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Rosen und Lavendel

von

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Das gleiche Gefühl

Kurz herrschte Schweigen in dem kleinen Hotelzimmer des „Chou Chou“. Fassungslos starrten beide, Jeanne und Vanitas, auf Noé, der ihnen mit einem entschlossenen Blick seinen nackten Unterarm entgegenhielt.

„Ich sehe doch, dass es dir schlecht geht, Jeanne. Ich weiß zwar nicht wieso, aber wenn du gerade Blut brauchst, dann nimm es dir von mir! Es geht mir gut im Gegensatz zu Vanitas!“

In Vanitas selbst flammte das unwillkürliche Bedürfnis auf beide vor dieser Dummheit zu beschützen. Jeanne hatte ihm versprochen nur von ihm zu trinken! Er wusste nicht wann er begonnen hatte sie als seine Jeanne zu betrachten, aber der Gedanke sie von jemand anderem Trinken zu sehen behagte ihm nicht. Und Noé? Noé hatte keine Ahnung welche Krankheit auf Jeanne lastete. Was wenn sie nicht mehr aufhören konnte zu trinken und Noé verletzte? Es wäre seine Schuld, wenn Noé in Gefahr geraten würde!

Fast unbewusst schlang er die Hand um Jeannes Taille und zog sie näher zu sich heran, während er Noé unsicher musterte. Jeanne versteifte sich bei Vanitas‘ Griff. Es verlangte ihr alles ab sich nicht auf ihn zu stürzen. Was dachte sich dieser widersinnige Mensch nur dabei? Ebenfalls unsicher und dabei schwer atmend sah sie zu Noé, ihre Augen rot flackernd.

 

Noé konnte sich keinen Reim auf ihr Verhalten machen. Was war nur mit den beiden los? Das hier war vielleicht eine Notsituation! Wenn Vanitas wirklich nicht weiter verletzt werden sollte, dann mussten sie jetzt handeln! Zähneknirschend versuchte er zu ignorieren wie der Mann, den er mochte sich an die Vampirin schmiegte. Da war schon wieder diese gehässige Stimme in seinem Hinterkopf, die ihm riet Vanitas von ihr wegzuzerren und ihn zu beschützen, notfalls gegen Jeanne zu kämpfen. Aber das konnte er nicht. Vanitas hing an ihr.

„Was ist los, Jeanne? Wieso zögerst du? Ich gebe dir mein Blut!“

 

Jeanne hätte sich am liebsten sofort auf die nackte Haut von Noés Arm gestürzt, aber etwas hielt sie zurück. Sie war sich noch immer nicht sicher wie tief Vanitas‘ Liebe zu ihr wirklich ging. Wenn sie das hier tat, dann… Dieses Versprechen zwischen Vanitas und ihr… Von ihm zu trinken, ihr Geheimnis zu wahren… Was, wenn es das einzige war, was sie miteinander verband? Was wenn er danach das Vertrauen in sie… Das Interesse an ihr verlieren würde?

Ihr Blick ging zur Seite. Sie hatte noch nie erlebt, dass Vanitas sich so beschützend benahm. Zumindest nicht wenn andere dabei waren. Was sollte sie nur tun? Ihr Körper begann bereits zu zittern. Sie würde sich nicht mehr lange zurückhalten können und Vanitas vielleicht weh tun, ihn vielleicht sogar töten. Wäre es besser zu fliehen? Aber dann würde sie vielleicht den Verstand verlieren und Unbeteiligte angreifen. Wo waren bloß ihre Medikamente?

„Ich…“, krächzte sie leise. „Ich… hab… versprochen, dass…“ Sie schüttelte den Kopf. Irgendwie wurde es immer schwerer zu sprechen. „Vanitas… Er ist der einzige von dem ich…!“

„Dafür haben wir keine Zeit!“, blaffte Noé.

Sie sah ihn geschockt an. Zwei starke Hände umfassten die Vampirin an den Oberarmen und zogen sie leicht von Vanitas weg, der es in seinem Zustand kaum verhindern konnte. Die Verwirrung war deutlich in ihrem Gesicht zu lesen, als Noé ihr plötzlich so nah war und ihr fest in die Augen sah.

„Mir ist Vanitas genauso wichtig wie dir! Es ist mir egal was ihr beide vor mir verbergt, aber ich kann nicht zulassen, dass er weiter verletzt wird!“

„Noé! Halt dich da raus!“, mischte Vanitas sich ein, doch er kam nicht vom Fleck. Ihm war noch immer irgendwie schwindelig. Verdammt! Hätte er doch nur eher etwas bemerkt. Wäre es bloß nicht so dumm gewesen sich entführen zu lassen! Er konnte nicht zulassen, dass Noé sich jetzt deswegen opferte.

„Ich halte mich nicht raus, Vanitas!“, erwiderte Noé barsch. „Es ist mir egal, ob es dir passt! Ich bin dein Schild und werde dich beschützen!“

Den Blick, den Vanitas ihm zuwarf konnte er nicht deuten, aber er sah wie die Wangen des jungen Vampirdoktors sich unwillkürlich röteten.  Was war es, das dadurch kurz in seinem Herzen aufglimmte? War es Hoffnung?

 

Der Schmerz in Jeannes Brust schnürte ihr immer weiter die Kehle zu. Noé war so nahe! Sie spürte wie sie zitterte, wie heiße Tränen ihre Augen füllten. Sie war in der Tat ein Monster. Wieso schaffte sie es nicht, diejenigen, die sie liebte zu schützen? Wieso tat sie anderen immer nur weh?

„Es tut… mir leid… Vani…tas…“ Ihre Stimme war kaum mehr ein Keuchen.

 

Noch ehe, die anderen beiden etwas sagen konnten, packte Jeanne Noé, der sie noch immer hielt am Kragen, riss diesen herunter und biss ihm in den Hals.

Noé konnte gerade noch verhindern auf den Boden zu stürzen, indem er sich mit den Händen abstützte, um wenigstens sitzen zu bleiben. Der Schreck von dem plötzlichen Schmerz in seiner Halsbeuge, trieb ihm den Schweiß ins Gesicht. Ein kleiner gequälter Laut entfloh ihm, ehe Sekunden später, die Wirkung von Jeannes Gift eintrat.

Es war plötzlich so warm… Eine wohlige Wärme, wie Noé sie auch einst bei Domis Bissen bemerkt hatte und doch irgendwie anders. Sie strömte in jede Spitze seiner Finger und Zehen und hinterließ einen wohligen Schauer in seinem Unterleib. Es war selten, dass das Gift eines Vampirs so eine beruhigende Wirkung auf Noé hatte. Jeanne war wirklich eine reizende Frau… Kein Wunder, dass Vanitas ihr verfallen war. Und so verliebt wie der Mensch in sie war, spürte er Jeannes Biss sicher noch intensiver als er selbst. Leidenschaftlicher… Erregender… Aber was Noé jetzt spürte war nur Wohlbefinden. Er war versucht die Augen zu schließen und einfach nur zu genießen, während Jeanne sich an den geradezu lebensrettenden Nektar klammerte…

Das Trinken von Blut war wie eine Art Kommunikation zwischen Vampiren. Es schien Noé in diesem Moment als könne er Jeannes ganzes Wesen begreifen und als könne Jeanne ebenfalls in ihn hineinblicken. Sie fühlten sich miteinander verbunden, ihre Herzschläge fanden einen Einklang. Sie verstanden, dass sie ein gleiches Gefühl teilten…

 

 

Ungläubig starrte Vanitas die beiden Vampire vor sich an. Der Anblick so verwirrend, so unnatürlich für ihn… Er sollte derjenige sein, von dem Jeanne trank. Er sollte derjenige sein, der in Noés Armen lag…

Er war so durcheinander und doch wurde es ihm klar… Dass er beide liebte.

Wie konnte das nur passieren? Die beiden Vampire vor ihm schienen auf einmal so weit weg zu sein. Unerreichbar für ihn. Wenn sie so zusammen saßen, wozu brauchten sie ihn dann noch? Sein Magen schien sich zu drehen, seine Brust schnürte sich zu, seine Augen brannten und wurden feuchter. Er fühlte sich auf einmal so ausgeschlossen, wenn er beobachtete, wie Noé begann den Biss sichtlich zu genießen, wie Jeanne sich haltsuchend an Noé klammerte.

 

Nicht! Schließt mich nicht aus… Lasst mich nicht allein…

 

Ein Wirrwarr an Gedanken schien den jungen Menschen förmlich zu lähmen. Absolut alles schmerzte. Sein Körper, sein Herz… Erst als Jeanne den Biss unterbrach und nach Luft schnappte, konnte der schwarzhaarige Mensch sich aus seiner Starre lösen.

„Genug! Ihr müsst aufhören…!“

Energisch zog er Jeanne ein Stück von Noé weg, der ihn verwirrt und aufgewühlt ansah. Jeanne schien sich langsam wieder zu erholen und blickte ihrerseits schuldbewusst zu ihrem Liebsten, der schon wieder in seiner Bewegung schwankte.

 

„Vanitas!“

 

„Es geht mir gut!“, keifte der Angesprochene zurück.

Es war alles zu viel. Er musste hier raus! Mit einem Ruck stemmte er sich auf die Beine und lief los, um das Zimmer zu verlassen, aber der Schwindel und die Schmerzen hörten einfach nicht auf. Vanitas begann noch einmal deutlich in seinem Schritt zu taumeln, bis ihm schließlich schwarz vor Augen wurde.

 

 

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Die Sonne blendete ihn förmlich durch seine Augenlider hinweg als Vanitas aufwachte. Träge fuhr er sich mit dem Handrücken darüber, an dem nun ein Verband, statt einem dicken Handschuh lag. Nur einer von vielen, die seinen Körper und seinen Kopf zierten. Er fühlte wie weiche Kissen unter ihm lagen, entfernt hörte er Vogelgesang durch das Fenster dringen. War er im Hotel?

 

„Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“

 

Diese Stimme… War das… Dominique de Sade?

Als er den Arm sinken lies, konnte Vanitas die vermutete Person an seinem Bett sitzen sehen.

„Wie lange hab‘ ich geschlafen?“, wollte er wissen, während er sich langsam aufsetzte. Er sah sich im Zimmer um. Wieso war Dominique hier und wo waren die anderen?

„Ungefähr vierzehn Stunden. Mademoiselle Amelia hat zwischendurch einen Arzt kommen lassen. Offenbar hattest du eine Gehirnerschütterung.“ Sie sah, wie er versuchte aufzustehen. „Mach langsam! Du bist vollgepumpt mit Schmerzmitteln, aber keineswegs fit genug um aufzustehen.“, sagte sie streng, während sie den Menschen zurück in die Kissen drückte.

Murrend, blieb Vanitas sitzen. Er wusste, dass Dominique keinesfalls so nachgiebig war wie ihr bester Freund.

„Ich muss mit Noé… Und Jeanne reden.“, brachte er dennoch in einem beleidigten Tonfall hervor. Wenn Dominique noch hier war, dann war Jeanne vielleicht auch geblieben. Eigentlich wollte er nicht mit ihnen reden. Er hätte nicht gewusst, was er sagen sollte, aber er musste zumindest nach ihnen sehen, jetzt wo… Wie sollte das nur weiter gehen?

„Das geht im Moment nicht.“

Nahm Vanitas da einen Hauch von Sanftheit in ihrer strengen Stimme wahr? „Die beiden haben die ganze Zeit auf dich aufgepasst, aber jetzt brauchen sie einen Moment für sich. Sie sagten, sie haben etwas Wichtiges zu besprechen.“

Vanitas‘ Augen weiteten sich. Die Worte, die sicherlich dazu gedacht waren ihn zu beruhigen, wühlten ihn eher auf. Noé und Jeanne hatten eigentlich keine sehr enge Beziehung zueinander. Was konnten sie so Wichtiges zu besprechen haben? Doch nur Jeannes Geheimnis! Und… vielleicht sogar ihn… Auch wenn er es am Anfang nicht ganz begriffen hatte. Noé wollte ihn auch. Was wenn er Jeanne von dem Kuss erzählte, um sie zu vertreiben? Seine Hände krampften sich unbemerkt in die Decke, auf die er nun starrte. Er biss sich auf die Zunge. Sollte er jetzt etwa hier darauf warten, dass etwas passierte…?

Dominique sah ihn beunruhigt an, spürend dass irgendetwas nicht stimmte. Worüber machte sich Vanitas nur solche Sorgen?

Sie nahm eine kleine Schale mit geschnittenen Äpfeln, Trauben und Baguette vom Nachttisch und reichte sie dem Menschen. „Du solltest etwas essen, bevor dir die Medizin komplett auf den Magen schlägt.“

Vanitas schüttelte den Kopf. Er war nie ein guter Esser gewesen, schon gar nicht, wenn er sich so fühlte wie jetzt. Wie sollte er etwas essen, wenn er so auf heißen Kohlen saß?

„Es wird alles gut.“

Ungläubig sah er Dominique an, die ihn wieder versuchte mit einem sanfteren Ton zu beruhigen.

„Ich weiß nicht was los ist, aber ich kenne Noé und Jeanne. Es wird alles gut.“, bekräftigte sie noch einmal, während sie ihm die Hand auf die Schulter legte.

 

 

Wenig später klopfte es an der Tür. Vanitas sah auf, als Dominique sie öffnete und leise mit den Personen dahinter sprach.

„Er ist jetzt wach. Ich lasse euch kurz allein.“

Noch während sie zur Tür hinaus ging, konnte Vanitas sehen wie Jeanne sich an ihr vorbei zwängte und sofort zu ihm gelaufen kam, um sich an den Bettrand zu setzen und seine Hand zu halten.

„Vanitas, wie geht es dir?“

Er konnte gar nicht so schnell antworten, als auch schon Noé den Raum betrat und sich auf die andere Seite des Bettes setzte.

„Wie fühlst du dich?“, bohrte der Archiviste ebenfalls nach.

Vanitas‘ Hand löste sich aus Jeannes, während er lieber die Bettdecke fixierte, als den beiden in die Augen zu sehen.

„Geht schon…“, murmelte er.

„Worüber habt ihr geredet?“

Kurz trat Stille ein. Ja, das war extrem direkt gewesen und unhöflich dazu, aber… Er musste es wissen. Er musste wissen, ob er alles zunichte gemacht hatte.

Die beiden weißhaarigen Vampire sahen sich einen Moment lang an, ehe Noé zu sprechen begann.

„Jeanne hat mir von eurer gemeinsamen Abmachung erzählt.“

Vanitas spannte sich an. Er hatte Recht behalten.

„Sie hat mir erzählt, dass es euer Geheimnis war und wieso.“, fuhr Noé fort. „Mach dir keine Sorgen, ich werde es für mich behalten.“

Vanitas nickte. Noé war einfach herzensgut. Natürlich würde er keinem etwas sagen und dem Klang seiner Stimme zufolge war er wohl auch nicht sauer nicht eingeweiht gewesen zu sein, trotz seiner Gefühle. So war Noé. Er wusste, dass Vanitas einen guten Grund gehabt hatte.

„Und Noé…“, sagte Jeanne nun. „Hat mir von eurem Kuss erzählt… Und dass du ihn erwidert hast.“

Vanitas war, als hätte man einen Eimer Eis über ihn geschüttet. Er konnte Jeannes Tonfall nicht ganz deuten, aber es war klar, dass sie eine Erklärung zu wollen schien.

„Es… tut mir leid… ich…“, stammelte er, wurde aber von Jeanne unterbrochen.

„Wieso hast du ihn erwidert?“

Unsicher sah er sie an. Sollte er einfach lügen? Behaupten, dass er absolut nichts dabei gefühlt hatte und es nur eine dumme Kinderei unter dem Einfluss von einer Menge Wein gewesen war? Vielleicht würde sie ihm dann verzeihen. Aber was wäre dann mit Noé? Er saß direkt neben ihnen. Würde er sich dann distanzieren? Ihn nie wieder nach einem Kampf oder einem Alptraum schützend in die Arme nehmen? Nie wieder mit ihm gemeinsam lachen oder frühstücken gehen? Oder würde er gleich ganz ausziehen? War das hier der Moment an dem er sich zwischen den beiden entscheiden musste? Das konnte er unmöglich tun.

Jeanne war die Frau, in die er sich verliebt hatte. Weil sie ihm so ähnlich war und zugleich so anders als er selbst. Mutig, schön, selbstlos und so voll von liebenswerten Fassetten, dass er sie nicht einmal aufzählen konnte. Sie forderte ihn immer wieder heraus und sorgte dafür, dass er die Welt aus einem anderen Blickwinkel sah. Wenn er festgefahren in einem Sumpf aus Missmut war, zog sie ihn notfalls mit Gewalt heraus.

Und dann war da Noé, der mit seiner Zuversicht, seiner Sanftmut und seiner Sturheit überhaupt erst dafür gesorgt hatte, dass Vanitas sich Jeanne gegenüber hatte öffnen können. Noé gab ihm immer genau so viel Freiraum und Zeit wie er brauchte um Vertrauen zu fassen, akzeptierte seine kleinen Macken und gebot ihm dennoch Einhalt. Er erinnerte Vanitas daran, dass es Gutes in der Welt gab.

Diese beiden waren die wichtigsten Personen in seinem Leben geworden. Er sehnte sich nach ihrer Nähe, nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Nach Jeannes weichen Kurven, ihrem blumigen Duft, ihrem weichen Haar. Nach Noés starken Schultern, seinen perfekten Gesichtszügen. Nach ihrer beider Lippen.

„Vanitas…?“

Er zuckte zusammen. Vanitas hatte gar nicht bemerkt, dass er so lange geschwiegen hatte. Was sollte er nur tun? Wenn er sich falsch verhielt, würde er sie beide verlieren. Dann wäre er wieder komplett allein…

„Ich habe erwidert, weil…, weil ich etwas gefühlt habe… Es tut mir leid.“

Er sah auf. Der Gesichtsausdruck der beiden war für ihn immer noch undeutbar.

„Gefühlt?“

War Jeanne verletzt, oder geschockt? Machte Noé sich Hoffnungen? Oder wähnte er sich bereits zurückgewiesen, da es Vanitas offensichtlich leid tat?

Die beiden hatten ein Gespräch miteinander geführt. Sicherlich hatten sie auch über Gefühle gesprochen und warum Noé Vanitas geküsst hatte. Darüber wie Vanitas sich danach verhalten hatte. Wie er sich bei seiner Rettung verhalten hatte. Was brachte es Irgendetwas zu beschönigen?

„Um ehrlich zu sein… Fühle ich… für euch beide etwas… Ich… Ich liebe euch…Beide… Und ich weiß das klingt total bescheuert…“ Vanitas biss sich auf die Lippen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Das würde doch keiner von beiden akzeptieren. Vor allem nicht Jeanne!

„Ich bitte euch…!“, fuhr Vanitas deutlich lauter fort, während er sich verzweifelt in die Bettdecke krallte. „Bitte gebt mir etwas Zeit darüber nachzudenken! Ich weiß, Jeanne… Du hast das volle Recht mich jetzt sofort zu verlassen. Ich würde es keinem von euch beiden übel nehmen… Aber bitte gebt mir Zeit mich zu entscheiden… Wenn… ihr mich noch wollt...“

 

Wieder trat diese unerträgliche Stille ein. Wollten sie ihn bestrafen? War es das jetzt? Verlor er sie beide?

 

 

 

„Wieso glaubst du, dass du das musst?“, fragte Noé sanft nach.

 

 

 

Vanitas Kopf schoss nach oben.

„Was?“

Hatte Noé ihn nicht verstanden, oder wieso stellte er diese Frage? Musste er sich nicht entscheiden, weil sie ihn sowieso nicht mehr wollten?

Noé und Jeanne sahen sich kurz an, ehe ersterer seufzte und fortfuhr.

„Ich weiß, bei den Menschen sind diese Regeln etwas strenger als bei Vampiren, aber wenn ich eins dabei gelernt habe bei einer Familie wie den de Sades aufzuwachsen, dann dass Liebe keinen Regeln folgt und dass Monogamie nicht immer der einzige Weg zum Glück ist.“

Vanitas‘ Kinnlade klappte förmlich herunter. Wovon sprach Noé da?

„Ich war am Anfang sehr eifersüchtig auf Noé.“, gab Jeanne schließlich zu. „Ich kann nicht so oft wie er bei dir sein und fürchtete, er würde dich mir wegnehmen, wenn nur genügend Zeit verginge, aber wir haben viel miteinander gesprochen und… Noé und ich fühlen das gleiche für dich. Wir lieben dich und wollen dich beschützen und…“

Ihr Blick fiel auf Noé. Wie sollte sie es erklären? Sie war nie gut mit Worten gewesen.

„Jeanne und ich sind nicht ineinander verliebt, Vanitas, aber wir verstehen uns gut und Jeannes Biss hat mir gezeigt, dass wir ebenfalls kompatibel sind.“, erklärte der Archiviste weiter. „Wir möchten beide mit dir zusammen sein.“

„Bei…de…?“, hauchte Vanitas nur, dessen Augen bereits tellergroß aufgerissen waren. Seine Wangen hatten Stück für Stück die Farbe von Tomaten angenommen. „Du… du meinst wie…. in… ‚Beide gleichzeitig‘?“ Das konnten sie nicht meinen. Das war unmöglich.

Jeanne begann zu lächeln. Sie fand es noch immer niedlich, wenn er so hilflos reagierte.

„Ja, beide gleichzeitig.“, bestätigte sie sanft.

 

Vanitas schnappte nach Luft. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Das war eigentlich unmöglich. Seine Augen begannen zu brennen. Er würde doch jetzt nicht ernsthaft vor Erleichterung anfangen zu heulen, oder? Nur weil sie ihn nicht abwiesen? Konnte er überhaupt zwei Geliebte zur gleichen Zeit stemmen? Was erwarteten sie denn genau von ihm? Würde er sie einzeln treffen oder gemeinsam? Was sollte er jetzt sagen? Was tun?

Völlig überfordert rollte schließlich doch eine heiße Träne über seine Wangen. Eine Blöße, die Vanitas sich normalerweise nicht gab, aber er war sowohl psychisch als auch körperlich stark angeschlagen.

Langsam rückte Jeanne näher und legte die Arme um Vanitas, den Kopf an seine Schulter schmiegend und nur wenig später rutschte auch Noé zu ihnen, legte seine großen Arme um alle beide und bettete seinen Kopf auf den von Vanitas.

Letzterer konnte nicht fassen, was sie da taten. Die beiden meinten das wirklich ernst! Immer mehr Tränen verließen nun seine Augen und er konnte ein lauteres Schluchzen gerade noch auf einen kleinen unterdrückten Laut reduzieren.

Es war so warm. So warm bei ihnen beiden, dass die Kälte in seinem Herzen für diesen Moment verschwand.



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