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Hinter dem Horizont

Neuer Anfang in einer fremden Welt
von

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Kapitel 1

Hinter dem Horizont
 

Neuer Anfang in einer fremden Welt
 

Hier kommt mein neuestes Verbrechen! Ich bin zur Zeit echt versessen auf HdR, da dachte ich mir, ich schreib gleich noch eine. Die andere läuft natürlich auch noch. Ich hoffe, sie wird euch gefallen und schreibt fleißig Kommis!
 

Eure Duath
 

Disclaimer: Die Figuren - außer Iara, Matt und ein paar anderen Hanselchen natürlich - gehören wie immer nicht mir, sondern Herrn Tolkien. Ich verdiene (leider) auch kein Geld mit dieser FF.
 

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Es kommt immer alles anders, als man denkt.
 

Kapitel 1
 

"Iara, linken Arm nach oben, Kopf nach oben! LÄCHELN!"

Genervt folgte ich den Anweisungen meiner Tanzlehrerin. Sie quälte mich und meinen Partner Matt gerade mit dem Wiener Walzer, meinem absoluten Hasstanz.

Und das alles nur, weil in drei Wochen ein Turnier stattfand, an dem wir teilnehmen sollten. Mein Vater musste mir deswegen eines dieser kurzen, enganliegenden Kleidchen kaufen, deren Rock immer so hin- und herschwang bei einer Drehung. Zu meinem Glück hatte er ein rotes Kleid besorgen können, nach schwarz war dies meine Lieblingsfarbe.

Aber Ms. Christian, meine Tanzlehrerin, war strikt dagegen, dass ich in schwarz tanzte.

"Du tanzt ja nicht auf einer Trauerfeier!", hatte sie immer gewettert. Ich verkniff mir mein Kommentar, dass man auf einer Trauerfeier sowieso nicht tanzen sollte, wenn man sich nicht unbeliebt machen wollte. Aber auch gegen das rote Kleid hatte sie einen Einwand gehabt: der Ausschnitt! Dass es dünne Träger besaß, darüber hatte sie großzügig hinweg gesehen, aber dass es einen großzügigen Einblick in meinen Ausschnitt gewährte, fand sie weniger amüsant.

"So etwas lenkt deinen Tanzpartner nur ab.", meinte sie und ich musste seufzen.

Matt würde dies kaum mehr ablenken. Der wusste nämlich, woran er bei mir war. Er durfte sich sowieso geehrt fühlen mit mir zu tanzen, meinten seine Freunde. Das hatte auch einen einfachen Grund: ich hasste es, wenn mich ein männliches Wesen anfasste. Den Grund dafür, sagte ich niemandem.

Tatsache war jedenfalls: er hatte es einmal gewagt mich falsch anzufassen, dafür brach ich ihm den kleinen Finger. Seitdem tat er es nie wieder, er schaute nicht einmal mehr falsch an. Das war nämlich das Zweite, was ich bei einem männlichen Wesen hasste: wenn es mich anstarrt. Ich hatte dann immer Panik und dann konnte schon einmal etwas passieren.

Alles in allem würde ich sagen, dass ich ziemlich aggressiv war, nicht nur Männern gegenüber. Meine gesamte Umwelt hatte unter meinen Launen zu leiden, dabei war Sarkasmus mein ständiger Begleiter.

Und heute war meine Laune auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt. Nicht nur, dass ich jetzt auch noch mit Matt Einzelunterricht hatte. Nein, die tolle Christian hatte meine, zugegeben langen, schwarze Haare zu einem strengen Zopf nach hinten gebunden. Ich sah aus, als würde ich gerade ein Gesichtslifting bekommen. Zum Glück bestand sie nicht noch drauf, dass ich blaue oder braune Kontaktlinsen trug. Sie befand nämlich, dass grüne Augen zu schwarzen Haaren überhaupt nicht passten.

"Iara, jetzt tanz doch nicht so verkrampft! Und wie sieht es eigentlich mit neuen Tanzschuhen aus?", zeterte die Christian schon wieder. Ich verdrehte genervt die Augen.

"Sie sind neu, Frau Christian.", antwortete ich mühsam beherrscht. Ich konnte regelrecht spüren, wie sie kochte.

"Schon wieder schwarz?! Du weißt doch, dass ich das nicht mag! LÄCHELN!", schrie sie. Noch einmal "LÄCHELN" und ich drehe durch, dachte ich wirklich genervt. Ich korrigierte meine Haltung und lächelte vollkommen verkrampft, zumindest versuchte ich es.
 

"Iara, Matt führt und nicht du!", rief meine Tanzlehrerin und mein Kragen platzte. Ruckartig blieb ich stehen, worauf Matt nicht gefasst war und auf dem Hosenboden landete. Ich drehte mich schwungvoll zu meiner geliebten Tanzmeisterin um und funkelte sie wütend an.

"Wissen Sie was? SIE KÖNNEN MICH MAL!", schrie ich sie an und verließ, so schnell es meine Schuhe zuließen, den Tanzsaal.

Ich lief geradewegs zu den Umkleiden, riss die Tür auf und prallte mit Luzy zusammen. Auch das noch, das konnte ich jetzt absolut nicht gebrauchen.

Luzy, meine Lieblingsfreundin. Seit sie wusste, dass ich auf diesem Turnier tanzen sollte, noch dazu mit Matt, vergötterte sie mich inständig. Und da war er wieder: mein geliebter Sarkasmus.

"Na, du Flittchen? Hast du es mal wieder versaut?", verspottete sie mich.

"Na, du Flittchen? Hast du mal wieder Scheiße unter der Nase?", konterte ich und rauschte an ihr vorbei.

"Hör mal zu, du billiges Luder! Nur weil DU mit Matt auf dem Turnier tanzen darfst, brauchst du dich nicht für etwas Besseres halten.", zischte sie mir zu.

Ich drehte mich noch einmal zu ihr um.

"Dann tanze doch mit ihm beim Turnier. Ich hab absolut keine Lust mit diesem untalentierten Säufer zu tanzen."

Und mit diesen Worten knallte ich ihr die Tür vor der Nase zu. Ich war geladen, mehr als das. Falls irgendjemand noch dumm genug wäre, mich jetzt zu reizen, dann würde er die nächsten vier Wochen weiße Bettdecken sehen.

In Rekordzeit zog ich mir dieses lästige Kleid aus und stopfte es zu den Schuhen in den Rucksack. Dann zog ich mir meine alten, ausgebeulten Jeans und meinen schwarzen Rollkragenpullover an. Ich schlüpfte in Turnschuhe und Jacke und zog meinen MP3-Player aus der Jackentasche.

Mein wertvollster Gegenstand. Ich liebte Musik, vorallem Metal und Gothic und genau dies hatte ich gespeichert und hörte die Musik jeden Tag. Musik und Tanzen waren mein Leben. Ich wollte eigentlich nichts anderes machen.

Freunde hatte ich überhaupt keine und ich wollte eigentlich auch keine. Um einen Freund kümmerte ich mich auch nicht, da ich die Jungs lieber zusammenschlug. Simpler Grund über den ich nicht sprechen wollte.

Ich hatte keine Geschwister und lebte mit meinem Vater alleine in einer kleinen Wohnung am Stadtrand. Meine Mutter starb vor 2 Jahren bei einem Autounfall. Der Raser kam ungeschoren davon.

Meine Oma sagte immer, dass ich ihr wie aus dem Gesicht geschnitten sei. Eine wahre Schönheit sei ich doch. Als sie vor einem halben Jahr spurlos verschwand, war ich irgendwie überhaupt nicht traurig. Dies mochte sich jetzt vielleicht grausam anhören, aber ich war froh nicht mehr mit meiner toten Mutter verglichen zu werden. Wegen ihr musste ich auch das Tanzen anfangen.

Mein Vater hatte mich gezwungen, aber nach und nach machte es mir immer mehr Spaß und ich tanzte gerne, bis mich die Christian "entdeckt" hatte. Sie befand mich für so herausragend gut, dass sie mich eben zu diesem Turnier anmeldete und ab da war der Spaß für mich vorbei gewesen.

Ich zog den Reißverschluss meines Rucksacks zu und warf ihn mir über die Schulter. Dann stöpselte ich mir die Kopfhörer in die Ohren und drehte voll auf. Aus den Kopfhörern klang das Gitarrensolo des ersten Nightwishliedes und meine Laune hob sich ein bißchen. Ich steckte den MP3-Player in die Jackentasche und verließ die Umkleide.

Ich warf einen letzten Blick in den Tanzsaal, wo gerade Luzy dabei war, Frau Christian davon zu überzeugen, dass SIE das Turnier mit Matt tanzen MÜSSE.

Ich zuckte gleichgültig die Schultern. Sollte sie doch, wenn sie unbedingt wollte.

Ich lief die Treppe hinab, zur Tür hinaus und ließ die Tanzschule hinter mit. Auf halbem Heimweg fiel mir ein, dass ich ja noch in der Buchhandlung vorbei wollte. Ich hatte mein letztes Geld zusammengekratzt, um mir endlich einmal wieder einen dicken Roman leisten zu können. Das war auch eines meiner Hobbys: lesen. Meistens verzog ich mich dazu in den Park zu meiner Lieblingseiche, um wirklich ungestört zu sein. Also machte ich den kleinen Umweg zur Buchhandlung, nur um festzustellen, dass sie schon geschlossen hatten.

VERDAMMT!!, schrie ich in Gedanken und stapfte wütend nach Hause. Und als wäre das nicht genug, versagte auch auf halbem Weg meine Batterien. Missmutig stopfte ich die Hörer in die Tasche und setzte mein grimmigstes Gesicht auf.

Es war mir gleichgültig, dass mich die Leute anstarrten, als wäre ich ein Alien.

Am liebsten hätte ich geschrien: "Wohl noch nie eine Neunzehnjährige mit schlechter Laune gesehen!?"
 

"Ich bin da.", rief ich durch die Wohnung und schmiss die Schlüssel auf die Kommode.

"Wurde aber auch Zeit. Ich habe Hunger.", lallte mein Vater aus dem Wohnzimmer. Ich verdrehte angewidert die Augen. Eigentlich müsste ich es gewohnt sein, aber es ließ mich jedes Mal vor Ekel fast erbrechen.

Jeden Abend saß mein Vater völlig betrunken vor dem Fernseher und ich musste ihn bekochen. Nicht selten kam es zum Streit und auch zu Schlägen für mich.

Ich wollte eigentlich schon lange ausziehen, aber ich hatte kein Geld. Früher jobbte ich als Kellnerin in einer Bar, aber dort hatten sie mich wegen schlechten Benehmens gefeuert. Ich würde mich ja wohl noch gegen sexuelle Belästigung wehren dürfen, oder?

"Mach dir selbst etwas!", schrie ich und schon kam er aus dem Wohnzimmer geschwankt.

"Du machst mir sofort was zu essen, du Flittchen! Und dann amüsieren wir uns ein bißchen. Du bist ja jetzt die Frau im Haus.", lallte er und setzte ein schiefes Grinsen auf. Ich schaute in angewidert an und zischte: "Vergiss es!"

"DU TUST, WAS ICH DIR SAGE!!!", donnerte er und torkelte auf mich zu. Ich wich zurück und spürte einen Widerstand: die Tür.

Ich griff zur Türklinke und wollte sie gerade hinunter drücken, als mein Vater mich erreicht hatte und mir eine saftige Ohrfeige verpasste.

"Die Christian hat angerufen. Du hast alles hingeschmissen?", schrie er und wieder spürte ich einen ziehenden Schmerz in meiner Wange.

"Sie ist selbst Schuld.", wehrte ich mir, worauf ich die nächste Backpfeife erhielt.

"SEI STILL! Was würde deine Mutter dazu sagen?", brüllte mein Vater weiter.

Ich schüttelte den Kopf und kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an.

Er kam näher auf mich zu und berührte meine Brust. Ich kniff die Augen zusammen.

"Was würde deine Mutter jetzt tun....", flüsterte er und lachte.

"Nein....bitte....", wisperte ich, aber mein Vater hörte nicht auf mich. Er packte mich an den Haaren und zog mich ins Schlafzimmer. Dort musste ich wieder eine Stunde meines Lebens unter höllischen Qualen verbringen.

Kapitel 2

Unsere Wünsche sind die Vorboten der Fähigkeiten, die in uns liegen. (Goethe)
 

Kapitel 2
 

Ich schlief wie immer schlecht. Ein wenig war ich erleichtert, dass heute Samstag war. Keine Schule und keiner würde mich auf mein blaues Auge und meine blauen Flecken ansprechen. Mühsam quälte ich mich aus dem Bett und schaute auf den Wecker, der mir frech 9 Uhr anzeigte.

Ich schleppte mich ins Bad und wusch mich rasch. Ich wollte in die Buchhandlung und dann noch in die Tanzschule. Ich brauchte Ablenkung, dringend.

Ich zog mir rasch meine Kleidung von gestern an und zwang mich, ein Stück Brot zu essen. Ich wollte gerade die Wohnung verlassen, als mir etwas einfiel. Schnell lief ich zurück in mein Zimmer und holte eine Schachtel unter dem Bett hervor. Ich öffnete sie und zog eine silberne Kette mit einem hellblauen, ovalen Stein am Ende hervor. Es war das Erbstück meiner Großmutter. Sie meinte, er würde Wünsche erfüllen. Ich glaubte nicht daran, aber ich liebte diese Kette und zog sie trotzdem selten an.

Jetzt war einer dieser seltenen Momente und ich legte die Kette an. Vorsichtig strich ich mit einem Finger über den Stein und murmelte: "Ich wünschte, ich wäre weit weg von hier."

Es war ein absurder Wunsch, aber im Moment gab er mir Halt. Ich riss mich zusammen und verließ nun endgültig die Wohnung.
 

Eine Stunde später stand ich mit leeren Händen vor der Buchhandlung und verfluchte die Welt. Kein einziges interessantes Buch war dabei gewesen und in den nächsten drei Wochen würde auch nichts Neues mehr reinkommen, meinte die Verkäuferin.

Die Lust aufs Tanzen war schlagartig verflogen und ich lief geradewegs in den Park zu meiner Lieblingseiche. Ich wollte, wie immer, alleine sein mit meiner Musik. Ich hatte mir zum Glück Ersatzbatterien eingesteckt, um genau zu sein ein 10ner Pack. Manchmal übertrieb ich es wirklich....

Die Eiche lag etwas abseits und geschützt vor Blicken der Leute, was auch gut so war. Ich wurde schon auf dem Hinweg so schräg angeschaut. Naja, wenn man sich die Mütze auch bis zur Nasenspitze runterzog und noch dazu die Haare darunter versteckte, sah dies sicherlich schon seltsam aus.

Ich schaffte es tatsächlich zu meinem Baum ohne gegen eine Laterne oder sonstiges zu laufen. Ich ließ mich seufzend am mächtigen Stamm nieder und zog die Mütze vom Kopf, drehte die Musik auf, gerade lief "Nemo" von Nightwish und ich sang leise mit.
 

Oh how I wish to dream again

Once and for all

And all for once

Nemo my name forever more
 

"Wenn du singst, dann singe wenigstens richtig.", rief jemand. Ich riss die Augen auf und vor mir stand Matt, mein geliebter Tanzpartner. Ich funkelte ihn wütend an. Musste das denn sein??

"Was machst du hier?", fauchte ich. Matt grinste nur. Nicht schon wieder dieses dämliche Grinsen....

"Ich gehe spazieren oder ist das verboten? Hast dich wohl wieder geschlägert, was?", meinte er und blickte auf mein blaues Auge.

"Was willst du?", fauchte ich erneut.

"Ich bin rein zufällig hier vorbeigekommen. Ich war gerade in der Videothek und hab mir "Herr der Ringe" ausgeliehen. Und wenn ich schon mal hier bin. Kommst du heute tanzen, sonst tanzt nämlich Luzy für dich."

Ich verdrehte genervt die Augen und stand mühsam auf. Jeder einzelne Knochen schmerzte.

"So ein Mist schaust du an?", murmelte ich und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: "Soll sie doch mit dir tanzen. Ist mir eigentlich relativ egal."
 

Du wünscht, du wärst sehr weit weg.
 

"Was? Woher weißt du das?", fuhr ich den verdatterten Matt an.

"Was weiß ich?", fragte er zurück. Ich winkte ab und wollte an ihm vorbei gehen, als er mich am Handgelenk packte und mich somit zurückhielt. Ich versuchte mich loszureißen, doch er hatte mich fest im Griff.

"Lass mich SOFORT los...", zischte ich ihm zu, doch er grinste nur.

"Weißt du, ich fand dich ja schon immer süß. So eine richtige Herausforderung, aber so langsam ist der Spaß vorbei.", meinte er und er meinte das durchaus ernst. Sein Blick durchbohrte mich und ich bekam Panik.

Was hatte der Kerl vor? Nun ja, eigentlich konnte ich es mir ja denken...

"Lass mich los.", forderte ich ihn erneut auf und meine Stimme klang wirklich bedrohlich.
 

Wünschst du immer noch, weit weg zu sein?
 

Ja, antwortete ich mir selbst oder der Stimme, je nachdem.

"Iara, ich nehme mir jetzt das, was ich schon immer wollte und du kannst nichts dagegen tun."

Seine Stimme klang merkwürdig verzerrt und weit weg. Ich hatte das Gefühl, dass sein Griff sich lockerte. Meine Umgebung verschwamm und selbst Matt, der sicherlich nicht einmal zwanzig Zentimeter von mir entfernt war, schien nur noch ein seltsamer Schlieren von Farbe zu sein. Aus den Farben wurde tiefes schwarz: ich musste wohl ohnmächtig geworden sein.
 

Mühsam öffnete ich die Augen und blinzelte kräftig. Meine Sicht klärte sich und über mir war blauer Himmel. Ich blieb regungslos liegen und tastete vorsichtig mit der einen Hand nach rechts. Ich spürte etwas weiches. Ich drehte meinen Blick und erkannte meinen Rucksack.

Dann wandte ich den Blick nach links und erschrak mich zutiefst. Neben mir lag Matt und auch er schien ohnmächtig zu sein. Ich hob langsam den Kopf nach oben und schaute nach vorne. Was ich sah, ließ mir den Atem stocken.

Grün, grün und nochmals grün. Grüne Hügel, grüne Wiesen, grüne Bäume: alles war grün!

Eines war sicher: im Park befand ich mich nicht mehr, aber wo war ich dann???

Neben mir regte sich Matt unter leisem Stöhnen. Ich sprang auf und wich mit geballten Fäusten von ihm. Ich wollte ihm keine Chance geben und im Notfall schlug ich eben zu. Langsam rappelte sich der Schwarzhaarige auf und blickte sich um.

Als sein Blick auf mich und meine Fäuste fiel, lächelte er etwas schief.

Als er dann endgültig stand und sich den Kopf rieb, fragte er mich: "Was ist passiert? Und wo zum Teufel sind wir?"

"Bin ich Gott? Ich hab keine Ahnung, wo wir sind und was passiert ist. Ich weiß nur noch, dass alles auf einmal schwarz wurde.", klärte ich ihn auf. Ich war stinksauer, auf ihn und unsere jetzige Situation.

"Ja, genau! Es wurde alles schwarz und dann bin ich aufgewacht. Aber eins ist sicher: der Park ist das nicht."

Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen und klatschte Beifall.

"Bist aber ein ganz Schneller.", spottete ich. "Halt doch die Klappe!!", schrie er mich an. Ich warf ihm einen bedrohlichen Blick zu und er schwieg auf der Stelle.

"Naja, vielleicht sollten wir einfach los gehen und die nächste Stadt suchen. Vielleicht kommt uns auch jemand entgegen und nimmt uns mit.", schlug ich vor, schulterte meinen Rucksack und stampfte einfach an Matt vorbei.

"Jetzt warte doch wenigstens auf mich.", rief er mir hinterher und holte mich ein.
 

"Ich habe Hunger...", quengelte Matt nach einem endlosen Marsch. Ich verdrehte die Augen und seufzte. Er benahm sich wirklich wie ein kleines Kind.

"Friss Gras oder halt die Klappe.", murmelte ich liebenswürdig wie immer.

"Du bist so eine Zicke!" "Danke."

Ein wirklich gelungener Schlagabtausch, oder? Plötzlich packte er mein Handgelenk und deutete nach rechts.

"Schau mal, da steigt Rauch auf. Lass uns dort hingehen.", rief er und zerrte mich auch schon in die Richtung.

"Du tust mir weh. LASS MICH LOS!!", rief ich, doch Matt hörte mich nicht. Er rannte einfach stur weiter über den Hügel und blieb letztlich vor einem Schild stehen.

Schlagartig ließ er meine Hand los und ich schlug ihm erstmal auf den Arm.

"Du bist so ein Trottel!", schrie ich ihn an und holte erneut zu einem Schlag aus, als er vom Schild wegtrat und darauf zeigte.

"LIES!", schrie er mich an und ich tat wie geheißen. Was machte er denn wieder für einen Aufstand? Es war nur ein Schild, auf dem mit großen Buchstaben HOBBINGEN stand. Bitte?

Kapitel 3

Wir kennen uns nie ganz, und über Nacht sind wir andre geworden, schlechter oder besser. (Fontane)
 

Kapitel 3
 

"Hobbingen? Was soll das sein?", fragte ich den vollkommen aufgelösten Matt.

"Hobbingen ist eine Stadt in MITTELERDE! Ein Dorf im Auenland. Die Heimat der Hobbits! DAS DARF EIGENTLICH GAR NICHT EXISTIEREN!", schrie er völlig apathisch.

Ich schaute ihn verständnislos an und schüttelte den Kopf.

"Dreh mal nicht ab. Wird schon eine einfache Erklärung dafür geben.", versuchte ich ihn zu beruhigen, aber ich gab mir nicht sonderlich viel Mühe dabei. Ich genoss den Anblick seines Leidens.

"Jetzt lass uns einfach mal da hingehen und fragen, wo wir hier sind.", sagte ich dann spontan und schlenderte einen kleinen Trampelpfad in Richtung Hobbingen hinab. Während ich langsam den Pfad hinabstieg, setzte ich mir meine Mütze wieder auf den Kopf und versteckte meine langen Haare.

"Iara, du weißt gar nicht, wo wir hier sind.", versuchte Matt immer noch mich davon zu überzeugen, dass wir in einer FILMWELT gelandet waren.

"MATT, reg' dich ab. Du bist ja völlig mit den Nerven am Ende.", brachte ich ihn zur Vernunft und lief weiter.

Ich schaute mich um. Die Häuser waren etwas zu klein und hatten runde Türen, jedes Haus hatte einen schönen Garten mit Blumen und selbstangebautem Obst und Gemüse. Hier und da spielten Kinder und Erwachsene unterhielten sich oder schauten mich und meinen Begleiter fragend an.

Auch ich schaute sie fragend an. Sie waren recht klein geraten und hatten keine Schuhe an ihren stark behaarten Füßen.

"Verdammt, Iara! Das sind Hobbits.", flüsterte Matt mir zu und ich rammte ihm meinen Ellenbogen in den Bauch. Sofort schwieg er und hielt sich den schmerzenden Magen.

"Hör endlich auf, so einen Mist zu erzählen.", zischte ich ihm zu und lief weiter.

"Ich erzähle keinen Mist. Ich sage nur die Wahrheit, aber wenn wir wirklich in Hobbingen sind, können wir versuchen, Frodo zu finden.", brummte Matt und ich schaute ihn mehr als nur fragend an.

"Wen bitte?", wollte ich wissen. "Frodo, der Ringträger.", meinte mein Tanzpartner ernst. Ich musste schmunzeln und aus dem Schmunzeln wurde ein Lachanfall.

"Ist klar....", lachte ich und zog, mal wieder, sämtliche Blicke auf mich.

"Hör' auf zu lachen und folge mir.", schmollte Matt und zerrte mich mal wieder mit. Er rannte so schnell, dass ich kaum hinter her kam und das Unglück nahm seinen Lauf.

Matt rannte viel zu schnell um die Kurve und im nächsten Moment lagen wir beide auf dem Boden. Um es mal anzumerken: in einer ziemlich unschönen Stellung. Matt lag nämlich auf mir und ich bekam kaum noch Luft.

"Geh von mir runter.", keuchte ich und versuchte ihn von mir herunterzustoßen, doch irgendwie war er wie versteinert. Er blickte gebannt geradeaus und ich versuchte an ihm vorbei zu sehen. Ich erkannte nur einen Zipfel eines weißen Gewandes, mehr erkannte ich wegem dem Klotz auf mir nicht.

"Ihr solltet wirklich aufpassen, wohin Ihr geht. Und geht doch bitte dem Wunsch Eures Begleiters nach.", meinte der Träger des weißen Gewandes mit ruhiger Stimme. Ich verengte die Augen zu Schlitzen, denn der amüsierte Unterton in der Stimme war nicht zu überhören gewesen.

"Du hast es gehört!", fuhr ich Matt an und stieß ihn mit voller Wucht von mir herunter. Mühsam stand ich auf. Der Sturz hatte meinen schmerzenden Knochen nicht gerade gut getan.

Ich zog meine Mütze zurecht und steckte einige vorwitzige Strähnen zurück.

Während ich mir den Staub von den Kleidern klopfte, schaute ich mir den Gewandträger genauer an. Es war ein alter Mann mit weißem Bart und ebenso weißem Haar. In der Hand hielt er einen langen Stab und sein Blick ruhte freundlich auf mir.

"Ihr seid Gandalf...", machte sich Matt auf einmal bemerkbar und sprang auf.

Er stellte sich vor den alten Mann und musterte ihn ehrfürchtig. Der wiederum nickte etwas erstaunt.

"Der bin ich. Aber sagt mir, wer seid Ihr?", fragte Gandalf. Ich klopfte Matt unsanft auf die Schulter.

"Wer um Gottes Willen ist das?", fragte ich barsch. Matt hielt mir die Hand vor den Mund, was ich mit einem wütenden Blick quittierte und flüsterte mir zu: "Das ist Gandalf, der Weiße. Ein mächtiger Zauberer. Einer, der Gefährten, die Frodo auf dem Weg nach Mordor begleiten sollten."

Ich biss Matt in die Hand, da ich keine Luft mehr bekam. Er schrie auf und riss die Hand weg.

"Spinnst du, du verrücktes Weib?", zischte er mich an und hielt sich die Hand.

"Wenn ich keine Luft mehr bekomme, du Idiot!", giftete ich ihn an und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Ich unterbreche Euer Gespräch nur ungern, aber würdet Ihr bitte so freundlich sein und mir sagen, wer Ihr seid?", meldete sich Gandalf zu Wort und musterte uns eindringlich. Matt drehte sich um und schaute den Zauberer entschuldigend an.

"Verzeiht, mein Name ist Matt und das hier ist...", begann Matt, aber ich unterbrach ihn.

"Ich heiße Ian.", stellte ich mich, falsch, vor. Matt sah mich nur verständnislos an und Gandalf musste schmunzeln.

"Nun, Matt und Ian,..." , setzte Gandalf an und sprach meinen "Namen" ziemlich seltsam aus, "...was führt einen Menschen und einen Elb nach Hobbingen?"

"Ein Elb? Was ist das nun wieder?", fragte ich dazwischen. Matt winkte ab. "Erkläre ich dir später." Und zu Gandalf gewandt, meinte er: "Was meint Ihr mit Elb? Wir sind beide Menschen."

Gandalf lächelte wissend und schüttelte den Kopf.

"Dies glaube ich kaum. Schaut Euren Begleiter doch einmal genauer an.", schlug er Matt vor und dieser riss sofort meinen Kopf nach links und begutachtete meine Ohren. Ich stieß ihn sofort von mir und rieb meinen Nacken. "Spinnst du? Das tut vielleicht weh.", fauchte ich ihn an, doch er reagierte gar nicht und schaute nur auf meine Ohren.

"Du hast Elbenohren.", presste er dann zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich fasste mir automatisch an die Ohren und tatsächlich: sie liefen oben spitz zusammen.

"Und was heißt das jetzt?", fragte ich ziemlich unbeeindruckt, innerlich tobte es in mir. So wie es aussah hatte Matt wohl doch recht mit seinem Mittelerde-Gerede. Hobbingen, Hobbits, Gandalf, Elbenohren: dies alles ergab für mich überhaupt keinen Sinn.

"Das heißt, dass Ihr ein Elb seid. Ihr habt ein besseres Gehör als Menschen und könnt besser und weiter sehen, als sie.", erklärte mir Gandalf und musterte mich.

"Aber Ihr seht sehr untypisch aus für einen Elb. Woher stammt Ihr?", wollte er wissen.

"Nicht aus dieser Welt.", war meine unüberlegte Antwort, aber zum Glück fragte Gandalf nicht weiter nach.

"Ihr seht erschöpft aus. Ich war gerade auf dem Weg zu einem alten Freund. Begleitet mich doch.", bat der Zauberer uns, wandte sich ab und lief voraus.

"Ich traue dem nicht, Matt.", zischte ich meinem unfreiwilligen Begleiter zu.

"Stell dich nicht so an, komm schon.", forderte er mich auf und folgte Gandalf, ohne mich.

Ich blieb einfach dort stehen, wo ich stand und machte nicht die geringste Anstalt mich zu rühren. Das war doch die größte Verarschung seit es die Versteckte Kamera gab. Die könnten solangsam wirklich einmal aus dem Busch springen.

"Jetzt komm endlich!", rief Matt mir zu, winkte und verschwand hinter der nächsten Kurve. Seufzend setzte ich mich in Bewegung und rannte Matt und dem seltsamen Zauberer hinterher. Die Sache wuchs mir so langsam über den Kopf und so etwas hasste ich, sehr sogar.

Kapitel 4

Kein Weg ist lang, mit einem Freund an der Seite. (Anonym)
 

Kapitel 4
 

"Da bist du ja endlich. Warum bist du nur so stur?", begrüßte mich Matt überaus freundlich. Ich trat ihm auf den Fuß und lief an ihm vorbei.

"Ihr seid sehr schlagfertig für einen Elb.", stellte Gandalf fest und ich grummelte nur missmutig. Ich war kein Elb, also durfte ich schlagfertig sein.

Gandalf blickte mich wieder nur wissend an, lief durch einen wunderschön gepflegten Garten und klopfte an eine von diesen runden Türen. Sekunden später wurde diese geöffnet und ein kleiner Mann mit braunem Wuschelkopf, braunen Augen und diesen behaarten Füßen trat heraus und begrüßte Gandalf freudig.

Hinter ihm erschien noch einer, nur dieser hatte rötliches Haar und war etwas fester gebaut. Auch er begrüßte den Zauberer freundlich. Familienzusammenkunft, oder was?

"Schön euch wiederzusehen, Frodo und Sam. Ich hoffe, ihr seid bereit für die Reise."

"Natürlich Gandalf. Seit Wochen freuen wir uns auf nichts anderes mehr.", erklärte der Rothaarige grinsend.

"Dies habe ich auch nicht anders erwartet, Sam.", lächelte Gandalf und wandte sich Matt und mir zu.

"Das sind Matt und Ian. Sie sind mir buchstäblich in die Arme gelaufen.", stellte er uns vor und sogleich wurden wir, besonders meine Ohren, in Augenschein genommen.

"Willkommen in Hobbingen, Fremde.", begrüßte uns der braune Wuschelkopf, der dann wohl Frodo sein musste.

Ich nickte nur, aber Matt war kurz davor den Verstand zu verlieren. Er betrachtete Sam und Frodo mit solch einem Interesse, dass ich fürchtete, er würde sie gleich verschlingen. Vielfraß...

"Holt euer Gepäck, Hobbits. Wir wollen gleich aufbrechen. Ich bin mit der Kutsche hier.", forderte Gandalf die kleinen Menschen auf, die sofort taten, was ihnen geheißen war. Während die Hobbits damit beschäftigt waren, ihr Gepäck zu holen, drehte sich Gandalf wieder zu uns.

"Ihr werdet uns doch sicher auf unserer Reise begleiten. Ich kenne da jemanden, der euch helfen könnte.", meinte er freundlich, aber bestimmt.

"Wie? Bei was helfen?", wollte ich wissen und Gandalf musste lächeln.

"Wieder dorthin zu kommen, wo ihr herkommt. Ihr sagtet doch, dass Ihr aus einer anderen Welt kommt, oder?"

Ich nickte stumm. Sollte er doch denken, was er wollte. Hauptsache ich kam aus dieser Sache wieder heil heraus.
 

"Also, woher kommt ihr?", wollte Sam wissen und musterte meine Ohren zum wiederholten Male.

"Wir kommen aus einer anderen Welt und ein Wunsch von mir muss uns wohl hier hergebracht haben.", erzählte ich zum wiederholten Male. Sie glaubten es ja eh nicht, also war es egal.

"Aber Ihr seid ein Elb. Ihr MÜSST aus Mittelerde stammen.", klärte mich Frodo auf und ich konnte mir ein genervtes Stöhnen nicht verkneifen.

"Ich bin kein Elb oder sonst etwas. Ich weiß nicht, warum ich auf einmal solch komische Ohren habe.", erklärte ich dann doch ruhig.

Er konnte ja nichts dafür, dass ich hier mit Matt festsaß. Tatsache war, dass es wirklich mein Wunsch gewesen sein musste, der uns hier hergebracht hatte.

Aber eigentlich hatte ich mir so etwas schon oft gewünscht und warum es gerade jetzt geschehen war, konnte ich mir nur so erklären, dass der Aquamarin, den ich um den Hals trug, WIRKLICH Wünsche erfüllen konnte.

Aber dann verstand ich nicht, weshalb Matt "mitgereist" war. Auf ihn hätte ich gut und gerne verzichteten können. Ich musterte meinen Mitreisenden abfällig. Er saß neben Gandalf auf dem Kutschbock und unterhielt sich mit diesem.

Und um ehrlich zu sein, je weiter er von mir entfernt war, desto glücklicher wurde ich. Nachdem die Hobbits nämlich ihr Verhör beendet hatten, erzählten sie mir von ihrer gefährlichen Reise nach Mordor, um den Einen Ring zu vernichten.

Dies sei jetzt ganze 2 Jahre her, erzählten sie mir voller Stolz und morgen sei der dritte Jahrestag. Dies war auch der Grund ihrer Reise. Sie reisten nach Bruchtal, um sich mit den anderen Gefährten zu treffen und zu feiern. Das hätten sie jedes Jahr zu gehalten, meinte Sam.

Ich hörte gespannt zu. Ich kannte die Filme, fand sie aber nie sonderlich spannend. Aber jetzt war ich ja live in Mittelerde und hörte die Geschichte aus dem Munde derer, die es ja wissen mussten.

"Wie lang brauchen wir denn nach Bruchtal?", wollte ich wissen, aber die Hobbits zuckten bedauernd die Schultern.

"Wir werden sehr spät in der Nacht oder am frühen Morgen ankommen, Ian.", meldete sich Gandalf zu Wort und ich dankte ihm für diese Auskunft.

Ich lehnte mich zurück, stöpselte meine Kopfhörer ein und drehte die Musik auf. Ich verzog schmerzlich das Gesicht und riss mir die Hörer aus den Ohren.

Und genau in diesen klingelten jetzt Tausend Glocken. Ich hielt mir meinen Kopf.

Himmel, Arsch und Zwirn!!, fluchte ich innerlich. Vom Kutschbock kam ein Lachen und ich kannte dieses Lachen nur zu gut.

Mit einem gezielten Tritt in Matts Hintern beförderte ich ihn ins Gras.

Die Hobbits konnten sich das Lachen nicht verkneifen, aber Gandalf fand dies nicht so amüsant. Spielverderber....

"Ihr solltet Euch wirklich etwas zusammenreißen.", beschwor er mich mit ernster Stimme und ich lehnte mich schmollend zurück. Matt war in der Zwischenzeit wieder aufgestiegen und musterte mich grummelnd.

Was bildete der sich eigentlich ein!? Er war ja nicht mein Vater. Bei dem Gedanken an meinen Vater lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Plötzlich spürte ich auch wieder meine blauen Flecken und meine schmerzenden Knochen.

Ich stöpselte mir die Hörer wieder ein, aber diesmal stellte ich die Musik ganz leise. Ganz ohne sie wollte ich nun doch nicht sein, denn sonst würde ich eindeutig verrückt werden. Oder war ich es bereits?

Kapitel 5

Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit. (Kraus)
 

Kapitel 5
 

Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, hörte ich bereits wieder "My Immortal" von Evanescence. Komischerweise an genau der selben Stelle, an der mein Bewußtsein abgeschaltet hatte. Gab schon komische Zufälle...

Ich gähnte, streckte mich und zuckte gleich wieder zurück, wobei ich meine Rippen hielt. Ich grummelte vor mich hin und verfluchte einmal wieder die Welt. Außerdem hatte ich einen ganz seltsamen Traum. Ich war mit Matt, ausgerechnet mit dem, in Mittelerde gelandet.

Seltsamer Traum, kam mir so real vor. Noch ziemlich verschlafen schaute ich mich um. Naja, ich versuchte es zumindest. Es war nämlich stockdunkel, so dass ich überhaupt nichts erkennen konnte. Ich schaute angestrengt in die Dunkelheit und konnte doch tatsächlich vereinzelte Bäume erkennen. Ich wunderte mich. So gut konnte ich doch noch nie sehen. Plötzlich gab es einen starken Ruck und ich knallte mit dem Rücken an etwas ziemlich Hartes.

"Verflucht.....", murmelte ich und rieb mir dir schmerzende Stelle. Mein Bett war eindeutig auch nicht so hart. Ich wunderte mich immer mehr.

"Bald habt Ihr es geschafft. Wir sind fast da.", hörte ich auf einmal eine leise Stimme hinter mir. Ich drehte mich ruckartig herum und erkannte im matten Schein einer Kerze einen alten Mann, der eine Kutsche lenkte.

Schlagartig wurde mir klar, dass dies ganz und gar kein Traum war. Das Ganze war wohl doch realer als ich gedacht hatte. Ich schaute mich vorsichtig um und tatsächlich saß neben Gandalf Matt und schnarchte vor sich hin.

Hinten auf der Kutsche lagen mit mir die zwei Hobbits Frodo und Sam und auch sie schliefen. Ich verstaute meinen MP3-Player und gähnte noch einmal.

"Was ist dies eigentlich für ein komisches Gerät, das Ihr da habt? Ich habe so etwas noch nie in meinem langen Leben gesehen.", fragte mich Gandalf in die Stille der Nacht hinein.

"Das ist ein MP3-Player.", antwortete ich und schlug mir innerlich selbst gegen die Stirn. Konnte er ja nicht wissen, was das sein sollte.

"Ein was bitte?", kam auch schon die verständnislose Frage zurück.

"Das ist ein Gerät mit dem man Musik hören kann.", erklärte ich kurz. Mir fiel einfach keine bessere Erläuterung ein.

"Ah, Musik.", machte Gandalf und er schien wohl bemerkt zu haben, dass mir nichts besseres eingefallen war.

"Ja, aber ich glaube nicht, dass Euch meine Musik gefallen würde, wenn Ihr sie hören würdet.", setzte ich noch hinzu. Dieses ganze höfliche Gerede ging mir tierisch auf den Geist und vor allem war es höllisch anstrengend die richtige Grammatik anzuwenden. Dies reichte mir eigentlich schon in Latein und Englisch, meine Fremdsprachenwahl in der Schule.

"Ich bin immer offen für etwas neues. Man lernt doch nie aus.", meinte Gandalf trotz meines Einwandes.

"Glaubt mir. Es wäre besser für Eure Ohren es nicht auszuprobieren.", blieb ich stur und damit war das Thema für mich beendet.

"Nun gut, ich glaube Euch.", hatte Gandalf das letzte Wort, was mich noch mehr aufregte. Ich war diejenige, die das letzte Wort haben wollte, aber ich schwieg.
 

"Jetzt wach endlich auf.", schrie Matt mir ins Ohr und ich fuhr hoch. Reflexartig schlug ich ihm die Faust ins Gesicht. Das war wirklich keine Absicht, reine Vorsichtsmaßnahme. Nur Matt schien dies nicht so zu sehen. Er hielt sie die blutende Nase und verfluchte mich, in einer unschönen Art und Weise. Und dafür bekam er noch einen Tritt ans Schienbein, als ich von der Kutsche gesprungen war.

"Ich habe Euch schon einmal gesagt, dass Ihr Euch zügeln sollt.", tadelte mich Gandalf und schaute mich ernst an. Ich zog meine Mütze tiefer ins Gesicht um seinen Blick auszuweichen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich es hasste von einem männlichen Wesen angeschaut zu werden? Egal ob jung oder alt?

Ich versteckte also meinen Blick und vor allem mein blaues Auge, das komischerweise noch überhaupt nicht angesprochen wurde. Ich zuckte die Schultern und drehte mich um. Auch gut, weniger Ärger. Ich hob den Kopf und mir sackte der Unterkiefer nach unten. Vor uns erstreckte sich eine lange Treppe, die zu einem großen Turm führte. Ringsherum waren Berge und Wasserfälle und Bäume, Blumen.....

Es war einfach wunderschön! Selbst im Halbdunkel, die Sonne war gerade dabei hinter den Bergen aufzugehen, war die Landschaft einfach hinreißend.

"Mund zu, es zieht.", zischte Matt mir zu und ich musste mich wirklich beherrschen, nicht auf ihn einzuprügeln. Außerdem war er schon verletzt genug. Er hielt sich ein Taschentuch vor die blutende Nase. Ich wollte mal nicht so sein.

Ich klappte den Mund zu und half den beiden Hobbits ihr Gepäck zu tragen. Ich war ja nicht so. Ich war ja liebenswürdig, nicht wahr?

Sie bedankten sich vielmals bei mir, was ich mit einem kleinen Lächeln abtat.

Ich lächelte sonst nie, aber jetzt musste ich einfach tun. Die Beiden waren richtig niedlich.

Wir folgten Gandalf die lange Treppe hinauf und ich schaute mich links und rechts genauestens um. Ich wollte jeden Anblick einfangen und für ewig in meinen Kopf einsperren. Demzufolge bildete ich das Schlusslicht und fiel immer weiter zurück. Die kleinen Rucksäcke und meinen eigenen hatte ich geschultert.
 

"Gandalf, da seid Ihr ja endlich. Schön Euch wiederzusehen. Euch natürlich auch, werte Hobbits."

Ein hochgewachsener Mann mit langem, schwarzem Haar begrüßte den Zauberer und auch die Hobbits. Dann fiel sein Blick auf Matt und er musterte diesen etwas kritisch.

"Wen habt Ihr uns denn da mitgebracht?", fragte er.

"Auch schön Euch wiederzusehen, Elrond. Das hier ist Matt. Er ist mir in Hobbingen mit seinem Begleiter über den Weg gelaufen."

"Begleiter? Ich sehe niemanden sonst.", meinte Elrond und blickte sich fragend um.

"Das ist alles einfach nur....ich bin sprachlos.", meldete ich mich zu Wort und stieg die letzte Stufe nach oben.

"Das ist die Begleitung. Darf ich Euch vorstellen, das ist Ian.", meinte Gandalf leicht amüsiert. Elrond nickte und lächelte mir zu. Komischer Kauz....

"Es freut mich, einen weiteren Elb in Bruchtal willkommen heißen zu dürfen.", begrüßte er mich. Ich sah den Mann verwundert an und mein Blick fiel auf seine Ohren. Auch er war einer dieser Elben.

"Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen.", antwortete ich höflich und zwang mich zu einem Lächeln.

"Nun denn, lasst uns ins Haus gehen. Die Anderen erwarten euch alle schon.", forderte Elrond uns auf und lief voraus. Die Hobbits und Matt folgten ihm freudig. Eins wunderte mich dann schon, dass Matt nicht gleich ein Feuerwerk losgelassen hatte.

Ich zuckte die Schultern und wollte gerade folgen, als Gandalf mich an der Schulter packte und zurückhielt.

"Ich bitte Euch um eines, benehmt Euch. So ein Verhalten schickt sich nicht.", sagte er äußerst ernst zu mir. Ich schaute ihn verdutzt an und nickte nur. Warum Stress anfangen?! Ich hatte nämlich das ungute Gefühl, dass dieser alte Herr sehr ungemütlich werden konnte, wenn man ihn reizte. Er lächelte milde und beide folgten wir den Anderen.
 

Eine große Flügeltür schwang auf und der Blick war frei auf einen meterlangen Tisch an dem sechs Personen am oberen Ende saßen und der Rest des Tisches war voll gestellt mit Essen. Aber was für Essen: haufenweise Fleisch, Früchte, Torten und, und, und.

Also, wer das alles essen sollte, wusste ich beim besten Willen nicht.

Die Hobbits und Matt bekamen schon Stielaugen bei dem Festmahl. Mich ließ das eigentlich ziemlich kalt. Ich war nie eine große Esserin gewesen.

Neben einem blonden Mann mit spitzen Ohren, ich kannte mich jetzt schon aus, ein Elb, waren noch drei Plätze frei.

Wohl für Gandalf und die beiden Hobbits. Dass jetzt zwei Mitesser mehr dabei waren, störte wohl kaum, bei der Menge.

Auch fiel mir auf, dass noch zwei weitere Plätze frei waren. Der eine gehörte wohl Elrond, aber der andere? Woher sollte ich das bitte schön wissen?!

Als wir eintraten, begann das große Stühlerücken. Es wurden Hände geschüttelt, gelacht und sich gefreut. Matt und ich standen ziemlich belanglos an der Tür herum und beobachteten das Wiedersehen. Während Matt das Schauspiel mit großem Eifer und Ehrfurcht beobachtete, schaute ich mich lieber im Saal um.

Große Torbögen mit Efeu umrankt, große Balkone und draußen konnte man einen wunderschönen Garten erkennen.

"Sag mal, warum hast du eigentlich nicht deinen echten Namen gesagt?", fragte mich Matt völlig überraschend.

"Was geht es dich an?", fragte ich leise und weidete meinen Blick weiter an der Architektur.

"Hör doch einmal auf, rumzuzicken und gib mir eine richtige Antwort.", schmollte Matt und ich erbarmte mich.

"Warum soll jeder wissen, dass ich eine Frau bin?", meinte ich ziemlich kalt.

"Das ist gelogen, was du da tust.", meckerte Matt weiter und ich verdrehte die Augen. Genau deshalb gab ich ihm nie Antworten.

"Kann dir doch egal sein.", zischte ich ihm zu, denn so eben wurde die Aufmerksamkeit auf uns gerichtet.

Noch so ein Punkt, den ich hasste: im Mittelpunkt stehen. Alle Blicke auf mir zu spüren, war mir ein Grauen.

"Ich habe noch zwei weitere Gäste mitgebracht. Sie sind mir in Hobbingen über den Weg gelaufen, als ich Frodo und Sam abholte. Das hier ist Matt und dies Ian.", erhob Gandalf das Wort und deutete mit einer ausholenden Armbewegung auf uns.

Ich zog mir die Mütze tief ins Gesicht, damit sie mein Auge nicht sahen und damit ich sie nicht sehen musste. Und ich spürte es deutlich. ALLE blickten uns an und ich konnte regelrecht fühlen, wie sie meine Ohren betrachteten.

Am liebsten würde ich jetzt schreien und rauslaufen, aber ich musste mich ja benehmen. Merde, aber auch....

"Kommt doch her. Was steht ihr so herum?", forderte uns eine Frauenstimme auf und ich konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie Matt diese Einladung freudig annahm.

Ich jedoch blieb, wo ich war. Das Ganze war mir nicht geheuer. Nicht, dass ich Angst vor diesen Leuten hatte, nicht im Geringsten. Es war mir einfach unangenehm.

"Jetzt komm schon.", rief Matt mir zu und ich hob den Blick. Alles sahen mich erwartungsvoll an und ich erkannte in jedem ihrer Gesichter ein kurzes Zucken, als sie mein Veilchen sahen. Gott, die dachten doch bestimmt sonst etwas von mir. Langsam ging ich auf die Gruppe zu, blieb aber doch einige Meter von ihnen entfernt.

"Darf ich euch bekanntmachen.", begann Gandalf und deutete auf eine dunkelhaarige Frau in einem grünen Kleid. Nein, durfte er nicht.

"Das hier ist Arwen, Tochter von Elrond. Neben ihr steht Aragorn, Thronfolger von Gondor."

Gandalf zeigte auf einen Mann mit braunen Haaren und wirrem Bart. Er sah ziemlich grimmig aus. Arwen, eine Elbe und wie ich erkennen konnte, war eine wirklich schöne Frau. Da wurde ich fast neidisch, aber nur eben fast.

Der Zauberer wies nun auf einen kleinen Mann mit noch wirrerem, roten Bart.

"Dies hier ist Gimli, ein Zwerg und stolzer Kämpfer. Neben ihm stehen Merry und Pippin, zwei Hobbits, wie ihr unschwer erkennen könnt. Und der Elb dort ist Legolas, Prinz von Düsterwald."

Ich konnte einfach nicht mehr. Ich wusste nicht, was in mich gefahren war, aber ich schmiss mich weg vor Lachen. Ich versuchte mich wirklich krampfhaft zu beruhigen, aber es funktionierte nicht. Ich schlug mir die Hand vor den Mund und biss hinein. Es half nichts! Ich lachte mich halb tot.

"Es...es tut mir...leid...wirklich...", brachte ich unter Lachtränen hervor.

Ich wusste genau, dass sie mich für verrückt hielten, die Blicke sprachen Bände.

"Ian, habt Ihr unser Gespräch schon vergessen.", wollte Gandalf wissen.

Ich schüttelte kichernd den Kopf und blickte Matt an, der die kleine Gruppe regelrecht vergötterte. Ich brach erneut in Gelächter aus. Der Anblick war einfach zu komisch.

"Was ist hier so lustig? Darf ich auch mit lachen?", erklang plötzlich eine Frauenstimme und mein Lachen verstummte schlagartig. Ich kannte diese Stimme, ich kannte sie zu gut.

Ich drehte mich um und da stand sie. Langes, silbernes Haar und eisblaue Augen und sie trug ein hellblaues Kleid, passend zu ihren Augen.

"Bereth! Schön Euch zu sehen.", begrüßte Gandalf die Frau. "Ich weiß nicht, was Ian so lustig fand. Aber er hat sich jetzt wohl wieder beruhigt.", meinte Elrond und Bereth trat näher.

Sie schaute Elrond fragend an und schüttelte schmunzelnd den Kopf.

"Ian? Da seit Ihr aber auf den ältesten Trick hereingefallen, den es überhaupt gibt, mein lieber Elrond.", meinte sie amüsiert. Während sie sprach war sie auf mich zugekommen und lächelte vielsagend. Ich ahnte was sie vorhatte. Ich kannte meine Großmutter nur zu gut. Aber was machte sie hier??

"Was meint Ihr damit?", fragte Elrond verdutzt und auch die anderen schienen nur Bahnhof zu verstehen.

"Na das!", rief Bereth und mit einer blitzschnellen Handbewegung hatte sie mir meine Mütze vom Kopf gerissen. Damit war meine ganze Tarnung im Eimer. Meine hüftlangen, schwarzen Haare fielen herab und einige vorwitzigen Strähnen fielen mir ins Gesicht.

"HEY! Was soll das, Oma? Und was machst du überhaupt hier?", beschwerte ich mich gleich lautstark und versucht meine Mütze wieder zu bekommen. Doch meine Großmutter hatte sie fest im Griff, also versuchte ich meine Haare irgendwie zu verstecken. Sinnlose Aktion, nur um es mal erwähnt zu haben.

"Hast du nicht etwas zu sagen?", wollte Bereth streng wissen. Ich grummelte etwas unverständliches und drehte mich zu der Gruppe.

"Tut mir Leid.", nuschelte ich und schnappte mir nun meinerseits blitzschnell meine Mütze zurück. Das hieß, ich wollte.

Meine Großmutter hatte wohl damit gerechnet. Sie trat einfach einen Schritt zur Seite und ich flog auf den kalten Steinboden. Ich verzog schmerzhaft das Gesicht. Noch mehr solcher Unfälle überstand ich nicht. Ich unterdrückte meine Schmerzen und sprang sofort wieder auf die Beine und startete einen erneuten Angriff. Wieder trat Bereth nur einen Schritt zur Seite und wieder flog ich auf den Boden. Super, jetzt machte ich mich auch noch zum Affen.

"Wann lernst du es nur, Iara? Genauso ungestüm wie deine Mutter.", meinte Bereth und schüttelte den Kopf. Ich sprang auf und strich mir die Strähnen aus dem Gesicht.

"Hör endlich auf mich mit meiner Mutter zu vergleichen. Ich bin nicht sie und werde es auch nicht sein, hast du verstanden!? Und jetzt gib sie mir wieder.", fauchte ich, doch meine Großmutter hatte ihren Blick schon ganz wo anders. Nein, diesmal waren es nicht die Ohren, die wurden ja nun von meinen Haaren verdeckt. Es war mein blaues Auge. Juhu....

Sie verengte die Augen zu Schlitzen und schaute mich eindringlich an.

"Hat er es etwa schon wieder getan?", wollte sie wissen, aber ich schwieg und wandte den Blick ab.

"Iara, Kind! Sag es mir.", forderte sie mich auf und es war ein scharfer Unterton hörbar. Ich schüttelte den Kopf und schwieg weiter.

Ich kramte in meinen Hosentaschen und fand tatsächlich noch ein Haarband. Sofort band ich meine Haare zusammen und jetzt fiel ihr Blick auf meine Ohren.

"Wir müssen viel besprechen. Aber lasst uns jetzt erst einmal feiern. Gandalf und die Hobbits sollen nicht umsonst angereist sein."

Die allgemeine Erstarrung löste sich und das Geplauder stieg wieder an. Jeder setzte sich wieder auf seinen Platz und ich wurde verdonnert zwischen meiner Großmutter und dieser Arwen zu sitzen.

Das kann ja ein toller Tag werden, dachte ich grimmig und verschränkte schmollend die Arme vor der Brust.

Kapitel 6

Alles Wissen besteht in einer sicheren und klaren Erkenntnis. (Descartes)
 

Kapitel 6
 

Ich stand mitten in einem Feuerkreis und vor mir stand ein Mann. Er hatte einen langen, schwarzen Umhang an und das Gesicht war mit der Kapuze vermummt.

Zwischen uns, auf einer Säule, lag ein roter, dreieckiger Stein und unsere Blicke waren darauf geheftet.

Wir wollten beide diesen Stein haben, so viel war sicher.

Plötzlich setzten wir beide zum Sprung an und streckten die Hände nach dem Stein aus.
 

Schweißgebadet wachte ich auf und schaute mich verwirrt blinzelnd im Raum um.

Wo war ich hier? Und wie kam ich hier her?

Ach ja, das Fest und diese seltsamen Leute. Einer davon hatte mich in mein Zimmer gebracht. Ich glaube, es war diese Arwen gewesen. Ja, genau, Arwen hatte mich in mein Zimmer gebracht und ich war dann wohl in voller Montur eingeschlafen.

Langsam stand ich auf, streckte meine müden Glieder und gähnte ausgiebig.

Es war eine scheiß Nacht gewesen, um es einmal deutlich auszudrücken. Dieser Traum war eigentlich zu real, um ein Traum gewesen zu sein. Ich konnte die Hitze des Feuers förmlich spüren und dieser komische Mann, dessen Gesicht hinter der Kapuze versteckt war, gruselte mich.

Ich zog meinen Pullover aus. Zum Glück hatte ich noch daran gedacht, ein schwarzes Top darunter anzuziehen. Sorgfältig legte ich ihn zusammen, um ihn im nächsten Moment wutentbrannt in die nächste Ecke zu schmeißen. Ich hasste diese Situation und ich wollte wieder nach Hause. Nein, doch nicht. Ich fasste mir an den Kopf und schüttelte ihn kräftig. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich wollte. Nur eins war sicher: ich wollte wissen, WARUM und WIE ich hier hergekommen war. Dies musste doch einen bestimmten Grund haben.

Ich stürmte, barfuß, aus dem riesigen Zimmer und lief den Gang entlang nur um am Ende stehen zu bleiben und mich orientierungslos umzusehen.

Wo war ich denn jetzt wieder gelandet? Entnervt trat ich von einem Fuß auf den anderen und schaute rechts und links den Gang hinab. Viel zu lang und viel zu verschlungen, stellte ich fest und drehte mich schwungvoll um.

Etwas zu schwungvoll, denn im nächsten Moment lag ich auf dem Boden und rieb mir den Hintern.

"Verflucht nochmal...", murmelte ich und kniff die Augen zusammen. Wer hatte da eine Wand hingestellt?

"Alles in Ordnung bei Euch? Seid Ihr verletzt?", durchbrach eine ruhige Stimme mein Gefluche und ich schaute verwirrt nach oben. Vor mir stand mit besorgter Miene der blonde Elb von gestern und schaute auf mich hinab. Sofort sprang ich auf und zog mein Top zurecht.

"Ähm..nein..es ist alles in bester Ordnung.", stotterte ich und wandte den Blick ab.

"Das freut mich. Sucht Ihr den Weg? Soll ich Euch behilflich sein?", fragte der Elb, wie war noch gleich sein Name, freundlich und schaute mich forschend an.

"Ähm...ich war auf dem Weg zu meiner Großmutter. Hab mich wohl verlaufen.", murmelte ich und schaute aus einem Fenster in den wunderschönen Garten, der in goldenes Sonnenlicht getaucht war.

"Ich bringe Euch zu ihr. Mein Name ist übrigens Legolas. Und wie ist nun Euer richtiger Name?", fuhr er fort und ich wusste genau, dass er jetzt grinste.

Ruckartig drehte ich den Kopf in seine Richtung und er grinste tatsächlich. Aber das mit dem ruckartig drehen war eine schlechte Idee gewesen. Mein Nacken knackte verdächtig und sofort hielt ich ihn mir.

"Verdammt nochmal. Das wird ja immer besser.", fluchte ich und trat gegen die Wand. Noch so ein dummer Fehler, denn ich war ja barfuß.

Ich schrie auf, hüpfte auf einem Bein und flog wieder auf den Hintern.

"Ich fasse es nicht....", murmelte ich fassungslos und schaute ins Leere. Sekunden später riss mich das Lachen von Legolas aus meiner Starre und ich schaute ihn wütend an. So ein....Idiot! Er stützte sich an der Mauer ab und lachte sich schier tot.

"Ich finde das überhaupt nicht komisch...", grummelte ich und rappelte mich wieder auf. Legolas versuchte sich zu beruhigen und nickte langsam.

"Nein, natürlich nicht. Verzeiht mir.", bat er mich höflich und verkniff sich ein erneutes Lachen. Am liebsten würde ich ihm jetzt an den Hals springen.

Statt dessen drehte ich mich mit einem "Pah, MÄNNER!" um und humpelte einfach auf gut Glück den Gang nach rechts hinab.

"Ihr geht in die falsche Richtung. Wartet, ich bringe Euch hin.", sagte Legolas, als er mich mühelos eingeholt hatte und neben mir herlief.

"Danke, ich brauche Eure Hilfe nicht. Ich komme sehr gut allein zurecht.", meinte ich trotzig, machte kehrt und humpelte in die andere Richtung.

"Aber rennt nicht wieder gegen eine Wand oder gegen ein lebendes Wesen.", rief er mir hinterher und das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Ich ballte die Hände zu Fäusten, drehte mich um und funkelte ihn wütend an.

"Was denkt Ihr euch eigentlich? War es meine Schuld, dass ich gegen Euch gelaufen bin? Ihr seid ja wohl im Weg gestanden.", schrie ich ihn aufgebracht an und ging langsam auf ihn zu. Doch der Elb verschränkte nur die Arme und schaute mich cool an. Noch so ein Macho....

"Wenn Ihr keine Augen im Kopf habt, kann ich auch nichts machen.", setzte er mir kühl entgegen, was mich noch mehr in Rage brachte.

Ich wollte gerade zu einer sehr lauten Predigt ausholen, als Gandalf um die Ecke spaziert kam. Er sah mich, ich sah ihn und sofort ich hielt den Mund. Ich ließ den Kopf hängen und schlurfte genervt in die andere Richtung von dannen.

Gandalf war in der Zwischenzeit neben Legolas getreten und sein Blick folgte mir.

"Reizende Person, nicht war, Legolas?", fragte er den Düsterwaldelben amüsiert und dieser nickte.

"Sehr viel Temperament. Leider etwas gewalttätig.", sagte Legolas und schaute mir ebenfalls nach.

"DAS HAB ICH GEHÖRT, DU IDIOT!", rief ich in seine Richtung und verschwand hinter der nächsten Ecke.

"Wie schon gesagt. Sehr viel Temperament.", wiederholte Legolas und die beiden Freunde lachten.
 

So ein verdammter Trottel! Machte sich einfach über mich lustig und bezeichnete mich dann auch noch als gewalttätig! Ich und Gewalt? Ich bin die Liebenswürdigkeit in Person.

Ich stampfte wütend den Gang entlang und meine bloßen Füße machten bei jedem Schritt so ein patschendes Geräusch.

"Iara? Was machst du hier? Ich habe dich schon gesucht.", erklang plötzlich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um.

"Na endlich, ich habe dich auch gesucht. Ich habe einige Fragen an dich, die du mir jetzt beantworten wirst.", sagte ich und marschierte auf meine Großmutter zu.

"Ja, da hast du recht. Komm rein.", meinte sie ernst und bat mich in ihren Raum, in den ich auch sofort eintrat.

"Setz dich doch.", forderte sie mich auf, während sie die Tür schloß und ich setzte mich einfach auf ihr Bett.

"Willst du dir nicht etwas anderes anziehen? Deine Hose sieht nicht sehr neu aus.", versuchte sie vom Thema abzulenken, doch ich winkte ab.

"Keine Ausflüchte jetzt, Omi. Ich will wissen, wie und vor allem aus welchem Grund ich in diese verrückte Welt gekommen bin!"

Meine Großmutter seufzte und ließ sich neben mir auf das Bett nieder, schwieg aber.

"Rück' schon raus mit der Sprache. Ich muss mir schon von diesem komischen Elb anhören, dass ich gewalttätig bin und dieser Zauberer führt sich auf wie mein Bewährungshelfer. Also, was ist hier los?", forderte ich sie erneut zum Sprechen auf.

"Nun, du erinnerst dich mir Sicherheit noch an den Stein, den ich dir damals geschenkt habe.", begann sie und ich hob ihr den Aquamarin unter die Nase.

"Sicher. Und meine Vermutung ist, dass der mich auch hier hergebracht hat.", erklärte ich ihr meinen schon lang gehegten Verdacht. Vorsichtig nahm Bereth den Stein in die Hand und strich fast schon zärtlich darüber.

"Deine Vermutung ist richtig. Das hier ist der Stein des Wassers. Er hat die Gabe kleinere Wünsche zu erfüllen, die aber wirklich stark sind. Außerdem verleiht er der Trägerin die Macht über das Wasser. Das meint, dass sie das Wasser kontrollieren und es zu ihren Nutzen einsetzten kann.", erklärte sie mir und nahm den Blick dabei nicht von dem Aquamarin.

"Aha. Und warum ist Matt mit hier her gekommen?", wollte ich weiter wissen.

"Entweder war er zur falschen Zeit am falschen Ort oder auch sein Schicksal wird sich hier erfüllen.", antwortete sie.

"Wieso auch sein Schicksal?", fragte ich verdattert und blickte Bereth an.

"Du bist nicht umsonst hier, Iara. Außer diesen hier gibt es noch drei weitere Steine. Rubin, Smaragd und Bergkristall, jeweils die Symbole für die Elemente Feuer, Erde und Luft. Jeder Stein hat seine eigene besondere Fähigkeit und überträgt diese und die Macht über das jeweilige Element an die Trägerin. Vereint werden die Steine zu dem Mondstein, der alles in sich birgt und große Macht verleiht. Falsch angewendet kann diese sehr großen Schaden anrichten. Nur die Trägerin ist im Stande den Stein zu beschützen und richtig anzuwenden.", erklärte sie mir in ruhigem Tonfall. Aha...

Ich schüttelte ungläubig den Kopf und starrte aus dem Fenster.

"Und was hat das mit mir zu tun?", fragte ich leise und eigentlich kannte ich die Antwort schon.

"Du bist die neue Trägerin. Nachdem der Stein zerstört wurde, ist die alte Trägerin gestorben. Und das gleiche Schicksal kann auch dich ereilen."

"Lass mich raten. Die alte Trägerin war meine Mutter.", seufzte ich genervt und fasste mir an die Stirn. Warum mir immer sowas passieren musste, war mir ein Rätsel. Meine Großmutter schaute mich mit großen Augen an.

"Woher weißt du...?", stotterte sie und ich winkte ab.

"Geraten. Und lass mich weiter raten. Sie kam eigentlich von hier und ist mit Hilfe dieses Mondsteines in meine Welt gegangen, hat dort geheiratet und war glücklich. Später wurde er zerstört und sie starb, bei dem Autounfall. Und ich habe jetzt diese ehrenvolle Aufgabe mich in Lebensgefahr zu begeben und diesen Stein wieder zusammenzusetzten, alles klar. Noch zwei Frage. Wie kommst du dann hier her? Und warum habe ich so komische Ohren?"

Bereth schaute mich sprachlos an und nickte dann anerkennend.

"Du bist wirklich eine schlaue und hübsche junge Dame geworden. Nun, ich bin auf dem selben Weg nach Mittelerde gelangt wie du. Naja, eigentlich ist Mittelerde meine Heimat. Wie du richtig erkannt hast, kam Rania von hier und so natürlich auch ich. Sie fand einst den Mondstein, oder besser er fand sie und sie ist durch einen kleinen Unfall in deine Welt gelangt. Dabei hatte sie mich mitgenommen. Der Stein wurde dabei aber leider zerstört und wir saßen fest. Jahre vergingen und Rania war alles andere als glücklich. Sie hat sich so sehr gewünscht wieder in ihre Heimat zurück zu kehren, dass der Aquamarin tatsächlich zu ihr kam. Leider konnte sie nicht mehr zurück. Tage später holte sie der Fluch ein und sie starb. Ich habe sofort dir den Stein gegeben in der Hoffnung, dass du die neue Trägerin wärest. Als sich zwei Jahre lang nichts tat, beschloß ich nach Mittelerde zurück zu kehren. Ich weiß, dass ich dich damit im Stich gelassen habe, aber auch ich sehnte mich nach meiner Heimat und meinen Freunden. Ich schaffte es tatsächlich mit Hilfe des Steines nach Mittelerde zurückzukehren, nur der Stein blieb bei dir. Er ist nicht mit mir gekommen, wie er eigentlich sollte, sondern ist bei dir geblieben. Da war mir klar, dass du wirklich die neue Wächterin sein musstest. Jetzt war nur das Problem, wie ich dich nach Mittelerde bringen sollte. Freiwillig würdest du wohl kaum herkommen, aber du hattest genau den selben Wunsch wie Rania, nur dass sie nach Mittelerde wolltest und nicht umgekehrt."

Während der langen Erklärung meiner Großmutter war ich aufgestanden und lief unruhig hin und her. Das alles war so fürchterlich verwirrend.

"Schön und gut, aber warum habe ich so komische Ohren? Rania wird wohl kaum eine Elbe gewesen sein und wie ich sehe, bist du es auch nicht."

Bereth schüttelte bedauernd den Kopf.

"Das kann ich dir leider nicht erklären. Ich schätze, es hängt mit deinem Schicksal zusammen. Vielleicht wirst du sehr viel später mit einem Elb verheiratet sein. Da ist es nur logisch, dass auch du unsterblich bist.", versuchte sie mir zu erklären und bei den kleinen, aber feinen Worten "heiraten" und "unsterblich" tickte ich völlig aus.

"HEIRATEN? UNSTERBLICH? DAS IST WOHL WIRKLICH DAS LETZTE, WAS ICH WILL! IHR SEID ALLE VOLLKOMMEN WAHNSINNIG!!! BEVOR ICH HEIRATE BEGEHE ICH SELBSTMORD UND DAS WAR ES DANN MIT DER UNSTERBLICHKEIT!", schrie ich vollkommen hysterisch und stürmte aus dem Zimmer. Bereth saß noch immer auf dem Bett und schüttelte seufzend den Kopf.

"Genauso hitzköpfig und stur wie ihre Mutter.", murmelte sie und machte sich auf den Weg in die Bibliothek.
 

Wütend stampfte ich den Gang entlang. Ich fasste einfach nicht, was ich da gerade gehört hatte.

Trägerin, Mondstein, große Macht: alles nur sinnloses Gerede. Ich würde diese Mission sowieso nicht ausführen. Bei aller Todessehnsucht, so wollte ich auf gar keinen Fall sterben.

Ich schaute den blauen Stein in meiner Hand aufmerksam an und verfluchte ihn.

Alles nur wegen diesem blöden Teil. Ich ballte die Faust um den Stein, holte aus und schmiss ihn gegen die Wand, doch der Stein erreichte nie die Wand. Kurz vorher stoppte er und schwebte munter in meine geöffnete Hand zurück.

Ich schaute völlig perplex aus der Wäsche, doch im nächsten Moment fluchte ich auch schon laut los.

"Ich fass es nicht! ICH FASS ES EINFACH NICHT! JETZT LÄSST SICH DAS TEIL NICHT EINMAL ZERSTÖREN! ICH HASSE MEIN LEBEN!", schrie ich gegen die Wand und sofort flogen Türen auf.

"Was ist denn das für ein Geschrei hier draußen?", fragte eine männliche Stimme grimmig und ich drehte mich um. Da stand der Zwerg, hieß er nicht Gimli?, und starrte mich wütend an.

"Was schreit Ihr so? Ist irgendetwas passiert?", wollte er wissen und musterte mich kritisch.

"Und ob etwas passiert ist. Ich darf irgendwelche Steine zusammen suchen und mein Leben riskieren, nur damit nicht irgendwelche Heinis die Macht an sich reißen. DAS LEBEN IST UNFAIR!", schrie ich ihn an und stampfte an dem völlig verblüfften Zwerg vorbei. Ich glaubte nicht, dass diese Leute es gewohnt waren, von einer Frau angeschrien zu werde. Konnten die hier überhaupt schreien?
 

Missmutig saß ich auf der Fensterbank in meinem Zimmer und hörte Apocalyptica.

Ich konnte immer noch nicht glauben, dass mein Schicksal eigentlich so gut wie besiegelt war. Ich würde hier sterben, soviel war sicher. Entweder im Kampf um die Steine oder weil der Mondstein zerstört werden würde.

Ich konnte es drehen und wenden, es gab keinen Ausweg aus dieser Sache.

Ich machte mir sogar schon ernsthafte Sorgen um meine Gesundheit. Ich fühlte mich doch tatsächlich schuldig, dass Matt mit mir hier gelandet war. Was konnte ich dafür, dass dieser Trottel zur falschen Zeit am falschen Ort war? GAR NICHTS!

Ich seufzte resigniert und stoppte die Musik. Nicht einmal die konnte mich jetzt aufheitern. Außerdem hatte ich Hunger, aber leider keine Ahnung, wo der Speisesaal von gestern Abend lag. Vielleicht verhungerte oder verdurstete ich vor meinem eigentlichen Tod durch Steine oder Schwerter. Wäre eine Überlegung wert....

Ich sprang vom Fenstersims und stampfte zu dem riesigen Kleiderschrank, der in meinem Zimmer stand. Irgendetwas Schönes musste ja dabei sein, oder?

Schwungvoll riss ich die Tür auf und schlug sie im nächsten Moment auch wieder zu. Kleider, Kleider, Kleider und nochmals Kleider. Nur diese blöden Kleider mit den unpraktischen langen Röcken und Ärmeln. Ich fasste es nicht! Nicht mal eine Hose gab es hier. War wohl nur ein Privileg für Männer, Hosen zu tragen.

So langsam war es mir leid. Die konnten mich doch alle mal kreuzweise.

Ich zog mir Socken und Turnschuhe an und machte mich auf die hoffnungslose Suche nach dem Saal von gestern.

Doch irgendwie schien heute mein Glückstag zu sein. Hallo mein Sarkasmus!

Kaum hatte ich einen Fuß vor die Tür gesetzt, da kam mir auch schon Arwen, übrigens in einem Kleid, entgegen und schaute mich freundlich, aber doch ernst an.

Grummelnd schloß ich die Tür und wartete bis sie mich erreicht hatte. Warum sollte ich jetzt auch noch auf sie zu gehen?!

"Was wollt Ihr?", fragte ich gleich trotzig und würdigte sie keinen Blickes. Die Wand war sehr interessant heute....

"Ich habe Euch gesucht. Ich wollte Euch zum Essen holen. Ich dachte mir, Ihr könntet vielleicht hungrig sein."

Ich schaute sie an, aber nicht mit einem kühlen, sondern mit einem eher dankbaren Blick. Ich hatte wirklich mächtig Kohldampf.

"Das ist wirklich sehr aufmerksam von Euch. Vielen Dank."

Oh Gott, wie ich dieses freundliche Gelaber hasste. Am liebsten würde ich jetzt das Weite suchen oder einfach auf das weniger kompliziert "du" zurückgreifen, aber vielleicht lief mein selbst ernannter Bewährungshelfer hier irgendwo herum.

Und völlig automatisch schaute ich mich verstohlen nach Gandalf um und konnte ihn nirgends entdecken, was mir einen erleichterten Seufzer entlockte.

"Stimmt etwas nicht?", riss mich Arwens Stimme aus meiner Paranoia.

"Ähm..nein! Alles klar.", stotterte ich ertappt und grinste nervös.

"Gut. Habt Ihr schon ein Kleid ausgesucht?", fragte mich Arwen, als wäre es das normalste auf der Welt. Ich schaute sie böse an und verschränkte stur die Arme.

"Ich werde keines von diesen Dingern anziehen.", klärte ich sie auf, was ihr aber nur ein kurzes Lächeln entlockte.

"Werdet Ihr müssen. Frauen sollten keine Hosen tragen."

Was ist denn das für eine altmodische Auffassung? Aber nicht mit mir.

"Ich lasse mich nicht in diese Frauen-Männer Schubladen stecken. Ich mache das, was ich will und ich trage das, was ich will. Da wo ich herkommen, haben Frauen die Gleichberechtigung erreicht und dürfen Hosen tragen. In meiner Welt tragen manche Männer sogar Röcke. Solltet Ihr vielleicht den Männern hier auch mal vorschlagen, dann wissen sie wie das ist in eine Schublade gesteckt zu werden. Und wenn es Euch nichts ausmacht würde ich jetzt gerne etwas essen gehen."

Mit diesen Worten ließ ich die verdatterte Elbe einfach stehen und lief einfach mal wieder auf gut Glück den Gang entlang. Das Leben war schön....

Kapitel 7

Der Anführer eines großen Heeres kann besiegt werden. Aber den festen Entschluß eines einzigen kannst du nicht wankend machen. (Konfuzius)
 

Kapitel 7
 

Mühsam unterdrückte ich einen Freudenschrei. Ich hatte tatsächlich den Speisesaal gefunden. Schwungvoll riss ich die Tür auf und die Köpfe, der bereits Anwesenden, fuhren erschrocken herum.

Ich blickte kurz über den Tisch um die Lage zu analysieren. Da saßen meine Großmutter, Legolas, Gimli, Aragorn, Elrond, Gandalf, die Hobbits, Arwen - wie hatte sie es nur geschafft vor mir hierzu sein? - und Matt. Mist, den gab es ja auch noch. Ich schaute Matt grimmig an, der mich aber nur angrinste und sich wieder seinem Frühstück widmete.

Während ich meinen Tanzpartner grimmig musterte, durchfuhr mich ein komisches Gefühl. Vor meinem inneren Auge spielte sich mein Traum noch einmal in Zeitlupe ab, immer und immer wieder.

Ich wollte den Blick von Matt reißen, doch irgendwie funktionierte es nicht. Die Flammen umringten mich nun und ich stand dem maskierten Mann gegenüber. Vor uns lag der rote Stein und blitzte mir freudig entgegen. Und wieder setzten wir beide zum Sprung an, streckten die Hand aus und sprangen gleichzeitig ab.

"Iara, was um Himmels Willen machst du da?", riss mich die verwunderte Stimme meiner Großmutter aus meinem Traum.

Ich blinzelte verwirrt und schaute mich um. Alle sahen mich mit großen Augen an und Matt konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Ich schaute auf meinen ausgestreckten Arm und schaute wieder fragend zu meiner Großmutter.

"Was tust du da? Was war das für eine akrobatische Einlage?", fragte sie mich erneut und ich zog hastig meinen Arm zurück.

"Was...was hab ich denn gemacht?", wollte ich wissen und kam langsam auf den Tisch zu.

Als ich an Matt vorbeikam, natürlich absichtlich, verpasste ich ihm eine unauffällige Kopfnuss, was die Hobbits und Gimli zum Lachen brachte. Ich setzte mich auf den einzig freien Stuhl und der war gegenüber meiner Großmutter und neben Legolas. Klasse Tag, ging gerade so weiter wie er angefangen hatte.

"Du hast Matt angestarrt und dann hast du einen ganz abwesenden Ausdruck in deinen Augen bekommen. Sekunden später hast du die Hand ausgestreckt und bist gesprungen.", erklärte mir Bereth und ich wurde knallrot.

"Habe ich das wirklich gemacht?", fragte ich noch einmal zur Sicherheit nach und meine Großmutter nickte. Erdboden, tu dich auf und verschlinge mich. WIE PEINLICH! Vor der versammelten Mannschaft machte ich mich zum Clown. Jetzt hielt mich auch der Letzte für wahnsinnig und durchgeknallt.

"Was habt Ihr gesehen?", riss mich Gandalf aus meiner Peinlichkeit und ich schaute ihn verwirrt an.

"Was soll ich den gesehen haben?", fragte ich nach, aber ich wusste, auf was er hinaus wollte.

"Ihr hattet eine Vision. Was habt Ihr gesehen?", fragte er weiter und ich zuckte mit den Schultern.

"Ich war mit einem vermummten Mann in einem Feuerkreis und wir haben so einen seltsamen roten Stein anfixiert. Wir wollten ihn beide haben und sind auf ihn zugesprungen.", erklärte ich in Kurzform und keinen Lidschlag später klirrte etwas.

Erschrocken schaute ich zu meiner Großmutter, die ihr Glas fallen gelassen hatte. Sie war kreidebleich und schaute mich mit ihren eisblauen Augen an, als wäre ich ein Gespenst.

"Du hast....du hast...du hast den Rubin gesehen? Du hast den Stein des Feuers gesehen?", stotterte sie und ich nickte zögerlich.

"Und du hast einen Wächter gesehen? Hast du sein Gesicht erkennen können?", fragte sie weiter, woraufhin ich verneinend den Kopf schüttelte.

"Kind, sobald du wieder eine Vision hast, kommst du zu mir. Und zwar SOFORT! Hast du mich verstanden?"

"Bin ja nicht taub...", murmelte ich, schnappte mir einen Apfel und biss hinein.

"Iara, du musst aber wirklich zu mir kommen. Ich kenne dich. Du frisst lieber alles in dich hinein, als mit jemandem zu reden.", fuhr Bereth fort und ich verschluckte mich an meinem Apfel.

"Muss das jetzt hier sein? Vor allen Leuten?", giftete ich sie an und schaute mich verstohlen um. Die Anderen waren verdächtig ruhig gewesen und vor allem die Elben machten mir Sorgen. Die, mit ihrem Supergehör..

Bereth wischte nervös die Scherben in eine Serviette und murmelte vor sich hin.

"Was ist denn daran so schlimm, dass ich das gesehen habe?", fragte ich Gandalf. Auch er hatte mich aufmerksam gemustert und lächelte mich nun an.

"Nun, Ihr habt wohl eine besondere Fähigkeit. Da Ihr die neue Trägerin des Elementarsteins seid, müsst Ihr die einzelnen Steine ja auch orten können. Dafür sind die Visionen eigentlich gedacht.", erklärte mir Gandalf und ich musste mir einen erneuten Lachanfall verkneifen. Das war doch alles höchst lächerlich und in großem Maße unrealistisch.

"Ihr glaubt Gandalf nicht, habe ich Recht?", fragte plötzlich ein Stimme leise und ich wand meinen Blick an meinen Nebenmann, Legolas.

"Woher wollt Ihr das wissen?", zischte ich zurück und funkelte ihn wütend an, doch er lächelte nur.

"Elben merken so etwas nun einmal. Das müsstet Ihr aber eigentlich wissen. Schließlich seid Ihr eine Elbe.", fuhr er fort und ich verdrehte genervt die Augen. Wieder das Gelaber, von wegen Elbe und so.

"Zum allerletzten Mal: ich bin keine Elbe und war es auch nie."

Legolas nickte nur und schwieg. Komischer Typ, irgendwie machte er mir ein bißchen Angst mit seiner Art.

"Wann lernen wir das Kämpfen?", riss Matts Stimme mich aus meinen Gedanken und somit riss ich auch den Blick von Legolas.

"Kämpfen? Du spinnst wohl.", fauchte ich ihn an und verschränkte die Arme.

Jetzt wollte der doch tatsächlich kämpfen lernen. Meinte er etwa, dass er mich dann besiegen konnte. Ich grinste. Wohl kaum.....

"Ja, genau, du Hexe. Ich will kämpfen lernen. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir hier länger bleiben werden und ich will mich wenigstens verteidigen können.", fauchte Matt zurück und ich grinste ihn sadistisch an.

"DU hast gegen MICH sowieso keine Chance. Auch wenn du jetzt das Kämpfen lernen willst. Ich werde dich immer besiegen, merk die das für die Zukunft."

"Wer sagt denn, dass du auch kämpfen lernen wirst, Iara?", schaltete sich Bereth ein und schaute mich eindringend an.

"Moment mal, wenn Matt kämpfen darf, dann will ich auch. Warum sollen nur Männer kämpfen? Warum nicht auch Frauen!? Ich bin sicher, dass Arwen auch mit dem Schwert umgehen kann!", rief ich aufgebracht und schaute die Elbe an, die zögerlich nickte.

"Bei Arwen ist das etwas anderes. Aber du wirst nicht kämpfen lernen. Du wirst weder lernen mit dem Schwert umzugehen, noch wirst du den Umgang mit Pfeil und Bogen jemals erlernen."

Ich sah meine Großmutter herausfordernd an. Mit solchen Argumenten konnte sie mir nichts anhaben und ich hatte immer noch ein Ass im Ärmel. Wollen doch mal sehen, wer der größere Dickschädel war.

"Ach ja? Dann sag mir doch mal, warum das bei Arwen etwas anderes ist? Sie ist auch eine Frau.", setzte ich siegessicher nach.

"Sie ist in einer Männerwelt aufgewachsen und musste das Kämpfen erlernen.", meinte Bereth kühl und ich konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie Arwen empört nach Luft schnappte.

Ich grinste meine Großmutter an und stützte den Kopf auf meine Hand.

"Hast du noch ein Argument, wie du mich von meinem Entschluss abbringen willst? Oder kann ich dir das totsichere Argument bringen, warum du mich kämpfen lassen MUSST?"

"Was meinst du damit? Da gibt es kein totsicheres Argument.", sagte Bereth, jetzt aber leicht nervös.

"Gut, dann sag mir doch mal bitte, wie ich die Steine suchen soll, wenn ich nicht kämpfen kann? Meiner Vision und deiner Aussage nach, gibt es Wächter, die die Steine beschützen und die werden sie wohl kaum freiwillig herausrücken." STRIKE! Ich grinste meine Großmutter triumphierend an. Ich hatte sie an der Wurzel des Übels gepackt!

Bereth wollte noch einmal zu einer Predigt ausholen, sackte aber in sich zusammen, als sie merkte, dass es eh keinen Sinn hatte. Ich hatte verdammt nochmal Recht.

"Gutes Argument. Ihr seid wirklich sehr redegewandt.", kam es erneut leise von der Seite und ich konnte nicht anderst. Ich trat Legolas unterm Tisch leicht, wirklich nur leicht, gegen sein Bein.
 

"Iara, was soll ich nur mit dir machen?", meckerte meine Großmutter mich nach dem Frühstück an. Sie bestand darauf, dass ich sie in das Zimmer meiner toten Mutter begleiten sollte. Sie meinte, sie hätte da etwas für mich.

Seit dem Frühstück hatte sie kein einziges Wort mehr mit mir geredet, genauso wie Legolas. Der fand meine Aktion wohl nicht so toll. Er hatte mich nämlich ziemlich böse angeschaut und mich dann den Rest des Frühstücks ignoriert. Ich glaubte, er mochte mich nicht.

Ich zuckte mit den Schultern. Kein Problem für mich. Ich mochte ihn auch nicht sonderlich. Lag wohl an der Tatsache, dass er männlich war.

Auch Matt hatte seinen Willen bekommen und durfte das Kämpfen erlernen. Das war weit aus leichter gewesen, weil er keine nervigen Verwandten, die eigentlich als entführt und tot galten, hatte und ihm das Leben zur Hölle machten. Aber dafür würde ich schon sorgen. Ich würde ihm das Leben zur Hölle aller Höllen machen, darauf konnte er sich verlassen.

"Wenn du unbedingt kämpfen willst, dann werde ich dich nicht daran hindern, aber ich werde dir die alten Waffen deiner Mutter geben.", unterbrach Bereth die Stille und ich schnaubte verächtlich.

"Sie durfte also auch kämpfen. Wird ja immer besser hier.", grummelte ich.

"Ach, sei doch still, Iara. Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was dich erwartet.", fuhr meine Großmutter mich an und ich schmollte erstmal.

"Und hör auf zu schmollen. Komm jetzt, hier rein!", wies sie mich an und schob mich in einen großen Raum hinein. Hier war wohl seit Ewigkeiten nicht mehr Staub gewischt worden, aber sonst stand alles fein säuberlich an seinem Platz und schien um keinen Millimeter verschoben worden zu sein.

Bereth ging geradewegs auf eine große Holztruhe am Ende des riesigen Himmelbettes zu. Knarrend öffnete sich der Deckel, als sie den Riegel entfernt hatte und eine kleine Staubwolke wirbelte auf. Aus dem Inneren der Truhe holte sie einen großen Bogen, der sehr kunstvoll geformt war, ein Schwert mit schwarzem Griff in einer schwarz-roten Scheide und säuberlich zusammengelegte Kleidung, die aussahen, als würde ich sie jetzt schon hassen, heraus.
 

"Auf gar keinen Fall! NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!", rief ich heftig und schüttelte den Kopf. Ich stand in meinem Zimmer vor einem großen Spiegel, hinter mir Arwen und Bereth.

"Komm schon, das sieht gut aus. Deine Mutter hat es getragen.", versuchte mich meine Großmutter zu beruhigen. Toll, sollte mich das beruhigen?

"Es steht Euch wirklich ausgezeichnet.", mischte sich jetzt auch noch Arwen ein.

Ich grummelte und musterte mich erneut im Spiegel. Ich hatte die alten Klamotten meiner Mutter an und sie passten wie angegossen. Komischer Zufall, nicht? Ich musterte mich von unten bis oben und wieder zurück.

Ich trug eine Art ¾ Hose in schwarz und äußerst eng anliegend und darüber einen schwarzen Rock, der an beiden Seiten lange Schlitze hatten, die bis an die Hüften reichten und um genau diese war ein breiter, roter Stoffgürtel geschlungen, der den Rock an seinem Platz halten sollte. Ich fand den Rock etwas zu lang, immerhin ging er bis zu den Knöcheln.

Und genau dort endeten auch diese Schuhe. Sie waren ebenfalls schwarz und aus Stoff mit einer stabilen Sohle und weil sie sonst nicht halten würden, waren um den Stoff rote Bänder gebunden. Das war ja eigentlich noch ganz in Ordnung, aber oben ging dann das Grausen los.

Eine weiße Bluse, ebenfalls mit ¾ Ärmeln, nur waren diese leicht ausgestellt, mit einem Rundhalsausschnitt. Die war ja nicht das Problem, das Problem war, dass ich über der weißen Bluse ein rotes, am Rücken gebundenes Mieder trug und das war alles andere als bequem. Meine Lungen schrien jetzt schon nach Sauerstoff.

Arwen und Bereth meinten, es sei eine Sache, an die man sich gewöhnen müsse.

Allerdings! Ich würde mich wohl kaum daran gewöhnen...

Und dann waren da noch diese Handschuhe. Nun, es waren keine richtigen Handschuhe, eher solche Fahrradhandschuhe, an denen die Finger abgeschnitten waren, aber diese Handschuhe hatten nur jeweils ein "Loch" für den Daumen und sonst gingen sie bis zur Mitte der Hand und des Unterarmes. Sie waren ebenfalls schwarz und mit roten Bändern umschlungen. Fehlte nur noch, dass sie in meine Haare Schleifchen und Zöpfchen machen wollten.

"Ich werde das auf gar keinen Fall anziehen.", schimpfte ich weiter und wollte schon daran gehen, das ganze Zeug wieder auszuziehen, als meine Großmutter hinter mir im Spiegel auftauchte.

"Iara, mein Kind. Diese Sachen haben deiner Mutter sehr viel bedeutet. Sie wollte sie einst ihrer Tochter vererben, aber sie kam nie dazu. Jetzt werde ich ihren Willen erfüllen und sie dir weitergeben.", sagte Bereth leise zu mir und hielt mir Schwert und Bogen entgegen. Vorsicht, Psychoalarm!!

Zögernd nahm ich erst den Bogen und dann das Schwert. Beides fühlte sich leicht und warm an. Diese Dinge hatte also meine Mutter in der Hand gehabt, hatte mit ihnen gekämpft und mit ihnen trainiert. Ehrfürchtig schaute ich die Waffen an und erinnerte mich einen kurzen Augenblick an das Gesicht meiner Mutter.

"Na gut, ich werde es tragen. Was bleibt mir anderes übrig?", gab ich seufzend nach und meine Großmutter und Arwen nickten zufrieden. Ich gab Bereth den Bogen wieder und zog das Schwert aus der Scheide. Es hatte eine silberglänzende Schneide und am breiten Ende des Schwertes waren wunderschöne Zeichen eingraviert, die ich leider nicht entziffern konnte. Ich wog es nachdenklich in der Hand und schwang es ein paar Mal hin und her.

"Und ich werde Euch den Schwertkampf beibringen. Wie mir scheint, habt Ihr das Talent von Rania geerbt. Auch sie war äußerst geschickt im Umgang.", meinte Arwen freundlich und lächelte mich an.

"Danke. Und wer bringt mir das Bogen schießen bei? Das reizt mich nämlich auch sehr.", fragte ich die Elbe, die daraufhin nur nickte.

"Legolas wird Euch das Bogen schießen beibringen. Er ist der beste Bogenschütze in ganz Mittelerde.", erklärte sie mir.

"Auf gar keinen Fall!! Niemals werde ich bei diesem Macho Unterricht nehmen. NEIN! NEIN! NEIN! NEIN! NIEMALS!", schrie ich und schaute Arwen wütend an.

Die Elbe und meine Großmutter schüttelten entnervt den Kopf über meine Sturheit, während ich weiter schrie und fluchte. Ich würde mich doch nicht von diesem Idioten in den Umgang mit Pfeil und Bogen einweisen lassen. War ich denn verrückt?

Kapitel 8

Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes. (Dali)
 

Kapitel 8
 

Ich war wirklich arm dran. Nicht nur, dass ich so ein komisches Outfit tragen musste. Nein, ich musste auch noch bei einem MANN Unterricht im Bogen schießen nehmen und zu allem Unglück noch mit Matt zusammen.

Naja, wenigstens wurde ich von Arwen im Schwertkampf unterrichtet. Ein kleiner Trost. Und auch genau hinter dieser lief ich jetzt missgelaunt nach.

Sie wollte keine Zeit verlieren und gleich mit dem Training anfangen. Mir war es nur Recht.

Je eher ich die Kunst des Kampfes erlernte, desto schneller konnte ich die Steine einsammeln und neben bei noch Matt besiegen. Mein Schwert hatte ich, genau wie den Bogen, auf dem Rücken, wo sie wohl am besten aufgehoben waren.

Aber bei meiner Großmutter wusste ich nicht, ob ihr der Aufenthalt hier gut tat. Sie wollte mir tatsächlich die Haare abschneiden. Sie meinte, dass lange Haare im Kampf doch eh nur störten und leicht zu meinem Nachteil missbraucht werden könnten.

Ich zeigte ihr erst einmal den Vogel, was sie nicht ganz so amüsant fand. Sie schrie mich eine halbe Stunde an, dass ich kein Respekt vor dem Alter und vor dem Leben hätte.

Ich hörte nur mit halben Ohren zu. Warum mich anschreien lassen? Ich mochte das nicht. Als sie dann wieder auf Rania, ihre tolle Tochter, zu sprechen kam und mich schon wieder mit ihr verglich, platzte auch mir der Kragen.

Jetzt schrie ich sie an, dass sie kein Respekt vor den Toten und vor mir hätte, sonst würde sie mich nicht andauernd mit meiner toten Mutter vergleichen. Reichte es denn nicht, dass ich ihre Sachen trug und mit ihren alten Waffen kämpfen musste?

Daraufhin sagte sie nichts mehr und verließ wortlos und ohne mich noch eines Blickes zu würdigen meinen Raum. Ich blieb allein mit Arwen zurück, die das ganze Schauspiel schweigend mit angesehen hatte. War ja fair von ihr sich nicht einzumischen.

Ich grummelte belangloses Zeug vor mich hin und flocht meine schwarzen Haare. Lieber so, als sie mir absäbeln zu lassen. Die gute Frau hatte doch einen Schaden.

Und jetzt trottete ich also Arwen hinterher, die mich durch die langen Gänge führte. Der Weg kam mir endlos vor, endlos und verwirrend. Am liebsten hätte ich mich auf den Boden gesetzt und gestreikt, aber ich wollte ja nicht unhöflich sein. Immerhin opferte sie ihre Freizeit um mir beizubringen, wie man mit dem Schwert umging.

"Sieht Ihr, da sind wir schon. Draußen in der Natur lässt es sich doch viel besser üben.", unterbrach Arwen plötzlich die Stille und ich blieb sofort stehen.

Mein Blick wanderte an ihr vorbei in den riesigen Garten, der von der hellen Mittagssonne erleuchtet wurde. Überall standen riesige Bäume und ein Pfad schlängelte sich kunstvoll durch grüne Wiesen und große Blumenbeete mit wunderschönen Blumen.

Während ich Arwen weiter folgte, die jetzt den Pfad entlang lief, schaute ich mich mit großen Augen um.

Ich hatte so etwas Schönes wirklich noch nie in meinem ganzen Leben gesehen. Am liebsten hätte ich mich in die Natur gesetzt und stundenlang Musik gehört.
 

Meine Laune war gerade dabei den Höchststand des Tages zu erreichen, als sie schlagartig wieder in den Keller fiel.

Der Grund dafür waren Matt und Legolas. Die Hobbits und Gimli waren zwar auch dabei, aber die interessierten mich nicht weiter und gegen die hatte ich ja auch nicht wirklich etwas einzuwenden.

Sie standen alle auf einer großen Wiese, auf der Zielscheiben aufgestellt waren und jede Menge Pfeile lagen auf dem Boden und warteten nur darauf verschossen zu werden.

Und dann kam ein weiterer Grund, Matt das Leben zur Hölle zu machen. Als die Männer uns bemerkten und mich sahen, grinsten sie erst einmal alle. Hallo?

Ich könnte schreien und hätte jeden einzelnen an die Wand klatschen können. Hatten wohl noch nie eine Frau gesehen, oder?

Aber Matt brachte das Beste von allen, denn als er mich sah, musterte er mich von oben bis unten und fing dann lauthals an zu lachen. Er schmiss sich ins Gras und kriegte sich nicht mehr ein. Idiot....

Und da Lachen ja anstegend war, fingen auch die Anderen an zu lachen, aber sie waren wenigstens so freundlich und hatten, vergebens, versucht, sich das Lachen zu verkneifen. Juhu....

Ich ballte die Hände zu Fäusten und wünschte sie alle weit, weit weg.

Halt, nichts wünschen. Der Stein, den ich ja wieder um den Hals trug, könnte diesen Wunsch erfüllen. Und wer weiß, wo sie dann landen würden.

Also verwarf ich meine Rachegedanken schnell und ging betont cool mit Arwen auf die lachende Bande zu.

"Wohl noch nie eine Frau gesehen, was?", giftete ich sie gleich alle an, als ich sie erreicht hatte.

Arwen legte mir beruhigend die Hand auf die Schulter und meinte: "Lasst sie. Nach Eurem Auftreten seit Ihr auch nicht wirklich eine ernstzunehmende Frau."

Ich schaute sie erschüttert und wütend an. Na klasse, wirklich.

"Fallt Ihr mir jetzt auch schon in den Rücken?", fauchte ich sie an, woraufhin sie lächelnd den Kopf schüttelte.

"Lasst uns lieber mit dem Unterricht anfangen. Ihr wollt ja etwas lernen.", wich sie meiner Feststellung aus und zog ihr Schwert.

Ich dachte gar nicht daran jetzt zu kämpfen. Erst wollte ich Matt verkloppen, der sich immer noch nicht einkriegte.

Auch ich musterte ihn nun und grinste ebenfalls. Er sah auf keinen Fall besser aus, was mich irgendwie beruhigte.

Eine braune Hose, schwarze Schuhe und ein langes, grünes Hemd, das mit einem Gürtel festgeschnallt war und aussah wie ein Minikleid, nur eben mit Hose.

"Was lachst du eigentlich? Du siehst auch nicht besser aus. Du siehst aus wie eine Transe mit deinem Minikleidchen.", spottete ich und warf ihm einen vernichteten Blick zu, als sein Lachen verstummte. Er sprang auf und funkelte mich herausfordernd an.

"Und wie siehst du aus? Auch nicht besser....", fauchte er und suchte wohl mühsam nach einem Vergleich, den er mir an den Kopf schmeißen konnte, aber so wie es aussah fand er keinen.

"Naja, mir jedenfalls stehen die Sachen. Ich würde dich gerne mal in einem Mieder sehen. Sieht bestimmt sexy aus.", spottete ich weiter und diesmal war ich es, die sich vor Lachen kaum noch auf den Beinen halten konnte. Und auch Gimli und die Hobbits hatten den Witz wohl verstanden und gröhlten ebenfalls lauthals mit. Wussten sie eigentlich was "Transe" und "sexy" bedeuteten??

Nur Legolas und Arwen schienen das, nach Matt, versteht sich, nicht so amüsant zu finden. Sie schauten mich beide streng an und ich hob abwehrend die Hände.

"Schaut mich nicht so an. Ich bin ja schon ruhig.", meinte ich und nahm Bogen und Schwert vom Rücken.

"Ich bin mir nicht so sicher, ob Ihr das kämpfen lernen solltet.", meinte nun Legolas und musterte mich abschätzend. Ich erwiderte seinen Blick zornig. Noch ein Spielverderber auf meiner roten Liste.

"Ich werde kämpfen und keiner wird mich davon abhalten.", erwiderte ich trotzig und zog mein neues Schwert aus der Scheide.

"Ich habe noch eine andere Frage, die an euch beide geht. Könnt ihr reiten?", fragte Legolas weiter und sein Blick wechselte nun zwischen mir und Matt hin und her. Während Matt den Kopf schüttelte, zuckte ich belanglos mit den Schultern.

"Ein bißchen...", meinte ich dann und Legolas seufzte. Was denn??

"Nun, dann wird es wohl besser sein, wenn wir das Reiten auch noch auf den Plan setzen.", meinte er dann und erhielt zustimmendes Nicken von Arwen.

Auch das noch. Jetzt musste ich auch noch auf so einen Gaul sitzen, obwohl ich vor diesen Tieren großen Respekt hatte. Als ich fünf Jahre alt gewesen war, hatte mich meine Mutter einmal mit zum Reiten genommen. Das Pferd bockte und ich flog in hohem Bogen runter. Zu allem Unglück brach ich mir dabei das linke Bein und seitdem machte ich einen großen Bogen um diese Tiere.

"Wir werden euch jetzt erst einmal den Umgang mit dem Schwert beibringen und heute Abend machen wir einen kleinen Ausritt.", schlug Arwen vor und alle waren so halbwegs damit einverstanden.
 

"Im dravon a el awarthach had.", sagte Arwen und ich ließ verwirrt mein Schwert sinken. Hä?

"Bitte WAS?", fragte ich verwirrt und Arwen lächelte verlegen.

"Tut mir Leid. Ich hatte vergessen, dass Ihr kein Sindarin beherrscht. Ich sagte, dass ich angreife und Ihr sollt zurückweichen.", übersetzte sie mir freundlicherweise. Also gut, wie sie wollte.

Wir übten das jetzt schon eine kleine Ewigkeit. Ich fand, dass ich mich gar nicht so blöd anstellte und auch Arwen war begeistert von meinem Talent.

Ab und zu schielte ich zu Matt und musste feststellen, dass auch er sehr gut war. Wir waren beide Anfänger, aber im Moment sah es so, als würde er mich im Kampf besiegen. Bloß nicht...

Das spornte mich natürlich noch mehr an und ich griff Arwen an, die nur noch mit Mühe parieren konnte.

"Nicht so hastig. Ihr sollt ausweichen, nicht angreifen.", tadelte sie mich, doch ich hörte ihr nicht zu.
 

Es war, als würde das Schwert mich führen und nicht umgekehrt. Und anstatt Arwen sah ich den vermummten Mann. Diesmal war der Stein nicht zu sehen, aber der Feuerkreis war wieder da.

Auch er hielt ein Schwert in der Hand und griff mich an. Ich duckte mich unter dem Schwert hinweg, machte eine Drehung, richtete mich auf und hielt dem Mann das Schwert von hinten an den Hals.
 

"Iara, lasst sie los!", rief auf einmal jemand und ich blinzelte verwirrt.

Ich hatte tatsächlich eine Person im Schwitzkasten und als ich genauer hinsah, erkannte ich Arwen. Sofort ließ ich sie los und stolperte einige Schritte rückwärts. Was zum Teufel war passiert??

Die Hobbits eilten zu der Elbe und schauten sie besorgt an. Gimli stand bei Legolas und Matt, die mich misstrauisch musterten.

"Es...ich...es tut mir Leid. Ich wusste nicht, was ich tat.", stotterte ich eine Entschuldigung in Richtung Arwen.

"Ihr hattet wieder eine Vision, habe ich Recht? Was habt Ihr diesmal gesehen?", fragte Arwen ohne auf meine Entschuldigung einzugehen. Ich schüttelte verwirrt den Kopf.

"Ich habe gar nichts gesehen. Es ist einfach über mich gekommen.", erwiderte ich felsenfest überzeugt, aber es stieß auf keine Zustimmung.

"Iara, Ihr habt gerade gekämpft, als hättet Ihr nie etwas anderes getan. Außerdem war Euer Blick so wie heute Morgen. Also, was habt Ihr gesehen?", fragte sie erneut und schaute mich durchdringend an.

"Ich habe NICHTS gesehen!", schrie ich sie an und schlug mir im nächsten Moment die Hand vor den Mund. Wieso konnte ich mich nicht beherrschen?

Ich wollte sie nicht anschreien, aber hatte mir keine andere Wahl gelassen.

"Nun gut, es ist spät. Beenden wir das Training für heute. Bringt Eure Waffen weg. Wir treffen uns sobald die Sonne untergeht und dann machen wir den Ausritt.", meinte Arwen, verstaute ihr Schwert und machte sich mit den Hobbits zurück zum Haus. Ich stand immer noch völlig verwirrt an meinem Platz und wusste nicht, was ich tun sollte.

"Geht nun hinein. Ich werde Euch später holen.", riss Legolas mich aus meiner Starre und ich nickte zögerlich. Ich steckte mein Schwert zurück in die Scheide und schulterte es, genauso wie den Bogen und machte mich mit hängendem Kopf ebenfalls auf den Weg ins Haus. Ich glaubte, es sogar zu schaffen ohne mich zu verlaufen.

"Geht auch Ihr in Euer Zimmer.", wandte sich der Elb an Matt, der tat was ihm geheißen war. Musterschüler...
 

Erschöpft ließ ich mich auf meinem Bett nieder und atmete tief ein. Ich hatte mein Zimmer gefunden ohne mich zu verlaufen. Eine tolle Leistung, aber sie freute mich nicht. Ich musste immer wieder an das Geschehen von vorhin denken.

Mit Sicherheit hasste Arwen mich jetzt. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto schuldiger fühlte ich mich. Und als ob das nicht genug wäre, tanzten die Flammen schon wieder, nur dieses Mal war kein Mann zu sehen.
 

Ich stand vor einer großen Höhle und darin war der schwache Schein von Flammen zu erkennen. Ich starrte hinein und wie von selbst bewegten sich meine Beine und trugen mich in das Höhleninnere.
 

Und wieder wurde ich aus meiner Vision gerissen, dieses Mal durch ein Klopfen.

Ich schüttelte den Kopf um auch den letzten Rest der verwirrenden Gedankenfilme wegzuschaffen und erhob mich. Langsam ging ich auf die Tür zu und öffnete die Tür mit zittriger Hand. Ich hatte Angst, dass der vermummte Mann draußen stehen würde um mich zu töten. Idiotisch...

"Ach, Ihr seid es nur. Ich dachte schon.....", brach ich ab und atmete erleichtert auf. Legolas schaute etwas irritiert.

"Was dachtet Ihr?", wollte er wissen, doch ich winkte ab und er fragte, höflich wie er war, auch nicht weiter nach.

"Ich wollte Euch abholen. Oder habt Ihr es etwa vergessen?", fragte er mich herausfordernd, aber ich schüttelte den Kopf.

"Nein, natürlich nicht. Wenn es sein muss, setzte ich mich auf so ein Tier.", meinte ich stur und lief an ihm vorbei. Legolas nickte nur und folgte mir.
 

"Auf so einem Riesen muss ich reiten?"

Ich schaute Legolas flehend an, doch dieser grinste nur. Er hielt zwei Pferde an der Hand. Das eine war ein Schimmel und gehörte wohl ihm und das Andere war ein großer Rappe.

"Natürlich. Faer (Geist) ist total harmlos. Etwas temparamentvoll, aber genau deshalb passt er zu Euch.", grinste Legolas und schaute mich an.

Ich ließ seufzend den Kopf hängen, mir blieb wirklich nichts erspart.

"Und wo sind Arwen und Matt?", fragte ich in der Hoffnung nicht mit diesem Kerl alleine ausreiten zu müssen.

"Sie sind schon voraus geritten. Matt wollte dies unbedingt und so ist Arwen mit ihm geritten.", erklärte mir Legolas und ich seufzte erneut. Ade Hoffnung. Jetzt musste ich tatsächlich mit diesem Elb alleine ausreiten. Mich gruselte es jetzt schon. Vor allem weil die Sonne schon verdächtig weit unten stand.

Ich ergab mich meinem Schicksal und schwang mich mit kleiner Mühe auf den Rücken von Faer.

"Also gut, reiten wir.", murmelte ich und Legolas nickte zufrieden. Er schwang sich mühelos auf seinen Schimmel und ließ ihn antraben. Auch ich ließ Faer lostraben und ich stellte fest, dass ich es noch konnte. Naja, von Können konnte keine Rede sein, aber ich hielt mich recht gut auf dem Monstrum von Pferd.
 

"Seht Ihr, es ist doch gar nicht so schwer.", meinte Legolas zufrieden, als ich nach einer langen Galoppstrecke völlig außer Atem neben seinem Pferd zum Stehen kam.

"Ich bin völlig am Ende....", murmelte ich und legte den Kopf auf den Hals des Pferdes.

"Na na, wer wird den Schwäche zeigen?", amüsierte sich der Elb auf meine Kosten und ich funkelte ihn zwischen der Mähne hindurch wütend an. Doch er lächelte nur und ich musste zugeben, dass er verdammt gut aussah. Was dachte ich da schon wieder? Ich setzte mich ruckartig auf und schüttelte den Kopf. Er ist ein Mann und noch dazu ein Macho. Er sieht nicht gut aus und ist total blöd.

"Habt ihr etwas?", fragte mich der blöde, nicht gut aussehende Macho und ich schüttelte heftig den Kopf.

"Nein, alles klar.", antwortete ich schnell und trieb Faer an. Bloß weg hier! War ja mal wieder total peinlich.

Ich ritt im Schritt einen kleinen Hügel hinauf und konnte meinen Augen nicht trauen, als ich oben ankam. Vor mir erstreckte sich grünes Land, erleuchtet von der untergehenden Sonne. Rotgoldenes Licht zauberte einen wunderschönen Glanz auf die freie Ebene und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

"Wunderschön, nicht wahr?", fragte mich Legolas leise, als er neben mir zum Stehen kam. Wie machte der das nur immer?

"Ja, wunderbar. So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen.", antwortete ich ehrfürchtig.

"Gibt es in Eurer Welt keine Sonnenuntergänge?", fragte er mich weiter aus.

Ich lächelte milde. Woher sollte er das auch wissen?

"Doch, aber überall stehen Häuser und Fabriken, sodass man die Sonne manchmal gar nicht auf- und untergehen sieht. Wenn man aber einen Sonnenuntergang sehen will, dann muss man ans Meer fahren.", erzählte ich ihm.

"Ans Meer? Ja, dort ist es auch schön.", stimmte er mir zu. Ich schaute weiter in die Ebene hinaus und erfreute mich des Anblicks. Doch leider wurde die schöne Stimmung bald getrübt. Aus dem rotgoldenen Sonnenlicht formten sich Flammen und aus den Flammen stieg ein Mann und kam auf mich zu. Ich hob abwehrend die Hand, doch er kam immer weiter auf mich zu und riss mich letztenendes von den Füßen.

Ein unsanfter Aufprall ließ mich wieder in die Realität zurückkehren. Mein Rücken schmerzte und über mir gebeugt war Legolas und schaute mich besorgt an.

"Wieder eine Vision? Alles in Ordnung? Habt Ihr euch verletzt?"

Ich rappelte mich mit seiner Hilfe mühsam auf und schüttelte den Kopf.

"Nein, alles in....", fing ich an und im nächsten Moment wurde mir schwarz vor Augen.

Kapitel 9

Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken. (Gandhi)
 

Kapitel 9
 

"Wie konnte das passieren, Legolas? Du weißt genau, dass sie sich hier nicht auskennt und es gibt immer noch gefährliche Gestalten. Sie hätte sich nicht verteidigen können."
 

Diese Stimme, ich kenne diese Stimme.
 

"Es ist ja nichts passiert. Sie hatte nur wieder eine Vision und ist dann vom Pferd gefallen. Und sie kann sich sehr wohl verteidigen. So schwach ist sie nicht, wie du denkst, Bereth."
 

Bereth, meine Großmutter. Machte sie sich schon wieder unnötige Sorgen?
 

"Sie ist schwach. Du weißt gar nicht, wie schwach sie ist. Du hättest niemals mit ihr ausreiten dürfen. Das war einfach unverantwortlich von dir. Mit Matt hättest du auch gehen können, aber warum ausgerechnet mit meiner Enkelin?"
 

Schwach? Ich bin nicht schwach. Was bildete sie sich überhaupt ein? Ich bin kein kleines Kind mehr.
 

"Du behandelst sie wie ein kleines Kind. Sie ist aber kein Kind mehr und sie ist stark."
 

Genau, ich bin kein Kind mehr. Ich bin stark, ich werde es dir schon zeigen, Bereth.
 

"Legolas Grünblatt, Prinz von Düsterwald. Du hast keine Ahnung, wer sie ist, geschweige denn, zu was sie fähig ist. Du hältst dich in Zukunft aus meinen und ihren Angelegenheiten heraus oder du kannst etwas erleben."

"Jetzt reichts aber, Bereth. Ich wollte ausreiten und ich habe ihn gebeten mich zu begleiten."

Langsam öffnete ich die Augen und genauso langsam richtete ich mich auf.

Legolas hatte mich wohl nach Bruchtal zurückgebracht, denn ich lag in meinem Bett und an der Tür standen Legolas und Bereth und hatten sich gestritten.

"Kind, bleib liegen. Du bist schwach und brauchst.....", begann meine Großmutter schon gleich wieder mich zu verhätscheln, doch ich brachte sie mit einer bestimmten Handbewegung zum Schweigen. Schwungvoll stand ich auf und blickte sie wütend an.

"Hör zu, hör mir genau zu. Ich bin kein kleines Kind mehr und ich bin nicht Rania. Ich kann tun und lassen, was ich will und wann ich will. Und er hat damit überhaupt nichts zu tun. Du kannst ihm nicht verbieten sich irgendwo rauszuhalten, weil es nämlich nichts rauszuhalten gibt. Und ich bin nicht schwach, hast du verstanden? Ich bin nicht schwach und ich war es nie. Lass die Vergangenheit sein und LASS MICH MEIN LEBEN LEBEN."

Ich schritt unablässig auf sie zu und ließ sie nicht aus den Augen. Unter meinem Blick wurde sie klein mit Hut und konnte kein Wort mehr sagen. Sie öffnete immer wieder hilflos den Mund um etwas zu sagen, schloß ihn aber sofort wieder. Sie sah aus wie ein Fisch auf dem Trockenen, der nach Luft schnappte.

Legolas war nicht minder überrascht. Er schaute mich an als käme ich vom Mars oder sonst woher. Er war es wohl nicht gewohnt, dass Frauen solche Töne anschlugen.

Ich blieb stehen, keine zwei Meter von meiner Großmutter entfernt und schaute sie wirklich voller Hass an.

"Hast du mich verstanden?", wiederholte ich und Bereth nickte nur. Sie war immer noch nicht in der Lage etwas zu sagen.

"Dann ist gut. Am besten du gehst jetzt, sonst vergesse ich mich noch und dann garantiere ich für nichts.", fauchte ich sie an und zu meiner Überraschung tat sie sogar, was ich ihr sagte. Gut, ich gab zu, dass dies unfair war, aber wer nicht hören wollte, musste eben fühlen. Oder?

Mit gesenktem Kopf schlich sie aus meinem Zimmer und schloß die Tür hinter sich.

Ich verschränkte trotzig die Arme und murmelte ein "Geht doch."

Dann blickte ich Legolas an und mir fiel schlagartig ein, was passiert war. Ich errötete wohl etwas, doch schaute ihn stur an.

"Danke, dass Ihr mich zurückgebracht habt.", nuschelte ich in seine Richtung.

"Ich hätte Euch ja schlecht liegen lassen können. Aber war das gerade wirklich nötig? Immerhin ist sie Eure Großmutter.", meinte der Elb und schaute mich forschend an.

"Ja, das musste sein. Ich hasse es, wenn sie mich wie ein Kind behandelt oder mich mit Rania vergleicht. Sie soll das endlich lassen.", knurrte ich, doch ich erhielt nur einen verständnislosen Blick.

"Das ist völlig egal. So redet man nicht mit seinen Verwandten. Ich habe mich wohl geirrt. Ihr seid nicht nur gewalttätig, sondern auch respektlos. Ihr entschuldigt mich."

Ich glaubte, mich verhört zu haben. Was hatte dieser aufgeblasene Macho gerade gesagt? Und dann verpisste er sich auch noch. So ein....

"Wie könnt Ihr es wagen? Ich habe gerade Euren Hintern gerettet und so dankt Ihr es mir? Ihr Männer seid doch alle gleich.", fauchte ich ihn an und verengte meine Augen zu Schlitzen.

Legolas drehte sich in der Tür noch einmal zu mir um und ich glaubte, einen mitleidigen Blick zu erkennen. Was sollte das??

"Ihr habt mir nicht geholfen. Ich kann mir sehr wohl selbst helfen, danke."

Und mit diesen Worten drehte er sich um, schloß die Tür und verschwand so aus meinem Blickfeld.
 

Ich stand da wie ein begossener Pudel, wie bestellt und nicht abgeholt.

Ich konnte immernoch nicht realisieren, was der tolle Prinz da gerade zu mir gesagt hatte.

Ich wäre respektlos? Ich würde ihm gleich respektlos geben!

Wut und Hass machte sich in mir breit und ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich brauchte irgendetwas, um mich zu beruhigen. Ich schaute mich wütend im Zimmer um, aber ich konnte nichts finden, außer einem Tisch, Stühlen, Schrank und dem Bett.

Mit einer schnellen Bewegung schnappte ich mir einen Stuhl und warf ihn mit einem wütenden Schrei an die Wand. Besser ging es mir dadurch allerdings nicht.

Ich warf die restlichen Stühle auch noch durch die Gegend. Dabei schrie und fluchte ich mir die Seele aus dem Leib.

Mein Blick fiel auf den Tisch und ich lächelte emotionslos. Ich packte ihn, hob ihn mit Leichtigkeit hoch und warf ihn gegen die Wand, wo ihm zwei Tischbeine davon flogen. Jetzt drehte ich wohl völlig durch, Cholerikerin.

Doch ich war noch längst nicht beruhigt. Ich ging auf mein Bett zu, riss die Decke herunter, schmiss sie weg, riss das Kissen vom Bett und zerfetzte es in seine Einzelteile.
 

Legolas' POV
 

Ich hatte kaum die Tür hinter mir geschlossen, als das Geschrei auch schon begann. Sekunden später krachte irgendetwas gegen die Wand, immer und immer wieder.

Ich seufzte. Ich hatte es doch gewusst, gewalttätig. Wie es dieser Matt nur mit dieser Furie aushielt? Und was für Worte sie in den Mund nahm, keine anständige Frau würde so etwas auch nur denken.

Dabei hatte ich ihr nur die Wahrheit gesagt und die verkraftet sie wohl nicht. Wer so mit seiner Großmutter umging, war in meinen Augen nun einmal respektlos, hatte keinen Respekt vor dem Leben.

Und sie war Rania kein bißchen ähnlich. Rania war immer ruhig und nicht so aufbrausend wie dieses Kind gewesen. Ja, sie war noch ein kleines Kind, mehr war sie nicht. Ihr ganzes Verhalten war das eines sechs Jahre alten Kindes, das seinen Willen nicht bekam. Außerdem war sie stur wie ein Esel und auf ihre "Hilfe" konnte ich gut und gerne verzichten.

Langsam ging ich in die Bibliothek um mich zu beruhigen. Dieses Gespräch mit Iara hatte mich extrem aufgeregt. Ich wusste, dass es unhöflich war, aber hoffentlich verschwand sie bald wieder.
 

Iaras POV
 

Außer Atem ließ ich mich mitten in meinem verwüsteten Zimmer nieder und schaute mich um. Da hatte ich wohl ganze Arbeit geleistet. Die Stühle und der Tisch waren Kleinholz, zu nichts mehr zu gebrauchen. Das Bett sah aus, als hätte ein Tiger seine Krallen daran gefetzt. Naja, so abwegig war das ja nicht. Ich hatte mich ja auch wie ein wild gewordener Tiger benommen und warum das ganze? Wegen einem Mann, genau!

Dabei hatte ich mir vor langer Zeit geschworen, mich NIEMALS wegen eines Mannes aufzuregen. Ich war sowieso leicht reizbar und dann kam dieser Elbentrottel und beleidigte mich. Dabei dachte ich, dass wir uns eigentlich gut verstehen würden. Da hatte ich wohl einmal wieder falsch gedacht. Mit einem Mann KONNTE man sich nicht gut verstehen. Fehler meinerseits.

Na gut, ich war vielleicht etwas unfair zu meiner Großmutter gewesen, aber sie wusste es ganz genau. Und jetzt musste ich ihr sogar recht geben: er sollte sich einfach heraushalten. Heraushalten aus meinem Leben, aus meinem Verhalten. Er sollte nicht versuchen mich zu ändern, nicht einmal daran denken.

Ach, was dachte ich da schon wieder? Er hatte niemals vorgehabt mich zu ändern oder mir zu helfen. Der hätte mich doch am liebsten da auf dem Hügel liegen und verrecken lassen.

Ich seufzte und stand auf. Ich musste mich wohl bei meiner Großmutter entschuldigen. Sie meinte es ja nicht böse, aber ich mochte es nun mal nicht, verhätschelt zu werden.

Ich verließ meine Bruchbude und machte mich auf den Weg zu meiner Großmutter.

Inzwischen wusste ich den Weg und würde mich wohl kaum verlaufen. Hoffte ich zumindest...
 

~~
 

"Was ist denn mit dir los? Du siehst gereizt aus."

Aragorn blickte seinen alten Freund Legolas amüsiert an, der sich in den nächstbesten Sessel fallen ließ und seufzte.

"Dieses Weib treibt mich in den Wahnsinn.", knurrte er und Aragorn grinste.

"Du meinst Iara, oder? Nun, wen sonst. Was ist passiert?", wollte der Waldläufer wissen. Er verstand nicht, dass sich der Elb so sehr aufregte.

Legolas schaute finster und begann zu berichten, was gerade vorgefallen war.

"Du hast sie respektlos genannt und du bist lebend zurück gekommen? Nach allem, was mir Arwen erzählt hat, muss Iara eine ziemliche Kratzbürste sein."

"Das ist noch untertrieben. Das ist ein Monster.", übertrieb Legolas und Aragorn lachte.

"Jetzt übertreibst du aber. Sie ist mit Sicherheit eigentlich ein ganz nettes Mädchen. Sie ist nur etwas verunsichert. Das wärest du doch sicherlich auch, wenn du in eine fremde Welt geworfen wirst ohne es zu wollen, oder?"

Der Elb zuckte mit den Schultern und seufzte erneut.

"Das Mädchen ist nicht nett. Ich glaube, dieses Wort kennt sie nicht mal. Und verunsichert ist sie auch nicht. Es scheint ihr eigentlich überhaupt nichts auszumachen hier zu sein. Aber ich verstehe nicht, wie Matt es mit der Furie aushält."

Aragorn schaute verwirrt und überrascht zugleich.

"Wie kommst du darauf, dass die beiden zusammen gehören?", fragte er und Legolas grinste.

"Du solltest mal sehen, wie Matt sie ansieht. Also, wenn da nichts ist, dann will ich kein Elb mehr sein."

Aragorn lachte und schüttelte den Kopf. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Matt und Iara ein Paar sein sollten.
 

~~
 

Ich klopfte mit zittriger Hand an die Tür, die zu dem Zimmer von Bereth gehörte.

Innerlich bettete ich, dass sie nicht da war, aber meine Gebete wurden wie immer nicht erhört und von drinnen erklang die Stimme meiner Großmutter mit einem "Herein.".

Ich öffnete die Tür und trat ein. Vorsichtshalber blieb ich an der Tür stehen.

Als ich in den Raum blickte, sah ich zu meiner Überraschung Elrond und Gandalf, die wie Bereth an einem großen Tisch saßen und sich bis gerade eben unterhalten hatten.

"Ich störe hoffentlich nicht?", fragte ich verdattert, doch meine Großmutter schüttelte den Kopf.

"Nein, es geht sowieso um dich. Komm doch rein.", sagte sie und mich irritierte ihre Ehrlichkeit. Ich trat ein Stück näher und blickte sie reumütig an.

"Ich wollte mich eigentlich nur entschuldigen. Mein Verhalten war nicht in Ordnung und es wird nicht mehr vorkommen.", entschuldigte ich mich mit ernster Stimme und meine Großmutter nickte.

"Vergeben und vergessen. Es kann jedem einmal passieren, aber wenn es dir nichts ausmachen würde: könntest du bitte wieder gehen? Wir haben noch etwas zu besprechen. Ihr werdet es alle heute Abend noch erfahren.", bat mich Bereth und ihre Stimme klang kalt, eiskalt.

Sie hatte mir also nicht verziehen und jetzt schmiss sie mich einfach so raus.

Doch ich nickte nur und ging wieder. Ich konnte mich zwar nur mühsam beherrschen, aber sie waren zu dritt und ich war allein.
 

Ich schloß die Tür hinter mir und kaum war das Schloß eingerastet, kam auch schon Matt um die Ecke und grinste mich an. Ich verdrehte genervt die Augen, lief aber auf ihn zu. Was blieb mir auch anderes übrig, wenn ich zurück in mein Zimmer wollte?

"Sieht man dich auch mal wieder? Dachte schon, du bist getürmt.", rief Matt mir entgegen und grinste noch breiter. Wie gerne würde ich ihm dafür eine reinschlagen. Ich ballte meine Hände und knurrte.

"Sieht man dich auch mal wieder? Schade, dass du noch nicht getürmt bist.", fauchte ich ihn an, als ich ihn erreicht hatte und er mir den Weg versperrte.

"Komm schon, Iara. Die Lage ist auch für mich nicht einfach, aber ein Gutes hat die Sache ja. Hier gibt es keine nervigen Zicken, die uns stören."

Ich schaute ihn angewidert an. Der machte mich wirklich an. Hatte ihm der gebrochene Finger keine Lektion fürs Leben erteilt?!

"Bei was bitte schön, sollte sie uns stören? Da gibt es nicht, was man stören könnte, verstanden?"

Matt lachte auf, packte mich an den Handgelenken und drückte mich gegen die Wand. Meine Hände presste er gegen die kühle Steinwand und sein Gesicht war keine zehn Zentimeter von meinem entfernt.

"Lass mich los. Sofort!", knurrte ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch es gelang mir nicht. Er war stärker, aber nur im Moment.

"Warum denn? Weißt du noch, was ich mir holen wollte, bevor wir nach Mittelerde verfrachtet wurden? Ja, ich denke, du weißt es noch.", grinste er mich an und sein Gesicht kam meinem unheimlich nahe.

"Was fragst du, wenn du sowieso die Antwort selbst weißt?", murmelte ich und wandte mein Gesicht ab.

"Du bist zu witzig, Iara. Ich habe es zu Hause nicht geschafft, aber dafür schaffe ich es jetzt."

Er drückte mein Gesicht mit seiner Hand zurück, so dass ich ihn ansehen musste.

Langsam und bedrohlich kamen seine Lippen auf meine zu und ich konnte nicht das geringste dagegen tun, oder doch?

Ich spürte schon Matts Atem auf meiner Haut und in diesem Moment reagierte ich.

Die Panik, die Erinnerungen brach über mich herein und reflexartig rammte ich ihm mein Knie in seine Schwachstelle. Autsch.....

Mit einem gepressten Stöhnen ließ Matt mich los und sank zu Boden. Ich atmete schnell und holprig. Ich schaute auf den Boden und ich empfand keinerlei Mitleid mit diesem ... diesem....Mann.

Mit einem letzten verachtenden Blick ließ ich ihn dort liegen und rannte zurück in mein Zimmer.
 

~~
 

Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem Zimmer und hörte Musik. Ich musste mich beruhigen, unbedingt.

Matts Versuch mich zu küssen hatte alle schrecklichen Erinnerungen an zu Hause wachgerufen, die ich eigentlich, mehr oder weniger, erfolgreich verdrängt hatte.

Ich hasste ihn mehr als zuvor dafür. Mein Leben war die reinste Hölle wegen solchen Typen. Niemals würde ich ihm verzeihen, genauso wenig allen anderen Männern auf dieser Welt.

Ich blickte auf meine Unterarme und ein kurzes Lächeln huschte über meine Lippen. Ich hatte etwas getan, was ich seit fünf Jahren nicht mehr getan hatte. Ich hatte mir mit meinem Schwert in die Arme geritzt. Natürlich war das keine Lösung, aber irgendwie hatte es mich beruhigt.

Der Anblick meines Blutes, wie es langsam meinen Arm hinunter rann, sich zu einem Tropfen bildete und zu Boden tropfte, immer und immer wieder. Es war so beruhigend, so entspannend wirkte es auf mich.

Mir war klar, dass sich das krank anhörte und vielleicht war ich auch krank im Kopf, aber mir die Pulsadern aufzuschneiden, dafür war ich dann doch zu feige gewesen. Ich blieb also dabei mir in die Arme zu schneiden, aber immer so, dass die Wunden später von meinen Handschuhen verdeckt werden würden.

Ich schaute aus dem Fenster und stellte erschrocken fest, dass es schon dunkel war. Hatte ich so lange in meinem Zimmer gesessen ohne es zu merken?

Ich stellte die Musik ab, keine Sekunde zu spät. Im nächsten Moment klopfte es an meine Tür und ich zog mir rasch die Handschuhe über. Musste ja nicht gleich jeder mitkriegen.

Ich band sie gut fest und stellte erschrocken fest, dass sich auf dem Stoff, schwer erkennbar zwar, Flecken bildeten. Das Blut war wohl noch nicht getrocknet. Verdammt! Naja, es musste so gehen.

"Herein.", rief ich leicht nervös und herein kam Arwen, wieder in ihrem grünen Kleid.

"Ich wollte Euch zum Essen holen. Außerdem haben Gandalf, Bereth und mein Vater etwas zu verkünden.", sagte sie freundlich und ich nickte hastig.

"Ich komme.", sagte ich und schob sie rasch wieder aus dem Zimmer. Sie musste auch nicht unbedingt sehen, was ich aus dem Zimmer gemacht hatte.

"Was habt Ihr gemacht? Warum sieht Euer Zimmer so verwüstet aus?", fragte sie dann doch und ich ließ den Kopf hängen. Mist aber auch....

"Kleiner Temperamentsausbruch...", murmelte ich und schloß schnell die Tür.

Arwen nickte, schaute mich aber sehr verwirrt an.

"Lasst uns gehen. Ich habe schon mächtig Hunger.", versuchte ich sie von dem Zimmer abzulenken und wieder nickte sie. Konnte sie auch noch etwas anderes, als nicken?
 

Schweigend gingen wir in den großen Speisesaal, wo auch schon alle versammelt waren. Alle saßen an ihrem gewohnten Platz und unterhielten sich miteinander.

Matt grinste in meine Richtung, als Arwen und ich eintraten, aber ich ignorierte ihn, genauso wie Legolas mich ignorierte. Hatte der Kerl eigentlich keine Schmerzen mehr? Seltsam....

Ich seufzte und ließ mich neben dem Elb nieder. Leider war das mein Platz, ich hatte ihn mir nicht ausgesucht.

Ich legte die Arme auf den Tisch und dachte nicht an meine Schnittwunden, die ich mir selbst zugefügt hatte. Ich schaute zu Bereth, doch auch sie schien mich zu ignorieren oder sie war einfach zu vertieft in das Gespräch mit Gandalf und Elrond. Hatten die nicht schon genug besprochen? Was war denn so wichtig?

"Was habt Ihr da?", wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und ich schaute fragend zu meinem Nebenmann, Legolas.

Ich dachte, er redete nicht mehr mit mir?! Hatte er seine Meinung so schnell geändert?

"Was meint Ihr?", fragte ich beherrscht ruhig zurück und er deutete auf meine Arme oder besser auf meine Handschuhe.

"Was habt Ihr da?", wiederholte er seine Frage und ich versteckte panisch meine Arme unter dem Tisch.

"Nichts. Das bildet Ihr euch ein.", sagte ich nervös und lenkte die Blicke der Hobbits, von Aragorn und Arwen, von Matt und von Gimli auf mich.

Die älteren Herrschaften schien das nichts auszumachen, sie redeten munter weiter. Toll...

"Ich bilde mir nichts ein. Was habt Ihr da?", drängte Legolas mich zu einer Antwort und ich ballte die Hände unter dem Tisch zu Fäusten. Ich senkte mein Haupt und blickte die Tischdecke an. Ich spürte ihre Blicke, sie durchbohrten mich förmlich. Schaut weg, verdammt!!

"Ich habe nichts. Vielleicht habe ich mich vorhin schmutzig gemacht und die Flecken gehen nicht mehr raus.", murmelte ich, doch ich wusste, dass mir keiner glaubte. Jetzt nur nicht verplappern und ausrasten, dann stecken sie dich noch in die Klapsmühle. Gab es so etwas in Mittelerde überhaupt?

"Dreck, sagt Ihr. Also...", setzte Legolas an, wurde aber von einem Räuspern unterbrochen. Alle fuhren zusammen und blickten den Räusperer an: es war Gandalf.

"Da wir nun alle hier versammelt sind und keiner mehr fehlt, haben wir euch etwas mitzuteilen.", find Gandalf an und schaute streng in die Runde. Keiner wagte etwas zu sagen, die Spannung war unerträglich drückend.

"Damals im Ring-Krieg war es die Ringgemeinschaft, bestehend aus neun mutigen Kämpfern. Wir haben beschlossen wieder eine Gemeinschaft ins Leben zu rufen um die Elementarsteine zu suchen und zu beschützen.", fuhr Elrond fort und ich riss die Augen auf. WAS wollten sie tun?? Nein, nein! Das konnten sie nicht machen. Das war unfair, nein!

"Diese Gemeinschaft wird aus euch zehn bestehen. Iara ist davon ausgeschlossen, aber zu diesen zehn zählt auch Gandalf.", redete Bereth weiter. Ich schaute sie verwirrt an. Warum war ich denn nicht dabei??

"Eure Aufgabe wird es sein, Iara und die Steine zu beschützen, genau wie ihr damals Frodo und den Ring beschützt habt.", setzte Elrond nach. Mich beschützen? Ich konnte selbst auf mich aufpassen, danke.

"Euer erstes Ziel wird der Feuerstein sein. Iara weiß, wo er sich befindet und wird euch hinführen.", sagte Gandalf und beendete somit die kleine Ansprache der drei Ältesten.

Nach einem Moment der Stille machte sich allgemeines Murmeln breit und stieg an wie das Summen wütender Bienen. Genauso brummte und summte es gerade in meinem Kopf. Diese Leute, die ich kaum kannte, sollten mich begleiten und mich beschützen? Das würden sie niemals tun...

"Wir werden sie beschützen, genauso wie wir damals Frodo beschützt haben, mit unserem Leben. Wir nehmen diese Aufgabe wie damals voller Stolz an.", erklärte Aragorn und erhielt zustimmendes Gemurmel. Juhu....

Das war zuviel. Diese Menschen, Elben, was auch immer, wollten ihr Leben FÜR MICH aufs Spiel setzten? Nein, das konnte ich nicht zulassen. Ich sprang auf und knallte die Faust auf den Tisch.

"Auf gar keinen Fall. Ich werde nicht zulassen, dass sie meinetwegen ihr Leben riskieren. Ich mache das alleine.", rief ich und schaute meine Großmutter mit zornig funkelnden Augen an.

"Nein, Iara. Sie werden dich begleiten. Es ist beschlossene Sache und widersprechen nützt gar nichts. Wir werden unsere Entscheidung nicht rückgängig machen.", donnerte Bereth und ich sank zurück auf meinen Stuhl und starrte ins Leere.

Ich schluckte schwer. Ich konnte wohl wirklich nichts daran ändern, meine Großmutter hatte es klar und deutlich gesagt.

Ich stützte die Ellenbogen auf den Tisch und vergrub mein Gesicht in den Händen.

Das war wohl der Beginn des größten Abenteuers meines Lebens.

Kapitel 10

Tugend besteht nicht aus der Abwesenheit der Leidenschaften, sondern in deren Kontrolle. (Billings)
 

Kapitel 10
 

Warum immer ich? Das Leben war so unfair und immer traf es mich am härtesten.

Ich hatte noch ein paar Mal versucht meine Großmutter umzustimmen, aber sie blieb stur. Soviel zum Thema, dass ICH stur wie ein Esel wäre.

Der Appetit war mir auch gründlich vergangen und so verabschiedete ich mich frühzeitig von meinen "Beschützern".

Ich stampfte zurück in mein Zimmer, oder besser, was davon übrig geblieben war, und suchte meinen Rucksack. Wenn ich auf die Reise ging, dann nicht ohne meine Musik und meinen Rucksack, das war sicher.

Ich suchte und suchte, aber irgendwie fand ich ihn nicht. Ich suchte in jeder Ecke, unter dem Bett. Ich suchte sogar unter meinen Fenstern. Vielleicht war er bei meinem Anfall versehentlich nach draußen befördert worden. Aber da war er auch nicht. Zum Glück lag wenigstens mein MP3-Player auf dem Bett und lud mich dazu ein, wieder Musik zu hören, aber ich hatte keine Zeit, ich musste den Rucksack finden. Meine Tanzsachen waren darin und außerdem noch meine Batterien, ohne die ich total aufgeschmissen wäre. Nach endlosem Suchen und Fluchen fand ich ihn dann auf dem großen Kleiderschrank. Wie war er da hinauf gekommen?

Mit Mühe und Not schaffte ich es sogar, ihn runter zu holen. Ich sprang hoch und hielt mich am Rand fest, zog mich schwerfällig nach oben und krallte mir die Tasche. Als ich wieder sicher auf dem Boden stand, öffnete ich erst einmal das gefundene Wertstück und beförderte Tanzschuhe, Kleid, Batterien und Schminkzeug heraus. Schminkzeug? Für was um Gottes Willen hatte ich das dabei? Ach ja, die Christian wollte mich ja eigentlich aufstylen. Ich seufzte und stopfte das unerwünschte Mitbringsel zurück in den Rucksack, in die hinterste Ecke.

Ich warf Schuhe und Kleid auf das Bett und stopfte meinen Pullover in den Rucksack. Ich wollte mir ja nicht den Arsch abfrieren. Wer wusste schon, wie kalt das hier werden konnte?! Ich zumindest wusste es nicht.

Ich betrachtete meine Tanzuntensilien und seufzte. Wie gerne würde ich jetzt einfach in die Schuhe schlüpfen und eine Runde tanzen gehen, aber dazu brauchte ich Matt und den wollte ich nicht fragen.

Ob die Leute hier tanzen konnten? Die waren doch zum Teil adelig und mussten das sicher lernen. Mit einem erneuten Seufzen fiel mein Blick auf das rote Kleid, hob es mit spitzen Fingern auf und hielt es vor mich.

Naja, so schlecht war es nicht. Es war eigentlich schön, aber hier konnte ich es wohl kaum tragen, denn dann hatte der werte Herr Prinz wieder etwas zu meckern.

Grummelnd warf ich das Kleidchen zurück aufs Bett und schaute mich noch einmal im Zimmer um. Hatte ich auch nichts vergessen? Proviant würde ich mir aus der Küche klauen. Und da tat sich ein neues Problem auf: wo war die Küche?

Ach, ich würde sie schon finden, ich war ja jetzt geübte Sucherin.

Als ich mich weiter umschaute, blieb mein Blick an dem Schwert und dem Bogen hängen, die in der Ecke standen und nur darauf warteten, benutzt zu werden.

Dabei fiel mir ein, dass ich ja noch keinen richtigen Unterricht im Umgang mit Bogen und Schwert bekommen hatte. Ich schüttelte heftig den Kopf und holte meine Erbstücke aus der Ecke.

Es musste auch so gehen. Ich würde es mir notfalls auch selbst beibringen. So schwer konnte das ja nicht sein. Bei Arwen hatte es sehr leicht ausgesehen und was sie konnte, konnte ich auch.

Ich strich vorsichtig mit den Fingern über den Bogen und mir fiel ein, dass ich Pfeile brauchte. Ein Bogen ohne Pfeile war ziemlich nutzlos, so wie Tanzen ohne Partner.

Ich überlegte angestrengt wie ich an Pfeile kommen würde und bemerkte dabei nicht, wie der Aquamarin um meinen Hals schwach anfing zu leuchten. Erst als ich etwas Warmes an meinem Hals spürte, packte ich den Stein und Sekunden später schwebte vor mir ein Köcher mit Pfeilen in der Luft.

Ich grinste. Natürlich, der Stein konnte ja Wünsche erfüllen. Dass ich nicht gleich darauf gekommen war.

Ich packte den Köcher und zog einen Pfeil heraus. Die Pfeilspitze schimmerte silbern und die Federn am Ende waren rot und schwarz.

Ich band das Schwert auf meinem Rücken fest und legte den Pfeil in den Bogen ein. Ich musste ihn jetzt einfach ausprobieren, es kribbelte regelrecht in meinen Fingerspitzen. Ich zielte auf die Tür und spannte die Sehne mit dem Pfeil.

"Na also, ist doch gar nicht so schwer.", sprach ich mit mir selbst und ich war äußerst zufrieden mit mir.

Doch als plötzlich die Tür aufging, ließ ich vor Schreck die Sehne los und der Pfeil sauste Richtung Tür.
 

Legolas' POV
 

Ich hatte die undankbare Aufgabe bekommen, Iara aus ihrem Zimmer zu holen, weil Bereth Angst hatte, sie würde einfach so abhauen. Na und? Sollte die Furie doch abhauen, dann hätten wir weniger Ärger. Warum musste Aragorn auch wieder zustimmen, dass wir sie begleiten würden? Er war einfach zu nett.

Na gut, ich würde sie auch nicht alleine losziehen lassen, um irgendeinen Stein zu suchen, den es wahrscheinlich nicht einmal gab.

Als ich dann vor ihrer Tür stand, war es unheimlich ruhig, zu ruhig. Die heckte doch mit Sicherheit wieder etwas aus, was uns allen schadete. Ich entschloss mich einfach reinzugehen ohne anzuklopfen. Ich öffnete also schwungvoll die Tür und im nächsten Moment steckte ein Pfeil keinen halben Meter von meinem Kopf entfernt in der Tür. Ich schaute verwirrt in den Raum und da stand Iara mit erhobenem Bogen und schaute mich mit großen Augen entsetzt an.
 

Iaras POV
 

Legolas stand in der Tür und neben seinem Kopf hing der Pfeil. Zum Glück war meine Treffsicherheit noch nicht so gut und der Pfeil hatte ihn verfehlt. Langsam ließ ich den Bogen sinken und atmete tief ein und aus.

War das vielleicht ein Schock gewesen, als die Tür aufging und der werte Prinz hereinkam. Hoffentlich dachte er nicht, dass ich einen Anschlag auf ihn verüben wollte. Das wäre ihm glatt zu zutrauen.

"Alles in Ordnung? Ich wollte wirklich nicht auf Euch schießen. Ihr habt mich erschreckt, deswegen habe ich losgelassen.", fragte ich ihn sofort, doch Legolas hob die Hand und ich schwieg.

"Es ist nichts passiert. Aber woher habt Ihr die Pfeile?", wollte er wissen und blickte mich kühl an. So ein arroganter Macho. Schade, dass ich nicht getroffen hatte. Ich warf mir den Köcher über die Schulter, genauso wie den Bogen.

"Ich habe sie mir gewünscht...", murmelte ich, kramte interessiert in meinem Rucksack und tat so als würde ich etwas suchen.

"Gewünscht?", wiederholte der Elb völlig verwirrt. Schwer von Begriff, oder was?

"Ja, gewünscht. Komplizierte Sache, die ich Euch nicht zumuten möchte. Was wollt Ihr hier?", wich ich seiner Fragerei aus und funkelte ihn wütend an.

Doch er gedachte nicht, meiner Frage Antwort zu schenken, statt dessen zog er den Pfeil aus der Tür und betrachtete ihn fachmännisch.

Oh, wie ich so etwas hasste. Ich hob das Kleid vom Bett auf und wollte es in den Schrank hängen, als der Fachmann irgendetwas murmelte. Ich hielt inne und schaute ihn fragend an.

"Was habt Ihr gesagt?", wollte ich wissen und Legolas schaute mich erschrocken an.

"Ich habe gesagt, dass das ein sehr guter Pfeil ist. Dass man sich so etwas wünschen kann, als Laie, ist mir ein Rätsel.", stichelte er und lächelte mich fast schon fies an. Ich schnaubte verächtlich und schwieg. Ich verstaute das Kleid im Schrank, genauso wie die Schuhe. Hier waren sie sicher und ich musste sich nicht suchen, wenn ich sie brauchte. Ich schnappte mir meinen Rucksack und ging auf Legolas zu.

"Ich habe Euch gefragt, was Ihr hier wollt?", wiederholte ich meine Frage und schaute ihn unablässig an. Diesmal würde er mir nicht ausweichen und ich würde meine Antwort bekommen.

"Ich sollte nach Euch schauen, weil Eure Großmutter Angst hatte, Ihr würdet türmen."

Ich grinste. Sie war schon immer ein helles Köpfchen gewesen und durchschaute mich locker.

"Da hatte sie mal wieder einen guten Riecher. Also, wenn es Euch nichts ausmachen würde aus dem Weg zu gehen?", meinte ich gelassen und wollte an ihm vorbei gehen, als er mein Handgelenk packte, es hoch riss und mir den Handschuh wegriss. Ich war völlig überrumpelt, um mich zu wehren und ließ es wortlos geschehen. Na und? Dann würde er es jetzt sehen, mir doch egal. Es ging ihn sowieso nichts an.

"Was zum....", fing er an und schaute mir aufgerissenen Augen meinen verkratzten und blutverschmierten Unterarm an.
 

Legolas' POV
 

Ich beobachtete jede ihrer Bewegungen genau. Wie sie ihre Sachen in den Schrank tat und wie sie auf mich zukam. Ihre Bewegungen waren die einer Elbe, leicht und geschmeidig. Sie schien förmlich über den Boden zu schweben, so leicht waren ihre Schritte, was für eine Elbe auch vollkommen normal war, aber sie sagte ja selbst, dass sie ein Mensch sei. Aber wie sie sich bewegte, musste sie eine Elbe sein, eine untypische Elbe zwar, aber eine Elbe.

Mein Blick fiel auf ihren Arm und ich erinnerte mich an ihre Ausrede beim Essen.

Das war alles andere als Dreck, das war sicher.

Als sie sich an mir vorbei drängen wollte, reagierte ich spontan und packte ihr Handgelenk, riss es nach oben und entfernte den Stoff von ihrem Arm.

Was ich sah, verschlug mir die Sprache. Tiefe Kratzer kreuz und quer über dem Unterarm verteilt und das Blut rann immer noch. Sie hatte aber sorgfältig darauf geachtet, dass die Wunden später von dem Handschuh überdeckt werden würden, deshalb erkannte ich oberhalb der frischen Wunden, feine Narben, die zwar schwer zu erkennen waren, aber nicht für ein Elbenauge.

Und zu meiner Überraschung wehrte sie sich nicht einmal, sondern schien mir sogar ihren Arm entgegen zu strecken, aus Trotz.

"Was zum Teufel habt Ihr getan?", fragte ich sie völlig außer mir, als ich die Sprache wieder gefunden hatte.

"Das geht Euch nichts an.", murmelte sie und wollte ihren Arm befreien, doch ich hielt ihn eisern fest.

"Ihr sagt mir jetzt, was Ihr getan habt?", schrie ich sie schon fast an und ich spürte, wie sie zusammenzuckte.
 

Iaras POV
 

Als er mich anschrie, zuckte ich unfreiwillig zusammen. Genauso hatte mich mein Vater immer angeschrien und festgehalten, wenn er irgendetwas wollte.

"Das geht Euch nichts an.", wiederholte ich und diesmal war meine Stimme lauter.

Ich wollte mich erneut losreißen, doch sein Griff war stark, viel zu stark für mich. Ich würde mir noch den Arm brechen, wenn ich mich weiter wehrte.

"Sagt es mir, bitte. Warum habt Ihr das getan?", fragte Legolas weiter und ich spürte seinen Blick, der mich förmlich durchbohrte. Er würde nicht locker lassen, bis er eine Antwort hatte.

"Weil es mir Spaß macht, mich selbst zu verletzen. Danach geht es mir besser, viel besser.", antwortete ich ihm wahrheitsgetreu, aber ich konnte ihm dabei nicht in die Augen sehen. Dabei hatte ich alles getan, damit es keiner merkte und jetzt hatte er mich doch erwischt.

"Aus Spaß? Es geht Euch danach besser? Wie krank müsst Ihr sein!", schrie er mich nun endgültig an und ich zuckte wieder zusammen. Vor meinem inneren Auge erschien das Bild meines Vaters und ich kniff die Augen fest zusammen. Jetzt bloß nicht heulen, Iara. Zeige keine Schwäche vor diesem...Mann.

"Ja, vielleicht bin ich krank, aber wenn man als respektlos bezeichnet wird, geht es einem schlecht. Man ist verletzt und dann tut man so etwas. Doch das machen nur Leute, die keine Freunde haben, die verhätschelt werden und deren Leben die Hölle ist.", schrie ich und startete einen letzten Versuch mich zu befreien. Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, riss ich meinen Arm los, stieß Legolas zur Seite und rannte aus meinem Zimmer.
 

~~
 

Gandalf, Bereth und Elrond ließen uns alle im Vorhof antreten um uns zu verabschieden. Sie hatten beschlossen, dass wir schon jetzt aufbrechen sollten, jetzt, da die Sonne noch nicht untergegangen war. Sie hatten uns sogar Proviant mitgebracht, den ich gleich hastig in meinen Rucksack stopfte.

Wir sollten dann unter meiner Führung die Höhle suchen, in der der Feuerstein sein sollte. Falls wir es nicht schaffen sollten bis die Sonne unterging, sollten wir uns ein sicheren Platz zum übernachten suchen.

Im Hof standen elf Pferde, auch Faer war darunter. Wahrscheinlich durfte ich wieder auf diesem Riesen reiten.

Dann fiel mir noch ein schneeweißes Pferd auf, es war wunderschön, und wie es aussah, schien es Gandalf zu gehören, denn der Zauberer sprach mit dem Tier.

Dann erkannte ich noch fünf kleinere Pferd, wohl für Gimli und die Hobbits.

Ich war immer noch der Meinung, dass die Reise für die Hobbits viel zu gefährlich werden würde und ich wollte auch immer noch alleine reiten, aber das ließen sie ja nicht zu. Ich hatte sogar schon versucht mit Aragorn zu sprechen, aber auch er stellte sich stur, also gab ich es auf. Ich würde einfach nachts abhauen. Was sollte der ganze Ärger?

Ich lief zu Faer und streichelte ihm über die Nüstern, als mein Blick auf Matt fiel, der sich zu einem etwas kleineren Fuchs stellte. Ich befestigte schnell meinen Rucksack am Sattel, denn auf meinem Rücken war kein Platz mehr.

Ich grinste spöttisch. Mal sehen, wie er sich machen würde.

Als Legolas zu Matt trat um ihm zu helfen, blickte ich schnell weg und seufzte.

Seit der Geschichte in meinem Zimmer hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen, geschweige denn uns auch nur angeschaut. Nicht, dass es mir peinlich war. Ich wollte einfach jeglichen Ärger mit diesem Elb vermeiden.

Ich konnte ihn nicht leiden und er mich nicht, also gingen wir uns aus dem Weg.
 

Ich streichelte mein Pferd völlig gedankenverloren, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich erschrak mich fürchterlich und wollte auch schon losbrüllen, als ich meine Großmutter erkannte.

"Verdammt, hast du mich erschreckt.", atmete ich erleichtert aus und lächelte sie gezwungen an.

"Tut mir Leid, Iara. Ich wollte mich nur erkundigen, wie es dir geht.", entschuldigte Bereth sich und ich zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.

Hatte der blöde Elb etwa geplaudert? So ein.....

"Mir geht es gut. Ich habe nur keine Ahnung, wo diese Höhle ist.", log ich.

Mir ging es beschissen und ich wusste sehr wohl, wo diese blöde Höhle war. Irgendwo in einem Tal und es schien nicht weit weg von Bruchtal zu sein, denn ich konnte in meinen Visionen immer Bruchtal erkennen.

"Keine Sorge, du wirst sie schon finden. Du hast sie gesehen und der Stein ruft dich, wenn du in der Nähe bist. Du kannst ihn also gar nicht verfehlen. Aber sei gewarnt! Es wird nicht einfach sein, den Feuerstein an dich zu nehmen. Er wird bewacht, wie jeder andere Elementarstein auch. Es sind untote Wesen, verdammt die Steine zu bewachen. Also sei vorsichtig."

Ich grinste selbstbewusst und legte ihr meine Hand auf die Schulter.

"Keine Panik auf der Titanic. Ich packe das schon. Ich hätte ja auch fast Legolas über den Haufen geschossen, da kriege ich so ein Wächterlein locker fertig."

Bereth schaute mich geschockt an und machte wieder den Fisch auf dem Trockenen.

"Du hast......WAS?", schrie sie dann völlig hysterisch. Was war jetzt kaputt?

Ich zuckte zusammen und wich zurück, dabei hob ich abwehrend die Hände.

"Es war ein Unfall und ich habe ihn ja nicht getroffen.", verteidigte ich mich.

"Ein UNFALL? Du hättest beinahe den Thronfolger von Düsterwald niedergeschossen und du nennst das EINEN UNFALL!!!", brüllte sie mich an und ich hielt mir die Ohren zu.

Auch die Anderen, leider auch Legolas, waren aufmerksam geworden und schauten mich wieder so komisch an.

"Ich wollte das ja nicht. Ich habe einfach nur geübt und wenn der dann einfach so in mein Zimmer platzt ohne anzuklopfen, dann.....", wollte ich mich weiter verteidigen, als mich ein Lachen unterbrach.

Ich schaute den Urheber fragend an und erkannte, dass es Gimli war, der sich gerade begonnen hatte zu lachen.

"Sie hat dich fast niedergeschossen? DICH, den werten Herr Elb!", rief er Legolas zu und lachte lauthals weiter.

"ES WAR EIN UNFALL!", schrie ich den Zwerg an und meine Großmutter machte schon wieder Anstalt mich anzugiften.

"Ein Unfall? Klar doch! Du schießt doch jeden Mann über den Haufen, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.", lachte jetzt auch noch Matt und mein Geduldsfaden riss.

"WAS MISCHT DU DICH JETZT DA EIN, DU OBERTROTTEL?", brüllte ich ihn an, doch er lachte nur noch lauter. Ich ballte die Hände zu Fäusten und kniff die Augen zusammen. Dieser...Vollidiot...dieser....Trottel....dieser.....MANN!!
 

Wut und Hass stiegen in mir auf und mein Herz fing an schneller zu schlagen. Jede Faser meines Körpers hasste Matt und am liebsten würde ich ihn jetzt töten.

Sein Lachen drang in meinen Kopf und hallte dort vielfach wieder.
 

Er soll aufhören! Er soll aufhören zu lachen!
 

Ich riss die Augen auf als mich eine eisige Kälte durchfuhr. Sie schien von meinem Aquamarin auszugehen und plötzlich wusste ich auch, was ich zu tun hatte.

Ich hob einen Arm nach oben, öffnete die Hand und ein paar Zentimeter über meiner Handfläche schwebte eine kleine Wasserkugel, tiefblau schimmerte sie mir entgegen.
 

Er soll endlich aufhören zu lachen!
 

Die Kugel wurde größer und das Blau wurde heller und strahlender.

"HÖR ENDLICH AUF ZU LACHEN!", schrie ich und schleuderte die Wasserkugel mit einer schnellen Handbewegung Richtung Matt und sie traf ihr Ziel. Sie traf genau in Matts Bauch und er wurde von den Beinen gerissen.
 

"Iara, komm endlich wieder zu dir. Willst du ihn umbringen?" Ja, verdammt!!

Ich schüttelte heftig den Kopf, schloß die Augen und öffnete sie gleich wieder. Vor mir stand Bereth und blickte mich entsetzt an. Ich fasste mir an den Kopf und seufzte.

"Was ist passiert?", fragte ich sie leise und schaute auf Matt, dem gerade von Legolas und Aragorn auf die Beine geholfen wurde.

"Du hast die Macht des Wassersteins genutzt, um Matt anzugreifen. Du hast gerade deine Macht eingesetzt um einen Menschen zu verletzten.", klärte sie mich auf und es klang alles andere als stolz.

"Ich...es...ich wollte nicht...ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Es kam einfach so über mich. Er hat mich ausgelacht...ich wollte, dass er still ist....", stotterte ich und schaute in die Gesichter der entsetzten Hobbits. Ich schaute in das Gesicht von Arwen und in das von Legolas und Aragorn. Auch Gandalf und Elrond waren zutiefst geschockt über meinen Ausbruch. Als letztes schaute ich Matt an. Er sah ziemlich mitgenommen aus.

War der Angriff wirklich so heftig gewesen? Hatte ich ihn wirklich ernsthaft verletzt?

Ich schüttelte den Kopf, ging auf Faer zu und schwang mich ohne weitere Probleme auf seinen Rücken. Ich nahm die Zügel auf und ließ ihn angaloppieren, aus dem Tor hinaus, raus aus Bruchtal.
 

Bereths POV
 

Unbewusst hatte sie die Macht in sich entdeckt und sie gegen einen Menschen gerichtet. Das war nicht der Sinn. Sie durfte ihre Kräfte nicht gegen Andere richten. Sie waren viel zu gefährlich, viel zu mächtig.

Sie musste lernen richtig damit umzugehen oder es konnte schlimme Folgen für sie und ihre Begleiter haben. Ich wandte mich an Matt und musterte ihn besorgt.

"Alles in Ordnung bei dir? Bist du verletzt?", fragte ich den Jungen besorgt, doch er schüttelte nur den Kopf und klopfte sich den restlichen Staub von den Kleidern. Dann warf er sich seine Waffen über die Schulter und stieg auf sein Pferd.

Ich war überrascht. Ich dachte nicht, dass er reiten könne. Aber ich habe mich wohl in ihm getäuscht. Er schien viel aushalten zu können, hart im Nehmen.

Ich nickte zufrieden, als sich auch die Anderen bereit für den Aufbruch machten.

Gandalf ritt auf Schattenfell neben mich und blickte geradeaus. Er blickte Iara hinterher, die einfach so davon geritten war.

"Wir holen sie schon ein. Mach dir keine Gedanken, Bereth. Und wir werden auf sie aufpassen.", beruhigte mich Gandalf, hob die Hand und gab den Anderen das Zeichen zum Anreiten. Zehn Reiter auf ihren Pferden preschten an Elrond und mir vorbei und verschwanden in einer Staubwolke.

Wir blickten ihnen nach und ich seufzte. Elrond bemerkte dieses Seufzen und legte mir die Hand auf die Schulter.

"Sie werden sie schon heil zurückbringen.", meinte er und brachte mich mit leichtem Druck ins Haus zurück, wo ich jetzt auf Iaras Rückkehr warten musste.
 

~~
 

Ich zügelte Faer und er kam letztenendes zum Stehen, genau auf dem Hügel, auf dem ich bereits mit Legolas stand und in die Ebene geblickt hatte.

Mir war etwas schwindelig. Dieses Pferd hatte ein Tempo drauf. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so gut halten würde und komischerweise wusste ich auch genau, wohin ich reiten musste. Es war wie ein innerer Drang, der mich hier her geführt hatte.

Ich schaute angestrengt in die weite Ebene, die noch vom letzten Schein der untergehenden Sonne beschienen wurde. Es war genauso schön wie beim ersten Mal, nur diesmal würde ich keine Flammen sehen. Diesmal wehrte ich mich dagegen, denn ich wusste schon längst, wo die Höhle lag.

Am Horizont konnte ich ein Gebirge erkennen und genau in der Mitte dieses Felsgebildes war ein Tal und an dessen Ende war die Höhle mit dem Rubin darin.

"Ihr wisst, wo sie ist, nicht wahr?", riss mich Gandalfs Stimme aus meinen Gedanken und ich nickte.

"Ja, ich weiß es. Ich habe sie viel zu oft gesehen, um es zu vergessen. Aber mir wäre es wirklich lieber, wenn Ihr wieder umkehren würdet.", bekräftigte ich seine Aussage, doch ich erhielt nur ein leises Lachen als Antwort.

"Oh nein, Ihr werdet uns nicht los.", meinte er nur und ließ Schattenfell wieder angaloppieren. Ich schaute ihm nachdenklich hinterher. Ich sah wie sein weißer Umhang im Wind flatterte und wie die Mähne seines Pferdes wehte.

Ich seufzte und erschrak mich, als auf einmal Matt und die Hobbits an mir vorbei ritten, genauso wie Aragorn, Arwen und Gimli.

Ich schaute ihnen hinterher und hoffte, dass auch endlich Legolas an mir vorbei reiten würde, aber er tat es nicht. Statt dessen ritt er neben mich und ließ sein Pferd zum Stehen kommen.

"Wenn Ihr glaubt, dass es so einfach ist uns auszutricksen, dann muss ich Euch enttäuschen.", meinte er und ich schaute ihn empört an, doch er starrte nur geradeaus und rührte sich nicht.

"Wie kommt Ihr darauf?", knurrte ich und starrte ihn immer noch an. Verdammt, sah der gut aus. IARA, reiß dich zusammen.

Ich schüttelte kräftig den Kopf und riss meinen Blick von dem Elb.

"Ich bin nicht blöd, Iara.", antwortete er mir und ich grinste und murmelte ein "Ach nein?", was mir seine Aufmerksamkeit schenkte. Er schaute mich wütend an und zischte: "Ja, so ist es!"

Ich nickte und ließ Faer schweigend angaloppieren.
 

~~
 

"Das ging aber schnell...", wunderte ich mich und blickte die steile Felswand empor. Wir waren vielleicht eine halbe Stunde geritten und die Sonne war jetzt trotzdem fast verschwunden. Nur noch ein schmaler Streifen war am Horizont zu erkennen, der aber doch noch genug Licht spendete, um etwas erkennen zu können.

Oder lag es daran, dass ich als Elbe besser sehen konnte als die Menschen?

"Dann lasst uns keine Zeit verlieren und in das Tal reiten, wenn wir schon so gut in der Zeit liegen, dann können wir auch noch die Höhle erreichen.", forderte ich nach kurzem Schweigen auf und ritt im Schritt in den Felsspalt hinein.

"Jetzt fängt sie auch schon an, uns zu befehligen.", murrte Legolas und ich verengte die Augen.

"Habt Ihr mir irgendetwas zu sagen, werter Prinz?", fragte ich völlig unschuldig ohne mich umzudrehen. Doch ich erhielt keine Antwort und zuckte die Schultern. Wenn er auf Diva machen wollte, bitte.
 

Legolas' POV
 

Diese Frau trieb mich wirklich noch in den Wahnsinn. Erst zerstörte sie Bruchtal und jetzt kommandierte sie uns auch noch herum. Irgendwann würde ich mich wirklich noch vergessen und eins war sicher: ich würde sie mit Sicherheit nicht retten, wenn sie in Gefahr wäre. Sollte sie doch schauen, wie sie wieder aus dieser Situation käme.

Ich trieb meinen Fuchs Iavas (Herbst) an und folgte der Gruppe, die unserer Führerin schon gefolgt waren, murrend. Über die Köpfe der Hobbits und der Anderen hinweg, betrachtete ich Iara und seufzte.

Ihr schwarzes Haar, das sie zu einem locker gebunden Zopf trug, wehte leicht im Wind und ich musste zugeben, dass sie eine wirklich schöne Frau war.

Ich schüttelte heftig den Kopf. Bei Eru, Legolas, sie war eine Furie und keine schöne Frau.

Doch trotzdem konnte ich meinen Blick nicht von ihr lassen. Zum Glück waren meine Freunde zwischen uns, sonst würde sie mich töten, wenn sie es bemerken würde. Ich zuckte zusammen, als sie dann tatsächlich den Kopf umwandte und mir genau in die Augen blickte. Verdammt, sie hatte es doch gemerkt. Kein Wunder, sie war eine Elbe.

Doch anstatt alzu schreien, drehte sie den Kopf wieder nach vorne und ich meinte, ein kleines Lächeln auf ihren Lippen erkannt zu haben. Machte sie sich etwa lustig über mich?
 

Iaras POV
 

So so, der werte Prinz beobachtete mich also. Hatte der einen Schrecken bekommen, als ich mich zu ihm gedreht hatte. Der dachte wohl, ich würde das ganze Tal zusammenbrüllen. Nun, ich war eben immer für Überraschungen zu haben, lieber Prinz Legolas. Aber wenn er nicht aufhörte mich anzustarren, dann vergass ich mich wirklich noch.

Ich verdrängte den Gedanken an Legolas und schaute mich links und rechts um.

Nichts als kalte, nackte, graue Steinwand, mindestens zehn Meter hoch. Zu allem Unglück wurde es jetzt noch dunkler, weil die Sonne jetzt wahrscheinlich ganz untergegangen war und die Felswand kein Licht in das Tal fallen ließ.

Ich starrte angestrengt ins Dunkel und eine Gänsehaut überfiel mich. Ich hatte nicht direkt Angst vor der Dunkelheit, aber ein bißchen mulmig wurde mir schon.

Nach ein paar Minuten angestrengtem Starren erkannte ich, dass das Tal sich öffnete und eine Art Lichtung frei gab. Und dann sah ich sie, am gegenüberliegenden Ende der Talöffnung lag die Höhle, die Feuerhöhle und auf Sindarin, so hatte es mir Bereth gesagt, hieß sie "naur groth".

Das war sie also, die Feuerhöhle. Die erste Stadion meines Schicksals.

Kapitel 11

Wer vor seiner Vergangenheit flieht, verliert immer das Rennen. (Eliot)
 

Kapitel 11
 

"Also, so wirklich beeindruckend finde ich das nicht.", meinte ich gelangweilt und unterdrückte ein Gähnen, was mir wieder einen strafenden Blick von meinem Bewährungshelfer einbrachte.

"Ach, Gandalf. Jetzt schaut doch nicht immer so.", seufzte ich in Richtung des Zauberers, der mich nur anlächelte.

Ich stieg von Faer ab und trat näher an die Höhle heran. Im Dunkeln ließ sich so schwer etwas erkennen.

Je näher ich der Höhle kam, desto mulmiger wurde mir. Mir war es, als würde mich irgendjemand oder irgendetwas rufen. Hatte Bereth nicht gesagt, dass mich der Stein rufen würde, wenn ich in der Nähe war? Ach, das war doch Blödsinn. Wieso sollte mich ein Stein rufen? Völlig absurd.

Ich riss meinen Blick von der Höhle los und wandte mich an die Anderen, die gerade heftigst diskutierten. Über was nur??

"Wir bleiben hier, über Nacht zumindest, sonst ist es zu gefährlich.", meinte Aragorn stur und erhielt nur ein entnervtes Kopfschütteln von Gimli. Der Zwerg war wohl ein Draufgänger. Sein Motto war wohl: Hau drauf!

Aragorn schien wohl der Vernünftigste von allen zu sein, nach Gandalf versteht sich. Deswegen mochte ich die Beiden irgendwie doch.

Die Hobbits interessierte das Alles wenig und Arwen und Legolas unterhielten sich selbst. Nur Matt stand abseits und beobachtete mich. Er dachte wohl, ich würde es nicht bemerken. Bestimmt heckte er wieder irgendetwas aus, um mich lächerlich zu machen oder um mir zu schaden, wahrscheinlich beides so wie ich ihn kannte.

"Was meint Ihr, Iara?", riss mich Aragorn aus meinem Groll gegen Matt.

"Wie bitte? Ich habe nicht aufgepasst.", gab ich zu und Aragorn wiederholte seine Frage. Ich grinste in mich hinein. Die perfekte Gelegenheit!

Wenn alles schlief, würde ich mich allein in die Höhle wagen, also nickte ich zustimmend.

"Wir bleiben über Nacht hier draußen. Da bin ich völlig Aragorns Meinung.", meinte ich übertrieben fröhlich und verschränkte die Arme.

"Siehst du, Gimli.", triumphierte Aragorn und schaute den Zwerg vernichtend an. Dieser grummelte etwas unverständliches und schaute mich trotzig an.

Aber er war nicht der Einzige, der mich anschaute. Auch Legolas konnte es mal wieder nicht lassen mich misstrauisch anzusehen.
 

"Aragorn, hier gibt es aber weit und breit kein Wald, also kein Feuer. Sollen wir in der Kälte übernachten?", mischte sich Merry ein und Pippin nickte eifrig.

Ich lachte auf und die Hobbits schauten mich fragend an.

"Wenn es sonst nichts ist.", meinte ich, schloss die Augen, konzentrierte mich und Sekunden später prasselte ein Feuer vor mir. Als ich die Augen wieder öffnete, schauten mich die Hobbits mit offenen Mündern an und auch die Überraschung der Anderen war nicht zu übersehen.

Der Einzige, den das nicht berührte war Gandalf. Er wusste ja, was ich konnte und was nicht.

"Jetzt schaut nicht so. Ich habe es mir einfach gewünscht. Es ist echt und es wird euch wärmen.", beruhigte ich sie alle und schon saßen die Hobbits und Gimli vor dem Feuer und freuten sich. Wie die Kinder....

"Sie ist schon ganz schön nützlich.", lachte Gimli und ich grinste.

Man konnte ihm nicht böse sein, ihm und den Hobbits konnte ich einfach nicht böse sein. Auf mich wirkten sie eher wie unschuldige Kinder. Ich nickte zufrieden, als sich auch die Anderen ans Feuer setzten und anfingen, ihren Proviant zu vernichten. Ich ging zu Faer um meinen Rucksack zu holen. Ich wollte auch etwas essen und vor allem wollte ich Musik hören. Da verging die Zeit schneller und die Anderen schliefen schneller ein und dann würde ich mich aus dem Staub machen.

Ich ging in Gedanken noch einmal meinen "Fluchtplan" durch, als mich ein entferntes Kreischen aufschauen ließ. Es klang wie ein Vogel, ein großer Vogel. Ich suchte angestrengt den dunklen Himmel ab, doch ich konnte beim besten Willen nichts erkennen. Ich blickte zur Halbmondsichel und mir war, als würde ich einen kleinen, schwarzen Punkt sehen, der immer näher kam. Ich schüttelte den Kopf und wandte mich wieder meinem Rucksack zu.

Ich kramte etwas Brot heraus und biss rasch ein Stück ab, während ich nach meinem MP3-Player suchte und überlegte schon, was ich hören wollte. Ich hatte schon lange kein Evanescence mehr gehört und ich hatte gerade so richtig Lust auf "Whisper", eines meiner Lieblingslieder der Gruppe.

Ein erneutes Kreischen ließ mich aufschauen und jetzt konnte ich etwas erkennen.

Es war wirklich ein Vogel, ein wirklich großer Vogel. Ein Falke oder ein Adler, das konnte ich noch nicht erkennen, aber er hielt auf mich zu und einen Moment später hatte ich tatsächlich einen Adler auf meiner Schulter sitzen, der mich aus schwarzen Augen anfunkelte.

"Wer bist denn du? Und wie hast du mich gefunden?", fragte ich ihn leise und er klackerte zufrieden mit dem Schnabel. Ich hielt ihm meinen Arm hin und er hüpfte darauf. Ich lief zurück zu den Anderen, die Musik war vergessen.

"Schaut mal, wer uns gefunden hat.", meinte ich und hielt ihnen den Adler entgegen, als ich das Feuer erreicht hatte. Alle schauten den Adler und mich verwirrt an und Gandalf räusperte sich.

"Das ist Thôr, der Adler von Bereth. Meistens schickt sie ihn mit Nachrichten zu mir."

Ich musterte Thôr und fand tatsächlich einen kleinen Zettel an seinem Bein.

Ich band ihn vorsichtig ab und las Gandalfs Namen. Ich seufzte und reichte ihm die Nachricht.

"Sie scheint Euch wieder eine Nachricht geschickt zu haben.", sagte ich und der Zauberer nickte zustimmend, als er die Nachricht las.

Weiter interessierte es mich nicht. Ich ging mit dem Adler auf dem Arm zurück zu Faer und gab ihm, genauso wie meinem Pferd, etwas von meinem Brot ab.
 

Gandalfs POV
 

Ich war überrascht als Iara mit Thôr auf dem Arm neben mir auftauchte.

Normalerweise ließ sich der Adler nur von Bereth und mir anfassen. Er war ziemlich wild und kratzte jedem Fremden die Haut auf, aber ich hatte auch schon beobachtet, dass sie Faer ritt. Meines Wissens, das sturste und wildeste Pferd in Bruchtals Stall.

Legolas hatte ihn einst aus Düsterwald mitgebracht und deshalb hörte er auch nur auf ihn, aber ich hatte wirklich selten erlebt, dass er Faer ritt. Auch er schien seine Schwierigkeiten zu haben.

Aber dieses Mädchen schien beide Tiere ohne große Schwierigkeiten zu bändigen. Die Tiere schienen ihr einfach zu vertrauen. Seltsam....

Schon als ich sie das erste Mal gesehen hatte, war mir klar gewesen, dass sie große Macht besaß, auch schon ohne die Elementarsteine. Ich fragte mich wirklich, wie groß ihre Macht erst mit den Steinen werden würde und wie gefährlich sie werden könnte.

Ich faltete die Nachricht von Bereth auf und las sie schweigend. Es war die kürzeste Nachricht, die ich jemals von ihr erhalten hatte.
 

Gandalf, ich vergass es dir zu sagen, aber ihr werdet nicht in die Höhle kommen.
 

Bereth
 

Äußerst seltsam. Was meinte sie nur damit?

Wenn wir nicht in die Höhle kamen, dann könnten wir den Feuerstein auch nicht holen. Oder konnte nur Iara die Höhle betreten, da sie die neue Trägerin war?

Ich seufzte und warf einen Blick auf die schwarzhaarige Elbe, die ihre neuen Freunde versorgte. Ich konnte mir nicht helfen, aber wie sie so dort stand und Faer und Thôr fütterte, kam sie mir richtig hilflos vor.
 

Iaras POV
 

Ich ließ Thôr auf Faers Sattel sitzen, ging zurück zu den Anderen und setzte mich neben Arwen ans Feuer. Es war doch kälter als ich vermutete hatte, aber noch einmal aufstehen und den Pullover holen wollte ich nicht.

Wenn wir wieder in Bruchtal waren, dann würde der erste Weg zu Bereth sein. Ich wollte auch so einen Umhang haben wie die Anderen. Selbst Matt hatte einen bekommen, nur ich natürlich nicht. Ich seufzte leise und zuckte die Schultern. Naja, was sollte die ganze Aufregung?

"Will jemand freiwillig die erste Nachtwache übernehmen?", fragte Aragorn plötzlich in die Runde und alle hoben vor Begeisterung die Arme. Oh, mein Sarkasmus. Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.

Aber ehrlich gesagt kam mir diese Frage gerade recht. Ich wollte ja sowieso abhauen. Ich tat so, als würde ich entnervt in die Runde schauen und hob dann die Hand.

"Wenn es sonst keiner macht, muss ich eben.", meckerte ich gespielt und bemerkte nicht, wie mich Legolas misstrauisch von der Seite musterte.
 

Da saß ich nun und passte auf die Anderen auf, die sich schlafen gelegt hatten.

Die Hobbits und Gimli hatten sich dicht ans Feuer gedrängt und kuschelten sich gleichzeitig noch in ihre Umhänge. Arwen hatte es sich bei Aragorn gemütlich gemacht und ich erinnerte mich schwach an die Tatsache, dass die beiden ja ineinander verliebt waren. Bäh...

Matt lag in der Nähe der Hobbits und daneben Gandalf und Legolas.

Was mich bei diesen beiden wunderte: sie schliefen mit offenen Augen. War das so üblich bei Elben und Zauberern? Aber Arwen hatte die Augen auch geschlossen. Komisch......

Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern und wickelte den Umhang, den mir Arwen gegeben hatte, enger um die Schultern. Ich schaute rechts neben mich und nickte zufrieden. Bogen, Pfeile und Schwert waren noch genau da, wo ich sie hingelegt hatte.

Ich warf noch einen letzten Blick in die schlafende Runde und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wer beschützte jetzt hier wen? Ich ja wohl sie und nicht umgekehrt.

Vorsichtig und darauf bedacht, keinen Lärm zu veranstalten, griff ich nach meinen Waffen und stand leise auf. Ich warf mir beides über die Schulter und legte den Umhang vorsichtig neben Arwen und Aragorn.

Dann schlich ich auf Zehenspitzen um die schlafenden Hobbits herum und weiter zur Höhle. Ich wollte schon erleichtert aufatmen, als mich jemand am Handgelenk packte und mir gleichzeitig den Mund zuhielt.
 

Legolas' POV
 

Es erwies sich wieder als sehr nützlich ein Elb zu sein. Da Elben mit offenen Augen schliefen, konnte ich Iara genau beobachten.

Seit sie Aragorn so eifrig zugestimmt hatte, die Nacht vor der Höhle zu verbringen, beobachtete ich sie misstrauisch. Iara war nicht der Typ, so eifrig und gutgelaunt etwas zu zustimmen. Da steckte mehr dahinter und mein Misstrauen war nicht umsonst.

Als sie sich dann auch noch freiwillig zur Wache meldete, war mir endgültig klar gewesen, dass sie nur abhauen und alleine in die Höhle wollte.

Also tat ich nun so, als würde ich schlafen und als sie nach ihren Waffen griff und sich vorsichtig erhob, rührte ich mich nicht vom Fleck. Ich wagte kaum zu atmen.

Erst als sie um die Hobbits geschlichen war, erhob ich mich geräuschlos und folgte ihr langsam. Natürlich lief sie geradewegs auf die Höhle zu und als sie sich sicher fühlte, machte ich eine schnelle und leise Bewegung nach vorne, packte ihr Handgelenk und hielt ihr den Mund zu.

Sie würde sonst nur schreien, die Anderen aufwecken und das wollte ich nicht.

"Ich sagte doch, dass Ihr uns nicht austricksen könnt. Ich bin es nur. Wenn Ihr nicht schreit, lasse ich Euch los.", flüsterte ich und sie nickte langsam.

Ich ließ sie los und sofort drehte sie sich zu mir um. Ihr Gesicht war bleich. Ich hatte ihr wohl doch einen Schrecken eingejagt.

"Spinnt Ihr!? Mein Herz wäre beinahe stehengeblieben.", fauchte sie mich an, doch ich zuckte nur gelassen die Schultern.

"Wieso seid Ihr so stur und wollt alleine in die Höhle? Wer weiß, was da für Gefahren auf Euch lauern.", flüsterte ich weiter, doch sie verschränkte nur stur die Arme.

"Ich muss da rein. Es mag absurd klingen, aber der Stein ruft mich. Und ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Ich werde da drinnen schon nicht zu Grunde gehen."

Ich schaute sie etwas verwirrt an. Es klang wirklich absurd, dass ein Stein sie rufen würde, aber was war bei diesem Mädchen schon normal?!

"Dann werde ich mit Euch gehen. Alleine lasse ich Euch auf gar keinen Fall gehen.", bot ich ihr an, doch die Antwort wusste ich schon im Voraus. Bevor ich sie begleiten durfte, würde sie eher sterben.

"Bevor Ihr mich begleitet, sterbe ich lieber.", fauchte sie mich an und ich lächelte zufrieden. Was hatte ich gesagt?! Sie ist wirklich berechenbar.

"Was gibt es da zu lachen? Warum lacht Ihr mich eigentlich immer aus? Ich habe Euch niemals etwas getan, also lasst mich gefälligst in Frieden."

Ich war etwas überrascht über den bitteren Ton, den sie angeschlagen hatte.

Hatte Aragorn doch Recht gehabt? War sie im Grunde ihres Herzens eigentlich nur unsicher? Aber wie konnte eine solche schlagfertige Person nur so zerbrechlich sein?!

Ich musterte sie unauffällig. Wie sie da vor mir stand: die grünen Augen funkelten mich wütend an und Strähnen ihres schwarzen Haars fielen ihr ins Gesicht. Ich schüttelte seufzend den Kopf.

Nein, beim besten Willen nicht. Sie war alles andere als verunsichert.

"Wenn Ihr mir nichts mehr zu sagen habt, dann werde ich jetzt gehen.", meinte sie und wand sich zum Gehen.

"Ich werde mit Euch gehen. Wenn Euch etwas zustößt, könnte ich mir das nicht verzeihen.", erwiderte ich trotzig und gewann erneut ihre Aufmerksamkeit.

"Macht sich der werte Prinz etwa Sorgen um mich? Oder hat er nur Angst um seine Haut?", spottete sie und ging auf die Höhle zu.

Mir war, als würde ich den schwachen Schein eines Feuers erkennen und das war mir nicht geheuer.
 

Iaras POV
 

Iara, das bildest du dir alles nur ein. Der Prinz macht sich doch keine Sorgen um dich; der denkt doch nur an sich.

Wenn ich nämlich nicht heil nach Bruchtal zurückkommen würde, dann war er fällig. Wer wusste schon, was Bereth dann mit ihm anstellen würde.

Bei dem Gedanken grinste ich amüsiert. Man sollte es doch gerade mal darauf ankommen lassen, oder?

Doch mein Grinsen verflog gleich wieder, denn je näher ich der Höhle kam, desto lauter wurde das Rufen in meinem Kopf. Es waren keine klaren Worte raus zuhören, aber gerufen wurde ich eindeutig von dem Stein, obwohl Steine ja nicht sprechen konnten.

Ich starrte in das tiefe Schwarz der Höhle und sie zog mich magisch an.

Wie eine Motte ins Licht lief ich jetzt in die Dunkelheit, gefolgt von einem sturen Elbenprinzen.

"Jetzt lasst mich doch endlich in Frieden.", flüsterte ich, zum Schreien war ich nicht fähig. Meine Stimme klang heiser und mein Hals fühlte sich rau an.

"Jetzt seid doch nicht so stur.", zischte Legolas und folgte mir weiter.

Ich musste hier weg und zwar schnell. Ich rannte los, direkt in die Höhle hinein. Als ich durch die Öffnung rannte, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, aber die Kälte blieb. Sie ging nicht weg und je weiter ich in die Höhle rannte, desto kälter wurde es. Langsam kam ich zum Stehen und atmete schnell und unregelmäßig. Ich konnte meinen Atem sehen, wie er als Dunstschwaden aufstieg. Ich schaute angestrengt in das Dunkle vor mir und versuchte etwas zu erkennen, doch ich sah nichts, gar nichts.
 

Legolas' POV
 

Sie war einfach ohne Vorwarnung in die Höhle gerannt. Als sie die Öffnung durchschritten hatte, legte sich ein durchsichtige Schutzmauer über den Eingang, nur manchmal schimmerte sie hellblau auf.

Vorsichtig ging ich näher heran und berührte mit den Fingerspitzen die Schutzvorrichtung. Ich zog sofort meine Hand zurück, als die Wand mir einen Schlag verpasste. So wie es aussah, würden wir da nicht hinein kommen, aber kam Iara jemals wieder heraus?

Jetzt machte ich mir Sorgen. Es war meine Schuld, wenn sie nicht zurück konnte.

Ich habe sie buchstäblich in die Höhle getrieben. Ich schüttelte den Kopf und wich von der Höhle zurück. Ich musste die Anderen wecken, vielleicht wusste Gandalf Rat. Er musste Rat wissen.

Rasch lief ich zu dem Zauberer und rüttelte ihn wach, genauso wie Aragorn und die Anderen. Die Hobbits und Gimli brummten und schauten mich böse an.

Immerhin hatte ich sie vor Sonnenaufgang geweckt und jetzt waren sie mürrisch.

Aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen, dazu war die Situation zu dringend.

"Gandalf, sie ist in der Höhle. Sie ist rein gerannt.", klärte ich den Zauberer schnell auf und dieser nickte nur abwesend.

"Was stehen wir dann noch so herum. Wir müssen ihr folgen.", rief Aragorn und wollte schon zur Höhle rennen, als er von Gandalf zurückgehalten wurde.

"Das wird nicht funktionieren, Aragorn.", meinte er gelassen und ich nickte zustimmend.

"Kaum war sie drinnen, erschien eine Art Schutzwall. Ich habe es versucht, aber er lässt mich nicht durch. Das meinst du doch, oder?"

Wieder nickte Gandalf.

"Genau das meine ich. Ich habe eine Nachricht von Bereth erhalten. Wir werden die Höhle nicht betreten können. Das kann nur Iara, weil sie die neue Trägerin der Steine ist. Nur sie kann die Steine aufspüren und sie finden. Vielleicht ist das nur bei diesem Fundort so, vielleicht können wir in die anderen Gegenden auch mit hinein, aber jetzt ist sie ganz alleine auf sich gestellt."

Ich schaute von Gandalf zu der Höhle und wieder zurück. Ich hatte ein komisches Gefühl: Angst. Ich machte mir Sorgen um sie und nicht nur ich. Auch den Anderen war die Angst um Iara ins Gesicht geschrieben. Der Einzige, dem das nichts auszumachen schien, war Matt. Der stand mit verschränkten Armen da und starrte in die Höhle. Sein Blick war seltsam ernst, aber keine Spur von Sorge oder Angst.

"Sie wird da schon wieder rauskommen. Iara gehört nicht zu der Sorte Mensch, der sich unterbuttern lässt. Egal wer es mit ihr aufnimmt, wird den Kürzeren ziehen. Und wenn ihr was passiert, was soll das ganze Theater?", meinte er dann und grinste. Alle starrten auf Matt und waren entsetzt über seine Worte.

Ich dachte, dass die beiden.....

Ich hatte mich wohl geirrt. Seine Worte waren kalt und auch sein Blick war nicht anders.

"Wie kannst du nur so etwas sagen?", schrie Arwen den Schwarzhaarigen an, doch der zuckte nur gleichgültig mit den Schultern, machte kehrt und legte sich wieder schlafen.

Ich musste Arwen Recht geben: wie konnte ein Mensch nur so grausame Worte sagen?
 

Iaras POV
 

Da stand ich nun in der Finsternis herum und versuchte mich zu orientieren, was mir aber nicht gelang. Ich hatte sogar die Arme zur Seite und nach oben ausgestreckt, um zu überprüfen wie hoch und wie breit der Gang, oder was auch immer, war, aber nicht einmal meine Fingerspitzen berührten Felswand oder etwas anderes. Ich schlang fröstelnd die Arme um mich und ging vorsichtig weiter.

Ich konnte hier ja keine Wurzeln schlagen, irgendwann musste ich weiter. Ich setzte langsam Fuß vor Fuß um ja nicht eine unangenehme Überraschung zu erleben.

Je weiter ich lief, desto mehr bereute ich meine Entscheidung. Es wäre jetzt doch ganz beruhigend gewesen, wenigstens einen von ihnen dabei zu haben.

So ganz alleine war es unheimlich und ich hasste es alleine im Dunkeln zu sein.

Ich kam mir dann immer so hilflos vor. Nun gut, im Moment war ich auch hilflos.

Wenn ich wenigstens etwas sehen könnte, dann wäre die Sache wesentlich einfacher gewesen.

Moment, ich konnte doch etwas sehen. Ich müsste mir nur eine Fackel wünschen.

Das ich nicht eher darauf gekommen war. Dämlich....

Ich war so stolz auf meine Idee, dass ich meine nächsten Schritte nicht genau plante. Als ich den nächsten Schritt nach vorne machte, gab auf einmal der Boden nach und ich stürzte mit einem Schrei in die Tiefe.
 

Wecke mein Innerstes auf ,

Wecke mein Innerstes auf ,

Rufe meinen Namen und rette mich vor der Dunkelheit!

Mache mein Blut in mir fließen,

Bevor ich in mir zusammenbreche.

Rette mich vor den Nichts, das ich geworden bin!
 

"Das willst du doch, habe ich recht?"

Langsam schlug ich die Augen auf und blinzelte ein paar Mal kräftig.

Trotzdem sah ich noch eine ganze Weile alles verschwommen, weil ich mich erst an das helle Licht gewöhnen musste, das hier herrschte.

Ich versuchte mich an die Worte zu erinnern, die gerade durch meinen Kopf gegeistert waren, aber ich schaffte es nicht. Und wem gehörte diese Stimme? Wer hatte mich das gerade gefragt?

Langsam wurde meine Sicht klarer und ich versuchte mich zu bewegen, doch es ging nicht. Verwirrt schaute ich nach links und sah, dass mein Arm an eine Felswand gekettet waren. Genauso der andere Arm und meine Beine. Meine Waffen lagen unterhalb von mir.

Ich versuchte mich zu befreien. Ich zerrte an den Ketten, doch ich schnitt mir nur ins Fleisch, also gab ich es auf und schaute mich lieber um.

Ich war in einem runden Raum, in der Mitte war eine kleine Säule aufgestellt und sie herum brannte ein Feuerkreis in einer Entfernung von vielleicht fünf Metern. Die Decke war reichlich verziert und wurde von sechs mächtigen Säulen gestützt.

Ich blinzelte erneut, als ich etwas aufblitzen sah. Ich schaute noch einmal genauer hin und erkannte einen dreieckigen, blutroten Stein. Das musste er sein: Rubin, der Stein des Feuers.

Er war nicht größer als mein Aquamarin, er hatte eben nur eine andere Form.

"Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet, Rania.", erklang die Stimme erneut und es war die eines Mannes.

War es vielleicht der Mann, den ich in meinen Visionen immer gesehen hatte? Und warum nannte er mich Rania?

"Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.", zischte ich und suchte den gesamten Raum ab, aber ich konnte ihn nicht finden.

"Aber, aber. Wer wird denn gleich in die Luft gehen!? So habe ich dich nicht in Erinnerung, Rania.", lachte der Mann und trat hinter einer Säule hervor.

Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen, da es von einer Kapuze verdeckt wurde, aber ich war mich sicher, dass es dir Mann aus meinen Visionen war.

"Ich bin nicht Rania.", fauchte ich die Gestalt an und sie zuckte bei meinen Worten kaum merklich zusammen.

"Ach nein?", fragte er etwas unsicher. Er fasste mit beiden Händen die Kapuze und legte sie langsam um. Jetzt konnte ich auch sein Gesicht erkennen. Er war noch jung und er hatte blondes, kurzes Haar. Alles in allem war er eher unscheinbar, aber seine schwarzen Augen zogen mich in seinen Bann.

Ich konnte meinen Blick einfach nicht von diesen tiefschwarzen Augen losreißen.

Warum hatte ein Mensch schwarze Augen? Oder war er gar kein Mensch?

Als die schwarzen Augen anfingen mich zu mustern, durchfuhr mich eine eisige Kälte, die mir fast die Luft abschnürte.

"Du bist tatsächlich nicht Rania. Du bist eine Elbe, aber du siehst ihr verblüffend ähnlich. Wer bist du? Und wo ist Rania?", donnerte er dann und ich zuckte zusammen. Wie sprach der denn mit mir?

Ich verengte die Augen zu Schlitzen und funkelte ihn wütend an.

"Ich bin Iara und KEINE Elbe. Außerdem bin ich Ranias Tochter und sie ist tot.", fasste ich mich kurz und glaubte, einen kurzen Anflug von Trauer über sein Gesicht huschen zu sehen, aber ein Mann mit so kalten, schwarzen Augen konnte keine Trauer zeigen. Alles Einbildung....

"Wieso ist Rania tot? Es ist doch ihre Aufgabe den Stein wieder zusammenzusetzen."

Ich seufzte genervt. Immer nur ging es um Rania, immer nur um sie. Als ob sie etwas besseres gewesen wäre.

"Sie ist bei einem Unfall gestorben, als der Stein zerstört wurde. Sie hat Mittelerde verlassen wegen eines Mannes und ich bin daraus entstanden. Ich bin jetzt hier in Mittelerde an ihrer Stelle.", erklärte ich ihm.

"Sie hat Mittelerde verlassen? Wie war das möglich?", fragte er weiter.

"Also, jetzt reicht es aber. Ich bin doch nicht die Auskunft. Lass mich endlich hier runter. Und wer bist du überhaupt?", schrie ich ihn an und ein hinterhältiges Lächeln huschte über seine Lippen.

"Nun gut, dann werde ich eben mit dir Vorlieb nehmen. Ich bin Himon und der Wächter des Feuersteins. Einst versuchte ich ihn zu stehlen, heute muss ich ihn hüten.", stellte er sich vor und schnippte kurz mit den Fingern. Sekunden später prahlte ich äußerst schmerzhaft auf dem Boden auf. Ich verzog das Gesicht und rappelte mich langsam auf.

"Nicht so sanft, bitte.", murmelte ich sarkastisch.

"Erkläre mir noch eins. Warum bist du eine Elbe? Rania war es nicht.", erklang wieder die Stimme von Himon und mich schauderte es erneut.

"Da bin ich überfragt. Also, wenn es dir nichts ausmachen würde, dann hole ich mir jetzt den Stein und verschwinde wieder.", meinte ich kühl und ging langsam auf den Feuerkreis zu.

"Das wirst du schön bleiben lassen.", fauchte Himon und mit einer einfachen Handbewegung seinerseits knallte ich mit dem Rücken gegen die Felswand. Autsch..

Ich verzog schmerzhaft das Gesicht, aber kein Ton kam über meine Lippen. Wie hatte er das nur gemacht?

"Du wunderst dich jetzt sicherlich, wie ich das gemacht habe. Nun, ich verfüge über äußerst starke, mentale Kräfte mit denen ich meine Gegner kampf- und bewegungsunfähig machen kann. Sehr praktisch!", lachte er und mit einer erneuten Handbewegung ließ er mich quer durch den Raum gegen die nächste Wand fliegen. Angeber....

Unter leisem Stöhnen rutschte ich zu Boden und blieb an der Wand gelehnt sitzen.

Es fühlte sich an, als wäre jeder einzelne Knochen in meinem Körper gebrochen.
 

"Ich kann dir auch deine schlimmsten Alpträume vor Augen halten. Willst du eine Kostprobe?", fragte er mich überflüssigerweise und im nächsten Moment hatte ich meinen Vater vor Augen. War er also mein schlimmster Alptraum? Ich dachte immer, ich hätte keine Ängste. Ich schüttelte heftig den Kopf und das Bild verschwand. Mühsam stand ich auf und wünschte meine Waffen zu mir.

Keinen Lidschlag später hatte ich sie auch schon in den Händen. Ich warf mir das Schwert über den Rücken, nahm einen Pfeil aus dem Köcher und spannte ihn in den Bogen ein.

"Ah, du hast den Aquamarin ja schon und du weißt seine Kräfte auch schon einzusetzen, aber gegen mich wird es dir nicht helfen.", spottete er und ich ließ ohne Zögern den Pfeil auf ihn zu fliegen.

Himon aber gähnte gespielt gelangweilt, hob die Hand und der Pfeil kam Millimeter vor seiner Handfläche zum Stehen. Mit einer kreisenden Handbewegung ließ er den Pfeil kehrt machen, so dass die Spitze jetzt auf mich zeigte.

Dann gab er ihm einen unsichtbaren Schubs und der Pfeil flog auf mich zu und durchbohrte meinen Oberschenkel.

Ich schrie auf, ließ den Bogen fallen und fasste mir an die verletzte Stelle.

"Wie....wie hast du das nur gemacht?", stotterte ich und starrte ihn mit einem Auge an, da ich das andere vor Schmerz zugekniffen hatte. Der Wächter lachte auf und schüttelte den Kopf.

"Ich habe dir doch gerade erklärt, dass ich über mentale Kräfte verfüge. Selbst der stärkste Kämpfer hat gegen mich keine Chance."

Ich zuckte bei seinen Worten zusammen. Wenn selbst die stärksten Kämpfer keine Chance hatten, dann würde ich hier sterben.

Ich konnte ja nicht mal richtig kämpfen. Ich war blutige Anfängerin, auch wenn ich es ungern zugab. Ich schaute erneut auf den Pfeil in meinem Bein.

Er musste raus, sonst konnte ich mich auf gar keinen Fall bewegen.

Ich packte mit beiden Händen den Pfeil und kniff die Augen fest zusammen. Jetzt oder nie!

Mit einem lauten Schrei zog ich mir den Pfeil aus dem Oberschenkel und warf ihn weg.

"Oh, wie ich sehe, bist du zäh. Mit dir werde ich noch Spaß haben.", zischte Himon alles andere als erfreut. Der dachte wohl, dass ich krepiert wäre.

Ich richtete mich langsam auf und zog mein Schwert.

"Du wirst mich nicht besiegen. Wenn ich sterbe, dann auf natürliche Weise oder durch meine Hand, aber nicht durch jemand anderen.", rief ich ihm zu und er schaute mich sichtlich verwirrt an.

Das hatte er wohl noch nie von seinen Gegnern gesagt bekommen. Aber ich war ja auch keine gewöhnliche Gegnerin für ihn. Hier ging es um meine Zukunft, um mein Schicksal.

Langsam ging ich auf ihn zu und ließ das Schwert locker aus dem Handgelenk kreisen.

"Mich besiegst du nicht. Das schwöre ich dir.", murmelte ich, während ich, meinen Schmerz unterdrückend, auf ihn zu lief.

Himon schien jetzt den Ernst meiner Aussage zu begreifen, denn er streifte sich seinen Umhang ab und zum Vorschein kam eine etwas altertümliche Kleidung, wie sie Legolas trug.

"Du wunderst dich jetzt sicherlich, aber ich sollte dir vielleicht noch eines verraten, bevor du deinen Tod findest. Ich bin ein Untoter. Man kann mich nicht mit einem Schwert oder einem Pfeil töten. Ich kann nur mit dem Feuerstein besiegt werden."

Ich grinste ihn an und blieb stehen.

"Du bist ein Narr. Du verrätst mir doch tatsächlich die Methode dich zu töten.", spottete ich, doch sein siegessicherer Gesichtsausdruck blieb bestehen.

"Wer sagt denn, dass du mich töten wirst!?"

Ich zuckte zurück. Ja, wer sagte das? War ich überhaupt stark genug ihn zu töten oder den Stein jemals zu berühren?

"Was ist denn los, Iara? Hast du etwa Zweifel?", spottete nun Himon und zog zwei Dolche aus seinem Gürtel. Und ob ich Zweifel hatte! Vielleicht hatte Bereth Recht gehabt und ich bin einfach nicht zum Kämpfen geeignet.

Ach was, Iara. Du bist stark und du wirst diesen aufgeblasenen Untoten schon besiegen und den Feuerstein nach Bruchtal bringen. Ich hob mein Schwert wieder an und schaute ihn wütend an.

"Ich zweifle nicht. Das kann ich gar nicht. Ich werde dich besiegen, darauf kannst du Gift nehmen."

Und mit diesen Worten rannte ich unter Schmerzen auf ihn zu und ließ das Schwert auf ihn niedergehen, doch er war schneller. Geschickt wich er aus, duckte sich unter einem erneuten Angriff meinerseits hinweg und rammte mir einen seiner Dolche in die Schulter.

Ich schrie nicht, nein. Ich kämpfte gegen den Schmerz an und kämpfte weiter.

Und ein weiteres Mal durchfuhr Schmerz meinen Körper, diesmal war es der Rücken.

Ich taumelte vorwärts und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Ich drehte mich zu Himon und funkelte ihn wütend an. Der Kerl war verdammt schnell für einen Toten...

Mein Blut rann mir warm über die Haut, vor meinen Augen fingen schwarze Punkte an zu tanzen und mein Atem ging rasselnd und schnell.

Bloß nicht ohnmächtig werden, durchhalten. Kämpfe, kämpfe, wie du noch nie in deinem Leben gekämpft hast, Iara.

Ich richtete mich mühsam und wünschte meinen Bogen samt Pfeile her.

Schnell verstaute ich das Schwert in der Scheide, hielt Sekunden später Bogen und einen Pfeil in der Hand und zielte erneut auf Himon. Diesmal würde ich treffen; ich musste treffen. Ich wünschte mir ganz fest, dass ich treffen würde und ließ die Sehne los.

Ich verfolgte die Flugbahn des Pfeils und diesmal war Himon zu langsam. Er hatte keine Hand frei um den Pfeil abzuwenden und so traf er. Er traf seine Schulter und blieb stecken.
 

Erst als ich Himons Grinsen sah, wusste ich, dass ich soeben einen Pfeil verschwendet hatte. Ich konnte ihn ja so nicht töten, nicht mal schaden konnte ich ihm.

Ich fluchte und nahm erneut mein Schwert zur Hand. Ich musste unbedingt an ihm vorbei kommen. Ich musste in den Feuerkreis und zwar schnell.

Ich rannte auf ihn zu und tat so, als wollte ich ihm mit dem Schwert den Kopf abschlagen und als er seine Arme hob um mir erneut mit den Dolchen zu schaden, duckte ich mich unter den Messern hinweg, drehte mich zur Seite und sprang durch das Feuer mitten in den Kreis.

Zwar hatte mir das Feuer meine Haut verbrannt, aber zum Glück nur an den Armen. Das Gesicht hatte ich noch rechtzeitig schützen können.

Ich rannte auf die Säule zu, streckte die freie Hand nach dem Stein aus, als Himon neben mir auftauchte und mit einen Dolch durch die Hand jagte.

Ich schrie auf und taumelte zurück. Das Blut rann die Finger entlang und tropfte schnell zu Boden.

"So einfach mache ich es dir nicht.", zischte er mich an und meine Schmerzen wurden unerträglich. Ich ließ mein Schwert fallen, das mit lautem Klirren auf den Boden aufschlug. Langsam sackte ich zusammen und fiel auf die Knie.

Die schwarzen Punkte vor meinen Augen wurden größer und ich konnte nur durch heftiges Blinzeln erreichen, etwas zu sehen.

Himon stand vor mir und grinste spöttisch auf mich herab. Er hatte seinen Willen bekommen....

"Wer wird jetzt sterben?", zischte er bedrohlich und ich schloß die Augen.

Jetzt war es wohl soweit: ich würde sterben, hier und jetzt.

Ich wartete auf meinen Todesstoß, doch er kam nicht. Verwirrt öffnete ich die Augen wieder und sah direkt in die schwarzen Augen von Himon. Sie waren wie tiefe Brunnen, schwarz, leer und kalt.

"Warum dich gleich töten, wenn ich noch etwas Spaß mit dir haben kann.", flüsterte er und grinste mich spöttisch an.

Mit einer scheuchenden Handbewegung ließ er das Bild meines Vaters erneut vor meinen Augen erscheinen.

"Nein....", wisperte ich kraftlos und schloß die Augen, doch immer noch war er vor mir. Ein kaltes Lächeln auf seinen Lippen und mit einem lüsternen Blick schaute er mich an und streckte die Hand nach mir aus.

"Nein, geh weg....ich will nicht...lass mich......", murmelte ich leise und ich konnte Himons Lachen hören.

Mein Vater kam immer näher auf mich zu und ich konnte seine Stimme in meinem Kopf hören, immer und immer wieder.
 

Komm schon, Iara. Du bist jetzt die Frau im Haus. Stell dich nicht so an.
 

Ich hielt mir die Ohren zu und schüttelte heftig den Kopf.

"Geh weg.....bitte......", flüsterte ich weiter und ich spürte einen erneuten Schmerz auf meiner Wange.

Vor meinen Augen stand mein Vater mit erhobener Hand und holte immer wieder aus.

Blut rann mir die Wange hinunter, von meiner Hand und von Schnitten in der Wange selbst. Das war nicht mein Vater, das war nur Himon, der mir meinen Alptraum vor Augen hielt. Das war nicht mein echter Vater, das war nur eine Einbildung.
 

Ich riss meine Augen auf und unterdrückte einen Schrei, als ich gegen eine Wand prallte. Ich konnte Himon verschwommen sehen. Er stand im Feuerkreis, mit erhobener Hand und hielt mich so an der Wand.

"Wir wollen den Mondstein auch haben, Iara. Dann werden wir endlich wieder leben, aber wir können ihn nicht selbst nehmen. Wir müssen die Steine der Wächterin abnehmen, ob sie dabei getötet wird oder nicht, spielt keine Rolle."

Seine Stimme klang seltsam weit weg und das Bild meines Vaters wurde wieder schärfer.
 

Sei ein braves Mädchen und komm mit. Ich werde dir auch nicht weh tun.
 

Doch, du wirst mir weh tun. Du hast mir immer weh getan.

Hass, unbeschreiblicher Hass, machte sich in mir breit. Jede Faser meines geschundenen Körpers war voller Hass. Hass gegen meinen Vater und Hass gegen Himon.

"Ich werde dich....töten und.....und wenn...es ...das letzte....DAS LETZTE IST, WAS ICH TUE!", schrie ich und mit allerletzter Kraft riss ich meine Arme von der Wand. Ich riss mich aus seinem Bann.

Unsanft fiel ich zu Boden, doch ich stand gleich wieder auf. Vergessen waren die Schmerzen, jetzt zählte nur noch Himons Tod.

"Ich töte dich! ICH TÖTE DICH!", rief ich und hob die Hand.
 

Komm zu mir, Stein des Feuers.
 

Ich schloß die Augen und konzentrierte mich einzig auf den Rubin, der immer noch auf der Säule ruhte.

"Nein...du kannst ihn nicht rufen....er wird nicht kommen....", drang Himons entsetztes Gemurmel an mein Ohr und Sekunden später umschloß ich den Rubin, den Stein des Feuers, mit meinen Fingern.

Sofort riss ich die Augen auf und mein Blick war voller Hass und Kälte, dessen war ich mir bewußt. Himon wich zurück und hob die Arme.

"Nein! Das kannst du nicht tun.", zischte er ängstlich und ich lachte bitter auf.

"Ach ja? Und warum nicht!? Du bist Abschaum! Du hast es nicht verdient auf Erden zu wandeln!", schrie ich ihn an und der rote Stein, verschmiert von meinem Blut, fing an zu leuchten und begann zu schweben.

Ich sammelte meine letzte Kraft tief in mir und ließ einen Feuerball in meiner Handfläche erscheinen.

"Wie....wie kannst du...die Macht so schnell....kontrollieren?", stotterte Himon und wich immer weiter zurück.

"Ich kann alles, wenn ich es will. Verabschiede dich von der Welt. DU WIRST JETZT STERBEN!", rief ich und die Feuerkugel wusch rasch an.

Sie war jetzt fast so groß wie ich und mit einem zufriedenen Lächeln und einem letzten, sarkastischen "Leb wohl!" zu Himon, ließ ich den Feuerball mit einer Handbewegung auf Himon zufliegen. Dieser hob schützend die Arme vor sein Gesicht, aber es half nichts.

Mit geschlossenen Augen hörte ich seine letzten Worte: "DAS WIRST DU BEREUEN!"
 

Dann kam nichts mehr. Endlose Stille legte sich in den Raum und als ich meine Augen langsam öffnete wurde Himons Asche von einem kleinen Windhauch davongetragen. Wo war der nur hergekommen?

Ich starrte ihr nach und die Stille wurde unerträglich, als das regelmäßige Tropfen meines Blutes auf den Boden dazu kam.

Was hatte ich getan? Ich hatte ihn getötet. Ich hatte ein Menschenleben auf dem Gewissen! Was war ich nur..für...ein Monster? Aber er war doch schon tot gewesen, er war ein Untoter. War das denn nichts anderes?

Ich starrte auf meine zitternden, blutverschmierten Hände und starrte den Rubin in meiner Hand an. Ich schloß die Augen und wünschte mich aus dieser Höhle heraus. Als ich die Augen wieder öffnete, stand ich tatsächlich vor der Höhle.

Die Sonne stieg gerade über dem Berg auf und schien in die Schlucht, direkt auf meine Begleiter, die mich fassungslos anstarrten.

"Fragt jetzt bitte nichts. Ich will nur noch nach Hause.", murmelte ich und humpelte an meinen sprachlosen Beschützern vorbei.

Ja, meine Beschützer. Wo waren sie, als ich sie gebraucht hatte? Sie waren nicht da.

Ich ballte die Faust fester um den neu gewonnen Stein und pfiff leise. Sofort kam Faer angetrabt und stupste mich vorsichtig an die Schulter. Ich zuckte zusammen und schob ihn leicht weg.

"Nicht. Das tut weh......", flüsterte ich ihm zu und stieg unter höllischen Schmerzen auf mein Pferd, nahm die Zügel auf und ließ ihn angaloppieren.

Ich hoffte nur, dass ich es denn Weg zurück durchhalten würde.
 

Legolas' POV
 

Wir alle starrten Iara fassungslos nach. Als sie auf einmal im Höhleneingang stand, blutverschmiert und mit leerem Blick, dachte ich schon, sie würde gleich tot umfallen.

Aber als sie dann an uns vorbei humpelte, nach Faer pfiff und davon ritt, musste ich doch erleichtert aufatmen. Sie lebte noch. Sie war da drinnen nicht gestorben. Sie wurde schwer verletzt, natürlich, aber sie lebte noch.

"Wir müssen ihr nach. Wenn sie jetzt vom Pferd fällt...", rief Arwen, pfiff nach ihrem Pferd und schwang sich darauf. Ich schüttele den Kopf und ließ so von meinen Gedanken ab.

Wir packten rasch unsere Sachen zusammen und folgten dann Arwen, die schon voraus geritten war.

Als wir aus dem Tal ritten, konnte ich Iara erkennen. Faer hatte ein sehr schnelles Tempo und ich wunderte mich, dass sie sich, so schwer verletzt wie sie war, auf ihm halten konnte. Sie hatte schon fast die Hälfte des Weges hinter sich und wir waren immer noch hier.

"Worauf warten wir noch? Lasst uns endlich reiten.", rief ich den Anderen zu und stieß Iavas leicht die Fersen in die Flanken.
 

~~
 

"Um Himmels Willen, Iara!", schrie meine Großmutter als Begrüßung als ich, mehr schlecht als recht, von Faer abgestiegen war. Auch die Anderen ritten gerade in den Hof und stiegen ab.

Bereth kam auf mich zu gerannt und wollte mich in die Arme schließen, aber ich hielt sie davon ab.

"Nicht...", flüsterte ich kraftlos und humpelte an ihr vorbei ins Haus.

Ich spürte genau, wie mich die Anderen besorgt musterten und mich jetzt am liebsten verhätschelnd wollten, aber ich konnte jetzt keinen von ihnen sehen.

Zu tief saß der Schmerz. Ich hatte einen Menschen auf dem Gewissen. Ich hatte getötet. Das war unverzeihlich, niemals würde ich mir verzeihen können.

Ich lief so schnell es mein schwacher Körper zuließ in mein Zimmer.

Ich machte mir gar nicht erst die Mühe mich auszuziehen, sondern ließ mich gleich auf mein Bett fallen. Es war mir egal, dass es später voller Blut sein würde.

Ich öffnete die Faust und starrte mit leeren Augen auf den blutroten Stein.

Und schon zuckten die ersten Bilder vor meinem inneren Auge wie Blitze vorbei.

Das ganze Geschehen in der Höhle spielte sich immer und immer wieder vor meinen Augen ab.

Langsam stiegen Tränen in meine Augen und als das letzte Bild vor meinen Augen verschwunden war, vergrub ich das Gesicht in einem Kissen und weinte. Seit einer sehr langen Zeit weinte ich einmal wieder und es war unerträglich.

Kapitel 12

Vergessen ist Gefahr und Gnade zugleich. (Heuss)
 

Kapitel 12
 

Drei Tage und Nächte lag sie jetzt schon in ihrem Bett und rührte sich nicht.

Sie war nur einmal kurz wach gewesen, als Arwen ihre Wunden versorgt und verbunden hatte. Danach hatte sie sich einfach wieder in das blutverschmierte Bett gelegt und schlief weiter.

Nicht einmal das konnten wir mit Gewissheit sagen: schlief sie wirklich oder tat sie nur so? Und noch eine Frage quälte uns alle: was war in der Höhle nur passiert?

Den Stein hatte sie. Ihn hatten wir alle gesehen und Bereth hatte ihn uns auch gezeigt. Als sie nämlich nach Iara gesehen hatte, hatte sie beide Steine mitgenommen, um sich uns zu zeigen. Ich verstand nicht, wie solch kleine Steine das Leben einer einzigen Person so durcheinander werfen konnten.

Wir saßen alle bereits seit Stunden in der Bibliothek und blätterten in verschiedenen Büchern herum, um vielleicht etwas über die Steine herauszufinden, aber bis jetzt war unsere Suche erfolglos. Entmutigt und mit blanken Nerven klappte ich das Buch zu, das ich gerade zur Hand hatte und seufzte.

"Legolas, hast du etwas gefunden?", fragte mich Aragorn sofort und ich schüttelte den Kopf.

"Nichts, rein gar nichts. Wir finden doch nie etwas.", antwortete ich dem Waldläufer, doch dieser lächelte nur aufmunternd und las weiter.

"Ich finde sowieso nie etwas. Ich kann kein Sindarin....", brummte Gimli und schaute scheinbar entnervt auf die Bücher in den Regalen. Ich schmunzelte, denn ich kannte ihn gut. Am liebsten würde er sie jetzt alle nehmen und zerreißen.

Ich wollte gerade etwas zu ihm sagen, als die Tür aufgestoßen wurde und Arwen völlig aufgelöst herein gerannt kam.

"Sie ist...sie ist weg. Einfach verschwunden....", keuchte sie und sofort sprangen wir alle auf.

"Wie sie ist weg? Sie kann sich doch nicht einfach auflösen.", meinte Pippin altklug und erntete ein zustimmendes Brummen von Merry.

"Pippin, du bist so unwissend.", grummelte Sam und Frodo grinste.

"Na, sie ist eben weg.", meinte Gimli zu dem Hobbit und lachte auf.

"Gimli, ich kann mich darüber nicht amüsieren. Wenn ihr jetzt was passiert ist?!", rief Arwen dem Zwerg zu, der zurückzuckte und abwehrend die Hand hob.

"Ganz ruhig, Arwen", beruhigte Aragorn die Elbe. "Hast du schon nach ihr gesucht?"

"Natürlich. Sie ist nicht im Haus und auch nicht im Garten.", meinte Arwen und spielte nervös mit dem Stoff ihres Kleides.

"Sie muss noch irgendwo in Bruchtal sein, mit ihren Verletzungen kommt sie nicht weit. Am besten teilen wir uns auf und suchen sie.", schlug ich vor und erhielt ein zustimmendes Nicken. Alle packten ihre Sachen zusammen und wollten schon zur Tür rennen, als genau in dieser Iara stand. Sie trug ihre merkwürdige Kleidung und starrte uns mit verschränkten Armen misstrauisch an.

"Wen wollt ihr denn suchen?", fragte sie dann scheinheilig und Arwen sprang auf sie zu und umarmte sie stürmisch.

"Nein! AUA! Das tut weh.....", rief sie und drückte Arwen von sich weg. Ich blickte Iara ungläubig an. Was bildete sie sich eigentlich ein? Sie verschwand einfach so, wir machten uns Sorgen und dann tauchte sie einfach in der Tür auf.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und musste mich beherrschen meine Fassung nicht zu verlieren. Ich schlug keine Frauen, auch wenn sie noch so nervtötend waren.

"Wo wart Ihr? Wir haben uns Sorgen gemacht.", fuhr die sonst so ruhige Arwen die Schwarzhaarige an und diese hob abwehrend ihre verbundene Hand.

Ich musterte sie kurz. Nicht nur ihre Hand war verbunden, sondern auch ihre Schulter und Rücken und unter ihrem Oberteil schaute ebenfalls noch weißer Verband hervor. Auf ihrer Wange klebten drei Pflaster und ebenfalls auf ihrer Schläfe. Wie sie solche Verletzungen überleben konnte, war mir ein Rätsel. Und selbst dann, wenn sie nicht an den Wunden selbst gestorben wäre, dann spätestens an dem hohen Blutverlust. Aber jetzt stand sie da vor uns ohne Anzeichen von Schwäche oder sonstigen Merkmalen von Blutverlust.

"Ach, ich war spazieren. Und können wir uns nicht endlich duzen?", antwortete Iara und schaute unschuldig in die Runde.

"Natürlich können wir das. Aber sagt mir doch, wo Ihr spazieren gewesen seid? Ich habe Euch nämlich gesucht."

Iara seufzte leise, aber nicht überhörbar.

"Na gut, das nächste Mal werde ich mich abmelden. Ich war einfach nur im Garten und mit dem Duzen wird es wohl nichts.", meinte sie und wandte sich um.

"Ach ja....", murmelte sie und drehte sich noch einmal um. Ich folgte ihrem Blick und bemerkte wie sie Matt anschaute.

"Matt, kannst du mir einen Gefallen tun? Ich würde gerne tanzen, aber ohne Partner geht das schlecht und den Leuten hier will ich das nicht zumuten. Wärst du so freundlich?", fragte sie den verwirrten jungen Mann äußerst freundlich und dieser konnte nichts als nicken.

"Danke dir. Wir treffen uns dann im Speisesaal, der ist optimal."

Und mit diesen Worten drehte sie sich wieder um und wollte schon gehen, als vier Hobbits gleichzeitig losstürmten und sich an sie hängten.

"Du kannst tanzen? Zeigst du es uns? BITTE!", rief ein vierstimmiger Hobbit-Chor und Iara lachte leise.

"Natürlich, kommt mit.", stimmte sie zu und ging mit vor Freude singenden Hobbits aus der Bücherei.

"Was ist denn mit ihr los?", fragte ich irritiert und blickte Matt an, der mir nur ein Schulterzucken schenkte.

"Keine Ahnung, aber ich lasse sie mal lieber nicht warten. Diese Freundlichkeitsphase muss man ausnutzen. Wollt ihr mit?"

Fragend schaute Matt in die Runde und eigentlich interessierte es mich schon, ob sie es wirklich konnte oder nur so tat.
 

Iaras POV
 

Oh man, war das anstrengend so freundlich zu sein. Ich dachte wirklich, dass sie mich jetzt gleich anspringen würden. Dass man hier auch alles sagen musste, wenn man nur einmal weg wollte oder sonst etwas. Grausam....

Ich war doch nur spazieren. Drei Tage und Nächte im Bett liegen und nachdenken, war nicht gut für das seelische Gemüt. Welches seelische Gemüt?

Ich stand vor meinem Schrank und suchte meine Tanzsachen heraus. Ich grinste in mich hinein. Ich hatte für alles gesorgt.

Ich hatte Glück, dass meine Großmutter Geige spielen konnte und sie war gerne bereit uns musikalisch zu begleiten. Sie wollte schon immer sehen, wie ich tanzte. Als ob sie das noch nie getan hätte.....

Ich holte meine Schuhe aus dem Schrank und setzte mich auf das Bett, wo auch schon die Hobbits saßen und mich begeistert anschauten.

"Und du zeigst uns wirklich, wie man tanzt, Iara?", fragte Merry zum wiederholten Mal. Wenigstens sie hatten verstanden, dass wir uns duzen konnten. Ich lächelte und nickt.

"Natürlich.", bestätigte ich zum wiederholten Mal und wieder ging ein Freudengeschrei los, was mich lachen ließ.

Ich krempelte meine Jeans bis zu den Waden hoch, so dass es aussah als hätte ich eine ¾ Hose an und dann schlüpfte ich in meine Tanzschuhe. Ach, war das ein gutes Gefühl sie wieder an meinen Füßen zu haben. Ich hätte ja gerne meine schwarze Hose angezogen, aber meine Großmutter bestand darauf, dass sie erst gewaschen und geflickt werden musste. Nun gut, sie sah wirklich sehr mitgenommen aus und war voller Blut und.....

Ich schüttelte leicht den Kopf um die Erinnerungen an Himon und meinen ersten Kampf abzuschütteln. Ja nicht daran denken, war meine Devise. Natürlich, ich tat es schon wieder: ich verdrängte schon wieder. Ich verdrängte eigentlich so gut wie alles, aber ich sah keine andere Lösung. Mich jemandem anvertrauen wollte ich nicht; sie würden mich sowieso nicht verstehen.

Ich band mein Haar im Nacken zu einem lockeren Knoten, damit sie mich bei Drehungen nicht stören würden.

Mir war klar, dass ich noch lange nicht gesund genug war, um zu tanzen, aber ich brauchte jetzt Ablenkung, sonst würde ich hier eingehen.

Ich hoffte nur, dass der Blutverlust nicht allzusehr auf meinen Kreislauf schlagen wird, das wäre nicht wirklich angenehm.

Ich bemerkte es eigentlich schon jetzt. Der Spaziergang war wohl doch nicht so gut für mich gewesen, wie ich erhofft hatte. Ach, was sollte das Theater? Was sollte schon groß passieren?

Langsam stand ich auf und musste mich erstmal an die plötzliche Höhenluft gewöhnen. Ich machte ein paar wackelige Schritte und dann hatte ich wieder das vertraute Gefühl. Ich machte zur Probe noch schnell eine Drehung und gab mich zufrieden.

Schwungvoll drehte ich mich zu den Hobbits und lächelte sie auffordernd an.

"Na los, lasst uns gehen. Ich zeige euch dann ein paar Schritte, einverstanden?"

Und schon waren sie aufgesprungen, packten mich an der Hand und zogen mich singend in den Speisesaal, wo sich zu meiner Überraschung schon alle versammelt hatten.

Alle, aber auch wirklich ALLE, hatten es sich auf Stühlen bequem gemacht und schauten mich amüsiert an. Vorallem Legolas konnte sich ein spöttisches Lächeln nicht verkneifen. Na warte, Bürschen. Ihm würde ich es zeigen, genau hier und jetzt.

Ich wanderte suchend mit dem Blick umher und sah meine Großmutter am anderen Ende des Saals. Sie stimmte gerade ihre Geige und lächelte mir zu.

So langsam wurde mir doch mulmig. Hatte ich es mal wieder übertrieben?

Ich wollte doch nur eine halbe Stunde tanzen und nicht gleich ein Staatsakt daraus machen. Ich seufzte und führte die Hobbits zu den Stühlen.

"Setzt euch da hin und wartet auf mich. Matt und ich zeigen euch jetzt erstmal wie das aussehen kann.", meinte ich, bevor alle vier brav nickten und sich setzten.

Sie waren so niedlich. Wie kleine Kinder und obwohl ich Kinder nicht leiden konnte, waren sie mir schon richtig ans Herz gewachsen.

Ich richtete mich auf und schaute auffordernd zu Matt, der lässig in seinem Stuhl saß. So ein Macho. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen?!

"Seid ihr fertig?", fragte Bereth, die plötzlich hinter mir aufgetaucht war.

"Natürlich....", murmelte ich, als ich vor Schreck fast umgefallen wäre.

"Und du fühlst dich fit genug dazu? Was wollt ihr überhaupt tanzen?", löcherte sie mich und ich nickte erneut.

"Oma, mir geht es super. Habe mich nie besser gefühlt. Ich würde sagen, einen Walzer, einen ¾ Takt. Das dürfte für den Anfang reichen, oder Matt?", schlug ich fröhlich vor und Matt erhob sich.

"Wie Madame wünscht.....", nuschelte er und ich musste mich schwer beherrschen, meine Fröhlichkeit aufrecht zu erhalten.

Ich packte ihn nur wortlos an der Hand, zog in die Mitte des Saales und wir gingen in Tanzhaltung. Bereth begann zu spielen und es klang einfach zauberhaft, sie beherrschte ihr Instrument einfach. Ich schloß kurz die Augen und holte einmal tief Luft.

Einfach die Leute um dich herum vergessen, Iara. Jetzt zählt nur das Tanzen.

Und tatsächlich vergass ich alles um mich herum und als Matt anfing, ließ ich mich sogar bereitwillig führen. Ich gab mir Mühe, soviel Mühe wie nie zuvor. Ganz klar, ich wollte hier Eindruck schinden und es schien zu klappen.

Nichts außer dem Geigenklang war zu hören, vielleicht ab und zu das Klappern meiner Absätze, aber mehr auch nicht.

Und wir tanzten diesen Wienerwalzer perfekt, denn selbst die Linksdrehung verlief glatt, obwohl mir etwas schwindelig wurde.
 

Legolas' POV
 

Ich staunte nicht schlecht, denn dass sie so gut war, hatte ich nicht erwartet. Es überraschte mich wirklich und auch die Anderen blickten überrascht auf das tanzende Paar und die Hobbits waren hellauf begeistert.

Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme, während ich Iara beobachtete.

Sie schwebte förmlich über den Boden und jeder ihrer Schritte war perfekt und leicht. Mit ihr zu tanzen war sicherlich ein Vergnügen, obwohl sie sonst eine Nervensäge war.

Vielleicht sollte ich auch mal mit ihr Tanzen? Auch ich beherrschten diesen Tanz, er wurde mir, wie viele andere Tänze auch, zuhause beigebracht. Ich verabscheute es nicht, aber meine Lieblingsbeschäftigung war es auch nicht. Es gehörte nun einmal zur Etikette.

Ich zog leicht meine Augenbraue nach oben, als Iara kurz das Gesicht verzog.

Die Wunden machten ihr wohl doch noch ganz schön zu schaffen, aber sie wollte ja einmal wieder nicht hören.

Warum verdrängte sie nur immer alles? Und warum vertraute sie ihre Probleme keinem an? Hatte sie etwa Angst, dass wir sie auslachen oder nicht verstehen würden?

So ein Schwachsinn! Ich würde sie ja selbst darauf ansprechen, aber ich wusste, dass sie abblocken würde und außerdem hing ich an meinem Leben. Außerdem würde sie von der Klippe springen, als mit mir zu reden.

"Sie tanzt gut, nicht wahr?", fragte mich Gandalf und ich nickte.

"Sehr gut sogar.....", murmelte ich und ich sah aus denn Augenwinkeln, wie Gandalf schmunzelte.

"Was findest du so amüsant?", zischte ich ihm zu, doch er hob nur abwehrend die Hand und schaute weiter auf Matt und Iara. Was dachte er schon wieder? Wahrscheinlich das Falsche.....
 

Iaras POV
 

Warum war mir nur auf einmal so schwindelig? Ich werde doch jetzt nicht umkippen? Bloß nicht, dann blamierte ich mich doch noch mehr.

Ich schaute kurz zu den Anderen und bemerkte, dass auch Arwen und Aragorn ein Tänzchen wagten. Ich lächelte leicht, denn die Beiden tanzten gut.

Dann fiel mein Blick auf Gimli und die Hobbits, die auf eigene Faust versuchten, sich die Schritte beizubringen und dabei wurden sie von Gandalf tatkräftig unterstützt.

Plötzlich kam zu dem Geigenspiel noch ein Flötenklang hinzu und ich sah Elrond, der mit Bereth zusammen spielte.

Dann schaute ich zu Legolas, der mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl saß und sichtlich gelangweilt war.

"Matt? Gehe du einmal zu den Hobbits und Gimli und bringe es ihnen bei. Es sieht sonst ziemlich lächerlich aus.", forderte ich Matt auf und blieb stehen.

Matt stolperte, fiel aber nicht hin, und brummte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart.

"Hör endlich auf. Diesmal habe ich dich gewarnt und jetzt geh....", fauchte ich ihn an und schubste ihn in Richtung der Übenden. Ich selbst ging auf Legolas zu und baute mich vor ihm auf.

Ich hielt ihm einladend die Hand hin und lächelte ihn siegessicher an.

"Darf ich bitten?", fragte ich so höflich wie möglich und musste mich beherrschen, nicht laut los zu lachen: sein Gesichtsausdruck war einfach herrlich. Verwirrung mit einem Hauch Langeweile, einfach göttlich.

Nach kurzem Zögern nahm er meine Hand, stand auf und nickte.

"Gerne doch.....", murmelte er und ich grinste in mich hinein. Ist da etwa jemand verlegen?
 

Legolas' POV
 

Ich fiel aus allen Wolken, als sie auf einmal vor mir stand, ihre Hand ausgestreckt und mich zum Tanzen aufforderte.

Was war denn jetzt passiert? Hatte sie einen Schlag auf den Kopf bekommen oder warum war sie so nett zu mir?

Nach kurzem Zögern nahm ich dann doch ihre Hand und erhob mich. Ich wollte ja nicht so sein und meine Erziehung verbat es mir, ihre Aufforderung abzulehnen.

Sie führte mich in die Saalmitte und wir nahmen Tanzhaltung ein.

Ich staunte nicht schlecht über ihre perfekte Haltung. Sie war wirklich perfekt, gerade, aber nicht verkrampft.

Ihre rechte Hand lag locker in meiner und die verbundene linke Hand lag locker auf meinem Oberarm.

Ich warf noch einen letzten Blick zu den Anderen und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, als Gandalf und Matt versuchten Gimli die Tanzschritte beizubringen.

"Er lernt es. Auch Zwerge können tanzen.", meinte Iara plötzlich leise und ich schaute sie überrascht an.

Ihre grünen Augen waren direkt auf mich gerichtet und ich blickte hinein.

Ich konnte keinerlei Gefühl darin erkennen, es war als wären sie vollkommen erfroren. Was hatte sie durchmachen müssen, dass ihre Augen so kalt waren?

Augen waren der Spiegel der Seele, hieß es. Sah es in ihrer Seele denn auch so aus oder versteckte sie ihre Gefühle?

Bei der nächsten Gelegenheit begann ich zu tanzen und sie überraschte mich schon wieder, denn obwohl ihre Einstellung gegenüber Männern nicht die Beste war, ließ sie sich jetzt problemlos von mir führen.

Ich verstand diese Frau wirklich nicht, mal so und dann ganz anders.

Und ich schien recht gehabt zu haben: es war wirklich eine Freude mit ihr zu tanzen. Sie bewegte sich so geschmeidig und leichtfüßig, dass ich Angst hatte, sie würde gleich davonfliegen, wie eine Feder im Wind.

Als sie aus einer Drehung zurück in meinen Arm kam, bemerkt ich, dass sie die Augen geschlossen hatte. Tanzte sie etwa schon die ganze Zeit mit geschlossenen Augen? Dann beherrschte sie ihr Werk tatsächlich!

Aber als ich näher hinsah, erkannte ich, dass sie die Augen zusammengekniffen hatte und sofort hielt ich an. Keine Sekunde zu spät, denn im nächsten Moment knickten ihre Beine ein und ich hielt eine bewusstlose Iara in den Armen.

Auch die Musik stoppte sofort und Bereth rief panisch: "Legolas, was ist los?"

Ich hob das bewusstlose Mädchen auf und schaute auf ihre Verbände, auch das noch.

Alle Wunden waren wieder aufgegangen, die Verbände waren schon mit Blut getränkt. Es war doch vorhersehbar gewesen, warum hatten wir nichts unternommen? Warum tat sie sich so etwas an?

Die Anderen waren näher getreten und schauten Iara besorgt an, nur Bereth und Matt nicht. Bereth schaute wütend und verletzt, während Matt vollkommen eiskalt reagierte.

Ich verstand die Menschen nicht. Jemand war schwer verletzt und es kümmerte sie nicht, entweder waren sie wütend oder es berührte sie überhaupt nicht.

Was ging nur in den Köpfen dieser Lebewesen vor? Um ehrlich zu sein: ich wollte es gar nicht wissen.

"Arwen, ich brauche deine Hilfe.", sagte ich zu der Elbe, die mir gegenüber stand und sie nickte sofort.

Eilig trug ich Iara in ihr Zimmer und ließ dann Arwen bei ihr. Auch Bereth ließ es sich nicht nehmen, bei ihrer Enkelin zu sein. Wenn ich sie versorgen würde und sie das jemals heraus bekam, dann wäre ich ein toter Mann.

Langsam und mit verschränkten Armen ging ich zurück zu den Anderen, die noch immer im Saal saßen und miteinander diskutierten.

Als ich die Tür öffnete, wurde ich gleich von vier enttäuschten Hobbits überfallen, die mich mit Fragen löcherten.

"Meine Freunde, ich weiß es doch nicht. Wartet bis Arwen und Bereth wieder kommen. Sie können euch bestimmt mehr sagen.", unterbrach ich den lauten Redeschwall und die Hobbits verschränkten alle die Arme und schauten mich mit dem gleichen beleidigten Gesichtsausdruck an.

"Jetzt schaut doch nicht so. Ich kann doch auch nichts dafür.....", versuchte ich sie verzweifelt zu besänftigen, aber sie wandten sich ab und gingen zu ihren Stühlen zurück und das alles gleichzeitig.

Mit dieser Nummer konnten sie wirklich im Zirkus auftreten und berühmt werden.
 

Bereths POV
 

"Was hast du dir nur dabei gedacht? Sei froh, dass nichts schlimmeres passiert ist.", schimpfte ich meine Enkelin aus, die sich von Arwen gerade die Hand neu verbinden ließ. Sie war gleich wieder aufgewacht, als Legolas das Zimmer verlassen hatte, komischer Zufall.

Ich schaute sie wütend an, aber sie schaute einfach durch mich hindurch, als wäre ich gar nicht da.

"Ist ja nichts schlimmeres passiert. Was regst du dich so auf?", kam dann die plötzliche Frage und ich zuckte zusammen, nicht aus Überraschung, sondern aus Wut. Was dachte sich dieses Kind eigentlich? Ist ihr denn nichts heilig?

Sie redet mit anderen, mit Adligen, als wären sie einfache Leute. Sie beleidigt Matt, der doch nichts getan hat und auch Legolas musste schon herhalten. Sie hat keinen Respekt vor Gandalf und wenn ich nicht aufpassen würde, dann würde sie auch noch Elrond beleidigen. Sie scheint ihr Leben tatsächlich aufgeben zu wollen, denn ich hatte ihre Unterarme gesehen.

Es war mir schon früher aufgefallen, aber dass sie ausgerechnet hier wieder damit anfangen würde, dass ging nun wirklich zu weit.

"Ich rege mich auf, weil du dein Leben einfach so wegschmeißt.", erwiderte ich mühsam beherrscht.

Ich warf einen raschen Blick zu Arwen, die gerade den Verband festmachte und sich erhob. Ich warf ihr einen entschuldigenden Blick zu, es tat mir wirklich Leid, dass sie das hier miterleben musste.

"Ich schmeiße mein Leben nicht weg. Da gibt es nichts wegzuschmeißen, weil ich kein Leben habe.", war dann auch noch die unschuldige Antwort von Iara.

Ich hatte ja immer viel Geduld mit ihr gehabt, weil ich wusste, dass sie es nicht leicht hatte, aber jetzt ging sie eindeutig zu weit.

"Arwen, würdest du uns bitte alleine lassen.", bat ich die Elbe, die sich auch sofort zurückzog.

Als die Tür ins Schloß fiel, wandte ich mich wieder Iara zu, die auf ihrem Bett saß und vor sich hin starrte.

"Was hast du für ein Problem, Iara? Ich weiß, dass du es nicht leicht hattest und deine Lage hat sich jetzt auch nicht wirklich gebessert. Aber ist das wirklich ein Grund, sich auf diese Art und Weise zu verletzten und andere zu verletzten?", schrie ich sie an, doch sie reagierte nicht einmal.

"Ich rede mit dir, junges Fräulein."

Ich zog die Augenbrauen skeptisch nach oben, als sie sich erhob und sich zu mir drehte.

Ich erschrak, als sie mich mit kaltem und starren Blick ansah, mir gefror fast das Blut in den Adern.

"Was ich für ein Problem habe? Das fragst du auch noch? Ich bin in Mittelerde gelandet mit einem Typen, den ich auf den Tod nicht ausstehen kann. Ich muss irgendwelche Steine zusammen suchen, weil meine Mutter zu blöd war, darauf aufzupassen. Ich halte meinen Arsch für eine Tote hin, die eigentlich in dieser Höhle hätte sein müssen und sich ihre Vergangenheit vor Augen hätte führen lassen müssen. Ich bin diejenige, die auf eine solche Art und Weise verletzt wird und ich schlage nur zurück. Dass Matt und Legolas so bescheuert sind, dafür kann ich auch nichts. Mein Leben ist beschissen UND DU FRAGST MICH WAS ICH FÜR EIN PROBLEM HABE!?"

Am Ende ihrer Ausführungen war ihre Stimme lauter geworden und sie klang hysterisch. Sie war auf mich zu geschritten, hatte die Hände zu Fäusten geballt, dass die Finger ganz weiß waren. Aus der unverbunden Hand tropfte Blut auf den Boden, sie hatte sich wohl ihre Fingernägel so tief ins Fleisch gerammt.

Sie hatte das Gesicht schmerzlich verzogen, aber kein Wort darüber kam über ihre Lippen, aber sie war selbst Schuld. Warum krallte sie auch in ihre Wunde? So würde sie nie verheilen.

"Wie kannst du es wagen, deine Mutter zu verspotten. Sie hat ihr Leben für dich aufgegeben, meine Liebe. Sei wenigstens ein bißchen dankbar. Ohne sie würde es dich nicht geben auf dieser Welt. Du wärest jetzt und hier nicht vor Ort und ich weiß, dass deine Vergangenheit nicht rosig war, aber lass sie ruhen."

Jetzt war ich an der Reihe zu schreien, nicht nur sie konnte ihr Organ zu Gehör geben.

"Ich habe nicht darum gebeten auf der Welt zu sein und außerdem hat sie sich wegen meinem Erzeuger entschieden von hier fortzugehen oder was auch immer. Es ist also diesmal nicht MEINE Schuld, dafür ist sie selbst verantwortlich. Und nein, rosig war sie nicht und ich kann sie nicht einfach so vergessen. Der Schmerz und die Demütigung sitzt einfach zu tief in meiner Seele um es vergessen zu können."

Sie schrie nicht mehr, aber ihr jetziger Ton gefiel mir noch weniger. Sie sprach leise und deutlich, aber ihre Stimme klang kalt und gefühllos.

Mir wäre es jetzt wirklich lieber, wenn sie schreien, brüllen, sich wie eine Furie benehmen würde, aber sie tat genau das Gegenteil und das beunruhigte mich. Sie war ernsthaft wütend und wenn ich nicht aufpasste, dann würde sie sogar auch mich verletzen, ihre eigene Großmutter.

"Nein, natürlich ist es nicht deine Schuld, aber....", versuchte ich zu retten, was zu retten war, aber sie schnitt mir mit einer Handbewegung das Wort ab.

"Dann behaupte es nicht. Behaupte niemals mehr Dinge, die nicht der Wahrheit entsprechen.", zischte sie mir zu und funkelte mich aus ihren grünen Augen gefährlich an. Jetzt wurde es wirklich gefährlich, wenn sie anfing, sich gewählt auszudrücken, konnte man sicher gehen, dass sie gleich explodierte.

"Und jetzt...", fing sie an und streckte ihre Hand aus. "Und jetzt gibst du mir MEINE Steine zurück. Sie gehören mir, einen schenktest du mir und für den anderen musste ich buchstäblich über Leichen gehen. Also gib sie mir!"

"Über Leichen gehen?", fragte ich erstaunt und kramte in meiner Tasche.

"Oh ja, du weißt es ja noch gar nicht. Deine geliebte Iara ist eine Mörderin. Sie hat einen Menschen getötet und es hat ihr für den Moment sogar gefallen, bis sie einsehen musste, was für ein Monster sie doch ist."

Ich holte die Steine aus der Tasche und legte sie in ihre Hand. Jetzt nichts wie weg, denn jetzt fing sie an in der dritten Person zu sprechen - Alarmstufe rot.

"Danke!", fauchte sie und zog die Hand zurück. Kurz betrachtete sie die Steine in ihrer Hand und dann wand sie ihren eiskalten Blick wieder mir zu.

"Du gehst jetzt besser. Ich bin müde und will schlafen."

Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Ich ließ mich nicht zweimal bitten. Ich öffnete die Tür und drehte mich noch einmal um.

Sie stand immer noch an ihrem Platz und durchbohrte mich mit ihrem Blick.

"Schlaf schön...", murmelte ich, ging rasch aus dem Zimmer und schloß die Tür.

Draußen legte ich mir erst einmal die Hand aufs Herz, bevor ich mich auf den Weg zu den anderen machte.

So wütend hatte ich sie noch nie erlebt und ich wollte es auch nie wieder. Ich würde die Anderen warnen, nicht dass sie noch etwas falsches taten oder sagten.

Ich wollte nicht, dass einer durch Iara verletzt wurde, denn das würde sie sich selbst auch nicht verzeihen können.

Kapitel 13

Das ist das Verdammte an den kleinen Verhältnissen, daß sie die Seele klein machen. (Ibsen)
 

Kapitel 13
 

"Sie ist schon wieder verschwunden.", rief Arwen und lief Aragorn und mir entgegen.

Ich seufzte genervt und auch Aragorn konnte sich einen etwas entnervten Gesichtsausdruck nicht verkneifen. Wenn ich das jetzt jeden Tag zu hören bekommen würde, dann würde ich noch ausrasten.

Konnte dieses Mädchen nicht einmal da bleiben, wo sie sein sollte? Musste sie immer abhauen?

Schwer atmend kam Arwen vor uns zum Stehen und wedelte mit einem Zettel vor unsere Nase herum.

"Aber diesmal hat sie eine Nachricht hinterlassen. Lest mal.", meinte sie und drückte Aragorn den Zettel in die Hand, der erstaunt zu lesen begann.

Ich schaute über seine Schulter und las ebenfalls.
 

Liebe Aufpasser!
 

Da ihr eure Pflicht leider zu ernst nehmt und sogar Wachen vor meiner Tür postiert habt, bin ich einfach aus dem Fenster geklettert.

Glaubt ihr ernsthaft, dass ihr mich einsperren könnt? Also wirklich....

Nun gut, auf jeden Fall bin ich mit Faer und Thôr, wie ihr vielleicht bald feststellen werdet, weg.

Keine Panik, ich komme zurück, irgendwann zumindest.

Und wehe, ihr sucht mich!
 

Iara
 

"Aufpasser" hatte sie geschrieben, von wegen Aufpasser!

Für dieses Gör brauchte man eine ganze Armee zum Aufpassen, denn da waren wir machtlos.

Aber das mit den Wachen stimmte. Bereth hatte wirklich Wachen vor ihre Tür stellen lassen. Sie hatte uns gestern Abend, als wir alle zusammen saßen, erzählt, was in Iaras Zimmer vorgefallen war. Ich hatte nur wieder über die Dummheit der Menschen in solchen Situationen nachgedacht.

Anstatt sich in Ruhe zu lassen, gingen sie aufeinander los wie primitive Orks.

Und sie würde zurückkommen, irgendwann zumindest. Das ich nicht lachte!

Die kam nicht wieder, soviel stand fest. Und das wir sie nicht suchen würden, das konnte sie sich auch abschminken. Natürlich würden wir sie suchen, was dachte sie denn von uns? Dass wir sie in Mittelerde ganz alleine herumirren ließen? Auf gar keinen Fall.

Aber ihr Brief hatte meine Laune wirklich gebessert. Sie dachte wirklich, sie könne uns für dumm verkaufen. Jetzt kam wieder etwas Bewegung in den tristen Alltag.

"Sie hat fast alle ihre Sachen mitgenommen. Ihre Waffen natürlich und Proviant. Ich habe nachgefragt, sie scheint ganz früh geritten zu sein, denn keiner konnte mir sagen, wann und wohin sie geritten ist. Und sie hat tatsächlich Thôr und Faer mitgenommen. Und was machen wir jetzt? Wo sollen wir anfangen zu suchen?"

Arwen war völlig aufgelöst. Sie schien sich wirklich Sorgen um Iara zu machen. Hatte die Elbe das Mädchen ins Herz geschlossen?!

Natürlich, Arwen mochte sie wirklich, laut Aragorn zumindest.

"Am besten teilen wir uns auf. Weit kann sie ja wohl kaum gekommen sein. Sie kennt sich nicht aus und am besten sagen wir den Anderen noch nicht Bescheid, sie würden sich nur unnötige Sorgen machen. Wahrscheinlich erlaubt sie sich einen Scherz und ist gar nicht weit von Bruchtal fort geritten.", meinte ich gelassen, nahm Aragorn den Zettel aus der Hand und las ihn erneut durch.

"Natürlich will sie uns für dumm verkaufen. Wenn sie wirklich vorgehabt hätte abzuhauen, dann hätte sie keine Nachricht hinterlassen und wäre bei Nacht und Nebel gegangen. Und außerdem hat sie geschrieben, dass sie zurückkommen will.", redete ich, mehr oder weniger, mit mir selbst und faltete den Zettel zusammen.

"Nun gut, dann suchen wir. Arwen sucht nochmal in Bruchtal selbst, Legolas nimmt den Wald und ich die offene Ebene.", schlug Aragorn vor, aber es war doch mehr ein Befehl.

Gemeinsam liefen wir zum Stall, von dort verabschiedete sich Arwen. Sie ging aber nicht, bevor sie noch einmal laut ihre Zweifel Kund getan hatte, dass Iara in Bruchtal sei. Auch ich bezweifelte es, aber man sollte alles absuchen. Wahrscheinlich rechnete Iara damit, dass wir sie in Bruchtal vermuteten.

Wir sattelten rasch unsere Pferde und galoppierten aus Bruchtal hinaus. Aragorn ritt in die Ebene und ich lenkte Iavas in den nahegelegenen Wald. Wäre doch gelacht, wenn wir sie nicht finden würden....
 

Iaras POV
 

"Es klappt einfach nicht. Was mache ich denn falsch?"

Völlig genervt und erschöpft setzte ich mich ins Gras und schaute zu Thôr, der auf einem Ast saß und mich fragend anblickte. Faer hatte ich von Zaumzeug und Sattel befreit und ließ ihn frei herumlaufen. Hier im Wald würde uns niemand finden.

Hätte ich vielleicht keinen Zettel schreiben sollen? Natürlich würden sie mich suchen. Wahrscheinlich kochte Bereth und Matt und Legolas lachten sich bestimmt tot, während Gandalf sich einen neuen bösen Blick und eine Strafpredigt ausdenken würde. Ach, was sollten die Zweifel? Sie würden mich nicht finden, dafür sorgte ich schon, denn so lange Faer und Thôr mich nicht verraten würden, war ich hier sicher und das taten sie mit Sicherheit nicht.

Der eigentlich Grund meines Versteckspieles war eigentlich absurd: ich wollte einfach nicht in die Nähe meiner Großmutter. Dafür hätte ich auch in Bruchtal bleiben können, war ja groß genug.

Aber der Streit vom Vortag ging mir nicht mehr aus dem Kopf und Bruchtal erinnerte mich nun einmal daran. Also hatte ich in aller Frühe meinen Rucksack gepackt, war in den Stall geschlichen und hatte mir Faer geliehen.

Thôr hatte mich dann überrascht und ich dachte schon, Bereth würde jeden Moment um die Ecke kommen, aber sie kam nicht, also nahm ihn den Adler einfach mit. Reine Vorsichtsmaßnahme! Nicht, dass er Bereth herführte, denn das wäre schrecklich. Eigentlich wollte ich nur rumsitzen und Musik hören, aber dann dachte ich mir, dass ich doch trainieren könnte, sowohl mit den Waffen, als auch mit den Steinen.

Ich fühlte mich zwar noch nicht ganz fit, aber für ein paar kleine Übungen reichte es. Und ich machte ja genügend Pausen, also konnte nichts passieren.

Gerade hatte ich mit dem Feuerstein geübt, aber es klappte nicht. Ich konnte keine Feuerkugel heraufbeschworen oder seine zusätzliche Kraft verwenden.

Es war zum Haare raufen! Den Wasserstein beherrschte ich zwar auch noch nicht gut, aber seine zusätzliche Kraft und die Macht über das Wasser selbst, ging mir besser von der Hand als das Feuer.

Feuer und Wasser, unterschiedlicher konnten die beiden nicht sein.

Seufzend nahm ich meine Kette ab und befestigte den Rubin, genauso wie den Aquamarin, daran und stand wieder auf. Dann würde ich jetzt eben mit den materiellen Dingen Vorlieb nehmen.

Ich holte meinen Bogen und die Pfeile. Während ich mir den Köcher über die Schulter warf, blickte ich noch einmal zu Thôr, der mir aufmunternd zu krächzte, so kam es mir zumindest vor.

Schade, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Er würde mir sicher helfen können.

Ich hatte immer noch mit niemandem über die Ereignisse in der Höhle gesprochen und fraß alles in mich hinein. Ich fühlte mich nicht gut dabei und unterdrückte den Schmerz und das Verlangen mich wieder zu ritzen. Das war doch auch keine Lösung. Aber was war eine Lösung?

Mit jemandem reden konnte und wollte ich nicht. Wer würde mich denn verstehen?

Bereth? Nein, nach der gestrigen Aktion würde ich nicht mehr mit ihr reden.

Arwen? Vielleicht, ich mochte die Elbe wirklich. Sie war mir eine große Hilfe in Sachen Wunden versorgen.

Die Hobbits? Gimli? Elrond? Niemals, die würden das auf gar keinen Fall verstehen.

Aragorn? Mal sehen, er schien eigentlich relativ vernünftig.

Matt oder Legolas? UM GOTTES WILLEN, das wären nun wirklich die Allerletzten zu denen ich gehen würde.

Ich schüttelte den Kopf um alle Gedanken loszuwerden, nahm einen Pfeil aus dem Köcher, legte ihn in den Bogen und spannte die Sehne. Ich zielte auf einen Baumstamm und konzentrierte mich. Genau den musst du treffen, Iara. Wenn du den triffst, dann bist du schon ein ganzes Stück weiter.

Ich vergewisserte mich, dass ich auch richtig gezielt hatte und ließ dann die Sehne los. Sofort schoß der Pfeil nach vorne und verfehlte sein Ziel um Haaresbreite.

"Verdammt!", fluchte ich laut und nahm den nächsten Pfeil zur Hand. Genau das selbe Spiel, genau das selbe Ergebnis.

Ich schoß noch insgesamt viermal daneben und beim fünften Versuch flog der Pfeil keine drei Meter vor mir in den Boden.

"MIST!", schrie ich und pfefferte den Bogen auf den Boden.

"Ich werde das nie lernen. Es ist zum verrückt werden. Wieso sieht das bei dem blöden Elb so leicht aus?"

Ich steigerte mich so in die Wut über mein Versagen, dass ich nicht bemerkte, wie mein Feuerstein reagierte. Keinen Augenblick später hatte ich eine kleine Feuerkugel in der Hand, die mich herausfordernd angrinste, so bildete ich es mir zumindest ein.

"Verstehe...", murmelte ich, während ich auf die Kugel in meiner Hand starrte.

"Es hängt also von meiner Laune ab. Wenn ich Wut oder Hass verspüre, dann geht es leichter, als wenn ich es so versuche."

Ich ließ das Feuer über meine Finger gleiten, dann meinen Arm rauf und wieder runter.

Dann schnappte ich kurz meine Hand zu und die Kugel verschwand.

"Gar nicht heiß....", murmelte ich zufrieden und wollte es auch gleich mit dem Wasser ausprobieren. Ich konzentrierte mich auf den Aquamarin und dachte an Matt. Der Hass, der dabei in mir aufstieg, ließ die Wasserkugel etwas größer ausfallen, als ich es eigentlich wollte, aber immerhin hatte es funktioniert und ich war stolz auf meine Leistung.

Ich schickte die Wasserkugel mit einer scheuchenden Armbewegung in den Himmel und ließ sie von dort hinunter auf die Erde fallen, wo sie zerplatzte.

Jetzt hatte ich sogar den Rasen gegossen und ich nickte zufrieden.

Dann nahm ich meinen Bogen erneut zur Hand, legte einen Pfeil ein, spannte die Sehne und zielte. Diesmal ließ ich mir länger Zeit und ließ dann erst die Sehne los. Und tatsächlich, der Pfeil traf sein Ziel.

Als plötzlich ein Klatschen ertönte, fuhr ich erschrocken um und im nächsten Moment hatte der Klatschende einen Pfeil neben seinem Kopf stecken, in einem Baum versteht sich.
 

Legolas' POV
 

Ich hatte wohl doch nicht ganz Unrecht gehabt, denn sie war tatsächlich nicht weit von Bruchtal entfernt. Auf der Lichtung stand sie und übte das Bogenschießen. Es sah nicht schlecht aus, aber sie schoß ganze fünfmal daneben.

Am liebsten hätte ich laut losgelacht, aber ich ließ es bleiben. Warum sollte ich sie wütend machen?

Ich zog es vor, ihre Versuche noch etwas zu beobachten. Ihre Aussage "blöder Elb" überhörte ich großzügig, denn ich wollte ja nicht so sein.

Ich hatte mich hinter einem Baum versteckt und warf einen kurzen Blick auf Thôr, wenn er mich entdeckte, dann war ich tot.

Faer war nirgends zu erkennen, wahrscheinlich lief er irgendwo im Wald herum, denn sein Sattel und sein Zaumzeug lagen unter einem Baum, genauso wie ihr Rucksack und das Schwert. Als sie den kostbaren Bogen dann auf den Boden pfefferte, wäre ich fast aus meinem Versteck gesprungen. Wie ging sie denn mit ihrer Waffe um? Das war ungeheuerlich.

Und dann stand sie eine ganze Weile nur so da, bis sie sich etwas in meine Richtung drehte und ich erkennen konnte, was sie tat: sie spielte mit einer Feuerkugel.

Also, diese Frau war einfach unglaublich. Hatte man ihr nicht beigebracht, dass man mit Feuer nicht spielte? Und schon gar nicht im Wald?

Eines schwor ich, wenn sie irgendwas anzündete, dann war sie dran.

Aber nach kurzer Zeit ließ sie die Feuerkugel, zu ihrem Glück, in ihrer Hand, verschwinden, nur um sie durch eine Wasserkugel zu ersetzten.

Sie übte wohl die Macht ihrer Steine zu kontrollieren und richtig einzusetzen.

Um so besser, dann würde nicht ein Unschuldiger irgendwann eine Kurzschlussreaktion zu spüren bekommen.

Als sie das Wasser gen Himmel schickte, erhaschte ich einen Blick auf ihren verträumten Gesichtsausdruck. Wie sie da auf der Lichtung stand und in den Himmel blickte, sah sie so friedlich aus, richtig zerbrechlich.

Erst als sie ihren Bogen wieder aufhob, konnte ich meine Gedanken und meine Blicke von ihr losreißen. Sie schien es erneut versuchen zu wollen. Langsam und bedächtig legte sie den Pfeil ein, spannte die Sehne und konzentrierte sich auf das Ziel. Und als der Pfeil dann tatsächlich sein Ziel traf, konnte ich nicht anders: ich trat hinter dem Baum hervor und klatschte.

Ich bereute meine Tat Sekunden später, denn schon wieder bohrte sich ihr Pfeil neben meinem Kopf ins Holz.
 

"Spinnt Ihr? Mich so zu erschrecken? Schon zum zweiten Mal!", schrie sie mich auch gleich an und ich erwachte aus meiner Trance. Ich zog den Pfeil aus dem Baum und entschuldigte mich in Gedanken bei ihm. Der arme Baum konnte nun wirklich nichts dafür.

"Außerdem habe ich geschrieben, dass Ihr mich NICHT suchen sollt! Könnt Ihr nicht lesen, oder was?", giftete sie weiter und funkelte mich wütend an.

Langsam kam ich auf sie zu und gab ihr den Pfeil zurück, den sie mir gleich aus der Hand riss. Ich zuckte kurz zusammen, als die Spitze mir in die Haut ritzte, nicht aus Schmerz, eher aus Überraschung.

"Natürlich kann ich lesen. Aber Ihr glaubt doch nicht allen Ernstes, dass wir Euch nicht suchen würden, nur weil Ihr es geschrieben habt.", antwortete ich ihr geduldig und blickte ihr in die grünen Augen.

"Doch, das hatte ich eigentlich erwartet.", sagte sie trotzig und verschränkte die Arme. Ich schaute sie verblüfft an. Das war doch jetzt nicht ihr Ernst gewesen? Nein, natürlich nicht. Sie verspottete mich bloß, wie immer.

"Dann wäre es wohl besser gewesen, Euch im Wald bei den Wölfen und den Orks zu lassen.", meinte ich total unschuldig, doch sie zuckte nur die Schultern.

"Bitte! Das macht mir nichts aus.", erwiderte sie ohne eine Spur von Angst oder Nervosität in ihrer Stimme.

"Das ist doch nicht Euer Ernst?", fragte ich sie gleich überrascht und sah wie sie grinste.

"Doch, eigentlich schon. Zeigt mal her.", sagte sie und griff nach meiner Hand.

"Ach, halb so schlimm. Wartet kurz.", murmelte sie, ließ meine Hand los und rannte zu ihrem Rucksack.

Was hatte sie jetzt vor? Ich starrte auf meine Hand und schüttelte den Kopf. Wegen so einem Kratzer machte sie einen Aufstand. Was war nur los? Tat ihr die Einsamkeit im Wald nicht gut?

Als sie zurück kam, hatte sie ein Pflaster in der Hand und ich war noch überraschter. Machte sie sich etwa Sorgen? Wegen so einem Kratzer? Und noch dazu um mich, den sie eigentlich gar nicht leiden konnte?

"Ich brauche kein Pflaster. Ist doch nur ein Kratzer...", versuchte ich sie abzuhalten, doch sie schnappte sie meine Hand, wischte das bißchen Blut weg und klebte dann das Pflaster darüber. Es erstaunte mich, wie vorsichtig sie das tat. Also würde gleich meine Hand abfallen.

"War doch gar nicht so schlimm. Und jetzt könnt Ihr wieder gehen."

Ich fiel aus allen Wolken, dieses kleine Biest.

"Ich werde nicht gehen, nur wenn Ihr mitkommt.", sagte ich trotzig und verschränkte die Arme.

"Macht sie da jemand Sorgen?", flötete sie und grinste mich frech an.

"Ich mache mir keine Sorgen um Euch!", wehrte ich mich, doch sie grinste nur und winkte ab.

"Schon in Ordnung. Ich wollte sowieso bald nach Hause kommen."

Nach Hause? Wieso nannte sie Bruchtal ihr zuhause? Hatte sie sich etwa damit abgefunden, dass sie hier bleiben würde?

"Warum nennt Ihr Bruchtal Euer zuhause?", fragte ich sie dann geradewegs.

Sie schaute mich leicht verwirrt an und zuckte dann die Schultern.

"Weil ich ja wohl hier bleiben muss.....", murmelte sie dann und wandte sich ab.
 

Iaras POV
 

Warum stellte er so komische Fragen? Das ging ihn doch wohl wirklich nichts an.

Soweit ich mich erinnern konnte, kam er aus Düsterwald und ich hoffte, dass er bald wieder dorthin verschwinden würde, dann würde ich ihn niemals wiedersehen.

Ich seufzte leise und ging zu meinem Rucksack, setzte mich unter den Baum und aß ein Stück Brot, dabei starrte ich abwesend und gedankenverloren in den Himmel und seufzte noch einmal.

Ich verstand immer noch nicht, warum ausgerechnet ich in so einer aussichtslosen Situation stecken musste. War ich denn nicht gestraft genug? Oder warum wurde ich so bestraft? Was hatte ich getan? Ich wusste es nicht und es brachte auch nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ich würde die Antwort sowieso niemals erhalten.

"Was ist in der Höhle vorgefallen? Warum quält Ihr euch so?", riss mich Legolas' Stimme aus meinen Gedanken und ich starrte ihn fragend an.

Er hatte sich vor mich gekniet und seine blauen Augen blickten direkt in meine. Ich konnte Besorgnis darin ablesen und ich musste leicht grinsen.

"Ihr macht Euch doch Sorgen!", rief ich dann, was ihn vor Schreck aus dem Gleichgewicht brachte und er nach hinten auf seinen Hintern fiel.

"Nun gut, ich mache mir Sorgen. Das ist doch aber verständlich bei Eurem Verhalten.", murrte er und setzte sich dann mir aufrecht gegenüber.

"Wieso? Wie verhalte ich mich denn?", fragte ich ihn unsicher und ein mildes Lächeln legte sich auf seine Lippen.

"Ihr verdrängt alles, Sorgen, Ängste, Probleme. Ihr müsst unbedingt mit jemandem darüber sprechen, sonst geht Ihr daran zugrunde."

Ich zog skeptisch eine Augenbraue nach oben und musterte ihn. Ich verdrängte überhaupt nichts. Und wenn schon, was interessierte es ihn? Sollte ich etwa mit ihm reden? Wohl kaum......

"Ich verdränge doch gar nichts. Was sollte ich denn verdrängen? Nichts, also muss ich auch mit niemandem reden."

"Was ist in der Feuerhöhle passiert? Erzählt es mir, bitte."

Wieso kam er jetzt auf einmal auf dieses Thema zu sprechen? Das war doch ein alter Hut und über alte Hüte sprach man nicht. Dann würde ich in der Vergangenheit leben und das wollte ich nicht mehr.

"Es ist überhaupt nichts passiert. Ich wollte mir den Stein holen, aber der Wächter war nicht ganz einverstanden damit. Wir haben ein bißchen gekämpft und ich habe ihn dann getötet.", berichtete ich mit gelangweilter Stimme, als wäre es eine alltägliche Sache, Menschen zu töten, auch wenn sie Untote waren.

Ich kaute auf meiner Unterlippe und spielte nervös, aber so unauffällig wie möglich, mit den Fingern. Ich hielt mich immer noch für ein Monster und die Erinnerung an Himon und die Geschehnisse jagten mir kalte Schauer über den Rücken. Eigentlich wollte ich es vergessen, aber ich schaffte es nicht.

Vielleicht hatte der Herr Prinz Recht und ich verdrängte es wirklich!?

"Das war doch aber sicherlich nicht alles.", meinte Legolas misstrauisch und musterte mich.

Jetzt bloß nichts anmerken lassen, Iara. Bleib cool, du packst das schon.

"Doch, das war alles. Und wie Ihr dann gesehen habt, habe ich den Stein ja dann bekommen. Es war zwar schwierig, aber ich schaffe eben alles, was ich will."

"Gehört dazu auch, alles zu verdrängen? Gefühle zu verstecken und eine Mauer um sich zu bauen?"

Was sollte jetzt dieser Psycho-Kram? Wollte er mich irgendwie irre machen?

"Ich verstecke meine Gefühle nicht und ich habe auch keine Mauer gebaut. Ihr habt wirklich eine blühende Phantasie, Legolas!", lachte ich und schüttelte den Kopf.

"Ich bilde mir das nicht ein. Ich mauert und wie ihr mauert. Jetzt schon wieder. Ich baut eine riesige Mauer um Euch herum und verkriecht Euch zusätzlich in einem Schneckenhaus. Ihr habt Angst vor der Welt, die Euch draußen erwartet."

Verdammt, konnte der einen gut durchschauen. Hatte er einen sechsten Sinn oder so? Ach nein, er war ja ein Elb und Elben merken so etwas oder wie war das?

Auf jeden Fall mochte ich es nicht, er kam mir gefährlich nahe, zu nahe.

"Es wäre unlogisch mich selbst einzusperren, auch wenn es nur in meinem Kopf ist. Ich mag es nicht, eingesperrt zu sein, weder physisch noch psychisch. Und Angst habe ich mir Sicherheit nicht. Ich habe vor nichts Angst, nicht einmal vor Untoten oder sonst etwas. Habt Ihr vor etwas Angst?"

Ich stellte mit Zufriedenheit fest, dass er sich die Zähne an mir ausbiss.

Aus mir würde er kein Wort heraus bekommen. Er hatte schon mitbekommen, dass ich mich geritzt hatte, da musste er nicht noch mehr wissen.

"Natürlich habe auch ich Angst vor Dingen, die ich jetzt nicht näher erläutern werde. Es geht jetzt immer noch um Euch, nicht um mich. Und wenn Ihr nicht aufhört, Eure Gefühle zu verdrängen, dann werdet Ihr bald keine Gefühle mehr haben, die Ihr verdrängen könnt. Dann werdet Ihr innerlich tot sein.", meinte er bitter und er meinte das durchaus ernst.

Ich schaute ihn verwirrt an und sein Gesichtsausdruck zeigte keinerlei Anzeichen davon, dass er mich gerade verarschte. Nein, er meinte das völlig ernst.

Er machte sich tatsächlich Sorgen um mich, wie niedlich. Hallo Sarkasmus!

"Wer braucht schon Gefühle? Sie machen einen schwach und verletzbar. Ich verzichte auf den Luxus, Gefühle zu haben.", antwortete ich ihm dann genauso ernst und erhob mich.

"Genug geredet, lasst uns zurückreiten. Es wird Zeit...", forderte ich ihn auf und pfiff nach Faer, der auch sofort aus dem Gebüsch getrabt kam.

"Na, Dicker. Wo warst du?", begrüßte ich ihn und er schnaubte als Antwort.

Während ich mein Pferd sattelte, hatte auf Legolas sein Pferd gerufen und saß bereits auf.

"Thôr? Wo bist du?", rief ich nach meinem Adler und mit einem Kreischen flog er auf meine Schulter.

"Da bist du ja...", murmelte ich und streichelte ihm kurz über den Kopf, dann stieg ich auf und ritt an Legolas vorbei.

Warum hatte er mich so durchschaut? Ich versuchte wirklich alles, um meine Maske aufrecht zu erhalten, aber er kam einfach daher und schaute dahinter. Wie war das möglich?

Ich seufzte und war mir eins im Klaren: vor diesem Elb musste ich mich höllisch in Acht nehmen, sonst würde er meine ganze Fassade einreißen und ich stand hilflos da.

Kapitel 14

Anywhere, but home. (Evanescence)
 

Kapitel 14
 

Wir kamen in Bruchtal an, bevor mein Verschwinden bemerkt wurde. Das erleichterte mich ungemein, weil ich einen weiteren Streit mit meiner Großmutter nicht aushalten würde, ich würde völlig ausrasten. Ging das überhaupt noch?

Wir hatten gerade die Pferde versorgt, als Aragorn ankam und mich böse musterte.

"Ja, ich weiß. Ich bin unmöglich, eine Nervensäge und was weiß ich nicht alles. Tut mir ja Leid.", redete ich gleich und Aragorn schaute mich verwirrt an.

"Nun gut, belassen wir es dabei. Das nächste Mal werden wir aber Bescheid sagen und Euch nicht suchen.", meinte er dann und ging sein Pferd versorgen.

"Wie gnädig...", murmelte ich und erhielt einen strafenden Blick von Legolas, der neben mir stand. Ich hob die Arme und stampfte ins Haus zurück.

"IARA, wieso tut Ihr mir das an? Ich mache mir Sorgen um Euch!", rief mir auch gleich Arwen entgegen und rannte mich fast um. mal ganz zu schweigen, dass sie mich erwürgte.

"Arwen, bitte lasst mich los. Ihr kriege keine Luft mehr.", röchelte ich, doch sie ließ mich nicht los.

"Geschieht Euch ganz Recht...", murmelte Legolas, der an uns vorbei, in Richtung Saal, lief. Ich drückte Arwen von mir Weg, packte sie an der Hand und schaute sie eindringlich an.

"Ihr braucht Euch wirklich keine Sorgen um mich zu machen. Unkraut vergeht nicht.", sagte ich zu ihr, ließ sie los und rannte Legolas hinter her.

"Ihr seid auch wirklich gar nicht schadenfroh. Und mich respektlos nennen, also wirklich. Und Ihr schimpft Euch Prinz.", fauchte ich ihn an, als ich mich vor ihm aufgebaut hatte.

"Ich bin nicht schadenfroh. Ich....", wollte er sich verteidigen, doch ich schnitt ihm das Wort ab.

"Hört bloß auf mit Euren Moralpredigten. Ich kann es nicht mehr hören.", sagte ich genervt, machte auf dem Absatz kehrt und rannte davon. Zurück blieb ein ziemlich angesäuerter Elbenprinz.
 

Ich rannte in die Bibliothek, ich wusste ja, wo sie war. Ich hatte eine schlimme Vorahnung und ich wollte mich vergewissern, dass ich mich irrte.

Ich rannte, als wäre der Teufel persönlich hinter mir her. Als ich die Tür erreicht hatte, stieß ich sie auf und stieß fast mit Gandalf und Matt zusammen.

"Was rennst du so?", zickte mich Matt auch gleich an, doch ich ließ ihn links liegen. Statt dessen wandte ich mich an Gandalf, der mich äußerst mißfallend musterte. Klar, so nervös wie ich von einem Bein auf das andere hüpfte.

"Gandalf, könntet Ihr mir bitte eine Karte von Mittelerde geben. Ich glaube, ich weiß, wo der nächste Stein ist. Aber ich hoffe, ich irre mich....", redete ich drauf los und der Zauberer wusste gar nicht, wie ihm geschah.

"Natürlich. Folgt mir....", meinte er etwas verwirrt und führte mich zu einer großen Wand, auf der Mittelerde riesengroß gemalt war.

Ich staunte nicht schlecht: Mittelerde schien wirklich faszinierend zu sein.

Aber ich hatte keine Zeit das Kunstwerk zu bewundern. Mein Blick huschte schnell über die Karte und blieb an einem großen Wald hängen. Ich zeigte darauf und fragte Gandalf, was das für ein Ort sei.

"Nun, das ist Düsterwald. Wieso fragt Ihr?", beantwortete er mir meine Frage und ich könnte losheulen. Das durfte doch nicht wahr sein! Genau in diesem Wald war der nächste Stein und wohl oder übel musste ich dahin. Und ich dachte, ich müsste da nie hin, in seine Heimat.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich den gezeichneten Wald anstarrte. Vor meinen Augen erschien ein ziemlich großer und blasser Baum und in seinem Stamm funkelte mir ein runder, grüner Stein entgegen.

Ich schüttelte den Kopf. Also doch, ich musste nach Düsterwald. Na klasse!

"Ist in Düsterwald etwa ein Stein?", fragte Matt jetzt auch noch ganz unschuldig und ich drehte mich blitzschnell um.

"Natürlich. Sonst würde ich ja wohl kaum danach fragen.", brummte ich und Matt zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.

"Was regst du dich auf? Ich wollte schon immer nach Düsterwald, Thranduil kennenlernen.", meinte er verträumt und ich starrte ihn verwirrt an.

"Wer ist das denn?", fragte ich und Gandalf räusperte sich ungehalten.

"Thranduil ist Herrscher von Düsterwald und Legolas' Vater.", klärte er mich auf und ich schrumpfte gleich einige Zentimeter zusammen.

Auch das noch, den Herrn Papa besuchen gehen. Mich gruselte es schon allein bei der Vorstellung.

"Nun gut. Danke für die Auskunft, Gandalf. Ich werde mal den anderen Bescheid sagen, dann können wir gleich aufbrechen." Und schon war ich auch wieder weg.
 

Ich rannte in Richtung Speisesaal, in dem ich die Anderen vermutete. Völlig außer Puste kam ich dort an, riss die Tür auf und hatte mal wieder alle Blicke auf mir. Ich atmete tief ein und aus um überhaupt an etwas Luft zu kommen und stolperte in den Saal.

"Ihr könnt gleich eure Sachen packen. Ich weiß, wo der nächste Stein ist.", keuchte ich und stütze mich am Ende des Tisches ab.

"Kann man hier nicht mal in Ruhe frühstücken....", brummte Gimli und ich schaute ihn verwirrt an.

"Gimli, es ist Mittag.", meinte ich verwirrt und er zuckte nur mit den Schultern.

"Macht doch nichts!", lachte er und die Hobbits stimmten mit ein. Komische Leute sind das auch!

"Nun, zurück zum Thema. Sachen packen, wir machen uns gleich auf den Weg. Je weniger Zeit wir verlieren, desto schneller kommen wir auch wieder zurück.", drängte ich und schaute alle erwartungsvoll an.

"Sagt uns doch erst einmal, wohin es gehen soll.", meinte Aragorn gelassen und schaute nun mich erwartungsvoll an.

Ich holte tief Luft und schielte zu Legolas, der mich aber ignorierte und gemütlich weiter "frühstückte".

"Düsterwald. Der dritte Stein ist in Düsterwald.", platzte es dann aus mir heraus und Schweigen trat ein. Nur das Klirren des Bestecks war noch zu hören. Ich schaute zu Legolas, der mich jetzt ebenfalls anblickte.

"Düsterwald also. Nun gut, dann lasst uns aufbrechen.", meldete sich Bereth zu Wort und erhob sich.

"Du willst mit? Wieso denn das?", fragte ich sie verwirrt, konnte meinen Blick aber nicht von Legolas nehmen, der mich irgendwie ziemlich böse anschaute.

Was hatte er denn? Ich konnte doch auch nichts dafür......

"Natürlich werde ich euch begleiten. Schon allein deswegen, weil ich Düsterwald lange nicht gesehen habe und Thranduil besuchen will."

Ich seufzte genervt und fuhr mir mit der flachen Hand über die Augen. Wieso wollten denn alle diesen Thranduil besuchen??

Warum? Warum immer ich? Warum nicht mal jemand anderer? Nein, es musste immer mich treffen.

"Na gut. Seht zu, dass ihr mit dem Essen fertig werdet. Ich habe keine Lust noch länger hier zu diskutieren. Ich warte draußen auf euch.", meinte ich dann und ging. Ich ließ mich doch hier nicht zum Affen machen. Was bilden die sich denn ein?
 

Legolas' POV
 

Nicht einmal ihn Ruhe essen ließ sie einen. Nein, sie musste immer alles zunichte machen. Erst beschimpfte sie mich derartig und dann beleidigte sie auch noch indirekt meine Heimat.

Aber das Schlimmste war ihr Befehlston. Wir waren doch nicht ihre Bediensten!

Am liebsten würde ich Aragorn umbringen, für das, was er uns da eingebrockt hatte. Aber zu meinem Leid musste ich auch zugeben, dass sie es wirklich verstand, eine Gruppe zu führen ohne dabei ausfallend zu werden.

Und dann war da noch etwas, was mich beschäftigte, diese Augen. Sie hatte einfach wunderschöne Augen. Legolas, reiß dich zusammen, denke erst gar nicht daran.

Ich lenkte meine Gedanken von ihren Augen zu ihren Worten. Nach Düsterwald mussten wir also. Nun gut, dann kam ich etwas früher nach Hause als eigentlich geplant. Vater würde sich sicherlich freuen, wenn Besuch da war. Ob er sich auch über Iara freuen würde, war eine andere Frage. Ich bezweifelte es zumindest.

Ich dachte gerade über die Reiseroute und über die Dauer nach, als mich Aragorn aus den Gedanken riss.

"Nun, ihr habt sie gehört. Lassen wir sie nicht warten. Ihre Laune scheint nicht die beste zu sein.", meinte er halb ernst, halb im Spaß.

Auch ich hielt die Idee für besser, nur Gimli und die Hobbits anscheinend nicht.

Wir brauchten eine halbe Ewigkeit um sie vom Essen wegzubekommen und das Geschrei war fast so schlimm wie das von Iara.

Warum dachte ich jetzt schon wieder an sie? In letzter Zeit war sie ziemlich oft in meinen Gedanken. Ich musste das so schnell wie möglich ändern, das durfte nicht sein. Aragorn ließ uns allen, gnädigerweise, noch kurz Zeit unsere Sachen zusammenzupacken.
 

Ich staunte nicht schlecht, als ich, nebenbei bemerkt als Erster, auf den Hof trat.

Iara hatte ganze Arbeit geleistet. Sie hatte unsere Pferde gesattelt und wuselte geschäftig zwischen den Tieren hin und her um die Sattelgurte zu überprüfen. Also, für das, dass sie anscheinend nicht reiten konnte, kannte sie sich gut mit Pferden aus und reiten tat sie auch nicht schlecht.

Da, schon wieder dachte ich an sie. Ich schüttelte leicht den Kopf um meinen Kopf mit wichtigeren Dingen zu füllen.

"Na, wenigstens seid Ihr pünktlich, gratuliere.", begrüßte sie mich und verschränkte die Arme. Sie war wohl immer noch auf Kriegspfad.

"Danke. Pünktlichkeit wurde mir eben eingeprügelt, wenn Ihr es so wollt.", antwortete ich gelassen. Nur nicht aufregen, sonst bist du tot, Legolas.

"Das bezweifle ich. Ich denke, Ihr habt noch nie in Eurem langen Leben Prügel bekommen."

Sie war gut, sie durchschaute einen wirklich in Sekundenschnelle, wenn sie wollte.

"Da habt Ihr richtig gedacht.", gab ich zu und sie schaute mich verächtlich an.

Was hatte ich denn nun schon wieder getan?
 

Iaras POV
 

Er brauchte gar nicht so unschuldig zu tun. Redete über Prügel, obwohl er noch nie welche bekommen hatte.

Ich wusste, wie es war vom eigenen Vater geschlagen zu werden, schlimmer noch...

Ich schüttele den Kopf und wandte mich ab. Wieso wieder streiten?

Ich zog noch einmal Faers Sattelgurt nach, als mir etwas einfiel. Auf welchem Weg ging es eigentlich nach Düsterwald? Ich hatte keine Ahnung.

Ich drehte mich erneut um und wäre vor Schreck fast gestorben. Legolas stand vor mir und schaute mich mit seinen blauen Augen an. Was schaut der denn so? Hatte ich irgendwo etwas? Und wieso waren diese Augen so verdammt schön?

Iara, reiß dich zusammen! Es ist nur Legolas, was regst du dich so auf?

"Alle guten Dinge sind drei, oder was? Macht es Euch Spaß mich zu erschrecken?", fauchte ich ihn an und er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Verdammt, jetzt sah er noch besser aus.

Iara, du legst jetzt sofort einen Eid ab: Legolas wird nicht für gut aussehend befunden.

"Nun, wenn Ihr mich so fragt: ja, ich finde es sehr amüsant, wie Ihr euch manchmal aufführt.", gab er dann scheinheilig zu und ich würde ihn jetzt am liebsten verdreschen.

"Nun, wenn Ihr das so sagt: ja, ich finde es sehr amüsant, wie Ihr euch manchmal aufführt.", konterte ich und seine Gesichtszüge entgleisten.

"Genau das meinte ich.", lachte ich und wandte mich wieder Faer zu, der schnaubte.

Vielleicht fand er es auch so lustig, wie ich, wer wusste das schon.

"Ach, was ich Euch eigentlich fragen wollte: wie kommt man am schnellsten nach Düsterwald?"

Ich verwette mein Bogen, dass sein Gesicht jetzt noch dämlicher aussah, als vorher, aber ich beherrschte mich, ich wollte nicht mit ihm streiten. Eigentlich mochte ich ihn ja irgendwie, aber nur irgendwie.

"Durch das Nebelgebirge und dann über die Alte Waldstraße. Diesen Weg wollte ich sowieso vorschlagen, weil Ihr es ja so eilig habt. In zwei Tagen müssten wir es eigentlich geschafft haben.", antwortete er mir äußerst gelassen.

War er etwa sauer? Ich drehte mich um und blickte schon wieder in diese umwerfenden blauen Augen.

"Seid Ihr sauer?", fragte ich dann ganz lieb und schaute ihn unschuldig an.

"Nein. Ich verstehe nur nicht, warum wir uns immer streiten müssen.", meinte er und schaute mich unablässig an. Nein, schau weg, bitte!!!!!!

Es war zum verzweifeln, wenn ich mich nicht zusammenreißen würde, dann konnte ich für nichts garantieren und dieses Mal war es sicherlich nicht der Gedanke an Schläge. Was war nur mit mir los? Warum brachte dieser Elb, dieser Mann, mich so aus der Fassung? War ich etwa verliebt?

Oh Gott, NEIN! Ich schüttelte heftig den Kopf und wandte mich ab. Niemals würde ich mich in so einen Trottel verlieben.

"Was habt Ihr? Geht es Euch nicht gut?", fragte mich der Trottel besorgt und ich suchte nach einer passenden Ausrede. Er soll nicht so besorgt sein, nein nein nein nein nein!

Zu meinem Glück kamen die anderen zu meiner Rettung, unwissend natürlich.

Munter schwatzend kamen sie auf uns zu und packten ihr Zeug in die Satteltaschen.
 

"Also gut, habt ihr alles? Ich will nicht auf halbem Weg umkehren, weil irgendjemand etwas vergessen hat.", fragte ich nach und schaute dabei extra auf Matt, Gimli und die Hobbits, die mich aber alle nur unschuldig anblickten.

"Habt Ihr auch alles?", fragte dann Legolas geduldig und ich grummelte vor mich hin.

"Natürlich, Eure Hoheit.", giftete ich und schwang mich auf Faer. Jetzt fing auch er an, sich wie mein Bewährungshelfer aufzuführen; mir reichte eigentlich schon Gandalf. Und genau der schaute mich jetzt wieder so wissend an. Wusste er etwa etwas, was ich nicht wusste? Durchaus möglich, denn dieser Zauberer wusste verdammt viel.

Ich kontrollierte noch einmal, ob meine Waffen auch richtig festgemacht waren und kramte dann in meiner Satteltasche nach meinen MP3-Player. Ohne ihn würde mich keiner von hier wegbekommen, außerdem war er klein und praktisch.

Ich befestigte ihn an meinem roten Gürtel und versteckte ihn etwas. Sollte ja nicht gleich jeder mitbekommen.

"Nun gut, ich werde vorausreiten. Ich denke nicht, dass Ihr den Weg kennt?", wandte sich Gandalf an mich und ich machte eine ausholende Armbewegung um ihm zu zeigen, dass er herzlich gern führen durfte. Er nickte lächelnd und ließ Schattenfell antraben. Ich nickte zufrieden, stöpselte mir die Kopfhörer ein und schaltete den Player an, leise natürlich.

Ich seufzte erneut zufrieden, als das Gitarrensolo von 'Dark Chest of Wonders' von Nightwish mich berieselte.

In meiner Welt hatte ich mir immer vorgestellt, wie es war, zu dieser Musik zu reiten, frei zu sein. Jetzt konnte ich es ausprobieren. Ich ließ Faer angaloppieren und ich fühlte mich wirklich frei.
 

~~
 

Zwei nervenaufreibende Tage später war da tatsächlich Düsterwald vor uns.

Ein mächtiger Wald und wirklich äußerst düster, aber ich fand ihn wunderschön und so geheimnisvoll.

Die Anreise war eigentlich äußerst streitfrei gelaufen, aber das lag nur daran, dass ich mit Matt, Legolas und Bereth kein einziges Wort gesprochen hatte.

Wenn ich nicht gerade Musik gehört hatte, dann hatte ich mich mit den Hobbits, Gimli oder Gandalf unterhalten, ab und zu auch einmal mit Aragorn und Arwen, aber die Beiden schienen auch ohne meine Gesellschaft gut auszukommen.

Merry und Pippin hatten mich über das komische Gerät, meinen MP3-Player, ausgefragt und ich musste sie regelrecht mit Gewalt davon abhalten, meine Musik hören zu wollen. Ich wollte ja nicht, dass sie an einem Herzinfarkt starben, bloß nicht. Mit Gandalf verstand ich mich jetzt auch besser und ich gelobte erneut Besserung, was ihn einigermassen zufrieden stimmte.

Wir standen also wie bestellt und nicht abgeholt vor diesem Wald und warteten auf Legolas, der uns da durch führen musste.

Der gute Prinz ließ aber auf sich warten, weil er mit Matt das Schlusslicht bildete und die Beiden schienen sich prächtig zu verstehen.

Dumm und dümmer fiel mir da ein, nur wer war Dumm und wer Dümmer?
 

Legolas' POV
 

Ich erfuhr einige interessante Dinge von Matt, natürlich über Iara.

Sie hatte ihm schon den Finger gebrochen, die Tanzlehrerin zur Schnecke gemacht, eine ganze Horde Männer alleine verschlagen und war dafür im Krankenhaus gelandet. Leider erfuhr ich auch, dass Rania tot war, das stimmte mich nachdenklich und traurig. Ich kannte Rania nicht gut, aber wenn wir uns sahen, entweder in Bruchtal oder in Düsterwald, wenn sie und Bereth uns besuchen kamen, dann war sie immer freundlich und zurückhaltend. Natürlich habe ich sie auch in Rage erlebt, aber dass sie Mittelerde verlassen hatte, hatte ich nicht gewusst. Ich warf einen raschen Blick zu Iara, die mit den Anderen vor dem Wald auf uns warteten.

Sie hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit Rania, aber keinerlei identische Charaktereigenschaften: sie war das genaue Gegenteil ihrer Mutter.

Ich schüttelte leicht den Kopf. Ich wollte mir doch keine Gedanken mehr über sie machen.

Ich ritt mit Matt an die Spitze, direkt in den Wald und gebot den Anderen mir zu folgen.

"Wir sollten deinen Vater nicht warten lassen, Legolas. Ich habe ihm Thôr mit einer Nachricht geschickt.", rief mir Bereth zu und ich nickte.
 

Ich hatte mich wirklich beeilt, trotzdem stand mein Vater mit einigen Wachleuten ungeduldig vor dem Hoftor.

"Legolas, hast du dich etwa im eigenen Wald verlaufen oder warum kommt ihr so spät?", rief er mir entgegen und ich hörte Iaras leises Lachen.

Ich verzog ärgerlich das Gesicht und musste mich beherrschen. Musste er mich auch immer blamieren?

"Tut mir Leid, Vater. Ich wollte unseren Gästen Düsterwald von seiner besten Seite zeigen.", entschuldigte ich mich, als wir am Tor ankamen und in den Hof ritten.

"Nun, auf jeden Fall heiße ich euch alle herzlich willkommen. Fühlt euch wie zuhause.", wandte sich Thranduil an die Anderen. Ich warf einen raschen Blick auf den großen Balkon, der an der Frontseite des Schlosses war.

Dort standen zwei Elben und blickten auf uns hinunter. Ich hatte sie noch nie in Düsterwald gesehen.

"Jetzt steigt ab und tretet ein. Die Pferde werden gleich versorgt.", forderte mein Vater alle auf und diese nahmen dankbar an.

Aus den Ställen kamen einige Elben und nahmen sich der Pferde an, nur bei Faer gab es einige Schwierigkeiten. Natürlich, ich hätte es wissen müssen. Ich wollte ihnen gerade zur Hilfe kommen, als Iara Faers Zügel nahm und dem Elb bedeutete, vorauszugehen um ihr die Ställe zu zeigen.

"Du hast Faer wieder mitgebracht? Ich dachte, du wolltest ihn in Bruchtal lassen, weil er dort vielleicht ruhiger wird.", fragte mich Thranduil überrascht in unserer Sprache.

"Sie reitet ihn jetzt und er gehorcht nur ihr. Nicht einmal mehr mich lässt er an sich heran.", antwortete ich ihm und er nickte, während er Iara musterte, die gerade wieder aus dem Stall kam.

"Sie ist hübsch. Woher stammt sie? Sie ist eine Elbe, kommt sie aus Lóriên oder Bruchtal?", fragte er mich weiter aus und ich hob abwehrend die Hände.

"Später, Vater. Lasst uns erst einmal hinein gehen.", forderte ich die Anderen auf, die meinem Vater und mir dann ins Schloss folgten.
 

Iaras POV
 

Ich hatte es mir wirklich schlimmer vorgestellt, aber Düsterwald war wirklich schön. Erst hatte ich verzweifelt die Häuser gesucht, aber als ich dann bemerkte, dass sie auf den Bäumen gebaut waren, war ich begeistert.

Die Bäume und Häuser waren mit Brücken und Stegen miteinander verbunden und die Elben tummelten sich darauf.

Als wir dann tiefer hinein kamen, waren auch auf der Erde einige Häuser.

Und die Bäume erst: mächtige Stämme und wahre Riesen, wahrscheinlich uralt.

Aber das beste war das Schloss, ebenfalls riesig und uralt, aber so sah es gar nicht aus. Es war weiß, hatte eine Art Aussichtsplattform an der Frontseite und einen großen Turm, was wohl ein Aussichtsturm war. Alles in allem war es wirklich wunderschön. Und der König erst, den mochte ich. Machte seinen Sohn vor versammelter Mannschaft zum Deppen. Herrlich...

Aber ich hatte ihn mir kleiner und älter vorgestellt, aber vor uns stand ein großer, blonder Elb und sah nicht wirklich alt aus.

Naja, Legolas war ja auch schon über 2000 Jahre alt, was mir Matt zumindest weiß machen wollte und er sah aus wie 20.

Ich schätze Thranduil also einfach mal auf über 60, so alt wie meine Großmutter.

Und als er uns dann ins Schloss führte, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: große Säulen, Mamorboden und Mosaike.

"Ihr habt doch sicherlich Hunger nach dieser langen Reise.", meinte er dann freundlich und die Hobbits und Gimli, wie nicht anders erwartet, waren Feuer und Flamme.

Thranduil lächelte milde und führte uns in einen riesigen Saal, noch größer als der in Bruchtal. In der Mitte war ein langer Tisch aufgestellt und einige Bedienstete standen schon darum und warteten wohl nur darauf, uns irgendetwas zu bringen. Ich hatte eigentlich keinen Hunger, denn das ganze Ambiente hatte mich genug gesättigt.

Ich schielte kurz zu Matt, der drauf und dran war, Thranduil die Füße zu küssen.

Oh man, der benahm sich echt wie ein kleines Kind. Ich schüttele genervt den Kopf und setzte mich, wie die anderen auch, an den Tisch.

Und schon wieder musste ich neben Legolas sitzen. War das ein Fluch? Eine Strafe aus alten Zeiten?
 

Als wir alle saßen, kamen andere Elben mit Tabletten voller Essen herein und stellten sie auf den Tisch. Merry, Pippin und Gimli stürzten sich gleich darauf, während Sam und Frodo wenigstens etwas Manieren zeigten.

Die Anderen aßen wirklich langsam und diszipliniert und ich trank nur ein Glas Wasser. Ich konnte jetzt wirklich nichts essen, lag mir alles noch schwer im Magen.

Das mit dem Fluch und der Strafe war wohl nicht ganz so abwegig, denn jetzt saß Thranduil zu meiner anderen Seite, ich war im Royal Sandwich.

Ich wagte kaum zu atmen und sprechen würde ich erst recht nicht, sonst sagte ich wieder irgendetwas falsches und dann hatte ich den Salat.

"Wie ist Euer Name?", riss mich Thranduil aus meiner Vorsicht und ich starrte ihn verwirrt an.

"Ich....ich heiße Iara.", stotterte ich dann nervös und Thranduil lächelte milde.

"Ein schöner Name. Wo kommt Ihr her? Lóriên?", löcherte er mich weiter und ich bekam einen leichten Tritt ans Schienbein. Sofort drehte ich mich zu Legolas und schaute ihn wütend an.

"Was sollte das?", fauchte ich ihn an, doch er hob nur abwehrend die Hand.

"Du kommst aus Lóriên, klar.", flüsterte er mir und ich zeigte ihm den Vogel und schenkte im einen Du-Spinnst-Blick.

"Nein, ich komme nicht aus Lóriên, was auch immer das ist. Ich komme von ganz weit weg.", wandte ich mich dann wieder an den König, der mich erstaunt anblickte.

"Thranduil, altes Haus. Ich erkläre es dir später.", mischte sich nun Gandalf ein und ich warf ihm einen dankbaren Blick zu, worauf er mir lächelnd zunickte.

Ich blickte überrascht auf, als die Tür aufging und zwei Elben eintraten.

Die eine hatte dunkles Haar und ein blaues Kleid an und die Andere war blond und trug ein rotes Kleid.

"Mein König, habt Ihr uns schon vergessen?", fragte die Dunkelhaarige und trat mit ihrer Begleiterin an den Tisch und verneigte sich vor dem König, der sofort aufstand.

"Aber nein, Togeldûreth. Wie könnte ich Euch vergessen.", meinte er beruhigend und Togeldûreth nickte zufrieden. Mich schüttelte es bei ihrem Anblick. Was war denn das für ein Zicke? Oh man....

"Wenn wir nun alle hier versammelt sind, dann werde ich die Gelegenheit gleich nutzen.", meinte Thranduil an uns gewandt und alle starrten die beiden Elben an.

Ich verschränkte die Arme und musterte beide etwas skeptisch. Es waren schöne Frauen, aber sie schienen nicht sonderlich gut erzogen zu sein. Also, was die für einen Blick drauf hatten. Arroganter ging es nun wirklich nicht, vor allem diese Togeldûreth.

"Das hier sind Togeldûreth und ihre Schwester Gwiwileth. Sie kommen aus Lothlôrien und stammen aus gutem Haus ab. Ich habe Togeldûreth eingeladen, weil ich ein bestimmtes Ziel verfolge.", stellte er die Beiden vor und schaute dann zu Legolas. Ich folgte seinem Blick und verkniff mir das Lachen. Ich konnte mir schon denken, was für eine Absicht der Herr Papa hat.

"Ich wollte es dir eigentlich schon früher sagen, aber es hat sich keine gute Gelegenheit ergeben, mein Sohn. Ich habe sie als deine Verlobte ausgesucht.", gab Thranduil dann etwas zu feierlich bekannt. Ich starrte, genauso wie die Anderen, Legolas an, dessen Gesichtszüge entgleist waren.

"Aber, Vater, das kannst du doch nicht machen.", stotterte er, doch sein Vater schnitt ihm das Wort ab.

"Noch ist ja nichts entschieden, mein Sohn.", meinte Thranduil gelassen.

Ich zuckte zusammen, als ich Legolas wütenden Blick sah. Oh doch, diese Sache war bereits entschlossen und ehrlich gesagt, tat mir Legolas leid.

Ich wusste nicht weshalb, aber er tat mir so Leid, dass ich mein Hand nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Ich legte meine Hand auf seine und schaute ihn mitleidig an, während er mich überrascht und verwirrt zugleich anschaute.

"Nicht aufregen. Ist ja immernoch deine Entscheidung....", murmelte ich, ließ seine Hand wieder los und wandte mich zu den Elben, die immer noch dort standen und uns alle musterten.

Als ich Togeldûreth musterte, trafen sich unsere Blicke und ihr Blick war eindeutig nicht freundlich. Sie schaute mich an, als würde sie mich gleich umbringen wollen. Was hatte ich denn nun schon wieder getan?

Kapitel 15

Beauty always comes with dark thoughts. (Nightwish)
 

Kapitel 15
 

Es verging kein Tag, an dem mir diese Zicke keinen bitterbösen Blick zuwarf. Ich hatte sogar das Gefühl, dass sie mich verfolgte, jedenfalls sah ich immer irgendwelche Schatten. Dabei wusste ich wirklich überhaupt nicht, warum sie so sauer auf mich war und auch ihre Schwester behandelte mich nicht sehr freundlich, im Gegenteil. Auch sie schien mich wegen irgendetwas, mir unbekanntem, zu hassen.

In diesen verfolgunsreichen Tagen hatte ich den gesamten Palast und den Garten durchstöbert und auf's gründlichste erforscht und ich musste sagen, ich war wirklich begeistert. Legolas hatte schon Glück, dass er ein so schönes Heim hatte und das hätte ich ihm auch gesagt, wenn er mich nicht schon wieder ignorieren würde. Seit der Sache mit meiner unkontrollierbaren Hand hatte er kein Wort mehr mit mir gesprochen oder mich auch nur angesehen. Irgendwie fand ich das schade, vor allem weil ich mich so langsam mit meinem Schicksal abfand und die Leute hier wirklich mochte, irgendwie.

Auch meine Großmutter ließ sich nur noch selten bei mir blicken. Sie war anscheinend damit beschäftigt, Thranduil von dem Schock zu kurieren, den ich ihm oder besser Gandalf beigebracht hatte. Wie sie das wohl anstellten? Moment, böse Gedanken....

Der Zauberer hatte ihm nämlich erzählt, woher Matt und ich wirklich kamen und der Elbenkönig konnte oder wollte das nicht so richtig nachvollziehen.

Auf jeden Fall hatte ich ihn auch schon lange nicht mehr gesehen. Die Einzigen, die ich noch zu Gesicht bekam, waren die Hobbits, Gimli, Arwen und Aragorn. Matt leider auch, aber den führte ich nicht in meiner Freundesliste, eher auf meiner Todesliste und zwar ganz oben.

Völlig in Gedanken vertieft lief ich über den Hof zu den Ställen. Ich hatte beschlossen, mir Düsterwald anzusehen, nicht nur hinter den Schlossmauern zu bleiben. Ich hatte noch nicht einmal die Hälfte des Weges zurückgelegt, als ein Elb, der auf der Mauer Wache stand, mir etwas zu rief, was ich nicht verstand.

"Daro! Daro! (Bleib stehn!)", rief er die ganze Zeit, doch ich verstand kein Wort, von dem, was er sagte. Einen Moment später fiel ein Stein haarscharf an mir vorbei zu Boden. Ich blieb stehen und schaute ihn verwirrt an. der Elb hörte jetzt zwar auf zu rufen, zeigte aber mit ausgestrecktem Arm nach oben und ich hob langsam und verwirrt den Kopf.

In letzter Sekunde sprang ich zur Seite, sonst wäre ich Opfer eines faustgroßen Felsbrocken geworden. Erstaunt schaute ich nach oben und jetzt ging ein richtiger Steinschlag nieder. Sie schienen aus dem Nichts aufzutauchen und auf mich niederzuregnen und es sah so aus als würden sie immer größer werden. Ich sprang von einer Seite zur anderen um nicht erschlagen zu werden, aber die schienen mich regelrecht zu verfolgen. Hatte ich doch eine gerechtfertigte Paranoia oder drehte ich jetzt völlig durch? Wer wollte mich schon unter Steinen begraben sehen?

Im Augenblick hatte ich wirklich keine Ahnung, wer mir nach dem Leben trachten wollte, denn ich war zu sehr damit beschäftigt eben dieses zu retten. Ich wich gerade einem mannsgroßen Stein aus, als mir auffiel, dass kein einziger Stein mehr da war, außer die, die gerade vom Himmel fielen.

Waren die etwa gar nicht echt? Ich schaute auf den Felsen keine zwei Meter vor mir und schüttelte den Kopf. Die waren mehr als echt und es darauf ankommen lassen und das Gegenteil beweisen, wollte ich dann doch nicht. So lebensmüde war ich dann auch wieder nicht.

Ich trat auf den Stein zu und berührte ihn vorsichtig mit dem Zeigefinger. Oh ja, der war echt, aber keinen Augenblick später war er einfach verschwunden und kein Anzeichen mehr davon, dass da gerade noch ein großer Felsen auf die Erde geplumpst war. Ich atmete durch. Der Steinschlag schien vorbei zu sein, aber ich hatte das ungute Gefühl, dass da doch noch was kommen sollte.

Der Elb, der mich vorhin vor dem ersten Stein gerettet hatte, kam jetzt auf mich zu und redete, wohl Sindarin, auf mich ein. Ich hob abwehrend die Hände und bedeutete ihm, dass ich kein Wort verstand.

Doch er verstand mich jetzt wohl offenbar nicht, denn er redete einfach weiter und ich verdrehte genervt die Augen. Ich stockte.

Irgendwie schien sich alles verdunkelt zu haben. In einem Umkreis von fünf Metern war ein Schatten und ich konnte mir denken, woher dieser rührte. Ich warf einen raschen Blick nach oben und reagierte dann sofort.

"Achtung!", rief ich, sprang nach vorne und schubste den Elb von seinem Platz.

Dann drehte ich mich blitzschnell um und da kam er auch schon auf mich herabgefallen. Ich schwor bei allem was mir heilig war: das war ein halber Berg oder zumindest ein kleiner Hügel.

Ich war wie gelähmt und starrte den Brocken einfach nur an. Die Stimme des Elben, den ich gerettet hatte, drang an mein Ohr, aber sie war weit weg.

Ich kniff die Augen zusammen und legte schützend die Arme über meinen Kopf, was schwachsinnig war, denn das würde mich wohl kaum retten.

Ich wartete auf den schweren Felsen, der mich unter sich begraben würde, aber nichts passierte. War ich schon tot? So schnell? Ich hatte gar nichts gespürt.

Ich ließ die Augen geschlossen, denn ich traute mich nicht sie zu öffnen. Wer wusste schon, was mich dann erwartete. Vielleicht kleine rote Männchen mit Hörnern und langen Dämonenschwänzen. Oder Engel mit großen weißen Flügeln, goldenem Haar und einen strahlendem Heiligenschein. Was auch immer, beide Aussichten waren nicht gerade sehr verlockend.

"Iara, jetzt antwortet doch. Was ist passiert?", rief irgendjemand immer und immer wieder.

Langsam öffnete ich die Augen, nahm die Arme runter und blickte direkt in die Gesichter von Aragorn und Legolas, die mich verwirrt anblickten.

"Wie....ihr seid auch hier? Seid ihr auch tot?", fragte ich völlig verwirrt und erhielt noch verwirrtere Blicke von den Beiden.

"Nein, wir leben noch, danke. Wie kommt Ihr nur auf so einen Unsinn?", klärte mich Aragorn dann auf und ich schaute ihn perplex an.

"Aber....aber....Stein...großer Stein....vom Himmel auf mich runter....wieso....", stotterte ich dann. Ich war zu keinem klaren Wort oder gar zu einem grammatikalischem Satz imstande. Ich stand nur da und starrte an den Männern vorbei auf die Stelle, an der ich eigentlich stehen sollte, mit einem Felsen auf mir.

"Was für ein Stein? Und Steine fallen nicht vom Himmel. Habt Ihr Fieber?", meinte Legolas und legte eine Hand auf meine Stirn und machte dabei eine fachmännische Miene. Ich schlug seinen Arm weg und fauchte ihn an: "Ich habe kein Fieber und ich phantasiere auch nicht. Da ist ein halber Berg auf mich runter gefallen, genau DA!"

Und bei dem Wort "Da" zeigte ich genau auf die Stelle, wo ich eigentlich stehen sollte. Die Beiden schauten genau DA hin und zuckten mit den Schultern.

"Da ist aber nichts. Ein halber Berg wäre wohl kaum zu übersehen.", meinte Legolas und er klang amüsiert.

"Glaubt Ihr mir etwa nicht? Nein, natürlich nicht. Ihr würdet Euch sicherlich amüsieren, wenn ich von dem Berg erschlagen worden wäre.", giftete ich ihn an und kam bedrohlich auf ihn zu. Aragorn ging dazwischen und schaute mich nicht minder amüsiert an.

"Wir würden uns sicherlich nicht darüber amüsieren, Euch von einem Berg erschlagen vorzufinden, aber findet Ihr nicht, dass Ihr etwas übertreibt? Ein Felsen? Vom Himmel gefallen? Iara, bei allem Verständnis Euch gegenüber, aber das ist lächerlich."

Ich starrte ihn wütend an und ballte die Hände zu Fäusten. Jetzt fing dieser Macho auch noch an mich für verrückt zu halten. Mir reichte es eigentlich, wenn Matt, Legolas und meine Großmutter das taten. Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief zum Tor. Ich musste hier weg, ich konnte jetzt keinen mehr sehen.

"BITTE, dann glaubt mir halt nicht. Ist mir doch egal! VÖLLIG EGAL!!", schrie ich total hysterisch und rannte aus dem geöffneten Tor heraus, das die Elben gerade noch schließen wollten.
 

Togeldûreths POV
 

Diese Göre war doch zäher als ich anfangs dachte. Wich einfach meinem Steinschlag aus. Dabei hatte ich mir solche Mühe gegeben, ihn zu beschwören. Ohne meine Schwester war es sehr anstrengend, aber die stellte ja wieder diesem komischen Menschen nach. Seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte, redete sie nur noch von ihm, aber er schien sie völlig zu ignorieren. Er schien sich eher für Iara zu interessieren, statt für meine Schwester. Dabei war sie doch wesentlich hübscher als sie.

Ich stand versteckt auf der Terrasse, aber mit freiem Blick auf Iara, die dort unten wie ein Frosch umherhüpfte. Wieso konnte sie nicht einfach stehen bleiben und sich erschlagen lassen? War das denn so schwer? Und dann dieser Wachposten, der sie auch noch warnen musste.

Meine Wut auf diese Elbe wuchs an, je mehr sie auswich. Nach dem größten Stein, dem sie leider auch entkommen war, legte ich eine Pause ein und sammelte meine Kräfte. Obwohl ich schon Jahrhunderte lang an meinen magischen Fähigkeiten feilte, waren sie noch immer nicht stark genug, sie ohne größere Anstrengung anzuwenden. Sie sollte sich ruhig in Sicherheit wiegen, dieses Miststück.

Niemand, schon gar nicht sie, würde mir die Chance auf den Thron von Düsterwald nehmen. Ich wollte und würde herrschen und dieses Weibsbild von der Bildfläche verschwinden lassen.

Mit letzter Kraft ließ ich einen wahrlich gewaltigen Felsen erscheinen und schickte ihn Richtung Erde. Dieses Mal würde es klappen, es musste einfach klappen. Und tatsächlich, statt sich zu retten, rettete sie lieber diese verblödete Wache vor dem sicheren Tod. Aber mir sollte es recht sein, genau das wollte ich ja. Zufrieden schaute ich über die Brüstung und wäre fast hinab gestürzt vor Überraschung und Wut. Sie war verschwunden, sie war nicht mehr unter dem Felsen. Wie konnte das passieren? Wo war sie abgeblieben? Ich hatte sie doch genau dort stehen sehen.

Mit einer Handbewegung ließ ich den Felsen wieder verschwinden und auch Iara tauchte wieder auf. Mit geschlossenen Augen und geschützter Haltung stand sie am Tor und rührte sich nicht. Wie war sie nur dort hingekommen? Hatte dieses Biest etwa auch magische Fähigkeiten?

Erst als Aragorn und Legolas auftauchten und sich mit ihr unterhielten, räumte ich das Feld. Ich hatte beschlossen mir das ganze vor Ort anzusehen. So schnell ich konnte lief ich in den Hof, nur um dann buchstäblich in die Arme von Aragorn und Legolas zu laufen.

"Wo ist sie? Wo ist sie hin?", fragte ich gleich, meine Erziehung hatte ich momentan völlig vergessen.

"Sie ist weg, wie immer. Wenn Ihr sie suchen wollt, viel Vergnügen.", meinte Legolas kalt und ging an mir vorbei. Ich drehte mich empört um. So konnte auch der Prinz von Düsterwald nicht mit mir reden.

"Ich will dieses Individuum auf gar keinen Fall suchen, aber Ihr bräuchtet auch nicht so kalt zu mir sein. Immerhin sind wir so gut wie verheiratet.", erwiderte ich dann gelassen.

Legolas blieb wie angewurzelt stehen, drehte sich aber nicht um. Da hatte ich wohl ins Schwarze getroffen. Er schien nicht gewillt zu sein, mich zu heiraten. Das werde ich ganz schnell ändern müssen.

"Ich verspüre nicht die geringste Lust Euch zu heiraten. Leider verbietet es meine Erziehung Euch auf dem schnellsten Wege zum Mond zu schießen."

Ich traute meinen Ohren nicht. Solche Worte aus dem Mund eines Prinzen. Hatte diese blöde Kuh ihn etwa schon verhext?

Ich warf einen raschen Blick zu Aragorn, der jetzt an mir vorbei zu Legolas ging. Er hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen gehabt. Befand er dies etwa ebenfalls amüsant? Gemeinsam machten sie die Beiden auf den Weg zurück ins Schloß und ließen mich einfach im Regen stehen, im übertragenen Sinne.

Ich war wütend, sehr wütend sogar. So leicht würde mir keiner davon kommen, weder Prinz noch einfaches Volk.

Wutentbrannt machte ich mich auf die Suche nach meiner Schwester. Sie musste mir helfen, Iara zu finden und endgültig auszuschalten.
 

Iaras POV
 

Zu spät hatte ich bemerkt, dass ich mich eigentlich gar nicht auskannte. So musste ich Wohl oder Übel improvisieren.

Ich lief einfach den Pfad entlang, den wir bei unserer Anreise geritten waren. So würde ich irgendwann zu den Häusern in den Bäumen kommen.

Während ich lief, wiederholte ich das Geschehen immer und immer wieder. Wer konnte das nur gewesen sein? Matt war für so eine Aktion viel zu dumm und Steine vom Himmel fallen lassen konnte er nun auch nicht, das konnten nur Zauberer. Zauberer? Wieso sollte Gandalf mich umbringen wollen? Er hatte nun wirklich keinen Grund dafür, auch wenn er mich des öfteren einmal ermahnen musste. Nein, Gandalf war das mit Sicherheit nicht gewesen.

Vielleicht diese Togeldûreth? Mhm, das war schon eher eine Überlegung wert.

Sie konnte mich nicht leiden, genauso wenig wie ihre Schwester. Aber ich hatte keine Ahnung, ob sie irgendwelche magischen Kräfte besaß, aber genau deshalb könnte sie es auch gewesen sein. Vielleicht meinte sie, dass ich mit ihr nicht rechnen würde, aber da hatte sie sich aber gehörig geschnitten. Nun, der Täter war entlarvt, fehlte nur noch das Motiv.

Ich konnte mir wirklich keinen Reim auf die ganze Sache machen, weil ich sie doch nicht kannte. Ich hatte sie in meinem ganzen Leben noch nie gesehen und sie mich auch nicht, aber sie war wie Luzy. Luzy hatte mich auch nicht gekannt, aber sie hatte mich gleich als Zicke und brutales Wesen abgestempelt. Ich war nie unglücklich darüber, weil ich sie genauso wenig leiden konnte. Sie war immer eifersüchtig auf mich gewesen, weil ich zu meinem Leid, mit Matt tanzen musste. Moment einmal! Eifersucht, das war das Stichwort. Sie war eifersüchtig auf mich, weil sie glaubte, dass Legolas und ich....

Unweigerlich fing ich an zu lachen. Diese Frau hatte doch wirklich eine rege Phantasie. Legolas und ich? Niemals, nicht in Tausend Jahren.

Aber ihre Schwester machte mir noch Sorgen. Die wird wohl kaum auch auf Legolas stehen. Sie schien die Jüngere von beiden zu sein und somit der Älteren hörig.

Aber auf wen könnte sie dann abfahren? Wohl kaum auf Gimli oder einen der Hobbits. Aragorn? Nein, der war an Arwen vergeben und das war wohl überall bekannt. Gandalf? Bereth? Ich musste mir einen erneuten Lachanfall verkneifen.

Dann blieb ja nur noch einer, Matt. Natürlich! Der liebe, kleine Matthew.

Das man sich in den überhaupt verlieben konnte, war mir ein Rätsel. Aber gut, jedem das seine. Nun, dann hatte ich ja jetzt auch die Motive. Dann musste ich ab sofort höllisch aufpassen, sonst werde ich Opfer eines erneuten Mordanschlags.
 

Ich wollte schon wieder loslachen, als ich mich verstohlen umblickte. Um mich herum standen jede Menge Elben und musterten mich ausgiebig.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich schon so weit gekommen bin. War wohl zu vertieft in meiner Beweislage gewesen. Ich blieb stehen und die Elben ebenfalls. Ich schaute in die Runde und musterte sie nun. Es waren hauptsächlich weibliche Elben, nur vereinzelt konnte ich einige Männer entdecken. Aber was mir auffiel, kein einziges Kind war zu sehen. Wie machten das die Elben nur? Fielen die einfach so wie sie waren vom Himmel?

Aber sie waren alle blond und hatten blaue Augen. Die Männer waren wie Legolas gekleidet und die Frauen trugen Kleider und alles in Tarnfarben, also grün und braun. Und schon wieder stand ich im Mittelpunkt. Horror, es lief mir eiskalt den Rücken runter.

Ich wollte schon den Rückzug antreten, als einige Frauen lächelnd auf mich zukamen und mir bedeuteten ihnen zu folgen. Was hatten die vor? Mich irgendwo einsperren? Verhungern und verdursten lassen?

Iara, jetzt komm mal wieder runter. Deine Paranoia ist ja schlimmer als permanente Anmachversuche eines bestimmten Objektes.

Die Elben führten mich zu einem großen Baum und drückten mich sanft auf eine der großen Wurzeln, die über die Erde ragten.

Ich hatte keine Ahnung, was die von mir wollten. Vielleicht doch irgendwelche Experimente?
 

Togeldûreths POV
 

"Du sollst diesem Menschen nicht hinterher laufen. Das gehört sich nicht. Du bist eine Elbe, unsterblich. Und er ist nur ein sterblicher Mensch."

Ich hatte Gwiwileth natürlich bei dem Mensch gefunden, wie war sein Name noch gleich?

"Sein Name ist Matt. Und es ist mir egal ob er ein Sterblicher ist oder nicht.", schmollte meine Schwester und ich seufzte.

"Schwester, du weißt, dass ich nur das Beste für dich will. Glaube mir, dieser Mensch ist nicht gut genug für dich. Außerdem scheint er dir nicht die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Und weißt du auch voran das liegt? An dieser Hexe!" Nun war es meine Schwester, die seufzte.

"Ach, du hast Recht. Wir müssen sie aus dem Weg schaffen, dann haben wir beide unseren Willen. Ich stelle mir dich im Hochzeitskleid vor. Du wirst entzückend aussehen."

Begeistert klatschte sie in die Hände und träumte weiter ihre Hochzeitsträume.

Ich hingegen machte mit die Gedanken, wie wir Iara loswerden würden. Die Sache mit den Steinen hatte nicht geklappt. Vielleicht sollten wir sie einfach von einer Klippe stürzen. Oder sie in einem Fluß oder See ertränken. Sie aus dem Hinterhalt mit Pfeilen niederschießen.

Ach, ich hatte so viele Ideen, eine davon musste doch irgendwie umsetzbar sein.

Auf halben Weg zu der Siedlung fiel mir dann ein wahrhaft genialer Plan ein.

"Hör zu, Schwester. Wir werden ihr einfach ihre Erinnerungen nehmen. Ich habe da neulich einen passenden Spruch gefunden. Und dann werden wir sie im nächsten Fluß oder See ertränken.", teilte ich Gwiwileth meinen Plan mit und schaute sie erwartungsvoll an.

"Aber wir können sie doch nicht umbringen. Reicht es denn nicht, wenn wir ihr Gedächtnis löschen?"

Ich seufzte genervt. Sie war schon immer ängstlich gewesen, wenn es um solche Dinge ging, aber hatte ich sie erst einmal überzeugt, war sie kaum zu halten. Da machte sie sogar mir etwas Angst.

"Nein, es wird nicht reichen. Sie besitzt irgendwelche Kräfte von denen wir nichts wissen. Es kann möglich sein, dass sie ihre Erinnerungen wiedererlangt und deswegen müssen wir sie mundtot machen. So schnell wie möglich.", versuchte ich sie zur Vernunft zu bringen.

Meine Schwester nickte. Ich hatte sie zwar noch nicht ganz überzeugt, aber das würde sich im Laufe der Zeit legen.

Ich würde diese Elbe umbringen und wenn es das Letzte wäre, was ich tun würde.

Kapitel 16

Unsere äußeren Schicksale interessieren die Menschen, die inneren nur den Freund. (von Kleist)
 

Kapitel 16
 

Ich hatte mich völlig umsonst verrückt gemacht. Die Elben waren einfach nur gastfreundlich. Sie haben mir Früchte und Wasser gebracht. Das beste Wasser, das ich jemals getrunken hatte. Hin und wieder versuchten wir uns mit Händen und Füßen zu unterhalten, weil sie es irgendwie gespürt hatten, dass ich sie sowieso nicht verstehen würde. Unter Gelächter versuchten wir dann herauszufinden, was gerade gesagt oder gefragt wurde.

Es war wirklich sehr amüsant, obwohl ich mir wünschte, ihre Sprache zu sprechen.

Ich fand diese nämlich wunderschön. Und als ob die Elben das gewusst hätten, sangen sie mir einige Lieder in ihrer Sprache vor und sie hatten wunderschöne Stimmen.

Wenn ich nur annähernd so singen könnte. Ich war zwar der Meinung, dass mein Gesang nicht unbedingt schlecht war, aber weltbewegend war er auch nicht.

Als sie mich dann aufforderten etwas zu singen, hob ich abwehrend die Hände und machte ihnen in Zeichensprache klar, dass ich keine schöne Stimme hatte.

"Es kommt nicht auf die Stimme an, nur auf das, was man mit ihr ausdrücken will.", sagte plötzlich eine Stimme neben mir und ich wandte mich überrascht um.

Neben mir stand eine wunderschöne Elbe mit langem, goldenem Haar und strahlend blauen Augen. Sie war zwar wie die anderen in einem grünen Kleid gekleidet, aber an ihr sah es so anders aus. Sie war hochgewachsen und gertenschlank. Um ihren schlanken Hals trug sie eine silberne Kette und ihre Hände waren die schönsten, die ich jemals gesehen hatte. Schlanke Hände mit feingliedrigen Fingern, die aussahen, als würden sie jeden Moment zerbrechen. Ihre Haut war zwar bleich, aber sie sah nicht kränklich aus. Und ihre Stimme war tief wie ein See, aber doch glockenklar.

"Ihr..sprecht meine Sprache?", fragte ich sie verwundert. Ich dachte, dass mich keiner hier verstehen würde.

"Ja, ich verstehe Euch. Singt uns doch etwas vor, ich würde Eure Stimme liebend gerne hören."

Ich seufzte leise, ich konnte dieser Elbe nichts abschlagen.

"Nun gut, aber ich singe Euch ein Lied, dessen Sprache Ihr nicht kennen werdet. Ich verstehe sie zwar auch nicht, aber ich liebe dieses Lied."

Ich erinnerte mich ganz schnell an den Text von 'Kuolema Tekee Taiteilijan' von Nightwish. Ich hatte zwar keine Ahnung, was dieser Text bedeutete, da ich kein Finnisch konnte, aber ich liebte dieses Lied wirklich und es war einfach nachzusingen.

Ich stand auf und schon lief es mir wieder eiskalt den Rücken runter. Alle Elben, und es schienen mehr zu sein, als vorher, standen um mich herum und schauten mich erwartungsvoll an. Ich hatte noch nie vor Publikum gesungen, nur immer zu Hause, wenn ich alleine war oder im Park, aber auch nur leise.

Ach, da musst du jetzt durch, Iara. Sie werden sowieso kein Wort verstehen und sie kennen das Lied ja auch nicht, also können sie dich gar nicht kritisieren.

"Fangt doch an. Ich bin gespannt auf Euer Lied.", forderte mich die Elbe auf und ich räusperte mich.
 

Kerran vain haaveeni nähdä sain

En pienuutta alla tähtien tuntenut

Kerran sain kehtooni kalterit

Vankina sieltä kirjettä kirjoitan

Luojani, luoksesi anna minun tulla siksi miksi lapseni minua luulee

Sinussa maailman kauneus

Josta kuolema teki minusta taiteilijan

Luojani, luoksesi anna minun tulla siksi miksi lapseni minua luulee

Oman taivaan tänne loin

Anna minun päästä pois
 

Ich gab mir wirklich Mühe, aber ich hatte das Gefühl, dass ich es total versaut hatte. Aber nachdem ich geendet hatte und in die Gesichter der Elben sah, erkannte ich Erstaunen und Entzücken.

"Ihr habt eine wundervolle Stimme, einer Elbe würdig. Aber sagt mir, was ist das für eine Sprache. Ich hörte sie niemals in meinem Leben zuvor.", lobte mich die wunderschöne Elbe und ich wurde leicht rot.

"Diese Sprache nennt man Finnisch. Und ich danke Euch für das Lob."

Sie und alle anderen Elben schauten mich fragend an. Ach ja, sie konnten ja nicht wissen, dass ich nicht von 'hier' war.

"Finnisch? Ich habe noch nie von einer solchen Sprache gehört. Wo wird diese gesprochen?", fragte sie mich gleich und ich überlegte mir schnell eine Ausrede.

"Sie wird in Finnland gesprochen. Das ist ein kleines Dorf am Rande des Auenlandes. Ich wuchs dort auf, erlernte aber nie die alte Sprache, nur dieses Lied hat man mir beigebracht.", log ich dann ohne rot zu werden.

"Ein Dorf das Finnland heiß? Das kenne ich nicht. Aber es ist eine wirklich schöne Sprache. Ich würde zu gerne wissen, wie dieses Lied übersetzt wird."

Ich lächelte verlegen und beteuerte ihr, dass ich mich schlau machen würde und sie dann so schnell wie möglich aufsuche.

Mit einem Nicken gab mir die Elbe zu verstehen, dass sie damit einverstanden war. Danach sprach sie mit den anderen Elben und kurz darauf waren alle verschwunden, bis auf sie.
 

"Sagt mir Euren Namen? Ich habe Euch in Düsterwald noch nie zuvor gesehen. Warum habt Ihr euer Volk nie besucht?", wandte sie sich dann wieder an mich und sah mich mit stechenden blauen Augen an. Ich zuckte unweigerlich zusammen. Dieser Blick hatte nichts mehr mit der Freundlichkeit zuvor zu tun.

Was war hier los? Hatte ich vielleicht doch eine gerechtfertigte Paranoia?

"Das ist leicht zu erklären. Ich konnte niemals weg. Ich wusste nicht, dass es noch andere wie mich gab. Ich wuchs sozusagen hinter Schloß und Riegel auf. Und bevor ich hierher kam, war ich in Bruchtal."

"Ihr wohnt im Palast? Seid Ihr Prinz Legolas versprochen?", fragte sie weiter.

Hatte sie nicht bemerkt, dass ich meinen Namen nicht genannt hatte? Oder kannte sie diesen schon? Ich hatte so ein komisches Gefühl in der Magengegend. Dieser Elbe konnte man nicht trauen.

"Nein. Ich würde diesen arroganten Macho niemals heiraten, vorher springe ich von einer Klippe.", antwortete ich ihr dann entrüstet und ein Lächeln huschte auf ihre Lippen.

"Dies lässt sich sicherlich einrichten.", murmelte sie und wandte sich ab.

Ich schaute sie entgeistert an. Was hatte die gerade gesagt? Die verarscht mich doch nach Strich und Faden. Ich muss aufpassen, das kann genauso gut diese Zicke sein oder ihre Schwester.

"Nun, ich danke Euch für die Gastfreundschaft, aber ich werde jetzt wieder gehen. Man erwartet mich sicher schon.", meinte ich dann hastig und wandte mich zum Gehen.
 

"Du wirst nirgendwo hingehen.", rief mir die Elbe nach und gerade noch rechtzeitig blieb ich stehen. Ich starrte nach unten. Vor mir lag ein steiler Abhang und unten floß ein reißender Fluß.

Wenn ich da jetzt rein gefallen wäre, den Sturz hätte ich wohl kaum überlebt.

Ich drehte mich rasch um und da stand Togeldûreth und lächelte mich hinterlistig an. Aus den nahen Büschen trat ihre Schwester hervor und auch ihr Blick zeigte Schadenfreude.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so leicht täuschen lässt. Aber ich wusste es von Anfang an: du bist nichts weiter als eine aufdringliche Elbe, die mir und dem Thron im Weg steht."

Ich schaute sie entgeistert an und mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinab. Diese Elbe war einfach nur geistesgestört!

"Hör mal zu, du Zicke. Ich hab nicht vor, dir deinen tollen Prinzen wegzunehmen. Der kann mich nämlich Kreuzweise. Du kannst ihn ruhig haben.", meinte ich dann gelassen und erntete dafür zwei feindliche Blicke.

"Ich werde ihn auch bekommen und meine Schwester bekommt den Menschen. Auch wenn ich nicht verstehe, warum sie ihn liebt."

Jetzt musste ich mich wirklich beherrschen, nicht laut zu lachen. Also, wenn ich paranoid bin, dann brauchen diese beiden Damen wirklich einen Psychiater, aber ganz dringend.

"Du stehst also auf Matt? Dann lass dir gesagt sein, dass er jeder Frau hinterher steigt.", wandte ich mich an Gwiwileth und ehe ich mich versah, wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen und ich hing mitten in der Luft und das auch noch weit weg von der Klippe.

Wie machten die das nur? Anscheinend haben sie doch irgendwelche magischen Kräfte. Grimmig schaute ich zu den beiden Elben, die nebeneinander mit jeweils einer erhobenen Hand, die auf mich zeigte, auf der Klippe standen und mir zulächelten.

"Du wirst niemandem mehr im Weg stehen.", rief Togeldûreth mir entgegen und keinen Augenblick später sah ich meine Waffen, die in ihre freie Hand schwebten und somit war ich schutzlos ausgeliefert.

Nein, noch nicht. Noch hatte ich ja meine Kräfte, aber ich war bei weitem nicht wütend genug auf die Beiden und wehtun wollte ich ihnen auch nicht, obwohl sie es eigentlich verdient hätten.
 

Togeldûreths POV
 

Da hing sie nun, ohne Waffen, völlig hilflos. Wir bräuchten nur eine einfache Handbewegung tun und sie würde auf Nimmerwiedersehen in die reißenden Fluten des Flusses unter ihr fallen. Dann würde sie keinem mehr auf die Nerven gehen und ich könnte schon bald den Thron besteigen und herrschen. Legolas und Düsterwald würden mein sein und ich würde dafür sorgen, dass sich niemand in unser Glück einmischt.

Gwiwileth würde ihren Menschen bekommen, wahrscheinlich ihre Unsterblichkeit für ihn aufgeben, aber auch das sollte mir gleichgültig sein. Sie war mir eigentlich auch nur immer im Weg. Die jüngere Schwester eben, die tut, was man ihr sagt, ohne wenn und aber.

"Die Aussicht hier oben ist ja wirklich grandios.", hörte ich dann auf einmal Iara sagen und verwirrt schaute ich zu ihr und ich traute meinen Augen nicht.

Da stand sie, auf der Klippe und schaute hinunter. Wie war sie von da oben runter gekommen? Wie konnte sie unseren Zauber brechen?

Und dann fiel mein Blick auf ihren Rücken, dort waren ihr Schwert und ihr Bogen samt Pfeilen. Ich schaute auf meine leere Hand und war kurz vor einem Wutausbruch.

"Wie hast du das gemacht? Wie hast du das nur gemacht?", schrie ich sie an und erhielt nur einen kühlen Blick.

"Weißt du, ich lasse mich nicht so leicht umbringen. Und wenn du Legolas haben willst, dann nimm ihn dir. Ich will ihn nicht. Genauso wie Matt, nimm ihn dir, Gwiwileth und du wirst sehen, was du davon hast.", meinte sie trocken, zog ihren Bogen und legte gleich zwei Pfeile ein.

Und tatsächlich zielte sie auf uns, aber sie konnte nicht mit zwei Pfeilen gleichzeitig schießen. Das konnten nur die besten Bogenschützen von Mittelerde und selbst ihnen fiel es nicht immer leicht.

"Am besten ihr geht jetzt und lasst mich in Ruhe oder ich lasse wohl ausversehen noch los."

Sie hob den Bogen noch etwas an, drehte ihn waagerecht und spannte die Sehne.

"Wir vergessen den kleinen Vorfall einfach. Ich will euch nicht verletzten, dafür sind mir die Pfeile zu schade.", sprach sie weiter und ich spürte Gwiwileths Fingernägel, die sich in meinen Arm bohrten.

"Schwester, lass uns gehen. Sie meint das ernst. Wir werden eine andere Möglichkeit finden, sie loszuwerden.", sprach sie leise auf mich ein und ich nickte.

"Ja, ihr werdet eine andere Möglichkeit finden, mich loszuwerden. Aber jetzt verschwindet, sonst werde ich euch los."

"Freue dich nicht zu früh, du törichte Göre.", schrie ich ihr entgegen, aber nur ein kaltes Lächeln huschte über ihre Lippen. Mit meiner Schwester im Schlepptau verschwand ich zwischen den Büschen.
 

Iaras POV
 

Sie verschwanden zwischen den Büschen und waren Sekunden später wie vom Erdboden verschwunden. Und auch die Klippe und der Fluß waren verschwunden und ich stand wieder im Wald, alleine. Ich ließ den Bogen sinken und verstaute die Pfeile wieder im Köcher. Zum Glück waren sie Leine gezogen und ich musste mich nicht lächerlich machen. Ich hätte niemals getroffen, schon gar nicht mit zwei Pfeilen. Und was war überhaupt über mich gekommen? Wie kam ich nur auf die schwachsinnige Idee auf die Beiden schießen zu wollen?

Und wie war ich wieder auf die Klippe gekommen? Zu meiner eigenen Überraschung stand ich dort plötzlich wieder. Ich konnte mich nur noch an ein kurzes Kribbeln im Bauch erinnern und dann stand ich wieder auf beiden Beinen auf dem Boden und starrte hinunter zum Fluß. Vielleicht hatte ich die besondere Fähigkeit des Rubin entdeckt ohne es zu wissen?

Es war ja auch schon so gewesen, als ich im Palasthof unter dem halben Berg stand und jede Sekunde mit meinem Tod rechnete. Vielleicht versetzte mich der Stein dort hin, wo ich gerne hinwollte, weg von Gefahren.

Wie praktisch, dann könnte ich mich ja jederzeit weg telepotieren, wenn mich meine Großmutter nervt. Aber ich verstand immer noch nicht, wie die Beiden auf die absurde Idee kamen, dass ich in Legolas oder Matt verliebt wäre. Davon gingen die doch echt aus und deswegen wollten sie mich loswerden.

Ich sollte wohl dem werten Prinz mal erzählen, wie seine Verlobte in spe so drauf war. Ach, er glaubte mir ja sowieso nicht.

Seufzend schaute ich mich um. Wo war ich hier eigentlich? Es waren keine Elbenhäuser zu sehen. Ich stand also mitten in einem mir unbekannten dunklen Wald herum und kam wohl nicht mehr nach Hause.

Ich schaute nach links und nach rechts, aber nichts kam mir bekannt vor und ich konnte auch keinen Pfad oder ähnliches erkennen.

Ich seufzte erneut und lief dann einfach auf gut Glück nach rechts, mitten in den Wald.
 

Ich lief und lief und der Wald schien immer dichter zu werden. Und solangsam gab ich auch jede Hoffnung auf, hier wieder heraus zu finden. Verdammt, war das unheimlich hier. Ich will hier weg!!

Bei jedem Geräusch zuckte ich nun zusammen und schaute mich panisch um. Hier und da raschelte es in den Bäumen und dann raschelte es wieder in den Büschen.

Aus der Ferne hörte ich ein Kratzen und ein Scharren, als ob jemand etwas ausgräbt oder ansägt. Ab und zu schrie ein Vogel und als ein Eichhörnchen oder etwas ähnliches über mir auf den nächsten Baum sprang, rannte ich voller Panik los und stolperte vor mich hin. Die Geräusche schienen mich zu verfolgen und sie schienen immer näher zu kommen. Die Blätter raschelten, die Äste knarrten. Die Bäume schienen sich zu unterhalten, mich auszulachen, zu verspotten.

Ich rannte und stolperte weiter, immer weiter. Ich versuchte, die Geräusche zu ignorieren, sie zu überhören, aber es klappte nicht.

Sie wurden immer lauter und bedrohlicher und der Wald wurde dichter, nur ab und zu erhaschte ich einen Blick auf den Himmel, der in einem leichten rot und orange getaucht war. War ich schon so lange hier?

Ich schlug mich durch die niedrig hängenden Äste und wurde plötzlich nach hinten gerissen. Ein ängstliches Wimmern kam über meine Lippen und versuchte mich zu befreien, aber je mehr ich mich bewegte, desto fester wurde der Griff. Es schien als würden mich Tausend Arme festhalten und mich erdrücken.

Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber ich geriet immer mehr in Panik, ich hatte solche Angst vor diesem Wald. Und außerdem erinnerte mich der feste Griff an meinen Vater. Ich wünschte, die Bäume würden mich laufen lassen. Bitte, lasst mich doch in Ruhe.

Ich kniff die Augen zusammen und vereinzelte Tränen liefen mir über die Wangen.

Nein, ich will nicht weinen. Ich will nur hier weg, weg von diesem grausamen, unheimlichen Ort. Ich wünschte mir immer und immer wieder aus dem Wald draußen zu sein, aber irgendwann gab ich die Hoffnung auf. Wenn man den Stein einmal brauchte, dann tat er keinen Gefallen.
 

"Iara, wo kommt Ihr denn jetzt her? Macht die Augen auf. Es ist alles in Ordnung.", sprach plötzlich eine Stimme und ich öffnete langsam die Augen.

Ich stand wieder dort, wo ich losgegangen bin. Verwirrt schaute ich mich um.

Wie lange stand ich schon hier? Hatte mein Stein meinen Wunsch doch erhört?

"Alles in Ordnung bei Euch? Ihr seht so verängstigt aus.", erklang die Stimme erneut und ich drehte mich erschrocken um.

Ich hatte mich noch nie so gefreut, jemanden zu sehen, auch wenn es nur Legolas war, der mich aus diesen wahnsinnig schönen blauen Augen fragend und besorgt anblickte.
 

Legolas' POV
 

Als Togeldûreth und ihre Schwester im Schloss ankamen, schienen sie nicht sonderlich gut gelaunt zu sein. Sie kam Aragorn und mir gleich entgegen und blieb wütend vor uns stehen und ihr Blick war undefinierbar, irgendwas zwischen Wut und Verzweiflung.

"Sorgt endlich dafür, dass diese kleine Göre verschwindet. Sie hat im Palast nichts zu suchen.", zischte sie sofort und ich schaute sie etwas verwirrt an.

Meinte sie Iara? Wieso sollte sie verschwinden? Diese Elbe hatte sie wirklich nicht mehr alle...

"Iara bleibt wo sie ist, im Palast. Sie ist Gast bei uns, genau wie Ihr. Findet Euch damit ab oder kehrt nach Hause zurück.", antwortete ich ihr dann kühl und fing gleich einen weiteren Blick ein.

"Dann solltet Ihr sie vielleicht suchen gehen, bevor sie noch jemanden verletzt. Uns zu bedrohen....."

Mehr sagte sie nicht. Sie hatte ihre Schwester am Arm gepackt und war an uns vorbei gerauscht. Verwirrt blickte ich zu Aragorn, der genauso ratlos war wie ich.

"Was meint sie damit?", fragte ich ihn nach kurzem Schweigen und der Waldläufer zuckte mit den Schultern.

"Dass wir Iara vielleicht wirklich suchen sollten. Sie kennt sich hier nicht aus und wer weiß, was Togeldûreth mit ihr angestellt hat. Ich traue deiner Verlobten nicht über den Weg."

Ich schaute ihn wütend an und verschränkte die Arme.

"Ich will sie ja gar nicht als Verlobte. Ich hoffe, dass ich sie so schnell wie möglich wieder los werde."

"Schon gut. Du reitest in den Wald, du kennst dich besser aus. Am Ende verlaufe ich mich auch noch und ich reite zu den anderen Elben und frage sie, ob sie Iara vielleicht gesehen haben.", meinte Aragorn amüsiert und heftig auf ihn einredend folgte ich ihm zu den Ställen.
 

Wir trennten uns an der Weggablung zur Siedlung und in den unbewohnten Wald.

Ich ritt öfter dorthin, weil ich die Ruhe und den Frieden dort so liebte.

Aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Iara dort war. Und wenn? Wie war sie da nur hingekommen? War es vielleicht meine Schuld gewesen? Immerhin ist sie wegen meiner Worte davongelaufen.

Ich ließ Iavas im Schritt gehen und lauschte dem Rascheln der Blätter. Vielleicht konnten sie mir sagen, wo ich diese Nervensäge finden würde.

Ich war überraschte, als sie plötzlich ein paar Meter vor mir auftauchte. Sie hatte die Augen geschlossen, zitterte am ganzen Körper und ihre Arme waren verkratzt. Sofort sprang ich von Iavas ab und lief zu ihr.

Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei, aber ich erhielt keine Antwort. Ich fragte erneut und als sie ihr Gesicht zu mir wandte, erschrak ich mich doch etwas. Sie schien geweint zu haben. Hatte der Wald sie etwa so erschreckt?

Ich wartete immer noch auf eine Antwort, aber sie schaute mich einfach nur an und im nächsten Moment hatte sie die Arme um meinen Bauch geschlungen, drückte sich an mich und vergrub das Gesicht an meiner Brust.

Überrascht und verwirrt schaute ich auf das verängstigte Mädchen hinab und wusste nicht, was ich tun sollte. Wenn sie realisieren würde, was sie hier tat, dann würde ich nicht lebend aus dem Wald herauskommen. Aber sie schien eine solche Angst zu haben, dass sie das gar nicht weiter störte.

Zögerlich legte ich dann doch die Arme um sie und strich ihr beruhigend über den Rücken.

"Was ist denn passiert?", fragte ich leise und fragte mich selbst, was ich hier eigentlich tat. Doch schon die bloße Erinnerung schien sie noch mehr zu ängstigen, denn sie fing wieder an zu zittern und ihre Schultern bebten verdächtig. Sie weinte doch nicht etwa? Doch die Frage erübrigte sich gleich, denn ein gedämpfter Schluchzer erklang und ich reagierte einfach: ich nahm sie fester in die Arme, legte meinen Kopf sachte auf ihren und sprach beruhigen in meiner Sprache auf sie ein.
 

Und es schien tatsächlich zu helfen, sie zitterte nicht mehr und das Weinen wurde leiser.

"Ich will nach Hause. Bring mich nach Hause, bitte.", ertönte es dann leise und ich lächelte, nahm sie auf die Arme und trug sie zu Iavas.

Die ganze Situation stimmte mich nachdenklich. Gerade hatte sie mir ihr wahres Gesicht gezeigt, auch wenn sie mich später dafür hassen würde.

Sie tat nur immer so stark und unnahbar, dabei war sie einfach nur einsam und verängstigt. Aber das wollte sie ja nicht glauben und schon gar nicht zugeben.

Vorsichtig setzte ich sie auf Iavas und sprang dann leichtfüßig hinter ihr auf, nahm die Zügel mit der rechten Hand auf und legte den anderen Arm um ihre Hüfte, schon allein deswegen um sicherzugehen, dass sie nicht vom Pferd fiel.

Die ganze Zeit über hatte sie kein einziges Mal aufgeschaut, hielt das Gesicht nun an meiner Schulter versteckt. Ich ließ Iavas' Zügel lang und er trottete gemächlich Richtung Palast. Das sanfte Schaukeln des Pferdes ließ sie wohl schläfrig werden, denn mit einem leisen "Danke.", schlief sie ein.

Mit nachdenklichem Blick blickte ich auf die schlafende Elbe und lächelte leicht beim Anblick ihres friedlichen Gesichtsausdrucks.

Jetzt sah sie aus wie ein Engel, wunderschön und zum greifen nah. Oder doch so weit entfernt? Empfand ich mehr als Freundschaft für sie?

Kapitel 17

Vielleicht muß man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen. (Chamfort)
 

Kapitel 17
 

Ich saß auf der Brüstung meines Balkons, den Bogen in der Hand, den ich eigentlich neu spannen wollte, und starrte in den Garten. Oder besser ich beobachtete Iara, die auf einem Findling am See saß, ihr merkwürdiges Gerät auf dem Schoß hatte und ins Wasser starrte.

Ihre Finger bewegten sich leicht zu der, für mich nicht vorhandenen, Musik und sie hatte einen traurigen und nachdenklich Gesichtsausdruck.

Seit gestern hatte sie kein Wort mehr gesprochen, hatte schweigend gefrühstückt und war dann gleich hinaus in den Garten und hatte sich seitdem nicht mehr blicken lassen. Zu gern würde ich wissen, was gestern abend im Wald passiert war. Was sie so sehr geängstigt hatte.
 

Iavas hatte gestern kaum das Tor durchschritten, als Bereth völlig aufgelöst aus dem Palast kam. Ich hoffte inständig, dass sie jetzt keine Szene machen würde und Iara einfach schlafen ließ.

Eine Wache half mir, die schlafende Elbe vom Pferd zu heben und versorgte dann Iavas. Ich war keinen Schritt gelaufen, als Bereth schon vor mir stand und mich mit wütendem Blick anstarrte.

"Wo war sie?", fragte sie kurz und knapp und ich zuckte die Schultern. Ich wusste es nicht, was sollte ich ihr schon antworten.

"Legolas, wo war sie?", fragte sie erneut und diesmal schärfer. Ich schloß einen Moment die Augen und seufzte leise.

"Bereth, ich weiß es nicht. Und auch wenn ich es wüßte, würde ich es dir nicht sagen, weil das ihre Aufgabe ist, nicht meine."

"Dieses Kind macht nur Ärger. Verschwindet ohne etwas zu sagen und lässt sich dann nach Hause tragen. Ich glaube, ich werde ein Machtwort sprechen müssen. Sie weiß ja gar nicht, wie viele Sorgen ich mir um sie mache.", zeterte sie weiter und ich seufzte erneut.

"Es war meine Schuld, dass sie verschwunden ist und ich habe sie gesucht. Sie hatte sich im Wald verlaufen, ich habe sie gefunden und sie ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Da wecke ich sie nicht noch einmal auf, nur damit sie dir erklären kann, wo sie war. Sei froh, dass ihr nichts passiert ist, denn hier will ihr jemand etwas antun. Und wenn du mich jetzt entschuldigst, ich bringe deine Enkeltochter, die dir soviel Sorgen bereitet, in ihr Bett, damit sie sich erholen kann.", antwortete ich ihr mühsam beherrscht.

Ich konnte und wollte sie nicht verstehen. Ihre Enkelin verlief sich in einem ihr völlig unbekannten Wald und sie hatte nichts besseres zu tun, als sich darüber aufzuregen. Ich verstand die Menschen nicht und ich würde sie auch nie verstehen. Sie sprechen von Liebe und Familie und hatten doch nichts besseres zu tun, als sich anzuschreien oder sogar zu bekämpfen. Was soll daran Liebe sein? Für mich war das keine Liebe.....

"So kannst du nicht mit mir reden, Legolas. Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, wo sie war. Und ihr passiert nichts, sie kann gut auf sich selbst aufpassen. Ich kenne sie gut genug...."

Bereth war kurz davor, zu schreien. Sie unterdrückte ihre Wut nur mühsam und auch ich konnte mich nicht länger beherrschen. Wenn Iara nicht auf meinen Armen schlafen würde, dann würde ich Bereth etwas berichten, das sie so schnell nicht vergessen würde.

"Oh doch, Bereth, ich kann in diesem Moment so mit dir reden, weil ich das Recht dazu habe. Du kommst hier angelaufen und deine erste Frage ist, wo Iara war. Du fragst nicht, wie es ihr geht oder ob sie verletzt ist. Nein, du willst nur wissen, wo sie war, damit du sie wieder anschreien kannst, damit du dich im Recht fühlst. Ich habe sie für respektlos dir gegenüber gehalten, aber so wie es aussieht, hatte sie vollkommen recht. Du behandelst sie wie ein Kind, das sie nicht mehr ist. Es mag wohl sein, dass sie auf sich selbst aufpassen kann, aber wenn sie niemanden hat, auf den sie sich verlassen kann, dem sie vertrauen kann, dann wirst du bald nichts mehr von deiner Enkelin haben. Dann wird sie nicht durch die Waffe eines Gegners sterben, sondern an der Einsamkeit in ihrem Herzen."

Mit diesen Worten ließ ich eine völlig überrumpelte Bereth zurück und ging mit unterdrücktem Zorn in den Palast. Ich hatte Iara auf ihr Zimmer gebracht, sie behutsam ins Bett gelegt und war gleich wieder gegangen. Ich konnte sie einfach nicht mehr anschauen ohne daran zu denken, was im Wald geschehen war.
 

Während ich sie betrachtete, war mir das Gespräch mit Bereth wieder in den Sinn gekommen. Hatte ich vielleicht überreagiert? Oder hatte ich Recht gesprochen?

Bereth war auf jeden Fall zu meinem Vater gelaufen und ich hatte deswegen heute Morgen schon eine heftige Auseinandersetzung mit ihm.

Jetzt sprachen beide kein Wort mehr mit mir und um ehrlich zu sein, ich war nicht traurig darüber. Ich hatte Bereth nur das gesagt, was ich dachte. Vielleicht war es nicht der richtige Moment dafür gewesen, aber mir war einfach der Kragen geplatzt.

Und dann waren da noch andere Fragen, die mich beschäftigten. Allen voran die Frage, ob ich mehr für Iara empfand, als ich zugeben wollte.

Als sie mich ohne Vorwarnung umarmte, hatte ich so ein seltsames Gefühl von mir Besitz ergriffen. So etwas hatte ich zuvor noch nie gefühlt und mich hatten, bei Eru, bereits viele Frauen berührt. Schon allein bei den ganzen Festen, wenn mich mein Vater gezwungen hatte mit ihnen zu tanzen.

Und warum hatte ich sie umarmt? Aus reiner Erziehung? Um sie zu trösten? Oder weil ich sie beschützen wollte? Fragen über Fragen und keine konnte ich mir beantworten.
 

Iaras POV
 

Nachdenklich starrte ich in das klare Wasser des Sees. Ich saß schon seit Stunden auf dem Stein und starrte hinein. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt, nur manchmal kräuselte sich das Wasser unter dem leichten Wind, der darüber wehte. Ich hatte meinen MP3-Player auf dem Schoß und hörte Apocalyptica. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich die Band darauf hatte, aber die rein instrumentale Musik beruhigte mich irgendwie.

Und ich hatte wirklichen Bedarf an Beruhigung. Die Sache gestern im Wald ließ mich einfach nicht mehr los.

Warum hatte ich das getan? Verdammt, ich hatte ihn umarmt! Ich hatte Legolas, den Obermacho, freiwillig umarmt. Hatte mich der kleine Trip in den Wald so sehr verunsichert? War ich so benebelt gewesen?

Oder war es einfach nur die Angst gewesen, die Angst und die Erinnerungen?

Ich hatte sogar geweint, ich weinte sonst nie. Nicht einmal bei der aller traurigsten Musik oder Filmszene. Das ließ mich eigentlich immer kalt.

Nicht einmal bei der Beerdigung meiner Mutter hatte ich geweint. Da hatten mich dann erst Recht alle für kalt und gefühllos gehalten. Aber wie sollte ich weinen, wenn ich es nicht konnte? Wenn ich innerlich ebenfalls gestorben war? Wie konnte ein toter Mensch weinen? Wie konnte ein toter Mensch ausgerechnet dann weinen, wenn er es am allerwenigsten wollte?

Ich wollte nicht vor ihm weinen, aber als er seine Arme um mich legte und mich tröstete, brach es einfach aus mir heraus.

Die Angst, die Einsamkeit, alles weinte ich aus mir heraus und es schien ihn gar nicht zu stören. Er hat mich einfach nur im Arm gehalten und mich getröstet.

Hatte ich ihn so falsch eingeschätzt? War er es doch wert, dass man mit ihm normal sprach und sogar sein Herz bei ihm ausschüttete? Konnte ich ihm alle meine Sorgen anvertrauen? So wie er es in Bruchtal schon einmal wollte?

Seufzend strich ich mir mit der Hand durch die Haare. Ich hatte Kopfschmerzen und das kam nicht von der Musik. In meinem Kopf schwirrten einfach zu viele Fragen umher, viel zu viele. Und ich konnte mir keine einzige davon beantworten....

Warum passierte mir immer so etwas? Und wie sollte ich mich jetzt vor Togeldûreths Mordanschlägen schützen? Wenn die herausfand, dass ich Legolas umarmt hatte, dann Gnade mir Gott. Die dachte ja sowieso schon, dass ich ihn liebte. Und da musste ich mir die Frage stellen, ob es nicht wirklich so war.

NEIN! Auf gar keinen Fall. Das war eine einmalige Sache und auch nur, weil ich solche Angst in diesem Wald hatte und froh war, ein lebendes Wesen auf zwei Beinen zu sehen. Kurzschlussreaktion, mehr nicht und damit war die Sache erledigt.
 

Ich schaute weiter in das Wasser, das gerade kleine Wellen schlug. Der Wind fuhr mir sacht durchs Haar und ich hob mein Gesicht in die kühle Luft.

Doch dann fiel mein Blick zurück ins Wasser und aus den kleinen Wellen erschien ein Bild, ein Bild von einem Baum.

Ich zuckte unweigerlich zusammen. Diesen Baum hatte ich doch schon einmal gesehen? Ja, genau! In Bruchtal, in der Bücherei, als ich auf der großen Karte nach Düsterwald suchte. Dort würde wohl der nächste Stein sein. Welcher ist es diesmal? Ich schaute den Baum im Wasser aufmerksam an und etwas grünes schien aufzublitzen.

Aha, diesmal war es ein grüner Stein, wohl dann der Stein für das Element Erde?

Ich schaute weiter. Mit einem Trugbild im Wasser konnte ich leider nicht bestimmen, wo dieser Baum denn nun war.

Vielleicht sollte ich Legolas mal fragen? Ich seufzte. Da war er schon wieder. Ich wollte doch nicht mehr an ihn denken müssen, aber mir blieb wohl nichts anderes übrig. Ich wollte gerade aufstehen, als ein schwarzer Schatten, der über die Wasseroberfläche huschte, mich zurückhielt. War das der Wächter gewesen? Wenn ja, dann war er aber verdammt schnell wieder weg gewesen.

Ich starrte noch eine Weile, aber der Schatten kam nicht zurück und auch der Baum wurde immer blasser und war irgendwann ganz verschwunden.

Ich seufzte erneut und stellte die Musik ab. Ich musste Legolas wohl oder übel fragen gehen. Vielleicht schaffte ich es sogar, den Rubin zu benutzen. Zweimal hatte es schon geklappt. Ich konzentrierte mich ganz genau auf Legolas' Zimmer und tatsächlich klappte es.

Ich fühlte wieder dieses Kribbeln im Bauch und als ich mich eine Sekunde später umdrehte, stand ich tatsächlich in seinem Zimmer.

Ich glaubte es jedenfalls, denn von dem Besitzer war nichts zu sehen.
 

Legolas' POV
 

Ich traute meinen Augen nicht, als sie auf einmal einfach verschwunden war.

Wie hat sie das nun wieder angestellt? Diese Frau war mir einfach ein großes Rätsel.

Ich seufzte und stand auf. Ich hatte jegliche Lust daran verloren, meinen Bogen neu zu spannen oder auch sonst etwas zu tun. Ich wollte einfach nur nachdenken.

Als ich mich umdrehte, bekam ich einen gewaltigen Schreck.

Da stand Iara, mitten in meinem Zimmer, und schaute sich leicht verwirrt um.

"Wie kommst du denn so schnell hier her?", platzte es dann nach einer Schrecksekunde aus mir heraus. Sie drehte sich verwirrt zu mir um und auch sie sah leicht erschrocken aus.

"Ich hätte ja gerne angeklopft, aber auf meinem Weg lag keine Tür. Ich glaube, so langsam kriege ich das raus.", meinte sie und ich schaute wohl ziemlich dämlich drein, denn sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Ich meine, dass ich solangsam mit meinen Steinen zurecht kommen.", klärte sie mich dann auf. Ich nickte und trat in mein Zimmer. Eigentlich war es gerade ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, dass gerade SIE hier auftauchte.

Ich konnte meine Gedanken ihr bezüglich nicht klar ordnen und dann stand sie einfach in meinem Zimmer und lachte mich aus.

Ich legte seufzend den Bogen beiseite und schaute dann wieder zu ihr.

"Also, was wollt Ihr?", fragte ich dann leicht gereizt und verschränkte die Arme. Das schien sie genauso zu verunsichern wie mich. Warum war ich nun wieder so abweisend zu ihr? Weil ich nicht wollte, dass sie irgendwelche Gefühle meinerseits für sie entdeckte?

Schwachsinn, Elben waren durchaus in der Lage Gefühle zu verstecken auch ohne unfreundlich zu werden. Oder hatte ich da etwas falsch verstanden?

"Nun, ich wollte Euch eigentlich nur etwas fragen. Aber wenn ich ungünstig kommen sollte, dann werde ich wieder gehen und mich anderweitig erkundigen.", antwortete Iara mir dann genauso gereizt und wandte sich zum gehen.
 

"Nein, warte. Es tut mir Leid. Mir geht nur soviel im Kopf herum."

Das schien sie noch mehr zu verwirren, denn sie schaute mich an, als wäre ich verrückt. Ich ging auf sie zu, packte ihre Hand und führte sie auf den Balkon.

Dort drückte ich sie sanft auf einen Stuhl und setzte mich selbst auf die Brüstung.

"Aber ich kann auch wirklich wieder gehen, wenn Ihr keine Zeit habt...", versuchte sie verunsichert, sich aus der Sache herauszuwinden. Doch ich schüttelte den Kopf und lächelte sie an.

"Lassen wir das Vornehme. Ich denke, dass wir uns jetzt schon soweit kennen, dass man das auch lassen kann. Was willst du fragen?"

Und wieder schaute sie mich an, als würde ich gleich umfallen.

"Ich....ich wollte eigentlich nur fragen, ob du vielleicht einen bestimmten Baum kennst. Er ist ziemlich groß und blass....", stotterte sie dann und schaute zu Boden.

"Ein großer, blasser Baum?", fragte ich dann ungläubig und schon sprang sie auf.

"Ich hätte nicht fragen sollen. Hätte ich mir auch gleich denken können, dass du mich wieder auslachst.", schmollte sie und wandte sich erneut zum gehen, doch ich war schneller. Rasch nahm ich ihre Hand, zog sie zu mir und blickte ihr in die Augen.

"Ich lache dich nicht aus. Ich habe nur noch nie etwas von einem solchen Baum gehört. Und du bist dir sicher, dass er in Düsterwald ist?"

Meine AkReaktion schien sie so sehr zu verunsichern, dass sie nur noch nicken konnte. Hatte es ihr etwa die Sprache verschlagen?
 

Iaras POV
 

Da stand ich nun vor ihm, er hielt meine Hand immer noch fest und dann blickten mich wieder diese blauen Augen an. Mir verschlug es wirklich die Sprache und ich konnte auf seine Frage nur noch nicken.

Warum verwirrte er mich nur so? Ein Blick von diesen Augen ließ mich förmlich den Verstand verlieren. Und dann hielt er auch noch meine Hand dazu und es war mir noch nicht einmal unangenehm. Irgendwie war es schön von ihm angeschaut und berührt zu werden, er strahlte sowas vertrauenswürdiges aus.

"Du wirst ihn schon finden.", sagte er dann plötzlich und riss mich aus meiner Trance. War ich jetzt bescheuert oder war er tatsächlich näher als vor ein paar Sekunden? Nein, ich war nicht bescheuert: er war eindeutig näher gekommen oder war ich näher gekommen?

Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich gleich in seinen Augen versinken würde, wenn ich nicht gleich etwas unternahm.

"Ähm....also....danke....ich geh dann mal....wieder....", stotterte ich leise, doch es schien ihn gar nicht zu interessieren.

Ich schaute mir einfach weiter in die Augen und ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Er wird doch nicht? Ich werde doch nicht?

Sein Gesicht war wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich musste mich beherrschen, ihn jetzt nicht einfach zu küssen.

"Ich....sollte wirklich....gehen....", flüsterte ich und dann brachte ich keinen Ton mehr heraus, was einen ganz einfachen Grund hatte: Legolas KÜSSTE mich. Er hatte seine Lippen einfach auf meine gelegt, einfach so, ohne Grund.

Und es war ein schöner Kuss: er war ganz leicht, kaum spürbar. Und seine Lippen waren so....so....

Und dann meldete sich mein Gewissen. Ich riss meine Hand los und wich zurück.

Der Elb schaute mich mit großen Augen an und ich schaute wohl kaum besser.

"Ich gehe jetzt besser.", sagte ich fest und rannte so schnell wie möglich aus seinem Zimmer.
 

Legolas' POV
 

Erst das Knallen der Tür riss mich aus meiner Trance. Was hatte ich da gerade getan? Das war alles ein Traum. Ich hatte sie nicht zurückgehalten. Ich hatte sie nicht an mich gezogen. Ich hatte sie nicht geküsst. Ich hatte sie geküsst...

Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich weiß es nicht, ich hatte gar nicht mehr gedacht. Ich hatte einfach nur noch diese grünen Augen und diese weichen Lippen gesehen und dann waren mir wohl die Pferde durchgegangen.

Seufzend fuhr ich mir durch die Haare. Obwohl ich es eigentlich nicht gewollt hatte, es war schön gewesen.

Es war vielleicht kein richtiger Kuss gewesen, aber es war schön, einmalig. Nach dieser Sache würde ich wohl den morgigen Tag nicht mehr erleben.

Und es hat auch überhaupt nichts gebracht: ich stand immer noch am Anfang, wenn nicht noch weiter vorne. Ich wusste immer noch nicht, was ich für sie empfand, nach dieser Sache würde ich wohl eine Weile nur noch Schmerz empfinden.

Ich seufzte erneut und erhob mich. Kein Wort würde sie mehr mit mir reden. Mir nicht mal mehr zu nahe kommen oder mich auch nur ansehen.

Ich packte meinen Bogen, spannte einfach eine neue Sehne ein und verließ mein Zimmer, aber nicht ohne meinen Köcher.
 

Ich lief gerade die Haupttreppe hinunter, als mir Aragorn entgegen kam.

"Ah, gut das du kommst. Wir reiten weiter. Iara kam völlig, nun, sie schien mir verwirrt, verwirrt zu uns und hat uns zum Aufbruch aufgefordert.", erklärte er mir und schaute mich dann erst richtig an.

"Und du siehst auch nicht besser aus. Ist was passiert?", fragte er, doch ich schüttelte den Kopf.

"Alles in Ordnung. Lass uns gehen.", meinte ich und lief einfach an ihm vorbei in den Hof. Dort stenden meine Freunde oder besser, sie saßen bereits auf den Pferden und sie schienen nur auf mich zu warten. Nachdenklich ging ich zu Iavas, der schon gesattelt bereit stand und wollte gerade aufsteigen, als jemand meinen Namen rief.

Genervt wandte ich mich um. Diese penetrante Stimme konnte nur Togeldûreth gehören. Sie kam eilig auf mich zugelaufen, im Schlepptau ihre Schwester, die aber zu Matt ging.

Unauffällig schaute ich zu Iara, die auf Faer saß und zu Togeldûreth und mir schaute. War sie etwa eifersüchtig? Ihrem Blick zufolge war sie es.

Als mir plötzlich ein etwas unsanfter Kuss aufgedrückt würde, riss ich meine Gedanken los und starrte Togeldûreth an, die mit einem siegessicheren Blick vor mir stand.

"Was soll das?", knurrte ich, doch es schien sie wenig zu interessieren. Ihr Blick war auf jemand anderen gerichtet und ich konnte mir durchaus denken, auf wen. Rasch blickte ich ebenfalls zu Iara, die gerade Faer wendete, den anderen ein Zeichen gab und aus dem geöffneten Tor ritt.

Ich hatte nur einen kurzen Blick auf ihr Gesicht erhaschen können, aber dieser Blick genügte. Und wenn mich mein Elbenauge nicht getäuscht hatte, dann war sie wütend. War sie doch eifersüchtig?
 

Iaras POV
 

Diese blöde Kuh! Küsste sie ihn einfach vor meinen Augen. Das Gwiwileth Matt, gegen dessen Willen, geküsst hatte, war eigentlich amüsant gewesen und ich wollte auch schon loslachen, als mein Blick auf diese blöde Schnepfe fiel.

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, wie konnte sie es wagen.

Und wie konnte ich es wagen, so etwas zu denken? Man könnte ja noch meinen, dass ich eifersüchtig wäre.

War ich eifersüchtig? War ich so verwirrt durch diesen Kuss gewesen, dass ich auch schon eifersüchtig wurde? Was war das für eine Logik?

Ich verwarf jeglichen Gedanken an diesen Obermacho Legolas und dieser Zicke Togeldûreth und konzentrierte mich auf den nächsten Stein.

Bereth hat schon beim Rubin gesagt, dass er mich rufen würde und so war es auch diesmal. Ein leise, undeutliche Stimme in meinem Kopf lotste mich durch den dichten Wald. Ich trieb Faer immer weiter an und er wich geschickt den Bäumen, tief hängenden Ästen und Büschen aus.

Ob die anderen hinterher kamen, war mir eigentlich relativ egal. Sollten die doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Ich konnte das auch alleine und brauchte niemanden, der meine Hand hielt.

Die Bäume wurden höher und das Blätterwerk dichter, so dass fast keine Sonnenstrahlen den Waldboden erreichten.

Das Rufen in meinem Kopf wurde deutlicher und ich hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Was würde mich diesmal erwarten? War der Wächter sehr stark? Und wie sollte ich mit dem neuen Stein umgehen? Was waren die Kräfte der Erde?

Und wieder so viele Fragen. Wann hörte das endlich auf? Ha, schon wieder. Das wird ja immer schlimmer. Irgendwann lief ich als lebendes Fragezeichen durch die Welt. Eine schreckliche Vorstellung.

Aber durch diese Vorstellung verdrängte ich wenigstens die aufkommende Angst und die Zweifel, die in mir tobten.

Das Blätterwerk der Bäume war nun so dicht, dass gar keine Sonnenstrahlen mehr hindurch scheinen konnten und so musste ich mich doppelt konzentrieren.

Ich folgte dem Ruf, oder folgte ich meinem Herzen, und lenkte Faer so gut es ging zwischen den Bäumen hindurch.

Ab und zu schrie irgendwo ein Vogel und irgendwelche Tiere raschelten im Buschwerk. Nein, ich hatte keine Angst, diesmal nicht.

Und gerade als mich meine Angst übermannen wollte, brach der Wald auf.

Helles Licht fiel auf die Lichtung und in mein Gesicht. Ich zügelte Faer und starrte mit großen Augen auf den Baum mitten der Lichtung.

Es war groß, größer als auf dem Wasserbild. Und er war wirklich blass, groß und blass.

Die Blätter waren rund und schienen durch die Sonnenstrahlen, von denen sie beschienen wurden, fast weiß zu sein. Der Stamm war dick und die mächtigen Wurzeln ragten aus der Erde. Es hätten mühelos die vier Hobbits aufeinander gestapelt darunter gepasst.

Alles in allem war es ein Anblick, der einen vor Ehrfurcht erstarren ließ.

Und gerade, als ich drohte in dem Anblick zu versinken, blitzte etwas grünes mitten im Stamm auf. Da war er, der dritte Stein, mitten in diesem wunderschönen Baum.

Kapitel 18

Meist belehrt erst der Verlust über den Wert der Dinge. (Schopenhauer)
 

Kapitel 18
 

Alle Steine zu besitzen und dann für immer aus Mittelerde zu verschwinden, war einfach eine grandiose Vorstellung, aber wer garantierte mir, dass ich auch wirklich wieder zurückkehren konnte? Wenn der Aquamarin einen zweiten Wunsch von solchen Ausmaßen nicht erfüllen konnte? Oder noch schlimmer: wenn ich hier sterben würde? Dann konnte ich mir die Heimreise wirklich abschminken.

Aber die gruseligste Vorstellung war immer noch die, wegen einem Kerl hier zu bleiben. Pah, ich würde doch nicht wegen diesem Obermacho in dieser verrückten Welt bleiben! Niemals, der konnte mich einmal kreuzweise!

Und wieso dachte ich jetzt schon wieder an ihn?

Dagegen musste ich unbedingt etwas tun, aber später, erst einmal den nächsten Stein holen und dann verschwinden.

Das Einzige, das mir noch etwas Sorgen bereitete, war dieser Schatten, der über das Bild des Baumes gehuscht war. War es nur ein Vogel gewesen, der zufällig über das Wasser geflogen war und dessen Schatten ich gesehen hatte oder war es doch der Wächter gewesen? Ich hoffte zumindest inständig, dass es nur ein ziemlich großer Vogel gewesen war. Aber ich hatte das Gefühl, ich würde sowieso umsonst hoffen.

Langsam stieg ich von Faer und ließ die Zügel los, worauf der Rappe sofort das nächstbeste Plätzchen mit saftigem Gras suchte und zwischen den Bäumen verschwand. Seufzend schaute ich ihm nach und zuckte dann mit den Schulter. Was brachte mir ein Pferd um den Stein zu erkämpfen?

Rasch warf ich einen Blick in die Richtung, aus der ich gekommen war, aber von den Anderen war noch keiner in Sicht.

Zufrieden nickte ich und wandte mit dann zu dem Baum, in dessen Stamm der Stein verborgen lag und der mir jetzt auffordernd zu blitzte.

Langsam und vorsichtig lief ich auf den Baum zu und schaute mich immer wieder um. Wer wusste schon, vielleicht brach jetzt der Wächter auf einmal durch das Gebüsch oder es waren andere Fallen aufgestellt. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste, wie es meine Großmutter immer zu sagen pflegt.

Erschrocken fuhr ich herum, als irgendwo ein Ast krachte und Flügelschlagen zu hören war. Was war ich denn so schreckhaft geworden? Wenn mir das früher passiert wäre, dann wäre ich da einfach durchgelatscht, hätte den Stein geholt und wäre wieder gegangen.

Lag es vielleicht an......NEIN, nicht schon wieder wollte ich an ihn denken. Der Kerl raubte mir nur den Verstand, den ich jetzt dringend benötigte.

Diesmal ging ich etwas rascher weiter. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit und ich wollte so schnell wie möglich wieder verschwinden. Vor einer mächtigen Wurzel blieb ich stehen und streckte den Arm aus. Vorsichtig berührte ich mit den Fingern die Rinde des Baumes und zuckte erstaunt zurück. Sie war ganz kalt und glatt, fast wie ein Spiegel, aber darin sehen konnte ich mich nicht.

Und wie sollte ich jetzt den Stein holen? Der hing nämlich nicht wirklich nah am Boden, sondern in der Mitte und wenn der Stamm genauso glatt wie die Wurzel war, dann konnte ich lange versuchen hochzuklettern. Nachdenklich ging ich unter der Wurzel hindurch bis zu dem mächtigen Stamm und blieb davor stehen.

Langsam wanderte mein Blick den Stamm nach oben, bis zu dem Stein und blieb daran hängen.

Wie komme ich da jetzt hoch? Fliegen konnte ich nicht, aber konnte ich mir es nicht wünschen? Sollte ich mir Flügel wünschen oder sollte ich mir einfach nur den Stein her wünschen? Beim Rubin hatte es auch geklappt, aber den hatte ich durch bloß Willenskraft zu mir gerufen und da war ich auch noch in Gefahr gewesen. Hier bedrohte mich kein durchgeknallter Wächter, der mich auf Biegen und Brechen umbringen wollte.

Ein erneutes Rascheln ließ mich herumfahren. Angestrengt starrte ich in die Richtung, aus der das Rascheln kam und versuchte den Übeltäter ausfindig zu machen, aber nichts rührte sich. Nicht mal ein Vogel oder ein Eichhörnchen kam aus dem Busch heraus.

Irgendjemand beobachtet mich, soviel wusste ich bereits. Oder übermannte mich meine Paranoia erneut? Was würde ich jetzt nicht dafür geben, dass ein bestimmter Elb hier auftauchen würde und....

Sofort schlug ich mir gegen die Stirn. Ich fasste es einfach nicht: warum verschwand er nicht einfach aus meinem Kopf? Warum ging das nicht?

Ich musste es einfach weiter versuchen, einfach versuchen ihn zu vergessen und mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren.

Wenn das nur so leicht wäre. Genervt raufte ich mir die Haare und Sekunden später drehte ich mich wie von der Tarantel gestochen um.

„Wie lange seid ihr schon hier?“, fauchte ich meine Beschützer an, die mich anstarrten, als würde ich gleich umfallen. Besonders Legolas hatte diesen speziellen Blick drauf, mit dem er mich immer anschaute.

„Lange genug um deinen Ausbruch mitzubekommen.“, stichelte Matt sofort und ich wünschte ihm die Pest an den Hals. Und nebenbei fiel mir dann auch noch ein, dass ich vorsichtig mit meinen Wünschen sein musste. Aber da konnte man doch eine Ausnahme machen, oder?

Er wollte mir gerade noch etwas an den Kopf werfen, als Bereth die Hand hob und ihn somit zum schweigen brachte. Na, da war jemand ein gut erzogenes Hündchen! Innerlich lachte ich mich schlapp, aber äußerlich war mein Gesichtsausdruck aus Stein.

„Du hast ihn gefunden. Auf was wartest du noch? Hol' ihn herrunter.“, wandte sich meine Großmutter an mich und ihr Ton war kalt, genauso wie ihr Blick.

Was hatte sie denn jetzt schon wieder? Hatte ich irgendeinen Streit verpasst? Oder war ich ihr schon lästig geworden?

„Wenn das so einfach ist, dann hol' ihn doch selbst.“, fauchte ich zurück, wandte mich um und starrte wieder nach oben.

Wie sollte ich ihn nur dort runterholen? Ich musste mir wohl doch Flügel oder ähnliches wünschen. Oder vielleicht konnte ich ihn mit einem Pfeil runter schießen? Dumme Idee, der Stein saß doch bestimmt bombenfest.

„Iara, schlage keine Wurzeln, sondern hol den dritten Stein.“

Jetzt befahl sie es mir schon fast, aber ich beherrschte mich und schaute einfach weiter nach oben. Ich konnte sie alle reden hören. Wie sie sich untereinander fragten, was mit Bereth war, was mit mir los war.

Ich hörte alles und ich wusste, dass sie es wussten. Sie wussten, dass ich sie hörte und es machte ihnen überhaupt nichts aus.

Seufzend schloß ich die Augen und konzentrierte mich auf den Stein. Ich machte mich doch nicht lächerlich, indem ich mir ein Paar Flügel wünschte und dann doch nicht fliegen konnte. Ich lauschte ihrem Gemurmel. Doch da war noch etwas, noch etwas anderes. Ein Rascheln, ein ziemlich leises Rascheln. Und ich glaubte, leichte Schritte auf dem Waldboden zu vernehmen.

Ich schaltete das Gemurmel meiner Begleiter aus, sodass es nur noch ein Brummen und Summen, wie von einem Bienenschwarm war und konzentrierte mich auf die andern Geräusche.

Die Schritte kamen näher, zogen ihre Kreise enger um mich. Nur noch eine Frage der Zeit bis ich angegriffen wurde. Meine Hand wanderte langsam zu dem Griff meines Schwertes, das ich auf dem Rücken trug. Das Rascheln hatte aufgehört, die Schritte waren lauter und näher. Langsam zog ich das Schwert aus der Scheide, öffnete die Augen, drehte mich blitzschnell um und blockte einen Schwerthieb ab.
 

„Ich habe doch gewusst, dass es kein großer Vogel war.“, zischte ich meinem Gegenüber zu, der mich nur anlächelte.

„Du bist nicht nur schön, sondern auch schlau.“, antwortete mir eine kalte Stimme. Mir lief es eiskalt den Rücken runter: diese Stimme hatte nichts menschliches, nichts lebendiges mehr. Unablässig starrte ich den blassen Mann mit dem schwarzen Hut und dem Umhang an, genauso wie er mich anblickte.

Unsere Schwerter waren gekreuzt und keiner bewegte sich auch nur einen Millimeter.

„Warum hast du dich angeschlichen? Hast du etwa geglaubt, ich höre dich nicht?“, fragte ich leise und ein Lächeln huschte über sein versteinertes Gesicht.

„Ich habe gewusst, dass du mich hörst. Ich habe auch gewusst, dass du meinen Schlag abblocken wirst. Ich wollte dich testen, Rania.“, antwortete er mir.

Noch so einer, der mich für meine Mutter hielt. Ich bekam langsam tatsächlich einen Nervenzusammenbruch.

„Ich bin NICHT Rania! Wieso kapiert das niemand?“, sagte ich etwas lauter als beabsichtigt, stemmte mich gegen ihn, aber er rührte sich nicht.

„Du siehst ihr aber sehr ähnlich und außerdem ist sie die Einzige, die die Steine wieder zusammenfügen kann.“

Sein Blick durchbohrte mich wie Messer und ich zuckte kurz zusammen. Hatte ich diese Augen nicht schon einmal gesehen? In einem Traum? Ich war mir nicht sicher und ich erinnerte mich auch nicht mehr genau daran.

„Nun, wenn du also nicht Rania bist, wer bist du dann?“, riss mich die kalte Stimme aus meinen Gedanken.

„Ich bin Iara, ihre Tochter und ich bin unfreiwillig hier. Man zwingt mich diese Steine zusammen zu fügen, ich will das gar nicht. Wer bist du?“

„Mein Name ist Belron. Ich bin der Wächter des Smaragds, Stein der Erde. Ich kannte dein Mutter gut, sie war eine würdige Gegnerin. Bist du das auch?“, fragte Belron eiskalt.

Ich zuckte nur mit den Schultern. So gut es eben ging ohne die Kontrolle über das Schwert zu verlieren.

„Woher soll ich das wissen? Himon hab ich auch besiegt, aber er hat nicht Bescheid gesagt, ob ich gut gekämpft habe.“, meinte ich gleichgültig und ich sah ein kleines Aufflackern in seinen Augen.

„Ja, ich bin durchaus informiert. Aber er war sowieso ein Schwächling, der nicht würdig war, einen Stein zu bewachen.“

Ach, wie nett die Wächter doch miteinander umgingen, das war ja richtig rührend....

Nun, weg mit dem Sarkasmus. Er lenkte doch jetzt nur im Kampf ab und der war wohl unausweichlich. Und als hätte ich es geahnt, flog ich auch schon gegen den Stamm. Belron hatte sich kaum gerührt. Er hatte einfach nur kurz gegen sein Schwert gedrückt und dann flog ich auch schon.

Schnell stand ich wieder auf und rieb mir den Kopf. Das tat doch ganz schön weh.

Mein Blick fiel auf die Anderen, die mit gezogenen Waffen dort standen und wohl nur auf ein Zeichen von mir warteten.
 

„Wagt es nicht!“, rief auf einmal Belron und ich starrte ihn an. Er schaute auf meine Begleiter, die sich gar nicht mehr rührten. Sie schauten einfach nur von ihm zu mir.

Aragorn, Arwen, Gandalf und Bereth mit gezogenen Schwertern. Gimli und die Hobbits hatten auch ihre Waffen gezogen. Legolas hatte seinen Bogen gespannt und Matt stand einfach nur dumm da. So ein Idiot, ihm würde ich auch nicht mehr helfen, nicht einmal mehr ansatzweise.

„Wenn ihr es auch nur wagt, einen Schritt zu tun, dann ist sie tot. Sie muss gegen mich kämpfen, alleine.“, meinte der Wächter kalt und ich schaute zu den anderen.

„Verschwindet.“, fauchte ich dann und machte eine scheuchende Handbewegung.

„Wir denken ja nicht dran.“, meinte Aragorn gelassen und ließ sein Schwert etwas sinken.

„Sobald du Hilfe brauchst, werden wir eingreifen, das sollte dir klar sein.“, sprach er weiter und ich schaute automatisch zu Legolas, der nur nickte.

„Ich brauche eure Hilfe aber nicht!“, schrie ich und musste im nächsten Moment Belrons' Angriff ausweichen. Dort, wo ich gerade noch gestanden hatte, hatte sein Schwert die Luft zerschnitten.

„So leicht kriegst du mich dann doch nicht.“, meinte ich und starrte auf den leeren Platz von Belron. Wo war er so schnell hin? Ich schaute mich um, immer bereit auszuweichen oder einen Angriff zu blocken.

„Ach ja? Du bist zu langsam.....“, zischte auf einmal seine Stimme nah an meinem Ohr und ich drehte ich ruckartig um. Wie kam er so schnell da hin? Hatte ich etwas verpasst?

Doch mir blieb keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen, denn jetzt griff er mit zwei Schwertern an und ich hatte alle Hände voll zu tun, seine ständigen Angriffen auszuweichen. Schritt um Schritt kam er auf mich zu und Schritt um Schritt wich ich zurück. Meine Arme wurden lahm von der Abwehr und ich wusste, dass ich diese Angriffe nicht lange aushalten würde.

Ich tat einen weiteren Schritt zurück und blockte einen weiteren Schlag von oben ab.

„Das ist der Vorteil von zwei Schwertern.“, murmelte Belron und zog mir das zweite Schwert quer über den Bauch. Ich zuckte zusammen und konnte den Aufschrei meiner Großmutter hören. Die sollte bloß bleiben wo sie war......

Ich kniff kurz die Augen zusammen und schaute Belron im nächsten Moment mit einem kalten Lächeln an.

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass mich so etwas in die Knie zwingt.“

Er war überrascht, sehr überrascht. Er hatte wohl damit gerechnet, dass ich auf der Stelle tot umfallen würde, aber so leicht machte ich es ihm doch nicht.

Ich nutzte sein Erstaunen aus und trat ihm so kräftig ich konnte in den Magen und schickte gleich noch einen Kinnhaken mit dem Schwertknauf hinterher.

Er taumelte ein paar Schritte rückwärts. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, sein großer Hut verbarg es.

Ich trat ein paar Schritte zurück und wandte mich dann um. Unter Schmerzen setzte ich mich in Bewegung und rannte auf den Baum zu. Ich musste da jetzt schnell hoch. Was hatte Himon gesagt? Man kann die Wächter nur mit dem von ihnen bewachten Stein töten.

„Nicht so schnell, Kleine.“, flüsterte Belron mir ins Ohr, packte mich am Hals und warf mich gegen einen entfernt stehenden Baum. Ich prahlte schmerzhaft mit dem Rücken an den Stamm, aber bevor ich runter rutschen konnte, durchbohrte ein heftiger Schmerz meine Schulter. Ich schrie nicht, ich wollte keine Schwäche zeigen. Mühsam öffnete ich die Augen und sah in Belrons' kalte, schwarze Augen.

Mein Blick wanderte zu meiner Schulter und ich erschrak. Das war also der Grund, warum ich noch immer am Baum hing: sein Schwert hatte meine Schulter durchbohrt und nagelte mich so an dem Baum fest.

„So schnell bekommst du ihn nicht. Erst will ich dich leiden sehen, dann kannst du ihn holen und ich nehme dir die anderen Steine ab.“, erklärte er mir mit einem kalten Lächeln auf den Lippen und mit einer schnellen Bewegung hatte er sein Schwert aus meiner Schulter gezogen und rutschte nun den Stamm nach unten, worauf ich eine blutige Spur am Stamm hinterließ.
 

Legolas' POV
 

Ich sah wie sie litt und sie war doch zu stolz uns um Hilfe zu bitten. So eine sture Elbe war mir auch noch nie untergekommen. Aber wir sollten nicht eingreifen, auch wenn es mir schwer fiel. Ich beobachtete jeden ihrer Schritte und war sogar zufrieden mit ihrem Gegenangriff.

Aber Belron war kein leichter Gegner und dies bewies er auch sofort. Er war schnell, viel zu schnell für jeden von uns. Wie er plötzlich hinter ihr auftauchte, sie am Hals packte und gegen den Baum warf, am liebsten hätte ich eingegriffen. Ich wollte nicht, dass sie kämpfte. Ihre Chance zu gewinnen war gering, wenn nicht sogar gar nicht vorhanden.

Und als er ihre Schulter mit seinem Schwert durchbohrte, musste ich mich beherrschen nicht tatsächlich einzugreifen.

Gelassen legte ich einen Pfeil in meinen Bogen, spannte ihn und zielte auf Belron. Dieser Bastard würde sie nicht töten, dafür sorgte ich schon.

„Legolas, lass den Bogen sinken.“, befahl mir Gandalf, doch ich schüttelte nur den Kopf.

„Willst du, dass sie stirbt?“, fragte ich zähneknirschend und schaut kurz zu dem Zauberer.

„Nein, aber sie wird es, wenn du den Bogen nicht auf der Stelle sinken lässt.“, antwortete Gandalf, aber ich hörte nicht. Belron würde sie nicht anfassen, niemals. Ich spannte den Bogen erneut und zielte genau auf Belron, der immer noch vor Iara stand und mit einem kalten Grinsen aus sie schaute, wie sie da blutend am Boden lag.

Ich ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Belron schaute auf und lächelte mich nur an. Mit einer schnellen Bewegung hatte er Iara am Hals gepackt und sie vor sich gestellt. Nein, er würde doch nicht....

Ich wünschte, der Pfeil würde auf der Stelle umkehren und mich durchbohren.

Langsam ließ ich den Bogen sinken und starrte auf den Pfeil, der Sekunden später Iaras' unverletzte Schulter traf. Belron blickte auf den Pfeil, zog ihn langsam aus ihrer Schulter und warf Iara, die sich überhaupt nicht mehr rührte, auf den Boden.

„IARA!“, schrie auf einmal Bereth und rannte zu ihrer Enkelin.

„Sollte der etwa für mich gewesen sein?“, fragte der Wächter und schaute zu mir.

Was hatte ich nur getan? Ich hatte sie verletzt, nur weil dieser Bastard sie als Schutzschild missbraucht hatte.

„Ich sagte doch, ihr sollt euch nicht einmischen. Jetzt werdet ihr dafür bezahlen.“, meinte Belron kalt und warf meinen Pfeil auf Bereth, die sich neben ihre Enkelin gekniet hatte.

Er hatte ihn nur leicht geworfen, aber er durchbohrte Bereths' Herz, als wäre er von einer Sehne geschnellt. Wir blickten alle gebannt auf Bereth, die überrascht auf den Pfeil und dann zu Belron blickte.

Sekunden später sackte sie in sich zusammen und fiel leblos neben Iara zu Boden.

Was hatte ich nur getan? Ich hatte Bereth getötet und sie, die ich eigentlich liebe, verletzt.

Ich spürte alle Blicke auf mir. Doch es waren keine ärgerlichen Blicke, eher mitleidige.
 

Iaras POV
 

Von wem war der Pfeil gewesen? Hatte dieser Stein etwa zwei Wächter?

Ich spürte noch, dass Belron mir den Pfeil wieder aus der Schulter riss und mich dann wegwarf wie Abfall. Hier lag ich nun, unfähig mich zu bewegen. Ich wollte mich auch gar nicht bewegen, warum konnte ich nicht sagen.

Ich hörte meine Großmutter schreien und sicherlich lief sie nun zu mir. Sie kniete sich neben mich und berührte sanft meinen Rücken und im nächsten Moment umgab mich eine Totenstille. Mühsam wandte ich den Kopf auf die andere Seite um meine Großmutter anblicken zu können.

Ich öffnete die Augen und sah in ihre Augen, in ihre ausdruckslosen Augen.

Sie lag neben mir, rührte sich nicht, atmete nicht.

Was war passiert? Warum bewegte sie sich nicht mehr? Warum war ihr Blick so leer?

„Oma....sag doch etwas....“, flüsterte ich mühsam, doch sie gab keine Antwort.

Langsam und unter Schmerzen richtete ich mich auf und blickte auf meine Großmutter hinab. In ihrer Brust steckte ein Pfeil und ich kannte diesen Pfeil. Nur einer schoß mit diesen Pfeilen, aber warum sollte er das tun? Warum sollte Legolas meine Großmutter vorsätzlich töten?

Schwer atmend stand ich auf und meine Beine zitterten nicht schlecht. Langsam drehte ich mich zu Legolas und den Anderen um, die alle geschockt auf Bereth und mich blickten und keinen Ton rausbrachten. Was war nur geschehen? Warum musste das passieren? WARUM?

Ein kaltes Lachen zerriss auf einmal die Stille und ich wandte meinen Kopf zu Belron, der mich eiskalt ansah.

„Ja, sie ist tot, weil sich jemand eingemischt hatte. Ich habe sie umgebracht mit dem Pfeil, der mich töten sollte und doch erst dich verletzte. Und so wird es dir auch ergehen.“, lachte er und ich begriff langsam.

Legolas wollte mir nur helfen, schoß deshalb einen Pfeil auf Belron, der aber mich traf und als Bereth mir zur Hilfe kommen wollte, hatte dieser Bastard sie einfach umgebracht. Aber wieso hatte dieser Idiot geschossen?

„Ich habe doch gesagt, dass ICH KEINE HILFE WILL!“, schrie ich mühsam und blickte Legolas wütend an, der mich nur mit leerem Blick anschaute.

Ich hatte ihn niemals so gesehen und ich wollte es auch nicht mehr. In seinem Blick lag so viel Traurigkeit und Reue. Ja, er sollte bereuen und er würde sehr lange reuen, dafür würde ich schon sorgen. Aber erst musste ich dieses Schwein töten und mir war egal, ob ich dabei auch noch drauf ginge oder nicht.

„Du wirst es bereuen meine Großmutter getötet zu haben...“, murmelte ich, wandte mich zum Baum und schleppte mich langsam vorwärts.

Ich brauchte diesen Stein und ich würde diesen Stein auch bekommen. Ich würde ihn wie den Rubin einfach zu mir wünschen, mit bloßer Willensstärke.

Meine Schultern und mein Bauch schmerzten höllisch, doch ich klagte nicht. Nie mehr würde ich klagen!

„Bleib stehen!“, schrie Belron, tauchte neben mir auf und schlug mich gegen eine Wurzel. Dicht vor mir tauchte er wieder auf, legte die Hand um meinen Hals und drückte zu.

„Du bleibst, wo du bist.“, zischte er.
 

Ich kniff ein Auge zu und versuchte seine Hand von meinem Hals zu bekommen, aber sein Griff war eisern. Ich blickte aus dem Augenwinkel des geöffneten Auges zu meiner toten Großmutter und eine unsägliche Wut kam in mir hoch.

„Lass mich los.....“, fauchte ich, riss seine Hand von meinem Hals und schleuderte eine Feuerkugel auf ihn, die ich in Sekunden in meiner Hand erscheinen ließ.

Vor Überraschung konnte er nicht ausweichen und wurde voll getroffen und nach hinten geschleudert. Ich rieb mir kurz den Hals und schleppte mich weiter, bis ich direkt unter dem Stein stand.
 

„Du weißt, dass du ihn nicht darunter bekommst mit deinen Verletzungen!“, rief Belron und ich spürte wie sich mir von hinten näherte.

Ich drehte mich rasch um und ließ in der einen Hand eine Feuerkugel und in der anderen Hand eine Wasserkugel erscheinen.

Ich blickte ihm wütend entgegen. In mir kochte es wirklich und ich musste mich beherrschen nicht vollkommen auszurasten. Meine Nerven lagen blank.....

„Was willst du zuerst?“, fragte ich ihn kalt und hob beide Hände. „Feuer...“, sagte ich und warf die Feuerkugel auf ihn, „...oder Wasser!“, gab ich die Alternative und warf nun das Wasser auf ihn.

Die Feuerattacke hatte ihn bereits nach hinten geworfen und das Wasser gab seinen Teil dazu und Belron prahlte gegen den Stamm, an dem er mich vorhin festgenagelt hatte. Und wie auch ich rutschte er an dem Stamm hinab und blieb sitzen. Doch ich wusste, dass er nur darauf wartete, dass ich ihm den Rücken zukehrte. Doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Ich blieb zu ihm gewandt und konzentrierte mich.

Ich konzentrierte mich auf den Smaragd, der über mit in dem Baumstamm hing.
 

„Du kriegst ihn ja eh nicht!“, schrie auf einmal jemand und ich schaute irritiert zu meinen Begleitern. Natürlich, wer sonst? Matt stand etwas abseits von ihnen und kam jetzt mit einem kalten Grinsen auf mich zu.

„Du kriegst ihn eh nicht runter. Also was versuchst du es dann überhaupt noch?“, spottete er weiter.

„Halt dein Maul, Matt!“, schrie ich und warf wie schon einmal eine Wasserkugel auf ihn. Er wich aus, blieb stehen und grinste mich nur an. Was war denn nun mit dem los? Warum sagte er so etwas? Hatte er irgendwie eine Gehirnwäsche hinter sich? Ich schüttelte den Kopf und ließ Matt sein. Erneut konzentrierte ich mich auf den Stein und diesmal ließ ich mich nicht ablenken.

Ich tat es wie bei dem Rubin: ich wünschte mir einfach so stark den Smaragd in meine Hände, dass es fast weh tat. Ich schloß die Augen und streckte die Hände aus.

„Komm zu mir, Smaragd, Stein der Erde.“, flüsterte ich und kam mir dabei durchaus albern vor. Bei dem Rubin war es ja nicht schlimm gewesen, da waren die Anderen nicht dabei, aber jetzt standen sie alle da und starrten mich an. Ich wusste, dass sie mich anstarrten.

Plötzlich spürte ich einen kalten Gegenstand in meiner Hand und ich öffnete die Augen. Ich hatte es geschafft: ich hielt den Smaragd in meinen Händen.

Wie schon bei dem Feuerstein durchfuhr mich eine angenehme Wärme und ich spürte neue Kräfte in mir. Aber konnte ich sie auch sofort anwenden wie bei dem Feuerstein? Oder war ich nicht wütend genug?

Oh doch, ich war wütend. Ich schaute auf und blickte zu dem Baum, an dem eigentlich Belron sitzen sollte, aber er war verschwunden. Plötzlich spürte ich einen rasenden Schmerz in der Bauchgegend und ich riss die Augen auf.

Ich blickte direkt in Belrons' schwarze Augen und er lächelte mich beinahe amüsiert an. Sein Schwert hatte er in meinen Bauch gerammt und den Smaragd hielt er in seiner Hand.

„Den nehme ich, genauso wie die anderen Steine auch.“, meinte er kalt und riss dir Kette mit dem Rubin und dem Aquamarin von meinem Hals.

„Diese Steine werden mir sehr nützlich sein.“, sprach er und wandte sich dann plötzlich an Matt.

„Du kommst mit mir. Dich werde ich verwenden, um sie zu töten. Du hasst sie, das spüre ich deutlich.“

Ich schaute zu Matt, der nur nickte, aber er schien nicht bereit zu sein mit Belron zu gehen und das bemerkte auch dieser. Mit einem Ruck zog er das Schwert aus meinem Bauch und ich sackte zusammen. Langsam fiel ich auf die Knie und dann zur Seite. Die Hand hatte ich auf die stark blutende Wunde gepresst und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen.

„Iara, du hast eine letzte Chance oder viel mehr, sie wird dir auch nichts nützen. Ein Stein bleibt noch übrig und sobald du ihn in den Händen hältst, werde ich da sein und ihn dir abnehmen.“, wandte sich Belron wieder mir zu und ich hörte Schritte, die sich mir schnell näherten.

Mit letzten Kräften richtete ich mich auf und sah die Anderen, die auf mich zu gerannt kamen, allen voran Legolas und Gandalf.

Ich sah aus den Augenwinkeln Belron, der zu Matt ging, diesen am Kragen packte und ihn mit sich nahm. Matt wehrte sich nicht. Ich glaube sogar, dass er außer Gewecht gesetzt worden war. Aber es war mir gleichgültig, was mit ihm passiert, er war mir so etwas von vollkommen gleichgültig.
 

Ich wandte meinen Kopf zu der Stelle an der meine Großmutter immer noch lag und erst jetzt wurde mir richtig klar, dass sie tot war. Sie war tot, einfach tot. Ohne ein Wort hat sie mich allein gelassen. Jetzt hatte ich niemanden mehr.

Mit leerem Blick starrte ich auf Bereth und bemerkte nicht meine Beschützer, die sich alle um mich versammelten.

„Aragorn, nimm die Anderen und trage Bereth in den Palast. Sie wird anständig begraben werden.“, befahl Gandalf dem Waldläufer. Dieser nickte und nahm die Hobbits und Gimli mit um ihm zu helfen. Selbst Arwen kam mit, ich hatte ihren traurigen Blick gesehen. Nur Gandalf und Legolas blieben bei mir. Warum musste er hier sein?

„Verschwinde....“, murmelte ich, doch er tat es nicht. Statt dessen kniete er sich vor mich und schaute mich an.

„Verschwinde endlich.....“, fauchte ich jetzt, doch er schüttelte nur den Kopf.

Ich wusste, dass er nicht gehen würde und ich wusste auch, dass ihm alles so wahnsinnig leid tat, aber das würde meine Großmutter auch nicht wieder bringen.

„Lass mich in Ruhe....“, versuchte ich es erneut und kippte dann von allen meinen Kräften verlassen zur Seite.

Doch bevor ich auf dem Boden aufschlug, fing mich Legolas auf und drückte mich vorsichtig an sich.

„Es tut mir leid. Glaub mir, ich wollte das nicht.“, flüsterte er mir ins Ohr, doch ich hörte ihn gar nicht mehr genau.

Ich spürte nur noch, wie er mich vorsichtig anhob und hörte Gandalf ein paar Worte in einer merkwürdigen Sprache sprechen. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich fiel, fiel in eine endlose Dunkelheit.

Kapitel 19

Hi!

Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass es so lange gedauert hat bis das nächste Chap erschienen ist. Ich hatte sehr viel Stress und bin einfach nicht zum schreiben gekommen. Eine Schreibblockade hat es mir auch nicht leichter gemacht. Ich hoffe, dass ihr mir nicht allzu böse seit und mein Chap trotzdem lesen werdet. Ich werde mich in Zukunft bemühen, mehr und besser zu schreiben.
 

Eure Duath ^^"
 

~~~~~~~~~~~~~~
 

Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir - für immer. (Konfuzius)
 

Kapitel 19
 

Zwei Tage lag sie jetzt schon in ihrem Bett, mit hohem Fieber und zwei Tage lang war ich nicht von ihrer Seite gewichen.

Ich fühlte mich schuldig, schuldig an ihren Verletzungen. Hätte ich mich nicht eingemischt, dann wäre sie wenigstens nicht schlimmer verletzt worden, als sie jetzt ist und vor allem würde Bereth noch leben.

Ich hatte ihre Großmutter auf dem Gewissen, auch wenn man versuchten, mir einzureden, dass ich falsch lag. Die ganze Zeit versuchten sie mir einzureden, dass ich nicht Schuld wäre; dass alles nur ein bedauerlicher Unfall gewesen war.

Doch ich wusste, dass sie mich anlogen, in ihrem Innern dachten sie genau wie ich.
 

Legolas, dieser Narr, ist Schuld!
 

Und ich konnte ihnen nicht einmal nachtragend sein, weil es doch die Wahrheit war. Seufzend schaute ich auf die Iara, die jetzt in einen ruhigeren Schlaf gefallen war.

Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, nahm ich den Lappen von ihrer Stirn, tauchte ihn in das Wasser, das neben ihrem Bett in einer großen Schale stand, und legte ihr den kühlen Lappen wieder auf die Stirn. Ich wünschte mir nur, dass sie endlich aufwachen würde, damit ich ihr es wenigstens erklären konnte. Auch wenn ich wusste, dass es eh nichts bringen würde. Sie würde mich hassen, auf ewig hassen.

Zärtlich strich ich ihr ein einige Strähnen aus der Stirn und lächelte leicht.

Ich würde alles dafür tun, dass es nicht so wäre; dass sie mich wenigstens noch als Freund sehen würde, auch wenn es mir schwer fällt, nur Freundschaft für sie zu empfinden. Wieso nur? Warum empfand ich so für sie?

Vorsichtig strich ich ihr über die Wange und zog sofort die Hand zurück, als sie sich leicht rührte, allerdings wachte sie nicht auf. Mit einem erneuten Seufzer nahm ich ihre Hand und hielt sie fest.

"Wach doch wieder auf.", flüsterte ich und schloss die Augen.
 

Gandalfs POV
 

Ich wusste, dass es sich nicht gehörte, aber es kam einfach so über mich.

Ich wollte eigentlich nach Iara sehen, doch als ich die Tür öffnete, sah ich Legolas, der immer noch an ihrem Bett saß. Das tat er seit Tagen und wich auch nicht von ihrem Bett, obwohl er dringend Schlaf benötigte.

Er sah müde und angespannt aus, kein Wunder. Er fühlt sich schuldig an Bereths Tod, auch wenn wir ihm sagten, dass es nicht so war.

Aber Elben konnten verdammt stur sein und Legolas war ein perfektes Beispiel dafür. Ich wollte mich bereits entschuldigen, als ich bemerkte, dass er mich gar nicht bemerkt hatte. Hätte er mich nicht hören müssen? Schon von weitem? Oder war er so beschäftigt oder in Gedanken, dass er mich schlichtweg überhört hatte?

Als ich seinen Blick sah, mit dem er Iara ansah, musste ich lächeln. Er war mit den Gedanken an einem völlig anderen Ort oder sollte ich sagen, bei einer bestimmten Person? Ich beobachtete sein Verhalten, sein Handeln, wie er sie besorgt ansah und sie versorgte.

Langsam und lautlos schritt ich zum Bett, stellte mich hinter ihn und legte meine Hand auf seine Schulter.

"Sie wird schon wieder gesund. Den ersten Kampf hat sie auch überlebt und hier gibt es hervorragende Heilkünstler."

Ich hatte ihn wohl sehr überrascht, denn er ließ ihre Hand schlagartig los und drehte sich zu mir um.

"Gandalf? Wie lange bist du schon hier?", fragte er gleich ziemlich barsch.

Ich winkte ab und lächelte.

"Es muss dir nicht unangenehm sein, mein lieber Legolas.", meinte ich ruhig und sah auf die schlafende Elbe.

"Sie ist es wert, dass man sich um sie Gedanken macht, auf sie aufpasst und mehr als nur Freundschaft für sie empfindet."

Forschend sah ich den Elb an, der nun aufgestanden war und aus dem Raum schritt. Ich folgte ihm. Ich war mir sicher, dass ich eine Antwort auf meine Feststellung erhalten würde.

"Es ist verwirrend, Gandalf.", begann Legolas und fuhr sich seufzend durch das blonde Haar.

"Natürlich. Die Liebe ist immer verwirrend.", stimmte ich ihm zu und musterte ihn. Bei dem Wort 'Liebe' war er unweigerlich zusammen gezuckt und starrte mich wütend, vielleicht auch verletzt an an.

"Ich liebe sie nicht.", fauchte er dann auch und verschränkte stur die Arme vor der Brust. Ich schmunzelte, ich konnte nicht anders. Wie sagte ich? Elben sind stur und Legolas ist das beste Beispiel dafür.

"Oh nein, Legolas. Das tust du nicht nur...", murmelte ich und ging an dem grimmig dreinblickenden Elben vorbei.

"Was soll das nun wieder heißen?", fragte er gleich etwas unsicher geworden nach, doch ich schwieg und ging weiter. Er liebte sie nicht nur, er war ihr völlig verfallen. Aber er war zu stur und vielleicht auch zu stolz, um sich dies einzugestehen.
 

Legolas' POV
 

Seufzend sah ich Gandalf nach, der um die nächste Ecke verschwand. Und kaum war er verschwunden, ging ich auch schon wieder zu ihrem Bett, setzte mich und nahm ihre Hand erneut.

Was meinte er nur damit? Wusste er wieder mehr, als wir anderen wussten? Natürlich tat er das. Gandalf wusste immer mehr als wir und tat aber immer so, als wäre er auf dem gleichen Wissensstand wie wir.

'Das tust du nicht nur.' Was meinte er nur damit? Ich verstand seine Aussage nicht und ich würde sie so schnell auch nicht verstehen.

Ich seufzte erneut und fuhr mir mit der Hand über die Augen. Ich war hundemüde.

Vielleicht sollte ich wirklich etwas schlafen gehen, es wäre besser.

Ich wollte gerade aufstehen, als Iara sich bewegte. Ihre Lider zuckten und einen Moment später öffnete sie langsam die Augen. Ich blieb, wo ich war, ihre Hand immer noch haltend.
 

"Iara....", murmelte ich und es war das Einzige, das ich über die Lippen brachte. Sie drehte langsam den Kopf in meine Richtung und schaute mich verwirrt an.

"Was ist passiert?", fragte sie kaum hörbar und hob die Hand um sich über die Augen zufahren. Ich schüttelte den Kopf und sah sie weiter an.

"Das erzähl ich dir später. Komm erstmal wieder auf die Beine....", antwortete ich ihr und zu meiner Überraschung schien sie das auch vorzuhaben, im wahrsten Sinne des Wortes.

Sie schlug die Decke zurück und richtete sich langsam auf. Ich wollte sie aufhalten, doch sie schlug meine Hand, die ich auf ihre Schulter gelegt hatte, nur weg.

"Fass mich nicht an...", fauchte sie leise und setzte sich auf die Bettkante.

Ich stand vor ihr und starrte auf sie hinab. Wie konnte sie jetzt schon wieder sitzen? Mit diesen Verletzungen? Sie wäre da draußen fast gestorben und zwei Tage später saß sie schon wieder. Und vergessen hat sie wohl auch nicht, was passiert war.

"Du solltest wirklich liegen bleiben.", meinte ich ernst, als ich meine Fassung wiedergewonnen hatte.

"Ich weiß schon, was ich tue.", bekam ich nur als Antwort und einen Lidschlag später, stand sie auch schon vor mir und sah mich an.

Ihren Blick konnte ich nicht definieren. Ich sah keine Wut, keinen Hass, sie sah mich einfach nur mit ausdruckslosen Augen an.
 

Iaras POV
 

Was fiel ihm eigentlich ein, mir sagen zu wollen, was ich zu tun hatte? Ich glaubte, dass er verrückt geworden war.

Unter Schmerzen stand ich vor ihm und schaute ihn an. Ich konnte nicht sagen, wie ich ihn ansah, ich wusste es nicht. Ich wusste eigentlich gar nichts mehr oder zumindest dachte ich das. Ich wollte es verdrängen, was geschehen war, wollte nie wieder daran denken, aber das würde wohl nicht so einfach sein.

"Geh bitte....", murmelte ich dann und starrte an ihm vorbei zur Wand.

Ich wollte ihn nicht mehr sehen, nicht mehr hören, nie wieder. Doch er machte keinerlei Anstalt meiner Aufforderung nachzugehen und blieb an Ort und Stelle stehen.

"Ich habe gesagt, du sollst gehen.", wiederholte ich mich und meine Stimme schien zu zittern, als würde ich gleich heulen. Nicht auch das noch!

"Nein, nicht bevor du mir zugehört hast.", antwortete er mir dann und er klang ernst und entschlossen. Ich riss meinen Blick von der Wand los und sah ihn jetzt wütend an.

"Ich sehe keinen Grund dazu, dir zu zuhören. Und Bedarf dazu habe ich auch nicht.", fauchte ich ihn an, doch es schien ihn direkt kaltzulassen.

"Du wirst mir aber zuhören. Vorher werde ich nicht gehen, da kannst du machen, was du willst."

Ich ballte die Hände zu Fäusten und mein Blick durchbohrte ihn wütend. Am liebsten wäre ich auf ihn losgegangen, doch in meinem Zustand wäre das wohl nicht allzu förderlich für die Heilung.

Was bildete er sich ein? Wie er vor mir stand, mich mit seinen blauen Augen stur, aber auch traurig ansah und mir schon fast seinen Willen aufzwingen wollte.

"Ich werde dir nicht zu hören. Du hast meine Großmutter getötet. DU hast sie auf dem Gewissen und dir soll ich noch zuhören? Es macht mich krank dich zu sehen, auch nur deinen Namen zu hören. Du machst mich einfach krank!! Verschwinde aus meinem Leben! Ich will dich nie, NIEMALS mehr wiedersehen."

Als ich anfing zu sprechen war meine Stimme leise und noch beherrscht, doch je länger ich redete, desto lauter und wütender wurde ich. Ich sah den Elb vor mir an und für einen Augenblick tat er mir leid, denn der Ausdruck in seinen Augen zeigte deutlich seinen Schmerz. Doch ich riss mich zusammen. Nein, für ihn würde ich kein Mitleid empfinden. Eigentlich empfand ich gar nichts mehr für ihn, nicht einmal Hass.
 

Legolas' POV
 

Ihre Worte trafen mich heftiger als ich erwartet hatte. Es kam mir vor als würden mich Tausend Pfeile durchbohren und mich zur Unfähigkeit zwingen.

Ja, ich fühlte mich unfähig, schuldig und zu meiner eigenen Verwunderung auch einsam. Irgendwie hatte sie mir gerade gezeigt, wie einsam ich eigentlich war. Sie wolle mich niemals mehr wiedersehen, sagte sie. Verständlich, sie hatte vollkommen Recht mit ihren Anschuldigungen.

"Verschwinde endlich.", sagte sie auf einmal und ihre Stimme war leise und klang verweint. Langsam hob ich den Blick, den ich zuvor auf den Boden gerichtet hatte und sah sie an. Und was ich sah, ließ mich zusammenzucken. Sie weinte, sie weinte wegen mir. Sie weinte nicht wegen ihrer Großmutter, das wusste ich. Iara weinte wegen mir und wieder überkam mich dieses Gefühl der Schuld. Jetzt war ich auch noch Schuld daran, dass sie weinte.

"Bitte, Iara....", fing ich leise an und machte einen kleinen Schritt auf sie zu. Ich konnte sie nicht weinen sehen. Es zerriss mir fast das Herz sie so zu sehen, doch sie hob nur abwehrend die Hand. Sofort blieb ich stehen und sah sie ernst, aber auch traurig und verzweifelt an.

"Ich dachte, ich könnte dir vertrauen. Ich dachte, wir könnten Freunde werden, aber ich habe mich wohl geirrt.", sprach sie leise weiter und die Tränen rannen ihr über die Wangen. Erneut zuckte ich zusammen. Ich war sowohl überrascht über ihre Worte, als auch zutiefst beschämt. Ich hatte ihr Vertrauen missbraucht, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich es besaß. Welch Ironie, die ganze Zeit hatte ich um ihr Vertrauen gekämpft und dabei hatte ich es scheinbar schon besessen. So war wohl das Leben und dabei lebte ich schon so lange, um es eigentlich besser wissen zu müssen.

"Du kannst mir vertrauen, aber ich weiß, dass es jetzt schwer ist, es wieder zu gewinnen. Aber ich werde alles versuchen, damit ich dein Vertrauen wieder erlange.", flüsterte ich und sah sie mit einem sanften Lächeln an. Es schien sie zu irritieren und ich fand das gar nicht einmal so schlecht.

Langsam hob ich die Hände und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Sie wehrte sich nicht einmal, sondern sah mich nur aus ihren grünen Augen fragend und verzweifelt an. Aber sie hatte wohl erwartet, dass ich die Hände wieder weg nahm, doch das tat ich nicht. Sanft strich ich ihr mit den Daumen über die Wangen und sah sie schweigend an. Wie wunderschön sie doch war und ich Idiot hatte sie so gekränkt und verletzt.

"Glaub mir, ich werde dich immer beschützen.", sagte ich leise, beugte mich etwas zu ihr hinunter und küsste sie auf die Stirn.

Langsam ließ ich die Hände wieder sinken und wich ein paar Schritte zurück.

Sie machte den Mund auf um etwas zu sagen und scheinbar wollte sie auch einen Schritt nach vorne machen, doch sie schaffte es nicht.

Ich reagierte schnell und bevor sie auf dem Boden aufschlug, fing ich sie auf und legte sie in ihr Bett zurück. Es war eindeutig noch zu früh für erste Gehversuche gewesen.

Vorsichtig deckte ich sie zu und verließ dann leise den Raum. Draußen lehnte ich mich an den Tür und starrte nachdenklich an die gegenüberliegende Wand.

Was hatte ich nur getan? Sie hasste mich, auf ewig.



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Kommentare zu dieser Fanfic (49)
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Von:  Honeystar
2006-12-30T21:07:19+00:00 30.12.2006 22:07
oh diese ff is einfach der hammer
aber sie soll legolas verzeihen. Er wollte ihr doch nur helfen *heul*
schickst du mir vielleicht ne ens wenns weiter geht
bye jillix
Von: abgemeldet
2006-10-01T14:13:56+00:00 01.10.2006 16:13
hi ich find deine story echtttt supi. habe sie zwar geradde erst gefunden aber ich muss sagen das sie eine der besten ist und ich würde mich tierisch freuen wenn du sie weietr schreibst. bidde meld dich mal wenn es weietr geht unter Geanymaus@hotmail.de ich würde mich freuen
*megadollknuddel* deine Mewgeany
Von: abgemeldet
2006-09-28T18:19:03+00:00 28.09.2006 20:19
Hi, schreibst du an der FF noch weiter? Bitteeeeeeee, bin zwar grad beim surfen erst drüber "gestolpert" aber deine FF ist definitive meine Lieblings FF auf mexx... und ich will wissen wies weiter geht ^^.

Du hast nen schönen Schreibstil und die Story ist einfach toll ;o)

Lg Sharky
Von:  Askare
2006-01-25T21:01:10+00:00 25.01.2006 22:01
Tja, was soll ich dazu noch sagen? Also deine FF gefällt mir wirklich außerordentlich gut und dein schreibstil erst! Echt beneidenswert!!
Mach bitte schnell weiter, bin schon gespannt wie es weiter geht!
Könntest du mir vl. eine ENS schicken, wenns weiter geht?

lg Askare
Von:  scippu
2006-01-03T18:36:39+00:00 03.01.2006 19:36
hey tolle story!!!! hey ich hoff doch das die zwei sichwieder hochrappeln. es wäre dochzu schade. so ein süßes paar. das letzte kappi war irgendwie trotz streit süß!!! ich hoff davon bekommen wir mehr!!!*hechel*
du bist gut wirklich. nur sollte Iara(heißt sie so?sry^^) nich sogehässig sein wirklich, der arme süße Elb=) nein sie soll ruhig böse sie gel? wär ich auch abber er is doch so verdammt geil.....ok egal nö
sag mirbitte bescheid ok?
liebe grüße
Von: abgemeldet
2005-08-02T11:54:36+00:00 02.08.2005 13:54
Hey, es geht ja endlich weiter xD hatte die Hoffnung schon aufgegeben *thihi* Auf jeden Fall hat mir das Kapitel trotz deines KreaTIEF seeeeeeehr sehr gut gefallen ^^ Hoffe, dass es bald wieder weitergeht *g* baba Fareth
*ganzliebknuddelknuffäl*
Von:  starwater
2004-10-10T10:44:20+00:00 10.10.2004 12:44
Hallöchen!!^^
Tut mir Leid, dass mein kommi erst jetzt kommt, aber ich war letzte Woche in Rom auf Studienfahrt und dann total viel Stress..sorry!!
Soo, zum Chap: Es war einfach klasse!!!!
Soo superspannend und unser lieber Legolas, hach, einfach zum Hinschmelzen...
Hoffe, dass es bald ein neues Chap zum Lesen gibt!!
Knuddelääääääääz, starwtaer^^
Von:  DaemoninRyoko
2004-09-25T11:19:12+00:00 25.09.2004 13:19
OMG, da hab ich ja auch noch kein Kommi geschrieben....*seuftz*
ich öles des immer, und dann vergess ich nachher en Kommi zu schreiben..
*sich selber hau*
*nomalseuftz*
also wie immer supi schön geschrieben, hat mich waaaaahsinnig gefallt ^.^
naja, des einzigste is, dass du weiter schreiben musst! mehr kann man da ja nich zu sagen ^^"
achso, ja, du musst mir bescheid sagen, wenn du en neues chap drauf hast ^^"
ich merk des doch nette ^^"
naja, bis dann^^
HDGGGDL
Ryo ^__^
Von: abgemeldet
2004-09-15T20:00:27+00:00 15.09.2004 22:00
Sorry, dass ich dir erst jetzt ein Kommi schreibe, aber wie das nun mal mit dem Stress so ist, hat man nur sehr selten Zeit... und die nutze ich, um in Animexx rumzustöbern!
Das Kapitel war einfach... unbeschreiblich gut. Bei der Situation zwischen Legolas und Iara kam so eine richtig berauschende Stimmung auf. Waaaaaaaah >-< Einfach genial!
Hmm... Mit welchen Listen und Tricken wird der Wächter des Smaragtes wohl versuchen, Iara um die Ecke zu bringen?! *gespannt bin*
Also beeil dich mit dem nächsten Kapitel!

Bye bye
Ifnaka
Von: abgemeldet
2004-09-13T08:48:04+00:00 13.09.2004 10:48
Sry, dass ich zum letzten Chapter kein Kommi geschrieben habe...ich konnte bloß jetzt einige Tage nicht an den PC. Auf jeden Fall haben mir die zwei Kapitel super duber gut gefallen, vor allem, dass Lego-chan Iara geküsst hat...voll kawaii >.<
Bitte schreibe ganz, ganz schnell weida
bye Kagome17
*superhypermegadolleliebknuddelknuffäl*


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