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Yoru no Jardin

von

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Rêve

Vor ihm erstreckte sich ein Langer gepflasterter Pfad, dieser wund sich durch einen wunderschönen Garten, überall sah er Blumen der verschiedensten Arten.

Ein sanfter Wind strich durch seine Haare und brachte die Pflanzen dazu geheimnisvoll zu flüstern, eine Sprache die er kannte, aber an die er sich nur unklar erinnerte.

Nicht weit von ihm erblickte er einen Brunnen, dort saß eine Gestalt.

Ein weißes, langes Gewand. Ein Priester? Nein, diese Gestalt war zu jung, zu zerbrechlich.

Er rannte auf sie zu, immer näher und näher, doch gerade als er sie erreichte schoß etwas auf ihn zu, ein Schmerz durchfuhr seine Brust...
 

Mit einem Schrei fuhr Yuri aus seinem Traum hoch, er starrte an die kalten, weißen Wände seines Zimmers. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen, sein Mund war trocken und seine Hände zitterten.

"Ich brauch frische Luft!" sagte er leise zu sich selbst als er aus dem Bett aufsprang und über den kalten Boden die Wohnung durchquerte.

Er war zum ersten Mal ganz alleine hier, seine Eltern hatten vor kurzem Nachricht erhalten dass sie zu einem Auftrag ins Ausland müssten und sie waren der Meinung er sei alt genug sich selbst zu versorgen.

Langsam schob er die Balkontür zur Seite und atmete die kalte Nachtluft ein. Der Geruch der Stadt war hier oben im elften Stock nicht so stark, die Luft brannte ein wenig wenn er sie mit Tiefen Zügen einsog.

Er stützte sich auf das Geländer und sah in den Himmel, fast keine Wolke war zu sehen und doch gab es keinen einzigen Stern am Himmel, es war fast als würde er in die Dunkelheit blicken in der Hoffnung eine Antwort zu erhalten warum ihm dieser verdammte Traum nicht aus dem Kopf ging.

Er strich sich langsam über die Brust, er wollte fühlen ob nicht wirklich etwas nicht in Ordnung war. Der Schmerz war so real gewesen, fast als wäre er wirklich passiert.

Doch da war nichts, es war alles in Ordnung mit ihm, es war nur ein Traum gewesen und er machte sich sicherlich nur sinnlos verrückt.

Plötzlich vernahm er ein Klirren vom benachbarten Balkon, er zuckte zusammen fast so als erwartete er dass der Schmerz wieder zurück kam.

Er wartete mehrere Minuten darauf dass etwas passierte, doch es blieb still. Ein Einbrecher konnte es schlecht sein, nicht hier im elften Stock und wenn, was würde der schon auf einem Balkon wollen.

Er gab es auf, es würde nichts bringen noch weiter zu warten und die Wohnung gegenüber stand so oder so seit Monaten leer, er brauchte Schlaf, auch auf die Gefahr hin wieder solche Träume zu haben.

Der Traum, bestimmt war der auch daran Schuld dass er solche Geräusche hörte.

Mit einem verächtlichen Lachen betrat er wieder die Wohnung und schloß die Tür hinter sich.

In der Küche lag Hiuchi zusammengerollt unter dem Tisch, er schlief sanft und ruhig, Yuri war beruhigt, denn sonst wenn auch nur das leiseste Geräusch entstand war sein Hund sofort wach und bellte wie verrückt.

Er ging vorsichtig in die Küche um Hiuchi nicht zu wecken, auf dem Tisch lag noch der Kellerschlüssel den ihm seine Eltern da gelassen hatten und ein wenig Geld damit er sich versorgen könnte, den Rest wollten sie ihm überweisen.

Daneben lag ein Stapel Werbung und ein Flyer von Refuge.

Neben einer Werbung für die neue Single "larme" und dem Hinweis auf das bald stattfindende Konzert in Shibuya sah man ein großes Portraitfoto des Lead-sängers Nayami, er lächelte auf eine mysteriöse Art und Weise, die Yuri sofort wieder gefangen nahm.

Yuri vergötterte die Musik von Refuge, sie war für ihn so etwas wie eine Flucht aus seinem Alltag.

Hiuchi schien sie nicht sonderlich zu gefallen, er flüchtete immer aus dem Raum falls eines der Lieder lief.

Das nächste Konzert war schon ziemlich bald, es dürfte unmöglich sein jetzt noch an Karten ranzukommen.

Bei einem Blick auf die Uhr stellte er fest dass es erst 2 Uhr war, lange hatte er nicht geschlafen und es wurde Zeit dass er wieder ins Bett kam.

Er nahm einen kurzen Schluck Milch direkt aus dem Kühlschrank, stellte die Packung hastig zurück und passte auf dem Rückweg nicht genug auf, so dass er Hiuchi direkt auf den Schwanz trat.

Mit einem lauten Winseln zuckte dieser zusammen und verzog sich noch weiter unter den Tisch.

"Gomen, Hi-chan!" flüsterte Yuri ihm zu während er aus der Küche verschwand, auf einmal war er wieder schrecklich müde, die Gedanken an Refuge hatten fast alle seine Sorgen um den Traum vertrieben, selbst den Inhalt des Traumes hatte er fast vollständig vergessen.

Mit einem Gedanken daran ob es nicht doch möglich war noch Karten aufzutreiben entglitt er in einem tiefen, traumlosen Schlaf.

Les amis

Auf dem Weg zur Schule bemerkte Yuri zum ersten Mal wie karg und grau seine Gegend war, er erinnerte sich schwach von einem Garten geträumt zu haben in dem nur Blumen blühten, seine Umgebung war der genaue Gegensatz.

Doch die Musik die er hörte vertrieb seine Gedanken recht schnell.

Voyage von Refuge dröhnte aus seinem Kopfhörern. So laut dass er keine Geräusche aus seiner Umgebung wahrnahm, es war so als wären die Drums die Schritte der Menschen, die Gitarre der Wind und die Stimme von Nayami über allem als eine allgegenwärtige Beruhigung.

Er war so in die Musik vertieft, dass er gar nicht bemerkte wie sich langsam jemand von hinten auf ihn zu bewegte. Yuri betrat ahnungslos den Schulhof und blickte zum Himmel hoch, der wie in der Nacht wolkenlos war, ein einziges Meer aus Blau.

Vollkommen in Gedanken versunken vergaß er vollkommen seine Umgebung, was sein Verfolger gnadenlos ausnutzte.

Er riß Yuri die Kopfhörer herunter und schrie ihm ins Ohr, "MORGEN YU-CHAN!!!!"

Yuri schreckte zusammen und wirbelte mit einem Schrei herum.

"ICH HASSE DICH KESHI, DU VERDAMMTER ARSCH!!"

Sein Freund Keshi grinste ihn zufrieden an als hätte er gerade ein Eis in die Hand gedrückt bekommen. Er tat das häufiger, Yuri zu ärgern wenn dieser es am wenigsten erwartete, aber beide wussten dass es nur Spaß war, auch wenn Yuri ihm manchmal am liebsten dafür umbringen würde dass er immer dann gestört wurde wenn er seine Musik hörte.

"Hey sag mal redet man so mit seinem besten Freund?"

"Wer ist hier wessen bester Freund?!" Yuri war sauer, er war gerade so gut gelaunt gewesen, außerdem lief gerade sein Lieblingslied und dann kommt dieser Typ an.

"Naja, wie wär's mit dem Typen der noch 4 Karten für Refuge bekommen hat?" fragte Keshi unschuldig und fischte dabei 4 Papierstücke aus seiner Tasche mit denen er vor Yuris Gesicht herum wedelte.

Yuris Augen weiteten sich ungläubig während er Keshi die Karten aus der Hand riss. Er starrte auf den Aufdruck der groß den Namen Refuge zeigte.

Er konnte es kaum glauben, wie um alles in der Welt war es möglich dass Keshi noch an Karten gekommen ist?!

Mit großen, glänzenden Augen sah er Keshi an, diesen wundervollen Menschen der ihm seinen Traum erfüllt hat.

"Du bist....einfach genial!" er wollte ihm am liebsten um den Hals fallen, ließ es dann aber doch, sie waren in der Schule und er wollte nicht unbedingt schon wieder für Gerüchte sorgen.

"Kein Prob Yu-chan, du weißt doch für unsere Götter würd ich über Leichen gehen!" Keshi grinste von einem Ohr zum nächsten, er war genauso glücklich wie Yuri über die Karten.

Das Konzert war morgen Abend und sie beide konnten es gar nicht mehr erwarten, sie mussten nur noch den Anderen Bescheid sagen.

Die Anderen, das waren Ran und Kaneshon.

Ran war auch Schüler an der Suigen Gakuen und war eine Stufe höher als die beiden, er war relativ introvertiert und still, sie waren damals eigentlich nur in Kontakt gekommen weil er eine CD von Refuge im Flur verloren hatte. Keshi ist damals sofort auf ihn zugestürmt wie ein Wahnsinniger und wollte alles über ihn wissen, Yuri war zuerst nicht sicher ob er Ran mochte oder nicht, aber sobald sie über Refuge redeten wurde Ran auch gesellig.

Kaneshon war Schularzt an der Schule, da Yuri früher viel Zeit auf der Krankenstation zugebracht hat, freundete er sich schnell mit dem jungen Arzt an.

Kaneshon ist erst 22 und mehr oder weniger ein Aushilfsarzt, aber er macht seine Arbeit gut und hat Yuri oft geholfen wenn dieser mal wieder die eine oder andere Verletzung hatte.

Auch er ist heimlicher Fan von Refuge wie Yuri nach einiger Zeit erfahren hatte.

Die vier freundeten sich schnell an und ihre Leidenschaft wurde schnell ihr gemeinsames Hobby, sie wollten zudem schon immer einmal Refuge live sehen, jetzt sollte sich ihr Traum erfüllen.
 

Der Schultag verging langsam, noch langsamer als sonst, Yuri hatte auch keine Möglichkeit mehr die Krankenstation aufzusuchen, er war zwar todmüde, aber gesund, etwas wofür er seinen Körper gerade verfluchen konnte.

Spätestens in der sechsten Stunde, Mathe, hatten Yuri und Keshi das Gefühl sie müssten auf dem schnellsten Weg hier raus.

Sie beschlossen die Kurse diesen Nachmittag zu schwänzen und sich direkt zu treffen, sie mussten schließlich noch besprechen was sie morgen tragen würden.

Als endlich die befreiende Schulglocke ertönte stürmten die beiden so schnell sie konnten zur Krankenstation, im Treppenhaus stießen sie fast mit Ran zusammen dem sie schnell erklärten was Sache war. Er war furchtbar aufgeregt dass er tatsächlich Refuge sehen würde.

Zu dritt stürzten sie also ins Zimmer in dem Kanesho wie immer in Gedanken versunken an seinem Schreibtisch saß und mit seiner Brille spielte.

Er blickte langsam auf und lächelte sie verträumt an.

"Na gibt's was besonderes?" er wirkte wie immer etwas verträumt und abwesend, fast zu nett für diese Welt und das stand in krassem Gegensatz zu seinen breiten Schultern und seiner leicht gebräunten Haut, würde einer von ihnen ihm in der Dunkelheit begegnen, sie würden schreiend weglaufen.

"Du wirst es nie glauben Kaneshon-san, wir haben Karten für Refuge, für das Konzert morgen Abend"! sprudelte Ran heraus, ganz untypisch für ihn.

Kaneshon stand auf und kam auf sie zu, mit seinen 1,90 war das schon ein beeindruckender Anblick für die drei, er beugte sich etwas herunter und strich Ran durch die Haare.

"Ich hoffe doch mal ich darf euch begleiten!?"

Keshi drängte sich, unsensible wie immer, zwischen die beiden und sah Kaneshon direkt in die Augen.

"Nur wenn du uns für heute Nachmittag krank schreibst, wir müssen noch Klamotten für morgen aussuchen!" er grinste ihn frech aber überzeugt an, denn Keshi wusste dass Kaneshon ja sagen würde.

Wenige Minuten später befanden sich alle auf dem Weg zu Yuri nach Hause, da seine Eltern nicht da waren würde es keinem auffallen dass sie nicht in der Schule waren.

Die Planung für den besten Abend ihres Lebens konnte beginnen.
 

Doch an Yuris Wohnung wartete erst einmal eine Überraschung auf sie, neben der Tür der lange leer stehenden Wohnung nebenan standen Umzugskartons die sich fast bis zur Decke stapelten.

Sollte jetzt wirklich jemand hier einziehen? Wer könnte freiwillig in so einem Wohnkomplex ziehen, der sich so viele Kartons leisten konnte. Ihre Frage sollte schnell beantwortet werden, aus dem Haus kam eine junge Frau, etwa in Kaneshons Alter, sie trug ein kurzes blaues Kleid und einen langen Seidenschal, ihre Haare fielen glatt ihren Rücken herunter etwa bis zur Hüfte.

"Wow, sie ist hübsch," bemerkte Yuri mit bewundernden Augen und stuppste Kaneshon an der neben ihm stand, "findest du nicht?!"

Doch Kaneshon antwortete nicht, er starrte nur ungläubig die Frau an die gerade die Wohnung verlassen hatte und stotterte etwas vor sich hin.

"Hi....Hin...Hinata!?!" er hatte auf einmal nur noch wenig von seiner üblichen Fassung, er lief auf die Frau zu und auch sie schien ihn zu erkennen.

"Imagura-san sind sie das? Was für ein Zufall dass wir uns hier wieder treffen, was führt sie denn hierher?!" sie blickte ihn freundlich an und ließ ihren Blick auch über die anderen streifen.

"Hinata, es ist wirklich unglaublich. Sie sind umgezogen? Neuer Job? Naja ich bin mit Freunden hier, wir wollten noch einige Pläne für morgen Abend besprechen.

Ein Freund von mir, Yuri hier, wohnt direkt hier!" er zog Yuri nach vorne und zeigte dann auf die Tür zu der Wohnung in der er und seine Eltern lebten.

So kannte man Kaneshon gar nicht, aber viel Zeit zum nachdenken blieb Yuri nicht, die Neue lief auf ihn zu und beugte sich leicht zu ihm herunter, sie war wie Kaneshon auch ziemlich groß und im Vergleich zu Yuri, mit knappen 1,68 noch größer.

"Du bist also Yuri, schön dich kennenzulernen wir sind dann wohl von jetzt an Nachbarn."

Mit einem Lächeln gab sie ihm die Hand. Er spürte ein leichtes Stechen als er ihre Hand berührte, als hätte er sich an einer Rose gestochen, doch er verdrängte es.

"Naja ich muss auch mal weitermachen, besprecht ihr ruhig eure Sachen, ich muss noch einräumen!" eilig verschwand sie wieder zwischen den Kartons und ließ die drei Jungs verwirrt und Kaneshon ziemlich durcheinander zurück.

Ohne viel zu sagen schloß Yuri seine Wohnungstür auf und ließ sie alle herein.

Seine Hand fühlte sich noch etwas taub an, was könnte das gewesen sein.

Musiciens

Endlich war der lang erhoffte Abend gekommen, sie würden Refuge live, on Stage erleben, keine billige Kopie, ihre Götter würden nur für sie Musik machen.

Aufgeregt warteten sie vor der Halle in Shibuya in der das Konzert stattfand, alle hatten sie sich so auffällig wie möglich gekleidet, sie wollten sicher gehen als Fans auch erkannt zu werden.

Besonders Yuri war ausgelassen wie lange nicht mehr, er hörte schon gar nicht mehr wie sich Keshi mit einem anderen Fan darum stritt, wer nun die Original Kette um den Hals hatte die Nayami im Video zu Saidán getragen hatte.

Er hörte auch nichts mehr von Ran der sich immer wieder bei Kaneshon dafür entschuldigte dass dieser ihn abholen musste weil er die U-bahn verpasst hatte.

Er konzentrierte sich nur noch auf eine Sache, die Musik, jetzt wo er sie bald live hören würde war er so ruhig wie noch nie, eine innere Freude machte sich in ihm breit wie er sie lange nicht mehr gespürt hatte.

Dann war es soweit, die Securities ließen die Fans in die Halle, sofort suchten die vier ihre Plätze und waren nicht wenig überrascht als sie sahen wo sie standen.

Direkt vor ihnen befand sich die Bühne, wäre da nicht das rote Sperrband könnten sie fast die Deko berühren, sie fühlten sich als würde gleich ihr Herz stehen bleiben.

Nach etwa 20 Minuten weiteren Wartens merkten sie wie das Licht langsam ausging.

Ran krallte sich fest in Kaneshons Arm, fast als hätte er Angst ohnmächtig zu werden, Keshi kaute auf dem Kreuz an seiner Kette herum als wäre darin eine Art Beruhigungsmittel und Kaneshon stand nur mit offenem Mund da und wartete.

Yuri hingegen war schon längst nicht mehr ansprechbar, seine Augen waren nur noch auf den Punkt konzentriert an dem sich langsam die Spots sammelten. Ein sanfter rötlicher Rauch stieg auf der Bühne herauf und fiel auf die Zuschauer herunter.

Dann mit einem wahren Blitz aus Musik erschienen sie auf der Bühne, wie Engel oder Teufel als was immer man sie sah standen sie da.

Nayami der Sänger trat langsam nach vorne, er war in einen langen schwarzen Samtmantel gehüllt der mit silbernen Borten bestickt war, darunter ein weißes Seidenhemd, dazu eine schwarze Seidenhose.

Seine mittellangen Haare fielen ihm in sein Gesicht, ihre silberblonde, fast weiße Farbe, überirdisch wie die eines Gottes.

"Ich bin geehrt dass sie uns beiwohnen in diesem Moment unseres Triumphes, lassen sie uns an diesem Abend die Tragik und die Schönheit der Liebe feiern. Folgen sie mir auf eine Reise in eine andere Welt, nehmen sie den Schlüssel und suchen sie nach der Blume deren Blüte sich nur für sie öffnet. Unmei no Hana!"

Mit diesen Worten riß er das Mikrophon an sich und begann das erste Lied des Abends, der Saal tobte vor Begeisterung, doch die vier Jungs in der vordersten Reihe hörten nur noch die Musik.

Besonders Yuri war von Nayamis Aura begeistert, wie konnte jemand solch schöne Musik hervorbringen? Es war als würde ein Feuer in seiner Brust anfangen zu brennen, er wusste es nicht anders zu beschreiben.

Seine Augen folgten Nayami überall auf der Bühne hinterher und dann kam der Moment, er wusste nicht ob es wirklich passierte, aber Nayami schaute ihn an, kein Blick ins Publikum, er schaute nur ihn an und lächelte auf eine geheimnisvolle Art die Yuri nicht deuten konnte.

Dann auf einmal spürte er ein Stechen in seiner Brust, hatte er dort nicht schon einmal Schmerz verspürt? Wann war das? Ein kurzer Blick zur Seite verriet ihm dass auch die anderen etwas zu Spüren schienen, sie sahen sich verwirrt an, zwar weniger wie unter Schmerzen sondern mehr verwundert, aber er wollte sie fragen...was wollte er sie fragen?

Er konnte sich nicht erinnern, versuchte es, aber die Musik riss ihn sofort wieder in ihren Bann.

Der Rest des Abends war überwältigend aber ereignislos, ein derartiger Vorfall wiederholte sich nicht, sie hatten ihn auch alle vollständig vergessen als das letzte Lied anspielte, bei dem Nayami sehnsüchtig von einer verlorenen Liebe sang die nun in einem Garten der Blumen schläft.

Refuge verbeugten sich, bedankten sich, machten Werbung für ihr neues Album und die Single, ein ganz normales Ende für ein Konzert, bis auf die Tatsache dass die vier immer noch wie angefroren in der ersten reihe standen und auf die Bühne starrten.

Keshi war der erste der etwas sagte.

"Wisst ihr was das war?! Das war....das größte Erlebnis in meinem ganzen Leben!!!!" Sagte er und sprang so hoch in die Luft dass er fast das Gleichgewicht verlor. Seine Augen glänzten vor Begeisterung als hätte er gerade eine Millionen auf der Straße gefunden.

Auch Ran war die Begeisterung anzumerken, er hing immer noch an Kaneshons Arm blickte jedoch verträumt ins Nirgendwo und murmelte einige Verse der Lieder vor sich hin. Kaneshon selbst sah eher nachdenklich aus, als würde ihn etwas bedrücken.

"Alles in Ordnung Kaneshon-san?" wisperte Ran während er seinen Kopf in den Nacken legte um Kaneshons Gesicht zu sehen.

"Ähm ja, mir ist nur etwas eingefallen was ich noch erledigen muss, außerdem hab ich über Hinata-san nachgedacht, die Begegnung mit ihr gestern war schon seltsam."

Er wirkte zwar nicht so als würde er ihnen die ganze Wahrheit sagen, aber sie wussten, wenn Kaneshon diesen Blick hatte, hatte es keinen Sinn weiter nachzufragen.

"Aber was diese Hinata angeht könntest du uns ruhig mal etwas mehr erzählen, wer ist die eigentlich?! Und jetzt wo Yu-chan neben ihr wohnt hat er erst recht ein Anrecht darauf das zu wissen!" es platzte aus Keshi heraus als wollte er das schon seit langem loswerden, er hasste es über Dinge nicht im Bilde zu sein, deshalb machte er den Vorschlag doch noch als Abschluss des gelungenen Tages noch Essen zu gehen.

Alle waren einverstanden und selbst Kaneshon schien sich nicht zu weigern etwas über diese ominöse Hinata zu erzählen.
 

Kaum vor der Halle angekommen kam es wieder zu einer dieser seltsamen Überraschungen der letzten Tage. An eine Laterne neben dem Bühnenausgang stand niemand anderes als Hinata-san und diskutierte, heftig gestikulierend, mit einem Mann der auf alle vier den Eindruck machte als müsse er einfach aus dem Musik-buisness sein, zu seinem schwarzen Nadelstreifenanzug trug er eine Sonnenbrille mit leicht rot getönten Gläsern, er trug mindestens 3 Ringe an jeder Hand, und wenn diese nicht gerade den Anzug strafften, wirbelten sie wenigstens genau so heftig in der Luft herum wie die von Hinata-san.

"Nein, nein, nein Schätzchen, es ist ganz unmöglich sie jetzt noch zu sehen. Nayami ist seeeeehr erschöpft, also Schwester wenn du ihm etwas geben möchtest dann gib es mir ich werds an ihn weiterleiten!"

Hinata-san wirkte gestern überhaupt nicht so als wäre sie Fan einer Gruppe wie Refuge, es war schon erstaunlich dass sie hier offenbar mit dem Manager eben dieser Gruppe einen Streit anzettelte.

"Sie werden schon sehen was sie davon haben wenn ich ihn nicht sehen darf, ich hab's schließlich auf die freundliche Art versucht! Aber kommen sie nacher nicht zu mir und winseln um Hilfe!"

Mit einem abfälligen Lächeln überhörte der Manager die letzten Worte von Hinata, drehte sich mit einem eleganten Schwung um und tänzelte durch den Bühneneingang zurück in die Halle.

Erst jetzt wurde sie auf die vier aufmerksam und lächelte ihnen zu.

"Was macht ihr vier denn hier? War das etwa das wichtige Ereignis zu dem ihr wolltet?"

Sie lächelte sie an als wäre gerade gar nichts vorgefallen, doch keiner traute sich zu fragen.

Die Blicke lagen alle auf Kaneshon, der einzige der gerade zwischen den Parteien vermitteln konnte, da er beide Seiten kannte.

"Entschuldigen sie Hinata, wir hatten noch vor etwas Essen zu gehen, ich hoffe sie sind nicht zu böse, aber ich denke wir werden uns noch öfter sehen und wir wollen sie nicht aufhalten."

Yuri und Keshi blickten Kaneshon verwirrt an, er war sonst gar nicht der Typ der jemanden so eine Abfuhr erteilen konnte, irgend etwas war seltsam.

Ran störte das ganze weniger und das sah man ihm auch an, er musterte Hinata mit großem Misstrauen und krallte sich erneut kräftig in Kaneshons Arm.

Mit gemischten Gefühlen verabschiedeten sie sich und Yuri vermied es ihr diesmal die Hand zu geben sondern zog es vor sich höflich zu verbeugen.

Wenig später saßen die vier in einem Café in der Nähe des nächsten Parks.

Erneut war es Keshi der die Frage stellte, die die anderen beiden quälte.

"Wer zum Teufel ist diese Hinata?!"

Assaut

"Wer zum Teufel ist diese Hinata?"

Drei Augenpaare starrten Kaneshon fragend an, wobei dass von Ran aussah als würde er jeden Moment anfangen zu weinen, würde er die falsche Antwort hören.

Kaneshon fühlte sich sichtlich unwohl und zupfte an seinen Ärmeln herum, er wusste weder wie er anfangen sollte, noch was er überhaupt sagen wollte.

"Sie ist eine alte Schulfreundin!" platzte es schließlich aus ihm heraus als wäre es die Antwort auf alle Fragen dieser Welt.

"Wir haben zusammen in derselben Gegend gewohnt und haben uns halt besser kennen gelernt...nichts besonderes...."

Die anderen schauten ihn an als wollten sie sagen "Du, das hätten wir jetzt auch gesagt!". Langsam begann er zu schwitzen, das Schweigen war ihm unangenehm und wieder war es Keshi der sich seiner erbarmte.

"Na komm schon, da lief doch mal sicher was zwischen euch, ne?!"

Ein weiße Papierserviette hatte sehr unter Rans würgenden Händen zu leiden, während Yuri eher sprachlos in die Runde sah, einerseits erstaunt über Keshis Offenheit andererseits darüber, dass ihm bei dem Gedanken an diese Frau sehr unwohl zumute war.

"Naja, sagen wir...wir waren einander nicht abgeneigt, aber..."

Ein reißendes Geräusch ließ alle zusammen fahren und in Rans Richtung herum zu wirbeln, die Serviette hing in zwei Fetzen geteilt zwischen seinen verkrampften Fingern.

Als er die Blicke bemerkte lächelte er nervös und blickte sofort darauf auf den Boden, Yuri und Keshi wussten zwar was gerade in ihm vorging, jedoch hatten sie ihm beide schon öfter geraten gegenüber Kaneshon ruhiger zu sein.

Leider hatten sie dabei nicht bedacht das die Worte Ran, Kaneshon und ruhig, in etwa so gut zusammen passten wie Refuge und der Musikantenstadl.

"Was ich sagen wollte war", Kaneshon musste entweder blind, dumm oder beides sein um einfach so weiter zu reden,"Wir waren am Ende doch nur gute Freunde da ihr Bruder unsere Beziehung nicht gern gesehen hätte."

Alle blickten mehr oder weniger verwirrt in den Raum, niemand wusste etwas zu sagen, hatte doch niemand Kaneshon jemals eine solche Vergangenheit zugetraut.

"Naja gut lasst uns einfach das Thema sein lassen und auf heute anstoßen, immerhin haben wir Refuge gesehen!" Rans Aufruf riss alle mehr oder weniger aus ihrer Träumerei heraus, er blickte mit einer so gezwungenen Fröhlichkeit in die Runde dass man Angst haben musste jeden Moment würden seine Wangen einreißen.

"Nyo, Ran nimm's locker..." Keshi wollte gerade zu einem typischen coolen Spruch ansetzen als eine Hand auf Yuris Schulter gelegt wurde.

Er drehte sich um, hinter ihm stand der Junge mit dem sich Keshi vor der Konzerthalle gestritten hatte, er lächelte Yuri freundlich an.

"Darf ich mich zu euch setzen? Ihr wart doch auch auf dem Konzert, ich bin neu in der Gegend und kenne sonst keinen und es dauert noch ne Weile bis meine U-bahn fährt."

Alle vier sahen sich fragend an, es gab eigentlich keinen Grund nein zu sagen, auch wenn es ihnen etwas seltsam vorkam.

Mehrere Stunden unterhielten sie sich angeregt über das Konzert, über Nayamis erste Songs, den plötzlichen Aufstieg von Refuge und andere Dinge.

"So ein Mist, ich hab meine Bahn verpasst...wohnt von euch zufällig jemand in der Nähe des Ishigami-Schreins?" der Junge schien mehr oder weniger die Zeit vergessen zu haben und da Yuri tatsächlich nur wenige Meter entfernt wohnte bot er ihm an mit ihm dorthin zu laufen.

Gewöhnlich hätte sich Yuri ein Taxi genommen, aber der Junge machte einen so netten Eindruck auf ihn dass er sich dazu durchrang mal ausnahmsweise sportlich zu sein.
 

Auf dem Weg war Yuri eher schweigsam, der Junge war nett, doch war er ihm bisher nie begegnet. Er war neu, aber sie wohnten so nah beieinander.

Die Dunkelheit war Yuri schon immer unangenehm gewesen, es war ihm auf jeden Fall Recht Gesellschaft zu haben.

"Du sag mal, ist dir heute beim Konzert etwas seltsames aufgefallen?" fragte der Junge auf einmal ohne großartig zu erklären was er meinte.

Yuri musste überlegen.

"Nein...wieso?"

Er fühlte sich seltsam, was wollte dieser Junge eigentlich ihm, was sollte er seltsames bemerkt haben?!

"Naja irgendwelche Leute denen Nayami besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat?!"

Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Jungen, wie kam er auf einmal auf so ein seltsames Thema, als würde Yuri auf jeden Blick von...ein kurzer Blitz zuckte durch Yuris Gedanken, vor seinem geistigen Auge sah er wieder Nayamis Blick der sich mit seinem traf und er erinnerte sich an den Schmerz den er in diesem Moment gefühlt hatte.

"Woher weißt du...?" Yuri verlangsamte seine Schritte und blickte den Fremden an.

Der Junge zuckte zusammen, sein Mund verzog sich zu einem undeutbaren Lächeln.

"Also hatte er Recht, du bist es wohl wirklich...."

Langsam ging er auf Yuri zu, fasste dessen Schultern, blickte ihm tief in die Augen.

Yuri fühlte sich unwohl, was wollte dieser Typ von ihm, das war doch nicht normal was hier ablief.

"Womit recht? Wer bin ich? Was willst du überhaupt?"

Yuri riss sich los und schaute ihn fragend an.

"Hörst du nicht wie sie schreien? Sie brauchen es....sie brauchen es...."

Er fing an wild zu kichern, es war unheimlich, Yuri wollte weg, einfach nur weg und nach Hause, doch eine andere Seite in ihm schrie danach wissen zu wollen was dieser Junge wollte.

"Wer schreit wonach?!"

"Sie schreien...nach deinem Blut!"

Wie ein Wahnsinniger rannte er auf Yuri zu, aus seiner Hosentasche zog er ein Messer welches er auf Yuri richtete.

Dieser verschränkte die Arme vor der Brust und war bereit abzuwehren, doch der Junge erreichte ihn nicht mehr.

Ein Schatten sprang aus den Baumwipfeln über ihnen und mit einem Klirren fiel das Messer zu Boden.

Das Licht einer Laterne blendete Yuri der vor Schreck zu Boden gefallen war, er sah nur verschwommen wie sein Angreifer in die Nacht davon rannte, das Gesicht seines Retters erkannte er nicht.

Eine Hand streckte sich ihm entgegen, er war dankbar für die Hilfe, wenn er auch nicht verstand was gerade geschehen war.

Er ergriff die helfende Hand und wäre beinahe wieder zu Boden gefallen aufgrund des Schmerzes in seiner Handfläche als hätte er sich gestochen.

Vor seinen Augen liefen Bilder ab in einer Geschwindigkeit jenseits seines Fassungsvermögens, er sah Szenen an die er sich weder erinnerte noch hatten sie irgendeinen Bezug zu seinem Leben.

Er sah den Garten aus seinem Traum, die Gestalt am Brunnen, er erinnerte sich an den Schmerz den er in diesem Moment gefühlt hatte. Er sah grausame Dinge, eine weinende Gestalt, eine blutige Hand, ein zufrieden lächelndes Gesicht, halb im Schatten.

Langsam gewöhnten sich seine Augen an das grelle Licht der Laterne, doch er wusste schon jetzt, dass er nicht sehen wollte wem er gegenüberstand, er wollte nicht hören und nicht wissen.

"Endlich habe ich dich gefunden Dáiya!" sagte Hinata als sie ihm auf die Füße half.

Fleurs

Winselnd verzog sich Hiuchi unter dem Tisch als die Tasse klirrend zu Boden fiel und sich die Reste des Tees wie ein Blutfleck um die Scherben ausbreiteten.

Zusammengekauert beobachtete er wie die Scherben von den Händen einer ziternden Frau aufgehoben wurden. Sie wirkte aufgelöst, verzweifelt, viele der Scherben glitten ihr aus der Hand gerade als sie sie berührte.

Ihr Gesicht liefen Tränen hinab, doch ihre Augen wirkten tot und leer.

Ein Mann legte seine Hände auf die Schultern der Frau, er zitterte und kämpfte mit seiner eigenen Verzweiflung.

Im Türrahmen der Küche erschien eine kleine Gestalt, helle Haare mit einem leichten Schimmer von violett, in den Augen ein Ausdruck von Unverständnis.

"Papa, was ist mit Mama? Hat sie sich weh getan?"

Die Hände des Mannes verkrampften sich, die Verzweiflung in seinen Augen wich Wut, er rang nach Fassung und nach Worten.

Der kleine Junge kam näher, zupfte am Hemd des Mannes

"Papa? Was ist mit euch?"

Der Kleine blickte die beiden fassungslos an, als spürte er dass etwas nicht stimmte.

"Fass mich nicht an!" zischte der Mann ihn leise an.

"Aber Papa, ich will doch nur wissen wo..."

Plötzlich fuhr die Frau herum und gab dem Kleinen einer Ohrfeige durch die er das Gleichgewicht verlor.

"Hast du nicht verstanden? Du sollst uns allein lassen! Geh....GEH...DU BIST NICHT MEIN KIND!!!"

Wie eine Furie stand sie über ihm, die Haare wüst wie ein Feuer auf ihrem Kopf.

Er kroch langsam auf sie zu doch die beiden Erwachsenen wichen zurück, in ihren Gesichtern nur Abscheu.
 

Mit einem halb verschluckten Schreckenslaut schlug Yuri die Augen auf, eine Träne lief aus seinem Augenwinkel herab.

Er legte seinen Kopf leicht zur Seite, dachte noch immer an seinen Traum und stellte fest, dass dies nicht seine Wohnung war.

Ein leichter Geruch von Blumen lag im Raum, das Zimmer war ziemlich karg eingerichtet, außer dem Bett stand nur eine Spiegelkommode darin, vor der Balkontür wehten weiße Vorhänge, die Tür stand offen.

"Wie ich sehe bist du aufgewacht. Ich wollte dich nicht einfach liegen lassen nachdem du auf der Straße ohnmächtig geworden bist, also hab ich gedacht nehm ich dich erstmal mit zu mir."

Erst jetzt bemerkte er Hinata die in einem Korbstuhl am Fuße seines Bettes saß und ihn beobachtete.

Ihm schwirrten viele Fragen in seinem Kopf, vieles was er wissen wollte, was genau gestern passiert war, was sie vor der Konzerthalle gesucht hat, er pickte sich die für ihn wichtigste Frage heraus.

"Wer sind Sie und was wollen sie von mir?"

Sie lächelte ihn sanft an und hob ein Tablett von einem Tisch der neben ihr stand auf.

"Alles mit der Ruhe, möchtest du zuerst nicht etwas Tee? Dein Kopf tut sicher weh, nachdem du dich langsam erinnerst."

Er sah sie verwirrt an, wusste sie von seinem Traum? Oder war sie einfach nur eine Verrückte, genau wie der Junge der ihn angefallen hatte?

Er wollte Antworten auf seine Fragen, außerdem kam ihm wieder in den Sinn dass sie ihn mit einem seltsamen Namen angeredet hatte den er nicht kannte.

Noch immer schwirrten Teile seines Traumes durch seinen Kopf, es war als würd er eine Wand in seinem Kopf einreißen, langwierig und schmerzhaft.

Diese Menschen, das waren seine Eltern, der Kleine Junge, das war er.

Er erinnerte sich daran dass seine Eltern eines Tages aufgehört hatten sich um ihn zu kümmern, immer öfter mussten sie auf Geschäftsreisen, ließen ihm Geld da damit er sich versorgen konnte.

"Hast du dich nie gefragt warum sie dich auf einmal allein gelassen haben?!"

Hinata stand wieder im Raum, doch woher wusste sie woran er gerade dachte?

Sie stand einfach da und hielt ihm lächelnd eine Tasse Tee hin.

"Weißt du, viele Menschen verdrängen Dinge die sie verletzt haben. Doch es ist an der Zeit dass du dich erinnerst, du musst..."

Mit einem Ruck schlug ihr Yuri die Teetasse aus der Hand, in seinen Augen standen Tränen, sein Mund zitterte.

"Woran soll ich mich erinnern? Was sind diese Bilder? Warum sollten meine Eltern jemals so etwas getan haben, ich habe nie etwas getan....."

Sein Atem stockte, vor seinen Augen verschwamm das Zimmer in mehreren Sekunden blitzten Bilder vor ihm auf, die er lange in der hintersten Ecke seines Herzens begraben hatte.

Er sah sich selbst, als Kind, mit einem Messer in seinem Zimmer stehen, vor ihm ein anderer Junge, mit Tränen in den Augen, auf seinem Bauch breitete sich ein roter Fleck aus. Keuchend fiel der Junge rückwärts gegen einen Schrank.

Yuri stand über ihm, das Messer noch immer in der Hand.

Als sich sein Blick wieder aufhellte saß er keuchend auf dem Bett in Hinatas Wohnung, seine Augen weit aufgerissen, verzweifelt nach Luft schnappend.

Hinata legte ihren Arm um Yuri, sie versuchte ihn zu beruhigen.

Er konnte nicht einordnen was er da sah, zu lange hatte er das alles verdrängt, wollte nicht wahrhaben dass es einen Grund dafür gab dass seine Eltern ihn hassten.

"Nii-san....Nii-san...ich wollte das nicht..." er schluchzte verzweifelt über jedes weitere Stück seiner Erinnerung die zurückkehrte.

Immer mehr Bilder tauchten vor seinen Augen auf.

Auch das Bild der Polizei die in seinem Zimmer Spuren sicherte, eine junge Frau die sich über ihn beugte, sie lächelte ihn freundlich an, wollte wissen was passiert sei, hinter ihr eine Trage mit einem weißen Tuch darüber.

Etwas störte ihn an dieser Frau, doch er war zu aufgewühlt weiter darüber nachzudenken, das alles war zuviel.

Erst der Junge der ihn angegriffen hatte, Hinata-san die ihn aus heiterem Himmel gerettet hatte, die Erinnerung an all das.

"Auch das was damals passiert ist war sein Werk!"

Er schreckte hoch als er Hinatas zitternde Stimme neben seinem Ohr bemerkte.

Er sah zu ihr auf, sein Blick halb verschleiert von Tränen.

Ihr Blick glitt an ihm vorbei, sie konzentrierte sich darauf nicht mit ihren Gefühlen heraus zu brechen.

Zitternd erhob sie sich und ging auf den Balkon, wenige Sekunden später kehrte sie mit einem Blumentopf zurück.

"Hier, ich glaube ich habe dich für heute genug beansprucht. Nimm das es wird dir den Weg zeigen sobald du bereit bist."

In dem Blumentopf wuchs eine junge Lilie, die Blüte war noch geschlossen.

Noch immer wusste er nicht was um ihn vorging, aber diese Frau schien mehr über sein Leben zu wissen als jeder andere, vielleicht mehr als er selbst.

Lange Zeit hatte er den Tag verdrängt an dem sein Bruder starb, er konnte sich noch immer nicht genau erinnern was geschehen war, aber seine Eltern hatten ihm nie verziehen.
 

Er verließ Hinatas Wohnung schweigend und verwirrt, den Blumentopf umklammerte er mit beiden Händen als wäre es der einzige Halt den er noch besaß.

In seiner eigenen Wohnung angekommen stellte er ihn auf den Küchentisch, Hiuchi streichte um seine Beine wie er es lange nicht mehr getan hatte.

Yuri beugte sich herunter und streichelte das einzige Familienmitglied dass ihn noch zu lieben schien, Tränen rannen seine Wangen herab.

Er lehnte seinen Kopf gegen Hiuchis weiches Fell, gerade als er glaubte er könne wieder anfangen zu vergessen blitzte ein Bild vor seinem Kopf auf.

Er sah seinen Bruder, vor dem Fenster ihres Zimmers, der Mond schien grell gegen seinen Rücken und verlieh ihm einen unheimlichen Glanz, dann erinnerte er sich an die Worte seines Bruders.

"Nii-chan, die Qual....die Qual....sie wird erst aufhören wenn du nicht mehr da bist...du musst das verstehen....Nii-chan."

In den Händen seines Bruders glänzte ein Messer.

Yuri schreckte hoch, hielt sich am Tisch fest, Hiuchi blickte ihn verständnislos an.

Er wollte gerade wieder zu Hinata rennen um sie weiter auszufragen als er einen Blick auf die Lilie warf.

Die Blüte hatte sich geöffnet, von ihr ging ein seltsamer Glanz aus den er nicht erklären konnte. Langsam beugte er sich über sie, in ihr lag eine kleine Nachricht die von einem Ring zusammengehalten wurde.

Er legte den Ring bei Seite und besah sich die Nachricht, darauf standen nur ein Satz.

"Geliebte Lilie, du musst den Garten beschützen."
 

Er wusste nicht was es bedeutet, doch er hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken.

Aus dem Schatten der dunklen Wohnung hinter ihm ertönte eine sanfte, edle Stimme.

"Habe ich dich nach all den Jahren wiedergefunden, Lilie des Nachtgartens!"

Tesson

Erschreckt fuhr Yuri herum, sah verzweifelt in das Dunkel der Wohnung vor ihm, konnte jedoch nichts als Schatten ausmachen. Hiuchi begann unruhig zu knurren, verzog sich unter dem Tisch und legte seine Pfoten über die Ohren als wolle er die Stimme ausschließen.

Yuri machte einige Schritte vorwärts in die Dunkelheit, er horchte ob er von irgendwo Geräusche vernahm doch alles blieb still.

Hatte er sich die Stimme nur eingebildet? Aber warum hatte dann Hiuchi so seltsam reagiert? Er war sich sicher dass er die Stimme kannte, doch er wusste nicht woher, fast als ob er zwar die Stimme aber nicht die Person dahinter kannte.

Noch während er in seinen Gedanken nach einer Lösung suchte hörte er erneut diese Stimme, diesmal summte sie eine ruhige, fast traurige Melodie und es kam eindeutig vom Balkon.

Unsicher begab er sich dorthin, durchquerte das Esszimmer und schob vorsichtig die Tür zum Balkon auf, er betrat ihn und traute seinen Augen kaum.

Auf der Brüstung saß, ein Bein angewinkelt, das andere locke ins Leere baumelnd, den Blick in die Sterne, der letzte Mensch den er hier erwartet hätte.

Haare weiß und rein wie Schnee, die Augen ein eisiges Blau wie gefrorene Seen, schlank, hochgewachsen, elegant.

"Naya...mi?!"

Yuris Stimme wollte ihm nicht gehorchen, der Name seines Idols klang mehr wie ein Keuchen. Doch was tat eben dieser Nayami auf seinem Balkon?

"Weißt du wie viele Lieder ich schreiben musste um dich zu finden? Wie lange es mich gekostet hat? Ich dachte sie hätte dich mir damals endgültig entrissen."

Sein Blick war immer noch in die Sterne gerichtet, seine Stimme war klar, elegant, fast unmenschlich. Yuri verstand nichts mehr, erst diese seltsame Hinata und nun saß sein Idol auf seinem Balkon und redete wirres Zeug.

Plötzlich richtete Nayami seinen Blick auf Yuri, in seinem Blick lag Trauer und ein Verlangen dass Yuri viel lieber nicht erkannt hätte.

"Was wollen sie hier? Wie kommen sie überhaupt hier rein?"

Yuri hörte sich selber reden konnte es jedoch nicht beeinflussen, er schlug sich sofort beide Hände vor den Mund dafür dass er Nayami-san so unverschämt anredete.

"Das sind gute Fragen, doch die Antworten liegen in dir. Hast du unser Treffen damals vergessen? Die Aufgabe die dir anvertraut wurde?"

Nayami schwang sich von der Brüstung herunter direkt vor Yuris Füße, dieser musste nun nach oben schauen um weiterhin mit Nayami Blickkontakt zu halten.

In seinem Kopf drehte sich alles, er wusste nicht mehr was er noch glauben sollte und was nicht, was Wirklichkeit war und was Lüge, nicht einmal seinen eigenen Erinnerungen oder Sinnen schien er mehr trauen zu können.

"Ich weiß nicht...."

Yuri wollte gerade zu einem Satz ansetzen, wollte erfahren wovon Nayami sprach. Er war sich sicher dass er ihn nicht kannte und doch, etwas in ihm schrie das Gegenteil.

Seine Aufmerksamkeit musste kurz geschwunden sein, das nächste was er wahrnahm war Nayami der seine Hand um seinen Rücken legte, Yuri fuhr zusammen.

Schon oft hatte er von solchen Momenten geträumt.

Geträumt?

Vielleicht war auch all das gerade nur ein Traum, eine wirre Erfindung seines Geistes.

"Nein, all das passiert wirklich!"

Er spürte wie diese Worte in sein Ohr gehaucht wurden, seine Beine wurden weich, sein Blickfeld verschwamm.

Dann begann er erneut Bilder zu sehen. Da war der Garten aus seinem Traum, doch diesmal war etwas anders, er sah vier Personen um eine weitere herumstehen, die Person in der Mitte hatte lange weiße Haare.

Bevor er sich mehr einprägen konnte wechselte das Bild, er sah eine Frau, mit Tränen in den Augen die sich über ihn beugte.

Erneut ein Bildwechsel er sah seine drei Freunde, doch etwas war anders, sie trugen Waffen, seltsame Kleidung, in ihren Augen brannte Entschlossenheit.

Yuri spürte eine Wärme in seiner Brust aufsteigen, bald war es keine Wärme mehr, sondern Hitze.

Er schlug die Augen auf und sah direkt in Nayamis Augen, in ihnen stand purer Hass geschrieben, Yuri hatte Angst, Todesangst.

Er wollte sich losreißen, doch Nayamis Umklammerung war fester als es die zierliche Statur vermuten ließ.

"Was sind das für Bilder? Wer bist du? Was willst du?"

Und plötzlich zwar mit seiner Stimme aber aus einem Gedächtnis das nicht seines war kam eine Aussage die Yuri selbst nicht verstand.

"Ich werde nicht noch einmal auf dich hereinfallen!!"

Yuri verstand seine eigenen Aktionen nicht, aber plötzlich schoß ein gleißendes Licht aus seiner Brust heraus und warf Nayami gegen die nächste Wand.

Mit seinen eigenen Gedanken mischten sich solche die nicht ihm gehörten und doch kamen sie aus seinem Inneren. Etwas in ihm begann aufzubrechen, wie ein Siegel das vor langer Zeit auf ihn gelegt wurde.

In seinem Kopf entstand ein Satz dem er zuerst keine Bedeutung zusprechen konnte und doch wusste er, dass es der einzige Satz war der ihm nun helfen konnte, bei was immer hier auch gerade vor sich ging.

"Épanoui! Yoru no hana!"

Als diese Worte über seine Lippen kamen war es für Yuri so als würde sein Körper von innen heraus verbrennen.

Sein Körper war von einem überirdischen Licht umgeben, doch es blendete ihn nicht, es gab ihm ein Gefühl von Sicherheit und Wärme.

Als er an sich herabsah bemerkte er dass seine Kleidung sich verändert hatte, es war dieselbe seltsame Bekleidung die seine Freunde in den Bildern getragen hatten.

In seiner rechten Hand lag ein Degen, eine Waffe.

Erneut überkamen ihn die Bilder des Tages an dem sein Bruder starb. Zuerst wollte er die Waffe von sich werfen, besann sich aber und richtete seinen Blick auf Nayami.

Dieser lag gelassen am Fuß der Wand gegen die er geprallt war, ein leises Lachen kam über seine Lippen.

"Hat sich dich also tatsächlich vor mir erreicht, ich hatte gehofft dich aus dem Weg räumen zu können, ich wollte dir selbst einen Gefallen tun.

Du wirst sehen was deine Bemühungen für Folgen haben werden, du wirst dir wünschen den Bemühungen deines geliebten Bruders zum Opfer gefallen zu sein wenn es soweit ist."

Aus dem langen, weißen Ärmel Nayamis fiel etwas glänzendes, welches er in seiner Hand auffing und herumdrehte.

Yuri hatte nur kurz Zeit zu reagieren als die Klinge auf ihn zuflog, reflexartig zog er den Degen nach oben und parierte.

Das Messer fiel wirkungslos zu Boden, Yuri war selbst erstaunt, er hatte nie in seinem Leben einen Degen geführt und doch war es ein Leichtes für ihn den Angriff zu parieren.

"Hm, wie ich sehe bist du bestens vorbereitet, doch lass dir gesagt sein, ich werde nicht zusehen...ich werde nicht zusehen wie du ihr zum Triumph verhilfst!"

Nayami stürzte auf Yuri zu, dieser war unvorbereitet, außerdem war er nicht in der Lage die Waffe gegen einen Menschen zu erheben.

Er spürte wie sich Nayamis Hände um seine Kehle legten, sie waren kalt wie Eis und hart wie Stahl. Er blickte verzweifelt um sich, suchte nach einer Möglichkeit sich zu wehren, er bemerkte wie die Umklammerung um seinen Hals immer fester wurde.

"Ich werde es dir nicht überlassen, keinem von euch! Nicht dir und nicht meiner... Schwester!"

In Nayamis Augen lag wahnsinnige Wut, er war fest entschlossen Yuri zu töten, soviel war sicher.

Yuri bereitete sich auf weitere Schmerzen vor, als plötzlich ein heller Blitz das Zimmer erleuchtete.

Er spürte wie die krallenartigen Hände von ihm abließen, er spürte das Gewicht von sich weichen. Erst jetzt als er den Kopf zur Seite legte bemerkte er die Gestalt ihm Türrahmen des Balkons.

"Hi...nata....san!"

Yuris Kehle schmerzte, er brachte nur unter Qualen die wenigen Laute heraus.

In seinen Ohren war ein schrecklicher Ton, er bekam nichts mit von dem was Nayami in Richtung Hinata-san schrie.

Dann glaubte er dass Nayami in die Ecke gedrängt wurde, er zog sich in die dunkelste Ecke des Raumes zurück, verschwand darin vollständig und tauchte nicht wieder auf.

Yuri versuchte langsam sich aufzurichten soweit es ihm möglich war, sein ganzer Körper schmerzte, sein Kopf war ein einziger Knoten verschiedener Gedanken, er fühlte sich verloren im Labyrinth der Dinge die um ihn herum passierten.

Hinata ging schweigend zum Lichtschalter und betätigte ihn, Yuris Augen gewöhnten sich nur langsam an das grelle, künstliche Licht, zu lange hatte er schon in dunklen Räumen verbracht.

Gerade als er glaubte sich sammeln zu können, fiel sein Blick auf seine Reflektion im Balkonfenster.

War das er selbst? Was war mit ihm passiert als Nayami ihn angegriffen hatte?

Seine Haare die ihm sonst gerade über die Augen fielen, reichten nun bis auf seine Schultern, an seinem Körper nahm er nun zum ersten Mal die fremdartige Kleidung war, die er im Affekt der Situation einige Minuten zuvor noch hingenommen hatte.

Die Kleidung war durchgehend weiß, eine enge Bodysuit betonte seinen Körper, den er nie als so drahtig und schlank wahrgenommen hatte, um seine Schultern war ein langes Cape gehüllt, dessen Kapuze ihm in den Nacken fiel, an seinen Händen weiße Handschuhe mit violetten Besätzen.

Der Degen in seiner Hand ließ ihn aussehen als wäre er aus einer anderen Zeit in diese gefallen.

Ohne sich umzudrehen stellte er die Frage an Hinata-san die nicht mehr aus seinem Kopf weichen wollte.

"Hinata-san?! Wer bin ich?"

Als Hinata, die unbemerkt das Zimmer verlassen hatte wieder eintrat, sah sie ihm tief in die Augen. In ihren Händen hielt sie den Blumentopf mit der gerade erblühten Lilie und den Ring der um die Nachricht gewickelt war.

"Es wird schwer sein diese Frage zu beantworten, aber ich will mein bestes tun, dir auf dem Weg zur Lösung deiner Probleme zu helfen."

Behutsam setzte sie sich auf einen Stuhl im Esszimmer, ihr Blick war ruhig und liebevoll wie er ihn nicht anders gewohnt war, doch jetzt machte ihn dieser Blick wütend.

"Was soll das heißen sie wollen mir helfen? Sagen sie endlich was hier vor sich geht! Zuerst attackiert mich ein vollkommen Fremder mitten in der Nacht, dann habe ich Visionen von Dingen die ich entweder vergessen wollte oder nie gewusst habe, dann kommen sie an und sehen in meine Gedanken, dann steht auf einmal mein Idol vor mir und droht damit mich umzubringen, sie kommen an und retten mir das Leben und nun reden sie von "ihr Bestes tun"??!!"

Er schrie ihr direkt ins Gesicht, doch die Freundlichkeit wich nicht daraus, am liebsten hätte er sie jetzt geschlagen, aber er wusste dass das nichts ändern würde, außerdem wusste er weder was sie wollte noch was sie war.

"Ich gebe zu ich hätte dir mehr anvertrauen sollen bevor es zu diesem Moment kam, aber ich selbst konnte nicht wissen dass...er, so schnell deinen Aufenthaltsort ausfindig machen könnte sobald du erwachst."

Ihre Stimme war ruhig und klar, fast als würde sie ein alltägliches Erlebnis schildern, doch Yuri verstand nichts davon.

"Wenn ich erwache? Wovon reden sie? Und was sind das für Bilder die ich sehe und diese...Aufmachung?!"

Sie lächelte ihn erneut an, fast ein mütterliches Lächeln, dann setzte sie an und zum ersten Mal klangen ihre Worte wie eine Erklärung, doch als er sie hörte, war sich Yuri nicht mehr sicher sie hören zu wollen.

"Ich weiß das alles wird für dich unglaublich klingen, aber ein Teil von dir ist nicht menschlich. Diese Kleidung die du trägst stammt aus einer Zeit lange vor dieser, dein Schicksal ist seit damals vorbestimmt für diesen Tag.

Versuche dich zu erinnern, forsche in deinem Gedächtnis.

Seit langer Zeit habe ich auf dich geachtet, weil ich wusste das dieser Tag kommen würde.

Du bist einer der Wächter der Wiege dieser Welt, des Gartens in dem alles begann."

Yuri wollte nicht glauben was er hörte, er war nur ein normaler Junge, er lebte ein normales Leben, er hatte normale Freunde.

Und doch schrie etwas in ihm dass auch das was diese Frau sagte die Wahrheit war.

"Was ist mit Nayami-san? Wie ist er in all das verwickelt?"

Hinata seufzte leicht.

"Er ist, der böse Keim der den Garten vergiften wollte. Auch er kehrte zurück, auch er war einst ein Wächter. Er wird euch von eurer Pflicht abhalten, euch vergiften wollen, dir muss klar sein, sollte sich ein Vorfall wie heute wiederholen, werdet ihr ihn erneut töten müssen"

Yuri blickte sie entsetzt an, er wollte nicht glauben was er hörte, wieso sollte er etwas davon glauben.

Und all das erzählte sie in einer solchen Ruhe, dass es ihm kalte Schauer über den Rücken jagte.

Er konnte dieser Person nicht weiter zuhören, ohne sich noch einmal umzudrehen rannte er aus seiner eigenen Wohnung, die Treppen hinunter auf die Straße und in die Nacht, er hatte kein Ziel vor Augen es trieb ihn einfach durch die Nacht, wie ein Instinkt.

Erst als er zum stehen kam merkte er wohin ihn seine Beine getragen hatten.

Er stand vor dem Haus in dem Keshi wohnte.

Confiance

Yuri blickte unsicher zu dem Fenster hoch hinter dem Keshis Zimmer lag.

Es war dunkel, sein Mut sank. Wenn er jetzt warten würde, müsste er Rede und Antwort stehen, warum er so spät in der Nacht hier war.

Doch zurück nach Hause konnte er auch nicht, vollkommen unmöglich.

Er stützte sich an eine nahe Mauer, ihm war schlecht, alles verschwamm vor seinen Augen, noch immer trug er die seltsame Kleidung.

Erst jetzt dachte er daran was passieren würde wenn ihn jemand in dieser Aufmachung sehen würde.

Er überlegte was er als nächstes tun könnte, er konnte weder nach Hause noch zu seinen Freunden, weder vor noch zurück.

Langsam stiegen ihm Tränen in die Augen.

Was zum Teufel ging um ihn herum vor?

Bis vor kurzem hatte er ein normales Leben geführt, er hatte es geschafft sich eine perfekte Illusion aufzubauen und nun kam zu den schmerzlichen Erinnerungen auch noch Dinge dazu, die er sich nicht im geringsten erklären konnte.

Er fühlte wie sich Tränen in seinen Augen sammelten, er wollte einfach verschwinden, zurück in sein Zimmer und allein sein. Höchstens seine Freunde duldete er jetzt noch in Gedanken an seiner Seite und Hiuchi.

Hiuchi?! Er hatte ihn einfach allein gelassen.

Allein mit dieser seltsamen Frau und ohne eine Ahnung wie es ihm ging.

Er machte sich Vorwürfe, die Tränen begannen seine Wangen herunter zu rollen.

Seine Beine waren schwach, er sackte zusammen und schluchzte leise vor sich hin.

Er bemerkte nicht wie eine Gestalt um die Ecke bog.

Keshi erschrak als er seinen Freund, einem Wrack gleich vor seinem zu Hause vorfand.

Die Einkaufstüte fiel zu Boden als er reflexartig auf Yuri zulief und neben ihm in die Knie ging.

"Hey Yuri, alles okay?! Was machst du hier um die Zeit?!"

Yuri brachte keinen Ton heraus, er schaute bloß mit von Tränen verschleierten Augen in Keshis Gesicht, sein Mund formte einige Silben, jedoch war nichts zu hören.

"Nun komm schon, brech mir mal hier nich zusammen. Komm erstmal rein, du bist ja vollkommen unterkühlt."

Langsam griff er Yuri unter die Arme und hob ihn hoch.

Mit etwas Mühe gelang es ihm dann auch, ihn in die Wohnung und in sein Zimmer zu verfrachten. Seine Eltern saßen ungerührt vor dem Fernseher und grüßten nur kurz den späten Besuch ohne auch nur einmal aufzusehen.

Kurze Zeit später saß Yuri zusammengesunken auf Keshis Bett, Keshi saß auf seinem Schreibtischstuhl, die Arme über der Lehne verschränkt, den Kopf darauf gelegt.

Auf dem Nachttisch neben dem Bett stand eine Tasse mit Tee der vor einiger Zeit noch heiß gewesen war.

Zum ersten Mal fiel Keshi nun Yuris seltsame Kleidung auf.

"Sag mal Junge, bist du jetzt unter die Cosplayer gegangen? Und was machst du um diese Uhrzeit vor meiner Wohnung?!"

Langsam hob Yuri seinen Kopf und sah Keshi mit glasigen Augen an, die diesem eine Gänsehaut bereiteten.

"Ich hab Hiuchi allein gelassen mit ihr...ist das nicht schlimm?"

Keshi sah ihn verwirrt an, er verstand nicht was mit seinem besten Freund los war.

Gestern hatten sie sich noch beim Konzert amüsiert und jetzt saßen sie sich gegenüber und Yuri sah aus als hätte er einen Geist gesehen.

"Was?! Mit wem hast du ihn allein gelassen? Warum?!"

Yuri sah wieder stumm auf den Boden, langsam rollte eine Träne seine Wange herunter und fiel zu Boden.

Keshi wurde immer unruhiger, er wusste weder was passiert war noch was er für seinen Freund tun konnte.

So ging er auf Yuri zu, fasste ihn bei den Schultern und riss sein Gesicht nach oben so dass sie sich in die Augen sahen.

Wie in Trance starrte Yuri Keshi an, ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab und langsam hob er seine Hand um Keshis Wange zu berühren.

Wie mit einer anderen Stimme sprach Yuri dann zu Keshi.

"Wir müssen zurück, zurück zu dem Tag, wir dürfen nicht zulassen...der Garten...von Menschenhand....geschändet!"

Keshi schaute Yuri verwirrt an, er wich einige Schritte zurück so dass Yuris Hand in der leeren Luft hängen blieb.

Was war mit seinem besten Freund passiert? Warum verhielt er sich seit er hier war wie ein Verrückter?!

"Yuri...was ist mit dir Kumpel?! Yu-chan?"

Er schaute verzweifelt in Yuris leere Augen, sie waren wie gläserne Puppenaugen, seelenlos und kalt, er wollte es sich nicht eingestehen, aber Keshi hatte Angst.

Langsam stolperte er immer weiter zurück während Yuri immer noch da saß, den Arm ausgestreckt, lächelnd, wie eine Puppe.

Seine Flucht wurde gestoppt durch ein Hindernis zu seinen Füßen, er verlor sein Gleichgewicht und fiel rückwärts gegen seine Anlage, die unter lautem Widerspruch ansprang und sofort das neue Album von Refuge abspielte.

Nayamis Stimme schallte durch das kleine Zimmer und schien sich wie ein Dolch in Yuris Kopf zu rammen.

Yuri fiel zu Boden und krümmte sich, schrie laut auf und zuckte wie unter schrecklichen Schmerzen. Keshi verstand nicht was passiert war bis er registrierte dass es die Musik war die Yuri in den Wahnsinn trieb. In seiner Verwirrung wusste er zuerst nicht was er tun sollte, entschied sich dann jedoch dafür die Musik auszuschalten, woraufhin Yuri kraftlos am Boden zusammenbrach und regungslos liegenblieb, die Augen zwar immer noch glasig, aber ohne diesen unheimlichen Schimmer der Unmenschlichkeit.

"Yu....chan?"

Keshi streckte langsam seine Hand nach Yuri aus, welcher sofort reagierte und aus seiner Trance zu erwachen schien, er schaute sich verwirrt um und brauchte nur wenige Sekunden um zu registrieren dass, was immer auch geschehen war, er etwas angestellt hatte dass seinen besten Freund zu Tode erschreckt hatte.

Yuris Augen füllten sich mit Tränen während er langsam in eine Ecke des Zimmers kroch.

"Fass mich nicht an Keshi.....fass mich nicht an, ich bin schmutzig....Dreck....!"

Die letzte Silbe wurde von einem Schluchzer verschluckt, er wusste nicht mehr was er noch tun konnte, wo immer er auch hinging er verursachte nur Schmerz und Angst.

Er sah an sich hinunter, sein Körper war unrein, er musste vernichtet werden, er brachte nur Unglück.

Erst leicht dann immer fester begann er mit seinen eigenen Fäusten auf sich einzuschlagen, bis ein fester Griff seine Hände zum stillstand brachte.

Er schaute mit tränenverhangenem Blick nach oben und sah in Keshis Gesicht.

Auch Keshi liefen Tränen die Wangen herunter, er litt mit seinem Freund, dem er in dieser Situation nicht einmal annähernd helfen konnte.

Er kniete sich neben Yuri auf den Boden und schaute ihm tief in die Augen.

"Yu-chan...bitte....du bist nicht schlecht...bitte du darfst nicht weggehen!"

Er schlang seine Arme um Yuri als fürchtete er dass es keinen morgigen Tag mehr geben würde.

Yuri wusste nicht mehr was er denken sollte, sämtliche Kraft war aus ihm gewichen und er konnte nur noch unkontrolliert schluchzen.

"Keshi...du...du darfst nicht bei mir bleiben...ich bringe dir vielleicht mehr Unglück als du für möglich hälst."

Yuri dachte an die Bilder die er gesehen hatte, die Hinata ihm gezeigt hatte, was wäre wenn auch in Keshi diese seltsame Seite erwachen sollte.

"Keshi ich will dich nicht in Gefahr bringen ich....ich...."

Er kam nicht mehr dazu den Satz zu beenden denn Keshi kam ihm zuvor und küsste Yuri.
 

Dieser starrte mit großen Augen Keshi an.

Sollte er wirklich glauben was gerade passiert war?

Sollte es wirklich noch ein kleines bißchen Glück in seinem Leben geben?

Er lag in Keshis Armen und auf einmal schien es so als würde er die Sorgen um sich herum vergessen können.

Sorgen? Welche Sorgen?

Was war das für Musik die da spielte?

Refuge...das neue Album.

Er mochte diese Musik sehr, warum hatte er dann gerade jetzt das Gefühl er würde schläfrig dabei werden?

Ein Name spukte in seinem Kopf herum, der Name einer Frau...

Hi....Hina....ta?!

Warum war er hier?

Er war glücklich, er lag in Keshis Armen und konnte seine Sorgen vergessen.

Plötzlich war es wie ein Schalter der in seinem Kopf umgelegt wurde, etwas stimmte hier nicht, es war zu....zu einfach alles zu vergessen.

"Keshi? Ich muss nach Hause!"

Yuri spürte wie die Umklammerung fester wurde.

"Keshi?!"

Sein Brustkorb schmerzte von dem Druck der darauf ausgeübt wurde.

"Ke...shi!!!"

Es waren Schmerzen...das war nicht Keshi der in festhielt, etwas lief absolut falsch.

"Wer bist du?"

Yuris Stimme war mehr ein Hauchen durch die Schmerzen in seiner Brust, er wusste dass es nicht Keshi war in dessen Armen lag und doch war alles so vertraut, der Geruch, das Gefühl. Und doch fehlte etwas, das was Keshi ausmachte war nicht da, dieses Gefühl der Wärme fehlte.

Dann spürte er Lippen nahe an seinem Ohr und hörte die Stimme Keshis, aber so rauh und gefühllos dass ihm das Blut in den Adern stockte.

"Dáiya, du warst schon immer ein hoffnungsloser Romantiker!"

Dieser Satz gab Yuri die Kraft sich loszureißen, das war nicht Keshi der ihn in seinem Arm hielt, es war...wer war es?!

Und als ob das Schicksal nicht grausam genug wäre sah er einen Schatten am Fenster auftauchen.

Yuris Augen wollten leugnen was er sah.

Er sah einen Arm der sich um Keshis Brust legte, gekleidet in feinste schwarze Seide.

Ein engelsreines Gesicht umspielt von weißem glänzendem Haar.

"Ich habe dir gesagt ich würde nicht aufgeben bis euer Plan zerschlagen ist, ich werde euch nichts überlassen. Ich werde alles zerstören was euch lieb und teuer ist, damit ihr es nicht mehr erlangen könnt."

Nayamis Gesicht spiegelte eine Grausamkeit jenseits einer menschlichen Seele wieder und einen Hass der Kristall zerbersten lassen könnte.

"Und diesmal sind die besten Karten in meiner Hand, diesmal wird der Krieg mit gleichen Kräften ausgetragen, meine Schwester mag klug sein, doch sie vergisst dass ich mehr Zeit auf dieser Welt hatte euch zu finden."

Er stellte sich neben Keshi und streckte seine Hand aus, Keshi ging auf die Knie und küsste den Ring an Nayamis Hand.

Yuri ekelte bei dem Gedanken daran, auch wenn er nicht verstand warum.

Doch vor seinen Augen spielte sich erneut unglaubliches ab.

Auch Keshis Kleidung veränderte sich, er trug nun eine Hose aus schwarzer Seide, ein schwarzes Rüschenhemd und eine blutrote Weste.

In seiner Hand hielt er einen Rapier, er war in Angriffsstellung.

Yuri begriff nicht was hier vor sich ging.

Sie waren Freunde.

"Keshi...was..."

Seine Gedanken wurden unterbrochen als der Rapier auf ihn niedersauste und eine tiefe Schnittwunde in seine Brust grub.

Nayami betrachtete das Spektakel mit glänzenden Augen.

"Ich werde es verhindern....Onee-sama!"

traîtrise

Er wusste nicht wo er war, aber er wollte nach Hause, es war schon viel zu viel Zeit vergangen.

Seine Mutter hatte gesagt er solle hier auf sie warten, er wußte nicht wie lange er nun schon wartete, aber er fühlte sich als sei es schon eine lange, lange Zeit.

Seine kleinen Hände klammerten sich fest um den Plüschteddy in seinem Arm, er war das einzige was er gerade hatte und er fühlte, dass es lange so bleiben sollte.

Er hörte Sirenen von irgendwoher, seine Hände zitterten.

Wo war seine Mutter?

Der Park wirkte auf ihn so weit und endlos ohne jemanden an seiner Seite, er war sich sicher er würde sich verlaufen wenn er sich auch nur einmal von der Stelle rühren würde.

Vor einem der Häuser vor dem Park sammelte sich eine Menschenmenge.

Er wollte wissen was los war, doch seine Mutter hatte gesagt er solle hier warten, er musste brav sein.

Auf einmal sah er viele Menschen auf ihn zulaufen.

Hatte er etwas falsch gemacht?

Eine junge Frau beugte sich zu ihm herunter.

"Bist du Shiratori Keshi?"

Er nickte eingeschüchtert.

"Deine Mama hat gesagt dass wir auf dich aufpassen sollen, sie kann dich gerade nicht abholen."
 

Funken sprühten als Keshis Rapier von Yuris Degen abgefangen wurde.

"Es wird dir nichts nutzen wenn du dich nur verteidigst, bald wirst du zu erschöpft sein um deinen Degen halten zu können!"

Yuri standen erneut Tränen in den Augen, er wollte nicht gegen Keshi kämpfen.

Sie waren die besten Freunde seit langem, auch wenn Keshi gerade nicht er selbst war, es war immer noch sein Körper.

Keshi bewegte sich zielsicher in dem kleinen Zimmer umher und schwang seine Waffe mit brutaler Genauigkeit.

Yuri versuchte die Tür zu erreichen, er war schon fast in Reichweite.

Dann stolperte er über ein herumliegendes Buch, seine Hand verfehlte knapp die Türklinke, dann fiel er unsanft zu Boden.

Er rollte sich herum und riss den Degen vor sein Gesicht.

"KESHI!! Wach auf ich...ich will dir nicht weh tun!!! ICH WILL DAS NICHT!!"

Ein Lachen ertönte hinter Keshi.

Nayami stand noch immer da und beobachtete das Geschehen mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen.

Gerade als Keshi seine Waffe erhob und zum nächsten Schlag ausholte, erhob Nayami seine Stimme.

"Das sollte genügen!"

Im selben Moment ließ Keshi seine Waffe sinken und trat zurück.

Nayami bewegte sich einige Schritte auf Yuri zu und sah ihm in die Augen.

"Du hast noch Zeit dich zu entscheiden auf welcher Seite du kämpfen willst, der Krieg soll ausgeglichen sein, noch kannst du deinen Platz wählen."

In Yuris Kopf überschlugen sich die Gedanken, er sah nur einen Weg dem Alptraum ein Ende zu bereiten.

Er griff nach seinem Degen, sprang auf und schlug schreiend in Nayamis Richtung.
 

Er war erneut zu der Stelle im Park gekommen wo seine Mutter versprochen hatte ihn abzuholen, bis heute war sie nicht gekommen.

Vor zwei Jahren hatte ihm die Frau gesagt seine Mutter könne ihn heute nicht abholen.

Wann würde sie es denn können?

Sie hatte es versprochen.

Sein Vater hatte ihm verboten so spät abends das Haus zu verlassen, aber er musste doch hierher kommen, sonst könnte seine Mutter ihn doch nicht finden.

Auf einmal wurde er von etwas aus seinen Gedanken gerissen, jemand sang, eine Melodie, viel schöner als alles was er bisher gehört hatte.

Er lief dem Gesang hinterher, immer tiefer in den Park hinein. Er achtete nicht darauf wohin er lief, oder ob er sich verlaufen könnte, er musste den Ursprung dieses Gesangs finden.

Als er aufhörte zu laufen fand er sich auf einer Lichtung wieder, umgeben von Bäumen die höher waren als die Häuser in der Stadt, um ihn herum wuchsen Pflanzen die er noch nie gesehen hatte, von denen er nicht einmal wusste dass es sie gab.

Dann erblickte er vor sich die Quelle des Gesangs, an einem Brunnen saß eine Gestalt, ganz in schwarz.

Es war ein Mann, er sah nicht alt aus, aber sehr, sehr müde, seine Haare waren weiß wie Schnee und seine Augen glitzerten wie kaltes Eis.

Als der Mann ihn erblickte verstummte er.

"Bist du auf der Suche nach deiner Mama?"

"Wer bist du?"

Keshi blickte ihn verwirrt an, er durfte nicht mit Fremden sprechen und doch fühlte er eine Vertrautheit zu ihm, die er nur seiner Mutter gegenüber kannte.

"Ich habe schon lange nach dir gesucht."

In den Augen des Mannes spiegelte sich Freude und Erkennen wider.

"Weißt du wo meine Mama ist?"

Der Mann erhob sich und ging auf ihn zu, als er vor ihm stand ging der Mann in die Knie und umarmte ihn.

"Du armes Kind! Sie haben dir nichts gesagt, du musst wissen..."

Den Rest flüsterte der Mann in sein Ohr.

Die Augen des Jungen füllte sich mit Tränen, Tränen der Trauer und des Hasses.

"Aber ich kann dir die Kraft geben dass sich all das nie mehr wiederholen muss."

In den Augen des Jungen blitzte Entschlossenheit auf.

Aus den vielen Blumen pflückte der Mann eine bestimmte Blume.

"Hier, das ist der Schlüssel zu deiner Erlösung."
 

Sein Versuch wurde von einer anderen Klinge vereitelt, Keshi schien seinen Gedanken erkannt zu haben und war ihm zuvor gekommen.

"Keshi, warum?"

Mit einem verachtenden Blick wandte sich Keshi von Yuri ab.

"Ich werde nie wieder diese Schuld auf mich nehmen! Wenn du es tust, werde ich dich töten!"

Yuris Atem stockte, er wusste nicht was er sagen sollte.

"Wenn du herausgefunden hast, was dein Schicksal ist, dann findest du mich an dem Ort!"

Mit diesen Worten drehte sich Nayami herum und er und Keshi verschwanden im Schatten.

Ein vollkommen aufgelöster Yuri blieb zurück, er wusste nicht was er tun sollte, bis er einen Schatten vor dem Fenster wahrnahm.

Mit einem Satz sprang er auf und rannte aus dem Zimmer, durch die Wohnung, direkt zur Haustür, er hatte keine Zeit sich zu verabschieden, jede Sekunde zählte.

Vor der Tür angekommen sah er wie der Schatten sich wieder entfernte, er hastete los, er durfte sein Ziel nicht verlieren, Entschlossenheit hatte ihn erfasst.

Er ließ die Tür hinter sich offen und sprang die Treppen hinunter, vorbei auf dem Namensschild das an der Mauer vor dem Eingang hing, auf dem der Name Sakurada zu lesen war.

Er wusste nicht wohin ihn der Schatten in der Nacht führte, doch er musste ihm folgen, egal wohin, egal was es ihn kostete. Er konnte nicht länger unwissend bleiben, zuviel hatte sich inzwischen schon verändert dass er noch länger überlegen konnte.

Er hatte sämtliches Zeitgefühl verloren, wie lange er durch die Nacht rannte wusste er nicht, auch wo er sich befand hatte er vor langer Zeit aufgegeben zu erfassen.

Dann endlich schien er sein Ziel erreicht zu haben, vor ihm lag ein großer, dunkler Park.

Als er um die Ecke bog sah er noch wie sich der Schatten in Richtung des Sees begab und dort zum stehen kam. Er beeilte sich noch mehr sein Ziel zu erreichen bevor wieder etwas wichtiges vor seinen Augen in der Nacht verschwand.

Er wusste nicht was es ihm bringen würde, aber er musste jetzt alles erfahren, für sich selbst und für Keshi, was immer Nayami ihm auch angetan hatte.
 

"Ok, ich bin nun soweit! Ich werde zuhören und dann entscheiden was ich tue, aber ich will alles wissen."

Langsam drehte sich Hinata zu ihm herum.

Das Mondlicht das vom Seewasser reflektiert wurde gab ihrem Gesicht einen unheimlichen Schimmer, sie wirkte überirdisch und kalt.

Langsam hob sie ihre Hand und streckte sie ihm entgegen.

"Statt es dir zu erzählen solltest du lieber alles für dich selbst sehen. Ich werde dir zeigen was zu all diesen schrecklichen Dingen geführt hat!"

Langsam hob auch Yuri seine Hand, einen Moment lang zögerte er noch, es war fast so als höre er Stimmen die schrien er solle es nicht tun, dann legte er seine Hand in Hinatas Handfläche, im gleichen Moment erstrahlte der Mond so hell wie nie und blendete ihn so sehr dass es weh tat.
 

Zur selben Zeit, unter demselben Mond kniete Keshi vor einem Grabstein während Tränen sein Gesicht herunterliefen.

Nayami stand hinter ihm, die Hände auf Keshis zitternde Schultern gelegt.

"Es tut mir leid, aber du weißt dass es nötig ist."

Keshi wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand langsam auf, er hatte seine Fassung wiedergewonnen, er wusste dass Nayami recht hatte.

Ein leichter Windstoß wehte über den Friedhof und erfasste einige Blätter die in den Nachthimmel emporgehoben wurden wie Schmetterlinge.

Keshi sah ihnen nach und dachte an die Zukunft.

"Bald ist es soweit, nicht wahr?"

Nayami sah hinauf zum Mond und seufzte leicht.

"Das ist allein seine Entscheidung."

Dann drehten sie sich um und verließen den Friedhof.

Zurück blieb nur ein verwitterter Grabstein mit dem Namen Shiratori Keiko.

passé

Als das Licht langsam schwächer wurde und Yuris Augen aufhörten zu schmerzen, eröffnete sich vor ihm eine Szenerie die ihm gleichzeitig fremd und vertraut war.

Er blickte auf eine Wiese, dahinter ein weites Gebirgspanorama, als er sich umschaute erblickte er hinter sich ein großes eisernes Tor.

Auf der Wiese standen vier Personen, darunter auch er selbst, die anderen waren seine Freunde, sie alle trugen die Kleidung die er selbst in diesem Moment trug.

Sie sahen in die Gebirgszüge die sich vor ihnen erstreckten als warteten sie auf etwas, oder jemanden.

Wie ein Echo nahm er dann die Stimmen der Personen war die er kannte und doch auch nicht kannte.

"Wir haben getan was wir tun mussten, auch wenn er unser Freund war, es war unsere heilige Pflicht!"

Kaneshon hatte als erster die Stimme erhoben, alle anderen schwiegen beklommen, fast als hätten sie eine Sünde begangen die man ihnen nicht verzeihen konnte.

Das Bild begann sich zu ändern, vor ihm lag derselbe Ort, aber es war ein heftiger Kampf entbrannt. Inmitten des Kampfes erkannte er eine Gestalt, es war ein Mann mittleren Alters, er befehligte eine große Gruppe dunkel gekleideter Männer und Frauen, Yuri verstand nicht was er ihnen zurief, doch war es ihm automatisch klar dass ihr Ziel das Tor war.

Erst jetzt blitzte es in ihm auf, er kannte diesen Mann, er war sehr viel älter als bei ihrer letzten Begegnung, aber es war eindeutig der Mann den er für all das verantwortlich machte, Nayami.

Vor dem Tor standen er und seine Freunde, sie waren verwundet, aber doch setzten sie ihren Kampf gegen die Eindringlinge fort.

"Was passiert hier? Was ist das alles?"

Yuri wandte sich zu Hinata um, die alle Geschehnisse bisher schweigend mitverfolgt hatte.

"Das ist ein Krieg der vor langer Zeit stattgefunden hatte, ihr wart die Wächter des Ursprungs der Welt, des Nachtgartens.

Doch Nayami, der Wächter des Tores zu der Welt in der ihr nun lebt, beneidete uns um unsere Position, er hetzte die Menschen der Welt auf und führte einen Sturm auf den Garten an.

Doch sein Versuch schlug fehl und er wurde seiner Position enthoben, das Tor zwischen dieser Welt und dem Garten sollte für immer geschlossen werden.

Doch auch seine Seele ist genau wie unsere unsterblich, er wanderte in der Welt umher beraubt seiner alten Kräfte wartete er auf den Tag an dem er wieder genug gesammelt hätte."

Sie seufzte und blickte auf die Ereignisse vor ihnen die sich wieder veränderten.

Es waren wieder die vier Freunde, es fiel Schnee um sie herum und langsam begannen sie einzuschlafen.

"Die vier Wächter entschieden sich zur Ruhe zu legen und ihre Kräfte zu sammeln, bis zu dem Tag an dem Nayami erneut zu Kräften kommen würde und erneut versuchen würde die Macht im Garten an sich zu reißen."

Yuri schaute sie verwirrt an, er verstand nicht was das alles mit ihm zu tun hatte.

"Und warum bin ich in all das verwickelt? Was hat es mit diesem Garten auf sich? Was ist daran so besonders?"

Hinata sah ihn ernst an, in ihrem Blick lag sowohl Sorge als auch Mitgefühl.

"Dieser Garten, ist der Ursprung allen Lebens, sollte er jemals zerstört werden wird diese Welt zugrunde gehen, denn in der Mitte des Gartens entspringt der Baum des Lebens, und die Blumen zu seinen Füßen sind die Menschen dieser Welt."

Yuri begriff erst jetzt was es bedeuten würde sollte Nayami den Weg in den Garten vor ihnen zurückfinden und Keshi schien er schon auf seine Seite gezogen zu haben.

Doch warum...wieso sollte Keshi helfen die Menschen zu vernichten?

"Du musst den Weg in den Garten finden, ihr müsst ihn verteidigen oder nichts wird mehr sein wie es war!"

Doch eines war Yuri immer noch nicht klar.

"Was ist ihre Aufgabe in der ganzen Sache?"

Hinata sah ihn schweigend an, doch gerade als sie zu einem Satz ansetzen wollte schien sie etwas abzulenken.

"Es ist keine Zeit, es wird etwas schreckliches passieren wenn du nicht die anderen 2 Krieger vor ihm erwachen lässt. Sie müssen auf unserer Seite sein, oder wir werden gegen Nayami verlieren!"

Die Vision begann zu verschwimmen, vor Yuris Augen begann alles in sich zusammenzufallen und bevor er noch weitere Fragen an Hinata stellen konnte war er wieder im Park, allein.
 

Zum ersten Mal bemerkte er den stechenden Schmerz in seiner Brust und das feuchte, klamme Gefühl der Kleidung die an seiner Haut klebte.

Er erinnerte sich, Keshi hatte ihn verletzt.

Er wusste nicht ob die Wunde eine Gefahr darstellte, aber sie tat weh, höllisch weh und er wollte sie irgendwie verarzten. Da er nun wieder nach Hause zurückkehren konnte ohne Angst vor Hinata zu haben, erschien ihm das als der logischste Ort.

Er suchte den schnellstmöglichen Weg aus dem Park heraus, er bemerkte nicht dass sich die Wunde beinahe wieder geschlossen hatte, es war nur eine relativ kleine Verletzung, aber sie schmerzte.

Seine Rückkehr endete abrupt an den Toren des Parks wo er einem ungewöhnlichen Schauspiel beiwohnte.
 

Ein Junge, etwa in seinem Alter kam aus einer Seitengasse gestolpert, seine Schuluniform war halb offen, in seiner Hand hielt er einen Bündel Geldscheine die er mit prüfendem Blick zählte.

Wenige Sekunden später verließ ein älterer Mann die Seitengasse, seine Kleidung sprach für einen hohen gesellschaftlichen Stand, doch sein Aussehen ließ Yuri einen kalten Schauer über den Rücken laufen.

Wie konnte irgend jemand so tief sinken sich auf so einen alten Sack einzulassen?!

Der Junge verbeugte sich noch einmal vor dem Alten bevor dieser in seine Prunkkarosse stieg und davon fuhr.

Der Junge richtete seine Uniform und machte sich scheinbar auf den Heimweg, das einzige was Yuri beunruhigte, er ging in seine Richtung.

Yuri hatte jetzt keinen Nerv sich mit irgendwelchen heruntergekommenen Strichern herumzustreiten. Er hatte genug erlebt diese Nacht und suchte einfach nur eine Möglichkeit unbemerkt zu verschwinden, also drehte er sich um und wollte gerade zurück in den Park als er hinter sich eine seltsam vertraute Stimme hörte.

"Yuri? Hey Yuri was machst du um die Zeit hier?!"

Yuri wollte zuerst nicht wahrhaben was er gehört hatte und doch drehte er sich um, in der Hoffnung seine Vermutung unbestätigt zu sehen und einfach irgendeinen Mitschüler vor sich zu sehen.

Als er jedoch in die blauen Augen seines Gegenübers blickte, den er bisher immer für so unschuldig und schüchtern gehalten hatte. Seine blonden Haare hingen immer durcheinander ins Gesicht.

Nach seinem zerbrechlichen, mädchenhaften Äußeren zu urteilen war es vollkommen unmöglich dass er so etwas machen würde.

Yuri brach der Schweiß aus als er versuchte sich Ausreden auszudenken um aus dieser peinlichen Situation herauszukommen.

Als erstes musste er überhaupt versuchen das Gespräch an sich zu reißen um hier heraus zu kommen, doch das einzige was ihm einfiel ohne dass es in die Richtung einer Anklage oder Beleidigung ging war.

"Hi, Ran!"

In dem Moment als er sich herumgedreht hatte war Rans Gesicht kreidebleich geworden, er starrte auf Yuris Brust und sah aus als würde er jeden Moment ohnmächtig werden.

In der Hektik des Moments hatte Yuri erneut seine Wunde vergessen, er versuchte irgendwie beruhigend auszuschauen doch Ran sah aus als würde er jeden Moment ohnmächtig werden.

"Yuri...du....du bist...du hast!"

Einen Moment lang rang Ran nach Fassung, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck grundlegend, er fasste Yuri am Arm und zog ihn mit sich.

"Hey Moment mal...Ran?! Wohin gehen wir?"

Ran sah ihn wütend an und blieb einen Moment stehen, die Hand mit der er Yuri nicht festhielt zur Faust geballt.

"Wohin?! Irgendwo wo wir DAS DA verarzten können!!"

So hatte Yuri Ran noch nie gesehen, er kannte ihn nur als unauffälligen Mitläufer, er hatte nicht die Kraft sich jetzt gegen ihn zu wehren, er ließ es einfach mit sich geschehen.
 

Einige Zeit später standen sie in einem heruntergekommenen Innenhof vor Rans Haustür.

Yuri war nie aufgefallen dass Ran nie von seinem zu Hause oder seinen Eltern geredet hatte, jetzt fing er an zu verstehen warum.

Ran steckte den Schlüssel in das alte verrostete Schloss der Tür.

Als diese knarrend aufsprang öffnete sich eines der oberen Fenster und eine alte Frau steckte ihren Kopf hindurch.

Sie musste etwa 50 sein, ihre rotblonden Haare waren zu einem strengen Dutt zusammengebunden und ihr Gesicht war mager und eingefallen.

"Ran?! Was kommst du um diese Uhrzeit mit Besuch nach Hause? Mach dass du rein kommst!"

Ihre Stimme war schrill und durchdringend wie eine Alarmsirene, Ran zuckte leicht zusammen, blickte aber nicht zu ihr nach oben.

"Verzeihung, Tante!"

Ohne ein weiteres Wort zog er Yuri in den Hauseingang und schmiss die Tür ins Schloss.

Wenige Zeit später waren sie in Rans Zimmer.

Es war ein dunkler Raum mit nur einem Fenster zur Straße, der Boden war mit welligem Linoleum bedeckt, in der Ecke neben dem Fenster lag ein alter Futon, von der Decke hing eine alte Lampe mit einem Sprung im Schirm.

Der einzige Schmuck in dem kargen Raum war ein Poster von Refuge gegenüber des Fensters.

Gewöhnlich hätte sich Yuri gefreut ein Bild der Gruppe zu sehen, doch jetzt fröstelte ihn beim Anblick von Nayamis kaltem Lächeln.

Ran griff in einen alten Schrank neben der Tür und holte einen Verbandskasten heraus, ohne ein weiteres Wort zu sagen riß er den oberen Teil Yuris Kleidung herunter und legte somit die Verletzung frei.

Einige stechende Desinfektionsmittel und Verbände später war Yuri komplett verarztet.

Yuri fühlte sich schlecht, er hatte darüber nachgedacht vor Ran wegzulaufen, obwohl sie Freunde waren und nun hatte ihm dieser Ran geholfen ohne Fragen zu stellen.

"Ran, ich....ich wollte sagen...Danke!"

Ran sah ihn seltsam an, das war nicht der Ran den er aus der Schule kannte, seine Augen waren trüb und gebrochen, erst jetzt stellte sich Yuri die Frage wieviel er wohl über seine Freunde wirklich wusste.

"Wärst du so nett und würdest niemandem sagen was gerade passiert ist?

Und es wäre nett wenn du mich nie hier besuchen würdest."

Yuri sah ihn verwirrt an, er wusste nicht was er davon halten sollte, doch er musste mit Ran reden. Auch er war von der Situation betroffen.

"Ran...ich muss mit dir über etwas reden! Es ist wichtig!"

solitude

Ran schaute Yuri mit müden Augen an, fast so als wäre er in einer Art Trance aus der er nicht mehr erwachen würde.

"Etwas Wichtiges? Ich glaube nicht dass ich grade wirklich Zeit habe für sowas... ich bin nicht der Richtige für solche Sachen..."

Yuri sah nun seit langer Zeit einmal wieder den Ran vor sich den er früher immer auf dem Schulgang gesehen hatte, bevor sie Freunde geworden waren.

Er machte den Eindruck eines gebrochenen Mannes, ohne einen Funken Hoffnung in die Zukunft.

War der ganze Spaß den sie zusammen hatten nur Einbildung gewesen, hatte er die Freude nur gespielt um sie nicht zu verletzen, oder gab es da etwas was niemand über ihn wusste?
 

"Ran? Das ist deine Tante Emiko. Du wirst von jetzt an bei ihr wohnen."

Ran schaute den Mann im Anzug seltsam an.

Warum musste er auf einmal bei dieser fremden Frau wohnen?

"Warum kann ich nicht zu Mama und Papa?"

Ran zog verzweifelt am Hosenbein des Mannes der ihn heute morgen aus dem Krankenhaus abgeholt hatte, er hatte versprochen dass sie am Nachmittag seine Eltern besuchen würden, doch vorher sollte Ran noch jemanden kennen lernen.

Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einer Mischung aus Mitleid und Scham.

"Mama und Papa müssen sich erst erholen bevor du wieder zu ihnen kannst, solange kannst du hier bei mir bleiben."

Die ältere Dame lächelte ihn freundlich an und streichelte ihm über den Kopf.

Trotzdem wollte er lieber zu seinen Eltern zurück, er kannte die Frau doch gar nicht.

Der Mann schwieg die ganze Zeit, dann holte er einige Zettel aus seiner Aktentasche und legte sie Rans Tante vor.

Sie las sie sich gründlich durch und unterzeichnete dann.

Die beiden wechselten einige Worte über Dinge die Ran nicht verstand, es fielen Worte wie Adoption, Schulgeld, Behandlung.

Wo waren Mama und Papa?
 

Yuri blickte sich fragend um, Ran sah äußerst nervös aus, fast als wolle er nicht dass Yuri hier war, als würde er etwas von sich Preis geben was niemand wissen darf.

"Ran, du bist der Richtige um darüber zu reden, es ist was passiert!"

Ran blickte ihn misstrauisch an.

"Wenn du über den Vorfall vor dem Park reden willst dann vergiss es, ich hab dich nur mit hierhin genommen weil du verletzt warst!"

Yuri schüttelte den Kopf, auch wenn er durchaus wissen wollte was Ran dazu trieb solche Dinge zu tun, aber wenn er nicht fragen sollte würde er nicht fragen.

"Nein, es geht um Keshi und um dich und um Kaneshon und um mich auch!"

Ran wurde aufmerksamer.

"Du erinnerst dich doch sicherlich noch an diese seltsame Frau die bei mir eingezogen ist?

Hinata-san?"

Ran nickte nur und wartete auf weitere Erklärungen.

Yuri versuchte ihm alles möglichst logisch und zusammenhängend zu erzählen, doch selbst für ihn, der all das erlebt hatte, klang es absolut unglaubwürdig und lächerlich.

Als er am Ende seiner Erzählung angelangt war, traute er sich nicht Ran in die Augen zu sehen, er wartete darauf dass er entweder ausgelacht oder herausgeworfen werden würde.

Doch keines von beidem passierte.

Langsam blickte er auf und erschrak.

Ran saß ihm totenbleich gegenüber, seine Hände zitterten und ihm standen Tränen in den Augen.

"Ran, was ist?! Hab ich was falsches gesagt? Wenn ja...dann...dann..."

Ran begann immer mehr zu zittern und stotterte zuerst nur unverständliche Dinge.

"Es tut mir leid.....Mama...Papa....tut mir...so leid....so leid..."

Seine Stimme wurde immer schwächer, Tränen rannen seine Wange herunter und er zitterte am ganzen Körper.

"Ran, was ist los? Ich wollte nicht....du musst mir nichts davon glauben!"

Er fasste Ran bei den Schultern und hob ihn unsanft in eine gerade sitzende Position, so dass sie sich in die Augen schauten.

"Es ist alles meine Schuld...alles meine Schuld...sie...sie hatte Recht..."
 

Ran saß auf dem Rücksitz als sie zu einer Familienfeier fuhren.

Die Sonne schien und das Meer glitzerte als sie die Strecke am Strand entlang fuhren.

Seine Mutter hatte ein blaues Kleid mit Blumenmuster an, auf dem Rücksitz neben Ran lag ihr weißer Sommerhut.

Sein Vater trug weiße Shorts und ein blaues Hemd, seine Augen waren fest auf die Straße gerichtet, er wollte nicht dass sie zu spät kamen.

Ran hatte sich zu Hause lange beschwert weil sie für den Familienbesuch einen Urlaub streichen mussten den sie lange geplant hatten. Ran hatte sich strickt geweigert mitzukommen, war jedoch später doch ins Auto verfrachtet worden.

Seine Mutter drehte sich zu ihm um und lächelte ihn beschwichtigend an.

"Schatz, sei nicht zu traurig. Wir holen den Urlaub nach, aber deine Tante hat Geburtstag und dann können wir doch nicht weg bleiben."

Ran war wütend, seine Eltern hatten ein Versprechen gebrochen, obwohl sie ihm immer eingebläut hatten, dass man Versprechen nicht brechen darf.

"IHR HABT ES VERSPROCHEN!! IHR SEID GEMEINE LÜGNER!! ICH HASSE EUCH!!!"

Es platzte aus Ran heraus und wie heraufbeschworen blockierte plötzlich das Lenkrad, sein Vater versuchte das möglichste es zu lockern, doch die Sperrung wurde immer stärker, während Ran auf dem Rücksitz immer lauter schrie.

Der Wagen war außer Kontrolle, immer schwerer wurde es den Wagen auf Kurs zu halten auf der schmalen Küstenstraße, dann plötzlich löste sich die Sperre, der Wagen nahm eine scharfe Kurve nach links, doch links war nur die Küste.

Schreie folgten.

Der Wagen überschlug sich.
 

>>KLATSCH<<

Mit einem lauten Knall landete Yuris flache Hand in Rans Gesicht, er musste seinen Freund irgendwie wieder zur Besinnung bringen.

"Ran, was ist mit dir? Komm zu dir!! Woran sollst du schuld sein? Was ist mit deinen Eltern?!"

Erst jetzt fiel Yuri auf, dass er Rans Eltern weder gesehen hatte, noch dass Ran jemals groß über sie gesprochen hätte. Er erinnerte sich nur dass Ran oft seine Mutter am Wochenende besuchen ging, warum er nicht bei ihr wohnte hatte Ran nie erzählt.

"Yuri? Ist das wahr was du erzählt hast?! Sind wir nicht normal? Yuri..."

Yuri wusste nicht was er sagen sollte, Ran schien vollkommen zusammenzubrechen.

Ran zitterte am ganzen Körper und weinte ununterbrochen.

Yuri konnte sich nicht im geringsten vorstellen, was an seiner Geschichte Ran so aufgeregt hatte, dass so eine Reaktion daraus resultierte.

Er wusste sich nicht anders zu helfen als zu warten bis Ran sich beruhigte, also nahm er ihn in den Arm und wartete darauf, dass er wieder zu sich fand.

Einige Zeit später war es still geworden, Yuri fragte sich warum noch niemand gekommen war um nach Yuri zu sehen.

Es war laut genug gewesen um Tote aufzuwecken, doch niemand hatte sich die Mühe gemacht zu überprüfen warum Ran so schrie. Yuri fühlte innerlich dass ihn sein erster Eindruck der alten Frau am Fenster nicht getäuscht hatte.

Tante?! Sehr familiär verhielt sie sich gegenüber Ran nicht. Warum wohnte er bei ihr?
 

"Ich will heute zu Mama!"

Ran stand in der Küche und weinte, seit er hierher gekommen war hatte er noch kein einziges Mal seine Mutter oder seinen Vater sehen dürfen.

Seine Tante stand vor ihm und für ein kleines Kind sah sie bedrohlich aus, wie ein lauernder Raubvogel der nur darauf wartete Beute zu reißen.

"Ich habe dir schon mehrmals gesagt dass sie sich erst erholen muss!"

Gab seine Tante gereizt zurück.

Sie bereute es inzwischen das Kind aufgenommen zu haben, doch es war das Kind ihrer Schwester, sie hätte es nicht ablehnen können, das verbat ihr Sinn für Familie.

"ICH WILL ABER!"

Ran schrie auf und ballte seine kleinen Hände zu Fäusten.

Im selben Moment schlugen alle Fenster und Türen zu und das Radio auf der Anrichte schaltete sich ein.

Erschrocken sah die alte Frau ihren Neffen an, einige Sekunden stand sie nur zitternd vor ihm, dann gab sie ihm eine Ohrfeige, wobei ihre Fingernägel eine sichtbare Spur auf seiner Wange hinterließen.

"DU....DU WARST ES!!!"

Sie kreischte los wie ein panisches Tier. Ihre Augen glasig und voller Angst.

"Sie haben gesagt dass es keine Hinweise auf eine Ursache gab für den Unfall...du warst es!!! DU HAST MEINE SCHWESTER.....!"

Ran sah sie unverständig, mit Tränen in den Augen an.

Was hatte er getan? Was war mit seiner Mutter?

Nach diesem Ereignis kühlte Rans Tante ihm gegenüber immer mehr ab, jedoch verbot sie ihm das Haus zu verlassen, außer wenn es dunkel war.
 

Nur einmal durfte er mit ihr mitkommen als es Tag war und er nicht zur Schule musste.

"Du wolltest doch immer deine Mutter sehen!"

Ran sah sie mit hoffnungsvollen Augen an, doch die Augen seiner Tante waren kalt und verachtend.

Als sie an ihrem Ziel angekommen waren war Ran verwirrt, es war ein Krankenhaus, aber kein normales Krankenhaus. Es gab keine offenen Zimmer auf den Gängen, die Türen waren aus Metall, alles wirkte steril und kalt.

Von einem Arzt der mit seiner Tante auf dem Weg einige Dinge besprach die er nicht verstand wurden sie in einen kleinen Raum geführt, mit nichts weiter als einem Bett und einem kleinen Schrank.

Auf dem Bett saß eine Frau, ihre Haare waren wild und durcheinander, sie trug ein weißes Hemd.

Sie hatte viele Verbände, sie musste sich weh getan haben.

An der Wand hing ein Foto, es kam ihm bekannt vor, drei Personen, jemand der der Frau ähnlich sah war auch darauf, sie trug ein blaues Kleid mit Blumenmuster.

Ran drängte sich an seiner Tante vorbei, sie wollte ihn noch zurückhalten.

"Mama?"

Die Frau sah ihn an, ihre Augen weiteten sich, ihr Mund öffnete sich langsam.

Ran erwartete dass seine Mutter ihn umarmen würde und sagen würde dass er zurück zu ihr und Papa könnte.

"aa...AAAAAAH...DER TEUFEL...er ist wiedergekommen, ER WILL MICH TÖTEN...ist dir mein Kind nicht genug?! GEEEEEEEEEEEH...AAAAH!!!!!!!!!!!!"

Die Frau, die seine Mutter war wich ruckartig von ihm zurück in die hinterste Ecke des Raumes als sie ihn erblickte. Sie schrie als würde sie einem Monster gegenüberstehen.

"Aber Mama, ich bin's...Ran."

Er lief zu ihr und wollte sie umarmen, doch sie stieß ihn von sich als hinge ihr leben davon ab.

"Du täuschst mich nicht du Teufel!! Ran ist tot...DU HAST IHN MIR WEGGENOMMEN!!"

Die Frau, die seine Mutter gewesen war sprang auf ihn zu und legte ihre Hände um seine Kehle und drückte fest zu.

Tränen liefen über seine Wangen.

"Ma....ma...."

Dann war alles ein großes Gewirr von Menschen in weißen Kitteln, er bemerkte nur noch wie jemand die Hände von seinem Hals riß bevor alles um ihn herum schwarz wurde.
 

Ran hob langsam seinen Kopf von Yuris Schulter, ihm war kalt.

Yuri sah ihn an und wusste nicht was er sagen sollte, er wollte ihn trösten.

Ran sah ihn mit traurigen, trüben Augen an, während er sich seinen Hals rieb.

"Yuri, heißt das wir sind wirklich Teufel?"

berceuse

Yuri wusste selbst nicht was er auf Rans Frage antworten sollte, zu oft in den letzten Stunden hatte er sich diese Frage so oder so ähnlich auch gestellt.

"Sind wir Teufel?"

Yuri wiederholte Rans Worte als müsste er sie erst selbst in den Mund genommen haben um sie zu begreifen.

"Ich...ich weiß es nicht."

Yuri musste sich eingestehen, dass, auch wenn er früher die Umstände wusste als Ran, so war er doch eigentlich genauso ratlos zu was sie dieses Schicksal machte.

Ran stand derweil auf, sehr zu Yuris Überraschung, und öffnete eine Schublade des kleinen Schranks, daraus holte er ein kleines Stück Papier.

Bei näherer Betrachtung fiel Yuri erst auf was es genau war, ein Foto.

Ran setzte sich neben Yuri und hielt ihm das Bild vor die Augen.

"Das sind...waren meine Eltern. Wir waren auf dem Weg zu einer Familienfeier, ich wollte nicht dahin, plötzlich blockierte der Wagen, es kam zu einem Unfall.

Yuri...damals habe ich mir gewünscht dass etwas unseren Besuch verhindert. Jahrelang habe ich nach einer Antwort gesucht warum damals der Unfall passiert ist.

Jetzt habe ich meine Antwort....ich selbst war Schuld daran.

Wie willst du mir jetzt noch sagen ich sei ein Mensch?!

Du weißt nicht was für ein Gefühl es ist Schuld zu sein die eigene Familie zu verlieren."

Yuri starrte schweigend auf das Bild, es zeigte eine glückliche Familie, perfekt wie aus dem Bilderbuch. Wie musste es Ran gehen, jetzt wo er sich die Schuld gab an dem Unfall?!

Die Schuld geben? Etwas in Yuri läutete, wie eine schwere Kirchenglocke, verborgene Erinnerungen kamen in ihm auf.

Es war als würde ein altes Siegel in ihm aufgebrochen, er konnte seine Gedanken noch nicht genau erfassen, die Erinnerungen noch nicht klar formulieren, doch er wusste, da war etwas was nicht dem Bild entsprach.

Er wusste er war nur noch einen kleinen Wurf davon entfernt sich auch über seine Vergangenheit klar zu werden.

Doch er wurde aus seinen Gedanken gerissen als Ran aufsprang als hinge sein leben davon ab.

"KANESHON!!"

Yuri fuhr herum, sein Herz raste.

Er brauchte einen Moment um zu verstehen was Ran sagen wollte, doch dann verstand er.

Ran empfand viel für Kaneshon und nun schien er sich zu sorgen, dass auch ihm etwas zustoßen könnte wie Keshi.

"Du hast Recht, wir sollten zu ihm gehen und mit ihm reden. Aber er wird uns sicher nicht sofort glauben. Du erinnerst dich? Er kennt Hinata-san von früher."

Etwas an seinen eigenen Worten erschien Yuri seltsam, auch Ran überlegte eine Sekunde, doch beide zogen es vor nicht lange nachzudenken, sondern begaben sich sofort auf den Weg zu Kaneshon.

Gewöhnlich war er um diese Zeit schon im Krankenzimmer der Schule.

Unbemerkt für die beiden hatte es nämlich begonnen zu dämmern und für sie beide wäre es an der zeit gewesen sich für die Schule fertig zu machen.

Sie verwarfen den Gedanken an die Schule sehr schnell und machten sich auf den Weg zur Krankenstation, die Schule lag ziemlich in der Nähe von Rans zu Hause, das einzige daran was man als praktisch hätte bezeichnen können.
 

Kaum an der Schule angekommen verspürten die beiden ein seltsames Gefühl, es war fast so als bekämen sie Kopfschmerzen und sie wurden stärker um so näher sie der Schule kamen.

Die Schule war dunkel, nicht ungewöhnlich um diese Zeit, die Kopfschmerzen verdrängten die beiden zuerst, bis sie plötzlich ein lautes, unheimliches Scheppern aus der Schule vernahmen.

Ihre Kopfschmerzen nahmen auf dem Weg zur Krankenstation immer mehr zu, sie kämpften damit nicht ohnmächtig zu werden, aus den Augenwinkeln bemerkten sie Kratzer in den Wänden und herunter bröckelnden Putz, ihre Sorge um Kaneshon wuchs.

Dann hörten sie es, einen lauten markerschütternden Schrei. Kein Schrei der Angst, ein Schmerzensschrei, doch es war eindeutig nicht Kaneshons Stimme.

Sie beeilten sich, auch wenn die Kopfschmerzen fast ins unerträgliche angestiegen waren und ihre Sicht dadurch stark beeinträchtigt wurde.

An der Krankenstation bot sich ihnen ein erschreckendes Bild.

Als sie ihre Augen endlich auf die Szene fixiert hatten, sahen sie Kaneshon, gekleidet in einen weißen Mantel, weiße Hose mit schwarzen Streifen und ein schwarzes, ärmelloses Oberteil mit einem Reissverschluss in der Mitte.

In seiner Hand hielt er eine Peitsche, das Ende der Peitsche war um einen jungen Mann am Boden gewickelt, der sich brutal dagegen zur Wehr setzte. Neben diesem Anderen lag ein Degen, ähnlich dem von Yuri.

Kaneshon schien sie nicht zu bemerken, er hatte seinen Blick auf den Anderen gerichtet und funkelte ihn böse an.

"Sag ihm ich arbeite alleine, ich lasse mich weder auf das eine noch auf das andere ein. Ich habe euch schon lange gesagt ich arbeite allein. Sag ihm das!!"

Mit einem Ruck lockerte sich die Peitsche und gab den Fremden frei, erst jetzt erkannten Yuri und Ran wer es war der Kaneshon einen Besuch abgestattet hatte.

Mit einem verächtlichen Schnaufen erhob sich Óto, der Drummer von Refuge und hob seine Waffe auf die auf dem Boden lag.

Nun bemerkten auch die beiden Nachtschwärmer zum ersten Mal die beiden Besucher.

"Nanana, wen haben wir denn da? Zwei kleine Mädchen auf dem Weg zur Großmutter? Naja ich will den werten Herrn nicht länger stören und verabschiede mich!"

Óto lachte dreckig und ließ es im Vorbeigehen nicht aus den beiden Jungen einen verächtlichen Blick zu schenken und sie anzurempeln.
 

Nach einem kurzen Moment des Schweigens wollte Yuri zu einer Welle aus Fragen ansetzen, doch Ran kam ihm zuvor.

Er stürmte auf Kaneshon zu und verpasste ihm eine Ohrfeige.

Kaneshon war einen kurzen Moment verwirrt, setzte dann aber wieder sein übliches undeutbares Lächeln auf.

"Ich denke das habe ich verdient nach der Szene, die ihr gerade miterleben musstet."

Er beugte sich herunter und sammelte einige Instrumente auf die bei dem Kampf wohl heruntergerissen worden sind. Da jedoch der ganze Raum aussah als hätte es ein Erdbeben gegeben, war Kaneshons Reaktion eher unverständlich.

"Seit wann bist du..."

Yuri setzte aus dem Hintergrund zu einer Frage an, während Ran schmollend auf einem Drehhocker am anderen Ende des Zimmers saß und Kaneshon wütend und verletzt ansah.

"Einer von euch...oder besser uns?"

Kaneshon sprach es aus als wäre es eines der normalsten Dinge der Welt, sein Gesicht blieb ruhig und entspannt, was ihn in dieser Situation eher unheimlich wirken ließ.

"Nun ja ich würde sagen ich weiß es schon eine lange, lange Zeit. Aber das ist nicht die wichtigste Frage worum es geht, du willst sicher eher wissen auf wessen Seite ich stehe."

Yuri sah ihn unruhig an, auch Ran rutschte inzwischen auf seinem Platz nervös hin und her.

"Ich kann dich in der Hinsicht beruhigen dass ich weder auf der einen, noch auf der anderen Seite stehe. Ich habe gelernt mich zu distanzieren."

Ran wurde stutzig, ihm schien etwas zu dämmern.

"Dann hast du Hinata also nicht im Studium kennengelernt sondern sie hat dich gefunden...wie mit Yuri!"

Kaneshon seufzte kurz und griff sich an den Kopf, so als müsse er überlegen.

"Nein es war schon die Wahrheit was ich erzählt habe, wir haben uns als Studenten getroffen, damals wusste sie noch nicht was ich war und ich wusste nichts von ihr, es war tatsächlich Zufall.

Ich dachte ich hätte es damals geschafft sie aus meinem Leben zu stoßen, doch ich habe mich wohl geirrt."

Er wirkte zwar nach außen immer noch ruhig, doch Kaneshons Mundwinkel begannen langsam zu zucken, fast als würde er etwas unterdrücken, etwas geheimhalten.

Yuri wurde sofort klar dass Kaneshon mehr wusste als sie alle zusammen, er war der Schlüssel zu all den Dingen die Hinata ihm nicht anvertraute und zu den Geheimnissen um Nayami und die Gruppe Refuge.

Während er immer weiter in Gedanken versank, begann Ran mit Kaneshon zu streiten, warum er ihnen all das nicht viel früher gesagt hatte. Ran war eindeutig verletzt und es wäre Zeit gewesen ihn von Aussagen oder Taten abzuhalten die er später bereute, doch Yuri war so tief in seinen Gedanken, dass er die beiden nicht einmal mehr wahrnahm.

Plötzlich hörte er etwas, durch das Gekeife von Ran hindurch nahm er eine Melodie wahr, die jemand summte.

Es kam von draußen, wie in Trance ging er dem Ton nach, der wie ein Beruhigungsmittel auf ihn wirkte, er achtete nicht darauf wohin ihn sein Körper trug, er kannte diese Stimme irgendwoher und er wusste, er musste zu ihrem Ursprung.

Als er wieder zu sich kam stand er vor einem alten Brunnen hinter der Schule.

Auf dem Rand saß eine Gestalt, halb vom Schatten der Bäume verdeckt.

Yuri trat noch einen Schritt näher heran und erstarrte als er realisierte wem er in die Augen sah.

"O...Oni-san?!"

cauchemar

Yuri stand erstarrt vor der Person die er als letztes erwartet hatte.

Sein Bruder konnte nicht hier sein, er war tot, oder war er es doch nicht?

Sein Bruder streckte seine Hand aus und hielt sie Yuri hin, als wollte er ihn auffordern ihn zu begleiten. Er flüsterte Yuri etwas zu.

"Das ist der Weg in den Garten."

Er wollte gerade seine Hand nach seinem Bruder ausstrecken als dieser rückwärts in den Brunnen hinter ihm fiel ohne einmal seinen Blick von Yuri zu nehmen.

Yuri stieß einen Schreckenslaut aus und versuchte seinen Bruder noch zu fassen bekommen, griff aber ihn die leere Luft.

Er sprang zum Rande des Brunnens und sah hinunter, aber dort war nichts, der Brunnen war auf halbem Weg zusammengestürzt und unten sammelten sich nur Schutt und Steine.

Er richtete sich auf, vollkommen verwirrt von dem was gerade passiert war und wurde erneut mit einem unerwarteten Anblick konfrontiert.

Er befand sich in einem düsteren Raum, um ihn herum Wände aus kaltem Stein, das einzige was diesen Raum schmückte war eine kleine Blume in der Mitte.

Sie war wunderschön aber einsam in diesem Raum.

Yuri fühlte den Drang sie zu berühren, doch als er es tat verwelkte die Blume in Sekunden.

Plötzlich war der Raum erfüllt von tausend Stimmen, sie alle schrien unter Qualen.

Yuri schloß die Augen und, als er sie wieder öffnete, war er in seinem Zimmer.

Die untergehende Sonne tauchte alles in ein tiefes, dunkles Rot.

Vor ihm lag sein Bruder, eine Stichwunde im Bauch, die leeren Augen auf Yuri gerichtet.

Der Mund seines Bruders öffnete sich langsam.

"Dein Existenz kann nur zu Sünde führen, du musst sterben Onii-chan. Der Schmerz wird erst ruhen können, wenn du tot bist."

Yuri verschlug es den Atem, was war das alles hier? Wurde er verrückt?!

Sein Bruder schrieb etwas auf den Boden, eine letzte Nachricht.

Es war nur ein Zeichen, doch erst jetzt find Yuri an zu begreifen, dass alles was um ihn herum passierte bereits vor langer Zeit begonnen hatte, wie bei den anderen auch.

Auf dem Boden stand das Zeichen für Schmerz.

War das der Schmerz von dem sein Bruder geredet hatte? War er verantwortlich?

Na-ya-mi!
 

Plötzlich überkam Yuri ein schrecklicher, stechender Kopfschmerz. Er spürte wie er langsam zu Boden fiel. Bevor er das Bewusstsein endgültig verlor hörte er noch zwei Stimmen.

" Dein Hass zerfrisst dich, doch du darfst nicht andere in unseren Konflikt hineinziehen, siehst du nicht was der Hass aus dir gemacht hat? Wenn du den Garten zerstörst, was bringt dir dann noch meine Existenz?!"
 

"SCHWEIG! Sie alle müssen sterben, ich werde nicht zulassen dass es sich wiederholt!

Und wenn es bedeutet dass alle sterben müssen... SO SEI ES!"
 

Yuri kannte die Stimmen, doch er war nicht mehr in der Lage sie zuzuordnen.

Und doch war eines war für ihn nun klar, Nayami war eine größere Bedrohung als er angenommen hatte, er war es wohl gewesen der vorhatte den Garten zu zerstören, doch warum und warum brauchte er Keshi lebend, etwas stimmte nicht.

Doch er musste ihn aufhalten koste es was es wolle.

Er durfte nicht zulassen dass mehr Menschen leiden mussten, Hinata hatte Recht, er musste kämpfen für sich und alle Menschen.

Er hoffte er würde nicht zu spät kommen um die anderen davon zu überzeugen ihm zu helfen.

Und auch um Keshis willen, er konnte den Gedanken nicht ertragen was Nayami ihm antun könnte.
 

Plötzlich spürte Yuri eine Hand an seiner Schulter, als er die Augen aufschlug sah er Kaneshon der sich über ihn gebeugt hatte.

"Yuri? Yuri, ist alles okay?"

Als Yuri sich langsam aufrichtete und sich umsah, stellte er fest dass er sich wieder in der Krankenstation befand.

Ran trat auch an die Liege heran auf der Yuri lag, er sah besorgt aus.

"Du bist ohnmächtig geworden während wir geredet haben, im Schlaf hast du einige seltsame Dinge geredet."

Yuri war verwirrt.

Scheinbar hatte er die Krankenstation nie verlassen, hatte er all das nur geträumt wie vieles davor? Sollte es ihm etwas zeigen? Was war an diesem Traum wichtig.
 

"Das ist der Weg in den Garten!"
 

Plötzlich war es so als hätte er es die ganze Zeit gewusst.

"Der Garten, ich weiß wie wir ihn finden."

Ran sah ihn verwirrt an, Kaneshons Blick war nicht zu deuten.

Yuri stand langsam auf und stellte sich vor die beiden.

"Wir müssen den Weg dorthin finden, ich bin sicher dort gibt es einen Weg um Keshi vor diesem Nayami zu beschützen."

Kaneshon trat einen Schritt vor und sah Yuri ernsthaft an.

"Du hast also vor den Weg in den Garten zu öffnen, du hast dich entschieden gegen Nayami zu kämpfen?"

Yuri nickte ernst, er war sich sicher es war der einzige Weg Keshi zu retten, er musste ihn retten und Nayami durfte niemals seine wahnsinnigen Pläne verwirklichen.

Kaneshon nickte und sah eine Weile aus dem Fenster, als erwarte er dass etwas passierte.

"Nun gut, ich bin mir sicher es muss so passieren. Ich denke ihr beiden solltet jetzt gehen und etwas ausruhen. Es ist viel passiert und vor allem du Yuri brauchst Kraft wenn du deine Pläne verwirklichen willst."

Es war gleichgültig dass sie eigentlich zur Schule hätten gehen müssen, Yuri nickte nur stumm und sah zu Ran herüber. Die beiden verabredeten, sich am nächsten Tag im Park zu treffen, Yuri fühlte dass ihn dieser Ort näher zu seinem Ziel führen würde.

Kaneshon sagte es wäre nicht seine Aufgabe ihnen bei so etwa zu helfen, also waren sie wohl auf sich gestellt.

Bald würden sie Antworten bekommen auf ihre Fragen, da waren sie sich sicher und vielleicht würden sie einen Weg finden ihr Schicksal doch zum besseren zu wenden.

Sie verließen die Krankenstation und Kaneshon und spürten zum ersten Mal die Erschöpfung über ihnen zusammenbrechen, sie verabschiedeten sich und gingen nach Hause.

Wie Kaneshon gesagt hatte, sie brauchten ihre Kräfte.
 

Einige Zeit später an einem anderen Ort, ereigneten sich auch Dinge die alles verändern sollten.

Nayami und Keshi befanden sich in einem kleinen Wald, nicht weit von ihnen entfernt lag Óto an einen Baum gelegt im Gras und schlief, eine andere Gestalt saß in den Blättern des Baumes und betrachtete sich den Himmel.

Keshi und Nayami saßen Rücken an Rücken auf dem Gras, sie sahen aus wie Freunde.

"Keshi, wenn du noch einmal vor die Wahl gestellt werden würdest auf meiner Seite zu stehen, würdest du deine Wahl ändern?"

Keshi sah sich den Himmel an, es war eine klare Nacht in der man alle Sterne sehen konnte, das Licht der Städte beeinträchtigte hier die Natur nicht.

"Du weißt ich tue das alles auch für mich."

Nayami seufzte leicht und schaute auch zum Himmel.

"Weißt du, manchmal frage ich mich, ob es nicht meine Schuld war..."
 

Plötzlich vernahmen sie ein Rascheln aus den Baumwipfeln um sie herum.

"Wie es scheint hat es sich entschieden, auf die eine oder andere Art ist es fast bedauernswert."

Nayami sagte das in einem seltsamen Ton, fast als trauere er um jemanden.

Keshi und Nayami erhoben sich und warteten darauf dass etwas geschah.

Dann wie aus heiterem Himmel sprang eine Gestalt vor ihnen aus den Baumwipfeln und landete direkt vor ihnen und ging vor Nayami auf die Knie.

"Hat er sich für sie entschieden?"

Nayamis Frage richtete sich an den plötzlichen Besucher.

Der weiße Mantel leuchtete im Mondlicht, die langen schwarzen Haare wehten ihm lauen Nachtwind, seine rotbraunen Augen sahen traurig zu Nayami und Keshi herüber.

"Ja, sie hat es geschafft dass er den Weg öffnen will, wir müssen schnell handeln."

Kaneshon sagte das alles mit bedauern in der Stimme, und doch wusste er dass es keine andere Möglichkeit gab als er sich langsam erhob.

tournant

Als Yuri am nächsten Morgen erwachte fühlte er sich einen Moment lang so als hätte er alles nur geträumt, er wollte wie jeden Tag in die Schule, seine Freunde treffen, normal leben.

Doch kurze Zeit später wurde ihm bewusst dass es kein Traum war, es war bittere Wirklichkeit, der er sich heute stellen musste.

Er wusste nicht was ihn erwartete, doch er war glücklich das wenigstens Ran ihn begleiten wollte.

Auf dem Weg zum Badezimmer klingelte es plötzlich an der Wohnungstür, misstrauisch begab sich Yuri zur Tür und schaute durch den Spion.

"Kaneshon?"

Er öffnete verwirrt die Tür, Kaneshon war der letzte Mann den er hier erwartet hatte.

"Was machst du hier so früh am morgen?! Müsstest du nicht arbeiten?"

Kaneshon lächelte ihn freundlich an.

"Naja ich dachte ich nehme mir den Tag frei und besuche meine Freunde, ist das so erstaunlich?"

Yuri wusste nicht was er darauf antworten sollte, Kaneshon schien wirklich absolut neutral zu bleiben, wie schaffte er es sonst ihn nach all dem was zur Zeit passierte so gelassen zu wirken.

"Komm doch erstmal rein, ich muss mich nur eben duschen dann bin ich für dich da!"

Kaneshon winkte ab und begab sich in Richtung Küche.

Yuri ging ins Badezimmer und sprang eilig unter die Dusche, er wollte Kaneshon nicht warten lassen, war er doch das einzige bisschen Normalität was ihn am heutigen Tag erwarten würde.

Das warme Wasser der Dusche war angenehm, Yuri fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen wieder sicher und geborgen und doch konnte er seine Gedanken nicht davon abhalten abzuschweifen zu dem was heute noch passieren würde.

Nachdem er sich fertig geduscht und abgetrocknet hatte begab er sich in die Küche, Kaneshon saß ruhig am Tisch und trank eine Tasse Tee, er strahlte eine übernatürliche Ruhe aus, die Yuris Vorhaben zu Kämpfen beinahe ins Wanken brachte.

"Wie wär's wenn wir ein bisschen spazieren gehen? Das Wetter heute ist so angenehm, es wird uns sicher beiden gut tun."

Yuri war verwirrt, doch trotzdem willigte er ein, er fühlte sich fast als hätte er keine andere Wahl als alles zu tun was Kaneshon vorschlug, viel mehr war es aber seine eigene Verzweiflung dass er nicht wollte dass es Abend wurde.

Vor dem Gebäude wartete schon Ran, Yuri war wenig überrascht dass Kaneshon auch ihn eingeladen hatte.

Einen Moment lang hoffte er dass Keshi an der nächsten Ecke auf sie warten würde, doch er wusste, dass es unmöglich war.

Die Stadt war um diese Zeit ruhig, die Kinder und Jugendlichen waren in der Schule und die Erwachsenen auf der Arbeit, die Stadt gehörte praktisch ihnen.

Sie schlenderten entspannt den Weg zum Park entlang, unterhielten sich über belangloses, für Ran und Yuri war es fast so als sei nie etwas passiert, sie fühlten sich wohl in dem Moment.

Im Park führte Kaneshon sie an einen ruhigen Ort der ihnen bisher nie aufgefallen war, es war eine kleine Waldlichtung, ein ausgetretener Pfad führte noch tiefer in das Dikicht der Bäume, doch Kaneshon beschloss, dass sie hier Halt machen würden.

Ran hatte einige Sachen zu Essen dabei, fast wie bei einem Picknick.

Die Stimmung war ausgelassen, sie bemerkten kaum wie die Zeit verging, erst gegen Nachmittag fiel Yuri und Ran ein, dass sie noch etwas zu erledigen hatten.

"Bevor ihr geht möchte ich euch noch etwas mitgeben."

Kaneshon sah sie freundlich wie immer an, Yuri und Ran wussten zwar nicht was Kaneshon ihnen noch zu geben hatte, aber sie wollten jede Hilfe annehmen die sich ihnen bot.
 

Der Schrein in dem Kaneshon wohnte war nicht weit vom Park entfernt, er grenzte sogar direkt daran. Vor den Toren angekommen fröstelte es Yuri als er bemerkte wie still es an diesem Ort war.

"Wenn ihr mich bitte herein begleiten würdet, es ist wichtig."

Kaneshon wirkte fast schwermütig als er diese Worte sagte, Ran sah ihn besorgt an.

Trotz allem folgten sie ihm als er die Tür zum Schrein öffnete.

Ihnen stieg ein süßlicher Geruch entgegen, Yuri kannte diesen Geruch, konnte ihn jedoch nicht einordnen. Der Raum selbst war so dunkel dass weder Yuri noch Ran erkannten was vor ihnen lag.

Plötzlich erfüllte das Flackern der Tempelflamme den Raum, die beiden erkannten, dass sie nicht allein waren. Vier andere Personen waren anwesend.

Kaneshon sah kühl aus einer Ecke des Raumes zu den bestürzten Freunden herüber.

"Bitte hört zu was sie zu sagen haben."

Yuri wollte nicht hören was diese Menschen zu sagen hatten, sie waren es die all das verursacht hatten. Ran war nur bestürzt zu sehen was er sah, er hatte es bis zu diesem Moment nicht wirklich glauben wollen, doch jetzt sah er es mit eigenen Augen.

"Du darfst das Tor nicht öffnen, Yuri!"

Keshi platzte als erster mit seiner Meinung heraus und trat einen Schritt aus der Gruppe, bestehend aus Nayami, Óto, Kakuseiki, dem Bassisten von Refuge und Keshi selbst, hervor.

Auch Kaneshon trat jetzt einige Schritte zu der Gruppe hinüber.

Yuri und Ran konnten nicht begreifen was sie sahen.

Stellten sich jetzt alle gegen sie?

ER!

Es war seine Schuld.

"NAYAMI!!!"

Doch es war nicht Yuri der aus lauter Wut auf Nayami zusprang und ihn erwürgen wollte, es war Ran, der über Kaneshons Verrat ihm gegenüber so erschüttert war, dass er keinen anderen Weg mehr sah.

"ES IST DEINE SCHULD!!! DU BIST DER TEUFEL!!! DU NIMMST SIE MIR ALLE WEG!!! DU....."

Ran schaffte es nicht seinen Satz zu beenden als eine Energiewelle ihn zurückwarf, wo er neben einem völlig am Boden zerstörten Yuri liegenblieb.

"Es ist wie Keshi es gesagt hat, ihr dürft das Tor nicht öffnen, ihr müsst uns nur einen Moment zuhören, wir verlangen weder Vertrauen noch Verständnis."

Kaneshon wirkte zum ersten mal in seinem Leben verzweifelt, fast als fürchte er mögliche Konsequenzen die ihn erwarteten wenn er sie nicht dazu brachte zu gehorchen.

Yuris Gedanken überschlugen sich.

Er konnte niemandem mehr vertrauen.

Jeder ließ ihn allein.

Nayami wollte nicht dass er das Tor öffnete.

Das Gegenteil.

Er musste das Tor finden.

Der einzige Weg um seine Rache zu bekommen.

Rache?

Auch Ran dachte nicht mehr klar.

Kaneshon hatte ihn betrogen.

Alle Menschen ließen ihn allein, alles bestand nur aus Lügen.

Der Teufel den seine Mutter all die Jahre in ihm gesehen hatte stand vor ihm.

Er musste einen Weg finden diesen Teufel zu zerstören.

Für seine Mutter. Für sich selbst.

Er musste das Tor finden.

Ohne sich abzusprechen oder auch nur einen Moment zurückzublicken, sprangen Yuri und Ran auf und rannten zur Tür und verschwanden.
 

Nayami und seine Anhänger, sowie auch Keshi und Kaneshon blieben verwirrt und schockiert zurück.

"Wir müssen die beiden aufhalten. Das eben war ihr Werk!"

Keshi blickte den sonst so schweigsamen Kakuseiki verwirrt an, wendete sich dann an Nayami dessen Blick mehr als besorgt war.

"Es gibt nur einen Ort an den sie die beiden geschickt haben kann, wir müssen diesen Ort finden, vielleicht ist das Tor noch stabil."

Mit diesen Worten sprang Nayami auf die Tür des Tempels zu hinter der sich eine Wand aus schwarzem Nebel befand, kaum hatte er sie betreten war auch er verschwunden.

Die anderen schauten sich kurz verlegen an und beschlossen dann ihrem Anführer zu folgen.

Als sich der Nebel um sie herum lichtete befanden sie sich auf einer kleinen Lichtung inmitten von Bäumen, das einzig auffällige war ein alter Brunnen, er war versiegelt worden.

Vor diesem Brunnen standen die beiden Jungen.

"YURI! RAN! WEG VON DEM SIEGEL!!!"

Nayami sprang einen Satz noch vorne, sehr zum Erstaunen aller Anwesenden, wurde jedoch von einer unsichtbaren Barriere zurück geschleudert.

Yuri und Ran wussten nicht was sie vor ihm beschützte aber sie waren nicht unglücklich darüber sich nicht auch noch mit ihm herumschlagen zu müssen.
 

Yuri stand nun mit klopfendem Herz vor dem Ort den er in seinem Traum gesehen hatte, eigentlich ähnelte nur eins wirklich seinem Traum, der Brunnen.

Er wusste sofort dass dies der Ort war an den sein Bruder ihn hinführen wollte.

Hier würde er einen Weg finden alles zu beenden was in den letzten tagen geschehen war und wenn es gegen die Interessen Nayamis ging, dann konnte es nur etwas sein was ihren Interessen diente.

Er besah sich genau die Versiegelung des alten Brunnens, es war eine massive Eisenplatte, mit einer seltsamen Gravur, die in Schlangenlinien zur Mitte hin verlief, dort war ein Loch in dem Siegel.

Am Rand des Brunnens lag ein Messer, der griff sah aus als wäre es schon sehr alt, doch die Klinge glänzte als wäre sie gerade erst poliert worden.

"Dein Blut ist der Schlüssel!"

Yuri wusste nicht woher die Stimme kam, doch sie hallte so deutlich in seinem Kopf dass er sie nicht verdrängen konnte.

Sein Blut? Der Schlüssel?

Dann erschien es ihm auf einmal vollkommen klar, er hielt seine Hand über den Brunnen und nahm das Messer in die andere.

Ohne an die Folgen zu denken, nur von seinen Rachegedanken gegen Nayami geleitet schnitt er sich in die Hand.

Ran beobachtete all dies aus kurzer Entfernung, er wusste nicht was er sagen sollte, einerseits war da sein Zorn auf Nayami und das was er ihm angetan hatte, auf der anderen Seite stand seine Sorge über das unüberlegte Handeln dass Yuri an den Tag legte.

Ein kurzer Schmerzenslaut unterbrach seine Gedanken.

Wie in Trance schauten alle Anwesenden auf Yuris Hand, langsam rann ein kleiner Tropfen Blut an seiner Handfläche herunter, sammelte sich einen Moment und fiel dann herunter.

Für alle wirkte der Moment unglaublich lang.

Nayamis Augen waren zu Schlitzen zusammengezogen, er biss sich so stark auf die Unterlippe das sie blutete.

Keshi und Kaneshon waren angespannt als erwarteten sie dass jeden moment ein kampf beginnen würde.

Óto und Kakuseiki knieten beunruhigt hinter Nayami und stützten ihn.

Dann berührte der Tropfen das Siegel.

Einen Moment herrschte absolute Stille auf der Lichtung, die Zeit schien stehen geblieben

Plötzlich schoß ein gleißender Lichtstrahl aus dem Siegel in den Himmel und tauchte alles in ein blendendes Licht, in dem Licht erschien eine Tür, dunkel und verheißungsvoll, die sich langsam öffnete.
 

"NEIN!! Ihr dürft sie auf keinen Fall betreten, ihr dürft das nicht tun!! Sie benutzt euch!!"

Nayami versuchte mit letzter Kraft Yuri und Ran zu überzeugen das Tor nicht zu betreten, doch in dem Moment in dem er die Worte aussprach wusste er, dass es zu spät war.

Er ließ seinen Kopf sinken und schlug mit geballten Fäusten auf die Erde, all seine Anstrengung war vergebens gewesen.

"Keshi, Kaneshon, ich hasse mich dafür erneut etwas so Schreckliches von euch zu verlangen, aber dennoch, folgt ihnen. Der Weg ist geebnet und ihre Macht ist bereits zu stark als dass ich noch Zutritt zu diesem Ort hätte.

Ihr müsst sie aufhalten.

Ihr wahres ich darf niemals befreit werden, oder sie wird Unglück über uns alle bringen."

Keshi war bewusst wie schwer Nayami diese Bitte fiel und doch ergriff er Kaneshons Arm und zog ihn mit sich ohne sich einmal umzudrehen, weil er wüsste dass er sonst zögern würde.

Nur noch schattenhaft erkannten sie die Schatten von Yuri und Ran die das Tor betraten, bevor auch sie von dem unglaublichen Licht verschlungen wurden dass um die Tür erstrahlte.
 

Yuri begann langsam wieder Umrisse zu erkennen als das Licht schwächer wurde.

Er roch tausende von Blumen, um ihn herum sangen hunderte von Vögeln ihr Lied.

Ran war bewegt, die Vögel sangen ein trauriges Lied, er verstand ihre Sprache nicht und doch spürte sein Herz dass es von Trauer und Schmerz erfüllt war.

Langsam erblickten sie vor sich einen riesigen Garten, mit unzählbar vielen Blumen, in der Mitte des Gartens erwuchs ein gigantischer Baum der bis in den Himmel ragte.

Zwischen den Beeten standen kleine Kapellen und Brunnen, es war ein himmlischer Anblick, als wären sie im Paradies.

Yuri suchte nach einem Anhaltspunkt was ihr nächstes Ziel wäre.
 

Vor ihm erstreckte sich ein Langer gepflasterter Pfad, dieser wund sich durch diesen wunderschönen Garten, die Blumen sahen aus wie ein Meer aus Farben in dem man versinken könnte.

Ein sanfter Wind strich durch seine Haare und brachte die Pflanzen dazu geheimnisvoll zu flüstern, eine Sprache die er kannte, aber an die er sich nur unklar erinnerte.

Nicht weit von ihnen erblickte er einen Brunnen, dort saß eine Gestalt.

Er bewegte sich näher auf den Brunnen zu und versuchte zu erkennen wer hier an diesem heiligen Ort auf sie warten könnte.

Ran war noch zu verzaubert von der Schönheit der Landschaft um zu bemerken wie Yuri sich von ihm entfernte.

Yuri indes hatte erkannt wer die Gestalt am Brunnen war.

Sie trug ein langes weißes Gewand und ihre langen schwarzen Haare fielen wie ein Wasserfall ihren Rücken herab, sie war wie ein Engel in diesem Paradies und Yuri wusste dass sie ihm gegen Nayami helfen würde.

Hinata hatte ihm den Rücken zugewandt als er auf sie zulief.

Er beschleunigte seine Schritte noch um sicher zu gehen all dies schnell hinter sich zu lassen.

Als er sie fast erreicht hatte, drehte sich Hinata zu ihm herum.

Etwas in ihrem Blick war anders als er es erwartet hatte.

War es Dankbarkeit? Freude?

Ihr Blick ging an ihm vorbei, war jemand hinter ihm?

Bevor er sie noch erreichen konnte spürte er einen Schmerz der seine Brust durchfuhr, er kannte diesen Schmerz und doch war er neu für ihn, jetzt wusste er wieder warum ihm dieser Moment so bekannt vorkam, jetzt wo es zu spät war.

Er blickte an sich herunter und sah einen Degen der aus seinem Oberkörper ragte, Blut tropfte von ihm herunter, sein Blut.

Er sah fragend zu Hinata, die lächelnd zu ihm herüber sah.

Dann hörte er eine Stimme in sein Ohr flüstern und das Bewusstsein wessen Stimme es war, war viel grausamer noch als das was sie sagte.

"Wir müssen dir dankbar sein, dass du uns so bereitwillig geholfen hast. Als Belohnung sollst du einen kurzen, schmerzlosen Tod erfahren, natürlich nur ihm Vergleich dazu was deine Freunde erfahren müssen."

Yuri stiegen Tränen in die Augen.

Tränen der Verzweiflung, der Trauer und des Hasses.

Durch den Schleier aus Tränen und Erschöpfung sah er nur noch verschwommen, wie Ran an ihm vorbei schritt, in einen Mantel aus schwarzer Seide gehüllt, darunter ein weißes Rüschenhemd und eine schwarze Seidenhose.

Er kniete vor Hinata nieder, die so kein Stück der Hinata glich die er kennengelernt hatte.

Hinatas Blick verwandelte sich in eine Grimasse aus Hohn und Freude und aus ihrem Mund erklang ein Lachen, so eiskalt, dass es Feuer gefrieren lassen könnte.

"Endlich! Endlich ist der Tag der Rache da! Endlich wirst du wieder mir allein gehören Onii-sama!!"

véracité

Yuri fühlte sich schwach, von sehr weit her hörte er Stimmen die seinen Namen riefen.

Er sah wie durch einen Schleier wie sich Hinata und Ran von ihm entfernten.

Ran. Er war Yuris letzte Hoffnung gewesen dass nicht alle Menschen sich gegen ihn wandten.

Ran und Hinata entfernten sich langsam über den Pfad der in Richtung des riesigen Baumes führte.

Schon wieder hörte Yuri die Stimmen, irgendwoher kannte er sie.

Kaneshon? Keshi?

Er versuchte sich zu bewegen, er wollte sie nicht sehen, zu viel Angst hatte er vor dem was dann passieren würde, wie viel mehr sie noch ihre Freundschaft schänden würden.

Ein stechender Schmerz der von der Stichwunde herrührte fuhr durch seine ganze Brust.

Er krümmte sich und rollte sich zusammen, Tränen liefen seine Wangen herunter.

Alle hatten ihn verraten, er wollte nur noch allein sein, er wollte für immer einschlafen.

Einschlafen?

Sterben?

Ja, wenn er jetzt einfach hier liegenblieb würde er sterben und Keshi und Kaneshon würden ihm dabei zusehen.

Er wollte das alles nicht mehr mitbekommen.

Mit diesen Gedanken entglitt er in eine tiefe Ohnmacht.
 

Keshi und Kaneshon wussten in dem Moment in dem sie eine Gestalt auf dem Boden liegen sahen, dass etwas passiert sein musste. Sie waren sich sicher dass er verletzt worden war.

Keshi erreichte als erster den Ort des Geschehens und erschrak zutiefst.

"Yuri?! Kaneshon...ich glaube wir lagen von Anfang an falsch, deshalb ist der Plan fehl geschlagen..."

Auch Kaneshon war fassungslos als er Keshi erreichte.

Einen kurzen Moment überlegten sie was zu tun sei, dann griffen sie unter Yuris Arme und trugen ihn in Richtung des Tores.

Einen kurzen Moment lang stutzte Keshi.

"Was ist mit ihr? Wird sie nicht versuchen uns aufzuhalten?"

Kaneshon überlegte einen Moment und wirkte so als versuche er etwas aus dem Wind zu hören.

"Nein, sie sind auf dem Weg zum Baum, wir können hier zur Zeit eh nichts ausrichten, zuerst müssen wir ihn hier versorgen."

Mit zerknirschter Miene nickte ihm Keshi zu.

Inzwischen hatten sie das Tor erreicht und wollten diesen Ort verlassen, noch einmal blickten sie sich um und atmeten schwer.

"Ich hatte gehofft es würde nie so weit kommen, Keshi"

"Ja ich auch, aber für dich muss es noch schwerer sein."

Dann wandten die beiden dem Garten den Rücken zu und verließen diesen seltsamen Ort.

Dies alles geschah unter den wachsamen Augen einer Person im Schatten einer kleinen Kapelle, die verschlagen lächelte als die drei das Tor betraten.
 

Yuri erwachte mit brennendem Kopf und schweren Schmerzen im Brustkorb, ihm war so als müsste er tot sein spürte jedoch alle Qualen die zu seinem leben gehörten.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen von einer Bewegung am anderen Ende des Zimmers.

"Ich hoffe du hast gut geruht. Ich habe alles veranlasst, dass du wieder zu Kräften kommst. Ich hoffe du bist jetzt bereit mich anzuhören, nach allem was geschehen ist."

Yuri versuchte sich an das Licht des Zimmers zu gewöhnen, es war ein heller Raum mit einem hohen Fenster, das nur zu einer Seite halb mit einem Vorhang verhangen war, von draußen erhellte künstliches Licht, vielleicht von einer Stadt, die dunkle sternenlose Nacht.

Er selbst lag auf einem weichen Bett mit weißen Vorhängen rundherum, ansonsten war der Raum leer.

Am anderen Ende des Zimmers stand eine Gestalt in einem schwarzen Anzug, seine weißen Haare ernst zu einem Zopf gebunden, seine eisblauen Augen traurig und erschöpft.

"Nayami...was...warum?"

Yuri fuhr zusammen als er den Mann erkannte dem er noch vor kurzer Zeit den Tod geschworen hatte. Er war verwirrt und wusste nicht einmal mehr was er glauben sollte.

Anscheinend hatten ihn Nayami und seine Leute nach den Vorfällen an diesem Ort gerettet.

"Warum?"

Yuris Stimme war schwach und erschöpft und voller Verzweiflung, seine gesamte Welt war zusammengestürzt und er wartete in ihren Ruinen auf ein Licht der Hoffnung.
 

Nayami trat langsam einige Schritte an das Bett heran, er hatte immer noch eine Aura des Mysteriösen, doch sie war nicht länger scharf und gefährlich wie eine Klinge, sie war vielmehr tief und traurig wie das Meer, fand Yuri.

Er kniete vor dem Bett nieder und sagte etwas, wodurch sich Yuri endgültig in Dunkelheit gestoßen fühlte, wie ein Blinder den man in einem leeren Raum sperrte.

"Ich hoffe du kannst mir noch einmal verzeihen, ich habe dir Unrecht getan. Wenn du versprichst dir die ganze Geschichte um unser Schicksal anzuhören, verspreche ich dir das deine Fragen geklärt werden."

Yuri wusste nicht was er sagen wollte, aber er fühlte sich verraten, von allem und von jedem.

"Die Wahrheit? DIE WAHRHEIT? Wem soll ich denn noch glauben was die Wahrheit ist?!"

Nayami erhob sich und sah ihn ernst an.

"Ich kann dir versichern dass nichts von dem was du bisher weißt eine Lüge war, nur war Hinata klug genug dir wichtige Dinge zu verschweigen, so dass wir alle auf einen falschen Pfad gelockt wurden."

Yuri sah ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf, einen Moment lang überlegte er was er sagen konnte damit Nayami ihn allein ließ.

Doch dann, zu seinem eigenen Erstaunen, atmete er einmal tief ein und wählte das was ihm als Einziges noch als Alternative offen stand.

"Nun gut, ich werde zuhören, aber was ich danach tue ist allein meine Entscheidung."

Nayami nickte stumm und überlegte einen Moment.

"Ich denke du solltest dich noch ein wenig ausruhen bevor du alles erfährst. Ich werde dich zu mir rufen lassen wenn es soweit ist, bis dahin bitte ich dich meine Gastfreundschaft anzunehmen, dieses Zimmer jedoch nicht zu verlassen.

Solltest du einen Wunsch haben, wende dich an Kakuseiki, er wird vor deiner Tür Wache stehen."

Daraufhin verließ Nayami das Zimmer und ließ Yuri allein zurück.

Mit langsamen behutsamen Schritten bewegte sich Yuri zum Fenster hin, er war noch schwach, hatte jedoch keine Lust weiterhin zu liegen.

Am Fenster angekommen wurde Yuri fast schwindlig, weit unter sich sah er die Lichter der Stadt, das Zimmer in dem er sich befand musste sich in den obersten Etagen eines riesigen Gebäudes befinden, Nayamis Eigentum nahm er an. Jetzt fiel ihm ein dass Nayami auch von Gastfreundlichkeit geredet hatte.

Er spürte ein leichtes Gefühl von Hunger, er erinnerte sich dass er die Person an der Tür fragen sollte. Vorsichtig, immer noch voller Misstrauen, öffnete er die Tür und tatsächlich saß da auf einem Stuhl neben der Tür ein junger Mann mit blonden Haaren, vielleicht gerade Anfang 20.

In seiner Hand hatte er ein kleines Stofftier, es sah aus wie ein Hündchen mit Flügeln, und spielte mit ihm. Wie es aussah hatte er Yuri nicht bemerkt, denn als dieser sich räusperte, beeilte Kakuseiki sich das Hündchen in seiner Tasche verschwinden zu lassen.

Er errötete leicht und sah auf den Boden, Yuri erschien diese Person ganz anders als noch vor kurzem im Schrein.

"Ich hab' Hunger, mir wurde gesagt ich solle Sie fragen."

Kakuseiki sah ihn einen Moment lang verwirrt an und fing dann lauthals an zu lachen.

"Hey klar Kleiner, wenne was zu futtern haben willst, dann frag einfach mich! Aber lass das komische Sie sein, nenn mich einfach Kaku. Machen eh alle bis auf Naya.

Watt willse denn haben? Ach weißte ich mach dir einfach ne gute Mischung aus allem, bisher hat sich noch keiner beschwert."

Mit diesen Worten stand er auf und machte sich auf den Weg etwas zu Essen zu besorgen, bevor er durch die nächste Tür ging drehte er sich jedoch noch einmal um zu Yuri.

"Und bitte lauf mir nich weg, ok?"

Yuri sah im verwirrt nach, es war so gar nicht die Art Wachposten die er erwartet hatte.

Ohne darüber nachzudenken schloß er die Tür wieder und ging zurück zu seinem Bett.

Er fühlte sich gerade nicht wie ein Gefangener, er war ein Gast.

Doch warum sollte Nayami, ausgerechnet er, ihn wie einen Gast behandeln?

Hatte Nayami nicht gedroht ihn zu töten.
 

Yuri wurde von einem Klopfen aus den Gedanken gerissen.

Er ging zur Tür, als er sie öffnete stand dahinter Óto, ein riesiger Mann mit rotbraunen Haaren, er hatte ihn schon einmal in Kaneshons Gegenwart getroffen.

Auch er lächelte ihn freundlich an, was aber bei Ótos Statur eher seltsam wirkte.

"Nayami erwartet dich, er hat gesagt du sollst schnellstmöglich in sein Zimmer kommen, ich werd dich hin begleiten."

Yuri machte sich innerlich bereit für alles was jetzt geschehen würde, er hatte seinen Hunger bereits wieder vergessen, jetzt wo er daran erinnert wurde, wollte er unbedingt wissen was es war dass hinter all diesen Vorgängen steckte und diesmal, hoffte er, würde er die ganze Wahrheit erfahren, wie Nayami es versprochen hatte.
 

Vor Nayamis Zimmer angekommen machte sich ein seltsames Gefühl in Yuris Magen breit, die Tür vor ihm war riesig groß, aus Eichenholz mit metallisch glänzenden Beschlägen und einem Symbol in der Mitte das er von irgendwoher zu kennen glaubte.

Langsam öffnete sich die Tür, dahinter lag ein düsterer Raum.

Nachdem er ihn betreten hatte fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, es gab kein zurück.

Langsam gewöhnten sich seine Auge an das schwache Licht, eine Schale in der ein Feuer brannte war die einzige Lichtquelle hier.

Jetzt erkannte er auch Nayami, der vor einem Teetischchen kniete und etwas Tee aufgoß.

"Bitte setz dich, ich möchte doch dass du es gemütlich hast, es wird nämlich eine lange Erzählung werden."

Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden kniete auch Yuri sich an das Tischchen und bekam von Nayami Tee gereicht, er roch gut und verbreitete eine entspannte Atmosphäre.

"Nun gut, ich wollte zuhören, jetzt erzählen Sie!"

Nayami sah ihn an und nickte, er nahm noch einen Schluck Tee und atmete tief ein bevor er begann.

Er machte eine weite Geste mit seinem Arm in Richtung der Wand links von Yuri, wie auf Nayamis Befehl erhellte ein seltsames Licht die Wand und auf ihr zeigten sich Bilder die ein Eigenleben zu haben schienen.

Das Wandbild war enorm und zeigte eine Szenerie die Yuri kannte, er ahtte sie erst vor kurzem gesehen.

Der Garten.
 

"Vor langer Zeit, als die Menschen noch in Einklang mit der Natur lebten, wusste jeder Mensch und jedes Tier um die Existenz eines wunderbaren Ortes.

Dieser Ort war der Ursprung allen Lebens, in ihm entsprang der Urquell dieser Welt, der Baum des Lebens, Yggdrassil, zu seinen Füßen wuchsen die Blumen der Seelen, eine für jedes Wesen in der Welt.

Dieser Garten war verbunden mit der Welt der Menschen und wenn sie in Not waren oder Hilfe ersuchten, dann kamen sie dorthin und beteten in den vielen heiligen Stätten des Gartens um eine bessere Zukunft in der Hoffnung die Hüter hätten ein Einsehen."
 

Auf dem Wandbild sah Yuri den Garten, mit seinen unzähligen Blumen, darin bewegten sich viele kleine Figuren, die zwischen den kleinen Kapellen hin und her wanderten.
 

"Der Garten hatte auch eigene Bewohner die für ihn sorgten, sie waren gutherzige Wesen, die die Menschen liebten und für sie sorgten.

Zuerst waren da die vier Wächter des Himmels, im Süden wachte Topaz über die Blumen die in trockener Erde wuchsen, im Osten wachte Saphia über die Blumen umgeben von Wasser, im Westen bewachte Suma die Blumen in den Wäldern die die Wurzeln Yggdrassils bildeten und im Norden wachte der nie schlafende Wächter Dáiya über die Blumen die zwischen Eis und Schnee ihr hartes Leben fristen mussten.

Diese Wächter wart ihr und ihr wart eurer Aufgabe immer treu und habt sie nie verraten."
 

Das Bild zeigte nach und nach nähere Details des Gartens und Yuri erkannte wie verschiedenartig die Berreiche um das Zentrum des Gartens waren.

Dann erschienen vier Gestalten an den Rändern des Gartens, Yuri wusste sofort wer es war und es war ein seltsames Gefühl sich selbst im Norden zu sehen.

Doch er unterbrach Nayami nicht.
 

"Dann war da das Tor in die Welt der Menschen, es war einst vor den Toren des Gartens und jeder Mensch durfte es passieren, wenn er reiner Absicht war.

Auch dieses Tor hatte einen Wächter, er sollte prüfen ob die Absicht der Menschen rein oder unrein war, war sie rein so durften sie in den Garten und für ihr Schicksal beten, war sie unrein so wies er sie ab ohne ein weiteres Wort. Er durfte niemals das Tor unbeaufsichtigt lassen, auch wenn er einsam war an diesem Ort, er erfüllte gewissenhaft seine Pflicht."
 

Yuri erkannte den Ort auf dem Wandbild, es war der Ort den er auch in der Vision gesehen hatte die Hinata ihm im Park gegeben hatte.

Auch der Wächter war ihm bekannt und Yuri erschrak.

Nayami nickte nur betrübt und fuhr fort.
 

"Der Wächter des Tores hatte eine Schwester, sie war rein und unschuldig. Sie war die Wächterin des heiligen Zentrums des Gartens, wo der Baum selbst stand und wo alle Blumen der Kinder und noch nicht geborenen wuchsen.

Sie erfüllte ihre Aufgabe mit Pflichtbewusstsein und liebte jeden Menschen und jede Blume des Gartens."
 

Als Yuri auf das Wandbild sah und das Gesicht der Wächterin erkannte zweifelte er einen Moment lang seine Sehkraft an, doch er sah es tatsächlich.

Nayami fuhr weiterhin fort, mit betrübtem Blick, seine Geschichte zu erzählen.
 

"Doch die Wächterin war einsam, auch wenn sie einen Bruder hatte, so wusste sie nichts von seiner Existenz, denn sie sollte ihre Aufgabe ohne Gedanken an etwas anderes erfüllen und auch wenn viele Menschen in dem Garten ein und aus gingen so würde sie doch niemals Freunde haben können da jeder Mensch in ihr eine Göttin sah.

Sie war traurig und weinte eine lange Zeit, doch niemand konnte sie trösten."
 

Wieder veränderte sich das Bild, es zeigte eine junge Frau in einem Palast aus Blumen, bittere Tränen rannen ihre Wangen herunter, doch die Menschen gingen vor dem Palast vorbei und sahen nur traurig zu ihr herüber.
 

"Eines Tages jedoch gelang es einem Menschen mit unreiner Absicht den Wächter des Tores zu überlisten und gelangte in den Garten, er wollte die Macht des Gartens für sich und trachtete der Wächterin nach den Leben.

Dem Wächter gelang es sein Vorhaben zu vereiteln, doch nur im letzten Moment.

Der Wächter und die Wächterin trafen sich so zum ersten Mal und als wäre der Tod des Mannes an diesem Tag ein schlechtes Omen gewesen, geschah das was nie geschehen durfte.

Die Wächterin des Gartens verliebte sich in den Wächter des Tores und wollte bei ihm sein, doch er wusste dass ihre Aufgaben dies nicht zuließen.

Er ließ sie zurück mit den Worten, dass es ihr Schicksal sei allein zu sein.

Die Wächterin ließ ihn mit einem Seufzen ziehen, sie versprachen sich jedoch nie an einen anderen zu denken.
 

Diesmal wurde das Bild düster, die Flammen der Feuerschale im Raum wirbelten höher und gaben der Szene auf dem Wandbild ein unheimliches Aussehen.
 

"Doch die Ewigkeit ist lang und wenn sich auch die Gefühle der Wächterin in ihrer Einsamkeit nie wandelten, so traf der Wächter des Tores eines Tages eine junge Frau aus der Welt der Menschen.

Ihr Anblick verzauberte ihn so sehr, dass er das Versprechen an seine Schwester vergaß und die junge Frau immer öfter sah.

Doch eines Tages beschloß die Wächterin des Gartens ihren geliebten Bruder wieder zu sehen, sie schlich sich durch den Garten in der Hoffnung wenigstens einen Blick auf ihn zu werfen.

Als sie aber die Tore des Gartens erreichte, lag ihr Bruder in den Armen der Menschenfrau und flüsterte ihr Worte der Liebe zu."
 

Auf einmal war es für Yuri so als höre er Schreie aus dem Bild an der Wand, die Bilder die er sah erschreckten ihn zutiefst.
 

"Sie verlor ihren Verstand in diesem Moment, für sie erschien es so als wäre es einzig ihr nicht vergönnt lieben zu dürfen.

Wie eine Furie eilte sie zurück in den Garten und suchte die Blume der jungen Frau die ihr ihren Bruder genommen hatte, schnell war sie fündig, da sie den Garten kannte wie sich selbst und riss die Blume in tausend Fetzen, die Frau starb im selben Moment.

Der Wächter hatte seine Schwester gesehen und wollte ihr nacheilen, doch sie hatte das Tor verschlossen.

In ihrer verwirrten Seele sah sie jedoch nicht nur diese Frau, nein die ganze Welt als Gefahr.

So formte ihr Hass eine Sense mit der sie durch alle Reihen des Gartens schnitt."
 

Die Schreie im Raum wurden lauter und lauter und die Flammen des Feuers verbreiteten eine unheimliche Hitze.
 

"Der Wächter des Tores rief also alle Menschen zusammen die am Tor des Gartens standen und dem Grauen beiwohnten, er wusste er hatte keine Wahl als seine Schwester zu töten, auch wenn es ihm das Herz brechen würde.

Doch die Wächter des Gartens durften nicht zulassen dass der Garten angegriffen wird, noch dass er von innen zerstört wird, so töteten sie den Wächter und die Wächterin und beschlossen sich darauf selbst auch zu töten, da sie mit dem Kummer nicht hätten existieren können, doch der Garten durfte nicht ohne Wächter sein, so sahen sie keine andere Wahl als ihre Kräfte zu vereinen und den Garten für immer zu versiegeln.

Doch die Seelen, der 6 Wächter waren unsterblich, so wurden sie in der Menschenwelt wiedergeboren, seither sucht die Seele der Wächterin einen Weg ihre Rache an der Welt zu vollenden."
 

Das Bild war in dem Moment eingefroren als die 6 Wächter des Gartens tot zu Boden fielen, die Flamme wurde schwächer und auch die schreie verstummten, es war wieder absolut still.

Yuri sah ungläubig zwischen dem Bild und Nayami hin und her, er wusste immer noch nicht ob er alles verstand, aber er wusste die Wahrheit, doch war sie nicht dass was er erhofft hatte.

Die Wahrheit war traurig, so traurig dass er sich dafür verflucht hatte Nayami den Tod gewünscht zu haben.

Nayami sah ihn nur ernst und traurig an.

"Wie ich sagte, es ist nun deine Wahl was du mit dieser Wahrheit anfängst, doch sollst du wissen dass ich dich nicht verurteile dafür dass du meiner Schwester den Weg in den Garten geöffnet hast."

Yuri sah ihn beunruhigt an, wenn es stimmte was Nayami erzählt hatte, was konnten sie dann jetzt noch tun.

"Jetzt wo sie dort ist, können wir noch irgend etwas tun?"

Nayami blickte noch einmal auf das Wandbild und atmete tief ein.

"Ja es gibt eine Chance, ihre Kräfte sind noch schwach, sie muss ihre Kraft als Wächterin wiedererlangen bevor sie dem Garten schaden kann und diese liegt tief im Gartenpalast selbst versiegelt.

Und solange wir drei der Wächter des Himmels bei uns haben, haben wir Hoffnung."

Da traf es Yuri plötzlich wie ein Schlag, er wusste es war unpassend und doch drängte es aus ihm heraus.

"Ich möchte meine Freunde sehen, sie haben mich doch gerettet. Wo sind sie?"

Nayami lachte amüsiert und mit einer kleinen Handbewegung erlosch das Wandbild.

"Nun gut, ich denke das bin ich dir schuldig, lass uns am besten etwas essen, wir haben viel vor uns, dann kann ich dir alles weitere erklären."

Mit einem Funken Hoffnung für die Zukunft verließ Yuri mit Nayami das Zimmer, er würde seine Freunde wiedersehen, nicht alles war zu Ende.

Doch er wusste nicht im Geringsten was ihn noch erwarten sollte, als aus dem Schatten des Raumes den sie gerade verlassen hatten en leises Lachen ertönte.

"Jetzt wissen wir wenigstens wo es sich befindet."

Ran verschwand zurück in den Schatten um Hinata Bericht zu erstatten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (24)
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Von: abgemeldet
2005-01-26T20:42:00+00:00 26.01.2005 21:42
Nyee~ ._......ehm...ja...
Mhm...sorry, dass ich mir länger Zeit gelassen habe, einen Kommi zu schreiben, aber nach dem letzten, den ich geschrieben habe, verspürte ich eher weniger die Lust, irgendetwas wieder konstruktiv zu kommentieren.

Naja, gelesen hab ich deine ff jetzt doch endlich und weil dus bist, muss ich doch einen schreiben, Herr Taka-Paps...*knuffel* ^-^!

Also, glaub es mir, oder nicht, aber ich finde diese ff WIRKLICH toll!
Eine Magicalboy-ff, wer hätte das erwartet XD...normalerweise halte ich eher Abstand von solchen ffs, weil ich mir von solchen meist nicht allzu viel erhoffe...aber diese gefällt mir *g*!
Und das liegt vor allem an deinem großartigen Schreibstil O___O"!
Deine Art, Handlung, Dialoge und Zusammenhänge zu verbinden wirkt lebhaft und kaum monoton oder langweilig.
Die ganzen Rückblick-Sequenzen die Zwischendurch auftauchen, lassen die Geschichte einem wie einen Anime vorkommen. Besonders die Vergangenheit von Keshi interessiert mich ._.
Ich find es gut, dass fast jeder Chara eine ganz persönliche, individuelle Vergangenheit hat und du sie auch ausbaust...^^
Die ausführlichen und nie zu weitreichenden und zu langen Beschreibungen haben dazu beigetragen, dass man sich das Setting sehr gut vorstellen konnte.
Die Protagonisten wirken zwar etwas....für eine Magicalboyserie typisch, aber ihre Beweggründe machen sie interessant.

...aaaaw, gemein sind die ganzen Wendungen...;____;...aber sie machen die ff spannend...^^
Mein Favorit ist im Moment Kaneshon ^^...maaaa~...>_>...*drop drop*...ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass er jetzt auf der anderen Seite steht...naja, man konnt es fast ahnen, aber...T___T....nyoo...irgendwie macht das ihn wiederum sympathischer ^^...der arme Ran...
Ich merk jetzt schon, deine Charas werden leiden...^^
Wen ich auch sympathisch finde ist Hinata...mhm...eine weibliche Person in einer ff voller Kerle, die ich mag, ist schon ziemlich selten...*schmunzel*...
Ich fänds toll, wenn du ihre Vergangenheit mit Kaneshon weiter beschreiben würdest...^^...

Gut finde ich außerdem, dass die Charas mehrere gegensätzliche Seiten haben (z.B Ran).

Mhm...was ich noch gerne wissen möchte...Yuri und sein Bruder...o.O...wer von denen ist der ältere?
Entweder habe ich zu unaufmerksam gelesen, oder sie nennen sich tatsächlich gegenseitig Onii-chan...*drop*...vielleicht Zwillinge XD?

Ich fands zuerst n bissken...ehm...naja, lustig, dass Yuris vergötterte Lieblingsband ihm gleichzeitig an die Kehle will *rumkugel* XD XD XD...
Man hätte vielleicht anfangs noch Yuris innere Zwiespältigkeit beschreiben können...ich für meinen Teil wäre ziemlich verwirrt und down, wenn mein Lieblingssänger mich umbringen wollen würd...XD...

Bisher habe ich noch nicht ganz verstanden, was für eine Rolle dieser Garten spielt, warum die Welt untergehen würd, wenn Nayami ihn zerstören würde...o.O...naja, ich denke ma, dass das noch kommt...^^

Naja, das wärs erst mal von meiner Seite aus...^^....
Freu mich schon sehr auf das neue Kapitel...also...SCHREEIIIIIIB X3!

Cheers,
linaaaa~ ._. *wegtapps*
Von: abgemeldet
2005-01-16T21:31:31+00:00 16.01.2005 22:31
Also das chap hat ja zu den ersten richtig heftigen verwirrungen geführt, aber nachher wird alles etwas aufgeklärter, kenns ja schon XD außerdem bringen mich verwirrungen zu interesse XD naja was soll ich sagen... weiter so ^-^°
Von: abgemeldet
2005-01-13T15:31:39+00:00 13.01.2005 16:31
Auch wenn das chap n bissken gerusht war, kommt so in deiner ff wenigstens nie langeweile auf ^-^ außerdem is der cliffhanger wieder ne gute wahl XD
Von: abgemeldet
2005-01-13T15:31:36+00:00 13.01.2005 16:31
Auch wenn das chap n bissken gerusht war, kommt so in deiner ff wenigstens nie langeweile auf ^-^ außerdem is der cliffhanger wieder ne gute wahl XD
Von: abgemeldet
2005-01-13T15:30:13+00:00 13.01.2005 16:30
Auch wenn das chap n bissken gerusht war, kommt so in deiner ff wenigstens nie langeweile auf ^-^ außerdem is der cliffhanger wieder ne gute wahl XD
Von: abgemeldet
2005-01-11T19:50:54+00:00 11.01.2005 20:50
Find rans vergangenheit so gut ausgedacht und vorstellbar... nich zuletzt wegen deinem tollen Schreibstil XD *wieder loben muss* ich mag ran ^-^°
Von: abgemeldet
2005-01-11T19:49:09+00:00 11.01.2005 20:49
Finde es cool, wie du einfach die Vergangenheit so einfließen lässt, nich alles auf einmal nachher, sondern man erlebt sie nach und nach mit. weiter so ^-^ *knuddel*
Von: abgemeldet
2005-01-11T19:47:00+00:00 11.01.2005 20:47
wai, nach den ganzen infos zur hintergrundstory bin ich echt ma gespannt, wie die story nachher noch wird ^-^ hast nich zu viel und nich zu wenig verraten XD
Von: abgemeldet
2005-01-11T19:15:46+00:00 11.01.2005 20:15
Hi!
Das geht ja in letzter Zeit echt fix mit den Teilen!
Bin von der Story immer noch begeister!
Der arme Ran! Hoffentlich geht alles noch gut aus!
HAIR
Von: abgemeldet
2005-01-09T15:20:25+00:00 09.01.2005 16:20
Hey!
Der Teil war ja echt schnell da, nur leider viel, viel zu kurz!
Bin schon gespannt was da in der Vergangeheit alles war!
Schreib schnell weiter!

HAIR


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