Vorwort
Ein Auszug aus dem Tagebuch der Felis Daemonis
Es gibt Dinge, die sofort Erinnerungen wach werden lassen.
Zum Beispiel ein Geruch, der einen an die selbst gebackenen Kekse von Oma erinnert. Oder ein Lied, zu dem man mit einer besonderen Person getanzt hat.
Und so kommt es, dass ich ganz alleine hier sitze, in dieser ungewohnt ruhigen Atmosphäre, dem Regen lausche und daran denken muss, wie das Chaos angefangen hat. Chaos, Irrsinn, Unmöglichkeit – nennt es, wie ihr wollt.
Aber ich möchte mich erst einmal vorstellen: Ich bin Felis Daemonis, zukünftige Autorin von Welt, wohnhaft in Hellsen. Offiziell wohne ich alleine, schließlich wären eine Menge Leute verwundert, um nicht zu sagen schockiert. Und entsetzt. Und erfreut, da sich ihnen die perfekte Möglichkeit böte, mich in eine psychiatrische Heilanstalt einweisen zu lassen.
Aber ich komme vom Thema ab.
Erinnerungen…
Memory # 1
Ein ganz normaler Tag
Es ist ein verregneter und für die Jahreszeit kalter Tag.
Die Möchtegern-Autorin Felis Daemonis sitzt vor ihrem PC und tippt eifrig, um das Getippte ebenso eifrig wieder zu löschen und dabei hingebungsvoll zu fluchen.
Laute Rockmusik untermalt das Klappern der Tastatur.
Ein schwarzer, flauschiger und unheimlich süßer Kater springt elegant auf das Bücherregal, um von dort aus auf den Schreibtisch mit dem Computer zu klettern. Neugierig setzt er sich neben den Bildschirm und beobachtet, wie Buchstaben erscheinen und wieder verschwinden.
"Mau?", fragt er verwundert und blickt die Frau aus seinen funkelnden, grünen Augen an.
"Nein, Felix. Nicht jetzt...", murmelt diese geistesabwesend und schickt einige Flüche hinterher, die offensichtlich ihrer Geschichte gelten.
Der Kater hüpft vom Schreibtisch herunter, landet, wie Katzen das so an sich haben, auf allen Vieren auf dem hellblauen Teppich, wo er sich mit einem leisen >Puff< in einen jungen Mann mit pechschwarzen Haaren, aus denen spitze Katzenohren ragen, verwandelt.
Die Möchtegern-Autorin tippt weiter, ohne das ungewöhnliche Verhalten ihres Haustieres zu beachten.
Der Mann setzt sich auf den Boden neben den Drehstuhl und beobachtet sie weiter.
"Was schreibst du da?"
"Eine Geschichte.", murrt sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.
"Über mich?", fragt er mit einem schiefen Grinsen.
"Neeiiijeeen.", sagt sie gereizt und löscht einige Sätze.
"Schade."
Es herrscht Schweigen, das von dem Geräusch der Tastatur und dem Gesang einer begnadeten Rocksängerin dominiert wird.
Gelangweilt streckt der Schwarzhaarige die Hand aus und zieht an einem Band, das die Seite von Felis’ Hose zusammenhält.
"Lass das.", meckert sie und vertippt sich, was sie zu neuerlichen Flüchen veranlasst.
Felix ignoriert die Aufforderung - Befehlte existieren in seinem Kosmos nicht - und öffnet die Schleife. Durch heftigeres Ziehen löst sich das Band langsam aus den Schlaufen und entblößt ein blasses, glattes Bein.
"Sag mal, WIE alt bist du eigentlich?", war Felis’ gereizte Reaktion.
"Einhundertundsiebzehn.", antwortet er gelassen und wickelt das Band um seinen Zeigefinger.
"Bist du nicht ein bisschen zu alt dafür?"
"Dafür kann man nie zu alt sein.", behauptet er mit dem Brustton der Überzeugung.
Felis resigniert. Da keine weiteren Reaktionen erfolgen, beginnt der Mann, mit den Fingern kleine Muster auf ihre bloße Haut zu malen.
"HÖR AUF!", faucht die Frau böse und zieht ihr Bein ein Stück weg.
Felix zieht eine Schnute.
"Aber ich bin doch dein Schmusekaterchen!"
Sie schnaubt.
"Das war, bevor du dich als verfressener, schamloser Katzendämon entpuppt hast!"
Besagter Katzendämon blickt beleidigt drein. Dann scheint er die Taktik zu wechseln, legt seine Arme verschränkt auf ihren Schoß und bettet seinen Kopf darauf.
"Heißt das, du magst mich nicht mehr?"
Felis senkt den Blick, reißt die Augen auf und errötete.
"D-du... wa-was soll das wwerden?"
Er sieht zu ihr hoch, aus großen, grünen Augen, in denen sich absolute Unschuld widerspiegelt.
"Magst du mich nicht mehr?", wiederholt er mit sanfter Stimme.
Die Möchtegern-Autorin konkurriert mit einer Tomate.
"D-doch... und jetzt... geh dich bitte anziehen!"