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Ratschläge einer Therapeutin

..."Was soll das?!"
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen!
Ich habe euch vorgewarnt :D
...und das ist nur das Starterkapitel, also erwartet nicht zu viel. Der wirkliche Spaß beginnt im Grunde erst mit dem nächsten Kapitel. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
...und hier kommt, was mit Bakura nach seinem Stürmen aus der Praxis passiert ist :D
Kura ist dann übrigens im nächsten Kapitel dran ^.~ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Doom. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Frohe Ostern!
Hier das letzte "richtige" Kapitel, das im Grunde der Abschluss ist. Es kommt noch ein Epilog und da dieses Kapitel so kurz ist, lade ich den Epilog ebenfalls gleich hoch :D Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
...wie versprochen hier der Epilog :D Komplett anzeigen

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Ein gnadenloser Ryou

„Ich geh da nicht hin!“, hallte Bakuras Schrei in der Wohnung wieder.

„Jetzt komm schon! Kura wehrt sich doch auch nicht.“ Ryou nickte zu dem weißhaarigen jungen Mann mit der Narbe im Gesicht, der in aller Seelenruhe den Rest des Erdbeerkuchens, den es zum Frühstück gegeben hatte, vor dem Fernseher aufaß.

Es schien ihn recht wenig zu interessieren, dass er und Bakura jetzt zu irgendeiner Frau gehen würden, die versuchen würde mit ihnen zu reden. Seit er wieder einen Körper hatte, interessierte ihn allgemein wenig und seine einzige Vorliebe waren Süßigkeiten, was Ryou immer wieder an ihm bemängelte. Kura war recht still und machte den ganzen Tag eigentlich nichts außer vor dem Fernseher zu hocken. Nur ab und zu machte er ein paar Dinge kaputt. Wie den besagten Fernseher. Diverse Tassen, Teller und Vasen. Einen Stuhl. Das Fenster im Bad. Den Spiegel im Bad. Den völlig unschuldigen Strauch Bitterorangen, der vor dem Haus wuchs. Dies war auch der Grund, hatte Ryou ihm geduldig erklärt, wieso er jetzt zu der Therapeutin sollte.

Nun denn, diese Frau würde ihm ein Paar Fragen stellen, hatte Ryou weiterhin erläutert, auf die er antworten sollte und dann würde sie ihm Ratschläge erteilen, die er befolgen konnte, aber nicht musste. Sollte diese Frau halt versuchen mit ihm zu reden, er würde sich ihr Gerede anhören, dann gehen und Ryou würde wieder Ruhe geben. Die mentale Arbeit, die hinter dieser Entscheidung gesteckt hatte, war für Ryou einfach von Kuras Gesicht abzulesen.

 

Doch Bakura dachte da wohl anders, denn er schrie seit dem Morgen rum und hatte sich geweigert sich anzuziehen, geschweige denn zu dieser Frau zu gehen. Ryou fühlte sich stark an ein Kind in der Trotzphase erinnert.

„Er ist nicht ich! Ich muss also nicht das Gleiche tun wie er! Ich geh doch nicht freiwillig zu irgendeiner wildfremden Frau und erzähl ihr von meinem Leben!“ - argumentierte Bakura heftig. Wobei ‚argumentierte’ da zu hoch gegriffen war, er knurrte seinen Gegenüber eher feindselig an und versuchte es mit billigen Einschüchterungstaktiken. Leider halfen diese nicht im Geringsten bei Ryou.

 

Er würde sich heute auf keinen Fall von der Couch erheben, höchstens um sich einen Kaffe zu machen. Was fiel Ryou überhaupt ein ihn zu einer Psychologin schicken zu wollen?! Kura konnte man ja noch verstehen, aber ihn?! Und wenn es Kura nicht störte, sollte er doch alleine hin!

„Sie ist keine Wildfremde“, fiel Malik ins Gespräch, der die ganze Zeit über neben Kura auf einem Sessel saß und gelangweilt den Zeichentrickfilm verfolgte. „Sie ist eine gute Freundin von Isis, also eine sehr vertrauenswürdige Person.“

Bakura schnaubte verärgert. Jetzt stellte sich auch noch Malik gegen ihn.

„Mir ist es egal, ob sie eine Freundin deiner Schwester ist! Ich kenn sie nicht!“

 

Ryou platze langsam der Kragen. Was war so schlimm daran zu einer Therapeutin zu gehen und mit ihr zu reden?! Dieses Geschrei ging schon seit dem Aufwachen so. Wieso zierte sich Bakura denn so? Aber er würde ihn schon dazu bringen, denn seine rohe und abweisende Haltung gegenüber allen, bis auf Ryou selbst, war schon kurz davor zu eskalieren. Doch schien Bakura selbst es gar nicht zu bemerken! Und mit Kura wechselte er auch nie ein Wort.

„Ihr lebt nun schon seit drei Monaten in eigenen Körpern auf dieser Welt und habt es immer noch nicht geschafft euch zu integrieren!“, schrie Ryou zurück, so langsam neigte sich seine engelsgleiche Geduld dem Ende zu.

„Und wieso muss dann Mariku nicht mit?!“, empörte sich Bakura trotzig.

„Er muss. Nächste Woche“ war die knappe Antwort seitens Malik.

Sogleich fuhr der sich sträubende Bakura Malik an und dieser wurde immer wütender. Es wäre ein Wunder, wenn die Nachbarn nicht bald die Polizei rufen würden, bei dem Lärm, dachte Ryou.

 

Ryous Augenbraue zuckte gefährlich. Das konnte doch nicht wahr sein!

„Du gehst hin“, sagte er mit drohend ruhiger Stimme. „Wenn nicht, kriegst du ein zwei Monate langes Anfassverbot und schläfst ab sofort auf der Couch!“

Stille kehrte ein. Alle drei, sogar Kura, starrten Ryou fassungslos an.

„Aber…Kura schläft doch auf der Couch“, erwiderte Bakura halbherzig, nicht fähig den ersten Teil des Satzes zu verarbeiten.

„Mir doch egal! Teil sie mit ihm!“ Ryou machte auf den Absätzen kehrt und verschwand in sein Zimmer mit einem lauten Zuschlagen der Tür. Er musste sich schließlich noch selbst umziehen. Er würde die beiden gewiss begleiten. Für alle Fälle.

 

„Ich glaube du solltest wirklich hin, er meint es ernst.“

„Das weiß ich auch ohne dass du es mir sagst, Grabwächter.“

Na toll, jetzt würde er wirklich hingehen.

Seufzend erhob sich der ehemalige Grabräuber und machte sich daran frische Kleidung rauszusuchen.

 

Sie saßen im Vorzimmer und warteten geduldig. Kura hatte sich als erster zu der Psychologin gewagt und verharrte dort nun schon seit über einer halben Stunde.

Bakura, der in einem schwarzen Ledersessel Platz genommen hatte, hatte währenddessen die herum liegenden Zeitschriften durchgeblättert und starrte nun finster das Bild an der Wand an. Er konnte nicht sagen, was es darstellen sollte. Es war überwiegend einfach schwarz gestrichen und mittig waren graue Töne streifenartig eingezeichnet. Was sollte das darstellen?! Er konnte darin wahrlich nichts erkennen, was es zu einem Kunstwerk hätte machen können. Er starrte unaufhörlich auf den Mittelpunkt des Bildes. Nach und nach zeichneten sich für ihn Konturen einer winzigen Gestalt ab, die weit entfernt schien. Er ließ seinen Blick weiterhin auf dem Gemälde ruhen und es war, als könnte er auf einmal einen Schatten sehen, der auch einfach nur ein Fleck hätte sein können. Er war kurz davor aufzustehen und näher heranzutreten, um sich zu vergewissern, dass es wirklich nur ein Streifen, oder ein schwarzer Fleck war, als eine Tür aufging und Kura mit einer, Bakura nach, unsympathischen Frau das Wartezimmer betrat.

Kura grinste.

Bakura hob eine Augenbraue, doch ließ ihm die Frau keine Zeit zur Verwunderung, denn auch gleich sprach sie ihn mit ihrer überfreundlichen Stimme an:                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          

„Sie können jetzt, Herr Bakura.“

Ryou, der sich beim Aufgehen der Tür endlich seinem Buch entrissen hatte, sah zu seinem Yami herüber und lächelten diesen ermutigend zu.

Der ehemalige Grabräuber seufzte schwer und erhob sich dann, um der dunkelblonden Frau in die Höhle der Verzweiflung zu folgen.

 

Ryou atmete erleichtert auf. Bakura war rein gegangen. Ohne weitere Szenen zu veranstalten. Gut, somit konnte er sich wieder seinem Roman zuwenden.

Er war gerade erst ein paar Seiten weiter gekommen, als ein Schatten sich über ihn legte und ein grinsender Kura ihn fragte:

„Kannst du mir Geld geben?“

Verwirrt blinzelte Ryou. Geld? Grinsen? Kura…?

Mechanisch griff er in seine Jackentasche und holte einige Scheine aus dem Geldbeutel, ohne dass der irritierte Ausdruck aus seinem Gesicht wich, und übergab diese dem anderen, der sogleich diese einsteckte und mit einem „Bye!“ nach draußen verschwand.

Ryou schüttelte nur den Kopf, doch ein Hauch von Bewunderung und Hoffnung legte sich in seine Augen. Diese Therapeutin bewirkte ja Wunder.

Kura war die ganze Zeit so desinteressiert und emotionslos gewesen, doch gerade hatte er ihn nach Geld gefragt, war selbstständig nach draußen gegangen und das auch noch mit einem Lächeln! Ok, das Lächeln glich eher einem Wolfsgrinsen, aber das waren ja nur Haarspaltereien. Für Kura war es ein großer Fortschritt. Hoffentlich fand er sich alleine draußen zurecht – er war bis jetzt schließlich nur mit Ryou außerhalb der Wohnung gewesen.

 

Bakura derweilen durfte genervt die für ihn völlig aus der Luft gegriffenen Fragen der irritierenden Frau beantworten. Wie gerne er diese auch angeschwiegen hätte, wollte er Ryou nicht wieder verärgern. Sex mit Ryou war für ihn zwar nicht Überlebungswichtig, aber er entspannte unheimlich und versüßte ihm das ziemlich langweilige Dasein. Und wenn er ganz tief hinein horchte, konnte er sich auch eingestehen, dass es schön war neben Ryou einzuschlafen und aufzuwachen. Das waren aber auch die einzigen Gründe warum er der Frau antwortete. Genau.

Er hatte sich von Anfang an entschlossen so wenig wie möglich von sich zu verraten. Doch die Psychologin war geübt in ihrem Handwerk und schaffte es mit gezielten Fragen, lächelndem Nicken und richtig platziertem Schweigen ihn zum Reden zu bewegen. Vielem und langem Schweigen vor allem. Er hatte versucht sie zu ignorieren und die Lücken in der Konversation mit desinteressiertem Anstarren der Frau zu verbringen. Er war sich sicher die Frau würde einen Starrwettbewerb zuerst aufgeben. Aber nein, sie lächelte ihn nur fröhlich an. Zehn Minuten lang. Er hatte es irgendwann nicht mehr ausgehalten und auf die Wanduhr geschaut. Was würde passieren, wenn er Ryou sagen musste, dass er nicht geredet hatte? Überhaupt nicht? Danach hatte er angefangen zu reden, um die Stille zu füllen. Diese Frau war unheimlich.

So kam es, dass er mehr erzählte, als er wollte. Er sprach viel über seine Kindheit und dann hauptsächlich über Kura. Ausgerechnet Kura. Was interessierte es ihn, was der Typ machte?!

„Wie haben Sie sich gefühlt, als er den Teller zerbrochen hat?“

Bakura ließ ein tiefes Knurren seiner Kehle entweichen als Antwort, in der Hoffnung die Frau würde endlich das Thema wechseln. War er nicht hier, um über sich selbst zu reden?! Doch seine Einschüchterungstaktiken schienen die Psychologin genauso wenig zu stören wie Ryou. Ihre Schultern waren weiterhin entspannt, ihre Handbewegungen weder hastig noch abrupt, sondern sie notierte mit einer ruhigen Hand. Nicht einmal ein Aufblitzen in ihren Augen oder ein Fünkchen von Unwohlsein! Nur weiterhin dieser verständnisvolle Blick und leichtes Nicken. Gruselig. Das war also ein ernstzunehmender Gegner.

Bakura entwickelte langsam so etwas wie Respekt vor der Frau zum Ende ihrer Sitzung hin. Vielleicht war es doch nicht so schlecht gewesen her zu kommen. Zumindest war diese Unterhaltung spannender und interessanter als alles andere in den letzten Wochen gewesen. Doch dann kam das Ende der Sitzung.

 

Mehr als schlecht gelaunt stampfte Bakura aus dem Zimmer, an Ryou vorbei, der sofort aufgesprungen war, um seinen Yami zu beruhigen. Jedoch zischte Bakura nur und schritt unbeirrt Richtung Ausgang weiter. Schon bald war er auch verschwunden. Ryou griff schnell nach seinem Rucksack, um Bakura zu folgen, doch legte sich eine Hand auf seine Schulter und hielt ihn zurück.

„Wollen Sie auch eine Beratung?“

„Äh…“ war das einzige, was der Kleine erwidern konnte, bevor auch er zum kleinen Zimmer der Therapeutin geführt wurde.

 

„Setzen Sie sich“, sprach die Frau, während sie Platz an einem großen Schreibtisch nahm. Ryou tat wie ihm geheißen und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches. Interessiert schaute er sich in dem Zimmer um. Es war geräumig und hell. Eine Wand war komplett verglast und dahinter erstreckte sich ein Balkon. Da sie sich im vierten Stockwerk befanden, musste man sich keine Gedanken um neugierige Passanten machen und dafür war das Zimmer mit Sonnenlicht durchflutet. Neben zwei Bücherregalen aus hellem Holz, die vollgestellt waren, einem beigefarbenen Sofa und passendem Sessel, befanden sich in dem Zimmer noch einige Pflanzen und der Schreibtisch, der eine nähere Betrachtung verdiente. Der Tisch war riesig, bestimmt an die zwei Meter breit und wirkte doch klein auf Grund der vielen Dinge, die darauf standen und lagen. Weitere Bücher stapelten sich neben vielen Unterlagen. Unter all den psychologischen Fachwerken war auch – wie Ryou erfreut feststellte – ein Roman, den er selbst erst vor einigen Wochen gelesen hatte: „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“. Daneben standen einige Behälter mit Stiften und sogar Pinseln. Faszinierend fand Ryou die Tischlampe: Eine Frau aus Gold hielt eine silberne Kuppel. Dann stand da noch ein Newtonpendel. Fünf Kugeln, die im Moment alle ruhten. Doch wenn man die Kugel ganz außen anstieß, würde die Kugel auf der anderen Seite ausschlagen. Ryou hatte so ein Ding mal in einem Film gesehen und wollte sich schon lange auch eins kaufen, doch irgendwie kam er nie dazu… Leise seufzte er und wand seinen Blick nun zu der Frau, die ihn die Zeit über schweigend beobachtet hatte. Sie lächelte ihm zu.

„Guten Tag Herr Bakura –“

„Nennen Sie mich Ryou, bitte“, unterbrach er die Frau hastig. Bakura war schließlich…Bakuras Name. Irgendwie verwirrend.

„Herr Ryou. Mein Name ist Elise Kawasaki. Sie können mich gerne Elise nennen.“

Ryou nickte höflich und setzte ein Lächeln auf. Er wusste nicht so recht wie man sich in solch einer Situation verhielt. „Sehr erfreut“, fügte er hinzu.

„Was beschäftigt Sie im Moment?“, fragte die Frau im überraschend sanften Ton.

Er schwieg einige Momente, ehe er zu einer Antwort ansetzte. Eigentlich musste er darüber nicht nachdenken, doch es war schwer es in richtige Worte zu fassen.

„Bakura und Kura, denke ich. Es ist einfach nicht richtig, dass die beiden nichts mit ihrem Leben anfangen, sondern den ganzen Tag sich in der Wohnung aufhalten“, sagte er schließlich. Er hörte ganz deutlich die Resignation in der eigenen Stimme – er wusste wahrlich nicht weiter.

„Belastet es Sie persönlich?“

Die Frage verdutze Ryou. Natürlich war es anstrengend mit den beiden! Zudem kamen noch Malik und Mariku mit den gleichen Problemen… aber andererseits fand er nicht, dass es ihn übermäßig belastete, oder? Er hatte nie wirklich darüber nachgedacht. Es blieb ihm doch nichts anderes übrig, als sich um diese Menschen zu kümmern. Bakura war nun sein Freund, Malik und Mariku seine besten Freunde und Kura…nun, Kura war einfach Kura und hatte hier niemanden außer ihm.

„Es ist manchmal anstrengend“, erklärte er seine Gedanken. „Ich weiß nicht, was ich noch tun kann, um die Situation zu verbessern. Aber ich würde nicht sagen, dass es mich belastet. Ich schlafe gut, ich gehe zur Arbeit, koche und esse gerne und fühle mich allgemein nicht schlecht. Ich denke ‚es beschäftig mich stark‘ ist die richtige Beschreibung.“

Die Frau machte sich eine kurze Notiz und sah wieder zu ihm auf.

„Sie sagen, Sie gehen zur Arbeit. Was arbeiten Sie?“

„Ich bin Assistent in einer Tierarztpraxis“, antwortete er lächelnd.

„Mögen Sie ihre Arbeit?“

„Sehr. Manchmal ist es zwar anstrengend, vor allem auf Grund von oft sehr langen Arbeitszeiten, aber ich liebe Tiere und es macht mich glücklich, dass ich helfen kann. Wobei natürlich den wichtigsten Teil der Arzt erledigt.“

Die Frau nickte ein weiteres Mal und machte wieder eine kurze Notiz.

„Und was machen Sie außer zur Arbeit gehen?“

Ryou hob überrascht eine Augenbraue auf die Frage hin. Was machte man denn so außerhalb der Arbeitszeiten?

„Uhm. Ich bin daheim, lese viel, koche und verbringe immer wieder einen gemütlichen Abend mit meinen Mitbewohnern vor dem Fernseher oder meinem Freund.“ Zum Ende hin errötete er leicht. Normalerweise hausierte er nicht so mit der Information, dass er mit einem Mann zusammen war, aber das hier war doch eine Beratungsstunde und da sollte man offen sein, oder? Etwas verunsichert schaute er zu der Frau ihm gegenüber, doch diese lächelte nur durchgehend.

„Und was ist mit Ausgehen, Hobbies?“, hackte sie nach.

Ryou schüttelte leicht den Kopf. „Dafür bleibt mit Kura und Bakura einfach keine Zeit mehr.“

 Sie nickte. „Ich verstehe. Ich glaube Ihnen würde etwas Neues in dem Bereich Freizeit gut tun.“

Wieder verunsichert sah Ryou von der Frau und blickte lieber an die Wand. „Aber wie gesagt, ich habe meine Arbeit und mit Bakura und Kura…“, versuchte er sich gegen die Idee zu wehren.

„Das ist verständlich. Aber die Beiden sollten etwas selbstständiger werden. Das bedeutet auch, dass Sie versuchen sollten den beiden die Freiheit zur Selbstständigkeit zu lassen.“

Ryou riss seine Augen auf und starrte Elise an. Implizierte ihre Aussage, dass er Mitschuld an der Misere hatte? Er wollte doch nur helfen!

Als ob sie seine Gedanken gelesen hätte, führte sie mit ruhiger Stimme aus: „Natürlich sollen Sie sie weiterhin unterstützen. Ihre Unterstützung soweit war wichtig für die beiden. Doch nun ist die Zeit gekommen einen Schritt zurückzutreten. Wenn Sie schon dabei sind, können Sie sich auch wieder etwas um sich selbst kümmern, denken Sie nicht auch? Ihnen würde es helfen, wenn Sie eine Beschäftigung ohne die zwei hätten. Wie wäre es mit einer neuen Freizeitbeschäftigung? Etwas, wo man auf andere Menschen trifft. Vielleicht etwas, was ein Arbeitskollege oder ein Bekannter gerne macht?“, schlug Elise vor.

Immer noch unsicher und etwas geschockt nickte er leicht. Zumindest klang es nicht mehr danach, als ob sie ihm die Schuld für die fehlende Integration in Bakuras und Kuras Leben geben würde. Zudem hatte Elise auch nicht ganz Unrecht. Ihm würde etwas Zeit, wo er mit anderen Menschen sich entspannen konnte, gut tun. Doch so etwas ging einfach nicht von einem Tag auf den anderen. Vor allem nicht jetzt, wo Kura und Bakura ihn vielleicht brauchen könnten.

"Vielleicht... Tom, der andere Helfer, steht auf Fußball", murmelte er leise.

„Gut.“ Elise nickte und reichte ihm einen Stapel Papiere, die Ryou sofort entgegen nahm. „Kommen Sie doch bitte in zwei Wochen wieder und füllen Sie noch diese Formulare aus, bevor Sie gehen. Sie können Sie einfach bei der Empfangsdame abgeben. Denken Sie etwas darüber nach.“

Ryou nickte. Er war sich sicher, dass sie mit „darüber“ ihren Vorschlag meinte. Ryou verließ dankend und sich verabschiedend das Zimmer. Er holte einen Stift aus seinem Rucksack und setzte sich wieder in das Wartezimmer. Die Blätter waren an eine feste Unterlage geheftet, also konnte er sie gemütlich sitzend ausfüllen.

„Ich fühle mich bedrückt, schwermütig und traurig“ las er die erste Frage, nachdem er seinen Namen eingetragen hatte.

Ein wütender Bakura

Was fiel der Frau nur ein! Ihm so etwas zu sagen! Seine…seine… er konnte es nicht einmal in seinen Gedanken wiederholen. Und er war nicht – er betonte NICHT – aggressiv! Andere Menschen machten nur gerne Dinge, die ihn wütend machten. Diese Frau zum Beispiel. Sie hatte es doch darauf angelegt, dass er aus der Haut fuhr. Es war doch offensichtlich gewesen, dass er auf solch einen beleidigenden Vorschlag wütend reagieren würde.

Bakura stampfte weg von der Praxis, die ihn aufregte, Richtung der Bushaltestelle. Ihm juckten die Finger irgendjemanden zu schlagen, doch an diesem sonnigen Nachmittag schien niemand passendes unterwegs zu sein. Und die Verwüstung von Eigentum anderer Menschen – wie zum Beispiel die Vitrine des Ladens, vor dem er gerade angehalten hatte – würde ihm, und vor allem Ryou, sehr viel Ärger einbringen. Ryou. Ach ja… von dem würde er wahrscheinlich sich noch eine Standpauke darüber anhören müssen, dass er einfach erzürnt weggegangen war. Herausgestürmt.

Als ob er fliehen würde.

Bakura schüttelte den Kopf. Nein, er war weggegangen.

 

Wo blieb Ryou überhaupt? Normalerweise rannte er ihm in solchen Situationen immer hinterher. Verwundet drehte er sich um und musterte die Straße suchend. Kein weißhaariger junger Mann, den man wegen der zierlichen Gestalt und jungem Aussehen immer noch oft für einen Schüler hielt, weit und breit. Kein Ryou. Fast schon besorgt hob Bakura eine Augenbraue – was zu erneuten Wut führte. Wieso machte er sich darüber überhaupt Gedanken?! Ryou war nicht seine Mutter und er brauchte auch keinen ständigen Begleiter. Er kam wunderbar auch alleine zurecht! Als ob sein bisheriges Dasein nicht Beweis genug dafür wäre!

„Wann haben Sie die Wohnung zuletzt alleine verlassen?“, hallte in seinen Gedanken die Stimme der Psychologin wieder. Kawasaki, oder wie sie hieß. Er knirschte mit den Zähnen wieder und setzte seinen Weg fort. Im Vorbeigehen schlug er mit nur einem Bruchteil seiner Kraft auf einen Mast und wollte seinen Weg stampfend weiter führen, als ein lautes Geräusch direkt neben ihm losbrach. Alarmiert sprang der Große zur Seite und lenkte seinen Blick zu der Quelle der Geräusche, die sich schnell als lautstarkes Weinen herausstellten. Das im Volksmund auch gerne als Heulen bezeichnet wird, korrigierte sein Gehirn sofort.

 

Auf dem Boden saß ein kleines Kind mit schwarzen Zöpfen und…weinte. Die Schultern des Geschöpfes zuckten mit jedem Aufheulen und allgemein schien der ganze Körper des…Mädchens - spuckte Bakuras Gehirn nach einigen Sekunden des Suchens aus – zu zittern. Wie eine Sirene nahm auch langsam die Lautstärke zu. Bakuras Miene verzog sich als ob er in eine Zitrone gebissen hätte und er schaute genervt um sich in der geheimen Hoffnung eine andere Menschenseele zu entdecken, die sich um das Gör – so viel passenderes Wort! – kümmern konnte. Doch es war immer noch weit und breit niemand zu sehen. War denn die ganze Welt gegen ihn heute?! Andererseits war es eventuell auch etwas Positives. Ein zufälliger Passant hätte auch ihn für die Ursache des Geschreis halten können und Bakura hatte keine große Lust auf ein liebevolles Treffen mit den Behörden. Er wollte das kleine Gör ignorieren und einfach weiter gehen, doch dann kam ihm etwas fast schon beängstigendes in den Sinn: Was würde Ryou nur denken, wenn er davon erfuhr? Bakuras Gesicht verlor an Farbe.

Schließlich seufzte er, kniete sich hin und knurrte ein unfreundliches „Hey“ in Richtung des Kindes.

 

Das Mädchen hörte sofort auf zu weinen und schaute ihn mit ihren großen braunen Augen an.

„Wo ist Mama?“, fragte es unverbindlich.

Bakura ließ den Kopf hängen. Das Gör war also der Mutter verloren gegangen. Was machte er denn jetzt bitteschön? Er schaute wieder auf und betrachtet das Gör genauer. Sie schien noch kleiner als die Grundschüler zu sein, die zu der Schule bei ihnen um die Ecke gingen, und trug ein buntes Sommerkleid.

„Weißt du wo du wohnst?“

Sie schüttelte energisch den Kopf.

„Deinen Namen?“

„Yuri.“

„Yuri und weiter…?“

„Yuri ist Yuri.“

Ein resigniertes Seufzen entwich Bakura. Na ganz toll. Und was machte er jetzt? Sie zur Polizei bringen? Aber das würde im schlimmsten Fall den ganzen Tag dauern und dann würden sie vielleicht dort ihn für verdächtig halten und er wollte eigentlich nicht testen, wie gut Kaiba seine Personalien gefälscht hatte.

„Wie lange ist deine Mama schon weg?“, fragte er stattdessen nach.

Das Mädchen blinzelte. „Nicht lange.“

Und nicht lange war…wie lang? Das konnte er vergessen. Aber die Mutter dürfte bestimmt nach dem Ding schon suchen und er musste ihr sozusagen nur entgegen gehen.

 

„Von wo bist du hergekommen?“

Das Mädchen zeigte in die Richtung, wo die Praxis der nervigen Frau war. War da nicht irgendwo ein Park auf dem Weg gewesen? Wenn ja, dann war es sehr wahrscheinlich, dass die Tränenkanone von dort kam. Was machte man auch sonst mit einem kleinen Kind bei dem Wetter draußen? Natürlich im Park spielen. Außer das Kind ging verloren. Bakura stand auf.

„Komm mit“, forderte er das Mädchen auf und ging los.

 

Etwas fasste nach seiner Hand. Überrascht sah er nach unten und stellte fest, dass das Gör ihn an der Hand hielt.

„Hey, haben dir deine Eltern eigentlich nicht beigebracht, dass man mit Fremden nicht reden, geschweige denn diese bei der Hand nehmen sollte?“

Das Mädchen nickte. Wie? Es nickte? Was sollte das jetzt bedeuten? Sie hielt ihn weiterhin an der Hand. Hatten Sie es ihr nun beigebracht oder nicht?! Bakura schüttelte den Kopf. Was soll’s, die Erziehung irgendeines Balges war nicht seine Angelegenheit. Nach einigen Gehminuten bog Bakura mit dem Mädchen an der Hand in eine Abzweigung, die zu einem Park führte. Nur einige Meter weiter konnte man schon hochgewachsene Eichen erkennen. Die Baumkronen warfen einen Schatten auf den schmalen Weg, den Bakura mit dem Mädchen immer noch an der Hand betrat. Der natürliche Sonnenschutz war angenehm, da die Sonne langsam ziemlich brannte. Doch der Schatten half leider nicht sonderlich viel weiter gegen die schwüle Luft. Verdammte Luftfeuchtigkeit, dachte Bakura und sah wieder herunter zu dem auf wundersame Art und Weise nun stillen Kind. Das Mädchen schien keinerlei Angst mehr zu spüren, sondern schaute mit lebhafter Neugierde in alle Richtungen. Sie waren nur einige Meter gegangen, da ertönte ein lauter Schrei und etwas raste auf die beiden zu.

„YURI!“ – es kam immer näher und Bakura machte unweigerlich einige Schritte zurück. Das Mädchen währenddessen ließ seine Hand los und lief dem Unheil entgegen mit einem nicht weniger lauten „MAMA!“. Die zwei Trottel fanden sich und die Mutter schloss ihre Tochter in die Arme und eine Tirade aus Sätzen wie „Wie oft habe ich dir schon gesagt“ begann.

Bakura schüttelte nur den Kopf und drehte sich wieder Richtung der Straße. Er wollte endlich nach Hause und nach dem er eine gute Tat heute vollbracht hatte, würde Ryou ja vielleicht nachsichtig sein und Bakuras Abgang bei der Psychotante vergessen. Vielleicht konnte er ihn ja sogar davon überzeugen, dass er nicht mehr zu ihr zu gehen brauchte. Schließlich hatte er sich heute an der Außenwelt beteiligt.

 

Doch Bakura kam nicht weit. Etwas hielt ihn am Ärmel fest und zog daran mit erstaunlicher Kraft.

„Hey, Mister…“, kam von hinten.

Er drehte sich verwirrt um und sah sich mit der Mutter des Kindes konfrontiert. Sie war ebenfalls klein – bestimmt einen Kopf kleiner als er – und hatte etwas Buntes an. Die gleichen braunen Augen, wie die ihrer Tochter, waren mit Tränen gefüllt und blickten ihn direkt an.

„Danke, Mister! Vielen Dank!“

Bakura nickte nur und wollte sich wieder umdrehen. Doch die Mutter hielt ihn weiterhin am Ärmel fest. Der Griff war fester als er es erwartet hätte. Sie wischte sich schnell die Tränen weg und lächelte ihn an. Irgendwas an diesem Lächeln erinnerte ihn an Kawasaki. Fast erschrocken machte er einen Schritt rückwärts. Fast. Er hatte keine Angst vor der Frau! Und erst recht nicht vor der Mutter vor ihm, die dämlich genug war ihr eigenes Kind zu verlieren. Mit einer eleganten Bewegung entriss er ihr seinen Ärmel und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Mutter schien vollkommen unbeeindruckt von seiner Geste zu sein und plauderte fröhlich drauf los.

„Wissen Sie, Yuri und ich wollten hier im Park ein Picknick machen. Da ist sie mir weggerannt. Das Kind ist sehr aufgeweckt.“ Liebevoll strich sie dem Gör über den Kopf, was bei Bakura ein Augenbrauenzucken hervorrief. „Wir haben Tee und Sandwiches dabei. Würden Sie mit uns picknicken? Ich würde mich so gerne bei Ihnen bedanken.“

Bakura schluckte. Was sollte das? Er hatte besseres zu tun! Was denn? fragte eine Stimme in seinem Kopf fies nach. Er hätte die Stimme fast für sein böses Gewissen gehalten, hätte sie nicht so viel Ähnlichkeit mit der Stimme der Psychotante gehabt. Deswegen hätte er sie fast schon ignoriert. Doch die Mutter vor ihm schaute ihn mit großen Augen voller Hoffnung an. Fast flehend. „Sie sollten mit sich selbst ins Reine kommen.“ Die Worte der Psychotante klangen wieder in seinen Ohren. Er strich sie aus seinen Gedanken und nickte schließlich. Vielleicht würde dieses Picknick all seine Probleme mit der Psychotante lösen.

 

Bakura fühlte sich wie in Trance als die Mutter ihn tiefer in den Park zog bis sie schließlich vor einer grünen Wiese stehen blieben. Das Gör – Yuri, erinnerte er sich – rannte vor und hüpfte fröhlich auf und ab. Innerlich verzog Bakura das Gesicht, doch äußerlich blieb seine Miene steinhart und undurchschaubar. Er schaute sich um, als die Mutter ihn endlich losließ und eine große Decke aus ihrer Tasche holte.

Der Park war größer, als er es von außen erwartet hatte. Egal in welche Richtung er schaute, sah er nur Bäume und Parkwege. Er erblickte auch andere Menschen. Ein älterer Herr, gekleidet in anliegende Hosen und ein durchschwitztes T-Shirt, joggte nur einige Meter entfernt an ihnen vorbei. Weiter hinten sah er zwei Mütter, die auf einer Bank sich unterhielten. Dabei schienen sie die zwei Bengel, die auf einer Rutsche weiter hinten spielten, völlig nicht zu beachten.

 

Bakura knurrte leise und wandte sich wieder zu der Wiese. Das zarte Grün breitete sich drei-vier Meter vor ihm aus und als er sich auf die bereits ausgebreitete Decke setzte, stieg ihm der Geruch von frischem Gras in die Nase. Er nahm einen tiefen Atemzug. Eigentlich war der Duft ganz angenehm. Er bildete einen Kontrast zu seinen Erinnerungen, die größtenteils aus der erstickenden Trockenheit der Wüste oder der geruchlosen Dunkelheit des Schattenreiches bestanden.

Die Mutter redete munter die ganze Zeit über, während sie aus ihrer Tasche Bentoboxen und zwei Thermosflaschen herausholte. Er hatte nur am Rande mitbekommen, dass es sich um Geschichten über Yuri handelte. Das Gör schien öfter wegzurennen und Dinge auf eigene Faust zu tun. Als Bakura seine Aufmerksamkeit wieder der Frau und ihrer lebhaften Erzählung widmete, stellte er schnell fest, dass das Gör – Yuri, erinnerte sein Gehirn ihn wieder – fast schon seinen Respekt verdiente. Er war hin- und hergerissen zwischen Anerkennung dafür, dass sie so unerschrocken und eigenständig die Welt erforschte, und dem Missbilligen ihrer Dämlichkeit dies zu tun. Denn schließlich war es für Kinder gefährlich alleine rumzurennen.

„Mögen Sie lieber Thunfisch oder Salat?“

Bakura blickte von der überaus interessant braun-gelb karierten Decke auf, die er wohl in Gedanken schon einige Momente lang angestarrt hatte.

„Wie?“

Die Frau lächelte ihn wieder an und zeigte mit der Hand auf die kleinen Sandwiches, die in den angerichteten Boxen lagen.

„Das hier sind Sandwiches mit Thunfisch und die hier sind mit Salat“, erklärte die Frau und fügte dann noch in einem entschuldigenden Ton hinzu: „Andere mag Yuri nicht.“

„Ganz schön wählerisch“, entgegnete Bakura ohne nachzudenken und griff nach einem Thunfischsandwich. „Aber ich mag beides.“

Die Frau machte ein komisches Geräusch – es hörte sich an wie eine Mischung aus Glucksen und Kichern – und strahlte ihn an. „So sind Kinder nun mal.“ Ihre Mundwinkel waren fast schon anatomisch unmöglich weit auseinander gezogen und Bakura zog passend dazu eine Augenbraue fast anatomisch unmöglich hoch.

Das Lächeln sah weder aufgesetzt noch rein höflich aus, wie bei den meisten Menschen, die er traf. Zum Beispiel nicht wie bei den Nachbarn. Das waren auch so ziemlich die einzigen Menschen, die er in den letzten drei Monaten getroffen hatte, musste Bakura sich eingestehen. Ok, vielleicht hatte Ryous Sorge eine Grundlage. Eine klitzekleine Grundlage.

 

Während Bakura seinen immer dunkler werdenden Gedanken nachhing und in das erstaunlich gut schmeckende Sandwich biss, drehte sich die Frau zu ihrer Tochter und rief sie zum Essen. Yuri war gerade einem Schmetterling nachgejagt, doch sie rannte sofort zur Decke und setzte sich direkt neben Bakura. Neugierig blickte sie zu ihm hoch und sofort bildeten sich Falten auf ihrer Stirn, als ob sie intensiv nachdenken würde. Bakura beobachte dies schweigsam und kaute weiter auf seinem Sandwich rum. Er hätte nie gedacht, dass solch eine einfache Speise so lecker sein konnte. Schließlich glättete sich Yuris Gesichtsausdruck wieder.

„Onkel! Wie heißt du?“, fragte sie Bakura.

Bakura wäre fast der Unterkiefer nach unten gesackt.

„Das fragst du erst jetzt?! Man geht nicht mit Fremden weg, man nimmt Fremde nicht an der Hand. Man fragt wenigstens nach dem Namen!“, erhob Bakura die Stimme und verpasste dem Kind einen leichten Klaps auf die Schulter. Furchtlos blickte Yuri ihn an und nickte dann.

„Gut. Ich bin Bakura“, stellte er sich schließlich vor. Yuri strahlte ihn förmlich an daraufhin und redete dann in einem betont höflichen Tonfall. „Ich freu mich sehr Sie kennen zu lernen, Herr Bakura.“

Bakura spürte wie sich seine Gesichtsmuskeln entspannten. Noch ein wenig und er hätte fast gelächelt. Glücklicherweise wurde er von der Stimme der Mutter daran gehindert, die seine Aufmerksamkeit von der Kleinen ablenkte.

„Ich bin übrigens Maria Kitamura. Sie können mich einfach Maria nennen.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen und lächelte ihn wieder an. Konnte sie auch etwas anderes tun? Bakura nahm die Hand und schüttelte sie leicht. Ihre Hand war so viel kleiner und zierlicher als seine, fiel ihm auf. Es hätte ihm kaum Mühe gemacht die Finger zu zerquetschen. Während Bakura nach den richtigen Worten für die Situation suchte und die Hand wieder losließ, machte sein Gewissen ihn auf eine Kleinigkeit aufmerksam: Er hatte Yuri für etwas gescholten, woran er sich selbst nicht gehalten hatte. Schließlich war er mit der Frau einfach mitgegangen ohne sie auch nur nach ihren Namen zu fragen. Bakuras Augenbraue zuckte wieder leicht. Sein Gewissen war frech und zu pingelig, entschied er. Und genau genommen kannte er da schon Yuris Namen. Technisch gesehen war er mit ihr mitgekommen. Sein Gewissen lachte nur höhnisch in seinem Hinterkopf. Doch dafür war ihm wieder eingefallen, was Ryou ihm beigebracht hatte.

„Freut mich. Danke für die Sandwiches, die sind lecker.“

Ein verwirrter Seto

Seto blickte von dem Bildschirm seines Computers auf, als die Tür zu seinem Büro aufging. Die ersten wütenden Worte formten in seinen Gedanken und brannten auf der Zunge, doch wurden vor dem Schock erstickt, als er erkannte wer da hinein stolzierte. Ein gelassenes Selbstbewusstsein ausstrahlend, das seinem eigenen Konkurrenz machte, marschierte ein weißhaariger Mann mit einer Kreuznarbe auf seiner rechten Wange auf ihn zu. Seto schluckte und suchte in seinem Gedächtnis nach dem Namen.

„Bakura“, sagte er schließlich.

Sofort blieb der Mann stehen und bedachte ihn mit einem missbilligenden Blick.

„Nein. Kura. Bakura ist der böse Geist.“

Seto nickte automatisch, überrumpelt von der Stimme, die er zum ersten Mal hörte. Sie klang weniger tief, als er es erwartet hatte. Doch trotzdem rau und harsch.

 

Nun, ‚böse‘ war wohl eine Definitionssache. Er erinnerte sich an seine einzige Begegnung mit diesem Kura, als Ryou die gefälschten Ausweise abholen gekommen war – mit der ganzen Horde im Schlepptau. Da hatte dieser Kura ohne Vorwarnung einen gläsernen Aschenbecher an die Wand geworfen. Seto hatte dem Aschenbecher nicht nachgeweint, war nur ein unnötiges Geschenk eines Firmenpartners gewesen, aber das Bild dieser völlig grundlosen Attacke gegen sein Eigentum brannte immer noch in seinem Gedächtnis.

 

Kura starrte ihn nun unverwandt an, als würde er auf etwas warten. Seto gewann seine Gelassenheit wieder und fragte ihn in einem kühlen Ton: „Was willst du hier?“

Höflichkeit sparte er sich für Anlässe auf, die es auch Wert waren. Nicht für ungebetene Eindringlinge.

Ein Grinsen legte sich auf Kuras Lippen.

„Ich soll Sport machen und Sex haben. Da du auch schwul bist, dachte ich, es lohnt sich dich zu fragen, wo ich letzteres legal auftreiben kann.“

Seto hatte eine sehr gute Selbstbeherrschung, was ihn vor der Blamage rettete auf die Aussage hin die Kinnlade herunter hängen zu lassen oder die Augen zu weiten. Stattdessen bedachte er Kura mit einem stechenden Blick, der schon viele andere vor ihm in die Flucht geschlagen hatte, und sah dann zur offenen Tür. Nicht mal so viel Anstand hatte der Mann. Er sah die Sekretärin, die neugierig hineinlinste. Doch als sie seinen Blick auf sich fing, vergrub sie sich sogleich hinter ihren eigenen Bildschirm. Genauso sollte der Blick ja auch funktionieren.

Kura zeigte sich jedoch völlig unbeeindruckt. Zumindest schritt er aber zur Tür, um diese zu schließen. Für eine kurze Sekunde hatte Seto gehofft, er würde einfach gehen. Doch er schmiss diesen Gedanken sofort weg, als der Weißhaarige sich wieder ihm zuwandte. Der Firmenchef lehnte sich in seinem Stuhl zurück in einer seiner gut eingeübten ‚Ich-bin-hier-der-Boss‘-Posen.

„Zuallererst, wie bist du hier rein gekommen?“

 

Seto hatte ganze drei Sekunden lang mit sich selbst debattiert, ob er die Frage stellen wollte. Schließlich wäre sie der Beweis, dass er es nicht wusste, was dem Zugeben einer Schwäche gleichkam. Doch die Tatsache, dass Kura einfach so in sein Büro herein marschiert war, wo er doch schon am Empfang im Erdgeschoss hätte scheitern müssen, offenbarte Seto eine mögliche Lücke in seinem Sicherheitssystem. Was eine viel größere Gefahr darstellte.

 

Kura nickte, als wäre dies eine Verhandlung und er den Preis akzeptieren würde.

„Für mich gibt es keine verschlossenen Türen. Ich habe besondere Talente.“ Was keine Antwort war. „Aber dein Gebäude ist gut gesichert. Ich denke, außer mir würde hier niemand so einfach rein kommen können.“ Dir und dem blöden Hund, schoss es Seto durch den Kopf. Er ignorierte den Gedanken und konzentrierte sich auf sein Gegenüber. Kura stand einen Meter entfernt vom Tisch. Seine Arme hingen lässig an den Seiten. Doch sie sahen nicht nutzlos dabei aus, als würde er nicht wissen wohin damit, sondern sie zeigten Stil und Sicherheit. Das war jemand, der eine gute Körperbeherrschung hatte. Seto verspürte für einen Augenblick Anerkennen. Wenn der andere sich doch nun auch gewählter ausdrücken würde. Ein angebrachtes Verhalten wäre auch begrüßenswert.

 

Als hätte er Setos Gedanken gelesen, setzte sich Kura mit einem leicht amüsierten Lächeln auf den Stuhl gegenüber dem Brünetten und unterbreitete ihm einen Vorschlag.

„Ich kann dir helfen die Lücken in der Sicherheit hier“ – er machte eine Geste, die wohl auf den Raum oder auch das ganze Gebäude deuten sollte – „zu finden und dein System zu verbessern.“

Seto wartete auf die Weiterführung, während er innerlich die Empörung bekämpfte. Sein System war tadellos!

Oder auch nicht, wie man an dem Eindringling sieht, erinnerte ihn seine Vernunft sogleich.

 

Kura schwieg ihn an, während dessen Mundwinkel weiterhin dezent nach oben gezogen waren, um eine Spur Erheiterung zu zeigen. Genau die richtige Mischung aus Spott und Ernst, so dass es nicht wie eine Beleidigung wirkte, aber die Überlegenheit Kuras zeigte. Außerdem versuchte er nicht seine Forderungen durchzupressen, was der häufigste Fehler unerfahrener Verhandlungspartner war. Stattdessen wartete er die Reaktion Setos auf das Angebot ab. Seto ließ es zu, dass seine Augenbraue sich nach oben bewegte – schließlich war dies auch angebracht für die Situation – als ihm klar wurde, dass dies tatsächlich eine Verhandlung war und sein Gegenüber gewiss kein ungeübter Jüngling.

 

„Das wäre eine willkommene Geste“, antwortete er schließlich in einem gewählt kühlen Ton. Er wusste, dass seine Stimmlage das gleiche Image projizierte wie Kuras Lächeln.

Sie beide schwiegen in einem stillen Duell darüber, wer die Oberhand gewinnen würde. Würde Seto zuerst sprechen, so würde er zugeben, dass ihm das Angebot tatsächlich gefiel. Würde Kura reden, so würde er die Dringlichkeit seines Begehrens offenbaren. Einige Momente verstrichen, während sie ihren Starrwettbewerb ausfochten. Schließlich war es Kura, der weitersprach.

„Ich möchte Kontakte zu potenziellen sexuellen Partnern oder wahlweise die Kontakte von Locations, an denen ich diese Partner selbstständig kennenlernen kann. Gleichzeitig bin ich an einer Empfehlung für eine Örtlichkeit für andere sportliche Aktivitäten interessiert.“

 

Das war keine Niederlage, sondern ein taktischer Rückzug gewesen, realisierte Seto schnell, was ihm die Freude über seinen Sieg kostete. Es war in Kuras Interesse Seto die Zügel in die Hand zu reichen. Erstmal.

Er nickte und öffnete die unterste Schublade seines Schreibtisches. Es dauerte nicht lange, bis er einige Flyer und Karten herausholte und diese auf dem Tisch ausbreitete.

„Dies ist ein gutes Sportstudio zum Trainieren. Sie haben einen großen Geräteraum, eine Anlage mit Boxsäcken, einen Boxring, ein traditionelles Zimmer mit Tatamimatten für asiatische Kampfsportarten, eine große Auswahl an Sportgruppen, viele private Trainingsräume und Trainer. Es ist ein großer Komplex am Rande der Stadt. Dazu gehört auch ein Thermalbad. Es ist ein geschlossener Club für Mitglieder. Größtenteils für Damen und Herren aus der oberen Schicht der Gesellschaft. Doch ich gebe dir diese Karte mit. Dies fungiert als meine persönliche Empfehlung. Ich habe eine Mitgliedschaft, die es mir erlaubt Gäste völlig ohne zusätzliche Kosten einzuladen.“

Kura hörte während der Erklärung aufmerksam zu und nahm die Karte und die Broschüre nickend entgegen.

„Dies hier wiederrum ist ein Sportstudio für andere Aktivitäten.“ Seto betonte das Wort, während er auf einen anderen Flyer mit seinem Finger tippte. Auf diesem dominierten die Farbe hellblau im Hintergrund und ein grelles Neongrün beim Schriftzug. „Das ist ein Studio ausschließlich für Männer. Einige gehen wirklich zum Trainieren hin, auch wenn die Anlagen eher spärlich sind. Die meisten Besucher halten Ausschau nach Partnern aus. Am häufigsten wird zwangsloser Geschlechtsverkehr erwünscht, manchmal direkt in der großen Sauna vor Ort. In seltenen Fällen trifft man dort auch auf Suchende nach etwas Längerfristigem.“

Seto reichte den Flyer weiter und widmete sich dem Stapel freier Eintrittskarten, der noch übrig blieb.

„Dies sind alles Nachtclubs oder Bars. Sie unterscheiden sich alle in Atmosphäre und Klientel. Da ist alles von schrillen Discos bis ruhigen Männergesellschaften dabei. Es ist sinnvoll, sie auszuprobieren, bis du die für dich geeignete Umgebung findest. Dies sind alles Freikarten, mit denen du ebenfalls kostenfrei eintreten kannst.“

 

Vor nur zehn Minuten, hätte Seto die Hälfte der Lokalitäten nicht einmal erwähnt vor dem Weißhaarigen. Doch die Verhandlung hatte ihn überzeugt, dass der junge Mann einen Sinn für Stil und Benehmen hatte, der ihm die Türen der exklusiveren Clubs und Bars öffnete. Die Erinnerung an den Wutausbruch vor einigen Monaten verblasste langsam und wurde von der frischen Erfahrung mit dem Geschäftsmann vor ihm ersetzt.

„Ich danke für diese ausführliche Auskunft.“ Kura nickte ein weiteres Mal und inzwischen war auch der amüsierte Gesichtsausdruck einer entspannten Gelassenheit gewichen. „Wann soll ich wegen dem Sicherheitssystem kommen?“

Seto warf einen kurzen Blick auf den Kalender – eher aus Gewohnheit, schließlich hatte er seinen Terminplan vollständig in seinem Gedächtnis eingeprägt. Schließlich entschied er sich, dass seine Anwesenheit voraussichtlich nicht notwendig sein würde. Kura konnte das mit den Verantwortlichen direkt klären.

„Was schätzt du, wie lange du brauchen wirst?“, fragte er während er die Liste der Zuständigen für Sicherheit im Kopf durchging.

Kura überlegte kurz ehe er antwortete. „Ein bis zwei Tage für eine eingehende Analyse. Einige Tage für die genaue Identifizierung und Überprüfung der Lücken. Die Zeit für die Umsetzung der Ausbesserungen und allgemeinen Verbessrungen am System hängen von der Analyse ab.“

Seto tippte mit einem Finger leicht an sein Kinn, während er in seinen Gedanken den möglichen Zeitplan optimierte.

„Ich denke es ist das Beste, wenn wir feste Arbeitstage für die nächsten drei Wochen einplanen. Ich werde dir den Koordinator für die Sicherheit zur Verfügung stellen. Gemeinsam könnt ihr die unterschiedlichen Abteilungen untersuchen. Danach reden wir weiter, sobald konkrete Pläne für die Umsetzung aufgestellt sind.“

Kura neigte zustimmend seinen Kopf.

„Montag, Mittwoch und Donnerstag von zehn bis sechzehn Uhr halte ich für angebracht.“

„Das geht in Ordnung“, erwiderte Kura ohne zu überlegen.

Seto drückte den Knopf am Telefon und gab seiner Sekretärin die entsprechenden Anweisungen.

„Morgen ist Mittwoch, also erwarte ich dich zehn in meinem Büro. Dann werde ich dich Watari vorstellen, dem Koordinator.“

Beide erhoben sich und schüttelten sich die Hand. Kuras Handgriff war fest, während die Haut sich weich anfühlte, merkte Seto.

Danach drehte sich Kura – mit all den Eintrittskarten, Flyern und Broschüren in den Händen – zur Tür. Doch eher hinaustreten konnte, gewann in Seto die Neugier den inneren Kampf, den diese schon während ihres Gesprächs in seinem Hinterkopf gegen die Vernunft geführt hatte.

„Wie kommt dieser Sinneswandel zu Aktivität und Offenheit?“, fragte er in einem neutralen Ton.

Er meinte sich vage daran zu erinnern, dass Katsuya irgendwas von Problemen im Haus der durchgeknallten Horde erzählt hatte. Er war sich sicher die Worte Apathie und Desinteresse waren darin vorgekommen.

Kura schaute über seine Schulter zu Seto und ein spitzbübisches Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Ryou hat Bakura und mich zu einer Therapeutin geschickt. Wir hatten ein interessantes Gespräch und sie hat mir diese Arten von Stressabbau geraten. Ich fand die Empfehlung ansprechend, also heißt es jetzt schwitzen. Elise Kawasaki heißt die Frau.“ Mit den Worten verschwand Kura und schloss sogar die Tür hinter sich.

Seto schüttelte missbilligend den Kopf. Kura war zum Ende hin wieder in ein lockeres Verhaltensmuster gefallen. Er war sogar ohne Abschiedsworte gegangen.

Es war also eine Therapeutin, die Kura zu diesem – Seto suchte nach einem passenden Wort und gab es schließlich auf  – Wandel verholfen hatte. Hmmmm.

Ein unbeeindruckter Malik

Malik saß auf der Couch und klickte sich durch diverse Internetseiten auf seinem Computer durch. Gerade schaute er sich eine Homepage eines Heimarbeitsladens durch und verglich die Preise für Baumwolle zu den Meterpreisen auf den anderen beiden Internetseiten, die er parallel dazu geöffnet hatte. Seine Augen fingen an zu glänzen, als er Plüsch entdeckte. Weiß! Er brauchte weiß.

Ein Schrei lenkte Malik ab und seufzend erhob er sich von dem Sofa. Er betrat die Küche und blieb wie angewurzelt stehen. Was für ein Chaos! Der Blonde schüttelte den Kopf und hob seine Stimme, um gegen das Geschrei anzukommen.

„Brauchst du Hilfe?“

Bakura, der an seinem Handy hing und gleichzeitig Wasser in den Topf füllte, den er daraufhin auf die Herdplatte stellte, drehte sich um. Seine Augenbrauen waren eng einander gezogen. Er knurrte mehr als er antwortete: „Nein!“

Malik nickte kurz. Mehr zu sich selbst als zu jemand anderen, denn Bakura hatte sich schon lange wieder weggedreht. Anscheinend war sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung dran gegangen, denn sogleich redete er eine Spur weniger bedrohlich.

„Hier ist Bakura. Er schreit schon wieder…“

Malik zog sich wieder auf die Couch zurück und tippte weitere Suchbegriffe auf seinem Laptop ein.

Nach einiger Zeit fischte er sein eigenes Mobiltelefon aus der Jackentasche, die lässig über die Couchlehne geworfen lag. Er wählte Kuras Nummer und wartete die Freizeichen ab.

„Was ist?“, meldete sich Kura. Auch wenn die Worte harsch waren, klang die Stimme entspannt und zufrieden.

„Kannst du für mich einkaufen gehen nach der Arbeit? Ich bräuchte da…“

Malik zählte ihm eine lange Liste auf. Zum Ende seiner Aufzählung steckte Bakura seinen Kopf ins Wohnzimmer und brummte einige Dinge, die Malik dann weiter ins Telefon gab.

„Ist das alles?“

Die Stimme klang weniger zufrieden, doch auch nicht verärgert oder genervt. Malik empfand die Stimme als einen Ausdruck seines eigenen Wesens: neutral.

 

Malik begutachtete mit Freude den Inhalt der Einkaufstüten, die Kura auf dem Tisch vor ihm gestellt hatte. Mit zwei davon hatte er Kura gleich weiter in die Küche zu Bakura geschickt. Zumindest war es inzwischen ruhig geworden, man konnte nur immer wieder die nörgelnde Stimme Bakuras vernehmen, wenn er mal wieder kurz davor war die Beherrschung zu verlieren. Innerlich zollte er dem ehemaligen Ringgeist Respekt. Er hätte sich nicht so lange mit dem ‚Problem‘ beschäftigen können.

Lieber widmete sich der Ägypter dem Auspacken seiner neuen Nähausrüstung. Eine ganze Palette verschiedenfarbiges Garn ließ seine Augen voller Begeisterung funkeln. Als nächstes inspizierte er die Sammlung an Nadeln. Er war schon ganz in seine eigene Welt versunken, als ein erneuter Aufschrei ihn hochfahren ließ.

„Typisch!“

Das klang nach Bakura. Neugier ging Malik zur Küche und linste hinein. War es nicht eine idyllische Familie, die er da sah?

Kura hielt ein blondes Baby auf seinem Arm und kitzelte es mit einem Finger, was dem Kleinen ein freudiges Quicken entlockte. Das Bild wurde perfekt ergänzt von einem Bakura, der durch die Küche jagte und dabei Kura mit ‚gehobener Stimme ansprach‘ – was dieser jedoch völlig ignorierte.

„Einfach typisch! Ich kümmere mich den ganzen lieben Tag um ihn. Mache esse, wechsle die Windeln, wasche ihn, wiege ihn in den Schlaf und dann kommst du kurz herein und schon ist sein erstes Wort an dich gerichtet!“

Kura blickte nicht einmal hoch, sondern schenkte seine Aufmerksamkeit dem kleinen Bündel in seinen Armen.

„Dadda!“

„Schon wieder!“

 

Ein Lachen unterdrückend drehte sich Malik um und schmiss sich wieder auf die Couch. Kura hatte ihm auch eine kleine Auswahl an Stoffen mitgebracht. Malik griff nach Karton, Stift und seiner neuen Schere. Nur einige Augenblicke später war er in die Anleitung auf seinem Laptop vertieft. Er merkte nicht mal auf, als Kura wieder die Wohnung verließ.

 

Es war schon dunkel als Ryou nach Hause kam und sich seufzend auf die Couch neben Malik niederließ. Dieser war gerade fleißig am Nähen. Verwirrt beobachtete Ryou seinen Mitbewohner bei der Tätigkeit einige Zeit. Malik ließ sich zuerst nicht davon beirren, doch nachdem das Schweigen sich über mehrere Minuten gezogen hatte, legte er sein Handwerk zur Seite und lächelte Ryou an.

„Abend. Willkommen zu Hause.“

„Abend…“, murmelte Ryou. Sein Blick war immer noch auf den Stoff gerichtet, der zusammengefaltet neben Malik lag. „Was machst du da?“, fragte er vorsichtig nach.

Voller Stolz griff der Ägypter nach seinem Erstlingswerk und hielt es hoch. Es war zwar noch nicht ganz fertig, doch unverkennbar ein Strampelanzug aus gelben Stoff.

„Ich werde da noch Stickereien anbringen. Ich konnte mich nur noch nicht für ein Motiv entscheiden. Es war schon eine Aktion Bakura davon zu überzeugen, dass ich Maße nehmen durfte…“

„Bakura?“ Ryous Augen weiteten sich. Der Gedanke „Habe ich was verpasst?“ stand ihm auf der Stirn geschrieben.

„Aber ich habe es am Ende doch größer gemacht. Mariku scheint übermenschlich schnell zu wachsen.“

„Mariku?“

Malik hatte es nicht für möglich gehalten, dass Ryous Augen noch weiter aufgerissen werden konnten. Doch dieser schaffte es ihn mit einer Mimik voller Entsetzen eines Besseren zu belehren. Es verschaffte Malik eine für ihn selbst unerwartete Befriedigung Ryou so lange im Dunkeln zu lassen. An nur einem Tag hatte sich immerhin sehr vieles verändert! Der Blonde schmunzelte ehe er sich erbarmte und eine Erklärung lieferte.

„Du weißt, dass Mariku heute bei Frau Kawasaki war.“

Ryou nickte zur Bestätigung.

„Nun, nach der Sitzung war er sehr nachdenklich und schweigsam. Als wir nach Hause gekommen sind, hat er sich in unser Zimmer verkrochen. Nichts Ungewöhnliches soweit, nicht wahr?“

Abermals nickte Ryou.

„Eine halbe Stunde später hörte ich dann einen Schrei. Als ich das Zimmer stürmte, fand ich dort statt Mariku eine Miniversion von Mariku vor. Also ein kleines blondes Baby, das schrie.“

Amüsiert beobachtete Malik das Entgleisen von dem Gesichtsausdruck Ryous. Die Geschichte klang auch wahrlich verrückt.

„Das ist kein Scherz. Du kannst ihn dir gerne nachher selbst anschauen, auch wenn er zwischen schon etwas gewachsen ist. Vielleicht ist er jetzt schon ungefähr eins?“

„Aber…das…wie…“

Malik nickte.

„Ich habe Bakura gefragt. Er meinte, dass das wohl die Reste von den Kräften der Milleniumsgegenstände und des Reichs der Schatten waren, zu denen Mariku wahrscheinlich noch unbewusst eine Verbindung hatte.“

Ryou schluckte.

„Könnten Kura und Bakura…“

Malik schüttelte sofort den Kopf, ehe Ryou den Satz auch nur beenden konnte.

„Nein. Bakura erklärte da Kura und er in zwei verschiedene Körper aufgeteilt wurden, obwohl sie eigentlich den gleichen Ursprung haben, ist ihre Kraft endgültig aufgebraucht. Aber ich bin noch gar nicht fertig mit Erzählen.“

„Da kommt noch mehr?“

Ein vorfreudiges Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Blonden aus.

„Natürlich. Als Bakura nach Hause kam, hat er sich den restlichen Tag voller Hingabe um Mariku gekümmert.“

 

Ryou war felsenfest davon überzeugt gewesen, dass ihn nichts mehr schocken konnte. Was konnte auch schon überraschender sein als ein geschrumpfter Mariku? Doch dies übertraf es. Bakura verhielt sich allgemein in der letzten Woche komisch. Seit sie bei Frau Kawasaki waren. An dem Tag kam Bakura erst am späten Nachmittag Heim und verschwand dann fast täglich um die Mittagszeit. Er wollte strikt nicht verraten, was er tat. Jeder Versuch es ihm zu entlocken endete in einem kleinen Wutausbruch seitens Bakura. Doch sogar diese waren anders – er wirkte nicht mehr, als würde er am Rande vom Kontrollverlust stehen. Stattdessen erinnerten sie Ryou an einen Jugendlichen, dem etwas peinlich war. Über seine absurden Gedanken selbst verwundert, schüttelte Ryou den Kopf und konzentrierte sich wieder auf sein Gegenüber. Malik strahlte ihn förmlich an. Da schien noch mehr zu kommen…

„Bakura hat sogar jemanden angerufen und um Hilfe gebeten. Danach klappte es ganz gut mit den beiden. Ich vermute, er hat irgendwo eine Mutter kennengelernt. Oder eine nette alte Oma mit viel Erfahrung. In die Küche würde ich an deiner Stelle trotzdem nicht gehen, es sei denn du möchtest das Chaos wieder beseitigen.“

Innerlich stellte sich Ryou bei den Worten schon mal auf eine lange Nacht des Aufräumens ein.

„Das Beste kommt übrigens noch.“ Wie lange war denn dieser Tag gewesen?! „Kura ist irgendwann nach Hause gekommen und hat Mariku in den Arm genommen. Daraufhin hat ihn Mariku „Dada“ genannt.“ Malik lachte bei der Erinnerung laut auf und hielt sich schnell die Hand an den Mund, um den Geräuschpegel niedrig zu halten. „Bakura ist ausgeflippt. Ich vermute er hat sich eigentlich in der Vaterrolle gesehen, irgendwo musste Mariku ja das Wort gelernt haben. Aber Mama sein steht ihm bestimmt auch…“

Ryou schüttelte sanft den Kopf. Diese Erzählung hörte sich wie aus einem schlechten Roman an. Gleichzeitig spürte er Stolz in sich aufkeimen. Es war beeindruckend, dass Bakura sich so gut um Mariku gekümmert hatte. Vorher schienen sich die beiden eher zu ignorieren. Das war doch schon mal eine positive Entwicklung. Gut, eine sehr sonderbare Entwicklung. Aber auch eine Positive.

„Macht es dir gar nichts aus, dass Mariku jetzt ein Baby ist?“, fragte er vorsichtig nach. Die Vorstellung von Kura oder Bakura als Kleinkinder jagte ihm eine Gänsehaut ein.

Malik schüttelte lächelnd den Kopf und nahm wieder den Strampelanzug in die Hände.

„Nicht wirklich. Jetzt habe ich halt einen kleinen Bruder statt einem gleichaltrigen. Ist eigentlich ganz schön. Immerhin bin ich eigentlich der Jüngste in der Familie. Solange sich Bakura um ihn kümmert und ich ihn nicht selbst aufziehen muss, ist es gut so. Außerdem kann ich ihm süße Kleidung nähen.“

„Ich wusste gar nicht, dass du nähst.“

„Habe ich auch schon lange nicht mehr gemacht. Isis hat es mir mal aus Langweile beigebracht. Da war ich…zehn, denke ich.“

 

Ryou lehnte sich auf die Couch zurück und entspannte sich. So vieles hatte sich plötzlich verändert. Kura war ausgeglichen und zufrieden mit seinem Leben. Er arbeitete sogar gerade für Kaiba und verdiente eigenes Geld, was Ryou sehr erleichterte. Es wurde doch langsam sehr schwer für alle zu sorgen. Malik war die Ruhe selbst, noch mehr als sonst, und hatte wohl ein neues Hobby gefunden. Mariku war anscheinend zu einem Kind geworden. Und Bakura…Bakura hatte angefangen zu leben. Erst jetzt wurde Ryou bewusst, wie sehr er doch vorher das Zentrum von Bakuras Universum gewesen war. Doch nun hatte Bakura eigene Interessen und Sorgen. Manchmal…ja, manchmal vermisste er es. Vielleicht hatte Frau Kawasaki doch Recht und er sollte sich ein Hobby suchen. Er brauchte auch etwas außerhalb dieses Irrenhauses.

„Was sie wohl mit Mariku besprochen hatte…“, flüsterte Ryou gedankenverloren.

Er hatte keine Antwort erwartet, doch Malik lieferte ihm trotzdem eine.

„Ich kann es mir denken.“ Ryou drehte seinen Kopf leicht zur Seite, um Malik sehen zu können. Der Blonde jedoch blickte nicht einmal von seiner Arbeit auf.

„Weißt du, Mariku ist ursprünglich ein Teil von mir gewesen. Ich habe ihn aus meinem Hass erschaffen. Ich hatte schon keine erfüllte Kindheit, doch er hat all die Wut und Schmerzen geschluckt. Gemessen daran, dass ich mich nur noch verschwommen an die negativen Ereignisse erinnere und an viele positive nach dem Tod meines Vaters, hatte Mariku vermutlich gar keine Kindheit. Vermutlich ist ihm das klar geworden und er wollte das jetzt nachholen.“

„Wie lange er wohl so bleiben wird?“

Malik zuckte mit den Schultern. „Vermutlich solange er will. Vielleicht wird er weiter so schnell wachsen und ist in wenigen Monaten fertig. Vielleicht auch nicht. Aber ganz ehrlich, ich freue mich für ihn. Eine Kindheit mit umsorgenden Eltern ist schön.“

Ryou lachte leise auf. „Umsorgende Eltern?“

Malik sah auf und grinste breit. „Schon eine komische Vorstellung, was? Vielleicht sollte ich Kura auch Papa nennen.“

Ein Schauer jagte Ryou über den Rücken bei der Vorstellung.

„Zumindest ist Bakura nicht mehr in seinem Teenager-Stadium“, fügte Malik an.

Ryou lächelte leicht bei den Worten. Das war in der Tat ein Fortschritt.

 

„Apropos Kura, wo steckt er eigentlich?“

Jetzt wo er darüber nachdachte, fiel Ryou auf wie still die Wohnung war. Er konnte ganz deutlich das Ticken der Küchenuhr hören.

„Vermutlich in irgendeinem Club. Oder bei Kaiba. Wer weiß das schon. Du kannst ihn anrufen. Dank dem Diensthandy, das er schamlos für private Zwecke benutzt, ist er ja erreichbar.“

Ryou schüttelte den Kopf und setzte sich auf. „Er kann auf sich aufpassen. Ich gehe mal nach Bakura schauen.“

Malik nickte in Richtung seines und Marikus Zimmer und widmete sich wieder dem Nähen zu.

 

Ryou öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt weit und spähte hinein. Es war eine klare Nacht mit einem fast vollen Mond, dessen Schein durch das Fenster hineinströmte. Auf dem Futon am Fenster lag Bakura zusammengerollt. Daneben schlief ein kleines Kind. Definitiv älter als eins, entschied Ryou und beobachtete die Szene einige Zeit lang ehe er die Tür wieder leise schloss. Dann konnte er diese Nacht sein Bett ganz für sich alleine haben. Das war doch auch eine schöne Abwechslung. 

Ein schockierter Katsuya (und nicht minder schockierter Seto)

Er war verzweifelt. Er konnte es sich endlich eingestehen und wenn er es schon zugab, dann wollte er nicht länger in diesem Schlamassel stecken! Es wurde Zeit etwas zu unternehmen.

All seinen Mut zusammennehmend schritt er näher und drückte auf den Knopf. Ein melodisches Klingeln ertönte. Er holte ein letztes Mal tief Luft und straffte seine Schultern. Er horchte nach Geräuschen von innen, doch alles blieb still. Unschlüssig blickte er auf die Uhr an seinem Handgelenk. Die Uhrzeit stimmte. Er wollte schon wieder klingeln, als er endlich eine Bewegung hörte. Schritte, die näher schlenderten, bis die Tür vor ihm geöffnet wurde.

„Katsuya?“, murmelte Malik verwirrt.

Der junge Mann vor der Tür verbeugte sich mit einem geraden Rücken und brüllte dabei: „Bitte helfe mir!“

Malik blinzelte.

„Klar, komm rein.“

 

Katsuya betrat die Wohnung und zog seine Schuhe aus. Doch der Anblick des Inneren der Wohnung danach ließ ihn einen Schritt zurück zur Tür machen. Er war zwar zuvor nur ein einziges Mal im Heim der ehemaligen Bösewichte gewesen – zur Einweihnungsparty – doch der Kontrast zwischen dieser Erinnerung und dem augenblicklichen Anblick war gravierend. Es herrschte Chaos. Einkaufstüten, Windelpackungen, ein Kinderwagen, Spielzeug, Klamotten, benutzte Teller, Zeitschriften… Katsuya schluckte. Er hatte von Marikus… Zustand gehört, doch es schien ihm nicht so real gewesen. Nun, wo er in Mitten dieses Durcheinanders stand, schlug ihm der Ernst der Situation ins Gesicht. Vielleicht war es doch kein guter Zeitpunkt mit seinem Problem anzukommen? Im Anbetracht der Probleme dieses Haushaltes, schien ihm seins auch gar nicht mehr so vital zu sein…

„Kümmere dich nicht um die Unordnung. Kura kriegt nächste Woche sein Gehalt und hat versprochen eine Putzfrau zu bezahlen“, rief ihm Malik, der schon vorgegangen war, aus dem Inneren der Wohnung zu. „Willst du Tee?“

Katsuya sah noch einmal ins Wohnzimmer und vertrieb schließlich seine düsteren Gedanken. Malik würde ihn schon noch rausschmeißen, wenn der Augenblick unpassend war.

„Wasser reicht!“, rief er zurück und ging in das große Zimmer. Er räumte einige T-Shirts auf der Couch zur Seite und setzte sich.

Malik kam nur einen Moment später mit zwei Tassen und einer Kanne Wasser herein. Auf dem Boden schwammen Zitronenscheiben.

„Kura steht total auf das Zeug seit neuestem“, erklärte Malik lächelnd und stellte das Tablett auf dem Tisch ab.

Katsuya lächelte zurück und schenkte sich selbst eine Tasse voll ein. Sofort nahm er einen großen Schluck. Das Wasser hatte einen Hauch Zitronengeschmack und wirkte erfrischend. Zudem war das Getränk vermutlich direkt aus dem Kühlschrank, was bei der immer heißer werdenden Außentemperatur in Katsuya Wunder wirkte. Mit einem Schlag fühlte er sich ein Stück gelassener und trank fast die ganze Tasse leer.

„Freut mich, dass es dir schmeckt“, kommentierte Malik amüsiert und nippte an seiner eigenen Tasse. „Was führt dich nun her?“

Katsuya stellte seine Tasse auf dem Tisch ab und holte tief Luft. Was er zu sagen hatte, war nicht leicht über die Lippen zu bringen. Er hatte es mehrmals versucht in seinen Gedanken zu formulieren auf dem Weg und jedes Mal hatte es ihm aus Scham die Röte in die Wangen getrieben. Doch nun musste es raus. Katsuya öffnete seine Augen, erst jetzt bemerkend, dass er sie geschlossen hatte, und blickte direkt zu Malik, der nichts außer mildem Interesse zeigte.

„Es geht um Seto...“ Katsuya stellte erschrocken fest, dass er wirklich keine Ahnung hatte, wie er es sagen konnte und verstummte wieder.

Malik nickte schließlich und sah ihn weiterhin an.

Katsuya schluckte.

„Um Seto und mich“, elaborierte er schließlich.

Malik nickte diesmal sofort.

Woher kam nur dieser Kloß in Katsuyas Hals her?

„Wir haben Probleme.“

Malik nickte wieder. Vielleicht dachte er, dass Katsuya sonst nicht weiter reden würde? Nach kurzem Überlegen entschied er, dass das vielleicht sogar stimmte. Schließlich seufzte er und sah zum Tisch. Das brach in ihm die Mauer der inneren Abwehr. 

„Wir sind schon seit drei Jahren zusammen und eigentlich läuft es ganz gut. Aber in den letzten Wochen ist es…komisch geworden. Wir verbringen viel weniger Zeit mit einander und wenn wir es tun, dann ist er oft in Gedanken wo anders. Und nun…der Sex scheint ihn kaum noch zu interessieren. Wir machen es noch ab und zu, aber meist ist er überhaupt nicht in der Stimmung. Und wenn wir es tun, dann hab ich das Gefühl, dass er in den Gedanken gar nicht wirklich bei mir und…bei der Sache ist. Ich hab echt Angst, dass wenn das so weiter geht, wir uns noch demnächst trennen werden. Wenn ich ihn sexuell langweile, dann kann das nur noch Berg ab gehen.“ Katsuya verstummte und sah mutig zu Malik auf. Da. Jetzt war es raus.

Maliks Blick hatte sich kaum verändert. Es war nur eine Spur Nachdenklichkeit dazu gekommen.

„Ich verstehe“, nickte er ein weiteres Mal ab, „aber warum genau bist du damit zu mir gekommen? Ich bin nicht unbedingt berühmt für Beziehungsratschläge.“

Katsuya nickte und spürte wie sich schließlich doch die Röte auf seine Wangen schlich. Zumindest fühlten sich seine Wangen schlagartig sehr viel heißer an als zuvor.

„Ja… Yugi hat mir da Paar Tipps gegeben, wie man den Sex mal aufpeppen kann und ich hab Paar Dinge ausprobiert, die aber kaum was geändert haben. Aber es gibt da etwas, was total effektiv sein soll. Ja, und dafür brauche ich deine Hilfe.“

Katsuya beobachtete wie sich Maliks linke Augenbraue langsam hob.

Katsuya starrte ihn intensiv an. Ja, er wusste, dass es vielleicht viel verlangt war, doch er hoffte inständig auf Unterstützung.

„Was für eine Hilfe?“, durchbrach schließlich Maliks vorsichtig klingende Stimme die Stille.

Katsuya spürte wie seine Wangen noch heißer wurden. Ging das überhaupt?!

„Sexy Outfits“, brach er schließlich unter Anstrengung zwischen zusammengepressten Lippen hervor und sah lieber seine Hände als Malik an.

Es herrschte Schweigen.

Katsuya spürte wie sich langsam Schweiß in seinem Nacken bildete.

„Du brauchst Hilfe beim Nähen?“, fragte Malik schließlich.

Katsuya nickte und blickte erleichtert auf. Malik hatte zumindest nicht abweisend geklungen.

„Ja, ich hab von Yugi gehört, dass du mit dem Nähen angefangen hast und es wäre echt großartig, wenn du mir da helfen könntest. Weißt du, was ich im Kopf hab, hab ich im Internet einfach nicht gefunden. Immerhin wollte ich unbedingt ein Kostüm, dass Seto gefallen wird und wir haben noch nie über so was oder Rollenspiel geredet. Und Seto hat nicht allzu viele Interessen, weißt du. Also hab ich mir was Besonderes ausgedacht.“

Maliks Augen blitzten auf und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Lächeln.

„Ich hole das Messband.“

Nur für einen kurzen Augenblick zweifelte Katsuya daran, ob Malik um Hilfe zu bitten solch eine gute Entscheidung war… Das Lächeln hatte ihn wieder daran erinnert, dass Malik es mal auf Yamis Leben abgesehen hatte. Katsuya schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu vertreiben. Er brauchte die Hilfe. Für Seto.

 

Katsuya sah ein letztes Mal in den Spiegel und verbat es sich wieder rot zu werden. Es war seine eigene Idee gewesen und er würde sie, verdammt nochmal, durchführen! Katsuya gab nicht auf! Außerdem hatte Malik wirklich sehr viel Arbeit in das Outfit reingesteckt. Der hellblaue Stoff war leicht und fühlte sich angenehm auf seiner Haut an. Die rosa Fransen an den Seiten standen ab, wie er es haben wollte und es war angenehm…luftig. Schlagartig konnte Katsuya all die Männer, die gerne Röcke trugen, verstehen. Er hatte eine viel größere Beinfreiheit! Er hatte auch beim Anprobieren schnell festgestellt gehabt, dass er ziemlich hübsche Beine hatte. Er war sogar so weit gegangen, dass er sie sich rasiert hatte und nun funkelten sie leicht im Licht dank dem Öl, das er auf Maliks Rat hin aufgetragen hatte. Malik war viel perfektionistischer veranlagt, als er es jemals erwartet hätte, denn er hatte ihm sogar den Hut und den passenden Stab gemacht. Katsuya warf sich in die entsprechende Pose und begutachtete für alle Fälle noch einmal sein Spiegelbild. Perfekt! Dem konnte auch Seto nicht widerstehen!

Es klopfte und die Tür wurde einen Spalt weit geöffnet. Katsuya sah, wie Mokuba seinen Kopf reinsteckte und ihm mit einer ernsten Miene zunickte. Allgemein war Katsuya sehr dankbar gegenüber Mokubas ausdruckslosen Reaktion auf seinen Plan hin, als er davon erzählt hatte. Nicht, dass er eine Wahl gehabt hatte, als Mokuba ihn vor zwei Abenden bei einer Anprobe erwischt hatte. Zumindest hatte er nun einen Verbündeten, der dem Ganzen gegenüber sehr neutral stand und für ihn die Umgebung auschecken konnte.

„Er ist in dem kleineren Büro.“

Das Gesicht verschwand wieder und Katsuya schritt mit einem wild pochenden Herzen zur Tür. Mokuba war schon gegangen, als Katsuya vorsichtig herausspähte. Innerlich dankte er allen Göttern, dass Seto nicht in einem der anderen Zimmer war, denn das kleine Büro war am nächsten zu Katsuyas Zimmer. Egal wie entschlossen er war, durch die ganze Villa in dem Outfit zu marschieren hätte er eventuell nicht ganz so stolz überstehen können… nun musste er aber nur den Flug herunter und in den anderen Flügel einbiegen. Ein weiteres Mal vergewisserte er sich, dass niemand in Sicht war und stolzierte aus seinem Zimmer.

Erleichtert atmete Katsuya eine Minute später, während er seine Hand auf die Türklinke des begehrten Zimmers legte. Er war niemanden begegnet. In seinem Kopf ging er alles nochmal durch. Das kleine Büro hatte eine Couch, die genug Platz bot. Er hatte wirklich Glück, dass Seto sich seit zwei Wochen so oft in dem Zimmer aufhielt, anstatt wie früher meist in dem großen Büro. Dieses hatte nur zwei Schreibtische, die meist überladen mit verschiedensten Dingen waren. Außerdem war Seto strikt gegen sexuelle Aktivitäten in seinem Büro. Nicht so in dieser kleineren Version davon. Auch wenn Katsuya immer noch keinen Schimmer hatte warum Seto so viele Büros brauchte. Er nickte sich Mut zu und drückte die Klinke herunter. Kraftvoll stieß er dann die Tür komplett auf und schritt herein mit einem lauten „Überraschung!“.

Katsuya blieb erstarrt stehen.

„Was?!“, grollte Seto und drehte sich zu ihm. Doch Katsuya nahm es nicht wirklich wahr. Er fühlte sich bis in die Tiefe seines Wesens erschüttert. Das Bild des Zimmers, das er versuchte in sich aufzunehmen, fraß sich in seine Gedanken und erschuf neue Alpträume, die ihn in Zukunft verfolgen konnten. Die komplette Wand gegenüber der Tür, die Couch, der halbe Boden und die Regale waren gefüllt mit…Drachen. Überwiegend weiße Drachen mit eiskaltem Blick in Plüsch und diversen Größen, doch er sah auch plüschige violette und blaue und rote Drachen und Statuen von chinesischen Drachen mit schwarzen oder grünen Schuppen. Auf der Couch lag ein riesiger Regenbogenfarbener Drache, der die gesamte Oberfläche einnahm. Katsuya schluckte. War Seto endgültig durchgedreht?

Er hätte doch ein sexy Drachenoutfit machen sollen.

Immerhin war der Schreibtisch frei von…mehr Spielzeug. Neben diesen stand auch der auffällig stille Seto. Katsuya lenkte seine Aufmerksamkeit endlich auf seinen Freund. Dieser stand mit nach hinten gelenktem Oberkörper, dem Arm schützend vor seiner Brust haltend, und offen hängendem Mund. Sein Gesicht zeigte blankes Entsetzen.

Zumindest war die Überraschung wohl gelungen.

Katsuya warf sich in Pose und zeigte mit seinem Stab auf die plüschige Wand.

„Was ist das, Seto?“

Statt eine Antwort zu bekommen, sah Katsuya wie Setos Körper anfing zu zittern. Der Brünette vergrub sein Gesicht in den Händen, während sein Körper langsam zu Boden glitt, bis er an den Tisch gelehnt saß, weiterhin heftig zitternd.

„Seto?“ Vor Sorge kroch Katsuyas Stimme eine Oktave höher und er beugte sich vorsichtig zu seinem Freund hinunter.

Plötzlich brach Seto in schallendes Gelächter aus. Seine Hände schützten nicht mehr sein Gesicht, sondern er hielt sich damit den Bauch. Katsuya erwartete, dass er in nächstem Moment sich wörtlich auf dem Boden kugeln würde, so stark lachte Seto. Nun, das war nicht die von Katsuya geplante Reaktion, doch es war eine interessante Abwechslung zum sonstigen Seto.

Katsuya kniete sich hin und strich beruhigend über Setos Schulter, der immer wieder zwischen Lachern nach Luft schnappte.

Mei, mei, hoffentlich beruhigte sich Seto bald wieder. Katsuya war gewiss nicht auf einen Nervenzusammenbruch vorbereitet gewesen. Doch vielleicht tat Setos ja mal gut?

„Vielleicht sollten wir dich endlich zu Therapie schicken“, meinte Katsuya nachdenklich und mehr zu sich selbst nach weiteren Minuten, in denen Seto keine Anstalten machte mit dem Lachen aufzuhören.

Die Worte hatten anscheinend einen beruhigenden Effekt. Seto verstummte endlich und holte tief Luft. Blaue Augen sahen ernst zu ihm auf. Doch trotzdem umspielte ein leichtes Lächeln weiterhin Setos Lippen.

„Ich bin in Therapie.“

„Seit wann?“, fragte Katsuya schockiert. Er war sich sicher, dass das eines der letzten Sätze war, die er je erwartet hatte aus Setos Mund zu hören. Gleich nach ‚Ich bin ein fluffiger, rosa Einhorn‘.

 „Seit vier Wochen. Ich habe jeden Dienstagnachmittag einen Termin und jeden zweiten Freitag Gruppentherapie.“

Katsuya blinzelte. Nun, das war überraschend. Doch gut. Er lächelte breit.

„Das ist gut. Hilft es?“

Seto zuckte unbestimmt mit den Schultern.

„Ist das Teil der Therapie?“ Katsuya zeigte unbestimmt in Richtung der beplüschten Wand.

Zum ersten Mal in seinem Leben sah er Seto erröten.

In diesem Moment war sich Katsuya sicher, dass ihre Beziehung halten würde. Wenn Seto vor ihm erröten konnte, dann konnten sie alles überstehen!

„Nun, nicht ganz… ich glaube Frau Kawasaki hatte nicht ganz das im Sinn als sie meinte, ich sollte mir doch ein vertrautes Spielzeug aus meiner Kindheit zulegen…“

„Du hattest einen Plüschdrachen als Kind?“

Seto nickte.

„Nun, ich freue mich für dich“, meinte Katsuya schlicht und beugte sich wieder vor, um Seto einen Kuss auf die Nasenspitze zu hauchen.

„Was soll eigentlich dein… Outfit?“

Es war wohl nun Katsuyas Reihe Fragen zu beantworten. Er sah mit einer Spur Stolz an sich herab, um sich zu vergewissern, dass alles noch gut saß. Was es tat.

„Äh, ja, es lief in den letzten Wochen nicht so gut zwischen uns. Vor allem im Bett schienst du nicht wirklich interessiert zu sein und ich hatte Angst, dass ich dir zu langweilig geworden bin. Dann meinte Yugi, dass Rollenspiel eine gute Abwechslung beim Sex sei…“

„Yugi?!“, unterbrach Seto ungläubig.

Katsuya nickte nur und fuhr fort. „Also hab ich mir gedacht, einen Versuch ist es wert. Nur wusste ich deine Vorlieben nicht. Das einzige, wo ich mir sicher war, dass du es total magst, ist Dual Monsters.“

Seto hob eine Augenbraue. Ah, der normale Seto kam wieder zurück! Katsuya war sich nicht sicher, ob er sich darüber freute oder nicht.

„Und das Schwarze Magiermädchen schien dir eine passende Wahl zu sein?“ Die Stimme klang gleichzeitig skeptisch und amüsiert.

„Hey! Ich hab nachgeschaut, sie wird auch als die ‚most sexiest card‘ bezeichnet!“

Seto schüttelte nur den Kopf.

„Trotzdem ist es eine von Yamis Karten…“

In diesem Moment blickte Seto um Katsuya herum zur Tür, die immer noch offen stand und sprang abrupt auf.

„Mokuba!“, schrie er laut.

Zum zweiten Mal hörte Katsuya ein schallendes Gelächter an diesem Abend – diesmal kam es aus dem Mund des jüngeren Kaibas, der gerade dabei war einen Sprint auf dem Flur hinzulegen.

Setos Miene verdüsterte sich.

„Er hatte eine Kamera dabei.“

Katsuya nickte entschlossen. „Dann hinterher!“

Sie beide liefen aus dem Zimmer.

Vielleicht war alles gar nicht so schlimm, wie er gedacht hatte. 

Ein schelmischer Mariku

„Nur weil du jetzt eine Festanstellung bei mir hast, heißt es nicht, dass du tun und lassen kannst was du willst“, merkte Seto trocken an, während er sein Glas mit Bourbon auffüllte.

„Sagen wir, dass ich nicht in meiner Kapazität als Angestellter hier bin“, grinste ihn Kura frech an.

Seto schüttelte nur den Kopf und füllte ein zweites Glas, das er Kura reichte.

„Ernsthaft, wo soll ich an einem Samstagabend mit ihm hin? Fitnesscenter und Clubs scheiden aus. Das ist nicht der richtige Umgang für ein Kind.“

„Und dir ist nichts Besseres eingefallen, als ihn mit zu mir zu bringen?“

„Zumindest ist die Villa groß und du hast Bedienstete, die seinen Unfug wegräumen können…“

Seto seufzte.

Mariku währenddessen inspizierte mit einem ernsten Gesichtsausdruck Setos Büro. Gerade stand er vor dem Regal, das eine ganze Wand einnahm und vollgestellt mit Ordnern war.

„Ich dachte Yugi wäre sein neuer Babysitter?“

Kura lachte laut auf.

„Nicht mehr nach letzter Woche. Da war er noch ungefähr zwei und hat Yugi unter den Tisch verbannt.“

Seto hob eine Augenbraue.

„Yugi hat drei Stunden auf ihn aufgepasst und wie es sich später herausstellte, hat er zwei davon unter dem Tisch verbracht, nachdem er Mariku an besagten Tisch gesetzt hatte, um ihn zu füttern.“ Kura verstummte und nahm einen Schluck.

„Warum zum Teufel war er unter dem Tisch?“, fragte Seto nach kurzer Zeit mit einem Hauch Interesse nach.

Kura lachte wieder kurz auf und stellte das Glas ab.

„Ein Löffel ist unter den Tisch gefallen, laut Yugi, und Yugi ist unter den Tisch geklettert. Als er dann wieder aufstehen wollte, fing Mariku an laut zu schreien. Das hat Yugi so erschreckt, laut Yugi, dass er sich auf den Boden unter dem Tisch setzte. Anscheinend brach dann das Schreien abrupt ab. Von da an, jedes Mal wenn Yugi versuchte wieder hervorzukriechen, schrie Mariku lauthals. Also gab Yugi es irgendwann auf und blieb unter dem Tisch. Das hielt Mariku bei Laune. Er schien sehr glücklich, als ich und Malik nach Hause kamen und die beiden so entdeckten.“

Zum Ende der Erzählung hielt Seto sich eine Hand vor dem Mund und seine Schultern bebten leicht.

Kura grinste nur.

Es dauerte nicht lange, bis Seto sich wieder beruhigt hatte, und nach einem stärkenden Schluck fügte er mit einem Hauch Anerkennung in der Stimme hinzu: „Schlaues Kerlchen.“

Kura nickte und sah sich nach besagtem Kind um.

 

Mariku hatte die Unterhaltung der Erwachsenen ignoriert. Er hatte schon gelernt, dass Erwachsene selten über etwas interessantes redeten. Stattdessen hatte er zwei Ordner herausgezogen, die weit genug unten standen, dass er an sie rangekommen war, und sie vor sich auf dem Boden ausgebreitet. Er sah mit zusammengezogenen Augenbrauen die bunten Bilder in den Ordnern an, die offensichtlich so nicht zusammengehörten! Er zog das überwiegend blaue Papier aus der Folie im linken Ordner und legte es nach rechts. Das grün-orange Bild auf der nächsten Seite wanderte auf die freie Stelle auf dem Boden über den Ordnern. Das rosarote Bild eröffnete einen ganz neuen Stapel, während violett zu blau gelegt wurde… Als die beiden Ordner leer waren, holte er den nächsten herunter und wiederholte die Prozedur.

 

„Mariku!“

Das Kind sah auf und begutachtete den sich gerade vor ihm hinknienden Kura mit einem ‚Ich bin beschäftigt‘- Blick.

„Ich habe dir doch gesagt, du sollst keinen Unfug mit fremden Sachen anstellen.“

„Ich mach kein Unfug! Ich mach Ordnung“, widersprach Mariku empört.

Seto trat ebenfalls näher und knurrte bei dem Anblick der neuentstandenen Stapel. Er zählte ganze zehn. Der Firmenchef beugte sich hinunter und sah sich die Stapel eingehender an. Währenddessen versuchte Kura mit einem bösen Blick das Kind nieder zu starren. Bedauerlicherweise schien das Mariku nicht im Geringsten zu berühren, denn er hatte schließlich nichts falsch gemacht. Er starrte zurück. Das Duell wurde unterbrochen von einem einzelnen Auflachen seitens Seto, zu dem sich beide sofort hindrehten.

„Er hat tatsächlich Ordnung geschaffen. Er hat die Bilder nach Farbe und Motiv geordnet.“

Mariku sandte einen triumphierenden Blick zu seinem Onkel, doch dieser seufzte tief anstatt sein Unrecht einzugestehen. Nun, Mariku hatte auch schon gelernt, dass Erwachsene meistens niemals zugaben, dass sie im Unrecht waren.

„Ok, auch wenn du die Bilder geordnet hast, sind das nicht deine Bilder. Frag nächstes Mal bevor du fremde Sachen nimmst.“

Mariku verschränkte die Arme und blickte mürrisch zum Boden.

„War es was Wichtiges?“, fragte Kura an Seto gewandt.

„Designvorlagen für Hintergründe. Jedoch sehr alte. Sie stammen aus dem Jahr…“, Seto griff nach einem der leeren Ordner und sah nach, „2003. Also nein, die sind absoluter Müll. Ich müsste hier wirklich mal ausmisten.“

Seto ließ den Ordner fallen. Mit einem kaum merklichen Lächeln wuschelte er kurz durch Marikus Haar, was bei diesem ein Knurren auslöste, und erhob sich wieder. Er ging zu seinem Schreibtisch und holte den Papierkorb, der unter diesem stand, hervor. Er stellte ihn neben das Kind und meinte dann in seinem typischen Geschäftston: „Da du meine Sachen ohne zu Fragen genommen hast, bist du dafür zuständig sie wieder wegzuräumen. Da sie Müll sind, gehören sie in den Papierkorb.“

Mariku hörte unzufrieden zu und warf am Ende der Rede einen Blick zu Kura. Doch sein Onkel grinste ihn nur an. Wortlos machte sich Mariku daran die Bilder und Ordner alle in den Korb zu befördern. Das war unfair.

 

Zurück an seinen Schreibtisch, griff Seto wieder nach seinem Glas und leerte es.

Kura setzte sich wieder ihm gegenüber in den bequemen Sessel.

„Hat sich eigentlich alles mit Katsuya wieder gelegt?“

 

Mariku sah den vollen Papierkorb mit einem bösen Blick an. Warum musste er es machen? Es waren nicht mal seine Sachen! Er verschränkte seine Arme und legte seinen Kopf leicht nach hinten, um all seinen Hochmut auszudrücken. Er war jetzt fertig und konnte wieder etwas Interessantes machen. Er sah zu den Erwachsenen – beide Männer saßen am Tisch, tranken und redeten. Mariku schüttelte den Kopf. Die wussten einfach nicht, was Spaß war. Er sah sich erneut im Zimmer um, doch außer den Ordnern, die er ja nicht mehr anfassen durfte, war wirklich nichts im Zimmer, was seine Aufmerksamkeit verdiente. Er ging zur Tür und öffnete diese. Er warf einen letzten Blick zu den Erwachsenen, die immer noch mit sich selbst beschäftigt waren, und verließ dann das Zimmer. Er sah nach links und dann rechts. In beide Richtungen erstreckte sich der Flur, doch links sah er eine Treppe. Er wusste, dass das Haus riesig war. Er war ganz schön erstaunt gewesen, als sie ankamen. Fast wie ein richtiges Schloss! Da machte es Klick in seinen Gedanken. Kerker waren das interessanteste in Schlössern! Da gab es Gefangene und manchmal versteckte Schätze und all die Geheimnisse. Mariku nickte sich selbst zu und marschierte dann zur Treppe. Er schlich leise nach unten und horchte aufmerksam. Als sie reingekommen waren, hatte er viele Menschen unten gesehen. Doch nun hörte er niemanden. Auf der letzten Stufe blieb er stehen und linste vorsichtig um die Ecke. Er sah eine Frau, aber sie ging von ihm und der Treppe weg. Auf der rechten Seite war auch niemand. Doch er sah auch keine weitere Treppe. Mariku zog seine Augenbrauen zusammen und es bildeten sich Falten auf seiner Stirn. Er war erst im Erdgeschoss, das wusste er genau. Irgendwo musste es in den Kerker gehen – die Frage war nur links oder rechts? Oder gab es draußen einen geheimen Eingang? Da hörte Mariku Schritte, die näher kamen. Er linste um die Ecke. Es war wieder die Frau, doch diesmal kam sie in seine Richtung. Er wandte sich nach rechts, doch dann hörte er Stimmen aus der Richtung. Die Eingangstür war direkt vor ihm und so rannte Mariku schnell dahin und öffnete sie. Er ging nach draußen und schloss die Tür wieder hinter sich. Draußen war es dunkel, doch viele Laternen beleuchteten seine Umgebung. Mariku sah sich um und ging weiter. Er verließ die Straße und ging auf der Wiese. Es gab bestimmt einen Geheimgang im Gras! Irgendwo neben einem Baum, damit man ihn leicht wiederfand. Mariku sah sich um und sah einige Bäume weiter vorne in der Nähe des Eingangstores. Er sah sich weiter um und entdeckte noch mehr Bäume weiter rechts von ihm. In der Richtung, in der der Zaun verschwand. Mariku marschierte dahin. Es gab immer noch ziemlich viele Laternen, so dass er genug sehen konnte, um nicht hinzufallen. Sie standen parallel zum Zaun, den er immer näher kam. Dabei sah er sich aufmerksam den Boden an. Da entdeckte er etwas funkeln! Mit einem Grinsen lief Mariku hin und beugte sich herunter. Er konnte nicht genau sagen, was es war. Es sah aus wie ein Metallstock, der schief aus dem Boden herausragte. Er zog an dem Stock und dieser bewegte sich mit Leichtigkeit nach oben. Etwas klickte und vor ihm glitt ein Stück des Bodens weg. Er sah hinunter, doch unten war es ziemlich dunkel. Er konnte nur die ersten zwei Stufen, die nach unten führten, erkennen. Nun, das war ja auch genug. Es war eine Treppe und er konnte mit Leichtigkeit eine Treppe hinunter klettern.

Mariku tastete mit seiner Hand an der Wand entlang, während er nach unten ging. Irgendwann hörte er ein Wunsch und das bisschen Licht über ihm verschwand. Er ging eine weitere Stufe nach unten in völliger Dunkelheit. Dann wurde es plötzlich hell. Mariku fror ein und kniff die Augen zusammen. Er musste viel blinzeln bis er sie wieder normal öffnen konnte. Er sah sich verwundert um und horchte aufmerksam nach einer Person, die das Licht angemacht haben konnte. Er sah nur, dass er fast am Ende der Treppe war und vor ihm erstreckte sich ein schlichter Gang. Er hörte niemanden. Mariku entschied sich, dass das Licht wohl von selbst anging, und ging unerschrocken weiter. Der Gang war lang, doch er sah an den Seiten Türen.

 

Er stand vor einer Tür aus Metall, die weder Schloss noch Henkel hatte, und starrte sie finster an. Doch sie öffnete sich nicht. An der Wand neben der Tür war ein kleiner Kasten, doch er war zu weit oben. Mariku blickte nach links und rechts und dann wieder zur Tür.

„Sesam öffne dich“, flüsterte er leise.

Nichts geschah.

„Sesam öffne dich!“, sagte er lauter und verstärke seinen bösen Blick.

Die Tür blieb verschlossen.

Mariku knurrte frustriert. Das war die zweite Tür, die er gesehen hatte. Die erste war eine ganz normale Holztür gewesen, doch dahinter war nur eine kleine Kammer gewesen mit vielen Dosen und Getränken. Das war ziemlich langweilig gewesen. Er war sich sicher hinter dieser Tür waren die Gefangenen oder ein Schatz. Immerhin sah die Tür viel hübscher aus. Doch egal wie lange er starrte, sie öffnete sich nicht. Sogar die Zauberworte nutzten nicht.

Nach einiger Zeit gab es Mariku auf und ging weiter.

 

Die vierte Tür war die mit dem Schatz. Es war wieder eine Holztür – denn alle anderen Türen waren aus Holz. Was Mariku noch mehr ärgerte, denn es bewies, dass hinter der metallenen Tür was Besonderes war! Doch sein Ärger verschwand schnell, als er all die vielen Kisten innerhalb des großen Raumes erblickte. Die meisten waren zugeklebt und er wusste von denen die Finger zu lassen. So was viel nämlich immer auf. Doch er entdeckte auch offene Kisten. In einer davon fand er einen plüschenen weißen Drachen. Mit leuchtenden Augen nahm er das Spielzeug aus der Kiste und streichelte den Drachen. Der Drache starrte ihn mit großen blauen Augen und flehten ihn mitgenommen zu werden. Mariku nickte entschlossen und streichelte den Drachen etwas mehr.

„Es ist doof so ganz alleine zu sein. Das verstehe ich. Ich verspreche du wirst nie wieder alleine sein!“

Mariku drückte den Drachen an seine Brust und sah sich weiter um. In der Kiste lagen noch Fotos, aber er kannte niemanden auf den Bildern. Er ging weiter in den Raum hinein und sah sich nach weiteren offenen Kisten. Zu seiner Enttäuschung fand er keine. Doch dafür fand er einen kleinen Tisch, auf dem eine Kamera stand. Ohne viel darüber nachzudenken nahm er die Kamera und hängte sie sich um den Hals. Er drückte den Drachen danach noch fester an seine Brust und verließ das Zimmer wieder.

 

Der Gang ging wieder in Treppen über, die in einer Tür endeten. Mariku runzelte die Stirn und sah noch einmal hinter sich. Er hatte alle Türen durchgeschaut, die offen waren, doch außer dem Raum mit den Kisten hatte er nichts Interessantes gefunden. Keine Gefangenen und keine geheimen Könige. Das bewies wohl, dass das Haus zwar groß war, aber kein richtiges Schloss. Mariku sah sich traurig den Gang an und sagte „Bye“. Dann ging er die Treppe nach oben und horchte an der Tür. Nachdem er nichts hören konnte, öffnete er die Tür.

 

„Wo zum Henker warst du, kleiner Teufel?!“

Mariku sah mit einem sturen Gesichtsausdruck zu seinem Onkel. Dieser starrte ihn zurück an, doch schließlich schien er es aufzugeben und schon wurde er hochgehoben und fand sich in Kuras Armen wieder. Kura war der einzige, von dem er gerne umarmt und herumgetragen wurde, also lehnte er sich an Kuras Schulter, seinen neuen Drachen weiterhin fest an sich pressend.

„Weißt du, es ist gefährlich alleine rumzurennen. Was, wenn dir was passiert wäre und wir keine Ahnung hätten wo du bist?“

Mariku blieb stumm und zog seine Lippen zusammen in einem Ausdruck des Schmollens. Es war ihm schließlich nichts passiert. Außerdem wusste er auf sich aufzupassen.

Kura seufzte und ging mit ihm zurück zum Büro, aus dem Mariku ursprünglich ausgerissen war.

Seto sah von seinem Schreibtisch auf und für einen kurzen Moment huschte so etwas wie Schock über sein Gesicht. Doch dann stand Seto auf und ging zu den beiden herüber. Er beugte sich leicht nach unten und inspizierte den Drachen in Marikus Armen. Das Plüschtier sah schon etwas älter und etwas mitgenommen aus, doch war sonst in gutem Zustand.

„Wo hast du das gefunden?“

Mariku sah stur auf den Boden.

„Antworte, Imp“, befahl Kura, doch Mariku rührte sich weiterhin nicht. Nur seine Augenbrauen zogen sich noch weiter zusammen.

„Ich bin dir nicht böse und werde dich auch nicht bestrafen. Mich interessiert nur wirklich wo der Drache war, denn ich hatte keine Ahnung, dass er überhaupt noch im Haus war.“

Mariku hob endlich wieder seinen Kopf und beäugte Seto misstrauisch. Normalerweise waren Erwachsene darauf aus ihm zu erklären, was er alles falsch gemacht hatte. Außer Kura, der manchmal ihn lobte oder lachte. Da er sich gerade in den Armen des besagten Onkels befand, antwortete er Seto schließlich und packte all den Stolz auf sich selbst in seine Stimme. Immerhin hatte er anscheinend ein Geheimnis entdeckt, von dem nicht mal Seto wusste, dem das Haus gehörte!

„Im Kerker!“

Seto hob nur eine Augenbraue.

„Oder war das kein Kerker?“ Mariku runzelte die Stirn. „Stimmt, ich habe keine Gefangene gefunden. Also im Keller? Da war ein langer Korridor mit Türen an den Seiten. Und der blöden Metalltür, die nicht aufgehen wollte“, beschwerte er sich.

Seto hob die zweite Augenbraue und sein Gesicht sah aus wie die Parodie eines überraschten Clowns. Mariku grinste breit.

„Du hast den Geheimbunker entdeckt“, erklärte Seto mit ausdrucksloser Stimme. „Wie bist du dahin geraten?“

Die Schulter, an die sich Mariku immer noch lehnte, bebte leicht und verwirrt sah Mariku zu seinem Onkel. Kura lachte fast lautlos. Nach kurzem Überlegen entschied sich Mariku, dass das eine gute Reaktion war und antwortete Seto breit grinsend: „Von draußen.“

Seto fing an langsam zu nicken.

Da erinnerte sich Mariku an seine zweite Ausbeute, neben dem Drachen, und zog die Kamera von seinem Hals. Er hielt sie Seto als Versöhnungsgeschenk hin.

„Hier. Die hab ich auch dort gefunden. Bestimmt hat sie jemand dort vergessen. Die sieht nämlich gar nicht alt aus.“

Seto nahm die Kamera entgegen und schaltete sie ein, um sich die Bilder darauf anzusehen.

„Aber der Drache bleibt bei mir“, fügte Mariku in seiner „Keine Diskussion“-Stimme, was eine Nachahmung von Bakuras „Du gehst ins Bett“-Stimme war.

„Hey! Was habe ich dir über fremde Sachen erzählt?“, mischte sich Kura ein, der inzwischen aufgehört hatte zu Lachen.

„Nicht bei Familie, Freunden oder wo ich erwischt werden kann nehmen“, rezitierte Mariku pflichtbewusst.

Kura sah ihn mit weitgeöffneten Augen an.

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Doch“, widersprach Mariku. Er wusste doch was er gehört hatte! „Das war nach der Gutenachtgeschichte, wo es um Ali Baba ging.“

So etwas wie Verständnis zeichnete sich auf Kuras Gesicht.

„Außerdem will der Drache bei mir bleiben“, sagte Mariku schnell, während Kura noch abgelenkt war. Was ihn nicht davon abhielt den Mund aufzumachen, in einem Versuch des Protestes – den Gesichtsausdruck kannte Mariku schon.

„Er kann den Drachen behalten“, unterbrach Seto die beiden. Beide drehten sich zu ihm und bemerkten gleichermaßen den zufriedenen und schadenfrohen Glanz in Setos Augen.

„Ich hätte niemals dort nachgeschaut.“ Seto wuschelte wieder durch Marikus Haar. „Gut gemacht.“

Mariku nickte nach dem obligatorischem Knurren wegen der Geste. Seto ließ sich davon nicht beirren und nach längerem Überlegen schlug er, überraschend für alle Beteiligten, vor: „Wie wäre es mit einem Trip nach Kaibaland?“

Ein entspannter Ryou

Ryou fischte in seiner Jackentasche nach dem Schlüssel und öffnete die Tür. Mit einem Seufzen betrat er seine Wohnung, die er mit so vielen anderen inzwischen teilte. Sofort sah er den Müllsack, der im Eingangsbereich stand und den wohl niemand es für richtig gehalten hatte rauszubringen. Dabei war die Mülltonne nur die Treppe runter… Ryou ließ einen zweiten Seufzer entweichen. Mit müden Augen besah er sich den inzwischen vollgestellten Flur. Marikus schnelles Wachstum hatte viele neue Sachen erfordert, die schnell überflüssig wurden. Diese stapelten sich im Flur. Außerdem war es wohl die neue Freude ihrer Freunde und Bekannten ihnen Spielzeug zu schenken. Dabei spielte Mariku kaum mit welchen! Außer natürlich mit all den Bauklötzen, die nun überall in der Wohnung verteilt lagen und tödliche Stolperfallen für alle außer Mariku darstellten. Wie sehr er doch die eine Woche vermisste, die Mariku glücklich und ruhig mit Socken sortieren im Bett verbracht hatte. Nicht, dass er die Socken nach irgendeinem System sortiert hatte und schließlich hatte jeder einfach irgendwelche zwei Socken angezogen anstatt in all den Stapeln ein vollständiges Paar Socken herauszusuchen. Doch zumindest resultierte das nicht in blauen Flecken und einem verstauchten Fuß… Ryou hatte seine Jacke hingehängt und die Schuhe ausgezogen und nun ging er – vorsichtig auf den Boden achtend – ins Wohnzimmer. Zumindest war Mariku nicht laut. Ryou konnte sich noch nicht mal erinnern, dass Mariku nachdem die ersten drei Tage vorbeigingen, überhaupt jemals wieder geschrien oder geweint hätte. Dafür akzeptierte er praktisch keine Autorität außer vielleicht Bakura und stolzierte regelmäßig ohne zu fragen aus dem Haus, wenn man ihn nicht im Auge behielt, was bei Bakura wohl kleine Herzinfarkte auslöste… Ryou ließ sich auf die Couch fallen und streckte seine Beine aus. Seine Ohren dröhnten immer noch leicht von all dem Lärm des Stadiums. Wie sehr er sich doch einfach ein Wochenende wünschte, an dem er nicht an Mariku oder die Unordnung in der Wohnung denken musste. Eine größere Wohnung und eine Putzfrau würden es auch tun.

„Huch, du bist ja schon zurück.“

Ryou sah in Richtung der Stimme und schaffte es Bakura zuzulächeln. Immerhin war die Wohnung sonst sehr leise, was seinem Kopf gut tat.

„Bin gerade zur Tür rein.“

Bakura setzte sich zu ihm und sofort wurde Ryou in zwei Arme gezogen. Entspannt schloss er die Augen und lauschte dem Herzschlag Bakuras.

„Du siehst nicht so freudig aus, wie es geplant war. Fußball doch nichts für dich?“

Wie immer teilte Bakuras Ton unmissverständlich seiner Umwelt mit wie amüsant er doch die Idee fand, doch Ryou hörte auch die mitschwingende Sorge, die Bakura stets nur für ihn reserviert hielt. Und seit neuestem wohl Mariku. Wobei die Sorge um Mariku eine viel lautere und aggressivere Angelegenheit war, also gehörte die zaghafte Sorge doch nur ihm. Ryou lächelte in sich hinein und kuschelte sich noch näher an Bakura, ehe er seine Tirade begann.

„Das Stadium war zu überfüllt. Zu laut. Zu viel Alkohol. Zu stinkend. Zu viel Gedrängel. Außerdem kannte ich die spielenden Mannschaften nicht wirklich“ – nicht dass er irgendwelche Fußballmannschaften kannte – „und es war…nun…“ Ryou zögerte für einen Moment in der Suche nach dem richtigen Wort. „…langweilig.“ Genau, das war es! „Ich bin einfach nicht für das Anfeuern geschaffen“, schloss er mit einem Seufzer ab.

Bakura gab ein Geräusch von sich, das sowohl ein Schnauben als auch ein unterdrücktes Lachen hätte sein können und strich ihm über den Kopf.

„Keine große Überraschung“, hörte Ryou die gemurmelten Worte und fühlte seine Irritation über sein Leben in den letzten Wochen schlagartig zurückkehren.

„Wie wäre es, wenn du versuchst selbst zu spielen?“, unterbrach Bakuras Stimme die sich schnell verdüsternden Gedanken Ryous.

Ryou blinzelte und sah überrascht zu Bakuras Gesicht hoch, der ihn mit einem absolut ernsten Gesichtsausdruck ansah.

„Das wäre vielleicht eine Idee Wert…“, gab Ryou nach einigen Minuten des Überlegens zu. Doch nur unter gewissen Bedingungen konnte er die Idee auch umsetzen, die er sofort Bakura mitteilte. „Wenn es irgendwo eine Möglichkeit gibt als Amateur mit anderen Amateuren zu spielen, bevorzugt anderen Menschen aus der arbeitenden Bevölkerung, die nur am Wochenende Zeit haben…“

„Bestimmt. Frag Yami. Der lebt praktisch bei der Arbeit und schafft es trotzdem zu einem Karateclub.“

Ryou gab nur ein undefinierbares Geräusch von sich und schloss die Augen. Er fühlte Bakuras Hand seine Wange streicheln und entspannte seine Muskeln noch weiter. Ach, würde dieser Moment doch ewig andauern! Oder zumindest einen ganzen Abend lang. Sogar die alternative von nur einer ruhigen und sorgenlosen Stunde erschien ihm wie das Paradies. Alas, er bekam nichts davon. Stattdessen hörte er nur wenige Minuten später eine hohe Stimme „I’ll kill you!“ schreien und fuhr instinktiv hoch. Er sah allerdings niemanden um sich und Ryou sah zu Bakura hoch.

„Sorry, neuer Klingelton für SMS“, sagte dieser nur und griff nach dem Handy auf dem Tisch.

Ryou schüttelte den Kopf. Manche Dinge änderten sich nie. Für einen kurzen Moment wunderte sich Ryou, ob die Einweihung Bakuras in die Tiefen des Internets und speziell YouTube solch eine gute Idee gewesen war?

„Kura sagt, dass er mit Mariku bei Kaiba über Nacht bleibt und sie morgen alle zusammen ins Kaibaland fahren.“

„Wie betrunken müssen sie sein…“

„Ich hoffe nicht in Gegenwart eines Kindes“, erwiderte Bakura mit finsterer Miene. „Doch sogar wenn, wenn sie es Mariku versprochen haben, wird er sicher gehen, dass sie morgen auch wirklich nach Kaibaland fahren.“ Nach einem kurzen Moment des Überlegens fügte er hinzu: „Und Malik kommt erst Montag zurück von der Comiket. Das heißt…“

„Wir haben die Wohnung für uns alleine für den Rest des Wochenendes“, wisperte Ryou in der unerklärlichen Angst sein Glück würde sich sofort vaporisieren sollte er lauter reden. Bestimmt würde Bakura gleich irgendein Termin einfallen, wie zum Beispiel schon wieder eins dieser mysteriösen Treffen zur Mittagszeit, zu denen er anscheinend öfter mal verschwand. Doch Bakura nickte nur und Ryou atmete erleichtert aus. Endlich!

„Also, jetzt wo wir ein Wochenende für uns haben…“

Ryou horchte auf.

„…wie wäre es mit Abendessen?“

Ryou knurrte in seiner besten Imitation von Bakura. Er war gerade erst heim gekommen und schon sollte er kochen?!

„Ich meine Essen bestellen.“

Oh.

„Das klingt gut.“

 

Es war erst nachdem sie aufgegessen hatten, dass Ryou sich gedanklich mit der Idee eines Freien Tages beschäftigen konnte. Wofür konnte er wohl die Zeit nutzen? Das brachte ihn auf die Frage, die ihn schon lange brennend interessierte.

„Also, mit wem triffst du dich nun mittags?“

„Äh…“

Ryous Augen blitzten gefährlich auf, während er Bakura mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtete.

„Willst du es mir nicht lieber freiwillig erzählen?“, schlug Ryou mit einem unschuldigen Augenklimpern vor. Jetzt, wo er einen vollen Magen und die Aussicht auf Ruhe hatte, fühlte er sich schlagartig besser und viel mehr nach seinem normalen selbst.

 

Bakura erinnerte sich wieder daran, wer ihn und praktisch all die anderen zu einer Therapie gezwungen hatte, und sogleich wurde ihm wieder bewusst wer das wahre böse Genie im Haus war. Für einen kurzen Moment wunderte er sich, warum Ryou eigentlich nie die Welt übernahm… dann schauderte Bakura und beschloss auszupacken.

„Ok. Sie heißt Maria und sie hat eine Tochter…“

Plüschdrachen, Sandkästen und Fußbälle

Sie waren draußen auf Kaibas Grundstück. Auf der weitreichenden Wiese war ein Pavillon aufgebaut mit Tischen und Bänken. Eine großzügige Auswahl an Getränken und Fingerfood wurde von den Dienstmädchen an die Gäste angeboten. Ryou lächelte freundlich als ein junges Mädchen ihm ein Glas Orangensaft reichte. Er dankte ihr kurz und sah sich um. Die Gäste standen oder saßen in kleinen Grüppchen und unterhielten sich. Es waren noch nicht alle eingetroffen und so waren Ryous Möglichkeiten für potentielle Gesprächspartner recht eingeschränkt. Er hielt einen Seufzer zurück bei dem Gedanken, dass leider auch Bakura per Anruf seine Verspätung angekündigt hatte. Etwas verloren beobachte Ryou seine Umgebung. Kura stand etwas abseits mit Seto Kaiba und beide hatten vollkommen ausdruckslose Gesichter. Definitiv nicht die Gesellschaft, die er gerade haben wollte. Die beiden wären nur dann was für ihn, wenn er wahrlich die Weltherrschaft versuchen wollen würde, die ihm Bakura vor einiger Zeit nahe legen wollte. Mokuba unterhielt Mariku im Sandkasten, der sich direkt neben den Pavillon befand. Weiter hinten standen auch eine Schaukel und ein Klettergerüst – vermutlich war dies der private Spielplatz aus Kaibas Jugend. Oder zumindest Mokubas. Malik saß an einem Tisch mit seiner Schwester und Odin. Das glich einem Familientreffen, dessen Teil Ryou ebenfalls nicht werden wollte. Ryou stellte sich schon auf einsame Minuten ein, während er auf Bakura wartete, doch dann kündigte ein Diener das Eintreffen neuer Gäste an und ein Lächeln breitete sich augenblicklich auf Ryous Gesicht aus.

Die Frau sah hübsch aus und sah sich neugierig um, während sie näher kam. An der Hand führte sie ein Mädchen, die ihren Kopf in alle Richtung drehte. Schnell entdeckte das Mädchen den Sandkasten und Ryou bekam etwas zu sehen, was er nie im Leben erwartet hatte: mit einem von Freude strahlendem Gesicht riss sich das Mädchen von der Frau los und rannte zum Sandkasten, dabei ein lautes „MARIKUUUU!“ rufend. Für einen kurzen Augenblick entglitten Ryou die Gesichtszüge vor Überraschung, doch er fasste sich schnell. Die Frau rief dem Mädchen etwas hinterher und schritt dann kopfschüttelnd weiter zum Pavillon. Ryou kam ihr sofort entgegen.

„Guten Tag, Frau Kitamura nehme ich an. Ich bin Ryou. Freut mich, dass ich sie endlich kennenlernen kann.“

Er streckte ihr seine Hand entgegen. Sie drückte diese kurze und lächelte ihn fast so breit an wie ihre Tochter Mariku zuvor.

„Freut mich, ich habe schon so viel von Ihnen gehört!“ Ihre Augen glitzerten ihn förmlich an. Das war in der Tat eine sehr fröhliche Person. „Nennen Sie mich einfach Maria und natürlich können Sie mich duzen.“

Ryou nickte. „Die Freude ist ganz meinerseits! Und ein ‚du‘ genügt auch in meinem Falle. Ich habe inzwischen auch viel von Ih- dir“, verbesserte Ryou sich schnell, „und der bezaubernden Yuri gehört nachdem Bakura endlich anfing zu erzählen. Ist es zu fassen, er hat doch tatsächlich am Anfang versucht dich und Yuri uns zu verschweigen!“

„Junge Männer sind oft so“, lachte Maria.

Sie sah wieder zu dem Sandkasten, aus dem gerade laute freudige Schreie zu hören waren. „Yuri kann sehr aufgeweckt sein“, sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. Doch er sah auch ihre Augen, die das Mädchen mit Liebe und Stolz ansahen.

Ryou schüttelte leicht den Kopf und lächelte zurück, als sie wieder zu ihm blickte.

„Das ist doch schön. Freut mich, dass Mariku so schnell eine Freundschaft schließen konnte.“

„Yuri kann sehr stur sein...“

 

Malik stand sogleich auf, als er Katsuya ankommen sah. Katsuya rief allen eine allgemeine freudige Begrüßung zu und ging dann auf Malik zu. Sie begrüßten sich mit gegenseitigem auf die Schultern klopfen und Malik begleitete Katsuya zu dem Pavillon mit all dem Essen und Trinken. Unter anderem waren da viele Bierdosen, denen sie sich schnell widmeten. Und den Wiener Würstchen.

„Wie war AnimeJapan?“, fragte Katsuya nach, während er ein Würstchen in seinem Mund verschwinden ließ und die erste Dose öffnete, die ein lautes Zischen von sich gab.

„War ein Erfolg. Ich schick dir die Bilder nächstes Wochenende. Gerade ist viel zu tun bei der Arbeit.“ Malik folgte Katsuyas Beispiel und öffnete ebenfalls eine Dose.

„Stimmt, der erste Monat ist jetzt rum, oder?“ Er erinnerte sich noch an Maliks Graduierungszeremonie, die noch nicht mal zwei Monate her war und doch schon so weit entfernt schien.

Malik nickte. „Ja, die erste Eingewöhnungsphase ist vorbei. Aber der Job ist echt nicht schwer und da es mir recht egal ist, was ich mache, solange ich genug Zeit für mein Hobby habe, bin ich echt zufrieden. Außerdem kann es sehr spaßig sein alte Ladies zu verwirren.“

Katsuya lachte laut auf. „Lass das ja nicht deine Chefs hören. Dann lass uns auf Malik, den Rathausbeamten anstoßen!“ Er hielt seine Dose Malik entgegen, der mit einem selbstgefälligen Lächeln mit seiner eigenen Dose dagegen stieß.

„Übrigens, wegen Comiket. Ich hab mir das perfekte Kostüm für dich ausgedacht“, flüsterte Malik in einer verschwörerischen Stimme und die beiden Blondschopfe steckten die Köpfe zusammen.

 

„Übrigens, wir brauchen neue Papiere für Mariku“, warf Kura in das angenehme Schweigen zwischen ihm und Seto ein, das sich seit einigen Minuten ausgebreitet hatte. Sein Blick verfolgte die gerade neu eingetroffenen Gäste. Yugi hatte sich sofort zu Bakura und der Mutter dazugestellt, während Yami sich einen Teller am Büffet zusammenstellte.

„Warum?“, fragte Seto grummelnd nach.

„Sein Überwachstum hat aufgehört. Er ist jetzt schon eine Weile ungefähr sechs und wir vermuten, dass er ab jetzt normal wachsen wird, also denken wir ihn zur Schule zu schicken. Dafür brauchen wir Unterlagen. Und er muss auch zum Arzt.“

Seto seufzte und nickte dann. „Erinnere mich am Montag dran, wenn ich bei der Arbeit bin.“

„Übrigens, er nimmt den Drachen immer noch überall mit“, sagte Kura wie beiläufig. Doch das hämische Grinsen verriet seine nicht so unschuldigen Motive hinter der Erwähnung.

Setos Gesicht blieb eine neutrale Miene, die jedoch leider absolut nicht natürlich wirkte, sondern wie aus Stein gemeißelt.

„Keine Angst, Mokuba hat schon allen gesteckt, dass es dein Drache war. Also wird wohl niemand mehr nachfragen.“

Setos linke Augenbraue zuckte leicht und Kura brach plötzlich in schallendes Gelächter aus.

„Zumindest hat er die Fotos für dich gefunden“, erinnerte Kura nachdem er sich wieder beruhigt hatte.

„Das stimmt“, gab Seto zu und seine Gesichtsmuskeln entspannten sich wieder. „Das ist wohl Mokubas Rache dafür, dass ich sie gelöscht habe. Selbst Schuld wenn er keine Kopien abspeichert.“

Kura klopfte Seto auf die Schultern.

„Sei froh, sonst hätten die Einladungen für heute bestimmt auf dem Rücken die gewisse Szene mit Magiermädchen Katsuya gezeigt und nicht einfach einen Plüschdrachen…“

 

Mit einem vollgeladenen Teller schritt Yami zu Ryou und Yugi, die sich gerade angeregt unterhielten. Aus dem Sandkasten kamen laute Schreie und Yami sah verwirrt hin. Eine Frau versuchte ein Mädchen in ihren Armen zu halten, vermutlich weg von dem unnatürlich riesigen unförmigen Sandberg in der Mitte, während Bakura den Minimariku am Arm hielt und ihm etwas sagte, was jedoch völlig von den empörten Schreien des Mädchens übertönt wurde. Außerdem sah Mariku eh nur stur vor sich hin. Yami schüttelte den Kopf und ging weiter zu den zwei sich unbeirrt und in aller Seelenruhe unterhaltenden ehemaligen Hikaris.

„Abend, Ryou“, begrüßte er.

So wie immer grüßte Ryou ihn mit einem Lächeln und einem sanften Händeschütteln.

„Wir hatten es gerade von dir.“

Yami hob eine Augenbraue und fügte in einem scherzhaften Ton hinzu: „Ich hoffe nichts Schlimmes?“

Ryou lächelte ihn nur weiterhin an und Yugi schloss sich mit seinem ganz eigenen Honigkuchenpferdgleichen Lächeln an. Da erinnerte sich Yami wieder, warum er so selten mit diesen beiden alleine war… zumindest war Mokuba nicht mit dabei, der gerade Fotos von der Sandkastenszene schoss. Mit allen dreien zusammen, fragte er sich immer, wo sie bloß das LSD versteckten…

„Nein, natürlich nur Gutes“, antwortete Yugi, wobei Yami schon lange seine ursprüngliche Frage vergessen hatte.

„Es ist nur wegen unserem Umzug“, erklärte Ryou in seiner geduldigen und Engelsgleichen Stimme. Sofort fühlte sich Yami einige Jahre jünger. Was keine positive Empfindung war. „Der Mietvertrag ist unterschrieben und wir wollten am letzten Aprilwochenende umziehen. Hast du da Zeit? Und könntest du vielleicht wieder die Jungs von deinem Karateclub fragen?“

Yami nickte sofort.

„Apropos Club, wie läuft es beim Fußball?“

Ryous Lächeln wurde noch breiter und Yami versprach sich sofort nach der Antwort eine Entschuldigung zu finden, um die Unterhaltung zu verlassen. Er wollte keinen Muskelkater in seinen Wangen am nächsten Morgen.

„Sehr gut, danke der Nachfrage. Wir überlegen gerade unser Team in der Amateurliga anzumelden.“

Yami nickte und sah sich um. Glücklicherweise sah er gerade Katsuya, der sich gerade von Seto und Kura löste, die in einer dunkleren Ecke des Gartens standen – sofern man von einem zufälligen Fleck auf einer riesigen Grünfläche als „Ecke“ sprechen konnte. Er entschuldigte sich und ging freudig zu seinem besten Freund. Auch wenn Malik sich ihnen schnell anschloss, so war das immer noch eine viel angenehmere und weniger gruselige Gesellschaft.

 

Isis ließ ihren Blick über die ganze Gartenparty schweifen und lächelte in sich hinein. Es war die erste gemeinsame Veranstaltung für die meisten anwesenden Gäste, doch sie war sich sicher, dass sie die gleichen Gesichter zu einer weiteren Party im Sommer wiedersehen würde. Oder zumindest zu Silvester. Aber Sommer war bestimmt auch geplant. Schließlich würde es ein Jahr her sein für einige der Teilnehmer, dass sie zum ersten Mal Bekanntschaft mit Elise gemacht hatten. Auch wenn nur noch sehr wenige zur Therapie gingen, so hatte ihre Jugendfreundin einen starken Einfluss auf die Truppe gehabt. Isis versteckte ein Kichern hinter ihrer Hand, als sie sich an all die Anrufe von Malik und ihre Begegnungen mit den Bakuras erinnerte. All diese Menschen in ihren Extremen zu beobachten war fraglos eine sehr amüsierende Gelegenheit für sie gewesen und würde es auch weiterhin bleiben, da war sie sich sicher. Doch sie hatte auch all das Wachstum gesehen und ihre Gedanken waren von ehrlicher Freude und Dankbarkeit erfüllt.

Sie sah zu Malik, der gerade mit Katsuya und Yami über Grillen diskutierte. Anscheinend wollten sie gerade einen Grill aufsetzen, doch konnten sich nicht auf eine Person einigen, der sie die Aufgabe aufzwingen konnten. Malik grinste und lachte und diskutierte laut. Isis nahm ihr Glas und trank einen Schluck. Ihr Bruder war glücklich und das war etwas, woran sie oft in ihrem Leben gezweifelt hatte. Isis hörte unauffällig dem Gespräch der jungen Männer zu und sah nur noch mehr Bestätigung dafür, wie großartig sich das Leben ihres kleinen Bruders entwickelt hatte.

„Also Kura?“

„Jopp, Kura. Er ist echt gut mit Feuer und Fleisch.“

„Ok, aber du fragst ihn. Ich habe immer noch manchmal das Gefühl, er würde mich gleich auffressen…“

„Ich sagte doch er ist gut mit Fleisch“, sagte Malik mit ernster Miene und beobachtete wie Katsuyas Gesichtsfarbe sich einem hübschen Grün annäherte, während Yami an seiner Schulter leise lachte. Schließlich erbarmte Malik sich.

„War nur ein Scherz.“

Katsuya bekam sofort wieder normale Farbe ins Gesicht und versuchte ihn böse anzustarren – was bei Katsuya niemals funktionierte. Malik lächelte nur leicht. Es war einfach ein zu großer Spaß Katsuya zu ärgern. Er drehte sich um und suchte mit seinen Augen die Fläche nach Kura ab. Er fand ihn immer noch an gleicher Stelle mit Seto wie zu Anfang der Party. Ehrlich, als wären die zwei hingeklebt. Malik schüttelte leicht den Kopf. Die zwei waren die einzigen, die sich überhaupt nicht bewegt hatten. Malik überlegte kurz, ehe er schließlich seinen ganzen Körper in die Richtung Kuras drehte und seine Hände an seine Mundwinkel legte, um noch lauter rufen zu können: „PAPA!“

Augenblick breitete sich Stille aus und die Anwesenden sahen verständnislos zu ihm. Er behielt seinen ernsten Gesichtsausdruck, während das Publikum versuchte zu identifizieren wen er gemeint hatte.

„Ja?“, fragte Kura simple zurück, was die Ausbreitung des wahren Horrors auf den Gesichtern der Anwesenden zur Folge hatte.

„Wir wollen Grillen. Kannst du das übernehmen?“

In der absoluten Stille, in der sie all die Insekten hören konnten und das Auto, das mehrere Kilometer entfernt die Straße entlang fuhr, war Kuras sich ergebender Seufzer nicht zu überhören.

„Von mir aus“, antwortete er schließlich und die Horde atmete erleichtert auf.

 

Isis hob ihr Glas und salutierte in Gedanken Elise, die bedauerlicherweise nicht anwesend war. Doch es wäre wohl auch für diese Truppe zu viel gewesen, die Therapeutin der Hälfte der Anwesenden einzuladen, was?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich fand schon immer, dass Seto eine ganz eigene Kategorie von "durchgeknallt" bildet
und im nächsten Kapitel finden wir heraus, worin die erste Therapiestunde von Mariku (und Beratung von Malik) endet :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Mini-Mariku ist definitiv mein Lieblingscharakter :D
und die Tisch-Story stammt aus meiner eigenen Kindheit - zumindest erzählt meine Mutter sie immer wieder meinen Schwestern, die die Geschichte aus irgendeinem Grund lieben....
und ich hatte so viel mehr Ideen darüber was Mariku alles anstellen könnte (inspiriert durchaus wieder von meiner eigenen Kindheit) - aber das Kapitel ist so schon lang geworden O.o
...vielleicht sollte ich ein Spin-Off über Mini-Mariku schreiben?! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich denke wirklich über einen Mariku Spin-Off nach, in dem er dann zur Schule geht... lol
Nochmals "Frohe Ostern!" und bis dann :D
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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: abgemeldet
2016-05-03T16:29:15+00:00 03.05.2016 18:29
Süße Story.
Hat mir recht gut gefallen.^^

Lg^^
Von: abgemeldet
2016-05-03T16:15:57+00:00 03.05.2016 18:15
Jaaaaaaaaaaaaaa, mache denn Spin Off über Mini-Mariku.
Der ist sooo süüüüüß!!! <3

Der beste in der ganzen Story.

Lg^^
Von:  Adrijana
2016-04-15T17:25:15+00:00 15.04.2016 19:25
ich will ein Mariku Spin off :DDD das ist wirklich gut getroffen, auch wenn ich nicht auf die Kura-Malik-Beziehung klarkommen xD "papa" hahaha
Von:  Adrijana
2016-04-15T16:20:53+00:00 15.04.2016 18:20
hahaha xD wtf? xDDD
wirklich sehr amüsant zu lesen xD hätte ich NIE dran gedacht xDD
Von:  Adrijana
2016-04-15T15:36:10+00:00 15.04.2016 17:36
Ich muss über die Auswahl an Clubs etc in Setos Schublade lachen xD interessant :D


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