Bis(s) zum Ende der Ewigkeit von littleblaze (Meine Fortsetzung zur Bis(s)-Reihe) ================================================================================ Kapitel 11: Eine mysteriöse Krankheit ------------------------------------- Autor: littleblaze E-Mail: little_blaze_2000@yahoo.de Disclaimer: Alle Rechte an den Bis(s)-Charakteren gehen auf das Konto von Stephenie Meyer und ich selber verdiene keinen einzigen Cent mit meiner Story. Neue Charaktere, die Storyline, selbsterstellte sowie editierte Bilder und sämtliche, für die Story erstellten Extras gehören mir und dürfen nicht ohne meine vorherige Zusage auf anderen Seiten, Portalen oder Foren gepostet werden. Kapitel 11 - Eine mysteriöse Krankheit Auch der Anblick eines ruhenden Wolfes im sanften Ton der Morgenröte, die sich zaghaft an den Bäumen vorbei kämpfte, konnte das Bild vom Vortag nicht restlos aus meinem Gedächtnis löschen. Ich hatte angenommen, dass ich einfach nur dem Bild entkommen wollte, aber mittlerweile war dieser Gedanke der Überzeugung gewichen, dass es vielmehr der Umstand war, der mich aus der Cafeteria getragen hatte… Der Umstand, dass ich rein gar nichts für den kranken Jungen hätte tun können. Edward war natürlich sofort an meiner Seite gewesen und ich hatte mir ein drittes, sowie ein viertes Mal versichern lassen, dass wirklich alles mit Kajika in Ordnung sei. Was sollte man auch anderes tun, als besorgt nachzufragen, wenn man eine bekannte Person schlaff auf der Tischkante liegen sah; den Kopf auf die Tischplatte gedrückt, geöffnete Augen, die ins Nichts starrten und Arme, die kraftlos hinab hingen. Aber es war nicht wirklich seine Pose oder die Augen, welche einen Ausdruck angenommen hatten, den ich so noch nie gesehen hatte… nein, es waren seine Finger, die mich am meisten ängstigten. Immer wieder schienen diese sich im gleichen Rhythmus zu bewegen, immer wieder das gleiche Abspreizen, als würde sie beharrlich angewiesen werden, bis zehn zu zählen… immer und immer wieder. Inzwischen wusste ich sogar, dass es genau das gewesen war. Kajika hatte fließend zehn Dinge abgezählt; Autos, Menschen, Bücher, Stifte, Bäume, Blumen, Kerzen, Unmengen von Gegenstände. Die Bilder waren in diesen Minuten glasklar in Edwards Kopf gedrungen. Was immer Edward zuvor abgehalten hatte, in Kajikas Kopf vorzudringen, war in dieser Zeitspanne nicht vorhanden gewesen. Wir hatten natürlich Carlisle davon berichtet und dieser, sowie auch Edward selbst, konnten sich nicht erklären, was mit Kajika in der Cafeteria geschehen war. Es gab viele Verhaltensweisen bei Autismus, aber von einem derartigen plötzlichen Aussetzer hatten Beide noch nie gehört. Während Carlisle und Edward den Nachmittag lang die Nasen nicht mehr aus den Büchern bekommen hatten, dachte ich an die quälenden Stunden nach dem Vorfall zurück; die sich in die Länge ziehenden Stunden von Computertechnik und Amerikanische Literatur mit dem Wunsch, Kajika wiederzusehen, mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Ich konnte nicht wirklich mit Edward darüber reden, er garantierte mir nur aufs Neue, dass es ihm gut ginge. Doch ich wollte mehr erfahren. Kurz dachte ich daran, die Mädchen, welche in Amerikanische Literatur in einem Halbkreis um mich herum saßen, nach Kajikas Krankheit zu fragen, verkniff es mir aber. Ihre Aussagen hätten mich vielleicht nur noch mehr beunruhigt… Ich wollte sehen, dass es ihm gut ging, nicht nur davon hören. Nach dem Unterricht zwang ich Edward mit mir, am Sekretariat vorbei zu gehen. Er sollte in die Gedanken des Direktors eindringen, um sich zu vergewissern, dass wirklich alles in Ordnung sei. Meine Bitte hatte mir einen komischen Blick zuteil werden lassen, aber er tat es, ohne zu hinterfragen. Mir wäre einfach nicht wohl dabei gewesen, ohne mir sicher zu sein, nach Hause zu fahren… Ich näherte mich dem ruhenden Wolf und dem Kind, welches es sich gerade an seinem Fell gemütlich machte. Der immer noch haltende Morgenfrost bildete einen weichenden Kreis um sie herum. Renesmee kontrollierte noch einmal ihre Position und schlug nach der Bequemlichkeitsprüfung das Buch, welches in ihren Händen lag, auf und las die ersten Zeilen von Bram Stockers „Dracula’s Guest“ vor. Es war die Erstausgabe von 1914, jedes Antiquariat würde ihr den Band nur zu gerne aus ihren kleinen Fingern reißen, obwohl… so klein waren ihre Finger schon gar nicht mehr. Ich blieb in meiner Annäherung stehen und stellte mir mein Kind an meiner Seite vor. Ihr Kopf reichte mir schon knapp über die Schulter, ihre Größe lag bei 1,48 Metern, nicht mehr lange und sie hatte meine eigene Körpergröße erreicht; vielleicht einige Monate noch. Ich hörte den Worten zu, die sie melodisch in die Luft warf, und setzte mich wieder in Bewegung, mein Blick fiel auf ihr Shirt, wo noch keine Wölbung auszumachen war. Aber müsste es nicht bald so weit sein? War es für einen 13jährigen Körper nicht ganz normal, sich langsam in Richtung Frau zu entwickeln? Jacobs Augen öffneten sich für eine Sekunde, als ich vor ihnen Halt machte. Ich beugte mich nieder, um mich von meiner Tochter zu verabschieden. „Schau mal was Grandpa mir geschenkt hat.“ Sie hob mir das Buch entgegen. Der matte, rote Einband sah schon ein wenig mitgenommen aus. „Ein besonderes Geschenk. Aber glaub nicht alles, was du darin liest.“ Meine Finger strebten nach vorn und berührten ihre Wange. „Aber Momma, ich weiß doch immerhin, was der Wahrheit entspricht und was nicht.“ Sie lächelte als wäre sie die Mutter und ich das Kind, welches es zu belehren galt. Ich strich ihr einige Haare hinters Ohr. „Vielleicht liest du es mir ja auch irgendwann einmal vor?“ Ich lehnte mich vor und küsste sie zum Abschied auf die Stirn. Die erste Stunde Biologie schenkte mir direkt ein erleichterndes Gefühl. Mein Platz war zwar an der Seite meines Mannes, jedoch schickte mir Kajika des Öfteren ein kleines Lächeln hinüber. Ich war erleichtert, dass er noch genauso aussah wie am Vortag, irgendeiner irren Vorstellung hatte ich es zu verdanken, dass ich mit etwas anderem gerechnet hatte. Beim Wechsel vom Bioraum in den Englischkurs hatte ich gerade einmal Zeit für zwei kleine Fragen und die dazugehörigen Antworten. Viel zu wenig, um die vielen Rätsel in meinen Kopf zu lösen. Ms. Brollend, eine junge, gutaussehende Frau mit blonden Haaren, strahlend blaue Augen und einem wohlgeformten Babybauch, setzte mich neben ein Mädchen mit rötlichen Haaren, Sommersprossen und einem Lächeln, bei dem jeder Mann dahin schmelzen konnte. Edward nahm neben einem Jungen platz, den ich aus vielen unserer Kurse kannte, er war uns wahrscheinlich klassenzugehörig und kein Springer. Er hatte braune Haare und grüne Augen, stand anscheinend auf Kriegsfuß mit seiner Haarbürste und versuchte nicht zu sehr erkennen zu lassen, dass er lieber alleine gesessen hätte. Ich lächelte ebenfalls, als ich mich neben das Mädchen mit den vielen kleinen Punkten im Gesicht setzte. Einen kurzen Blick auf Kajika, neben dem ich gerade viel lieber sitzen würde, gewährte mir meine Sitznachbarin noch, ehe sie mich ansprach: „Hi, mein Name ist Kate Person. Du bist Bella, das Mädchen mit der Schere, stimmst?“ „Ja, genau die“, gab ich kurz zurück und fing an, in meinem Englischbuch zu blättern. Ich verspürte trotz Schönheit eine sofortige Abneigung gegen die Person neben mir und erlebte den Zwang, ihr zu sagen, dass ich es nicht mochte, wenn man mich Bella nannte. „Du siehst gar nicht so gefährlich aus, wie man so hört.“ „Wenn du meinst.“ Ich zuckte nur leicht mit den Schultern, zeigte ihr, dass mir gleich war, was andere über mich redeten, und fragte mich gleichzeitig ob sie das immer noch sagen würde, wenn ich zwei Wochen lang nichts getrunken hätte und in einer dunklen Gasse auf sie treffen würde? „Du bist sogar richtig hübsch. Ich dachte, du wärst eher so eine kleine Verrückte, der man schon von weitem ansieht, dass sie nicht mehr alle beisammen hat, du weißt schon, was ich meine, oder?“ Sollte ich darauf antworten? Kate ließ ihre Haare schwungvoll zur Seite gleiten, zum dritten Mal in der kurzen Zeit. „Auf jeden Fall“, fuhr sie fort. „Ich bin Co-Trainerin bei den Cheerleadern. Hast du nicht Lust, mal vorbei zu kommen? Wir brauchen immer ein paar neue, hübsche Mädchen, um den Jungs so richtig Dampf zu machen.“ „Danke, aber ich verzichte.“ Für diese Antwort musste ich nicht mal überlegen. „Was? Ist doch nicht dein Ernst?“ Sie griff nach meinen Arm. Es tat nicht weh, selbst für menschliche Verhältnisse hätte es dies wahrscheinlich nicht getan. Sie war wohl nur so von meiner Antwort überrascht, dass sie ihren Worten Nachdruck verleihen wollte. „Wir reden hier immerhin von den Cheerleadern und wir würden uns wirklich freuen, wenn-“ „Nein, danke“, unterbrach ich sie und drehte mich so, dass ihre Hand von meinem Arm glitt. Sie schaute mich noch einige Sekunden perplex an, ehe sie wieder ein bezauberndes Lächeln aufsetze und weiter versuchte, mich zu überzeugen, ihrem wichtigen Club beizutreten… Dies zog sich durch die ganze Stunde, nur einige Minuten mehr und ich hätte ihr wahrscheinlich auch noch zugesagt, nur damit sie endlich aufhörte zu reden. Mit jeder Minute wurde ihre Stimme nerviger, ihr Lächeln falscher. Zum Glück machte die schwangere Ms. Brollend einige Minuten früher Schluss, da sie dringend die Toilette aufsuchten musste. Die nächste Stunde brachte das einzige Fach, das Edward nicht mit mir teilte: Kunst. Es waren wenige Personen vorhanden, die mir bekannt vorkamen, und der Rest würfelte sich aus fast allen Jahrgangsstufen zusammen. Mrs. Willburg hatte schon einige Jahre hinter sich und sofort brannte sich das Bild von einer strickenden Oma am Kaminfeuer in meinen Kopf, doch wenigstens lag eine so beruhigende Wirkung in der Luft, dass ich die nervige Begegnung mit Kate ganz aus meinem Kopf streichen konnte. Abgesehen von der beruhigenden Wirkung gab es einen weiteren positiven Punkt an diesem Kurs; ich teilte ihn mit Alice. Sie war in ihrer Art genauso wie Kajika; wild hatte sie auf den Platz neben sich geklopft, als ich den Raum betreten hatte, und lächelte mich an. Als hätte ich auch nur in Erwägung gezogen, mich irgendwo anders hinzusetzen. Es galt eine Vase abzuzeichnen, in Alices Gesicht spiegelte sich der selbe Ausdruck, wie Esme ihn beim Zeichnen auflegte. Ich schmunzelte über diese Erkenntnis. Zum Mittagesessen versammelten wir uns natürlich, wie die meisten anderen auch, in der Cafeteria. War das eigentlich wirklich notwendig? Waren wir wirklich dazu verdammt, hunderten von Menschen dabei zuzuschauen, wie sie Kiloweise Nahrung in sich hineinstopften und oft auch nicht gerade schöne Geräusche dabei hinterließen und wir, umgeben von Nahrung, keinen Bissen essen dürften? Logischerweise fiel mir in dieser Umgebung ein, dass ich selber Hunger hatte. Mein Blick fiel auf die braune Papiertüte vor mir; Thunfischsalat auf Brot! Angewidert verzog ich das Gesicht. Ich wand den Blick leicht von meiner Familie fort und zog die Luft aus verschiedenen Richtungen ein, drehte mich dabei so lässig wie möglich, damit es nicht auffiel. Ich hatte Hunger! Ich versuchte das Kratzen und Brennen in meiner Kehle nicht zu beachten und suchte nach einem Geruch, der mich fesselte. Zu meiner Freude vernahm ich direkt ein dutzend Düfte, von denen ich mich unter anderen Umständen nur zu gerne hätte anlocken lassen. Zwei davon kamen von dem Tisch, an dem Kajika mit seinen Freunden saß. Seiner war es nicht, es war der Junge neben ihm, mit den braunen Haaren und Augen, der mir schon gestern aufgefallen war, und ein Mädchen weiter links, die ihre Haare total wirr trug aber verdammt gut dabei aussah, oder empfand ich das gerade nur, weil sie so gut roch? Jedoch wanderte meine Aufmerksamkeit zurück zu dem Jungen. Er lachte, wieder einmal oder immer noch? Ein ziemlicher fröhlicher Charakter schien er zu sein, sein Lachen war wohlklingend, nicht so nervig oder abgedroschen wie manch anderes. Der Weg von seinem Gesicht zum Hals war nicht schwer, durch sein heftiges Lachen wurde das Blut schneller durch seinen Körper gepumpt, seine Halsschlagader presste sich appetitlich gegen seinen gestrafften Hals. Ich brauchte nur Millisekunden, um mir das gesamte Szenario vorzustellen; vom Aufstehen, bis hin zur Flucht aus der Cafeteria. Ich konnte sein süßes Blut bereits an meinen Lippen spüren. Warum trug er bei diesem Wetter eigentlich keinen Rollkragenpullover oder Schal? Die Stimme von Alice, die über die vergangene Kunststunde berichtete, drang natürlich an mein Ohr, das Erzählte ließ mich aber nicht gerade auf andere Gedanken kommen. Mein Blick hing weiterhin an der verbotenen Halsschlagader. Warum eigentlich die Halsschlagader? Pumpte sie das Blut am stärksten oder war es einfach nur die beste Stelle, da sie praktischerweise nur selten bedeckt war? Vampire, grauenhafte Geschöpfe der Nacht! Waren sie eigentlich immer noch so angsteinflößend, wenn man ihnen bei strahlendem Sonnenschein gegenüberstehen würde? Persönlich war ich damals eher fasziniert gewesen, als an irgendetwas Böses bei diesem atemberaubenden Anblick zu denken. Und wenn man nicht einmal von der Existenz der Vampire wusste, war man dann nicht noch weitaus mehr verzaubert, würde man nicht eher annehmen, einem Engel als einem blutdürstigen Wesen gegenüber zu stehen? Weder Knoblauch, der Pflock, Tageslicht oder Weihwasser barg auch nur die kleinste Gefahr für uns… war es nicht irgendwie amüsant, dass ich in den alten Filmen und Büchern mehr Vampir erkannte, als in dem Gesicht, welches mich jeden Morgen aus dem Spiegel heraus ansah? In meinen Gedanken gefesselt, verweilte mein Blick bei Alyssa auf der anderen Seite des Saals. Sie saß bei einigen Mädchen, die ich schon flüchtig mit Alice und Jasper gesehen hatte. Also war Alyssa vermutlich eine Stufe höher als ich und besuchte deswegen nur einen einzigen Kurs mit mir… aber von ihr kam kein einzigartiger Duft. Zwar appetitlich, aber nicht das Bouquet, dem man den Vorzug geben würde. Als nächstes zog mich der lange Tisch der Sportler und Cheerleader an. Das Gespräch, das sich um meine Person gehandelt hatte, war schon vorüber. Ich hatte dem sinnlosen Geplapper keine Beachtung geschenkt. Nur ein einziges Aroma am Tisch zog mich in seinen Bann und dies nicht einmal, weil es auf einladende Art roch, sondern weil es mir bekannt vorkam. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie ich zu dem Parfüm gekommen war, welches sich nun einen Weg durch meine Nase schlängelte. Eine Erinnerung, die ich in meinem früheren Leben zurückgelassen hatte; ich konnte mich nicht einmal an den Namen des Duftwassers erinnern... Ich horchte auf, als Alices Kichern lauter wurde, Jasper flüsterte ihr etwas ins Ohr; zu schnell und leise, selbst für meine Ohren. Edward kicherte kurz darauf ebenfalls, ich sah ihn an, aber ich fragte nicht nach, was denn gerade so für Belustigung sorgte, denn vielleicht hätte ich es ja mitbekommen, wenn ich nicht anderweitig abgelenkt gewesen wäre. Ich drehte mich wieder dem Tisch und Edward zu. Unsere Hände trafen sich von ganz alleine unter dem Schutz der hölzernen Tafel und es wurde augenblicklich zu einem Moment, in dem ich meinem Mann am liebsten erneut gestehen würde, was ich für ihn empfand. Die Wärme in seinen kalten Augen ließ mich sofort alle Gedanken an Nahrung vergessen und ein anderes Verlangen nahm von mir Besitz. Erst in diesem Moment erfasste ich, dass es schon ganze drei Tage her war, dass wir uns gegenseitig in Besitz genommen hatten. Einen Zustand, den ich ganz sicher nicht um noch einen weiteren Tag verlängern wollte. Edward spürte mein Zögern, als meine Hand sich aus seinem Griff winden wollte, um ihn zu berühren. Er lächelte mich verständnisvoll an, aus dem Augenwinkel erfasste ich die Berührung, die Alice und Jasper teilten. Beide schienen kein großes Interesse mehr zu verspüren, kleine Zuneigungen länger zu verheimlichen; war ich erleichtert oder beneidete ich die Beiden für ihre Entscheidung? Das letzte Fach an diesem Tag fand in einem großen Raum statt, der eher an einen Hörsaal erinnerte. An der Wand hinter dem Lehrerpult spannte sich eine riesige Leimwand und das Licht war auf schummrige Art gedämmt. Der Lehrer für den Bereich Astronomie hatte langes, schwarzes Haar, welches zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, seine Abstammung war zweifelsfrei Tsimshian. Auch hier erblickte ich viele verschiedene Altersgruppen, interessierte Blicke trafen immer noch auf uns. Edward und ich setzten uns in eine der hinteren Reihen, wodurch ein ziemlich breites Feld zwischen uns und einer ganzen Menge anderer Schüler entstand. Der Kurs schien viel Anklang zu finden. Meine Hand hatte in der Abgeschiedenheit schnell wieder zu einer anderen gefunden, jedoch durften wir unser Beisammen nur für eine kurze Zeitspanne genießen. Kajika betrat den Raum, lächelte in unsere Richtung und stellte Anspruch auf meine andere Seite. „Schön, dass du auch hier bist.“ Er klappte den kleinen Tisch, der am Sitz davor befestigt war, hinunter und legte einiges an Technologie hinauf: Ein Handy, die neuste Generation eines Datenträgers und ein kleines silbernes Gerät, welches mir vom Aussehen her nichts sagte. Ich lächelte ihn an, als er mich anschaute, sein Blick blieb aber nicht lange auf mir liegen. „Kajika Digs“, streckte er seine Hand an mir vorbei und auf Edward zu. „Vielleicht klappt es ja heute mit ein wenig Konversation.“ Es lag kein Lächeln mehr in seinem Gesicht, sein Ausdruck wirkte eher wie eine kleine Herausforderung. „Ich weiß, wer du bist“, entgegnete Edward. Mein feines Gehör nahm den missmutigen Klang in seiner Stimme natürlich wahr, aber Kajika sollte dies nicht bemerken. Er senkte seine Hand wieder, nachdem Edward keine Anstalten gemacht hatte sie zu ergreifen. „Wirklich? Hat Bella viel von mir erzählt?“ Nun grinste der Junge zu meiner Rechten breit und blickte mich wieder an. Seine Augen waren in dem fahlen Licht genauso dunkel wie meine eigenen. „Ich habe mir Sorgen gemacht“, beantwortete ich seine Frage schnell, um dem Gespräch keinen falschen Weg zu geben. „Weshalb?“ Sein Blick wirkte absolut unwissend. „Ich hab dich gesehen, gestern in der Cafeteria.“ „Ach so…“ Ich wartete, er würde doch bestimmt noch etwas Aufklärendes zu dem Thema sagen, oder nicht? Weiter vorn fing Mr. Guyapi mit dem Unterricht an. Er hatte eine sehr tiefe Stimme, mit nahezu bedrohlicher Wirkung. „Was ist da passiert?“, fragte ich nach einer knappen Minute ohne jegliche Erklärung nach. „Passiert schon mal.“ Er grinste breit und griff nach seinem Handy. „Was passiert schon mal?“ Wieder ließ ich es zu direktem Augenkontakt kommen. Das Handy drehte sich nervös zwischen seinen Fingern, sein Herzschlag hatte sich ein wenig erhöht. „Ich weiß es nicht.“ Das Handy glitt wieder auf den kleinen Tisch, Kajikas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch für meine Ohren glasklar zu vernehmen. „Es ist kein normales Symptom von Autismus, habe ich Recht?“ Die Nachforschungen, denen Edward und Carlisle gestern nachgegangen waren, bestätigten mir dies. Es musste entweder eine ganz andere, neue Form von Autismus sein oder ein zweiter Krankheitsverlauf hatte ebenfalls von ihm Besitz ergriffen. „Ja.“ Kurz ließ ich mich von dem noch dunkler werdenden Raum ablenken, auf der Leimwand erstrahle ein wunderschönes Bild der Milchstraße. Ähnliche hatte ich schon in dutzenden von Dokumentationen gesehen, welche ich mir mit meiner Tochter angeschaut hatte. „Und was ist es dann?“ Wieder blieb es einige Zeit ruhig, bis er antwortete. „Ich weiß es nicht… niemand weiß es.“ Ich wollte schon nachhaken, jedoch fuhr er selbstständig fort. „Als ich klein war, deutete alles auf Autismus hin; Schüchternheit, gelegentliche Informationsverarbeitungsstörungen… meine riesige Ansammlung an Spielzeugautos musste penible genau nach Farben und Fabrikate geordnet sein, und ich reagierte auf die kleinsten Veränderungen in meinen Umfeld mit ziemlicher Aggressivität. Alles war soweit perfekt, man hatte schnell die anscheinend richtige Diagnose gestellt und fing mit den üblichen Therapien an.“ Er stockte. Das Milchstraßenbild war gewichen und machte einem Asteroidengürtel platz. Die bedrohliche Stimme des Lehrers drang durch die Dunkelheit. „Ab meinem siebten Lebensjahr kamen andere Symptome hinzu, Kleinigkeiten, nichts wirklich Besorgniserregendes, aber sie passten einfach nicht ins Bild. Trotzdem hielten die Ärzte an ihrer Diagnose fest. Mein Vater redet nicht besonders gerne über diese Zeit und ich kann mich nicht mehr wirklich daran erinnern. Ich denke, sie war besonders schwer für ihn, weil meine Mutter uns kurz zuvor verlassen hatte-“ „Das tut mir leid“, unterbrach ich ihn. Ich konnte nicht anders, als meine Hand auf seinen Arm nieder zulegen und ihm mit leichtem Druck mein Mitgefühl zu signalisieren. „Das muss es nicht, ich kann mich eigentlich gar nicht an sie erinnern. Keine Ahnung, ob das ein Nebeneffekt der Krankheit ist…“ Leicht ließ ich meine Hand wieder zurück weichen. Eine andere Berührung legte sich derweil auf meinen eigenen Körper, Edward wusste genau, dass mich dieses Wissen traurig stimmte. Wie schrecklich musste es sein, sich nicht einmal an die eigene Mutter erinnern zu können? „… auf jeden Fall, ließen die ersten Symptome mit dem Alter immer mehr nach und andere traten an ihre Stelle, Symptome, welche nicht dauerhaft sind, nur unter bestimmten Umständen auftreten und nicht wirklich zu einer klaren Diagnose führen. Das einzige, was die Ärzte mittlerweile mit Sicherheit sagen können, ist, dass mit meinem Gehirn irgendetwas so gar nicht stimmt und ich eigentlich ziemlich froh darüber sein muss, dass alles noch so gut funktioniert. Und wenn jemand fragt, tja, es ist es nun einmal einfacher zu behaupten, dass ich Autismus habe, als zu sagen, dass ich unter einem unerklärlichen Hirndefekt leide.“ Er lächelte mich wieder an und zu meiner Verwunderung lag nichts Gespieltes darin. Ich wollte nachfragen, wie genau sich seine Symptome nun äußerten, ob das, was ich gesehen hatte, schon heftig war oder nur das kleinste aller Übel, doch bedrohlich schoss die tiefe Stimme auf uns zu. „Was gibt es denn so besonderes Kajika?“ Mit der Frage wurde der Raum wieder in grelleres Licht getaucht. Edwards anhaltende Berührung schwand und natürlich drehten sich alle Köpfe zu uns um. Zu meiner Überraschung konnte ich Alyssa unter ihnen ausmachen; also doch noch ein weiterer Kurs, den wir teilten. „Nichts, was sie wirklich interessiert, Mr. Guyapi. Ich meinte nur gerade zu Bella, dass sie eine wunderschöne Stimme ihr Eigen nennt und es eine Verschwendung wäre, wenn sie nicht der Theater-AG beitreten würde.“ Kajikas Blick blieb am Lehrer heften, der sich nach vorn über das Pult beugte und mit dem Finger über seine Unterlagen fuhr. „Isabella Maria Cullen?“ Der Kopf des Lehrers hob sich wieder in unsere Richtung. „Ja!“ Ich stand auf. „Diese dumme Geschichte mit der Schere?“ „Ja, das war ich.“ Gab es denn überhaupt jemanden, der nicht davon gehört hatte? Ich fragte mich kurz, wie lange ich wohl nun das “Mädchen mit der Schere“ sein würde. „Du und deine Geschwister seid neu in unserer Stadt, nicht wahr?“ Mr. Guyapi setzte sich bequem auf die Ecke seines Tisches. „Ja!“ „Möchtest du uns dann nicht ein wenig was über euch erzählen?“ „Nein!“, kam es genauso schnell über meine Lippen, wie die vorherigen Antworten. Ein kleines Gemurmel durchdrang die Luft. „Du bist also nicht sehr gesprächig?“ „Kommt auf das Thema an.“ Ich musste mich zusammen reißen, nicht an meinen Fingern oder Lippen zu spielen. Mr. Guyapi beobachtete mich einige Momente weiterhin neugierig. „Tut mir leid, Kajika, aber unter diesen Umständen wäre sie nicht gerade Theater-AG tauglich.“ Auf dem dunklen Gesicht erschien ein freundliches Lächeln. „Ja, das dachte ich mir auch schon“, stimmte Kajika in das Lächeln mit ein. Irgendwie fühlte ich mich gerade auf den Arm genommen. „Aber… eine wirklich wunderschöne Stimme, Bella.“ Der Lehrer zwinkerte mir zu und erhob sich wieder von dem Tisch. „Und bei der nächsten Stunde wäre es schön, wenn ihr euch nicht ganz so weit von der Gruppe absetzen würdet, dann müsste ich nicht so schreien und würde vielleicht auch etwas öfter in ihren Genuss kommen.“ Ich nickte nur leicht, ehe ich mich wieder hinsetzte. „Was sollte das denn?“, zischte ich leise zu Kajika gewand. „Was denn? Ich habe nur die Wahrheit gesagt, du hast eine ganz einzigartige Stimme.“ Sein Gesicht spiegelte auf einmal mehr Ernsthaftigkeit als für diese Situation von Nöten war. „Ich habe ein sehr feines Gehör was Töne angeht.“ Er beugte sich ein wenig näher zu mir, hätte ich mehr Raum zur Verfügung gehabt, hätte ich ihn wohl zum Ausweichen genutzt. „Als ich deinen Bruder das erste Mal sprechen hörte, war ich hin und weg… kein Scherz.“ Er ging zurück in seine aufrechte Pose und lächelte mich nun wieder an. Für einen kurzen Augenblick wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, dann lächelte ich ebenfalls. „Man nennt es Inselbegabung oder auch Savant-Syndrom, tritt vorzugsweise bei Autisten auf. Ich fühle mich zu Tönen auf eine ganz besondere Art hingezogen, vielleicht mag ich dich deswegen so gerne.“ Er grinste breit und lehnte sich geschmeidig im Sitz zurück. Ich drehte den Blick in die andere Richtung und schaute Edward hilfesuchend an. Doch was erwartete ich denn, das er nun tun sollte? „Ach übrigens“, kam es erneut von rechts. „Hast du heute Zeit?“ ~ † ~ Den Mittwoch verbrachten wir im Schutz des Hauses, unser zweiter Sonnentag in der neuen Heimat. Mir kam er ganz gelegen, von mir aus konnte jeder Mittwoch ein Tag mit strahlendem Sonnenschein sein, denn auf die zwei Stunden bei Mr. Higgins und den Sportunterricht konnte ich gut und gerne verzichten. Ich nutze die zusätzliche Zeit, um Mails zu beantworten und noch einmal mit Charlie zu sprechen, doch ganz weit vorne stand ein anderer Punkt: Die erste Jagd! Natürlich schaute man sich nach guten Plätzen in ca. 500 Kilometern Entfernung um. Gebirgszüge, Tierbestand, alles musste recherchiert werden, auf frühere Erfahrungen konnte man sich kaum noch verlassen, vieles hatte sich zu sehr verändert. Nachdem der Ort, denn man als erstes erkunden wollte, endlich festgelegt war, galt es zu klären, wer überhaupt mit auf die Jagd gehen würde. Für Renesmee war es einfach zu gefährlich und auch eigentlich nicht notwendig, da sie und auch Jacob nicht auf die Jagd angewiesen waren, um zu überleben. Unter energischen Protest der kleinen Lady wurde also beschlossen, dass sie erst auf die Jagd gehen dürfte, wenn ein Ort als einigermaßen sicher galt. Doch wer sollte gehen und wer bei Jacob und Renesmee bleiben? Bei dieser Frage reagierte natürlich Jacob verärgert, da wir ihm seiner Meinung nicht zutrauten, auf Renesmee aufzupassen. Ehrlich gesagt, fühlte auch ich mich nicht wohl dabei, die Beiden eine ganze Nacht über alleine zu lassen; der Ort war immer noch fremd, Gefahren waren nicht ausgeschlossen… Also entschied ich kurzerhand zu bleiben; ich konnte mir als kleine Notlösung ein Wild aus der Umgebung jagen, eines würde wohl kaum auffallen. Natürlich wollte nun auch Edward nicht mehr mit auf die Jagd gehen, jedoch schaffte ich es nach kurzer Diskussion, ihn davon zu überzeugen, dass es Schwachsinn wäre, ebenfalls zu bleiben. Ein Anruf von Kajika war das einzig Unvorhersehbare an diesem Tag, zumindest bis zirka eine halbe Stunde zuvor, als Alice mir mitteilte, dass er bald anrufen würde. Er wollte wissen, was passiert war, dass ich und alle meine Geschwister heute nicht in der Schule waren. Ich tischte ihm die Lüge auf, dass eine Vertreterin vom Jugendamt zu Besuch sei, um zu schauen, ob es uns gut ginge. Ich hörte ihn erleichtert aufatmen. Es folgte ein wenig Smalltalk und wieder einmal die Frage nach meiner Zeitplanung. Und erneut redete ich mich mit einer Lüge heraus. Ich war mir natürlich bewusst darüber, dass ich ihm bald reinen Wein einschenken musste, ihm einfach sagen, dass ich kein Interesse hätte, mit ihm etwas zu unternehmen. Doch… musste ich das denn wirklich? Was wäre denn so schlimm daran, wenn ich, am besten in Alices Begleitung, mal mit ihm Shoppen gehen würde oder mit ihm und Edward ins Kino ginge? Doch fürs erste beließ ich es bei der Lüge. ~ † ~ Der Donnerstag begann mit mehr Schmerzen als die Tage zuvor. Das reißende Gefühl in der Kehle nahm unausweichlich zu, die halbe Nacht hatte ich damit verbracht, mich immer wieder vom Rand des Waldes ablenken zu lassen und mir vorzustellen, in welches Tier ich bald meine Zähne schlagen würde. Ich wollte nicht schwächeln und ich versuchte alles, um es zu verbergen. Jasper ging ich so gut es ging aus dem Weg. Würde Edward es erfahren, würde er sofort von mir verlangen, nicht länger zu warten, mich dazu bringen, vor allen anderen etwas zu essen… doch ich wollte genauso lange durchhalten, wie sie es taten. In Politik traf ich wieder auf Alyssa. Eigentlich wollte ich so gerne wieder mal mit ihr reden, ich war immer noch fasziniert von ihrer Art, doch der Durst ließ mich wirr denken und ich versuchte, so wenig zu sprechen wie nur möglich, damit ich ohne viel eingeatmete Luft den Tag überstand. Beim Mittagessen fragte ich mich, ob ich die nächste Stunde durchstehen, oder besser gesagt, ob Kate sie überleben würde. Sollte sie mich wieder die ganze Stunde mit dem Cheerleading bequatschen, konnte ich für nichts garantieren. Ich war so mit mir selber und meinem Hunger beschäftigt, dass ich Kajikas Zustand erst bemerkte, als die Mittagspause zu ende war und die Schüler sich auf den Weg zu ihren Klassen machten. Ich stand schon an der Tür, als ich mich zu Edward wand. „Ich bleibe bei ihm, ich kann ihn doch nicht einfach so alleine lassen.“ „Ich leiste dir Gesellschaft“, war Edwards Antwort darauf, seine Finger streiften liebevoll meinen Arm. „Nein, du gehst zum Unterricht, damit Ms. Brollend weiß, wo Kajika und ich sind.“ „Bist du sicher?“ „Klar, was soll schon passieren?“ Ich lächelte ihn an und schaute mich in dem großen Saal um, außer Kajika der reglos auf der Tischplatte lag und einigen Kuchenangestellten im hinteren Teil der Cafeteria war niemand zu sehen. „Ich liebe dich.“ Ich legte meine Arme um seinen Nacken und zog ihn zu mir hinunter, sanft berührte ich seine Lippen. Den Kuss gerade vertieft, ertönten Stimmen im Flur, schnell ließen wir wieder voneinander ab. Edward und ich grinsten fast gleichzeitig, auf eine masochistische Art war dieses Versteckspiel schon belustigend. Er berührte mich noch einmal zärtlich und verließ dann die Cafeteria. Ich setzte mich neben Kajika und wartete. Was sollte ich auch sonst tun? Mein feines Gehör versuchte zu erkennen, ob irgendwelche Töne über seine Lippen kamen, aber da war nichts. Seine Finger versuchte ich so gut es ging zu ignorieren. Sein Atem und Herzschlag gingen schnell, waren aber nicht bedenklich. Also wartete ich einfach nur… Es dauerte zehn Minuten. Er schlug einfach die Augen auf und alles schien so zu sein, als wäre nichts geschehen. Er registrierte mich ziemlich schnell. „Du hast auf mich gewartet?“ Auch das bekannte, sorglose Lächeln war sofort wieder an seinem üblichen Ort. „Ja.“ „Danke.“ „Hab ich doch gerne gemacht.“ Ich lächelte zurück und wollte mich gerade erheben, als ich eine Bewegung von ihm wahrnahm. Natürlich hätte ich ihr ausweichen können, aber das wäre einfach zu gefährlich gewesen, also ließ ich es zu, dass er nach meinen Arm griff und mich wieder hinunter zog. „Warum belügst du mich?“ „Was?“ Ich war so verblüfft von seiner Frage, dass ich nicht mal gespielt darauf antworten konnte. „Wie gesagt, ich habe ein sehr feines Gehör und darüber hinaus scheinst du keine besonders begabte Lügnerin zu sein.“ „Ich…“ Ich versuchte mich, ohne verräterische Kraft aus seinem Griff zu winden und aufzustehen. Doch anstatt mich freizugeben, stand er einfach mit mir auf. Ich log ihn mit so vielen Dingen an, selbst wenn ich antworten wollte, wusste ich nicht einmal mit welcher Lüge ich dies tun sollte. „Sag mir einfach nur warum.“ Sein warmer Atem traf mich unerwartet hart und das Brennen im Hals wurde augenblicklich auf einen neuen Höchststand getrieben. Ich versuchte, in meinem Kopf eine logische Antwort für ihn zu finden, damit er von mir ablassen würde und ich entkommen könnte, doch in meinem Kopf übertönte der Klang seines Herzens plötzlich jeglichen Gedanken. Ich konnte es riechen, sein Blut. Plötzlich war es viel anziehender als die Tage zuvor, roch wie der schönste Duft, den ich je vernommen hatte… und als wäre dies etwas Gutes, stellte ich mich plötzlich gegen mich selbst; anstatt mich von ihm abzuwenden, steuerte ich auf ihn zu. Innerlich schrie ich mich an, den falschen Weg zu gehen, doch es fühlte sich einfach nur richtig an, als sich meine Hände um seine Oberarme drückten und ich seine Wärme unter den Fingern spürte. Nicht mehr ich steuerte meinen Körper, irgendetwas anderes tat es. Er war Nahrung, nicht wahr? Und ich das Raubtier! Sah er das in mir, das Raubtier? Jetzt, wo ich nur noch Zentimeter entfernt war und er verwirrt in meine dunklen Augen blickte? Doch es war egal, was er sah… gleich würde es keine Rolle mehr spielen, nicht für ihn und auch nicht mehr für mich. „NEIN!“ Unerwartet stieß ich ihn von mir. Ich schaute mich um, als hätte es jemand anderes getan, doch nur ich war im Raum, nur ich hätte ihn meterweit durch diesen schleudern können. Mein Blick fiel auf den bewusstlosen Körper am Boden und eine innere Stimme fragte mich: „Was hast du getan?“ Kapitel 11 - Eine mysteriöse Krankheit - Ende Ein wenig Freiheit… … habe ich mir genommen, als ich dem Stundenplan eine fünfte, am Mittwoch sogar noch eine sechste Stunde drangehängt habe. Normalerweise sind die Schulstunden in Kanada nämlich 75 bis 90 Minuten lang [kommt auf die Region an] und der Tag hat nur vier feste Schulstunden. Ich hoffe, man kann mir, trotz Detailtreue mein kleines Vergehen verzeihen, aber fünf Stunden waren mir in vielerlei Hinsicht einfach praktischer als vier. Zwischen den einzelnen Stunden gibt es in den Schulen kleine Pausen, um sich kurz zu erholen, andere Bücher aus seinem Spind zu besorgen oder um einen anderen Klassenraum aufzusuchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)