Alles durchgestanden?
Kapitel 54- Alles durchgestanden?
Namis Augen weiteten sich, sofort schnellte sie herum und sah in das Gesicht des Mannes.
"Mister Connerly?!", hauchte sie fast.. schon lange hatte sie niemand mehr so erschreckt. Der ältere Mann nickte und deutete nach links. "Gehen wir ein Stück?"
"Es überrascht mich, Sie hier zu sehen.. ich meine, es sind ja Ferien.." "Und Sie dachten, ich verbringe die freie Zeit irgendwo in einem Ferienhaus mit meiner Familie oder ich fliege nach Florida, um mir die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen?", schmunzelte der Direktor, während er und Nami durch den Park gingen. Die Orangehaarige nickte leicht verlegen, woraufhin Connerly grinste.
"Nun, ich hatte das auch eigentlich vor.. aber es gibt doch nichts über einen Spaziergang durch den Central Park, wenn's geschneit hat", ließ er schließlich verlauten, wobei sein Blick über die weiße Parklandschaft schweifte und schließlich wieder auf Nami landete. "Und was machen Sie hier? Ich habe gehört, dass Ihre Freunde in die Berge fahren wollten?" "Dort sind sie auch.. aber ich hatte keine Lust, mitzufahren." "Nun also Sturmfreie Bude, hm?" Nami sah in die dunklen Augen und schmunzelte.
"Nun, Nami.. auch wenn im Moment Ferien sind und Sie wahrscheinlich nichts von der Schule hören wollen, mir ist da etwas aufgefallen und vielleicht können Sie mir dabei helfen. Es gab kurz vor den Ferien ein Ereignis, in dem auch Mister Croft verwickelt war.. er ist einer Schülerin zunahe getreten und mir ist zu Ohren gekommen, das dies nicht das Erste Mal war..", sprach Connerly und sah Nami dabei von der Seite an. Und ihre Reaktion überraschte ihn keinesfalls.
Nami starrte auf den Boden, biss sich dabei leicht auf der Unterlippe. Ihre Fäuste waren geballt, fast krampfartig griff sie in ihre Jackentasche.. schon wieder wurde sie an ihre Vergangenheit erinnert, schon wieder hatte sie Crofts Augen vor sich.. wie er sie förmlich mit der Kraft seiner Gedanken auszog..
"Und.. und wie soll ich Ihnen da weiter helfen, Sir?", bekam die 18jährige erst nach ein paar schier endlosen Minuten der Stille heraus, die derweil zwischen den Beiden Einzug gehalten hatte; Connerly blieb stehen.
"Indem Sie mir sagen, was damals passiert ist. Wann ist Croft Ihnen zunahe gekommen, Nami?"
Zorro bog rechts ab auf die Straße, in der Namis Haus lag, doch sofort viel ihm der Polizeiwagen auf, der vor dem Gebäude hielt. Er konnte keinerlei Gedanken fassen, doch so schnell es ging parkte er den Wagen, nahm noch seine Tasche mit sich und eilte dann nach Verschließen des Autos direkt zur Haustür, wo er Sturm klingelte.
Doch zu Zorros großer Verwunderung öffnete sein Direktor die Tür und nicht Nami...
"Mister Connerly..? Wo ist Nami? Ist irgendwas passiert? Geht's ihr gut?" "Jetzt beruhigen Sie sich erstmal und kommen Sie rein..", meinte der Ältere beschwichtigend und ließ Zorro ins Haus eintreten. Im Wohnzimmer konnte man drei Polizisten und Nami erkennen, ihr ging es aber anscheinend gut. Zorro wollte direkt zu ihr gehen, doch wurde er von Connerly am Arm festgehalten.
"Ruhig Blut, es geht ihr gut.." "Und was will dann die Polizei hier?", fragte Zorro sichtlich aufgeregt, er wollte endlich mal wissen, was los war! Connerly hingegen seufzte leicht und ließ Zorro wieder los, sein Blick ruhte dennoch weiterhin in den Augen des Jungspundes.
"Die Polizisten sind hier, weil Nami eine Anzeige aufgibt.. Croft hat gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen, indem er England verlassen hat, sich Nami genähert hat und wieder unterrichtet."
Zorro starrte seinen Direktor an, konnte das denn wirklich wahr sein? Hatte er Nami endlich dazu gebracht, mit der Sprache rauszurücken und diesen miesen Schuft endlich hinter Gitter zu bringen? Zorros Blick wanderte wieder zu seiner Freundin.. "Aber.. und wann kommt er vor Gericht?" "Gar nicht. Er hat gegen seine Auflagen verstoßen, wie ich grade sagte in mehreren Fällen, er wird sofort ins Gefängnis nach England gebracht. Dort wird man dann weiter darüber entscheiden, was mit ihm geschieht und wie lange er die Strafe absitzen muss. Nami muss in kein Gericht rein, ihr werden keinerlei Fragen mehr gestellt. Sie hat gradeeben den Polizisten alles erklärt und da ich Croft selbst kenne, kann ich ihre Aussage bekräftigen." Zorro sah den Mann vor sich wieder an.
"Dann ist das jetzt durchgestanden?", war seine einzige Frage.. Connerly nickte. "Sobald die Polizei Croft gefunden hat, kann nichts mehr passieren." Beide horchten auf, als sie Schritte vernahmen, die drei Polizisten kamen auf sie zu.
Einer, ein groß gewachsener Mann mit Schnurrbart, beendete noch kurz ein paar Notizen, sah dann aber zu Zorro und Connerly.
"Wir werden eine Fahndung rausgeben, dieser Mann wird dann im ganzen Staat gesucht, der kommt nicht weit. Wir schicken auch noch eine Streife her, die in den nächsten Tagen draußen aufpassen wird." Connerly nickte und verabschiedete sich noch von den Beamten, während Zorro direkt zu Nami ging.
Sie saß mit angezogenen Beinen auf der Couch, eine Packung Taschentücher stand vor ihr.. er konnte die roten Striemen auf ihren Wangen sehen.. dennoch lächelte sie, als sie ihn erblickte.. ihre Stimme war leicht brüchig, doch zeigte sie auch, dass sich die 18jährige in den letzten Minuten wohl alles von der Seele geredet hatte..
"Er.. ich muss ihn nie wieder sehen, Zorro.." Leicht schmunzelnd setzte sich der Grünhaarige neben sie und zog sie erstmal in seine Arme. "Ich weiß.. endlich ist es ausgestanden."
Nami konnte das Glück, was sie grade verspürte, kaum fassen und ein paar Tränen fanden erneut den Weg über ihre Wangen, während sie ihr Gesicht an Zorros Halsbeuge vergrub. Endlich war sie diesen Mistkerl los.. nie wieder Angst.. nie wieder die Befürchtung, jemand könnte ihr oder ihren Liebsten etwas antun...
"Ich lasse Sie beide jetzt wohl erstmal alleine. Schöne Ferien noch!", meldete sich wenige Momente später Connerly zu Wort und ohne große Verabschiedungen verließ der Direktor das Haus, die Tür fiel zu.
"Wie geht es jetzt weiter?", durchbrach Namis Stimme ein paar Minuten später die Stille. Zorro hielt sie noch immer in seinen Armen, als wolle er sie und den Gedanken, dass Nami keiner Gefahr mehr ausgesetzt war, auf jeden Fall festhalten, doch sein Blick war nach draußen gerichtet.
"Hm.. ich glaub, ich nehm das Geschenk meiner Großeltern an und fahre ein paar Tage aufs Landhaus.. ein bisschen Ruhe tanken kann ja nicht schaden..", kam die geschmunzelte Antwort auf Namis Frage. Die 18jährige sah im ersten Moment ein wenig irritiert zu dem Grünhaarigen hoch, zuckte dann aber mit den Schultern und schmiegte ihren Kopf wieder an seinen Hals.
"Dann wünsch ich dir viel Spaß bei dem Trip...", murmelte sie und atmete durch; Zorro musste sich währenddessen fast ein Auflachen verkneifen, was Nami nun wirklich verwirrt aufsehen ließ.
"Ich nehm dich natürlich mit, was hast du denn gedacht?!.. als ob ich dich hier jetzt alleine lassen würde, also wirklich~" Grinsend schüttelte Zorro den Kopf und ließ sich von seiner Freundin in die Seite knuffen, was das Grinsen nur noch breiter werden ließ.
"Ach zu gütig der Herr.. und wo ist dieses Landhaus?" "Am Rogerslake in Connecticut.. die Fahrt dauert 4 Stunden ungefähr, aber vor der Rushhour dürften wir es noch schaffen." "Und wieso sitzen wir dann hier noch auf der Couch?", fragte Nami nun und schlug schon mal die Decke zurück.
Die Beiden fuhren also mit gepackten Reisetaschen, einer Kühlkiste mit Mias Essen, zwei Kästen Wasser und einem vollen Tank los. Zuerst ging es durch die Innenstadt, erstmal Richtung Norden. Zorro fuhr erst in der Bronx auf die 95' N, die sie für die nächsten Stunden an der Küste entlang führen würde. Das Radio lief und Namis Blick lag auf der Landschaft, die an ihnen vorbei zog. Immer weiter entfernten sie sich von der Metropole, fuhren durch kleinere Städte, durch Dörfer, doch die Straße schien kein Ende zu haben, bis es plötzlich eine Ausfahrt gab, die weiter zum See führte. Nami richtete sich in ihrem Sitz auf, denn im nächsten Moment fuhren sie auch schon am See selbst entlang. Der Winter hatte das Wasser am Ufer zufrieren lassen, doch weiter in der Mitte sah man noch die dunkelblaue Flüssigkeit, in der sich das bisschen Sonnenlicht spiegelte, was der Jahreszeit noch zur Verfügung stand. Aber Zorro fuhr weiter. Immer weiter. Die Straße führte vom See weg in den Wald hinein und irgendwann, Nami kam das ganze wirklich wie eine Ewigkeit vor, wurde das Auto langsamer und fuhr durch ein großes, gusseisernes Tor, nachdem Zorro einen kurzen Code am Torpfosten eingegeben hatte.
"Das Haus gehört meinen Großeltern, sie sind grade irgendwo in den Hamptons, also haben wir ein paar Tage Zeit alleine in diesem Haus", erklärte Zorro, während er den Wagen vor dem Natursteinhaus parkte. "Das ist kein Haus, das ist ein ganzes Anwesen..", kam nur murmelnd von Nami, die schon seit der Auffahrt staunte.
Das Haus hatte ein oberes Stockwerk, einen Rundgang mit Holzsäulen im ersten Stock, einen großen Balkon, grüne alte Fensterläden, Eichenholztüren im Eingang, die Natursteine, die bestimmt schon einige Jahrzehnte übereinander lagen, die Auffahrt mit Kies, die Pflanzen neben der Auffahrt.. alles passte irgendwie perfekt zueinander und verlieh dem Haus eine gewisse Art von... wie konnte man es nennen? Warmherzigkeit... Wohlbefinden? Nami jedenfalls war sich sicher, dass sie hier mit Zorro ein paar schöne Tage verbringen konnte. Die 18jährige war bereits ausgestiegen und ging langsamen Schrittes und staunend zu Zorro rüber. Dieser sah dem ganzen schmunzelnd zu.
"Und? Gefällts dir?" "Soll das ein Witz sein? Das Haus sieht einfach wunderschön aus..." "Das werte ich als ein 'Ja'", grinste er leicht und bekam von seiner Freundin ein Lächeln geschenkt. "Komm, ich zeig dir erst alles und dann holen wir das Gepäck rein~" Mit diesen Worten hatte der Grünhaarige Nami auch schon an der Hand gepackt und zur Tür gezogen.