nun seinen Blick ab. Sein Gesprächspartner, wenn man es denn so nennen konnte, sah ihn verwirrt an. Er wollte Victor auch schon längst was erzählen, doch fiel ihm bisher immer der Mut dazu. Seine Gedanken kreisten nur um einen Punkt: ‚Verdammt, warum kann ich es ihm nicht sagen?! Aber irgendwann muss ich es tun, ansonsten wäre es zu spät… er wartet auch nicht ewig!’ Er gab sich einen Ruck und drehte sich zu Victor um. Dieser stand mit dem Rücken zu Kai und wurde deshalb umgedreht, sodass sich beide ins Gesicht sehen konnten. Victor sah überrascht und verwirrt zu dem Größerem auf und im nächsten Moment war das Gesicht seines Gegenübers sehr nah. Kurz darauf legten sich die Lippen Kais mit den Worten „Ich liebe dich!“ auf seine eigenen. Ein wohliger Schauer legte sich über Victors Rücken, er schloss genießerisch die Augen und seine Knie fingen an zu zittern. Als er spürte, wie Kai seine Zunge an seine Lippen stieß, öffnete er diese leicht und ließ dem Geliebten einlas. Dieser nutzte seine Chance und führte seine Zunge in den Mund des anderen und erkundete diesen. Der Kleinere mit den schwarzen Haaren fing zögerlich an, den Kuss zu erwidern. Er fühlte sich, als ob er mit seinem Angebeteten durch die Luft fliegen würde. Ihm war auf einmal so leicht zumute, als ob ihn jetzt nichts aufhalten könnte. Als die beiden den Kuss wieder lösten, legte Victor seinen Kopf an die Brust des Größeren, der ihn liebevoll umarmte. Der Kleinere seufzte glücklich und sprach die Worte aus, die ihm zuvor noch so schwer fielen: „Ich liebe dich auch!“ In einem anderen Teil der Stadt wurde gerade der 16-jährige Force von seiner Mutter aufgeweckt: „Komm schon, Force! Sonst wird dein Vater wieder wütend! Du musst zur Schule!“ „Schon gut Mutter, bin wach!“, verschlafen rieb er sich die Augen und ging in das Badezimmer um sich zu waschen. Als er in den Badezimmerspiegel sah, bemerkte er wie unausgeschlafen er aussah. Riesige, dunkle Augenringe unter den blauen Augen. Seine Haare waren strohig und stumpf. Wenn sein Vater ihn so sehen würde, würde er ihn sicherlich fragen, was er denn die ganze Nacht getrieben hätte. Und daraufhin würde eine Menge Ärger entstehen. Force seufzte und stellte sich unter die kalte Dusche. Er schloss die Augen und erinnerte sich an jede Einzelheit der gestrigen Nacht. Wie er als Mutprobe auf dieses alte geistesumwobene Fabrikgelände ging, wie er dieser gruseligen jungen Frau begegnet war und ihr wahrer Anblick. Bei dem Gedanken daran, fragte er sich, was sie wohl in dieser Situation fühlt. Als er die Augen wieder öffnete und aus der Dusche kletterte, sprach er zu seinem Spiegelbild: „Ich werde nichts verraten, darauf könnt ihr euch verlassen. Euer Geheimnis ist bei mir sicher!“ Auch wenn er wusste, dass die vier merkwürdigen Gestalten das eben Gesagte nicht hören konnten, er würde dieses Versprechen nicht brechen. Das würde viel zu viel Ärger bringen, wenn er anderen davon erzählen würde. Es würde nicht nur den Vieren Ärger bringen, sondern auch ihm… Der Schock von letzter Nacht löste sich auf und er lächelte selbstbewusst. Er war auf einmal tief zufrieden mit sich, so ein Geheimnis wahren zu dürfen… und vielleicht würde er es irgendwann ausgezahlt bekommen. Mit neuem Mut brach für ihn der neue Schultag an. Doch zuerst musste er ungeschoren von zu Hause weg kommen. Doch wie sich herausstellte, war das für ihn kein Problem. Seine Mutter schaute nur überrascht auf, als er freudestrahlend an ihr vorbei zur Tür marschierte und sich schnell sein zurechtgelegtes Butterbrot nahm. Sein Vater war zu dem Zeitpunkt auf Toilette, weshalb er den Abgang seines Sohnes gar nicht mitbekam. Als Force bei der Schule ankam, wurde er erst einmal von den Schülern gelöchert, was denn im alten Fabrikgelände passiert ist. Um es nicht jedem einzeln zu erzählen, versammelte er die Schule um sich und fing an zu erzählen: „Was gestern passiert ist, wollt ihr wissen… nun… gestern ist nicht großartig viel passiert. Ich bin auf das Gelände gegangen… zugegeben ich hatte anfangs richtige Angst… aber als ich dann … nein, ich muss vorher anfangen… ich bin also auf das Gelände gegangen. In der Halle war es schaurig und kalt… dort war mir dann etwas vor die Füße gerollt“, hier machte er eine längere Pause und schaute leicht triumphierend in die Runde. Seine Zuhörer klebten ihm förmlich an den Lippen, er machte weiter: „nun… wie soll ich sagen, die Geschichten sind wahr! Zu meinen Füßen lag ein stinkender, alter und verwesender Kopf. Wenn ich ihn richtig identifiziere, war das Carlos… ja, genau der, dessen Kopf vor vier Jahren spurlos auf dem Gelände verschwand. Man fand nur seinen Körper … ohne Kopf… Nun ja. Danach kam plötzlich ein Geist… er musste mich anfangs für eine Statue oder so etwas gehalten haben… kein Wunder… ich war ja auch starr wie Stein!“, bei der Vorstellung lächelnd, erzählte er weiter, „sie… also die Geister fingen plötzlich an, mit dem Kopf Fußball zu spielen. Die Tore hatten sie aus den verschiedenen Metallstücken gebaut. Plötzlich beschwerte sich einer der Geister, dass der so genannte Ball auch nicht mehr das ist, was er mal war. Er war matschig und jeder Tritt von einem der Geister zerfledderte den Kopf noch mehr… ich habe mich anfangs gefragt, wieso die Geister die Bälle überhaupt berühren können, heißt es nicht, dass Geister keine Form haben und keinen Körper, mit dem sie etwas ‚berühren’ können… nun gut, darauf komme ich später zu sprechen. Nun, als ich ihre Worte vernahm, blieb mir das Herz regelrecht im Hals stecken. Meine Angst war unerträglich. Doch nahm ich dann all meinen Mut zusammen und sprach die Geister mit zittriger Stimme an…“, Force hörte auf zu erzählen. Die Menge hatte die Luft angehalten und wollte nun wissen, wie es weiterging. Dem Jungen selber standen schon die Schweißperlen auf dem Gesicht. Er musste sich wirklich anstrengen. Er hasste es zu lügen, doch die Wahrheit konnte er unmöglich sagen. Doch bevor ihm einfiel, was man noch erzählen könnte, klingelte zu seinem Glück die Schulglocke. „Es tut mir Leid, Leute, aber der Unterricht fängt an. Kommt in der großen Pause her und ich erzähle euch, wie es weiterging!“ Damit rannte der 16-Jährige zu seinem Klassenraum und überlegte sich die nächsten neunzig Minuten, was er den anderen denn auftischen konnte, was noch ein bisschen glaubwürdig erschien. Doch als er sich ein bisschen genauer überlegte, bemerkte er, dass das was er bisher erzählt hatte, nicht wirklich glaubwürdig war. Das würde bestimmt Prügel von den Schlägertypen der Schule geben. Aber nun kann er es nicht mehr ändern, vielleicht würden die anderen einen Teil seiner Geschichte glauben. Das zu erreichen hatte eine niedrigere Chance als 1 Prozent, doch er musste es so oder so ausprobieren, er wollte das Geheimnis auf keinen Fall aussprechen. Davor hatte er viel zu große Angst. Und würde die Wahrheit nicht eigentlich noch unglaubwürdiger klingen? Kai und Victor gingen wieder in das Klavierzimmer. Sie schauten sich zuerst um, doch das Dienstmädchen schien gegangen zu sein. Als sie die anderen Beiden entdeckten, wussten sie auch warum. Ray selber hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und sah argwöhnisch nach draußen. Auch wenn er stark war, so wollte er dieser Konfrontation lieber aus dem Weg gehen. Silence war nun gar nicht mehr der fröhlichen Stimmung wie eine habe Stunde zuvor. Man konnte um ihr herum förmlich die schwarze und bedrückende Masse sehen. „Es scheint mir“, die drei jungen Männer zuckten zusammen, als sie die Stimme des Mädchens vernahmen, die einen wütenden Unterton hatte und vom wenigen Sprechen sich leicht kratzig anhörte, „das ich doch nicht so eine loyale Dienerin habe… Würdest du mir mal erklären, was vorhin los war?“ Mit den letzten Worten hatte sie sich an Kai gewandt, der sich kleinlaut räusperte. Victor kannte schon diese Stimmung seiner Schwester und drückte beruhigend die Hand seines Geliebten. Kai, durch Victor ermuntert, fing an zu erzählen: „Ich lebte damals auf der Straße, nachdem das Labor in dem ich lebte, irgendwie zerstört wurde. Ein alter Straßenopa, wie ihn die anderen nannten, nahm mich auf und zeigte mir, wie man auf der Straße überleben kann. Ich lernte schnell und konnte bald schon für uns beide sorgen. Das war ich ihm schuldig, hatte er mich aufgenommen und anfangs durchgefüttert, obwohl er selber kaum was zu essen hatte. Er blieb manchmal tagelang ohne Nahrung, nur um mir etwas zu essen geben zu können. Irgendwann wurde er dann krank und fing fürchterlich an zu husten. Einen Arzt konnten wir uns nicht leisten und diese widerrum wollten keinem Penner helfen. Ich versuchte Medizin aufzutreiben. Aber da wir nicht wussten, welche Krankheit er hatte, konnte ihm keine Medizin helfen. Er wurde immer schwächer, wollte keine Nahrung und kein Wasser zu sich nehmen. Es war ein eisigkalter Winter und so blieb ich tagelang bei ihm. Egal, was ich machte, es wurde und wurde nicht besser. Eines Nachts weckte er mich dann und sah mir streng in die Augen und meinte: ’Kai, sei stark, mein Junge! Du wirst es schaffen, ich bin nun sehr alt und habe eine Menge im Leben gesehen und erfahren. Nun wird es für mich Zeit, Lebwohl zu sagen…’ Mit diesen Worten verstarb er und ich blieb noch tagelang an seinem Körper sitzen und wollte mich nicht von ihm trennen. Später zerrte man mich weg, weil man mich den grausigen Anblick der ‚Entsorgung’ nicht mit ansehen lassen wollte. Vielleicht war das auch besser so … Mein Großvater, wie ich ihn immer nannte, wurde in einen Müllsack gestopft und zu der Verbrennungsanlage gefahren. Keiner der Männer ging rücksichtsvoll mit seinem Leichnam um. Als ich später hörte, was mit den Toten passiert, die kein Zuhause besaßen, wurde ich wütend. Ich nahm mein Training wieder auf, das ich, seit dem das Labor zerstört worden war, nicht mehr gemacht hatte, wieder auf und trainierte jeden Tag stundenlang. Ich fing an, den Leuten ‚Manieren’ beizubringen und so wurden auch den Straßenmenschen ihr Leben gelassen und mehr oder weniger akzeptiert. Später, als ich 11 Jahre alt war, kam dann diese Mädchen, was jetzt dein Dienstmädchen ist, in Gefahr. Ein paar Männer, die anscheinend nichts zu tun hatten, sind auf das Mädchen losgegangen. Tja, ich bin ihr zu Hilfe gekommen. Das ich mich bei dem Kampf verletzt habe, schien für sie zu bedeuten, dass ich alles für sie aufgeben würde, weil ich sie lieben würde. Das dem nicht so war und auch nicht ist, und nie sein wird, wollte sie nicht begreifen. Sie versprach mir noch ihre ‚ewige Liebe’, bevor ich mich endlich aus ihren Armen befreien konnte und über die Dächer der Häuser verschwand.“ Kai hatte aufgehört, seine Geschichte zu erzählen und es herrschte noch einige Zeit Stille im Raum. Plötzlich wurde die Stille durch die Stimme von Silence gestört. Diese hörte sich nun wieder freundlich und weicher an: „Dann müssen wir ihr wohl beibringen, dass du nichts für sie empfindest…!“ Im anderen Teil der Stadt klingelte es gerade zur Stunde. Force, der schwarzhaarige Junge ließ sich extra viel Zeit beim Einpacken seiner Schulsachen. In der letzten Pause war es ihm nicht mehr so gut ergangen. Die meisten Schüler konnten davon überzeugt werden, dass Force von Anfang an nicht die Wahrheit gesagt hatte und so wurden ihm von verschiedenen Leuten Prügel „angeboten“. An diesem Tag hatte er keine Lust auf Prügel. Die würde er schon noch früh genug bekommen. Er hasste sein Leben, doch das musste er irgendwie schaffen. Der Jugendliche war mit Sachenpacken fertig und jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als zu rennen. Aber würden ihn da nicht die anderen doch noch kriegen?! Es blieb ihm jedoch nichts anderes übrig und so rannte er so schnell er nur konnte. Die anderen sahen ihm nur verwundert hinterher und kratzen sich an den Köpfen. ~*~ Tja, da haben wir wieder einmal ein fertiges Kapitel! (Ich hoffe bloß, das ist net zu gewalttätig und wird freigeschaltet^^") Nyo, hier habe ich zum ersten Mal Shônen-Ai drin und ich habe keine Ahnung, ob das auch wirklich gut geworden ist. Habe noch nie Shônen-Ai geschrieben... Nyo, würde mich auf Kommentare freuen. Kritik, was ich verbessern kann, immer gern gesehen^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)