Brothers in Arms von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, eine Herausforderung - und jede Menge Schwierigkeiten) ================================================================================ Kapitel 4: With or without you? ------------------------------- Die beiden widerwilligen Reisenden haben also das Kloster erreicht. Aber ob sie da alle Antworten bekommen und vor allem ihre Schwerter? Viel Spass beim lesen! 4. With or without you Als sich die Halbbrüder dem Dorf näherten wurden sie bemerkt. Ein Mann, offenkundig ein Wächter, kam zu ihnen, betrachtete sie kurz, ehe er sagte: "Ihr werdet erwartet. Ich soll euch zum Abt bringen." "Wir werden erwartet?" wiederholte Inuyasha verständnislos. Was für ein Trottel, dachte Sesshoumaru. Damit war jedenfalls Frage Nummer eins schon mal beantwortet. Es war der Schmiedegott gewesen, der ihre Schwerter weggenommen hatte und sie einer derart unwürdigen Lage ausgesetzt hatte. Aber er folgte schweigend dem Wächter zu dem Tempelgebäude. Sein Halbbruder tat das Gleiche, blickte sich aber neugierig um. Er war müde und hungrig, sein gesamter Körper schmerzte, aber das sah hier schon mal so aus, als ob er was zu Essen bekommen könnte. Hoffentlich konnten sie die Gastfreundschaft des Abtes in Anspruch nehmen. Außerdem taten ihm die Füße weh. Er war gewohnt, viel unterwegs zu sein, aber barfuss und in Menschenform auf einem Gebirgsweg wie heute war das schon etwas anderes. In einem leeren Raum erwartete der in rot und gelb gekleidete Abt sie. Er stand auf, als sie das Zimmer betraten, ihn ansahen. "Willkommen, junge Freunde. Schön, dass ihr beide den Weg hergefunden habt. - Du bist verletzt?" wandte er sich an Inuyasha. "Ja", knurrte der, etwas peinlich berührt. Hatte er ein Schild um den Hals hängen? Aber die Blutflecke waren wohl kaum zu übersehen: "Und ich habe Hunger." "Dagegen lässt sich etwas unternehmen. Bitte, setzt euch. Ich werde euch was zu Essen bringen lassen. Und ich werde euch erzählen, was ihr wissen müsst." Sesshoumaru zögerte einen Moment. Es war schlimm genug, unter einem menschlichen Dach zu sitzen, aber er befürchtete, dass auch er wieder etwas essen musste. Wenn er nur endlich wieder ein richtiger Dämon wäre...Aber dazu müsste er wohl erst einmal hören, was der Abt zu berichten hätte. So ließ er sich nieder. Inuyasha war prompt an seiner Seite. Der Klostervorsteher wunderte sich einen Augenblick. Sie saßen beide mit einem Bein angezogen, eines angewinkelt da, eine Haltung, die seltsam lässig und unhöflich zugleich wirkte. Aber dann begriff er. So waren sie in der Lage, sofort aufzuspringen. Sie waren wohl Kämpfe gewöhnt. "Mein Herr Ama-tsu-mara-sama hat mir euer Erscheinen angekündigt", sagte er dann: "Und mir aufgetragen, was ich euch berichten soll." "Also hat dein Herr unsere Schwerter geklaut", erwiderte Inuyasha prompt: "Und uns so verwandelt?" "Davon weiß ich nichts." Der Abt blickte höflich zu dem älteren seiner Besucher: "Ich weiß nur, dass der Herr euch einer Prüfung unterziehen will. Und er sagte zu mir, wenn ihr hier erscheint, hättet ihr den ersten Teil der Prüfung bestanden. Denn ihr hättet herausbekommen, wer er sei und wo ihr Erkundigungen einziehen könnt. Des Weiteren gab er mir Anweisung, was ich euch sagen solle." "Und?" Sesshoumaru sah nicht seitwärts, wo ein Mönch gerade ein Tablett mit Brot und Obst abstellte. Inuyasha griff sofort zu. "Ihr habt vier Dinge verloren..." "Verloren?" Der Halbdämon schluckte hinunter: "Das ist ja wohl die Höhe! Er hat unsere drei Schwerter geklaut...und was soll das vierte sein?" "Inuyasha." Dieser verstand die Anrede seines Halbbruders als Tadel und aß weiter. Dabei stimmte es doch. Der Hundedämon sah wieder zum Abt: "Weiter." Das vierte waren sicherlich ihre eigentlichen Fähigkeiten. "Ihr habt vier Dinge verloren", wiederholte daher dieser: "Ama-tsu-mara-sama wird euch alle vier wieder gewähren, wenn ihr die Prüfung besteht. Geht von hier aus, über die Schneeberge, immer gerade nach Norden. Jenseits des Gebirges liegen bewaldete Berge. Dort befindet sich ein Köhlerdorf, die letzte menschliche Behausung. Auch diese Wälder müsst ihr durchqueren, durch die Einöden immer nach Norden. Wenn ihr den Feuerberg von Koweii erreicht, wird euch der Herr persönlich gegenüberstehen." Inuyasha fasste noch kauend das nächste Stück Brot: "Und dann rückt er endlich unsere Sachen wieder raus? Und was soll das werden? Was will er da prüfen? Ob wir ohne Schwerter durch die Wildnis kommen?" "Das weiß ich nicht." Der Abt blickte wieder zu dem älteren seiner Gäste: "Dies soll ich euch so sagen, wenn ihr zu mir kommt. Dieser Hinweis war für jeden von euch, der dieses Kloster erreicht. Ama-tsu-mara-sama ging allerdings davon aus, dass ihr einzeln hierher kommt, oder allein." "Einzeln ist doch allein?" erkundigte sich der Halbdämon verwirrt. "Ich nehme an, er meinte einzeln, weil wir uns getrennt haben oder nur ich, weil du tot bist." Der Hundedämon fand das eine logische Erklärung. "Sesshoumaru!" fauchte Inuyasha sofort: "Was meinst du schon wieder?" Der Abt nickte: "Das könnte stimmen." Und da er bemerkte, dass der Jüngere schmollte: "Du bist doch verletzt..." "Ja, Banditen haben mich überfallen." "Ah." Die Augen des Klostervorstehers glitten zu dem Älteren: "Ich denke, sie sind tot?" "Natürlich." Der Hundedämon warf jetzt doch einen Blick auf das Essen. Es half alles nichts. Solange er in diesem Körper steckte, musste er auch etwas zu sich nehmen. Und bei einer Wanderung durch die Einöden würde es noch schwer genug werden, ausreichend Nahrung aufzutreiben, zumal Inuyasha in dieser Menschenform alles andere als brauchbar war. So nahm er auch ein Stück Brot. Er musste sich zwingen da hinein zu beißen, aber das war eben notwenig. Der Abt sah von einem zum anderen. Was auch immer sie getan hatten, um den Gott der Schmiede dazu zu bringen, ihnen solche Strapazen aufzuerlegen, sie waren beide wild entschlossen, ihre Schwerter wieder zurück zu bekommen. Und der ältere wirkte eigentlich nicht wie ein Mensch. War das vielleicht ein Halbdämon? Waren das Halbbrüder? Aber das ging ihn nichts an. "Ama-tsu-mara-sama trug mir allerdings noch auf, euch etwas mitzuteilen, wenn ihr gemeinsam hier wärt. Jedes Mal, wenn ihr eine Prüfung bestanden habt, wird er euch bereits auf der Reise nach Norden ein Stück eurer verlorenen Güter zurückgeben." Das hätte er also nicht getan, wenn sie jeder für sich unterwegs gewesen wären, begriffen beide. Wollte dieser Schmiedegott sie zwingen, zusammen zu reisen? Aber vermutlich hatte er das einfach für äußerst unwahrscheinlich gehalten und daher eine solche Bedingung gestellt. Da hatte er sich allerdings geirrt. "Eines noch, meine jungen Freunde: wie ich sehe, hast du keine Schuhe an. Ich werde dir welche geben lassen. Denn der Weg über die Berge ist voller Schnee und Eis, selbst um diese Jahreszeit. Und ich werde euch morgen noch Nahrungsmittel mitgeben. Das wird gewiss nicht lange reichen, aber ihr solltet dann durch die felsigen Regionen sein. In dem Köhlerdorf könnt ihr euch etwas kaufen. In der Wildnis seid ihr allerdings auf euch allein angewiesen." "Ja, schon klar." Inuyasha starrte ein wenig unglücklich auf seine Füße. Er mochte Schuhe nicht gerade, aber in dieser Menschenform und bei einer Bergtour wäre es sicher sinnvoll. Ein Gebirge in Eis und Schnee...dachte Sesshoumaru. Für gewöhnlich wäre er schlicht hochgesprungen, oder auch geflogen. Darum also hatte Ama-tsu-mara ihm seine gewöhnlichen Fähigkeiten entzogen. Das wäre für ihn sonst zu einfach gewesen. "Ich bin sicher, dass eure Reise nach Norden anstrengend sein wird und gefährlich, denn in den Einöden gibt es viele wilde Tiere und Dämonen. Aber der Herr hat sicher keine unlösbare Aufgabe gestellt. Ich weiß nicht, über was für Fähigkeiten ihr verfügt, zumal ihr erwähntet, ihr seid verwandelt worden, aber ich bin sicher, dass es für euch zu schaffen ist." Der Abt erhob sich: "Ihr könnt diese Nacht hier verbringen, euch ausruhen. Morgen früh wird euch jemand zu dem Gebirgspfad bringen, der hinüber in das Dorf der Köhler führt. Und mein Mitbruder wird nun noch deine Verletzungen versorgen, mein junger Freund." Als er hinausging, wurde er von einer aufgeregten Menschenmenge empfangen: "Was ist denn los?" "Das...das eine ist ein Mensch, " sagte ein Schmied: "Aber das andere ist ein Dämon!" "Ein Halbdämon, vermute ich. Aber das spielt keine Rolle. Ama-tsu-mara-sama hat etwas mit ihnen zu schaffen und uns diese Gastfreundschaft befohlen." "Nein, er ist ein Dämon! Im Westen, woher ich stamme, kennt man ihn. Ein Hundedämon, genauer, der Hundedämon. Er wird uns alle ermorden! Wir müssen ihn bannen, oder irgendwie töten." Der Abt funkelte ihn an: "Der Herr hat mir diese Gastfreundschaft befohlen. Und ich glaube kaum, dass er ein Dämon ist. Er war höflich im Gespräch und hat gegessen. Dämonen essen doch keine Brote!" "Aber...dieses Fell über der Schulter...das trägt nur der Hundedämon..." "Vielleicht will er ihn kopieren, oder gehört zu seiner Familie. Jetzt beruhigt euch, geht wieder in eure Häuser. Ich bin überzeugt, dass nichts geschieht." Die Autorität des Abtes war groß genug, dass ihm die Menschen glaubten und zurückgingen. "Warte..." Der Schmied blieb stehen: "Ehrwürdiger Abt?" "Dieser Hundedämon, von dem du sprachst...Warum sagtest du, er sei DER Hundedämon?" "Man sagt, er sei der mächtigste aller Hundedämonen und alte Leute erzählen sich, dass nur sein Vater noch stärker gewesen sei, als er. Man erkenne ihn an den langen weißen Haaren und einem Fell über der Schulter. Und dann sei es besser, zu fliehen, so weit man nur könne." "Nun, ein solcher Dämon betritt kaum ein Kloster oder speist mit mir, meinst du nicht auch?" "Ja. Ihr habt ihn selbst essen gesehen?" "Er saß vor mir." "Dann habt Ihr wohl recht ..." Der Schmied ging. Der Abt dachte nach. Er hielt diesen weißhaarigen Fremden für einen Halbdämon, ja. Aber hatten sie nicht erzählt, sie seien verwandelt worden? Waren das etwa tatsächlich ein Dämon, der zu einem Halbdämon verwandelt worden war und das andere ein Halbdämon, der zu einem Menschen geworden war? In diesem Fall hatten sie Ama-tsu-mara wohl ziemlich erzürnt. Aber dann waren sie wohl tatsächlich Halbbrüder. Und dieser schrecklich mächtige Hundedämon war wohl ihr gemeinsamer Vater gewesen. Inuyasha legte sich einfach hin. Seine Verletzungen waren verbunden worden, mit Heilsalbe bestrichen. Und ihm reichte dieser Tag völlig: "Ich schlafe. Das ist auch so etwas. Menschen müssen dauernd schlafen, tief und richtig. - Du solltest es auch tun. Ab und an muss man nämlich auch als Halbdämon einschlafen. Und wer weiß schon, wann wir wieder so ruhig träumen können." Sesshoumaru warf ihm einen leicht überraschten Blick zu. Manchmal dachte Inuyasha doch nach? Aber der Jüngere hatte Recht und so lehnte er sich an die Holzwand und schloss die Augen. Er öffnete sie erst wieder, als die Tür beiseite geschoben wurde. Der Abt und ein Mönch kamen herein. Der letzte stellte ein Tablett mit Frühstück und eine Wasserkaraffe ab, verschwand dann. Der Abt ließ sich im Kniesitz nieder: "Guten Morgen", sagte er. Für einen Moment war er versucht, den Älteren zu fragen, ob er wirklich der Hundedämon sei, ließ es dann aber lieber sein. Auch, wenn dieser verwandelt worden war, wäre er sicher noch immer gefährlich und wenn er in solch einer peinlichen Lage erkannt würde, wäre das vielleicht ziemlich ungesund. Auch der jüngere war nun wach, saß aufrecht. "Euer Frühstück. - Danach wird euch Haru zu dem Weg bringen, dem ihr folgen müsst. Vor der Tür stehen Schuhe, die dir passen müssten." "Fein." Der Halbdämon machte sich schon wieder über das Essen her, in der Gewissheit, die nächsten Stunden und Tage kaum mehr etwas zu bekommen. Das war auch Sesshoumaru klar und so zwang er sich erneut, etwas zu essen. Wenn er je eine Möglichkeit finden würde, diesem Gott diesen schlechten Scherz heimzuzahlen, würde er sie mit Wonne nutzen. Haru erwartete die beiden Gäste am Dorfende. Er betrachtete den Älteren ein wenig ängstlich. Wie auch die anderen Menschen hatte er gehört, das sei ein Halbdämon, wenn nicht gar ein richtiger Dämon. Aber der Jüngere sah sehr wie ein normaler Mensch aus, und der Schmiedegeselle beschloss, sich mehr an ihn zu halten, auch, wenn das vielleicht unhöflich wäre. "Guten Morgen", sagte er: "Der ehrwürdige Abt sagte, ich solle euch beide zu dem Weg ins Köhlerdorf bringen. Dann kommt." Inuyasha warf den Beutel mit dem Essen über die Schulter. Er hatte sich den geschnappt, weil er annahm, dass Sesshoumaru ihn eher liegen lassen würde, als etwas zu tragen: "Ist es weit? Ich meine in dieses Köhlerdorf?" Die neuen Schuh rutschten ein bisschen an ihm und er konnte nur hoffen, dass er sich nicht wund laufen würde. "Ja." Haru sah ihn an: "Also, für gewöhnlich geht man drei Tage." "Drei Tage!" Inuyasha starrte ihn an, dann warf er einen Blick hinauf: "Und das alles in dem Schnee?" "Nein, nein. Der Weg geht über einen Pass, da muss man nicht so hoch hinauf. Aber es dauert doch. Kommt." Er wandte sich ab. Die Halbbrüder folgten ihm. "Wieso schmiedet ihr eigentlich in dieser Einöde?" erkundigte sich Inuyasha. Haru wandte nicht den Kopf: "Hier ist seit Urzeiten der Tempel unseres Gottes. Und die Köhler in dem Dorf, in das ihr wollt, brennen aus dem Holz der Wälder dort Kohle von äußerster Reinheit. Die benötigen wir ebenso wie sehr guten Stahl, um unsere Schwerter fertigen zu können. Die vornehmsten Herren kaufen sie, Fürsten und Kriegsherren. Wer auch immer sich solch ein Schwert leisten kann, nimmt es als Familienerbstück her. - Ihr habt keine Schwerter?" "Die hat Ama-tsu-mara", knurrte der Halbdämon, den das schon wieder daran erinnerte, wer schuld daran war, dass er hier als Mensch über Berge und Täler wandern musste. Und die Prellungen und Stichverletzungen von gestern waren bei weitem noch nicht verheilt, wie sie es in seiner halbdämonischen Form getan hätten. Alles tat ihm weh und er war jetzt schon müde. Das konnte noch eine lustige Wanderung werden. "Ja", erwiderte Haru unterdessen: "Ich hörte, euch sei eine Prüfung auferlegt worden. Dann sind eure Schwerter gewiss kostbar." "Ja." Mehr wollte Inuyasha dazu nicht sagen. Aber da war etwas anderes: "Kennst du diesen Berg von Koweii?" "Ich war nie dort, da der Weg zu gefährlich ist. Aber ich habe gehört, dass Ama-tsu-mara selbst dort seine Schmiede hat. Dort soll er auch ausgewählte Schmiede ausbilden, damit sie Klingen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten schmieden können." "Toutousai." Sesshoumarus Kommentar verriet, dass er zugehört hatte. Überrascht sah sein Halbbruder zu ihm. "Meinst du? Dass der alte Toutousai bei Ama-tsu-mara gelernt hat? Na ja könnte hinkommen. Er kann ja was, auch wenn er schon völlig senil geworden ist. Und darum ist dieser Knabe auch so an unseren Schwertern interessiert." Der Hundedämon schwieg wieder. Aber das war auch seine Meinung. Haru blieb stehen: "So, ab hier könnt ihr euch nicht mehr verlaufen. Dies ist der Weg in das Köhlerdorf. Alle vierzehn Tage kommen sie mit Maultieren von dort zu uns, um uns Kohle zu bringen. Daher sind auch Stufen in die Felsen geschlagen worden und so. Ihr braucht nur hier über diese Hängebrücke gehen und dann immer dem Weg zu folgen. Das wird euch unfehlbar über die Berge führen." Ohne weiteres Wort ging Sesshoumaru an ihm vorbei, betrat die Brücke, die über eine kleine Schlucht gespannt war. Unten stürzte ein Bach rauschend ins Tal. Inuyasha folgte ihm mit gewissem innerlichem Seufzen. Er hätte gern schon eine Pause gemacht, aber er wollte nicht demonstrieren, wie schwach Menschenkörper seien. Sein einziger Trost war, dass auch der Herr Halbbruder mal eine Pause benötigen würde, allein, um etwas zu essen. Und Inuyasha gab zu, dass er jedes Mal, wenn er Sesshoumaru essen sah, sich köstlich amüsierte. Aber ihm war auch klar, dass jede Andeutung eines Grinsens sein Todesurteil gewesen wäre. Und ohne Tessaiga konnte er sich gegen seinen Bruder nicht wehren, schon gar nicht, solange er nur ein Mensch war. Gegen Mittag hielt der führende Hundedämon an einer abgeflachten Stelle an. Eine kleine Quelle entsprang da. Er konnte wittern, dass Inuyasha schon wieder erschöpft war. Eine der Verletzungen musste aufgebrochen sein, denn er konnte frisches Blut riechen. Der im Augenblick in einem menschlichen Körper steckende Halbdämon hatte die letzte Wegstrecke immer wieder die Hände zu Hilfe nehmen müssen, um weiter zu kommen. Eine Steinlawine hatte den Weg blockiert. Wenn die Maultiere hier wieder durchkommen sollten, würden ihre Besitzer ganz schön arbeiten dürfen. Sesshoumaru war ein wenig überrascht, wie sehr sich sein Halbbruder zusammennahm. Er konnte wittern, wie müde der war, er musste Schmerzen haben, aber er hatte um keine einzige Pause gebeten. Nicht, dass der Hundedämon es nicht verstanden hätte. Er selbst wäre auch zu stur und zu stolz gewesen, eine Schwäche erkennen zu lassen. Aber ihn wunderte ein bisschen, dass solch ein Halbblut das auch war. Er ließ sich nieder. Erleichtert setzte sich Inuyasha zu ihm, trank durstig das Quellwasser, ehe er sich etwas zu essen herausholte. "Magst du auch etwas?" fragte er - und hätte sich im gleichen Moment am liebsten die Zunge abgebissen, als er dem Blick seines Halbbruders begegnete. So ergänzte er hastig: "Ich frag ja nur wegen der Einteilung. Ich will nicht alles für mich allein essen." "Iss." Das klang kalt. Sesshoumaru war in der Tat wütend. Nicht auf Inuyasha, sondern auf diese ganze Situation. Dieser Schmiedegott ging ihm ziemlich auf die Nerven. Er, Sesshoumaru, sah sich gezwungen, als Halbdämon in Begleitung eines Menschen, der noch dazu sein Halbbruder war, durch die Wildnis zu laufen, um sein Eigentum zurückzuerhalten. Das war schon mehr wie lästig. Er blickte ins Tal. Da war ein Problem. Der Halbdämon war jetzt, um die Mittagszeit, schon müde. Er würde gewiss eine längere Pause brauchen. Und das bedeutete Zeitverlust. Überdies müsste er nachts schlafen, auch das war etwas, das die Reise zum Berg Koweii verlangsamen würde. Eigentlich gab es nur eine logische Lösung, um schnell wieder an Tensaiga und Tokejin zu gelangen. Er müsste ihn hier lassen und allein weiter nach Norden gehen. Er warf einen Blick seitwärts. Inuyasha hatte sich ausgestreckt und war sofort eingeschlafen. Er würde mit diesen schwachen menschlichen Sinnen nicht bemerken, wenn er ihn verlassen würde. Aber der Hundedämon stand nicht auf. Zeitverlust hin oder her, aber er würde Inuyasha hier nicht liegen lassen, erkannte er. Der Grund war ihm auch klar. Nicht gerade brüderliche Liebe, aber sein eigenes Ehrgefühl. Der Jüngere war nicht schuld an seinen Verletzungen. Er selbst hatte ihn gegen den Baum geworfen, war damit auch indirekt schuld gewesen, dass die Banditen so leichtes Spiel gehabt hatten. Inuyasha hatte kein Wort dazu verloren, was bei der Redseligkeit des Halbdämons erstaunlich war. Und er schien bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit eines Menschen zu gehen, um so rasch wie möglich zu dem Feuerberg zu gelangen. Und jetzt schlief er da, vertraute offenkundig darauf, dass sein Halbbruder ihn nicht im Stich lassen würde, eher bewachen würde. Mit einem innerlichen Kopfschütteln griff der Dämon nach der Tasche, um seinerseits etwas zu essen. Es gäbe noch eine Möglichkeit, schneller zu sein. Dazu müsste er Inuyasha wieder tragen. Und alles in ihm sträubte sich dagegen. Nun gut, er hatte ihn gestern auch getragen, aber da war er bewusstlos gewesen. Eigentlich war nur die Frage, was größer war: sein Bedürfnis, diese gesamte Situation so rasch wie möglich hinter sich zu bringen und seine Fähigkeiten, seine Schwerter zurückzubekommen - oder sein Stolz. Wenn die Verletzungen bei dem Halbdämon endlich abgeheilt wären oder jenseits der Berge der Weg leichter wurde, könnte er auch wieder selbst gehen. "Inuyasha." Der zuckte zusammen, öffnete sofort die Augen: "Willst du schon weiter?" Aber die Frage war wohl überflüssig, da sein älterer Bruder schon wieder stand. Der hatte es aber eilig. Nun gut, gab sich der Halbdämon zu, auch er wollte so schnell es ging diese scheußliche Lage hinter sich lassen. So erhob er sich, wenn auch mit leisem Stöhnen. Er war solche Reisen in Menschenform nicht gewohnt. Und er schwor sich, sich nie wieder über seine Verwandlung in einer Neumondnacht zu beklagen. Da war es nur bis die Sonne wieder aufging und nicht wie hier, scheinbar ohne Ende. Und die Verletzungen von gestern heilten auch viel langsamer als gewöhnlich. "Was..." brachte er noch hervor, als er einen Arm um sich spürte, der ihn hochhob, halb auf das weiche Schulterfell des Hundedämons legte. Wollte der ihn etwa wieder tragen? "Ich schaff das schon..." protestierte er. Das war gelogen und er wusste es. Aber hier wie ein Paket transportiert zu werden? Sesshoumaru sprang los. Selbst in seiner augenblicklichen Halbdämonenform machte ihm das zusätzliche Gewicht nichts aus. Mochten seine Sprünge nun auch kürzer sein als gewöhnlich, ein wenig schwerfälliger wirken, so kamen sie auf diese Art doch viel schneller voran. Inuyasha ergab sich in sein Schicksal und lehnte das Gesicht an das Fell. Es war herrlich weich und duftete nach Wind und Wiesen. Irgendwie sollte er etwas Nettes zu seinem Bruder sagen. "Wenn wir die Schwerter wieder haben, sollten wir unseren Kampf beenden, den dieser Schmiedetyp unterbrochen hatte." "Sollten wir." Und das war der Augenblick, an dem sich Ama-tsu-mara die Hand vor die Augen schlug. ********************************************* Auf dieser Reise erleben nicht nur die Halbbrüder Überraschungen... Das nächste Kapitel heisst "Out of the Shadows". Und ihr lernt, was die Hundebrüder wechselseitig unter Hilfe verstehen. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das nächste Kapitel freigeschaltet ist. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)