Desert Nights von Autumn ================================================================================ Kapitel 9: Fatale Entdeckung ---------------------------- Hallo, Ihr Lieben!^^ 75 Kommis! *sing* *tanz* *schwitz* Okay, bei diesen Temperaturen sollte ich lieber nicht tanzen...jedenfalls vielen Dank für Eure Kommis, ich hab mich sehr gefreut!^^ Hier ist nun also das neue Kapitel! Neuntes Kapitel: Fatale Entdeckung Der Kuss brannte vor Verlangen. Bakura liebkoste Yamis Mund heiß und innig und genoss den Schauer der Erregung, der den anmutigen Körper des Asiaten durchrann. Das Fest anlässlich des Geburtstages der Sultanin-baschi war zu Ende gegangen und die beiden Favoriten hatten, anstatt sich in ihre Schlafgemächer zu begeben, einen Spaziergang durch die Gärten begonnen. Zusätzlich zu den Innenhöfen war die Palastanlage von mehreren Gärten durchzogen, in denen die Haremsmitglieder lustwandeln konnten. Die Nacht war lau, der Himmel präsentierte sich in einem glitzernden Gewand aus schwarzem Samt und goldenen Sternen, der Mond schien wohlwollend auf das junge Paar hinunter. Am Sockel einer Statue hatten sich Yami und Bakura niedergesetzt und sich geküsst. Ihre Lippen glühten bei jeder Berührung und ihre Zungen erkundeten den Geschmack des jeweils anderen voller Inbrunst. „Mein Liebster", hauchte der Russe und zog ihn eng an sich, „....ich....ich habe nachgedacht. Wie lange können wir uns noch verstecken? Ich befürchte, dass wir nur zu bald entdeckt werden könnten - es gelingt mir nicht, diese ungute Ahnung abzuschütteln. Und daher....daher möchte ich dich bitten, Abstand zu mir zu wahren. Aus diesem Grund ersuchte ich dich, noch mit mir spazierenzugehen. Du weißt genau, dass es für unsere Liebe innerhalb dieser Mauern keine Zukunft gibt! Es ist besser, es zu beenden, bevor wir...." „....bevor wir was!?" unterbrach der Japaner ihn hart. „Bevor wir rettungslos ineinander verliebt sind? Ist das nicht bereits geschehen, du dummer, wunderschöner Narr? Ich bin nicht willens, nur wegen einem negativen Gefühl unsere Liebe zu verleugnen! Wie du hege ich eine dunkle Ahnung....aber ist es nicht schon zu spät für einen Rückschritt? Niemand würde uns eine gespielte Gleichgültigkeit abnehmen! Hör mir zu, Bakura: Unsere Verbindung war von Anfang an risikoreich und stand unter einem schlechten Stern. Es ist dem Zufall und einer Portion Glück zu verdanken, dass wir bisher noch nicht entdeckt worden sind. Aber eines Tages wird es geschehen....und ich werde die daraus resultierenden Folgen tragen. Entweder für das büßen, was ich fühle, oder es verschweigen und somit mein eigenes Herz verraten? Das kann ich nicht. Ich liebe dich mit allem, was ich bin! Und wenn der Tod für uns der einzige Ausweg ist, so sei es denn! Ich werde dich nicht aufgeben, nur um mein Leben zu retten!" Der Weißhaarige starrte ihn an und ertrank fast in den unergründlichen violetten Seen, die ihn zärtlich betrachteten. Yamis gesamte Haltung, sein Blick, sein traurig-gefasstes Lächeln drückten die Willenskraft, die innere Stärke, den Stolz seines Charakters aus. Er war bereit, den Tod zu akzeptieren, ohne zögern. Seine blassen Hände krampften sich in seinen Haremsmantel und er erinnerte sich wehmütig an den Tag, da er dem Bunthaarigen zum ersten Mal begegnet war....ein wahrhaft schicksalsträchtiger Tag.... ~~ RÜCKBLENDE ~~ Odeon Farradji betrachtete seine neueste Errungenschaft mit einer Mischung aus Bewunderung und unverhohlener Zufriedenheit. Der Schöne aus dem fernen Land, das so ganz anders war als Marokko, in dem kalte Temperaturen herrschten und wo das für den Oberaufseher so interessante Phänomen des Schnees etwas völlig normales war, besass ein tapferes und stählernes Wesen. Gewiss würde er den Sultan begeistern können! „Diese Jahreszeit, in der dieser Schnee fällt, wie nennst du sie?" „Winter. Wenn es geschneit hat, ist Moskau wie unter einer weißen Haube verschwunden. Für Euch wäre das zweifellos ein ungewohnter und merkwürdiger Anblick. Aber Ihr habt mir meine Frage noch nicht beantwortet - was ist Seto ab-del Kaiba für ein Mensch?" „Du wirst ihn früh genug kennen lernen, Silberhaar. Wir nähern uns dem Oberen Harem. Ich möchte dich darauf hinweisen, dass du die Männer des Serails mit Respekt zu behandeln hast. Du bist der Neuling in ihren Reihen und daher der Rangniedrigste unter ihnen, unabhängig von deinem Alter. Sei also nicht unverschämt! Es ist mir durchaus aufgefallen, dass du eine recht scharfe Zunge hast. Hüte dich!" Bakura hörte nur mit halbem Ohr zu. Er hatte nicht die Absicht, länger als nötig in diesem Goldenen Käfig zu bleiben! Allerdings ahnte er, dass er Odeon nicht gewachsen war, denn dieser hatte bereits einen Fluchtversuch seinerseits vereitelt und hatte seitdem immer ein äußerst wachsames Auge auf ihn. Er wollte etwas erwidern, als er sah, wie der dunkelhäutige Hüne plötzlich in eine ehrerbietige Reverenz versank, ebenso wie die Eunuchen, die seine Wache und Eskorte bildeten. Der Russe wandte sich verwirrt um und erkannte in dem Korridor vor ihnen, der offenbar in einen Garten mündete, eine schlanke Gestalt, die mit eleganten Schritten auf ihre Gruppe zukam. Die Person stand schließlich vor ihnen und musterte ihn mit Neugier und leiser Missbilligung, da er keine Anstalten gemacht hatte, sich zu verbeugen. Bakura war sprachlos vor Staunen und hatte die angemessene Verneigung deshalb vergessen. Wildes Haar in tiefem Schwarz, leuchtendem Rot und sattem Gold umrahmte ein edles, vornehm geschnittenes Gesicht mit einer süßen Nase, ungemein sündigen Lippen und atemberaubenden Augen, die von der Farbe des Amethyst waren. Obwohl von eher geringerer Größe, war er dennoch perfekt proportioniert, seine Muskeln schienen mit der Kunstfertigkeit eines Bildhauers geschaffen worden zu sein, denn sie waren geschmeidig und makellos, die Beine von beneidenswerter Länge und Grazie. Er wirkte ein wenig zierlich, doch der energische Zug um seinen Mund und die eiserne Härte seines Blickes ließen den Weißhaarigen sofort erkennen, dass er hier einen Mann seiner Art vor sich hatte - einen stolzen, unerschütterlichen, mit scharfsinnigem Geist und geschickter Zunge begabten Mann, der Könige bezwingen konnte. Farradji zischte: „Auf die Knie mit dir! Das ist Yami, einer der Favoriten des Sultans!" Er gehorchte automatisch, denn er wusste, dass man sich einen Burschen von ähnlich gestaltetem Wesen nicht zum Feind machte - zumal dies einer der schönsten Männer war, die er je gesehen hatte. Ein Favorit also....nun, es verwunderte ihn nicht. Jemand mit einem solchen Charisma musste einfach eine hohe Position innehaben! Und er trug auch einen ungewöhnlichen Namen. Wo mochte er herkommen? Wie lange lebte er schon hier? Kannte er den Fürsten gut? Es drängte ihn, ein paar Worte mit Yami zu wechseln, doch da wurde er von einem der Eunuchen gepackt und in einen anderen Flur gezerrt.... Einen Monat später wohnte er zum ersten Mal der geselligen Zusammenkunft im Hof der Blumen bei. Er hatte sich im Bronze-Rang etabliert und war umso erstaunter, als Yami von sich aus an ihn herantrat. Er hatte gerade mit schnellen, kraftvollen Zügen das große Becken durchquert und ein Page reichte ihm ein Handtuch, als der Favorit ihn herauswinkte. „Was wünscht Ihr?" „Ich habe gehört, dass du dich Seiner Majestät verweigert hast. Wie war doch gleich dein Name?" „Bakura." „Richtig, ich erinnere mich. Nun, Bakura, und wann beabsichtigst du, deine Pflicht als Haremsmitglied zu erfüllen?" „Wenn ich Lust dazu habe!!" erwiderte er barsch. „Was geht Euch das überhaupt an? Solltet Ihr nicht lieber eifersüchtig sein, anstatt Euch Sorgen um die Gunst zu machen, die der Fürst mir schenkt?" „Eifersüchtig? Oh, ich bitte dich. Glaubst du das wirklich? Der Sultan hat nur einen wahren Geliebten - sich selbst. Ich mag bisweilen seine Sinne betören können, aber noch keinem Mann innerhalb dieser Mauern ist es gelungen, sein Herz an sich zu binden. Odeon Farradji ist schon kurz davor, zu verzweifeln, weil auch du seine Hoffnungen enttäuscht hast!" Der Russe musterte den Bunthaarigen verwirrt. „Welche Hoffnungen?" „Der Oberaufseher ist von dem Wunsch beseelt, Seiner Majestät einen Mann zu liefern, der sein Herz gefangen nimmt. Er sucht die Sklavenmärkte aller Meereshäfen ab, um den Einen zu finden, jenen, der einst den Rang des Sultan-baschi erobern wird." „Davon hat man mir erzählt. Und er ist dem Irrtum erlegen, dass ich das sein könnte?" „Ja, genau wie bei mir. Gewiss, ich bin zum Favoriten aufgestiegen, aber das Herz des Fürsten ist mir fremd geblieben. Ich konnte es nie ergründen - ganz einfach, weil ich nicht der Eine für ihn bin. Ich mag der Eine für einen anderen Mann sein, aber nicht für Seto ab-del Kaiba. Auch Marik, dem zweiten Favoriten, ist es missglückt. Hm...." Er betrachtete seinen Gegenüber ausgiebig und konnte nicht verhindern, ein erregendes Prickeln zu verspüren, als seine Augen über die helle Haut, die makellosen Formen und die verführerischen Lippen wanderten. „Siehst du den Jüngling dort drüben?" Er deutete zum Buffet hinüber, wo ein Schönling mit langen schwarzen Haaren und smaragdgrünen Augen eben dabei war, etwas von den Speisen auszuwählen. Die Schärpe an seinem Hüftrock war silbern und ließ keinen Zweifel an seiner Rangzugehörigkeit. „Das ist Duke. Gerüchten zufolge trägt sich Seine Majestät mit dem Gedanken, ihn in den Gold-Rang zu erheben. Er hat das Zeug zum Favoriten und ich mag ihn. Aber ich glaube nicht, dass er Sultan-baschi werden könnte. Deswegen zeige ich ihn dir auch gar nicht. Ich bin lediglich der Ansicht, dass man seine zukünftigen Kameraden besser sofort kennen sollte." „Zukünftige Kameraden? Wie darf ich denn das verstehen?" „So, wie ich es gesagt habe. Du bist vielleicht nicht des Titels des Sultan-baschi würdig....aber dem eines Favoriten mit Sicherheit. Eines Tages werde ich dich in den Gemächern des Ersten Ranges willkommenheißen, Bakura - und ich freue mich schon darauf." Damit schwenkte er seinen Fächer vor dem Gesicht und marschierte mit einem geheimnisvollen Lächeln von dannen; einem Lächeln, das seltsam verheißungsvoll war und in seinen violetten Augen ein sinnliches Leuchten aufflammen ließ, das dem Russen durch Mark und Bein ging. Wie eigentümlich war das! Und doch....irgendetwas sagte ihm, dass Yamis Gespür für den Charakter und die Fähigkeiten anderer Menschen ihn nicht getrogen hatte.... Yami. Er schmeckte diesen Namen auf der Zunge wie eine volle Mahlzeit nach einer Hungersnot. Seit ihrer ersten Begegnung hatte ihn der Gedanke an diesen erstaunlichen Mann nie verlassen und die Sehnsucht, die ihn dabei befiel, erschreckte und beglückte ihn zugleich. Es stimmte. Er mochte nicht der Eine für den Sultan sein....aber vielleicht für ihn.... ~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~ „Ich auch nicht...." erklärte er und da der Japaner ihn fragend ansah: „Auch ich werde dich und meine Liebe zu dir nicht aufgeben, um mein Leben zu retten. Ich bin kein Feigling und werde zu dem stehen, was ich empfinde." Sie tauschten ein ernstes, entschiedenes Lächeln und küssen sich innig ein weiteres Mal. Das Geräusch von Schritten veranlasste sie jedoch, sich blitzartig voneinander zu lösen. Beiden stockte der Atem im Bruchteil der nächsten Sekunde und in einer stummen Geste der Furcht und Bereitschaft, das nunmehr Geschehene als unvermeidlich zu akzeptieren, starrten sie in das wie von Schmerzen verzerrte Antlitz Odeon Farradjis. „Oh Allah, was ist das nur für eine schreckliche Entdeckung, die du mich machen lässt!" klagte er und rang die Hände. „Könnte ich blind sein, um die Küsse nicht zu sehen! Könnte ich taub sein, um die zärtlichen Worte nicht zu hören! Zwei der glanzvollsten Männer dieses Serails, Männer, auf deren Erwerb ich immer stolz war....und nun das!" Er schüttelte wehmütig den Kopf, zutiefst bestürzt, da er erkennen musste, dass der Inhalt des anonymen Briefes der Wahrheit entsprach. Yami und Bakura hatten sich erhoben und der Weißhaarige meinte kühl und ruhig: „Grämt Euch nicht. Wir wussten von Anfang an, welchen Preis wir für die Entlarvung unserer Beziehung würden bezahlen müssen. Plagt Euch nicht mit Eurem Weh und Ach. Tut, was getan werden muss." Der Oberaufseher betrachtete sie erschüttert und voller Bewunderung und rief seine Eunuchen herbei. Die beiden Favoriten wurden gepackt und ihre Hände auf den Rücken gedreht. „Bringt sie in das unterirdische Gefängnis. Morgen werde ich den Sultan von diesem....Ereignis in Kenntnis setzen." Seto ab-del Kaiba lauschte am nächsten Tag dem Bericht seines Vertrauten und als er die Identität der zwei Haremsherren erfuhr, die ihn betrogen hatten, war er entsetzt. Er war wütend, verletzt und zum Schluss traurig. Wie hatten sie es nur wagen können?! Wie konnten sie sich erdreisten, einander das zu schenken, was ganz allein ihm zustand?! Seine Mutter, die ihm heute, wie es manchmal vorkam, während der Frühstücks Gesellschaft leistete, unterbrach seinen Zornesausbruch. „Ring um Fassung, mein Sohn, ich bitte dich. Ich wiederhole mich, glaube ich, wenn ich sage, dass du deine Bedeutung überschätzt. Die Männer deines Harems sind jung und lebenslustig. Du kannst ihnen nicht verbieten, sich zu verlieben, auch wenn die Gesetze des Serails es ihnen eigentlich nicht gestatten, einem anderen als dir zu huldigen. Aber du kannst einem menschlichen Herz keine Vorschriften machen! Das ist unsinnig! Du irrst dich, wenn du annimmst, wir wären Herr über unsere Gefühle. Sie lassen sich nicht lenken, nicht beeinflussen. Ich ersuche dich im Namen des jungen Paares, ihnen keine Strafe aufzubürden, die sie nicht verdient haben! Man kann niemanden für seine Liebe schuldig sprechen!" Doch diesmal achtete ihr Sohn nicht auf sie und sie merkte es an seinen blitzenden Augen, die sich wie bei einem Gewitter verdüstert hatten. Er war wieder ganz der unnachgiebige, absolutistische Monarch, der nicht nach Beweggründen und Motiven fragte, sondern Gericht hielt, wie es ihm gefiel und jeden verdammte, der sich ihm widersetzte. Sie verabscheute diesen kalten, harten Blick, wie sie ihn schon bei ihrem Gatten verabscheut hatte und startete einen letzten Versuch, den Sultan zur Vernunft zu bringen: „Lass Gnade walten, ich flehe dich an! Durch Grausamkeit wird dein Volk dich fürchten, aber durch dein Verzeihen wird es lernen, dich zu respektieren!" „Verzeihen!" stieß er höhnisch hervor. „Niemals! Ich kann es mir nicht erlauben, Schwäche zu zeigen!" „Es handelt sich nicht um Schwäche, sondern um Barmherzigkeit." „Gefährliche Nuance! Nein, Mutter. Sosehr ich Euren Rat schätze, in dieser Sache dulde ich keine Einmischung Eurerseits. Alle Männer meines Harems sind mein Eigentum! Mich zu betrügen ist ein Frevel! Darauf gibt es nur eine Antwort - die Hinrichtung! Ich werde ein Exempel statuieren!" „Euer Hoheit...." wagte Odeon, das Wort zu ergreifen, „....wenn ich einen Vorschlag machen darf....Yami ist der Sprecher des Obersten Ranges und nach mir die wohl zweitmächtigste Persönlichkeit innerhalb des Harems. Redet mit ihm. Haltet ihm die Option offen, sich bei Euch zu entschuldigen. Dann muss nur einer sterben." Der Brünette verschränkte die Arme und wanderte eine Weile auf und ab. „Na schön - hole ihn her! Aber das ist seine einzige Chance, vergiss das nicht!" Marik stürzte in Tränen aufgelöst in Dukes Schlafgemach und der Amerikaner, der seine Haare gerade zu dem Zopf band, den er üblicherweise trug, zuckte zusammen. „Du meine Güte! Was ist los mit dir? Du bist ja ganz aufgeregt! Und du weinst....was ist passiert? So sprich doch endlich!" Er packte den Ägypter an den Oberarmen und schüttelte ihn energisch, damit er sich zusammenriss und tatsächlich gelang es dem Platinblonden, zwischen seinen Schluchzern ein paar Wortfetzen hervor zu würgen, die Duke das Blut in den Adern zu Eis erstarren ließen: „Furchtbar....sie sind entdeckt....ich habe es von einem der Pagen erfahren....man hat sie eingesperrt....sie sollen sterben...." Erschöpft sank er in die Umklammerung des Schwarzhaarigen und vergrub sein tränennasses Gesicht an dessen Schulter. Sämtliche Farbe war dem Älteren aus den Wangen gewichen und während er den zitternden Körper wiegte, der sich mit nachlassenden Kräften an ihm festhielt, krampften sich seine Finger in den dunkelblauen Mantel des anderen. Es war unmöglich! Gestern war doch noch alles in Ordnung gewesen! Yami und Bakura hatten sich während des Festes wie Freunde verhalten, nichts hatte einem Uneingeweihten Aufschluss über ihre Gefühle füreinander geben können! Es war nie besonders einfach für sie gewesen, ihre Emotionen zu verbergen, aber sie hatten es geschafft! Wie hatte Farradji sie nur durchschauen können? Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Man hatte die beiden verraten! In einer Aufwallung von Zorn schob er Marik von sich und zischte: „Siegfried....!" „Was....?! Du glaubst....er hat geplaudert?! Aber woher wusste er....?!" „Du vergisst, dass er Yami schon immer loswerden wollte. Ich vermute, dass er ihn beobachtet hat, um etwas Belastendes zu finden. Sie waren vorsichtig, aber wenn man ständig mit der zweifelhaften Aufmerksamkeit einer verlogenen Schlange gestraft ist, ohne sich dessen bewusst zu sein, geschieht es unweigerlich, dass man für einen kleinen Moment mal unachtsam ist. Wahrscheinlich hat er sie in einer verfänglichen Situation beobachtet. Das ist Joey zum Beispiel auch passiert, aber er hat ohne Zögern sein Schweigen versprochen. Von einem Mistkerl wie Siegfried kann man so etwas nicht erwarten. Er war Mitglied des Gold-Ranges, aber das hat ihm nicht genügt. Also hat er versucht, Yami zu vergiften. Gott sei Dank hat er das vergiftete Sorbett nicht gegessen, weil einer der Jagdhunde des Königs ihn angerempelt hat und die Schale am Boden zerschellte. Aber der besagte Hund hat das Sorbett aufgeleckt und ist verschieden. Für uns war der Fall klar, aber wir konnten nicht beweisen, dass Siegfried der Schuldige war. Wir haben es vermutet, aber das war nicht ausreichend, um ihn ganz aus dem Serail zu entfernen. Er wurde nur einen Rang zurückgestuft, wie du weißt - und sein Verrat ist seine Rache, mit der er zugleich seinen verhassten Rivalen beseitigen und seine frühere Position wiedererlangen will." „Das klingt durchaus logisch, aber weshalb sollte er auch Bakuras Tod wollen?" „Da er weiß, dass die beiden ein Liebespaar sind, ist es besser für ihn, Bakura ebenfalls ans Messer zu liefern, denn sonst könnte Bakura auf die Idee kommen, Siegfried an den Pranger zu stellen. Und beizeiten hätten wohl auch wir irgendwann einen kleinen Unfall gehabt." „Ist das....dein Ernst?! Das ist grässlich!" „Ja - und ich finde, Siegfried ist grässlich. Sein Ehrgeiz ist von besessener, krankhafter Natur. Er ist bereit, über Leichen zu gehen, um sein Ziel zu erreichen. Und er ist ein schlechter Verlierer. Wenn er nicht gewinnen kann, will er gar nicht erst spielen. Nur ein niederer Charakter wie er konnte so tief sinken! Er verrät ihre Liebe, um ihnen den Tod zu bringen! Grauenhaft!" Der Ägypter umarmte nun seinerseits den Amerikaner, denn jetzt war dieser in heftiges Schluchzen ausgebrochen. Es war ausgeschlossen! Sie konnten doch nicht zulassen, dass ihre Freunde zum Schafott geführt wurden! Aber was blieb ihnen? Der Fürst würde die ihm zugefügte Kränkung durch den Betrug nicht hinnehmen. Er war der Sultan, der Beherrscher der Gläubigen. Was kümmerten ihn die anderen? Er würde das vernichtende Urteil fällen, grausam, gnadenlos, wie es seit Jahrhunderten in Marokko üblich war. Wer konnte schon dieses verhärtete, rätselhafte Herz anrühren? Der Bunthaarige kniete vor Seiner Majestät. Man hatte ihm seinen Schmuck und seinen Serailmantel abgenommen sowie seinen Rock und seine Schärpe gegen ein Gewand aus schäbigem Leinen ausgetauscht, wie es einem Gefangenen zukam. „Odeon hat mir berichtet, was sich ereignet hat. Ich bin immer noch fassungslos, dass gerade du zu einem solchen Frevel fähig bist. Dennoch biete ich dir eine Wahl, die du kaum ausschlagen kannst: Entschuldige dich bei mir für dein Vergehen und erkläre dich damit einverstanden, deine Bindungen zu Bakura zu lösen. Das wird dir das Leben retten. Lehnst du ab, Einsicht zu zeigen, wirst du zusammen mit ihm exekutiert werden!" Der Asiat hob seine klaren Augen und blickte dem Monarchen ohne Angst offen ins Gesicht. Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen, als er antwortete: „Ich dachte, Ihr würdet mich besser kennen, Euer Hoheit. Ich bedaure, nun feststellen zu müssen, das dem nicht so ist. Was Ihr mir bietet, ist keine Wahl, sondern ein Ultimatum, dessen Bedingungen ich nicht akzeptieren kann und will. Was Ihr da von mir verlangt, ist empörend und schamlos! Ich soll meine Gefühle verleugnen und Bakura dafür büßen lassen, um meine eigene Haut zu retten?! Nie!!" Der Ausruf war scharf wie ein Peitschenhieb. „Es existieren nur zwei Alternativen: Leben oder sterben! Und ich werde den Mann, den ich liebe, nicht allein in den Tod gehen lassen!! Wenn es uns schon nicht vergönnt ist, gemeinsam zu leben, so werden wir wenigstens gemeinsam sterben!!" Seto fuhr zurück. Es schien ihm unbegreiflich, dass Yami, der doch sonst so klug und vernünftig war, eine derartige Narretei verüben wollte! Er war bereit, sich an der Seite Bakuras hinrichten zu lassen, anstatt sein eigenes Leben zu wählen?! Der Oberaufseher bedeckte seine Augen mit der Hand und schluckte. Er war nicht verwundert, oh nein. Er hatte geahnt, dass der stolze Japaner ein wahrhaft Liebender war, der niemals sein persönliches Wohlergehen über das seines Geliebten stellen würde. Tränen stauten sich in ihm auf. Was für großartige Männer die Welt verlieren würde! „Du weigerst dich also....nun denn, dann soll es so sein. Odeon, schaff ihn in den Kerker zurück und lass verkünden, dass an den Favoriten Yami und Bakura in drei Tagen das Urteil vollstreckt werden wird! Sie haben sich des Betruges meiner Person schuldig gemacht. Die Strafe lautet: Tod durch Enthauptung!" „Ich bedaure Euch, mein König", erwiderte der Favorit leise. „Ihr habt nie gelernt, was Liebe ist und deshalb ist Euer Herz nicht fähig, zu verzeihen. Ihr mögt über hundert Männer als Euer Eigentum betrachten, aber dennoch....Ich habe noch nie zuvor einen Menschen gesehen, der so einsam ist wie Ihr...." Die Türen schlossen sich hinter ihm und zurück blieb nichts als gespenstische Stille. Dann, in einer jähen Regung des Zorns und der Verzweiflung, fegte der Sultan den Weinkelch vom Tisch. Die rote Flüssigkeit ergoss sich auf den prachtvollen persischen Teppich. Es sah aus wie ein Blutfleck. Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)