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Kleiner Rotauge ganz Groß

Eine kleine Drachengeschichte
von

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nächtliche Überraschung

Joey schreckte aus seinem Schlaf hoch und rieb sich die Augen, bis das Bild vor ihm etwas weniger verschwommen erschien. Müde schaute er sich in seinem Zimmer um und suchte nach dem Grund, der ihn aufgeweckt hatte. Bis auf das Gewitter, das draußen vor dem Fenstern tobte, konnte er nichts Ungewöhnliches feststellen, aber eigentlich wachte er wegen so etwas auch nicht auf, denn gerade bei diesem ungemütlichen Wetter, wurde es doch erst so richtig schön kuschelig im eigenen Bett und noch drei Mal behaglicher wenn man sich in die warme Decke einrollen konnte. Also drehte er sich wieder auf seine Schlafseite und wollte einfach weiter schlafen, was ein minimaler Luftzug verhinderte, der über seine Wangen strich. Er war sich sicher, dass er irgendetwas gespürt hatte, das durch sein Zimmer gehuscht war.

Er stutzte und der Gedanke ans Einschlafen war vorläufig vergessen. Aber da er weder erneut etwas spürte, noch eine Bewegung wahrnahm oder hörte, gab er es schnell auf weiter zu lauschen und zog sich die Decke über die Ohren.

„Nein da war nichts“, murmelte er in Gedanken, er musste sich lediglich getäuscht haben.

Mürrisch zog er die Decke ein wenig enger um sich und versuchte wieder einzuschlafen. Es war auch fast geglückt, als er beim nächsten Donnergrollen wieder einen Lufthauch spürte der über sein Gesicht hinweg glitt. Er war sich sicher, da musste sich doch etwas in seinem Zimmer befinden. Noch etwas grummeliger über die erneute Störung und weil es definitiv noch viel zu früh zum Aufstehen war, setzte er sich leise auf und versuchte im Düsteren etwas zu erkennen. Da Blitzte es erneut und als das Donnergrollen die Umgebung erschütterte, spürte er es wieder. Diesen Lufthauch. Tatsächlich, es war demnach keine Einbildung.

Die Müdigkeit war vergessen, langsam schob er einen Fuß aus dem Bett und setzte sich auf der Bettkante auf die Lauer, bereit beim nächsten Donnerschlag dieses Etwas aufzuspüren, oder besser noch, es gleich einzufangen und vor die Tür zu setzten, damit er in Ruhe schlafen konnte. Er musste nicht lange warten, bis sich der nächste Donner mit einem hellen Blitz ankündigte, der für kurze Zeit das Zimmer erhellte. Aber diesmal bewegte sich nichts in seiner Umgebung. Auch nicht bei den nächsten Blitzten die das Dunkel der Nacht zerrissen, so wartete er vergeblich, dass sich etwas tat.

Joey schalt sich einen Narren, das er so lange im Finstern verharrt hatte und schaltete das Licht auf seinem Nachttisch an, wohl weißlich, wenn da etwas in seinem Zimmer gewesen wäre, das er es dann damit endgültig verscheuchen würde. Ganz wie erwartet, konnte er nichts ungewöhnliches Finden. Weder war alles plötzlich aufgeräumt, dass er von ein paar Heinzelmännchen geweckt wurde, die sich zufällig zu ihm verirrt hatten und freundlicher Weise noch seine Hausaufgaben mit erledigt hatten, noch konnte er etwas anderes Ungewöhnliches entdecken, was in seinem Zimmer herum wuselte. So schob er seine Beine wieder unter die flauschige Decke, knipste das Licht aus und rollte sich seufzend ein.

„Au... ahh, verdammt!“, er zuckte zusammen und fuhr in die Höhe, irgendetwas hatte ihn in die Fußzehe gebissen.

Seine Hand schnellte zum Lichtschalter, gleichzeitig zog er die Beine an und in der fließenden Bewegung schlug er die Decke auf. Sofort flüchtete sich ein schwarzer, aufgeschreckter Schatten in seine Arme und klammerte sich an seiner Brust fest. Joey war zwar überrascht und keuchte, aber das kleine, zitternde Wesen kam ihm auf eine spezielle Weise so vertraut vor, dass er nicht mal in Erwägung zog es abzuwehren. Er wunderte sich nicht einmal darüber und legte stattdessen schützend seinen Arm um es, damit es sich geborgen fühlte und machte sich dann weiter auf die Suche nach diesem Etwas, das ihm in die Zehe geknappt hatte. Er war sich sicher, dass dieses Ding es war, dass wohl auch den Kleinen in seinen Armen verschreckt haben musste.

„Moment, hier stimmt doch etwas nicht“, überlegte er noch ganz überrumpelt und senkte langsam seinen Blick nach unten.

Joey war sprachlos als er erkannte, was – oder eher wen er da in Armen hielt. Verwundert blinzelte er, aber der kleine, schwarze Rotaugendrache war nicht verschwunden, stattdessen zupfte er ungeduldig an Joeys Oberteil und wies in die Richtung, wo er sich eben noch unter der Decke versteckt hatte.

„Menschen...“, beschwerte er sich kopfschüttelnd über die unnötige Verzögerung der Jagd. „Auf los, nicht schlafen“, fauchte er aufgeregt und ungeduldig, „schau endlich nach wo das Monster steckt, das uns angegriffen hat und vor dem ich dich heldenhaft verteidigt habe.“

Jetzt schaute Joey noch ungläubiger und so überrumpelt wie er gerade war, beugte er sich tatsächlich vor und hob die Decke vorsichtig an, um nachzusehen, ob sich hier doch noch etwas in seinem Zimmer versteckt hielt, dabei lag sein Arm wie selbstverständlich, schützend um den kleinen Drachen.

Joey hielt bei der Suche inne. „Wie, du hast dich verteidigt?“, forschte er nach.

Mit Stolz gerecktem Köpfchen prahlte der Kleine: „Ich hab diesen fiesen, hinterhältigen Angreifer todesmutig gebissen und in die Flucht geschlagen. Da hat es den Schwanz eingezogen und ist drachenfurchtbarschnell, ganz schnell abgezischt. Jetzt musst du es nur noch aufspüren und dann kann ich es für dich erledigen.“

Allmählich sickerte bei dem Blonden die Erkenntnis durch, was der Drache angefallen haben musste. Überlegend zog er die Augenbrauen zusammen und schielte zu seiner pochenden Fußzehe, die kleinen roten Male darauf könnten wirklich Zahnabdrücke von dem Babydrachen sein. Er Grinste und zog die Decke gänzlich vom Bett.

„Sah der Eindringling in etwa so aus?“, dabei wies er nach unten und wackelte mit den Zehen.

Sofort wollte sich der kleine Schwarze mit gespreizten Krallen voraus und drohend aufgestellten Flügeln auf Joeys Fuß stürzen. Der Blonde konnte ihn gerade noch so fangen und zurück halten, was dem unfügsamen Bündel natürlich ganz und gar nicht in den Kram passte und es nun wild in seinen Armen strampelte und aufgeregt mit dem Schwanz schlug.

„Du hast es gefunden, du hast es gefunden“, grollte es übermütig, „lass mich los, ich muss dem Monster zeigen, dass sich keiner mit uns anlegen sollte.“

Wieder versuchte er sich tollkühn loszureißen und sich auf das Monster zu stürzen. Joey begann zu lachen, bei dem Übermut, den der Kleine hatte. Der drehte ungläubig seinen Kopf zu Joey und begann zu schmollen, niemand sollte sich so etwas bei einem stolzen, schwarzen Rotaugendrachen wagen.

„Frechheit!“ Schnaubend ließ er sich auf Joeys Beine plumpsen, verschränkte die kurzen Ärmchen vor dem Brustpanzer und sah demonstrativ in eine andere Richtung. „Ich setz hier meine schönen, unversehrten Schuppen aufs Spiel, um dich zu Beschützten und du lachst mich einfach aus?“

„Nicht beleidigt sein.“ Joey streichelte ihm über den Kopf. „Ich kenne das Monster ziemlich gut und man braucht gewiss keine Angst davor zu haben.“

Misstrauisch öffnete der Drache ein Auge und schielte von dem Monster das sich gerade Tod gestellt hatte, da es ängstlich und regungslos vor ihm auf dem Bett lag zu Joey und wieder zurück.

„Wirklich?“, fragte er lauernd.

Genauso langsam und in einem ähnlichen Tonfall widerholte er: „Wirklich!“

Irgendwie war das ja schon niedlich und brachte Joey erneut zum schmunzeln, was er sich versuchte zu verkneifen um das Rotaugenbaby nicht zu verärgern.

„Pff, beweis es“, schnaubte der Kleine, der sich wohl sehr in seiner Drachenehre angekratzt fühlte.

„Wirklich, dieser Fuß gehört ganz sicher zu mir?“

„Fuss?...“, murmelte er verstohlen.

Die Haltung des Schwarzen änderte sich minimal und er zog unmerklich den Kopf ein Stück tiefer, zwischen seine Schulterschuppen. Ganz langsam betrachtete er das Monster noch einmal und schaute dann, ob das wirklich mit Joey verbunden war.

Tatsächlich.

Jetzt doch ziemlich kleinlaut geworden, drehte er sich wieder zu Joey und tappte vom einen aufs andere Bein. „Das hab ich natürlich gewusst, ich wollte nur sehen, ob du es auch merkst... Wirklich.“

„War das jetzt eine Entschuldigung dafür, dass du mich gebissen hast“, Joey konnte sich das Grinsen nicht mehr verkneifen.

„Ey, man lacht keine großen, mächtigen, schwarzen Rotaugendrachen aus“, beschwerte sich das kleine Möchtegern Ungeheuer.

„Tschuldigung“, Joey versuchte sich wirklich zusammen zu reißen, aber ganz bekam er das nicht hin und so wie sich die Handvoll Drachen auf seinem Schoß versuchte aufzuplustern, sah es einfach nur zu witzig aus und er musste dann doch lachen.

„Ich beweis es dir...“, grummelte der Schwarze und tappte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab, bis sich der Blonde endlich wieder beherrschen konnte und ihm seine volle und vor allem ernste Aufmerksamkeit schenkte.

waghalsiger Sturzflug

...

„Ich beweis es dir...“, grummelte der Schwarze und tappte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab, bis sich der Blonde endlich wieder beherrschen konnte und ihm seine volle und vor allem ernste Aufmerksamkeit schenkte.

...

 

Um Joeys Bett herum begannen kleine Lichter aufzusteigen und in der Luft herum zu wirbeln. Bis ein strudelnder Tanz begann, der immer schneller und schneller wurde. Schon bald konnte Joey nichts mehr von seinem Zimmer erkennen. Nur die flackernden Lichter um sich herum sah er noch und es wurde ihm schier schwindelig, bei dem farbenprächtigen, leuchtenden Reigen. Er staunte und versuchte die Lichter zu greifen, diese glitten jedoch einfach durch seine Hände hindurch und schienen zu kichern und unbekümmert weiter zu tanzen. Sie Kreisten und schwirrten so schnell, das ein hohes Pfeifen ertönte von der Geschwindigkeit die sie bekamen und Joey musste sich die Hände auf die Ohren pressen, das seine Trommelfelle keinen Schaden nahmen von dem hohen Ton, der dadurch entstand. Er kniff die Augen zusammen und fühlte einen immensen Druck auf seinem Kopf, der ebenso plötzlich wieder verschwand, wie er gekommen war, als der Schwarze ein lautes, röhrendes Gebrüll ausstieß. Joey öffnete vorsichtig die Augen und sah noch, wie die kleinen Flämmchen auseinander stoben und er hatte das Gefühl zu fallen.

Er wollte schreien, doch die Geschwindigkeit mit der er stürzte schnürte ihm die Kehle zu und der Schrei blieb ihm im Halse stecken. Er klammerte sich an etwas Festes, Warmes, das sich unter ihn schob. Das leichte Gurren verursachte Vibrationen auf der Oberfläche, an die er sich krallte. Die sanften Schwingungen übertrugen sich und erzeugten eine angenehme Ruhe die sich auch auf seinen Körper positiv auswirkte, es löste den Klos in seinem Hals und er erhielt seine Stimme zurück.  Auch hatte er den Mut und öffnete vorsichtig die Augen, die er sogleich wegen dem schneidenden Wind wieder zusammenkneifen musste. So betrachtete er aus den kleinen Schlitzen unterhalb seiner Lider die Umgebung. Alles war lila hier. Über ihm lila, unter ihm ein dunkleres violett und von links und rechts wurde die blaurote Farbe immer heller. Das einzige was nicht diesen Violetten Ton hatte, war der Schwarze unter ihm, er auf einmal riesig groß war. So Groß das er auf ihm reiten konnte.

„Wie hast du das gemacht?“, fragte er erstaunt, „du bist ja auf einen Schlag ein richtiger Drache.“

Das Gurren des Drachen wandelte sich zu einem kehligen Lachen, was Joey ganzschön durchschüttelte, und er langsam realisierte, dass er auf dessen Schultern saß und durch die Lüfte segelte.

„War ich den zuvor nur ein halber Drache?“ Ein riesiger Kopf drehte sich zu ihm.

Joey hob abwehrend die Hände. „Nein, nein“, meinte er schnell. „Ich war nur erstaunt.“

Wieder musste der Drache lachen.

„Dann ist ja gut. Willkommen im Reich der Schatten“, begrüßte ihn das Rotauge schließlich.

„Ähm... okay?!“, Joey schaute recht ungläubig aus der Wäsche, was den Drachen erneut zum glucksen brachte.

„Kannst es mir ruhig glauben, dass du hier bist“, grinste er und setzte noch ein langgezogenes, „Wirklich“, hintendran, was diesmal aber sehr viel erwachsener klang, als das von dem Babydrachen zuvor.

Bei der Erinnerung an die kleinere Version des Drachen, musste Joey auch etwas grinsen.

 

Der Drache hatte nun eine für ihn scheinbar angenehme Flughöhe erreicht und schien auf den Aufwinden zu Segeln.

„Das ist schon angenehmer, als der vorige Sturzflug, wenn es den ein Sturzflug war“, überlegte Joey und langsam entkrampften sich seine Arme und Beine, mit denen er sich mehr unbewusst und panisch an seinen Rotauge geklammert hatte, und er saß jetzt locker auf dessen Rücken ohne sich festhalten zu müssen.

Die Beiden schwiegen eine ganze Weile, der Drache wollte Joey etwas Zeit lassen, die ganzen Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Er hatte schon lange keinen Menschen mehr mit in ihre Dimension bringen können, niemand hatte seit langem fest genug an seine Karten geglaubt. So konnte sich der Duellant mit der er in der anderen Welt verbunden war an die Umgebung gewöhnen und seine Gedanken sammeln.

Joey schaute sich wie erwartet auch mit großen Augen um und sog die Eindrücke in sich auf. Langsam begann er unter sich einen Landstriche zu erkennen, sie mussten wohl über ein Meer geflogen sein, oder zumindest über einen ziemlich großen See und folgten jetzt der Küstenlinie, die sich deutlich von dem dunklen Türkis abhob. Hohe, felsige Klippen ragten aus dem Wasser und zerklüftete Felsen mit Höhlen und Eingängen konnte er ausmachen.

„Faszinierend“, schwärmte Joey und seine Augen wiederstrahlten den lila Glanz des Himmels.

Das Rotauge lächelte, aber ließ ihm noch weiter Zeit. Erfahrungsgemäß, würden seinem Besucher bald schon eine Menge Fragen in den Sinn kommen, bei Joey hatte er da auch schon eine Vermutung, was er ihn als erstes Fragen würde. Er war gespannt, wie gut er ihn einschätzen konnte.

Joey fasste immer mehr Vertrauen zu der neuen Situation. Er hatte sich schnell an den stetigen Wind gewöhnt, der ihm um die Nase wehte und schon bald erhob er seine Arme. Öffnete die Handflächen, spreizte die Finger und fühlte sich noch freier, als wenn er selbst fliegen würde. In seinem Magen begann es zu kribbeln, als er sich so weit in den Wind reckte, wie er sich mit den Oberschenkeln noch sicher an den Drachenkörper pressen konnte um nicht zu fallen.

„Wuhuuuuu... ich fliege.“

Das Rotauge schmunzelte. Joey war eben ein Chaot wie er im Buche stand und nicht zu berechnen, aber eigentlich war es ja auch egal, ob er jetzt mögliche Fragen beantwortete über die er sich wunderte oder ob sie zuvor noch eine Menge Spaß hatten, oder nicht?! Zumindest war ihm gerade die zweite Option lieber.

„Lust auf ein paar Kunststücke?“, fragte er herausfordernd.

„Klar“, rief Joey begeistert.

„Gut, dann halt dich fest!“

Noch bevor Joey reagieren konnte, schlug der Drache kräftig mit den Schwingen und Joey klammerte sich erschrocken von dem rasanten Aufstieg an ihm fest. Die Schrecksekunde hielt natürlich nicht lange an, da Joey noch immer die Vertrautheit zwischen ihnen spürte und es für ihn so war, als wenn sie sich schon ewig kennen und er sicher war, das sein Rotauge es nicht zulassen würde, das er sich verletzen würde. So siegte schließlich die Abenteuerlust und er genoss die Freiheit, den unbegrenzten Raum, den Wind in den Haaren und das Gefühl, das es hier oben keine Grenzen gab.

„Yeeeaahh...“, er streckte die Arme wieder aus, stemmte sich auf den ausgestreckten Armen des Drachen nach oben und es war so, als wenn er wirklich selbst fliegen würde. „Schneller!“ Sein Herz schlug Saltos, die Kälte hier oben spürte er nicht, nur die absolute Freiheit.

Das Rotauge schmunzelte, den Wunsch könnte es Joey leicht erfüllen. „Halt dich fest“, riet er ihm. Schlug ein letztes Mal kraftvoll mit den Schwingen und schmiegte sie dann eng an seinen Körper. Er streckte die Hinterläufe gerade nach hinten und spannte jeden Muskel seines Körpers an.

Joey jauchzte vor Begeisterung, als der Drache in den Sturzflug glitt. Hier über den dichten Wolken konnte er den Boden nicht sehen, nicht abschätzen, wie schnell sie waren und das Gefühl schwerelos zu sein war vollkommen.

„Mehr, mehr“, rief er gegen den Wind an und seine Haare flatterten wild.

Die Freude und jugendliche Begeisterung sprang auf den Schwarzen über und er klappte ein klein wenig seine Schwinge auf. Und die beiden durchpflügten übermütig die Wolken im Spiralflug und wirbelten die Wattebausche durcheinander. Joey lachte hell und klar.

„Das ist das beste was ich je erlebt habe“, ließ er den Drachen wissen, als er erneut gegen Himmel strebte, und das Tempo des rasanten Falls für den Aufstieg nutzte.

Joey quickte vor Enthusiasmus als sie sich im nächsten Sturzflug befanden.

„Na dir macht das wohl wirklich Spaß?“, erkundigte sich der Drache nach dem was doch so offensichtlich war.

Joey nickte und rief gleich darauf ein lautes: „JA! Das ist genial.“

Aus lauter Dankbarkeit für das einzigartige Erlebnis, schmiegte er sich eng an den Hals des Schwarzen und legte seine Wange an die warmen Schuppen.

„Hast du keine Angst?“

„Nein, absolut nicht“, und das war ehrlich gemeint, Joey fürchtete momentan gar nichts mehr. „Das ist besser als die größte Achterbahn im Kaibaland.“

Kurz stutzte der Drache, hakte es dann aber doch als Kompliment ab. „Willst du noch mehr?“

„Geht das denn?“, fragte Joey mit erwartungsvollem Unglauben, da er keine Idee hatte, wie man das noch toppen konnte.

„Klaro!“, der Rotaugendrache klang verschmitzt und setzte zum nächsten Sturzflug an. „Vertraust du mir.“

Der Blonde legte den Kopf schief, da er mit der Frage nichts anfangen konnte. „Natürlich“, rief er aber dann doch, ohne weiter darüber nachzudenken.

„Gut, dann Spring von meinem Rücken ab, spann alle Muskeln an und halt die Arme weit auseinander, wenn ich dir ein Zeichen gebe.“

Joey zögerte kurz, aber er hatte ja gesagt, er vertraute seinem Rotauge. – Also, was sollte schon passieren? Er zog die Beine an, um auf dem Schulterpanzer zu knien und machte sich bereit.

Der Drache legte die Flügel an und im beginnenden Sturz rief er Joey zu: „Jetzt.“

Der Blonde folgte unvermittelt und sprang sogleich ab.

„Streck dich, spann deinen Körper an“, erinnerte ihn der Drache, der gleich gesehen hatte, das Joey seine Tipps vergessen hatte.

Sofort gehorchte der Junge und beide stürzten der Erde entgegen. Der Schwarze drehte sich halb um die eigene Achse, sodass sie sich ansehen konnten. Er legte gemütlich die kurzen Ärmchen hinter den Kopf, so als ob er auf dem Wasser treiben würde und sah Joey belustigt an, der noch etwas damit kämpfte stabil in der Luft zu bleiben und nicht zu trudeln.

Grinsend, weil jedes Drachenbaby den Sturzflug schon instinktiv beherrschen konnte, korrigierte er Joeys unbeholfene Haltung und siehe da, der Blonde jagte mit ihm sicher durch die Lüfte. Kurz nachdem sie die Wolken durchbrochen hatten, schob er sich vorsichtig unter ihn, das Joey den Flügel zu packen bekam und wieder auf den sicheren Rücken klettern konnte.

„Wow, das war sooo genial, können wir das noch mal machen?“, er konnte es nicht in Worte fassen, wie unglaublich dies Erlebnis war.

„Nichts leichter als das.“

Die Freude war durchaus ansteckend und so befanden sich die zwei kurzdarauf wieder im Sturzflug und Joey hatte es jetzt auch allein geschafft nicht zu trudeln, nachdem er wieder abgesprungen war.

„Pass mal auf“, warte ihn der schwarze vor und gab Joey einen leichten Schubs, während er selbst seine Flügel leicht öffnete. Nun wirbelten beide wie bei einem Kinderreigentanz um ihre gemeinsame Achse und lachten sich gegenseitig an.

Sie durchbrachen die Wolkengrenze und Joey konnte unter ihnen das Meer erkennen. Der Anblick war überwältigend. Leider schaute er zulange auf das Wasser und seine Augen fixierten sich auf einen festen Punkt, das ihm die eigene Drehbewegung zu viel wurde und es ihm schwindelig wurde. Er konnte den Blick nicht vom Wasser abwenden, da sich alles um ihn herum so schnell drehte und der Boden so unglaublich schnell näher kam.

Er vergaß alles was ihm der Drache gezeigt hatte und wurde panisch, dadurch vernachlässigte er die Spannung in seinen Gliedern und er begann unkontrolliert zu schlingern. Woraufhin er noch mehr Angst bekam und schlug unkoordiniert mit den Armen und ruderte mit den Beinen, was seine Situation leider noch verschlimmerte und er sich drehte und Saltos schlug. Er verlor die vormals stabile Flugbahn und wirbelte unbestimmt herum. So konnte ihn der Schwarze unmöglich fangen, ohne dass sich der Junge verletzen würde. Was er ihm als gut gemeinten Rat zurief, hörte Joey nicht, da er immer mehr zappelte. Die Wasseroberfläche kam immer näher und wenn der Schwarze nicht bald handeln konnte, würde sich Joey so oder so schlimm verletzten.

Er musste dessen Aufmerksamkeit bekommen, so sammelte er heißen Atem in seinen Nüstern und spie einen mäßig großen Feuerball, einige Yard unter Joey. Die plötzliche Hitze erschreckte Joey, als er mitten durch das Feuer fiel und so war seine Aufmerksamkeit kurz von dem Fall abgelenkt.

Genau diesen Augenblick passte der Drache ab.

„Mach dich lang“, befahl er streng, „sonst kann ich dich nicht fangen.“

Einen Moment brauchte es bis Joey verstand und er sah, wie nah er dem Wasser schon gekommen war, das würde weh tun. Er spannte seinen Körper an, kniff die Augen zusammen und verkrampfte sich. Aber dadurch wurde wenigst sein Sturz wieder stabiler. Im letzten Moment gelang es dem Rotauge das er unter Joey tauchen konnte und mit seinem Bauchschuppen schlitterte er über das Wasser, das einer Fontäne gleich links und rechts in die Luft wirbelte, bevor er sich wieder sanft in die Lüfte erhob.

Joey hatte sich fest an ihn geklammert und immer noch die Augen geschlossen. Der Schwarze ärgerte sich über seinen Leichtsinn, zu dem er sich hatte anstecken lassen. Es war wohl doch etwas zu viel, was er dem Jungen beim ersten Freiflug seines Lebens zugemutet hatte. Gemäßigter segelte er weiter und wartete bis Joey sich beruhigt hatte.

„Bitte erwürg mich nicht“, versuchte er einen vorsichtigen Scherz.

„Tschuldigung, wollte ich nicht.“

Doch daran, wie schnell Joey seinen Griff um dessen Hals löste und wie verschreckt zurück wisch erkannte der Drache, das ihm der Schreck noch gehörig in den Gliedern saß.

„Hey, war nicht so gemeint, gegen meine starken Schuppen hättest du eh keine Chance.“

Erleichtert sank Joey wieder an den sicheren Leib des Drachen und schmiegte sich eng an ihn.

„War ein bisschen viel oder?“, erkundigte er sich leise. „Aber sonst ist noch alles dran an dir?“

„Ja, ist alles okay... Tut mir leid das ich deine Anweisungen vergessen habe“, meinte Joey, da er sich auch seines eigenen Fehlers bewusst war.

Der Schwarze schwieg, wie er mit einem schlechten Gewissen des Jungen umgehen sollte, wusste er gerade nicht. Er flog zurück zur Küste und landete behutsam auf einem Felsvorsprung, hinter dem eine kleine Höhle im Fels eingebettet lag. Über seinen Flügel ließ er Joey zur Erde gleiten und suchte dann etwas Reisig und Hölzer zusammen.

„Komm, setz dich und entspann ein wenig.“

Joey gehorchte und ließ sich an dem Feuer nieder, dass sein Rotauge mit den gesammelten Zweigen entzündet hatte. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Kleidung ganz feucht war, da tat das Lager feuer gut und er wärmte seine klammen Finger an der Flamme. Joey kam zur Ruhe und da meldete sich auch schon sein Magen, was ihn peinlich berührt ob des Grummelns sein Gesicht verziehen ließ.

„Hunger?“, lachte der Drache, der es mit den geschärften Sinnen natürlich laut und deutlich vernommen hatte. Erleichtert atmete er auf. Joey war doch härter im nehmen, als man dachte und Hunger war immer ein gutes Zeichen. „Warte einen Augenblick.“

Sofort war er über die Klippe gesprungen und verschwunden.

Joey starrte ihm mit offenem Mund hinterher, klappte ihn wieder zu und rutschte etwas dichter ans Lagerfeuer.

Abendbrotzeit und ein leckerer Happen

Kurz darauf war der Schwarze zurück gekehrt und erschien mit einem großen Fisch im Maul über dem Felsvorsprung und noch einigen weiteren in den Krallen. Er ließ die Fische neben Joey fallen, damit er die Hinterläufe frei hatte und landen konnte. Der Junge erschreckte sich natürlich und hörte den Drachen darüber kichern.

„Was hat den denn für ein Schalk geritten“, ärgerte sich Joey ein wenig weil er so zusammengefahren war.

Er unternahm aber nichts weiter, schließlich konnte man jemand am besten zurück necken, wenn man nicht reagierte, und so gern wie er seinen Drachen mochte, viel es ihm da auch nicht schwer, sein Temperament zu zügeln. Das sah der Schwarze wohl anders, statt sich darüber zu ärgern, dass Joey nicht auf den Scherz angesprungen war, war er vom Fischfang und der Jagd noch zu aufgeputscht. Er tapste hämisch grinsend an den Menschen heran und schüttelte sich direkt vor Joey die letzten Wassertropfen von seinem Panzer, die beim Flug nicht getrocknet waren. Der Junge hielt sich die Hände vors Gesicht, für einen Menschen waren das keine kleinen Tropfen mehr, sondern schon ein recht großer schwall Wasser der sich da ergoss. Sogar das Lagerfeuer wurde gelöscht und die hölzernen Überreste von Joeys Wärmequelle gaben nur noch dichten, gelben Rauch von sich.

„Menno, ich war doch schon fast getrocknet“, maulte Joey daraufhin den dümmlich grinsenden Drachen an.

Der wegen dem Schmollgesicht los lachen musste und ihm der große Fisch aus dem Maul fiel. Da der Fisch noch lebte und die Freiheit spürte, begann er heftig zu zappeln und strebte auf die nahen Klippen zu. Das letzte was von ihm zu sehen war, war die silberne Schwanzflosse, als er über die Kante glitt und sein Heil im Meer suchte. Der Schwarze hielt inne und schaute ungläubig seinem delikaten Fang hinterher. Joey hielt sich den Bauch und musste herzlich lachen, wie der Drache immer noch an die Stelle starrte wo sich gerade sein Abendessen verdrückt hatte, dann drehte er sich zu dem Jungen um.

„Pfindeft duff daf wohl luftig?“, nuschelte er undeutlich und kniff dabei seltsam das Maul zusammen, als er Joey gegen die Brust tippte.

Schuldbewusst schaute ihm der Junge in die roten Augen und kratzte sich am Hinterkopf, während er verlegen grinste. „War nicht so gemeint.“

Doch statt vernünftig zu sein und aufzuhören Joey zu ärgern, pustete ihm der Drache daraufhin den schwall Wasser ins Gesicht, den er in seinem Maul für den Fisch mitgenommen hatte.

„Ihhh“, quickte Joey auf, da er sich schon wieder hatte erschrecken lassen. „Jetzt stinke ich genauso wie dein Abendessen“, entrüstete er sich und hob die Arme um an seinem Shirt zu riechen. „Bäh, wie das muffelt.“

Vorwurfsvoll schaute er den Drachen an, der ihn aufmerksam betrachtete. Interessiert kam der er mit seinem riesigen Kopf näher um zu betrachten, worüber sich Joey bei ihm beschwerte und um selbst einmal zu schnüffeln, ob das den stimmte. Langsam näherte er sich Joey und blähte schmunzelnd die Nüstern. Der Junge viel rückwärts über, als ihn die Drachenschnauze streifte, das der Junge jetzt auf der Erde lag störte den Rotaugen nicht sonderlich, er ließ einfach weiter seine Nase über dessen Bauch und Seiten gleiten und schnupperte genüsslich nach dem Fisch, dessen Witterung jetzt auf Joey lag.

„Stimmt du riechst sehr appetitlich“, schmunzelte er.

„Lass das“, der Blonde wand sich vor Lachen unter der riesigen Drachenschnauze und den heißen Atemstößen. Er versuchte ihn davon abzuhalten weiter an ihm herum zuschnuppern, „das Kitzelt.“

Wieder stemmte er seine Arme gegen den Drachen, aber dem Rotauge schien es zu munden und er schnüffelte unbeirrt weiter.

„Hm, du riechst wirklich sehr, sehr lecker“, schwärmte er und leckte sich über die Schnauzenwinkel.

Joey rang nach Atem und ergriff lachend die Flucht, ab geschleckert wollte er jetzt nicht auch noch werden, er konnte sogar etwas Abstand zwischen sich und den Schwarzen bringen. Doch nicht für lange, denn der tappte ihm übermütig kichernd hinterher.

„Warte doch Joey, ich hab dich zum fressen gern, wenn du so herrlich duftest“, feixte der Drache, als sich seine Beute davonstehlen wollte.

„Nix gibt’s, ich steh nicht auf deiner Speisekarte, such dir lieber einen neuen Fisch“, japste Joey, der schon die nächste Kiztelattacke über sich ergehen lassen musste und seine kurze Flucht an der Felswand beendet wurde.

Dem Drachen machte es Spaß, mit dem Jungen herumzualbern und so übertrieb er es auch etwas und hatte nun seine Kralle unter Joeys Shirt geschoben, damit er ihn festhalten konnte und der Junge ihm nicht wieder entkam. So festgesetzt verzog Joey das Gesicht als ihn der kalte Wind über die Haut streifte. Er versuchte den Schwarzen aufzuhalten, das viele Lachen machte ihm das Atmen schwer, aber vergebens und schon schlabberte ihn die lange, rosa Zunge von unten nach oben ab.

„So alles bestens, jetzt kann ich dich heute nach nicht versehendlich anknabbern, weil ich dich mit meinem Fisch verwechsle“, gluckste der Drache, „genau wie du es wolltest, schnupperst du jetzt nicht mehr nach dem besten was das große, mächtige Schattenreich zu bieten hat.“

„Na toll“, grummelte Joey und sah sich die Bescherung an. Er versuchte sich den Drachengaber von den Händen und Armen zu wischen, der wie Glibber an ihm hing. „Bäh.“

Grienend über Joeys entrüstetes Gesicht und weil es jetzt wirklich genug war, trottete der Drache selbstzufrieden zu dem Platz zurück, wo er die anderen Fische hatte fallen lassen, außerdem verspürte er riesigen Hunger.

Doch nun gab sich Joey mit dem vorzeitigen Ende ihrer Rangelei nicht zufrieden.

„Das gibt Rache!“, brüllte er und rannte auf den Rotaugen zu, der zuvor schon zu ihm geschielt hatte und gemächlich mit dem Schwanz über den Boden wedelte, wie ein Welpe der spielen wollte und sich über die Aufmerksamkeit freute. Als Joey ihn ansprang, ließ sich der Drache glucksend zur Seite fallen und bot dem Menschen somit seinen fast ungeschützten Bauch dar. Doch Joey schaffte es nicht einmal auf dem scheinbar besiegten Drachen zu bleiben, sondern rutschte einer Schleimspur gleich, immer wieder von den Schuppen ab. Jedoch fand er eine Stelle, wo er unter die Schuppen greifen konnte und begann den Großen zu kitzeln.

„Hast du nicht gesagt, dass ein kleiner Mensch wie ich nicht gegen die mächtigen Drachenschuppen ankommt?“, freute sich Joey über seinen Erfolg.

Der Schwarze musste innig lachen und sich so heftig am Boden kringeln, das er Angst hatte Joey zu verletzten, weil er sich nicht weiter zusammenreißen konnte, zudem hatte er mittlerweile nicht mal mehr seine Atmung unter Kontrolle und schon unbeabsichtigt zwei kleine Flammenbälle gespiehen.

„Oh man“, schnaufte er, ließ sich gänzlich auf den Rücken fallen, bevor er noch mehr Unheil anrichten würde und vielleicht unbeabsichtigt den Jungen verletzte. So streckte er die Arme von sich und winselte außer Atem, „ich geb auf. Du hast mich fertig gemacht!“

Joey merkte auf und grinste überheblich, er krümmte possend seinen Arm um die Muskeln anzuspannen und in Siegerpose über dem am Boden liegenden Drachen zu stehen.

„He he, ich bin Joey Wheeler, weltbester Duellant und Drachenbezwinger.“

Der Rotauge zwinkerte ihm belustig zu. „Das hast du gut gemacht.“ Jedoch konnte er den „Drachenbezwinger“ so ganz auch nicht auf sich sitzen lassen und boxte dem Jungen freundschaftlich an die Schulter, um ihn zu erinnern wer doch eigentlich der stärkere war. Das kam bei Joey auch so an wie es sein Schwarzer meinte, jedoch was für den Drachen leicht war, fegte den Jungen von den Füssen.

Wenigst hatte neuer Freund Humor, überlegte Joey nachdem er auf dem Hosenboden gelandet war und loslachte. Der Drache rappelte sich wenig elegant auf, eher glichen seine Versuche einem Käfer der auf dem Rücken gelegen hatte. Als er wieder auf zwei Pfoten stand, betrachtete er sich die mittlere Verwüstung, die sie beide mit dem Herumtollen angerichtet hatten, wobei das meiste wohl auf seine Kappe ging. Das Brennholz lag verstreut auf dem Felsvorsprung, die ganzen Fische waren wieder zurück im Meer, die musste er wohl mit seinem Schwanz erwischt haben und der Junge war mit Drachenspeichel und Erde verklebt. Er schüttelte über sich selbst den Kopf, normalerweise brachte es diese Größe mit sich, dass er sich erwachsener benahm und sich nicht wie ein halbstarker Rüde gebärdete, der sich selbst und seine Stärke erst noch unter Beweis stellen musste.

„Willst du mitkommen zum Fischen?“, erkundigte er Joey, „dabei kannst du gleich ein Bad nehmen.“

„Ähm, okay“, Joey schauderte zwar bei dem Gedanken an das kalte Wasser, aber als er an sich heruntersah, waren da alle Gegenargumente vergessen. „Was muss ich machen?“

„Steig auf und los geht’s.“

Der Blonde krabbelte wieder auf den Rücken des Schwarzen und kurz darauf waren sie erneut in der Luft und über dem Meer.
 

„Halt die Luft an, wenn wir kurz über dem Wasser sind“, wies ihn der Drache an, „wir machen einen Probetauchgang.“

Der Schwarze war natürlich wieder viel zu schnell für Joeys Reaktion und bevor er eine Antwort geben konnte, waren sie kurz vor den Wellen und ins Wasser eingetaucht, er konnte gerade noch so einen letzten Atemzug holen, die Augen schließen, sich festklammern und ganz dicht an den schwarzen drängen, damit er nicht von der Wucht beim eintauchen abgespült wurde.

Nachdem sie eine Weile unter Wasser waren und eine beträchtliche Tiefe erreicht hatten, rang Joey mit sich, ob der Schwarze sein hämmern nicht bemerkte, er brauchte dringend wieder Luft, oder sollte er einfach los lassen, denn die rettende Wasseroberfläche entfernte sich schließlich immer weiter und er konnte nicht mehr lange aushalten. Joey war erleichtert, als er die Richtungsänderung des Drachen bemerkt und er nach oben strebte. Wie erschlagen japste er nach Luft und hustete.

„Alles okay bei dir?“

„Ja, geht wieder“, meinte Joey nach einem Moment und hustete erneut, „es war nur ein bisschen zu lang für mich unter Wasser.“

Der Drache erinnerte sich wage, das da was war. Ja - Menschen konnten ja nicht so lange tauchen wie er, seine Lungen waren schließlich auch viel größer als die des Jungen.

„Okay, wenn es dir zu anstrengend ist, setze ich dich ab und fang die Fische allein“, schlug das Rotauge vor.

„Nein geht schon, nur gib mir bitte etwas früher Bescheid, bevor wir runter gehen.“

Er war erleichtert, dass er es ihm nicht krumm nahm.

„Bist du sauber geworden?“, hakte de daher nach, um etwas Positives an ihrem Tauchgang hervorzuheben.

Daran hatte Joey gar nicht mehr gedacht und schaute an sich hinab. „Ja, ist alles abgewaschen.“
 

Der nächste Tauchgang klappte schon besser und nach einer Weile hatte Joey es auch raus, wie er sich die Luft besser einteilen konnte. So saßen sie bald darauf vor irgendeiner anderen der zahlreichen Höhle in den Klippen. Joey zitterte vor Kälte und versuchte sich am neu entzündeten Feuer zu wärmen und zu trocknen. Er hielt dabei einen kleinen Fisch an einem Stock aufgespießt in die Flammen, während der Rotauge seinen Anteil vom Fang schon längst verspeist hatte und sich gegenüber des Feuers zusammen rollte, um den Jungen interessiert zu beobachten.

Als der Fisch eine seltsame Farbe angenommen hatte und nicht mehr genießbar aussah, begann Joey endlich davon zu essen. Der Drache sah, dass es Joey nicht wärmer werden wollte, so tapste er zu ihm herüber und drängte sich eng an ihn. Er legte sich auf die Seite und schob sich den Jungen ungefragt an seinen Bauch, da wo die Schuppen am dünsten waren und er die meiste Wärme abgab.

„Schmeckt das?“, erkundigte er sich zweifelnd, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass der Fisch so besser sein könnte, so halb verkokelt wie der aussah.

Joey nickte. „Magst du probieren?“, er hielt ihm den Ast mit dem Fisch hin.

„Nein, iss du erst mal, ich bin schon satt“, lehnte er höflich ab, verbrannter Fisch war sicher nicht gut für Drachen.

„Hm, okay.“

Joey zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück an den Schwarzen, die zusätzliche Wärmequelle an seinem Rücken tat ihm gut und er kuschelte sich behaglich an. Langsam wurden ihm die Augenlider schwer und das Rotauge bot ihm seinen Flügel als Decke an, als er die Müdigkeit des Jungen bemerkte.
 

„Sag mal, bist du nur in meiner Welt so klein, oder kannst du jede Größe annehmen, wie du es magst?“

Der Drache grinste.

„Bingo“, auf eine ähnliche Frage hätte er gewettet.

„Hm?“, Joey drehte seinen Kopf zu ihm und sah ihn fragend an.

Der Drache überging seinen Ausruf und stellte eine Gegenfrage. „Ich glaub es wäre schlecht gewesen, wenn ich in deinem Zimmer in dieser Größe aufgetaucht wäre, oder?“

„Stimmt auch wieder“, nuschelte Joey, „also kannst du es wählen, wie groß du bist.“

„Genau“, aber das mit der Größe sich sein Verhalten anpasste verschwieg der Große, deshalb war ihm die aktuelle Statur schon immer am liebsten gewesen. Der Babydrache war ihm eigentlich peinlich, besonders dessen Benehmen und Dummheit. Aber seine wahre Größe führte ihm immer vor Augen, wie Steinalt er schon war, daher mochte er das auch nicht.

„Wie alt bist du eigentlich?“

„So alt wie Duellmonster“, er musste ja nicht auf seinem Wundenpunkt herumreiten und es in Menschenjahre umrechnen. „Schlaf jetzt einfach“, wisperte er deshalb, „Morgen haben wir auch noch Zeit für Fragen.“

„Das war ein toller Traum“, murmelte Joey, drehte sich und kuschelte sich noch enger an seinen neuen Freund an, „Danke.“
 

Doch die Worte hatten den Drachen verletzt. Traurig spürte er, wie die Macht schwand, die die Dimensionen mit einem Materiefluss verband und ihm erlaubte Joey zu besuchen. Die Worte fühlten sich an, wie ein Schwert in seinem inneren und der Rote war tief enttäuscht in diesem Augenblick.

„Ich bin nicht real für ihn“, dachte er und sah ungläubig zu, wie er von der Schwanzspitze angefangen durchsichtig wurde. Er hatte es doch gespürt, das Joey an ihn glaubte, sonst hätte er niemals die Energie gehabt die Welten zu durchbrechen und zu ihm zu gelangen, als er ihn gerufen hatte, geschweige denn, ihn mit zu sich ins Reich der Schatten zu ziehen. Der Junge war ihm schon während der Duelle ans Herz gewachsen, so viele Kämpfe hatten sie schon gemeinsam bestritten und das mit dem Herz der Karten sagte er doch auch nicht einfach so dahin. Oder?
 

Der Rotauge spürte wie es in seinem Auge zu brennen begann, aber den Tränen würde er sich nicht hingeben, nicht wegen einem kurzlebigen Menschen. Mit der Duellmacht die die beiden Welten miteinander Verband und dem letzten bisschen Kraft die ihm durch Joeys vermeintlichen Glauben an die KA-Monster noch verblieben war, schickte er den Jungen zurück in seine Dimension.

... ein bisschen Hoffnung

„Nimm das zurück“, Joey schäumte vor Wut, „nimm es sofort zurück.“

„Du traust dich ja doch nicht zuzuschlagen, Wheeler. Sonst hättest du es längst getan, statt nur leer zu drohen!“, lächelte Seto eiskalt und schien sich auch sonst nicht aus seiner stoischen Ruhe bringen zu lassen von der Tatsache, dass ihn der Kleinere am Kragen gepackt, gegen eine Wand befördert hatte und seine Faust drohend in Höhe seiner Nase verweilte mal abgesehen. „Hör lieber auf deine Kindergartenfreunde, sie pfeifen gerade nach ihrem Köter. Oder bist du selbst für einfache Befehle zu blöd?“

Joey fauchte vor Wut: „Ich bin kein Hund.“

Doch Seto lästerte unbeirrt weiter. „Die Klage wegen Körperverletzung könntest du dir nicht mal in einer Million Jahre leisten.“

Tristan und Yugi versuchten ihren Klassenkameraden von Seto weg zu ziehen, ein Teil der Schülerschaft war schon auf dem Pausenhof zusammengelaufen und dort stehen geblieben. Es würde sicher nicht lange dauern, bis auch eine Lehrkraft den Tumult bemerken würde und dann waren dem Blonden einige Stunden Nachsitzen am Nachmittag sicher, was seinem schon jetzt nicht glänzenden Abschlusszeugnis sicher nicht dienlich wäre.
 

„Joey, sei vernünftig“, mühte sich Yugi und redete auf ihn ein.

Doch Joey wollte einfach nicht hören und stemmte sich auch weiter gegen Tristans Griff.

„Mensch Joey, mach´ keinen Scheiß, wenn du noch mehr Verwarnungen kassierst fliegst du“, auch die Vernunftschlüsse die Tristan ihm aufzählte fanden keinen Anklang bei Joey.

Verbissen starrte er in Setos eisige Augen und hielt dem stechenden Blick stand. Das Blickduell ging so lange bis Seto begann zu blinzeln. Grimmig lächelte Joey der sich als Sieger fühlte. Er spuckte zur Seite auf den Boden um zu verdeutlichen, wie sehr ihm Setos Meinung missfiel und schubste den Jungunternehmer nachdrücklich gegen die Wand, bevor er ihn immer noch dampfend vor Wut los ließ.

„Es ist nicht nur ein Kartenspiel, die Karten besitzen eine Seele“, zischte er, „aber jemand wie du wird das nie verstehen.“

„Pape, Plastik und Farbe Wheeler,“ zählte Seto gelangweilt auf, woraus die Karten für ihn bestanden. „Kaum zu glauben, das ein Straßenköter wie du die nötige Einbildung besitzt an so etwas zu glauben,“ er schnaubte verächtlich.
 

Joey hatte sich umgewandt und die Fäuste in den Hosentaschen geballt, er konnte es nicht ertragen, wie Seto eine seiner Karten zerrissen hatte, ihn wieder und wieder als lächerlichen Duellanten dargestellte und sein Deck als kümmerlich verspottete, aber vor allem hatte es ihn zum rasen gebracht, das er dem Spiel seinen Zauber nehmen wollte. Das er behauptete es wäre nichts besonderes, ein Kinderspiel das ihm Geld brachte und das war es. So jemand verdiente nicht den Titel als Vieze Champion, niemand, der keine Achtung davor hatte.

„Geh schön brav zu deinem Kindergarten, mach Platz, vielleicht bekommst du dann ein Leckerli“, spottete der Firmenchef weiter, als Joey ihm den Rücken kehrte, man aber noch deutlich sein Zittern und die Anspannung erkennen konnte.

„Lass gut sein, Kaiba“, schritt nun Yugi beherzter ein, „du hast ihn genug provoziert. Oder legst du es wirklich auf eine gebrochene Nase an?“

Yugi wartete nicht ab, das Seto auch ihn beschimpfte, sondern beeilte sich seine Freunde einzuholen.

So gut er an Joeys Schulter kam, legte er seinen Arm um ihn. „Mach dir nichts draus, ich bin froh, dass du ihn nicht verprügelt hast.“

„Verdient hätte er es“, grummelte der Blonde.
 


 

Wenig später saßen alle wieder zur Japanischstunde im Klassenraum. Joey holte sein Buch aus dem Rucksack und wollte es auf den Tisch legen, da segelte die Karte seines schwarzen Rotaugendrachens zu Boden.

„Oh man, da bist du ja“, flüsterte er überglücklich.

Was hatte er gestern Abend diese Karte gesucht und seine ganze Bude auf den Kopf gestellt nur um seinen Rotauge zu finden. Sogar gerufen hatte er nach der Karte, so blödsinnig wie es auch klang. Zufrieden betrachtete er das Bild und erinnerte sich mit einer Gänsehaut an sein nächtliches Abenteuer, das er erleben durfte.

Ungeachtet der verächtlichen Blicke die ihm Seto zuwarf, als er beobachtete, mit welcher Ehrfurcht Joey die Karte behandelte, murmelte er: „Und ich weiß es doch besser.“

Er drehte sich um warf Seto einen scharfen Blick zu und drehte sich zufrieden zurück.

„Ich weiß es sehr viel besser als der reiche Pinkel“, dachte er, „die Karten leben doch!“
 

Auch im Schattenreich wurden diese Gedanken vernommen und wenn die Haut nicht von den schwarzen Schuppen bedeckt gewesen wäre hätte man die leichte verlegene Röte sehen können, die sich bei dem Drachen über die Wangen zog. Da hatte er das Rufen und Suchen nach ihm ja gründlich missverstanden. Na hoffentlich bekam das sonst niemand mit, die anderen würden ihn damit sicher aufziehen. Wobei - über die Züge des Rotauges schlich ein befriedigtes Lächeln, der Junge glaubte sehr wohl an ihn, diese Bestätigung tat ihm enorm wohl. Und wenn er es recht bedachte, welches Chaos sein neu gewonnener Freund überall verbreitete und seine Sachen verlegte, vielleicht würden sie sich da schon bald einmal wiedersehen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-22T18:44:57+00:00 22.09.2014 20:44
Niedliche ff muss ich sagen
Antwort von:  Yami-XINI
22.09.2014 21:15
vielen Dank. freut mich, das es dir gefällt :D


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