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Der Darstellungswahn im Internet oder "Du bist was man bei dir klicken kann" blabla, Fondue, Internet, Kritik

Autor:  Hauskater
Update 2011: Mal wieder fehler ausbügeln, erweitern und umschreiben, passend zum nachher folgenden Eintrag zum Thema Steckbriefe.

Heute geht es mir um einen trend, der sich schon seit Jahren abzeichnet, der jedoch ihmo immer extremer wird. Es geht um den Massenwahn bei Selbstdarstellungen im Internet. Egal auf welche Homepage zum Thema soziales Netzwerk man geht, man wird förmlich erschlagen.
Nicht von Informationen zur Person, darüber würde ich mich nicht wirklich beschweren. Nein, was man dort sieht ist ein absoluter Overload an Farben, Tönen und sinnlosen Funktionen. Egal ob die Seite nun MySpace, MeinVZ, Facebook oder sonstwie heißt, das Prinzip ist überall das Gleiche. Was ursprünglich gedacht war als Möglichkeit sich individuell zu präsentieren, ist mittlerweile nur noch Schein, nach dem Sein sucht man vergebens.
Es ist ja schön, wenn man sein Profil mit einem Lied, welches eine persönliche Bedeutung für einen Selbst hat, unterlegen kann, so wie einen eigenen Hintergrund erstellen kann. Nicht schön ist es, wenn man vor lauter Farben keine Buchstaben mehr erkennen kann, oder diese in einem Augenkrebs-Grün auf knallpinkem Hintergrund zu finden sind, unterstrichen von Grindcore oder Hardcore. Sinnesoverload vom Feinsten.
Die wirklichen Informationen über die Person gehen da aber absolut unter. Oder aber, ich bekomme direkt die Information, dass ich mit dieser Person nichts zu tun haben will.

Mag hart klingen, aber Mal im ernst: Wie langweilig muss eine Person sein, wenn sie sich interessant machen muss über grelle Farben, nervige Lieder und sinnlose Spielereien.
Womit wir schon bei meinem Unwort des Jahres 2009 angekommen wären: Apps! (Ich verweise da direkt nochmal auf meinen Eintrag zum Thema: Applemania)
Wo kommen die mit einem Mal her? Wozu braucht man sie? Und wer zum Teufel kam auf die Idee das man sowas braucht um ein Individuum zu sein (witzig vor Allem wenn zig-tausend Leute genau die gleichen Apps haben)? Was sollen solche sinnlsoen Spielereien über mich als Menschen aussagen? Das ich ein Fastfoodjunky bin? Oder wie ist es sonst zu erklären dass Leute sich Suchmaschinen für Pizzalieferanten auf ihr Profil packen?

Um es mal ganz Platt zu sagen: Die Idee vom Web 2.0 und dem Social Newtworking wurde überholt von Bondage 1.0 oder iNet. Ich dränge aller Welt meinen schlechten Geschmack auf.
Mit Informationen jedenfalls hat All das nichts mehr zu tun. Schwarzes Glück und vor allem StudiVZ, zum Beispiel, bieten eine unüberschaubare Anzahl an Gruppen mit vielen Funktionen. Und 90% dieser Gruppen haben so viel Aktivität wie ein Rave im Altersheim Besucher vorzuweisen hat. Diese Gruppen sind genau so sinnvoll wie Animexx-Items. Sie bringen einem nichts, außer dass sie irgendwo in einem Profil stehen. Man mag nun sagen dass sie die Persönlichkeit unterstreichen sollen. Da Frage ich mich nur: Welche Persönlichkeit? Was ist das für ein Mensch, der zwanzig Gruppen im Profil stehen hat, von denen zehn Rechtschreibfehler im Gruppennamen enthalten, sechs irgendwelche Pseudoweisheiten kundtun und vier mir haarklein beschreiben, welche sexuellen Vorlieben der User hat? Der einzig logische Schluß daraus ist für mich, dass es sich um einen legasthenischen, dummen Perversen handelt. Wollen die Menschen wirklich so wahrgenommen werden?

Gerade im Internet gilt für mich: Qualität ist wichtiger als Quantität. Früher haben mich schon Profile im Mexx genervt, bei denen man endlos lange nach unten scrollen musste bis man endlich beim GB war. Mittlerweile ist mir so etwas tausendmal mal lieber als mich auch nur eine Minute bei MySpace einzuloggen. Mir ist wichtig, dass ich in einem Profil etwas darüber erfahre, wie die Person denkt, wie sie die Welt sieht und auch sich selbst. Ich will etwas über die Person selbst erfahren, nicht darüber, welchem Trend sie folgt um sich einreden zu können individuell zu sein. Bin ich damit so allein?

Scheinbar ja. Es gibt aber noch einen wichtigen Punkt: Seiten wie die VZs und Co. fingen ja an sich Mal an mit denm primären Sinn, alte Bekannte und Schulfreunde wiederzufinden. Davon geblieben ist aber nicht viel. Man hat zwar eine Freundesliste von um ca. 50-200 Leuten, aber mit wievielen davonhält man schon regelmäßig Kontakt?
Irgendjemand sagte einmal, ich glaube es war sogar hier im Mexx, "Es hat doch seinen Grund, dass man sich irgendwann aus den Augen verloren hat, oder?" Da ist durchaus etwas dran. Zuerst hatte ich diesen Punkt ganz übersehen und war froh, dass man nun alte Bekannte wiederfinden konnte ohne dafür zu zahlen (wie bei einer anderen Networking Seite), aber je länger ich dort bin, desto mehr fällt mir auf, dass ich sowieso nur mit den Leuten schreibe, mit denen ich eh schon Kontakt habe und hatte...
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Datum: 30.12.2009 20:25
Ich verstehe dich da vollkommen ._.
Ein Grund, weshalb die einzigen Seiten, auf denen ich aktiv bin, Mexx und DA sind.
(Ich hab einfach eine Abneigung gegen MySpace und Seiten wie Schüler-VZ - Wer mich erreichen muss auf einem kostenfreien Weg hat mich in einem messenger oder kennt zumindest meine e-Mail-Adresse)
Deshalb hat es mich erschlagen, als ich las, dass es auf Mexx jetzt dieses neue "Steckbrief-TOFU" gibt - ich dachte nurnoch "Oh mein Gott - nein - BItte nicht - Lass das nicht wahr sein".
Wer jemanden kennelernen will, soll mit dieser Person schreiben und sich ein Bild machen. Gibt diese Person wenig über sich preis, wird das schon einen Grund haben, solang sie ihr Profil dafür nicht mit allen möglichen Sch*iß zumüllt.
Wer eine lange Selbstbeschreibung hat - okay, bei leuten, did es lesen, kann man sich dann wenigstens relativ sicher sein, dass sie an einer bekanntschaft interessiert sind.
Aber wie du bereits erwähntest, diese "stylischen" Geschmacksverirrungen sind einfach das Letzte, gemeinsam mit diesem gesamten Sinnlos-Kram...
Aber wozu aufregen, gegent un kann man nicht viel, außer sich nicht davon selbst noch beeinflussen lassen a la Gruppenzwang.
- I don’t care when I die, but if I do, will you buy another beautiful goldfish...?
- I won’t buy another one. The only goldfish I’ll keep in my lifetime is you.
Ƹ̵̡Ӝ̵̨̄Ʒ
=>Ein langweiliges Leben
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Datum: 31.12.2009 15:56
Hach ja, soziale Netzwerke.

Was du beschreibst klingt mir wie der in Daten übersetzte Schrei nach Aufmerksamkeit der Menschen. Je bunter und schriller, desto besser.
Genau wie im realen Leben: Erst das Aussehen, dann der Inhalt.

Ich habe aber ehrlich gesagt auch bei "konventionellen" Steckbriefen so meine Bedenken; manchmal habe ich das beklemmende Gefühl, dass ich, wenn ich den Steckbrief von jemandem lese, danach besser über denjenigen Bescheid weiß als seine eigene Mutter. (Leichte Übertreibung möglich.)
Aber was soll's, ist nicht mein Bier und mir inzwischen fast wieder egal. Wohin es führt - wenn es irgendwohin führt - werden wir dann vermutlich sehen, wenn's so weit ist.


PS: Ich habe da letztens einen netten Text gehört, von einem (ziemlich schrägen) Poetry Slammer (Andy Strauß, falls der Name dir was sagt). Ich fand ihn ganz amüsant.. packe ihn mal in den Spoiler. ;)

Spoiler
Andy Strauß - Fieberglas (WDR Poetry Slam)


"Wie jede andere ruhmgeile Diva habe ich auch gerne Fans, die mir mitteilen, wie toll sie mich finden, ja. Bevor ich zum ersten Mal im WDR lief, bekam ich schon dann und wann mal eine nette Email oder eine Nachricht von irgendwelchen Web 2.0 Internetforen, von Leuten, die mich auf irgendeiner Bühne gesehen haben und irgendeinen Text als besonders hörenswert empfunden haben.
Solches Feedback find ich nett!
Dann war ich hier im WDR und hab einen Text gegen Schäubles Fieberwahn wegen Überwachungsstaat und so erzählt, und ja, der kam von Herzen.
Aber nachdem dieser Text dann über den Äther geschickt wurde, passierten zwei Dinge:

Erstens steht seitdem immer ein Lieferwagen mit verdunkelten Scheiben vor meinem Haus und es knistert in meinem Handy, wenn ich telefoniere – bin also wohl zum Staatsfeind geworden – und zweitens haben sich die Mails von irgendwelchen Menschen an mich vervielfacht, bin also Randgruppenliebling geworden oder so was.

Eine dieser Mails möchte ich mal zitieren:
„Toll, dass da endlich mal jemand was öffentlich gegen diesen Überwachungswahn gesagt hat! Was man so macht geht doch echt keinen was an, da bekommt man ja richtig Angst. Ich steh auf (für) dich! Stefanie“

Für Stefanie ist dieser Text.

Stefanie Hitzer, du wurdest am 6. Dezember 1984 in Recklinghausen geboren und studierst jetzt soziale Arbeit in Greifswald.
Ich kenne all deine Lehrveranstaltungen, deine Haare sind blond, deine Augen grün-braun, du bist 1,68 groß, deine Lieblingsbücher sind „Säulen der Erde“ und „Die Päpstin“, deine Lieblingsfilme „Crank“ und „Mikrokosmos“. Du zitierst gerne Woody Allen. Du hast Angst vor Spinnen und du verweigerst das Bezahlen der Rundfunkgebühren.
...Das ist nur ein Ausschnitt deiner StudiVZ-Informationen.

All diese Informationen bestätigst du bei MySpace unter deinem tollen Nicknamen „MissBeautystar“, nur erfahren wir hier noch viel mehr über dich!
Täglich berichtest du per Bulletin, was du am Tag gemacht hast und was du am Abend vorhast. Du warst beispielsweise am 4. März beim Friseur, hast dir schwarze Strähnen machen lassen. Die Fotos bewiesen es noch am selben Tag.

Seit dem 18. Dezember 2007 bist du Single, hast seitdem mit sechs Typen geknutscht, die meisten sahen deinem Exfreund ziemlich ähnlich. Du scheinst mehr wert auf Frisuren als auf Augenfarbe zu legen, alle hatten schwarze Haare, aber die unterschiedlichsten Augenfarben.

In einem Erste-Hilfe-Forum für Geschlechtskrankheiten informierst du dich unter dem selben Nicknamen, wie am besten mit einem Scheidenpilz zu verfahren sei. Dein Profil in diesem Forum bestätigt erneut deinen Namen und dein Geburtsjahr.
Die Scheidenpilzanfrage kam genau drei Tage, nachdem du mit Typen vier rumgeknutscht hast.
Da hat jemand nicht aufgepasst!

Nebenbei kiffst du – du sagst es nirgendwo explizit, bravo, aber bei YouTube sehen wir dich, wie du einmal mit deinem Exfreund zusammen einen Bong rauchst und ein anderes Mal, wie du auf einem Fest eine Tüte drehst. Du hast die Videos selbst hochgeladen!

Soll ich weitermachen?
Du wählst SPD, arbeitest neben dem Studium in einem Café für 7,20€/Stunde und konntest, was dich geärgert hat, nicht zum Manu Chao-Konzert, weil du arbeiten musstest.

Ich könnte mehrere Stunden referieren, was du alles gemacht hast.

Ey.. „Was man so macht geht doch keinen was an!“, sagst du.
JA! Stimmt!!
Aber warum reibst du es dann täglich jedem, der es nicht wissen will, unter die Nase?

Liebe Stefanies und Stefans und wie ihr alle heißt, was ist kaputt bei euch?! Wenn ihr einen Pilz irgendwo habt, dann geht doch einfach zum Arzt! Der darf es nicht weitererzählen!
Sucht euch Freunde, die mit euch reden – „die ganze Welt“ ist bestimmt nicht euer Freund!

Wenn ihr meint, dass der gläserne Mensch zerbrechlich ist...

Warum ersetzt ihr dann Tag
für Tag
für Tag
eure schöne Haut durch Fieberglas?"


Ceci n'est pas une signature.
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Datum: 22.01.2010 16:37
Argh, hate ganz vergessen hierauf zu antworten!^^

> Ich habe aber ehrlich gesagt auch bei "konventionellen" Steckbriefen so meine Bedenken; manchmal habe ich das beklemmende Gefühl, dass ich, wenn ich den Steckbrief von jemandem lese, danach besser über denjenigen Bescheid weiß als seine eigene Mutter. (Leichte Übertreibung möglich.)

Stimmt, das Andere Extrem hatte ich ganz vergessen anzusprechen.^^

> PS: Ich habe da letztens einen netten Text gehört, von einem (ziemlich schrägen) Poetry Slammer (Andy Strauß, falls der Name dir was sagt). Ich fand ihn ganz amüsant.. packe ihn mal in den Spoiler. ;)

Danke dafür, der Text ist einfach nur genial! ^___^
--
"Hugo is a raven, and, as such, he knows many things. I, meanwhile, am Hodge Starkweather, a professor of history, and, as such, I do not know nearly enough." ~ Hodge in "City of Bones"
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Datum: 19.02.2010 04:27
Ich bin in 99 oder 100 Gruppen bei studivz O_o Ich muss immer aus einer austreten, wenn ich ne neue tolle Gruppe finde, weil mehr kann man leider nicht haben.
Ich finde es toll, dass es da Gruppen für jeden Scheiß gibt, ehrlich. Die Aktivität lässt aber in einigen Gruppen echt zu wünschen übrig. Ich bin in der Gruppe "Kreatives Schreiben und Dichtung" und wollte da mit jemandem eine Weiterschreibgeschichte starten. Ich hätte gern gehabt, dass sich da jemand meldet. Mittlerweile machen mit: Der Typ, der von Anfang an dabei war, ein Kumpel von ihm, der nicht richtig Deutsch kann, und ich.
In der studivz-Gruppe hat sich keiner gemeldet. Ich verstehe ja, dass nicht unbedingt jeder Bock auf eine Weiterschreibgeschichte hat. Aber die Gruppe hat mehrere 100 Mitglieder, wenn die alle so gern schreiben, wundert mich schon, dass keiner mitmachen mag.

Ich hab auch Texte kommentiert, die da gepostet wurden... das letzte Mal oder die letzten beiden Male kam gar keine Antwort auf den Kommentar. Kann man nicht wenigstens "Danke" in den Thread posten oder "Hör auf mich in Grund und Boden zu kritisieren"? xD

Echt, da sind so viele Mitglieder, aber da ist fast nichts los. Ich meine, ich habe auch viele Gruppen nur, weil mir der Name gefällt und poste nichts... aber gerade da finde ich es etwas schade :/
Lass uns heute mal richtig über die Stränge schlagen und einen Orangensaft trinken


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