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Da, wo du geborgen bist...

von

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Eins

"Seit wann hast du denn deinen D-Tector wieder mit?"

Kouichi deutete auf den Hosenbund seines Bruders.

"Hab' ihn gestern beim Ausrümpeln gefunden. Fand ich ganz nett. Ich erinner' mich gern an die Zeit."

In Gedanken versunken stiegen die beiden Brüder in den Bus. Es war nun schon fast vier Jahre her, dass sie diese ganzen Abenteuer in der Digiwelt erlebt hatten.

Kouji ließ Kouichi auf den Platz am Fenster. Er wusste, dass sein Bruder diesen Platz liebte.

Seit sie sich damals kennen gelernt hatten, waren sie gute Freunde geworden.

Und ihre Eltern waren froh gewesen, dass sie den Jungs die Existenz des anderen nicht mehr verschweigen mussten.

So kam es häufig vor, dass sich die beiden, meist bei Kouichi, trafen, ihr Schulzeug machten und viel mit Takuya unternahmen.

Die Zeit in der Digiwelt hatte sie zusammengeschweißt.
 

"Man, ich kann nicht mehr warten! Dass Takuya ständig zu spät kommt, nervt echt." Kouji lehnte genervt an seinem silbernen Fahrrad.

"Daran müsstest du dich doch langsam mal gewöhnt haben!"

Belustigt stieß Kouichi seinen Bruder an und lächelte. Ein Kribbeln ging durch Kouijis Bauch.
 

-Was war denn das jetzt?- fragte er sich und verdrängte dieses Gefühl schnell wieder.
 

"Hey!" Takuya kam fröhlich angeradelt.

"Wen hast du denn da mit?"

"Könnt ihr euch noch an Tomoki erinnern? Hab ihn gestern getroffen." antwortete Takuya auf Koujis Frage.

Tommy begrüßte die Zwillinge freudig. Er war inzwischen ein ganzes Stück gewachsen, überragte Kouji und Kouichi um einiges.

Nur Takuya war mit inzwischen 1,75 der Größte. Sein Körper machte keine Anstalten mit dem Wachsen aufzuhören.

"So, jetzt aber los, sonst stehn wir morgen noch hier!" Kouichi saß auf und fuhr auf den schmalen Radweg.
 

Später am Nachmittag lagen die Jungs auf einer Wiese, tranken Limo und Bier und spielten Karten.

Kouichi lag etwas abseits unter einem Strauch und beobachtete seine Freunde.

Takuya protestierte lautstark über Tommy's letzten Zug, der fast pausenlos über Mädchen redete. "Du bist ja 'n richtiger Macho geworden!" bemerkte Takuya und knuffte ihn in die Seite.

Kouji saß daneben und brütete über einer neuen Strategie.

Im hellen Sonnenschein schimmerte sein Haar bläulich. Er schien über irgendetwas verärgert zu sein.
 

-Seine Lippen!- schoß es Kouichi durch den Kopf
 

-die sind bestimmt...- Abrupt brach er den Satz ab.
 

"Hey" murmelte er für sich und schlug sich gegen die Stirn. Er wandte sich ab und sah den Wolken, die am Himmel entlang zogen, zu.

Wieder kam er in Gedanken zu seinem Bruder. Als ein wohligwarmes Gefühl in seinem Körper aufstieg, zwang er sich an etwas anderes zu denken. Schließlich war Kouji sein Bruder!
 

Kouji sah sich nach Kouichi um. Er lag mit dem Rücken zu ihnen, den Kopf unter den Armen vergraben. Was wohl in ihm vorging? Da bemerkte er, wie Kouichis Finger zitterten und er seine Handflächen auf den Kopf krampfte.

"Kouichi, ist alles in Ordnung?" Vorsichtig strich er über dessen Rücken.

Bei der Berührung zuckte Kouichi zusammen, blieb aber in seiner Position liegen.

"Ja." murmelte er "ich hab wohl was Falsches gegessen."

"Kann ich dir was gutes tun?" besorgt legte Kouji seine Hand auf Kouichis Rücken.

Er konnte ein Zucken spüren.

Kouichi reagierte überraschend grob. "Lass mich einfach in Ruhe!"

Abgeschreckt von dem unheimlich kühlen Ton in der Stimme seines Bruders wandte er sich ab und ging wieder zu Takuya und Tomoki, die bereits eine neue Runde ausgeteilt hatten.

Auf der Rückfahrt schwiegen die Zwillinge.

Kouji fuhr als letzter. Kouichis hochgekrempelte Hose gab die muskulösen Waden frei. Irgendwie war er fasziniert davon. Das schwarze Haar wehte im Fahrtwind, seine Haut schimmerte seiden. Schnell kniff Kouji die Augen zusammen und schüttelte seinen Kopf.

Eben ging die Sonne über den Wiesen unter.

Zwei

DRING! ... Das nervige Schellen der Türklingel weckte Kouji.
 

-Ein Verrückter- dachte er bei sich -echt, wer klingelt denn um diese Zeit?-
 

Mühsam stand er auf und ging zur Tür.

"Na?" wurde er von seinem Bruder begrüßt. "Was machst du denn schon hier? Siehst ja auch noch ganz schön verpennt aus!"

"Guck dich mal an!" er schob sich an Kouji vorbei und ging in dessen Zimmer.

"Ich geh mich nur schnell anziehen!" Schon war Kouji im Bad verschwunden.

Kouichi setzte sich inzwischen auf Koujis Bett.

Langsam strich er mit der Hand über das Kopfkissen.
 

-Seltsam!-
 

Er hatte seinen Bruder noch nie ohne das blau-gelbe Kopftuch gesehen, obwohl sie sich schon vier Jahre kannten.

Einige Strähnen hatten sich aus dem Zopf, den Kouji auch beim Schlafen trug, gelöst und waren ihm ins Gesicht gefallen.

Kouichi konnte dieses Bild nicht vergessen.

So sah sein cooler Bruder so sanft und irgendwie niedlich aus.
 

-Niedlich?-
 

Kouichi schüttelte den Kopf
 

-Wie komme ich denn jetzt darauf?-
 

Er gähnte und lies sich in Koujis ungemachtes Bett fallen.

Es strahlte noch eine angenehme Wärme aus. Und es duftete so gut. Nach Kouji ... .
 

-Kouji ... - murmelte er und schlief ein.
 

"Bleibt Kouichi zum Mittag?" Sein Vater streckte den Kopf zur Küchentür heraus und wedelte mit einer Reispackung vor Koujis Gesicht herum.

"Denke schon." antwortete er kurz.

Dann ging er in sein Zimmer "Bleibst du zum Mittag?" fragte er abwesend und verstaute seinen Pyjama im Schrank.

Als keine Antwort kam, drehte er sich verwundert um.

"Kouichi..." hauchte er.

Langsam trat er näher an das Bett.

Ruhig hob und senkte sich die Brust des schlafenden Jungen. Die Hände lagen neben seinem Kopf, die Haare wüst über dem Kissen.

Das schwache Licht des noch verdunkelten Zimmers ließ die Haut des Schlafenden golden schimmern.

Unbewusst setzte sich Kouji auf die Bettkante. Seine Finger näherten sich Kouichis Gesicht.

Dieser atmete ruhig.

"Wie schön du bist, wenn du schläfst!" verträumt sah Kouji seinen Bruder an.

Doch plötzlich entsann er sich der Situation.

Er zog seine Hand ruckartig zurück und streifte dabei unsanft Kouichis Seite.

Davon wachte dieser auf.

Verschlafen blickte er direkt in die tiefblauen Augen seines Bruders.

Ein Kribbeln stieg in ihm auf.

Gebannt von Kouichis Blick blieb Kouji in seiner Position, dicht über Kouichi gebeugt, sitzen.

Tief atmete er ein.

Wieder bewegte sich sein Hand auf das nahe Gesicht zu.

"Kouichi..." flüsterte er.

Doch bevor seine Finger die seidige Haut Kouichis berühren konnten drehte sich dieser ruckartig weg.

"Was ist denn?" fauchte der ihn an.

"Entschuldige..."stammelte Kouji verlegen "du bist eingeschlafen."
 

-*doing* Kouji du Dummbeutel, das hat er sicher selbst schon bemerkt. Was rede ich da eigentlich?-
 

"Ach nee..." ironisch spuckte Kouichi diese Worte aus.

Er stand auf.

Keinen Augenblick länger mehr konnte er Koujis Nähe ertragen.

Aber jetzt einfach zu gehen war ihm zu peinlich.

"Kannst du mir mal 'n paar CDs leihen?" versuchte er abzulenken. Verwirrt saß Kouji noch immer auf der Bettkante, kaum hörbar brachte er ein leises "Ja" heraus.

Schwiegend stöberte Kouichi in den CDs seines Bruders, während der den Computer anschaltete und seine Mails abholte.
 

_ hey jungs (ich nehm' an, dass kouichi bei dir is)

heute bei mir treff : videoabend!

bringt was zu knabbern mit!

tommy kommt auch

takuya _
 

"Takuya hat uns heute zum Videoabend bei sich eingeladen." bemerkte Kouji beiläufig.

"Mmh" Kouichi schien noch immer in die CDs vertieft.

Als Kouji den Computer herunter fuhr erschien ein Bild von den Zwillingen.

Arm in Arm lächelten sie ihn fröhlich an.
 

-Dir jetzt auch nur so nah sein!-
 

Kouji seufzte.

"Brauchst du die in nächster Zeit?" Kouichi hielt seinem Bruder einige CDs unter die Nase und riss ihn aus seinen Gedanken.

"Was? ... nee, nimm nur!" Er gestikulierte übertrieben locker und striff dabei Kouichis Hand mit seiner. Eine leichte Röte legte sich auf seine Wangen, er hielt inne. Kouichi zog seine Hand überbetont weg.

"Ich muss noch was machen, sehn uns morgen."

Schon war er weg. Kouji hörte nur noch die Tür ins Schloss fallen. Er war noch immer wie betäubt.
 

-Kouichi ...- ging es ihm immer wieder durch den Kopf.
 

-Ich will bei dir sein! ... Geh nicht!- schrie es in ihm.
 

Jetzt wurde ihm klar, was er fühlte ging über Bruderliebe weit hinaus.

Bei diesem Gedanken vergrub er das Gesicht in den Händen.

Er wusste, dass Kouichi dies Gefühle nie erwiedern würde. Was würden ihre Eltern sagen? Und ihre Freunde?

Traurig sah er an sich herunter.

Er war nicht so muskulös wie sein Bruder, fast schon zu schlank.
 

-Ich hänge eben zu oft über dem Zeichenboard.-
 

Kouichi hingegen besuchte gerade einen Kurs für Schwertkampf.

An seinen Armen waren bereits Erfolge des Trainings zu erkennen.
 

-Was nun, soll ich so weitermachen, wie bisher?-
 

Nach einer Weile kam er zu dem Entschluss, dass dies das Beste sei, stand auf und ging zu seinem Vater in die Küche.

Der brutzelte bereits Gemüse und Reis im Wok. Der leckere Duft holte ihn aus seinen Gedanken zurück und erinnerte ihn daran, dass er großen Hunger hatte.
 

Kouichi trat aus der Tür und stand auf der menschenleeren Straße. Zur Mittagszeit war in diesem Stadtteil nichts los. Die drückende Hitze lähmte jegliches Geschehen.

Er fragte sich, warum er eigentlich gegangen war.

Sein Magen knurrte laut.

Da seine Mutter nicht da war kaufte er sich in einem Supermarkt ein Nudelfertiggericht und setzte sich auf eine der Parkbänke.

Skeptisch betrachtete er das Essen.

Wenn er daran dachte, wie lecker es aus der Küche seines Vaters geduftet hatte, seufzte er.

Er hatte es nicht mehr ausgehalten.

Diese Nähe zu seinem Bruder schmerzte ihn.
 

-Warum tust du das, Kouji? ... Warum siehst du mich so an?-
 

Dabei dachte er an Koujis Blick.

Ein seltsames Gefühl breitete sich in seiner Bauchgegend aus.

Koujis Augen waren so traurig gewesen.

Fast wären ihm die Tränen gekommen.

Durch diese schmerzliche Erinnerung bahnten sich jetzt doch salzige Tränen den Weg über seine Wangen.

Wie gut, dass ihn sein Bruder so nicht sah.

Mit dem Ärmel seines Hemdes wischte er sich über das Gesicht. Einige feute Spuren waren auf dem grünen Stoff zu sehen.

Kouichi warf die Nudeln in den nebenstehenden Mülleimer und ging bedrückt in Richtung seines Zuhauses.
 

-Zuhause, wo ist das eigentlich?- schoß es ihm durch den Kopf.
 

_Zuhause ist da, wo du geborgen bist.

Wo Menschen dich lieben.

Wo du Liebe geben kannst.

Wo deine Fehler nichts sind

und ein festes Band dich bindet._
 

Bei diesem Gedanken schaute Kouichi unwillkürlich nach der Richtung zurück, aus der er gekommen war.

Dann wandte er sich um und rannte schnell nach Haus.

Er musste den Kopf frei kriegen. Schließlich wollte er heute noch mit seinen Freunden Spass haben. Mißmutige Stimmung konnte er jetzt gar nicht gebrauchen.

Schnell nahm er eine kalte Dusche.

Das Rennen in der Mittagshitze hatte ihn ins Schwitzen gebracht.

Das weiche Frottee des Handtuchs schmiegte sich an seinen Körper und sog die Wassertropfen auf seiner Haut auf.

Er machte sich daran seine Sachen einzupacken.

In einer Stunde würde sein Trainig beginnen. Außerdem musste er noch schnell in das Geschäft um die Ecke, um etwas zu Knabbern für den Abend zu besorgen.

Kaum hatte er die Tür abgeschlossen, machte Kouichi sich auf den Weg, sein Rad aus dem Schuppen zu holen.

Drei

"Hey, Mission Impossible wäre doch toll!" Tommy kramte in Takuyas Videos. "Och nö, den hab ich schon so oft gesehen!" "Och bitte" flehend sah der 14jährige seinen Freund an.

"Find ich auch okay!" Kouji saß mit verschränkten Armen auf dem Sofa.

"Kouichi, bist du wenigstens auf meiner Seite?" Takuya sah den Schwarzhaarigen bittend an. Dann verzog er sein Gesicht zu einem schelmischen Grinsen. "Überleg es dir gut!" Schnell hatte er Kouichis Kopf unter seinen Arm geklemmt und wuschelte unsaft durch dessen Haare. "Eh, das ist Erpressung!" wollte er sich wehren.

"Kouichi, bitte!" Tommy versuchte Takuya von Kouichi fernzuhalten. Prompt(schreibt man das so?) bekam er einen kräftigen Dämpfer von Takuyas Ellenbogen in die Seite und fiel auf den Boden. Kouichi hatte sich aus Takuyas Umklammerung (*huah*) befreit und rang nach Atem. "Also, ich bin auch für Mission Impossible!" keuchte er. "Juhu" jubelte Tommy und sprang ihm um den Hals. Takuya saß murrend auf dem Boden und spielte die beleidigte Leberwurst.

Kouji betrachtete das Spektakel mit gemischten Gefühlen.

Irgendwie war er eifersüchtig auf die Nähe, die Takuya und Tommy zu seinem Bruder hatten.

Er starrte auf ein altes Superheldenposter, dass Takuya irgendwann mal aufgehängt hatte.

"Sei doch nicht sauer!" Kouichi hielt Takuya einen Kräcker unter die Nase.

"Pah, jetzt einschleimen, das hab ich vielleicht gern!" dröhnte dieser.

Als Kouichi den Kräcker gerade selbst essen wollte, riss Takuya ihm diesen aus der Hand und stopfte ihn sich in den Mund.

"Ej!" protestierte Kouichi jetzt lautstark. Dabei lachte er.

Auch Tommy und Takuya amüsierten sich prächtig.
 

-Dein Lachen!! Ich liebe es! Lache für mich! Sieh mich an! Dein Lachen ist mein Leben!-
 

Kouji starrte auf seinen Bruder.

Dieser musste die Blicke gespürt haben, er drehte sich um und sah Kouji direkt in die Augen.

Ihm wurde heiss, als sich ihre Blicke trafen.

Kouichi schaute verlegen weg.

"Lasst uns endlich anfangen!" Tommy schob die Kassette ein und legte sich vor das Gerät.

Unsanft schmiss sich Takuya unsanft neben Kouji auf das Sofa.

Dafür erntete er einen bösen Blick, den er aber (wie er eben so is) ignorierte.

"Pass doch auf, man!" "Du bist doch nicht aus Zucker!" blöckte Takuya zurück.

Als der Film endlich anfing hatten sich die beiden wieder beruhigt und fixierten den Bildschirm.
 

"Ähhh, ich kann gar nicht hinsehen!" In gespielter Angst verkroch sich Tommy unter Kouichis Arm, der neben ihm lag.

Dieser wuschelte dem "Kleinen" durch die braunen Haare und mahnte ihn dann, endlich still zu sein.

Als Tommy dennoch nicht aufhören wollte seinen Senf zu allem dazuzugeben, bekam er einen schmerzhaften Tritt von Takuya in sein Hinterteil.

Der saß.

Tommy kroch ein Stück näher zu Kouichi. Nur weg von Takuya!

Kouji hingegen blickte mürrisch zu den beiden herunter und im stillen verfluchte er Takuya für seine übertriebene Reaktion.

Ja, er war eifersüchtig auf Tommy.

Verstohlen sah Kouichi zu seinem Bruder auf, wandte sich aber sofort wieder zum Bildschirm, als er dessen traurig-mürrischen Blick bemerkte.

Zu sehr schmerzte sein Herz, als dass er den Blicken seinens Bruders hätte standhalten können.
 

-Warum tut Liebe so weh? Die Angst verletzt werden zu können? Angst nicht wiedergeliebt zu werden?-
 

Kouichi konnte sich nicht mehr auf den Film konzentrieren. Hatte er im Zusammenhang mit Kouji gerade wirklich an Liebe gedacht?

-Ja!-

Diese Einsicht brachte ihn völlig durcheinander.

Er wollte nur weg von hier.

"Ich geh, bin zu müde, also, bis morgen!"

Ruckartig stand er auf.

"Man ej, DU wolltest doch den Film sehn!" beleidigt ging Takuya zum Lichtschalter.

"Nimms nich so schwer. Lass ihn doch gehen!" Tommy rappelte sich ebenfalls auf, griff nach seiner angefangenen Cola und nahm einen großen Schluck.

"Was wird denn das jetzt, allgemeine Aufbruchsstimmung?" protestierte Takuya, als auch Kouji nach seiner Sportjacke griff.

"Sorry, wir sehn uns morgen! Kouichi...warte!" Schon waren die Brüder aus der Tür.

"Zwillinge!" schnaubte Takuya verächtlich "Die soll mal einer verstehn!"

"Und was jetzt?" Tommy planzte sich wieder vor den Fernseher.

"Wie wär's damit?" grinsend hielt Takuya ein anderes Video hoch.

Leidend verdrehte Tommy die Augen.

Vier

"Kouichi, warte doch mal!" Kouji war endlich neben seinem Bruder zum Stehen gekommen.

"Was ist denn los? Du willst mir doch nicht wirklich erzählen, dass du müde bist!" Ernst blickte er ihn an.

"Und was ist mit dir los?"

Fordernd war auch Kouichi stehen geblieben.

"Wieso?" Kouji trat verlegen zur Seite.

"Das weisst du doch selbst! Du gehst mir aus dem Weg, siehst mich aber an, als ob ich ein Heiliger wäre! Was ist los?"

Kouji wurde rot, er fühlte sich ertappt. War das so offensichtlich gewesen?

Kouichi lehnte wartend an einer Mauer.

"Kouji Minamoto, WAS IST?"

Dieser stand jetzt direkt vor ihm.

Das Mondlicht wurde gerade von einer Wolke freigegeben und ließ Kouichis Haut strahlen.

"Kouichi..." flüsterte Kouji. Sollte er?

Kouchis Blicke fiehlen auf Koujis Haare.

Sie glänzten silbern. Langsam hob er die Hand. Kouji blieb bewegungslos stehen.
 

-Fühlst du etwa genau so wie ich?-
 

Vorsichtig strich Kouichi über das schwarze Haar.

Seine Hand blieb auf Koujis Wange liegen.

Bei dieser Berührung legte Kouji seinen Kopf zur Seite und atmete tief aus.
 

-Mach weiter!- wollte er sagen, doch sein Mund gab keinen Laut frei.
 

Er trat näher zu Kouichi. Seine Augen öffneten sich langsam und er sah Kouichi direkt an.

Der versank in einem Meer.

Die unglaubliche Traurigkeit in diesem Blick fesselte ihn. Er konnte sich nicht bewegen.

Kouji legte seine Hand auf Kouichis freie und drückte sie gegen den kalten Stein der Wand.

Innerlich schauerte Kouichi.

Koujis andere Hand umfasste Kouichis Hüfte.

Sie waren sich jetzt so nah, dass Kouichi den Atem seines Bruders auf seinen Lippen spüren konnte.

Dann merkte er, wie Koujis Hand an seiner Hüfte bis zu seinem Rücken strich.

Er konnte nichts tun, als Kouji langsam seine Augen schloss und seine Lippen die seinen berührten.

In seinem Körper schien ein ganzes Feuerwerk entzündet worden zu sein.

Langsam ließ er seine Hand in Koujis Nacken gleiten.

Dort verweilte er.

Mit der anderen Hand legte er auch Koujis zweite Hand auf seine Hüfte.

Als auch er seine Augen schloss begann er Kouji mit beiden Händen sanft am Hinterkopf zu kraulen.

Kouji löste seine Lippen, dann begann er dessen Wangen zu liebkosen und wanderte über dessen Hals.

Seine Hände streichelten leicht über den Rücken seines Bruders.

Kouichi hatte aufgehört Koujis Nacken zu kraulen.

Jetzt krampfte er seine Hände in die zarten Schultern seines Bruders.

Fast lautlos schnurrte er.

Doch dann löste er sich von Kouji, als in der Nähe ein Auto hupte.

Ungläubig sah er ihn an. Sie waren sich noch immer sehr nah.

Als Kouji sich wieder zu ihm beugte, um ihn erneut zu küssen drückte Kouichi ihn von sich weg.

"Lass das!" Kouichis Stimme war kaum zu hören.

Verschreckt über den drohenden Unterton ließ Kouji seinen Bruder los.

"Wir sind Jungs, noch dazu Brüder!" Kouichis Stimme hatte wieder an Festigkeit gewonnen. Er blinzelte Kouji böse an.

"Wage es ja nicht nochmal!"

Dann rannte er durch den Park nach Hause.

Kouji blieb verwirrt stehen.

War nicht gerade sein Traum in Erfüllung gegangen?

Er hatte Kouichi geküsst.

Vorsichtig fuhr er mit seinem Finger über seine Lippen.

Er wollte mehr.

Mehr von Kouichis weicher Haut, seinen Körper spüren und seine Wärme.

Doch das würde er nie bekommen.

Kouichi hatte nur allzudeutlich ausgedrückt, dass er nichts für ihn empfand.

-Aber dieser Kuss...-

Kouji sackte zusammen.

Er hatte die Lippen seines Bruders gekostet. Er war süchtig geworden. Er würde nicht damit leben können, sie nicht berühren zu dürfen.

Tränen liefen über seine geröteten Wangen.

So blieb er noch eine Weile im warmen Sand auf dem Weg sitzen und schluchzte leise vor sich hin.

Bedrückt machte er sich dann irgendwann auf den Heimweg.
 

Leise schloss Kouji die Haustür auf.

Sein Vater schlief wohl schon.

"Halb zwölf" bemerkte er beim Blick auf die Uhr.

Eigentlich sollte er schon längst schlafen. Morgen war ja wieder Schule.

Als er sich auf sein Bett setzte fiel sein Blick auf das Zeichenboard und die Bleistifte.

Wie magisch gelenkt griff er dananch und zeichnete.

Weiche Lippen... eine Stupsnase, er musste lächeln, ... große blaue Augen.

Jeder Strich schmerzte ihn. Jede Bewegung...

Er ging die Konturen des geliebten Gesichts nach.

Dabei wurde das Papier an einigen Stellen feucht.

Salzige Tränen lösten die Bestandteile der feinen Striche.

Das Bild verschwamm vor seinen Augen.

Sein unterdrücktes Schluchzen verstummte und machte leisen Atemzügen platz.

Fünf

"Kouji, aufstehen! ... Man, und räum die Stifte aus deinem Bett! ... Ich glaub 'ne Dusche tät dir auch ganz gut!"

Vorwurfsvoll stand sein Vater in der Tür und musterte Kouji, der schlafend neben dem Bett lag.

Die Bleistifte lagen in und neben dem Bett verteilt.

Der Zeichenblock ruhte verkehrtherum auf dem Boden.

"Jetzt mach hin, du musst in 10 Minuten los!"

Schlaftrunken sprang Kouji auf. Dabei trat er auf den Spitzer und schrie auf.

Sein Blick fiel auf den Block. Langsam hob er ihn auf und schlug ihn, ohne

auf das Bild zu sehen, zu.

"Scheiße" murmelte er, raffte seine Sachen zusammen und verschwand ins Bad.
 

"Hey Kouichi, wo hast du denn deinen Bruder gelassen?"

Takuya belagerte den Jungen mit weiteren Fragen ohne auf einen Antwort zu warten.
 

-Er ist mal wieder ganz in seinem Element...-
 

"...und dann WOMM fliegt der ganze Bezirk in die Luft..." völlig in Ekstase erzählt Takuya Kouichi Details aus dem zweiten Video und betont, was die Zwillinge verpasst hatten.

Nervös sah sich Kouichi nach seinem Bruder um.

Zuspätzukommen passte so gar nicht zu ihm.

Ob ihm etwas passiert war?

In seinen Gedanken wurde der vergangene Abend wieder lebendig.
 

-Der Kuss... Kouji!-
 

Er legte seine Hand in die Hüfte, wo gestern noch Koujis gelegen hatte.

Takuya zerrte ihn ins Klassenzimmer

Unruhig starrte Kouichi auf Koujis leeren Platz.

"Bitte, entschuldigen Sie..."Kouji stürzte in das Zimmer, er war völlig außer Atem.

Der Lehrer begann zu lamentieren.

Als er seine Ausführungen über Pünktlichkeit und und das Leben mit der ganzen Geschichte als-ich-so-alt-war-wie-du... beendet hatte setzte sich Kouji an seinen Platz.

"Mann, du siehst echt Scheiße aus!" flüsterte Takuya seinem Freund zu und zupfte belustigt an dessen Kopftuch, das völlig schief gebunden war.

"Hast wohl gestern mit Kouichi noch deinen Spass gehabt?" (doppeldeutig ^^ )

Verlegen zog Kouji seine Sachen aus dem Rucksack und sah nach vorn.

Kouichi, der ebenfalls neben Takuya saß, schielte verstohlen zu Kouji.

Dieser schien sich ganz auf den Unterricht zu konzentrieren.
 

-Kouji...-
 

Oh man, was war da gestern nur passiert?

Sein Kopf begann zu schmerzen.

Er wollte das alles nicht.

Weder mit Kouji zusammensein, noch konnte er ohne ihn leben.
 

-Kouji...-
 

Er dachte an die traumhaft schöne Berührung ihrer Lippen ... und lächelte.

Doch dieser Schmerz in Koujis Augen ...
 

-Kouji...-

Sechs

"Kouichi... Kouichi, was ist mit dir?"

Langsam öffnete er die Augen.

"Mum? Wo bin ich?" Verwundert sah er sich um.

Er lag in seinem Bett, seine Mutter saß neben ihm.

"Du bist einfach umgekippt." Erleichtert lächelte sie. "Lag wahrscheinlich nur an der Hitze!"

Dann kam wieder ihre Junge-was-machst-du-nur-für-Sachen-Predigt.

Geduldig ließ er das über sich ergehen.

"Wirklich Mum, ich bin in Ordnung." Er setzte sich auf um sie zu beruhigen.

"Kann ich ein Glas Wasser haben?"

"Aber klar doch, ich hole dir eins, bleib aber bitte noch liegen!"

Etwas beruhigt stand sie auf und ging in die Küche.
 

"Hallo Mutter, ist Kouichi schon wach?"

Leise hörte Kouichi die Stimmen auf dem Flur.

"Ich weiss es nicht, du kannst aber trotzdem reingehen. Vermutlich schläft er noch."

Leise wurde die Tür geöffnet. Kouji setzte sich auf einen Stuhl.

"Ich werde warten, bis er aufwacht!"

"Gut, ich mache heute einen Eintopf, willst du mitessen?"

"Gerne, Vati ist sowieso nicht da!"

Lautlos verschwand Kouichis Mutter aus dem Zimmer.
 

"Kouichi?" fragte Kouji leise, denn er glaubt ein Zwinkern gesehen zu haben.

"Mmh..." murrte es unter der Decke hervor.

"Alles klar bei dir? Geht's dir wieder besser?" Koujis Stimme klang besorgt.

"Ja, ich glaube, das Wetter hat mir nur zu schaffen gemacht. Mein Kreislauf wollte wohl nicht mehr."

Kouji stand auf und machte Musik an.

Er konnte die Stille nicht ertragen.

Kouichi legte die Decke zurück, zog seine ¾-Hose glatt und bleib auf seinem Bett sitzen.

"War noch was los?"

"Nö!" antwortete Kouji, als er einige Arbeitsblätter für Kouichi aus seinem Rucksack holte.

"Die haben wir bekommen, kannst ja mal durchlesen. Ach und Grüße von Takuya!"

"Danke!" murmelte Kouichi und wieder trat Stille ein.

Unendlich lange Sekunden des Schweigens.

"Kouji?" fragte Kouichi zögernd.

"Ja?"

"Darf ich dich was fragen?"

"Mmh!" Kouji nickte.

Sollte er wirklich?

"Warum bist du immer so traurig?"

Überrascht sah Kouji seinen Bruder an. Der hatte den Kopf gesenkt.

"Ich bin nicht traurig!" versucht Kouji abzulenken.

"Ich kann es in deinen Augen sehen! Also, warum?" Jetzt sah er Kouji direkt an.

Kouji fühlte sich ertappt und entblößt. Aber was hatte er schon zu verlieren?

"Ich will in deiner Nähe sein!"

"Aber das bist du doch. Wir sind schließlich Brüder!"antwortete Kouichi blauäugig.(* drop *)

"Scheiße, ja, ich weiß!"Kouji sprang auf und setzte sich neben seinen Bruder auf dessen Bett.

"Ich will näher bei dir sein!" hauchte er.

"Kouji!" ungläubig sah Kouichi ihn an.

"Und vor allem..." Kouji beugte sich über Kouichi, "will ich das tun!"

Er küsste ihn sanft.

So saßen sie, Kouichi an die Wand gelehnt, Kouji auf seinen Oberschenkeln im leicht verdunkelten Zimmer.

Kouichi konnte sich nicht bewegen. Jedesmal war er unfähig Kouji zum Aufhören zu zwingen.

Vielleicht, weil er die Nähe genoss?

Ein überwältigendes Kribbeln stieg in seinem Bauch hoch.

Als Kouji anfing seine Oberarme zu streicheln, legte er den Kopf zurück.

Kouji begann den freigegebenen Hals zu küssen und seine Zunge liebkoste die weiche Haut.

Kouichi fing an leise zu stöhnen.

Er legte seine Arme um Koujis Hals und entfernte das Kopftuch, löste den Zopf und strich durch dessen Haar.

Es fiel weich über seine Schultern und in sein Gesicht.

Tief sog er den angenehmen Duft ein.

Koujis Hände glitten unter Kouichis T-Shirt, er streifte leicht den muskulösen Oberkörper.

Seine Fingerspitzen zitterten.

Langsam rutschte er auf Kouichis Becken hin und her.

Er fühlte die Wärme, die in ihm aufstieg.

Könnte er Kouichi doch immr so nahe spüren.

Er hörte ihn atmen.

Kouichis Kopf lag jetzt in der Halsbeuge seines Bruders.

Die Nase in dessen Haar vergraben, streichelte er Koujis Rücken und ging immer tiefer.

Bald lagen seine Hände auf Koujis Beinen. Langsam fuhr er innen an ihnen hoch.

Er glaubte seine Finger würden verglühen.

Kouji atmete schwer neben seinem Ohr und küsste seinen Hals.

"Jungs, Essen ist fertig!"

Ruckartig lösten sich die beiden voneinander.

Ihre Wangen waren gerötet, ihr Atem ging unregelmäßig.

"Wir kommen gleich!" rief Kouji und versuchte dabei seine Stimme zu festigen.

"Kouji..." Kouichi lehnte an der Wand, seine Augen waren geschlossen.

"Kouichi..." Kouji stand mitten im Zimmer und kam sich verloren vor.
 

Schnell machte er seine Haare zusammenund band sein Tuch um.

"Lass uns essen gehen." Dann verließ er den Raum.
 

~Flashback~
 

Leise schob die Frau die Zimmertür auf.

Sie wollte ihr Söhne auf keine Fall bei ihren Hausaufgaben stören.

Was sie sah lies ihren Atem stocken.

Sie hielt die Hand vor den Mund.
 

-Was?- schoß es ihr durch den Kopf.
 

Kouji saß auf Kouichis Becken, an die Wand gelehnt.

Leise stöhnend liebkosten sie sich.
 

-Nein!- wollte sie schreien.

-Hört auf!-
 

Doch ihrem Mund entwich kein Laut.

Hastig schob sie dir Tür wieder zu und lief panisch in die Küche.

Was sollte sie tun?

Wie sollte eine Mutter in einem solchen Augenblick reagieren?

Sie ging ins Bad und kühlte ihr Gesicht mit kaltem Wasser.
 

-Tief durchatmen!- ermahnte sie sich.

Wie in Trance trat sie auf den Flur, klopfte an die Tür und rief ihre Söhne zum Essen.

Dann ging sie in die küche und deckte den Tisch.
 

~Flashback Ende~
 

Stillschweigend schlürften die Jungen ihren Eintopf.

Ihre Mutter aß langsam. Es schien ihr nicht richtig zu schmecken.

"Kouji..." hörte sie Kouichi sagen. "gibst du mir das Salz?"

"Hier!" Kouji reichte es ihm.

Lange sahen sie sich an.

"HÖRT AUF!" Die Frau war aufgesprungen.

"Mutter...?" Die Zwillinge sahen ihre Mutter fragend an.

"Hört auf!" flüsterte sie. Ihre Stimme klang flehend.

Tränen rannen über ihre Wangen.

"Aber Mutter...?"

"Du gehst jetzt besser!" wandte sie sich an Kouji.

"Warum denn?" protestierte Kouichi.

"Du weißt genau warum!" brüllte sie.

"Ihr seid Jungs... und noch dazu Brüder! Ich verbiete es euch!"

Verschreckt sahen die beiden die Frau vor ihnen an.

"Woher...?" stammelte Kouichi.

"Ich habe euch gesehen!" rief sie. "Macht das nie wieder! Ich verbiete es euch!"

Kleinlaut verschwand Kouji so schnell es nur ging.

"Du wirst ihn nicht mehr sehen!" Ihre Stimme war ruhig aber hart geworden.

Verwirrt sah Kouichi sie an.

"Aber... Schule... Vater...?" stammelte er.

"Wir gehen nach Europa Ich habe einen guten Job in England bekommen."

"Mutter!" schrie Kouichi. Er konnte es nicht fassen.

Weg von Kouji?

"Das kannst du doch nicht machen!"

"Oh doch, am Donnerstag fliegen wir!"

Sie knallte die Schlafzimmertür hinter sich zu.

Kouichi blieb allein in der Küche zurück und starrte aus dem Fenster.
 

-England... das ist so unendlich weit weg... -
 

Leise weinte er.

Sieben

"Hey, Kouji, ich muss dir unbedingt was erzählen! Also gestern, da hab ich doch..." und Takuya redete auf Kouji ein, der schweigend neben ihm her ging.

"He! Hörst du mir überhaupt zu?" Der Sechzehnjährige knuffte seinen Freund in die Seite.

Der blieb plötzlich stehen und knallte Takuya eine.

Er war sehr empfindlich auf Berührungen geworden.

"Spinnst du?" brüllte Takuya ihn wütend an.

Sofort ging er auf Kouji los und wollte sich rächen. Der entwandt sich geschickt seinem Griff, so, dass Takuya hinfiel.

"He du Arsch, was soll die Scheiße?"

Wütend stand Takuya auf und klopfte sich den Sand von seiner dunkelgrünen Hose.

Kouji ging weiter auf die Schule zu, ohne sich auch nur einmal nach ihm umzudrehen.
 

"Man, das war vorhin echt Scheiße von dir! Was ist denn los?" flüsterte Takuya leise.

Kouji saß schweigend auf seinem Platz.

"Sorry, war nicht so gemeint. Ich hab grad echt **** Laune!" knurrte er leise.

Damit schien sich Takuya zufrieden zu geben.

Er widmete sich nun mehr Kouichis Zettel mit den Hausaufgaben, denn der Lehrer hatte ihn drangenommen.

Leise regte er sich auf. -Immer ich!-

Jeder Lehrer schien heute auf ihm herumhacken zu wollen.

Kouichi schrieb einen kleinen Zettel und schob ihn Kouji zu.

"Nein!" mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den Zettel.
 

/Mum geht nach England.

Ich muss mit./
 

"Kouji, weißt du die richtige Antwort?" der Lehrer stand vor dem Jungen.

"Nein." gab er kleinlaut zu, seine Augen füllten sich mit Tränen.

Er sah auf seinen Tisch.

"Pass besser auf!" ermahnte ihn sein Lehrer. Dann begann er damit neue Aufgaben anzuschreiben.

Takuya schnarchte auf seiner Bank.

So konnte Kouichi seinen Bruder über Takuyas Rücken beobachten.

Kouji sah ihn an. Schweigend.

Und wieder konnte Kouichi die tiefe Trauer in Koujis Augen erkenne.
 

-Ich habe Angst. Angst, dich zu verlieren.-
 

Er verstand. Wieder fühlte er den stechenden Schmerz in seinem Kopf.

"Ich kann dich nicht leiden sehen!" flüsterte er kaum hörbar.

"Bitte! Geh nicht!" flüsterte Kouji zurück.

Er sah seinen Bruder flehend an.

"Weißt du jetzt die Antwort Kouji?"

Mist, warum musste sie dieser blöde Lehrer immer stören?

Er schüttelte den Kopf und hoffte in Ruhe gelassen zu werden.

Der Lehrer schien einen guten Tag zu haben. Er ließ Kouji in Ruhe.

Nach der Schule trafen sich die Zwillinge an den Sportplätzen.
 

"Ich will nicht, dass du gehst!" flüsterte Kouji in Kouichis Ohr.

"Lass mich!" Kouichi stieß ihn unsanft weg.

"Ich werde gehen! Am Donnerstag fliege ich!"

Überrumpelt von der Kühlheit seines Bruders wankte Kouji einige Schritte zurück.

Das war wie ein Schlag ins Gesicht.

"Aber, warum....?"
 

Schweigen...
 

"Ich will bei dir sein!"

Kouji strich vorsichtig über Kouichis Rücken.

"Hör auf!"

Und schon war er hinter der nächste Hausecke verschwunden.

Kouji sackte zusammen.

Mit leerem Blick starrte er auf den Boden.

Takuya brachte ihn nach Hause.
 

Donnerstag, kurz vor halb Zehn.

Wieder hatten Kouji und Takuya zusammen Mathe. Dieser schob ihm einen Zettel zu.
 

/Warum warst du gestern nicht da?

Kouichi ist eben gerade abgeflogen!

Wolltest du dich nicht verabschieden?/
 

Wütend knüllte Kouji den Zettel zusammen und warf ihn in Richtung Papierkorb.

Er traf einen Mitschüler am Kopf . Dieser funkelte ihn böse an.

"Sorry, er ist mit dem falschen Bein aufgestanden!" entschuldigte Takuya seinen Freund.

Der Beschossene dreht sich wieder um.

Koujis Gedanken drehten sich um seinen Bruder.
 

-Warum...?-
 


 

~Flashback~
 

"Lass mich in Ruhe, ich will nichts mehr mit dir zu tun haben!" schrie Kouichi seinen Bruder an.

Der hockte zusammengekauert auf einer Bank.

"Hör auf an mich zu denken! Ich empfinde nichts für dich!"

"Kouichi...!" wimmerte Kouji.

"Sei still! Lass mich in Ruhe! Ich fliege morgen, dann bin ich dich los! Lass deine perversen Gedanken an jemand anderem aus!"

Kouichi drehte sich um und verschwand.
 

-Warum verlässt du mich?...-
 

Er schlang die Arme um seine Beine, ließ seinen Kopf sinken und blieb so sitzen.

Zum zweiten Mal verlor er seinen Bruder.
 

~Flashback Ende~

Acht

"Mensch Zira, du willst das doch nicht etwa alles mitnehmen?"

"Klar doch, ich bin halt 'ne Frau!"

Frech blinzelte das blonde Mädchen den Neunzehnjährigen an.

"Und wer muss wieder alles tragen?*seufzt*"

Mit einer leidenden Geste zeigte Kouichi auf sich und verdrehte die Augen.

"Ach komm, Bruderherz, mir zu liebe!"

Die Achtzehnjährige lächelte den Schwarzhaarigen warm an.

"Wer kann da widerstehen?" gab Kouichi gequält zurück und lachte.

"Beeilt euch, Kinder! Euer Flug geht in zwei Stunden!"

"Ja Mama!" antworteten die beiden im Chor.

Seit Kouichis Mutter mit Ziras Vater zusammenlebte, war sie fröhlich und gutgelaunt.

Kouichi freute sich, sie wieder glücklich zu sehen.

Jetzt konnte er endlich nach Japan fliegen!

Er freute sich schon darauf seiner Schwester alles zeigen zu können.

Gleichzeitig hatte er ein mulmiges Gefühl, wenn er daran dachte auch Kouji wiederzusehen.

"Hey, träumst du?" Zira zog ihn am Arm.

"Wir wollen los!"
 


 

"Hallo, ich bin Kouji Minamoto und studiere an dieser Uni.

Zögernd stand er vor dem jungen Professor.

"Was kann ich für dich tun?" gab dieser freundlich zurück.

"Mir ist das Digivice an ihrer Tasche aufgefallen.Waren sie auch in der Digiwelt?"

Überrascht schaute der junge Mann Kouji an.

"Du warst auch da? Ich bin Kenichi!" Er reichte Kouji die Hand.

"Vielleicht erinnerst du dich an Taichi und Yamato?"

Kouji nickte.

"Ich war mit Yamas Bruder Takeru in der Digiwelt!" begann der Professor zu erzählen.

Als Kouji ihm berichtete, dass er und seine Freunde über die Spirits der legendären Digikrieger geboten hatte stieg die Begeisterung des jungen Mannes noch mehr.

Wie Kouji erfuhr, hatte Kenichi leider den Kontakt zu allen seinen Freunden verloren.

"Hey Takuya, komm mal her!" reif Kouji Takuya zu, der gerade vorgefahren war, um Kouji zum Kino abzuholen.

"Ich will dir jemanden vorstellen!"

Also beschlossen sie, den Kinobesuch zu verschieben und ein Eis essen zu gehen.

Während Takuya eine riesige Portion des süßen Elements verspachtelte erzählte Kenichi von seinen Erlebnissen.
 


 

"Ich habe keine Lust mehr zu warten!"

Zira zupfte ungedudig an Kouichis T-Shirt und rutschte auf dem Sitz hin und her.

"Eh, hör auf damit! Wir sind gleich beim Hotel! Da vorn, siehst du?"

Er deutete gen Norden.

"Oh wow! Das ist ja groß!" Begeistert klebte Zira an der Scheibe des Busses.

"Werden wir auch Freunde von dir treffen?"

"Vielleicht..." bemerkte Kouichi abwesend.

Wahrscheinlich wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Und Kouji? Er hatte sich echt mies ihm gegenüber verhalten. Ob er ihn überhaupt sehen wollte?

Ein mulmiges Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit.

Er schluckte.

Als sie ausstiegen atmete er tief ein.

"Endlich wieder zu Hause!"

Zuhause?
 

_Zuhause ist da, wo du geborgen bist.

Wo Menschen dich lieben.

Wo du Liebe geben kannst.

Wo deine Fehler nichts sind

und ein festes Band dich bindet._
 

Auf einmal stiegen alle Gefühle wieder in ihm hoch.

Vor drei Jahren war er einfach gegangen, weggerannt. Die Sache war nicht abgeschlossen und quälte ihn.

Jetzt kam alles wieder.

"Na toll!" murmelte er entgeistert, "Das kann ja was werden!"

Zira zog ihn in Richtung des Hotels.

Nachdem sie ausgepackt hatten wollte sie endlich die Stadt sehen.

Und worauf sie sich am meisten freute war, dass Kouichi ihr echt japanisches Eis verspochen hatte.

Neun

Unruhig rutschte Takuya auf seinem Stuhl hin und her.

"Man, hör auf damit, du machst mich noch ganz wuschig!" Tomoki zwickte seinen Freund in den Oberarm.

"Hey, das tat weh!" Sofort klemmte er den Kleinen unter seinen Arm und verpasste ihm eine Kopfnuss.

Dann stand er auf und ging... eher rannte zum Klo.

"Tscha, du hast eben zu viel Eis gegessen!" rief Tommy seinem Freund belustigt hinterher.

Dieser steckte ihm die Zunge raus.

Als er hinter der Tür verschwunden war konzentrierte sich der Siebzehnjährige wieder auf Kens Erzählungen.

Kouji hörte gespannt zu und schlürfte seinen Eiskaffee.
 

"Man, mir ist sooo heiß!" Im Schatten eines großen Baumes blieb Zira stehen.

"Denkst du nicht, es wäre jetzt Zeit für das versprochene Eis?"

Flehend sah sie den jungen Mann neben sich an.

So schön die Stadt auch war, das reichte für heute. Schließlich hatten sie noch zwei Wochen Zeit sich alles anzuschauen.

"Okay, davor ist das Eiscafe schon, in das ich mit dir wollte!"

Er grinste das blonde Mädchen frech an.

"Das hättest du auch eher sagen können!" sie knuffte ihn in die Seite und lief zielstrebig auf das Cafe zu.
 

Kaum hatten sie sich gesetzt, kam auch schon eine Bedienung.

"Einen riesigen Vanilleeisbecher bitte!"

"Was, Vanilleeis? Das hättest du auch in England haben können! Schau dir doch erstmal die Karte an!"

Belustigt hielt Kouichi ihr die Karte unter die Nase und bestellte einen Eiskaffee(!).
 

"Hey, Bruderherz, sind wir hier im falschen Film?" bemerkte Zira nach einer Weile.

"Wieso?" fragte Kouichi, der ihr gegenüber saß.

"Naja, ich meine, die Jungs da hinten starren uns die ganze Zeit so an!"

Zira deutete hinter Kouichi.

"Das liegt bestimmt daran, dass du so hübsch bist!" antwortete er ohne sich umzusehen.

Zira grinste und wurde rot.

Sie lehnte sich über den Tisch und wuschelte dem Jungen durch sein schwarzes Haar.

Er trug sie noch immer genauso, wie vor drei Jahren, als sie sich kennengelernt hatten.

"Du bist so still, seit wir hier angekommen sind!" bemerkte Zira nach einer Weile.

"Feust du dich nicht, wieder hier zu sein?"

"Doch!" antwortete er knapp.

Jedoch musste er dauernd an Kouji denken.

Zira erkannte an seinem Blick, dass etwas mit ihm nicht stimmte.

Da sie aber wusste, dass er es ihr erzählen würde, wenn er wollte beschloss, sie nicht weiter nachzufragen.
 

"KOUICHI!" brüllte es plötzlich aus einer Ecke des Cafes.

Ein Junge kam auf die beiden zugerannt..... stolperte und landete unsanft auf seinem Hinterteil.

Zira und Kouichi gingen zu ihm.

Als er aufsah musste Kouichi lächeln.

"Takuya, du Trottel!"

"Autsch!" Der Braunhaarige kratzte sich verlegen am Kopf.

"Man, seit wann bist du denn hier, und warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du kommst?

Und wer ist deine Freundin?" Er musterte das blonde Mädchen.

"Zira, das ist einer meiner besten Freunde! Takuya!" stellte er ihn vor und umarmte ihn schwungvoll.

"Das ist Kazira!"

Takuya reichte ihr die Hand und strahlte sie an.

"Dass es im kalten England so schöne Frauen gibt...!"

Zira lächelte verlegen.

"Da hast du dir ja 'ne Hübsche ausgesucht!" Er grinste Kouichi an.

Weil Takuya aber weiter auf die beiden einredete, sparte sich Kouichi die Erklärung ihrer Verwandschaftsverhältnisse.

"Was machst du denn hier?"

"Oh...klar!" Takuya schlug sich an die Stirn.

"Kouji und Tommy sitzen da hinten! Die hatte ich fast vergessen!"

Er führte die beiden an seinen Tisch.

"Kouichi!" Tommy sprang auf und umarmte seine Freund stürmisch.

"Das ist Kazira..." erklärte Takuya derweil.

Zira begrüßte alle. Als sie einem schwarzhaarigen Jungen die Hand geben wollte stockte sie, als er zu ihr aufsah.

"*platt ist* Du siehst ja genauso aus wie mein Kouichi!"

Verblüfft blieb sie stehen.

"Ich bin Kouji!" knapp begrüßte er sie.

Das "mein" in ihrem Ausruf störte ihn gewaltig.

"Hey Kouji!"

Kouichi trat vor seinen Bruder.

Beide standen zögernd da und sahen sich an.

Dann umarmte Kouichi Kouji.
 

-Oh nein... .... Kouichi...- schoss es durch Koujis Kopf, als er dessen Wärme spürte.
 

Schnell ließ Kouichi ihn wieder los, als er spürte, wie ein angenehmes Kribbeln in seiner Bauchgegend aufstieg.

"Man, Alter, du siehst echt gut aus!" bemerkte Takuya.

Kouichi war um einiges gewachsen. Die weite Hose und das darüber hängende Hemd kleideten ihn gut.

"Du aber auch!" gab er zurück. "Deine Haare sehn ja immernoch aus, als hättest du in eine Steckdose gefasst."

Takuya verzog das Gesicht und Kouichi lachte.
 

-Dein Lachen ....-
 

Kouji drehte sich weg und sah aus dem Fenster.

"Mensch Tommy, sind das echte Muskeln?" scherzte Kouichi und knuffte Tomoki in die muskulösen Oberarme.

Vor drei Jahren war Tommy weit größer gewesen als er, jetzt überragte Kouichi ihn wieder.

Das brachte er nur allzudeutlich zum Ausdruck, als er sich demonstrativ vor den Kleinen stellt.

Der schnaubte verächtlich.

"Pah, du bist ja auch älter!"

Während dessen unterhielt sich Zira mit Kouji.

"Ich wohne schon 'ne Weile mit Kouichi in einer WG, unsere Eltern haben geheiratet." erklärte sie ihm.

Irgendwie beruhigte ihn das nicht gerade. Doch er versuchte fröhlich zu klingen.

"Dann sind wir ja Halbgeschwister!"

Endlich wurde auch Ken vorgestellt, der schon eine halbe Ewigkeit fragend auf seinem Stuhl gesessen hatte.

So unterhielten sie sich noch lange und Zira erfuhr von der Digiwelt.
 

-Warum hast du mir nie erzählt, dass du einen Zwillingsbruder hast?- dachte Zira, als sie wieder einmal Kouji musterte, der still in seiner Ecke saß.

Seine Haare waren zu einem kurzen Zopf gebunden. Er hatte ein Tuch um seine Stirn gebunden.

Er trug eine geweitete Hose und eine Sportjacke über dem weißen T-Shirt, doch dieser sportliche Stil passte nicht zu seiner ziehrlichen Gestalt, auch wenn er so groß war wie Kouichi.

Takuya versuchte verzweifelt mit Zira zu flirten, doch die war mehr mit ihrem neuen Bruder beschäftigt.
 

-Warum sind deine Augen so voller Schmerz?-
 

Sie beschloss, Kouichi später danach zu fragen.
 

-Kouichi... lass mich nie wieder allein!-

Zehn

"Ist sie nicht unglaublich süß?" säuselte Takuya und summte vor sich hin.

"Ja, ja, schließ lieber auf!" drängte Tommy ihn, als sie vor der Tür der gemeinsamen Wohnung standen.

Als Takuya keine Anstalten machte, Tomokis Anweisungen Folge zu leisten, zog Kouji seinen Schlüssel aus der Tasche und schloss auf.

Sofort erschwand er in seinem Zimmer und vergrub sein Gesicht im Kissen.

Draußen konnte er Tommy und Takuya lachen hören.
 

"Sag mal, warum hast du mir nie von Kouji erzählt?" Zira belagete Kouichi eindringlich.

"Weißt du, es ist viel passiert..." begann er.

"Und, warum also?"

"Ich hielt es nicht für nötig!" gab er zurück.

Eigentlich hatte er nur nicht ständig an Kouji denken wollen.

Das war ihm ganz gut gelungen. Aber jetzt wo sie wieder hier waren...

Er griff nach seiner Gitarre und spielte ein paar Akorde.

Zira setzte sich neben ihm auf das Bett und sang dazu.

"Weißt du..." fing er dann doch wieder an.

Er musste jemanden alles erzählen, konnte nicht länger allein damit fertig werden.

"Kouji liebt mich!"

"Und?"

"Naja, nicht so wie einen Bruder..." deutete Kouichi an und senkte den Kopf.

Seine Hände lagen auf den kalten Saiten des Instrumentes.

"So...so richtig?" stotterte Zira. "Aber..."

"Mum hat gesehen, wie er mich geküsst hat. Wir durften uns nicht mehr sehen.... Auch deswegen sind wir nach England gezogen."

Zira strich über Kouichis bebenden Rücken.

"Deswegen diese unglaubliche Traurigkeit in seinen Augen? Ich glaube er litt sehr.

Du Kouichi...?" Sie drehte sich zu ihm. "Ich glaube er liebt dich noch immer..."

"Scheiße, ja, ich habs gemerkt!" Kouichi sprang auf.

Von ihr weggedreht blieb er stehen.

"Und du?" Zögernd fragte sie, was ihr die ganze Zeit auf den Lippen gelegen hatte.

Kouichi sagte nichts.

"Ich meine, liebst DU Kouji?"

"Ich kann nicht..." flüsterte er traurig.

Dann erzählte er ihr, wie sie sich getrennt hatten.

"Warum hast du das alles gesagt?"

Zira konnte ihn nicht verstehen. Denn während seiner Ausführungen war ihr klar geworden, dass auch er Kouji noch immer liebte.

Traurig sah er sie an.

"Kannst du mich jetzt verstehen?"

"Nein!" antwortete sie bestimmt. "Gerade deswegen musst du mit ihm reden!"

Sie sprang auf, um ihrem Bruder in die Augen sehen zu können.

"Entschuldige dich bei ihm!"

Ungläubig sah er sie an.

"Ich weiß nicht, wie ich das machen soll!" Mit gesenktem Kopf stand er da.

"Man öffnte den Mund und formt die Worte 'e-s t-u-t m-i-r l-e-i-d '!"

So blöd diese Antwort klingen mochte, sie tat ihre Wirkung.

"Gut, Morgen werde ich mit ihm reden!"

Langsam ging er ins Bad um sein Schlafzeug überzuziehen.

Zira verschwand in ihrem Zimmer.

Elf

Langsam wurde das Bild deutlicher.

Zwei junge Männer lagen sich in den Armen.

Einer weinte.

Der andere strich sanft über das schwarze Haar seines Geliebten.

Dann küssten sie sich.

Plötzlich war da unglaublicher Schmerz.

Alles wurde schwarz.
 


 

"Gib mir noch ein Brötchen!"

"Was, noch eins? Du hast doch schon drei verdrückt!"

Mütterlich reichte Tomoki Takuya den Brötchenkorb mit dem typischen Iss-nur-Junge!-Blick.

"Ich bin eben noch im Wachstum!"

"Mit Neunzehn? Wo willst du denn noch hinwachsen?"

Ungläubig sah der Jüngere seinen schmatzenden Freund an.

Als Takuya gleich zwei Brötchen griff protestierte er: "Hey, lass noch was für Kouji da!"

"Ich will keins, bin im Park!"

Schon war er aus der Tür.

Die beiden anderen sahen ihm nach, noch immer an dem Brötchen zerrend.
 

Der Bleistift wanderte leicht über das Papier.

Kouji saß unter einem Baum nd versuchte sich das ungewohnte Bild seines Bruders vor Augen zu führen.

Er sah so... (sexy !) anders aus. Erwachsener, fröhlicher....

Dann erschien plötzlich das Bild seiner Schwester vor seinem inneren Auge.

"Geh weg!" flüsterte er.

"Oh, störe ich?"

Kouji schreckte auf.

Der junge Mann setzte sich neben ihn.

Leise fing er an ein Lied auf seiner Gitarre zu spielen.

Kouji konnte nicht zu ihm herübersehen.

"Was willst du?" fragte er etwas zu grob.

"Man, wir haben uns so lange nicht mehr gesehen." Er hörte auf zu spielen.

"Bist du noch sauer, wegen dem, was ich gesagt habe?"

"Nein, aber warum hast du das getan?"
 

-Warum hast du mich allein gelassen?- fügte er in Gedanken noch hinzu.
 

"Ich dachte..." gab Kouichi kleinlaut zu "es wäre leichter.... für mich!"
 

-Und für dich!-
 

"Warum bist du jetzt wieder hier?"

"Ich habe Urlaub!" antwortete er blauäugig.

"Kouichi...?"

"Ja?"

"Du weißt, was ich meine! Warum bist du jetzt hier, hast dich aber nie bei mir gemeldet?"

Kouji sah weg.

"Weil..."
 

-...ich nicht konnte?-
 

Kouichi fehlten die richtigen Worte.

"Du wolltest wohl nicht, ich zitiere: meinen perversen Gefühlen ausgesetzt sein?"

Wütend kramte Kouji seine Stifte zusammen und wollte gehen.

"Warte!" sagte Kouichi kaum hörbar und griff nach dem Arm des jungen Mannes.

Der sackte wieder auf die Wiese zurück und sah seinen Bruder verwirrt an.

"Kouji..." flüsterte Kouichi kaum hörbar.

Ihre Blicke trafen sich.
 

_Ein Meer aus Tränen.

Deine augen, tief wie Ozeane,

blau wie Eis,

traurig wie die Nacht._
 

Langsam kam Kouichi Kouji näher.

Dieser rührte sich nicht.

Dann, die Berührung ihrer Lippen, vorsichtig tastend.

Unendlichkleit.

Kouichi glaubte in Koujis Lippen zu versinken.

So weich...

Genießerisch schloss er die Augen.

Kouji konnte gar nicht realisieren, was mit ihm geschah.

Mit aufgerissenen Augen starrte er ins Nichts.

Der Zeichenblock entglitt seinen Händen.

Als Kouichis Finger langsam an seinem Körper hochfuhren löste sich seine Starre.

"Kouichi..." flüsterte er.
 

-Hör nicht auf!-
 

Dann legte er seine Arme auf Kouichis muskulöse Schultern.

Er fühlte sich wie ein kleines Kind.

Langsam schloss er die Augen und ließ sich in die Arme seines Bruders fallen.

Leise seufzte er.

Er genoß Kouichis Wärme.

Der Duft, den er schon so lange vermisst hatte...

Kouichi zog ihn fest an sich.
 

"Hey, da sind ja Kouichi und Kouji!" Takuya zeigte in Richtung der beiden.

"Ach,ja äh, Takuya, wolltest du mir nicht noch zeigen, wo du wohnst?"

Zira stellte sich vor ihn und versuchte ihn davon abzuhalten, die beiden zu stören.

"Wie sie sich in den Armen liegen, niedlich..." säuselte Takuya.

"Eh, was geht denn jetzt ab...?"

Ungläubig starrte Tomoki in Richtung der Zwillinge.

Zu spät...

-Mist- dachte Zira bei sich...
 

Kouji lehnte am Baum.

Kouichi hatte sich über ihn gekniet und liebkoste seinen Hals.

In seinen Wangen stieg Röte auf und leise schnurrte er.

Seine Armen hingen lose an seinen Schultern.

Kouichi hob Koujis Kopf mit einer Hand und strich mit der anderen über seine Wange.

Dann küsste er ihn wieder.

Bittend legte er seine Zunge auf Koujis Lippen.

Darauf hin knabberte Kouji sanft an Kouichis Zunge.

Als er Kouichis Beine plötzlich an seinem Becken spürte, schaltete sich sein Verstand wieder ein.

"Kouichi..." hauchte er, "die Leute..."

Doch dieser machte keine Anstalten aufzuhören.

Es war ihm egal, was die Leute von ihm dachten.

Er wollte Kouji spüren.

Jetzt.

Hier.
 

"SIND DIE ETWA SCHWUL?" kreischte es plötzlich nicht weit von ihnen.

Kouji öffnete widerwillig die Augen.

-Takuya, Tommy!-

Sanft stieß er Kouichi weg.

"Man, dass ich das nicht gemerkt habe..." quatschte Takuya auf Tommy ein.

Zira kam entschuldigend auf ihre Brüder zu.

"Tut mir leid, Kouichi, ich konnte ja nicht wissen..."

"Schon okay..." Kouichi stand auf.

Kouji blieb noch völlig verwirrt sitzen.

"Man, echt mal, ihr seid doch Brüder!" (Taku hats auch schon gemerkt! ^^)

Vorwurfsvoll sah er Kouichi an.

Der antwortete nicht.

Zwölf

"Kommt ihr mit ins Kino?" fragend sah Zira in die Runde.

"Klar, ich bin startbereit! Takuya erhob sich vom Tisch.

Zira grinste, irgendwie war der Braunhaarige schon süß!

"Will auch mit!" meldete sich Tommy.

"Du musst hier bleiben, Kleiner!" Takuya hob belehrend den Finger und grinste fies.

"Wir gehen in einen Film ab 18!"

"Oh man, du bist so gemein!"

"Lass ihn doch mitkommen!" Sie nahm Tommy schützend in den Arm.

"Und ihr?" Takuya sah die Brüder an, die schweigend nebeneinander saßen.

"Keine Lust!" murrte Kouji.

"Ich auch nicht. Ach und Kazira? Sieh dich vor Takuya vor!"

warnte Kouichi seine Schwester belustigt.

"Keine Angst!" Sie deutete auf ihre Faust.

Kouichi lachte, er hatte verstanden.

"Hä, was denn?" Takuya sah seinen Freund schief an.

"Das merkst du schon, wenn du ihr zu blöd kommst!"

"Huah, Frauenpower!" kreischte Takuya.

"Raus jetzt hier!" unsanft schob sie die beiden Jungs aus der Wohnung.

"Oder willst du mal echte Frauenpower zu spüren bekommen?" provozierte sie Takuya.

Tommy verkrümelte sich schnell.

Und die Tür war zu.

Dreizehn

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Vierzehn

"Hast du alles?"

Mahnend packte Kouichi seine Schwester am Arm und schleifte sie nochmals durch das ganze Hotelzimmer.

"Ja, ja, meinetwegen können wir los!"

Zira versuchte krampfhaft ihre Taschen zu verschließen.

Da klopfte es an die Tür.

Takuya trat ein und verbeugte sich.

"Ihr Taxi, Mylady!"

"Und Kouichi?"

Fragend sah sie ihren Kavalier an.

"Der läuft!"

"Du hast sie ja wohl nicht mehr alle!" protestierte Kouichi und warf einen kleinen Koffer nach Takuya.

Der bückte sich und das Gepäckstück traf Tommy, der im Auto gewartet hatte.

"Wollt ihr unbedingt alle Sachen auf dem Gang verteilen?" schimpfte er.

"Wo ist denn Kouji?"

"Der kann nicht kommen. Wir haben uns gestern schon verabschiedet." erklärte Kouichi.

Dabei betrachtete er den Brief, den Kouji ihm gegeben hatte.

Takuya schleifte ihn zum Auto und fuhr in Richtung Flughafen.
 

Seufzend lehnte Kouji am rostigen Brückengeländer.

Von hier aus konnte er den Flughafen gut sehen.
 

-Kouichi, geh nicht!- schrie es in ihm.
 

Dann hob der Flieger ab und flog gen Westen.

Der leblose Körper schlug auf einem Stein auf.

Das gewaltige Tosen des Flusses erstickte jedes Geräusch.

Sie waren zum dritten Mal getrennt worden.

Diesmal für immer.
 

Kouichi entfaltete den Zettel. Daneben lag ein kleines Selbstbildnis von Kouji.
 

Ich liebe dich

-Kou-
 

Langsam ging die Sonne unter.

Fünfzehn (Epilog)

"Ahhh......endlich frische Luft!"

Der Mann stand vor dem großen Firmengebäude und atmete tief ein.

"Kanns los gehen?"

Ein, knapp zwei Jahre jüngerer, Mann kam auf ihn zu und lächelte.

"Ja, ich muss nur noch schnell mal zum Friedhof."
 

Die beiden Männer standen schweigend vor einem Grab.

Grüner Efeu hatte den Stein schon fast überwuchert.
 

-In meinem Herzen lebst du ewig weiter!-
 

Der Mann hob seine Hand und wischte sich eine einzelne Träne weg.

Der Jüngere nahm seine Hand.

"Ich kann ihn die nicht ersetzen." flüsterte er.

"Aber ich kann dir meine Liebe geben und dich trösten. Wenn du das willst!"

Sanft drückte ihm der junge Sportlehrer einen Kuss auf die Wange.

"Du solltest dich wieder mal rasieren!" scherzte er und hielt die Hand des Älteren.

"Ja, ja" Er lächelte.
 

"Onkel Kouichi!"

Ein kleiner Junge kam freudestrahlend auf die beiden Männer zugerannt.

Der Ältere nahm ihn hoch und wirbelte ihn durch die Luft.

"Hey, Kouji, du bist ja gewachsen!"

"Klar!" brüstete sich der Kleine stolz.

"Mama gibt mir ja auch genug Spinat!"

Dabei verzog der Kleine das Gesicht und Kouichi lachte.

"Hey, Sohnemann, redest du über uns?"

Mit einem Handschlag begrüßten Takuya und Kazira ihre Freunde.

"Ins Kino?" fragte der junge Sportlehrer.

"Klar, Kleiner!" entgegnete Kouichi und knuffte Tomoki in die Seite.
 

-Hier bin ich zu Hause!- Kouichi lächelte zufrieden.
 

_Zuhause ist da, wo du geborgen bist.

Wo Menschen dich lieben.

Wo du Liebe geben kannst.

Wo deine Fehler nichts sind

und ein festes Band dich bindet._



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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  kawaii_kamy
2007-11-12T22:49:23+00:00 12.11.2007 23:49
ToT das Ende war ja schrecklich traurig! *noch immer ganz gerührt ist*
Aber die FF fand ich sehr gut, wenn auch gemein...
Gruß kawaii_kamy
Von:  Shizuka_chan
2006-10-07T13:14:34+00:00 07.10.2006 15:14
Hi fand die FF bisher voll cool. Hab sie leider erst jetzt bemerkt. Kannst du mir büdde das adult-Pitel per ENS schicken? *lieb guck* Dankeschön
Von:  Flammendo
2006-07-06T17:14:52+00:00 06.07.2006 19:14
coole Story :)
auch wenn ich leider das 13. Kapitel nicht lesen konnte =)

mach weiter du hast Talent ^^
Von: abgemeldet
2006-05-28T19:03:50+00:00 28.05.2006 21:03
U.U
die story gefällt mir ganz gut, aber ich dachte wirklich es gibt noch nen happy end.....*heuuul*
nyaaa...ich mag keine bad ends^^""
lg,
KagomeK.
Von: abgemeldet
2006-03-11T11:54:41+00:00 11.03.2006 12:54
huhuu....deine geschichte is sooooooo geiloooo...XD
aber kannst du mir mal die adult geschickte....schicken????
büdde.....^^

bubu shini-bo
Von:  Minouett
2006-03-09T11:18:21+00:00 09.03.2006 12:18
Klasse Story und du hast es echt geilo beschrieben! ^^y
Immer weiter so ;D
-^^-
lg
Milli
Von:  Minouett
2006-03-09T11:14:15+00:00 09.03.2006 12:14
Bisher find ich deine FF echt super! ;D
Büddä schick mir des Adult Pitel, jaaa??? =)
Ich leses auch treu weida und werde am Schluss meinen Senf dazugeben vv' xD
lg
Milli
Von: abgemeldet
2005-12-01T19:27:15+00:00 01.12.2005 20:27
Eyyy, ich will wissen, wie poor Kouji gestorben ist... *heul*

Klasse FF, gefaellt mir echt gut ^^
Von:  AkikoKudo
2005-05-10T15:23:35+00:00 10.05.2005 17:23
Kannst du mir deine FF schicken?*ganz lieb frag*
wär echt lieb von dir
schick an Angelina.Gabriel@gmx.de oder als ENS
vielen Dank
AkikoKudo
Von:  Anneg
2005-04-14T15:11:12+00:00 14.04.2005 17:11
Das ist so typisch! Jetzt raffe ich mich auf, einen Kommi zu schreiben und dann vergesse ich natürlich die Hälfte. *sich selbst schlag*
Also, was ich noch loswerden wollte: Ich finde es irgendwie seltsam, dass Kouji sich darauf eingelassen hat. Ich meine, klar, er liebt Kouichi und alles, und das ist schon irgendwie verständlich, aber trotzdem...ich glaube, wenn ich das geschrieben hätte, hätte er Kouichi gesagt, er solle sich zum Teufel scheren. Ich meine, Jahre nichts von sich hören lassen, und dann plötzlich wiederkommen und erwarten, dass alles ist, wie vorher. Und vor allem WUSSTE Kouji ja, dass Kouichi wieder gehen würde. Wäre ihm wirklich daran gelegen, Kouji nicht mehr als nötig zu verletzten, wie er behauptet, wäre er für den Rest seines Lebens in England geblieben!!! Ich versteh die beiden nicht! Das heisst, ich versteh sie schon, aber...ach, egal!
Ach ja, und musste Kouji am Ende wirklich sterben? Das ist doch nicht schön *Taschentuch raushol* *heul*


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