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Cat - Let the Nightmare beginn...

von

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Remembers

Es war etwas später, als der Mond aufging. In seinem Licht bewegte sich eine Katzenartige Gestalt über die Dächer der angrenzenden Großstadt. Man sah sie nur kurz, als Schatten, dann war sie wieder verschwunden.

Schon lange sprach man über dieses mysteriöse Wesen in Presse und den Medien. Sie hatte den grazilen Körper eines 17 jährigen Mädchens, schöne, lange Beine, eine schlanke Silhouette und doch Finger wie Krallen einer Katze. Ebenso unverkennbar war ihr Katzenschwanz, der meist um ihre Talje schweifte. Sie tauchte nur nachts auf, nur im Schein des Mondes. Um Mitternacht. An den Abenden vor ihrem Eintreffen kursierten meist Gerüchte. Man hätte sie gesehen. Sie hätte gedroht, sie würde kommen. Doch nie hatte man für diese Gerüchte einen Beweis gefunden, dass er wirklich der Wahrheit entsprechen könnte. Pure Vermutungen. Gerede, das die Leute aufschrecken sollte. Und doch, niemand wusste, wer diese 'Katze' war oder was sie wollte...

Nur eines war sicher, wenn sie auftauchte, verschwand etwas anderes...
 

"Wenn ich einen Fehler mache, ist es aus", flüsterte sie leise. Das Fenster vor ihr war dunkel. Niemand schien in dem kleinen Raum zu sein. Nicht einmal die Gardinen waren vorgezogen. Stille. Von der Feuerleiter aus, warf sie vorsichtig einen Blick in das innere...

Das Büro war nur spärlich eingerichtet. An den Wänden standen Regale, darin sowohl Ordner als auch Bücher. Die Schubladen des Schreibtisches schienen zugeschlossen. Der Computer jedoch lief noch. Von dort aus konnte man sämtliche Dokumente der Festplatte überblicken. Eines war markiert.

"Mission Cats", las sie leise, "Das ist es..." Ihre Finger fuhren am Rahmen des Fensters entlang. Keines falls ohne Grund, bestimmt drückte sie an einigen Stellen fester zu. Nur eine kleine Sicherung verschloss das Fenster von innen. Mit Leichtigkeit hätte man es aufbrechen können. Noch ein kurzer Druck. Sie entfernte die Glasscheibe vom Rest des Rahmens. Vorsichtig legte sie diese bei Seite. Es gab ein leises Geräusch als die Scheibe auf dem Stahl der Feuerleiter aufkam.

Elegant und Geräuschlos bewegte sie sich innerhalb des Raumes, kaum dass sie die Hände frei hatte. Das Holz des Bodens knarrte nicht einmal...

"Es ist bestimmt verschlüsselt", dachte sie, lächelte dabei kurz wissend. Als sie die Enter-Taste betätigte blinkte ein rot umrahmtes Kästchen auf dem Bildschirm auf, "Password". "Mist...", kurz biss sie sich auf die Unterlippe, "es muss noch einen anderen Ordner geben..." Sie betätigte einige Tasten, bis auf dem Monitor ein weiteres Kästchen erschien, "delete". "Löschen...", murmelte sie bestätigend vor sich hin bevor sie auf Enter drückte. Der Computer arbeitete kurz bis die Datei "Mission Cats" von der Oberfläche verschwand.

Sofort wandte sich das Mädchen den Schubladen des Schreibtisches zu. Verschlossen. Ihr schwarzer Katzenschwanz peitschte wild um ihre Talje. "Cat, mach was...", redete sie sich leise ein, sah sich hastig in dem dunklen Raum um, "Die Ordner..." Ihr Fuß setzte auf dem Tisch auf, mit einem Satz befand sie sich vor den Regalen. Suchend fuhr ihr schwarz behandschuhter Finger über die Etiketten der Ordner. "Rechnungen, Aufträge, Verwaltungen... Stadtverwaltung, Schulen, Militär...", sie lächelte, "Ja..." Das Katzenmädchen zog den Ordner heraus. Einige lose Blätter fielen zu Boden. Mit einem schnellen Blick bestätigte sich ihr, dass diese unwichtig waren. Schnell blätterte sie durch den Ordner, überflog jede einzelne Seite nur in Sekunden. "Das ist alles viel zu spät...", fiel ihr auf, als sie die Daten las, "Das war erst letzten Monat..." Absichtlich einige Seiten überschlagen blätterte sie in den hinteren Rubriken. "Komm schon...", nur kurz wandte sie ihren Blick ab, zur Tür hin, wandte sich dann aber schnell wieder den einzelnen Artikeln und Karteien zu. "1.12.1999, New York, Catwalk... Ich hab es", die gebrauchten Blätter wurden heraus gerissen, der Ordner schnell wieder zurückgestellt.

Noch einmal blickte sie zur Tür. Durch einen kleinen Spalt sah sie, dass im Flur das Licht angeschaltet worden war. Schritte. Stimmen. Kurz hörte sie das Geräusch geschärfter Waffen. Sie kamen näher. Weg, sie musste weg.

Die Tür wurde geöffnet, doch das einzige, das man noch sehen konnte, war eine Katzenartige Gestalt, die über die nächsten Dächer verschwand. Der Wind wehte einige Blätter, die auf dem Schreibtisch lagen, herunter. Auf dem Monitor leuchtete noch immer die Anzeige >Datei erfolgreich gelöscht<...
 

>> 1.12.1999

Name: Cat

Mission: Catwalk

Geburt: 1.12.1999 - 11:13 Uhr

Mutter: Nanette Moore (Französische Staatsangehörige)

Genetik: Straßenkatze, leichte Abänderungen

Erkennungsmerkmal: Festes goldenes Glöckchen am Hals

Erkennungsnummer: K 053

Bereits Bestimmbares Aussehen: Blondes Haar, Blaue Augen.

Fellfarbe: Schwarz

Besondere Eigenschaften: Besitzt feste Katzenkrallen in Form normaler Fingernägel beweglicher Körper. Ausgeprägtes Gehör. Nächtliches Sehvermögen. Außerordentliche Sprungfähigkeit.

Zu erlernende Fähigkeit: Zeichnen und auswerten von Lageplänen bzw. Gebäudeplänen und Umgebungskenntnissen

Voraussichtliches zu erreichendes Alter: bei schwerwiegenden Verletzungen - 24

Bei geringer Erkrankung - 39 <<
 

"Sie wussten sogar, wann wir sterben würden...", langsam ließ sie das Blatt sinken, "Sie konnten wohl alles voraussehen..." Sie legte es zurück auf den kleinen Stapel anderer wichtiger Dokumente. Kurz sah das Mädchen diese Blätter noch an, dann verließ sie langsam den Raum. Alle dieser Dokumente mit dem Titel "Catwalk" beschriftet. Ein Stempel. Darunter eine Unterschrift gesetzt. Alle auf dem gleichen Papier, alle anscheinend mit der gleichen Schreibmaschine abgetippt. Völlig identisch. Am unteren Rand der leicht gelblichen Blätter war ein kleines Wasserzeichen eingearbeitet. Es war nur auf einigen der Papiere noch gut lesbar, >Militär Station - New York<. In den meisten der Texte war der Name "Cat" zu lesen. Dem Katzenmädchen, das in fast jeder Zeitung als die mysteriöse Katze kursierte.

Cat, sie war ein genetisch verändertes Mädchen. Wuchs in einer Militär Station unter harten Bedingungen auf. Floh aus verständlichen Gründen mit anderen dieser genmanipulierten Kindern und führte nun ein Leben, von dem Niemand wusste, wo oder wie.

Einige Jahre hatte sie sich nun im Untergrund gehalten, hatte versucht nicht aufzufallen. Doch nun hatte sie sich um entschieden. Sie wusste, dass sie seit ihrem ersten Auftreten ihr ,normales' Leben hinter sich gelassen hatte. Die Gefahr ging sie ein, denn sie wollte mehr wissen. Sie wusste nicht alles über sich, doch um dies heraus zu finden musste sie wieder all die alten Akten zusammen tragen. All die Akten mit Namen "Catwalk". Vielleicht würden auch so die anderen "Katzen" wieder zusammen finden, ihr vielleicht sogar helfen, doch an diesem Gedanken wollte sie nicht festhalten. Sie wusste, sie war die einzige, die damals noch in Amerika geblieben war. Die Anderen waren über die gesamte Welt verteilt. Um ihre Vergangenheit zurück zu lassen...
 

"Wie eine Elfe...", das kleine Mädchen lachte, während sie das Bild betrachtete. Ihre beiden langen blonden Seitenzöpfe lagen ihr auf den Schultern. Ihre großen blauen Augen musterten weiterhin das Bild. "Ja...", Melanie strich ihr sanft über die Wange. "Nimm es mit rüber", der Bruder des kleinen Mädchens trat durch die Tür, ein silbernes Tablett in der Hand haltend, "Wir wollen hier jetzt arbeiten, Jeanny." "Ist gut...", das Blatt fest in der Hand haltend verließ sie den Raum. "Sie ist niedlich", Melanie sah ihn nur kurz an, ihr Blick fuhr aber schließlich zu einem Stapel Papiere, die auf dem Schreibtisch lagen. "Sie ist nur meine kleine Schwester", er stellte das Tablett neben Melanie auf dem Bett ab, "Ein kleines Halb Italienisch-französisches Mädchen." Er setzte sich zu ihr.

Sein Haar war schwarz, streng geordnet und doch nur simpel herunterfallend. Kurz geschnitten. Seine Augen waren Metallicblau, sie stachen aus dem sonst so dunklen Typ heraus. Selbst seine Haut war dunkler, als die Melanies. Ein Südländer, ein Vater aus Italien, die Mutter Französin. Sein Name aus Frankreich, Jean.

"Ich habe lange überlegt, wie wir das ganze anfangen sollten", sagte der 18 jährige, "Vielleicht sollten wir zuerst auf die Seiten hinweisen, die zur Zeit die Medien beschäftigen. Aktuelle Themen. Dazu könnte man einen eigenen kleinen Artikel hinein setzen." "Versuchen könnte man es", antwortete Melanie, "Und an welches Thema hast du gedacht?" "Cat." "Cat?" "Ja, das Katzenmädchen ist im Moment wohl die berühmteste Persönlichkeit in den Medien, jeder spricht über sie. Es wäre bestimmt nicht falsch sie als Aufhänger zu benutzen", fuhr Jean fort, es war ersichtlich, dass Melanie nicht ganz überzeugt war. "Es ist unsere erste Ausgabe", seine Stimme klang auffordernd. Das konnte er nicht tun. Nein. Sie wusste zu viel, sie kannte als einzige wohl die ganze Wahrheit. Cat und sie, das Katzenmädchen und sie, sie waren ein und die selbe Person.

"Melanie?" Sie zuckte kurz zusammen. "Ist alles in Ordnung?", fragte er vorsichtig. Sah sie dabei besorgt und lächelnd an, strich ihr vorsichtig eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. "J-ja... Alles okay", sie zögerte, "Ich war nur in Gedanken..." "Ist das in letzter Zeit nicht öfter so?", er schob das Tablett ein wenig bei Seite, setzte sich näher an sie heran, "Sogar Jeanny macht sich sorgen um dich, du bist in letzter Zeit so anders." "Nein...-" "Doch", unterbrach er sie, "Du denkst so oft über irgendwelche Dinge nach. Dann warst du die letzten Tage noch krank, was ist nur mit dir los?" "Ich weiß es nicht", gab sie schließlich leise selbst zu, dabei wusste sie genau, was sie die letzte Tage und Nächte mehr als nur innerlich beschäftigte, "Hey, komm, lass uns weitermachen..." Sie versuchte abzulenken, musste sich ablenken. Doch Jean schenkte ihr nur einen noch besorgteren Blick.

Pure Eyes

Der Schnee fiel fast vorsichtig, so, als wolle er erst abwarten. Die Luft war kalt, Wind wehte. Der Stadtpark und einige der noch nicht geräumten Straßen waren schneebedeckt. Eine schmale Eisschicht bedeckte fast ganz New York. Eiszapfen hingen von Fenstern und Dächern. Doch trotz alle dem erinnerte nur wenig an Dezember oder gar an Winter...

Melanie drückte ihren dünnen Jeansmantel immer fester an sich. Trotz ihrer festen schwarzen Handschuhe zitterten ihre Hände unaufhörlich. Es war, als wenn die Kälte ganz und gar besitz von ihrem Körper ergriffen hätte. Der Schnee gab unter ihren Füßen ein dumpfes Geräusch von sich. Sie war allein, alles war ruhig. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie vor Kälte oder vor Angst zitterte. Noch immer hatte die Dunkelheit sich über New York gelegt. Es gab nur wenig Beleuchtung in dem Park. Sie hörte nichts, niemanden, und doch fühlte sie sich nicht allein...

"Hey, ist dir kalt?", Jemand tauchte plötzlich neben ihr auf. Sie zuckte zusammen. "Erschreck mich nie wieder so...", fauchte sie kurz zur Seite. Sie hatte ihn an seiner Stimme erkannt, wusste, dass sie keine Angst haben brauchte. "Sorry", ein wenig niedergeschlagen blickte Jean auf den Weg vor sich, "Hattest du Angst, weil es noch so dunkel ist?" Sie zögerte. "Schon... ein wenig. Ich hab mich aber dran gewöhnt..." "Du gehst jeden Morgen durch den park? Allein?", wieder sah er sie an, leicht erstaunt war sein Blick. "Ja. Es ist der kürzeste Weg", antwortete Melanie, "Du wirst heute nicht gefahren?" "Ich hab dich am Parkeingang gesehen und bin ausgestiegen", sagte Jean, "Ich könnte dich jeden Morgen abholen, so lange es so dunkel ist. Dann musst du nicht allein zur Schule gehen, und ich müsste mir keine Sorgen machen, dass dir auf dem Weg etwas passiert." "Das tut es schon nicht...", lenkte sie ein, "Ich komme gut allein zurecht, trotzdem danke." Er schwieg. Auch wenn er mit selbst so einer Antwort gerechnet hatte, stieg seine Sorge weiterhin.

Melanie tat stark, er wusste, wie stark sie war. Und doch konnte er sich bereits vorstellen, dass sie innerlich sehr sensibel war, auch, wenn sie es nie zeigte. Sie griff nach den Sternen, versuchte einen von ihnen zu fangen. Das war sie, eine Sternenfängerin...

Vorsichtig musterte er sie weiterhin von der Seite. Der bis zu den Knien reichende Mantel machte sie noch zierlicher, als sie in ihrer Gestalt wirklich war. Ihre Gesichtszüge glichen stark einem kleinen Mädchen, Jean erinnerte sie an seine kleine Schwester. Ein Mädchen von höchstens 4 Jahren. Die langen blonden haare ließen sie leicht blass aussehen, als sie ohnehin schon durch die kalte Luft war. Nur ihre Wangen waren leicht gerötet, in einem Rosefarbenen Ton, der auch ihre Lippen zeigte. Ihre blauen Augen waren in der Dunkelheit fast schwarz.

"Du bist blass, vielleicht solltest du...-" "Nein", sie wusste, was er sagen wollte, "Schon gut. Es ist alles in Ordnung mit mir." "Ich habe gestern mit Raver telefoniert, er macht sich auch Sorgen um dich..." "Er ist dein Freund, klar, dass er dir recht gibt." Wind blies ihr Kälte ins Gesicht. Schneeflocken blieben in ihren Haaren kleben. Tauten langsam. Sie schwieg, genau wie er. Auch in Jeans Haaren sammelten sich weiße Flocken, ließen das schwarze haar noch dunkler aussehen. Sie schwiegen sich an, gingen langsam nebeneinander her.

"Du hast..." "Was?", Melanie sah ihn ernst an. "Du hast heute wieder Training, oder?", fragte Jean schließlich. Sie nickte nur kurz. "Ob wir wohl mal zu sehen dürfen?", der Schatten eines angedeuteten Lächelns huschte über sein Gesicht, "Raver und ich?" "Hm...", sie legte ihren kopf schräg auf ihre Schulter. Kurze Stille. "Hey..." Jean sah sie nur an. "Ich weiß nicht", sie musste sich ein Lachen verkneifen. "Was ist daran zum Lachen?" "Nichts..." Melanie beschleunigte ihren Schritt. Dabei ließ sie einen verwirrten Jean in einer Wüste aus Schnee stehen.
 

Melanie ließ sich auf ihren Stuhl sinken. Der Raum war erhellt und gewärmt. Kurz blickte sie aus dem Fenster. Dunkel. Der Schnee tauchte plötzlich auf, nur im Licht des Raumes erkannte man ihn. Jean war kurz hinter ihr eingetreten, sie hörte, wie er sich mit Raver unterhielt.

Jemand mit schwarzem Haar, das wild durcheinander hing. Freche braune Augen. Er lebte schon immer in New York. Seine Eltern besaßen ein kleines Internetcafè mitten in der Stadt. Sein Charakter ähnelte nicht im geringsten dem Jeans. Er war anders, anders als die meisten, die Melanie kannte...

Sie drehte sich um, stand denn noch nicht auf. sie lehnte ihren Arm auf die Stuhllehne. Beobachtete Jean und Raver aus beiden Augen. Sie versuchte nicht einmal unauffällig zu sein. Dazu kannte sie die beiden Jungen schon zu lange, um ihnen etwas zu verheimlichen, und doch... da gab es etwas, von dem beide nichts wussten, und wohl auch nie erfahren sollten. Sie hatte alles versucht, damit niemand davon erfuhr, bis jetzt war es ihr gelungen. Doch nun, wo sie sich selbst nicht mehr belügen konnte, nun durfte sie sich keine Verstrickung in ihren Lügen leisten.

Melanies Gedanken rissen ab. Ein Mädchen erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie hatte diese Fremde noch nie gesehen. Sie betrat die Klasse, erhaschte einen alles sagenden Blick von Jean. Ihr braunes Haar war ebenfalls vom Schnee verklebt, wahrscheinlich war auch sie längere Zeit auf den Straßen unterwegs gewesen. Ein wenig unsicher ging sie durch die Reihen, nahm dann direkt hinter Melanie ihren Platz ein. Kurz warf Melanie noch einen Blick zu Jean, der ihr zuwinkte, sie solle zu ihm kommen. Langsam stand sie auf, schlich durch die Reihen zur Tür hin.

"Wer ist sie?", fragte sie leise, deutete mit einem misstrauischen Blick zu dem Mädchen hinüber. "Sie ist süß...", antwortete Jean nur lächelnd. "Wer ist sie?", fragte Melanie noch einmal eindringlicher. "Gia Bennet", Raver sah leicht an Melanie vorbei, zu dem Mädchen hinüber, "Sie kommt aus Spanien. Ihre Eltern sind noch immer da. Sie wohnt eine Etage unter mir." "Aus Spanien?", Melanie überkam ein Gedanke, "Sie wollte doch damals nach Spanien...nein..." "Was ist?", Raver sah sie fragend an, "Du siehst sie so misstrauisch an." "Nichts, schon gut. Für einen Moment dachte ich, ich hätte sie schon einmal gesehen."
 

>>"Ein Schmetterling...", ein kleines braunhaariges Mädchen faltete ihre Hände, an der Wand zeichnete sich ein Schatten ab. "Wirklich... ein Schmetterling", ein anderes blondes Mädchen im Alter von ungefähr 8 Jahren betrachtete die Schattengestalt gespannt. "Sie kommen...!" Das Licht ging aus. Das Zimmer lag wieder im völligen Dunkel. Auf dem Flur, hinter der verschlossenen Stahltür waren Schritte zu hören. Ängstlich sahen sich die beiden Mädchen an. Im Schloss wurde ein Schlüssel umgedreht...<<
 

Erschrocken zuckte Melanie zusammen. "Was?" "Sie sitzt genau neben Jean...", wiederholte Raver. "Ich weiß", sie musterte die Brünette noch einmal, "Sie sieht nett aus..." Und in Gedanken setzte sie noch hinzu, "Aber irgendwie ein klein wenig geheimnisvoll." Sie sah dieses Mädchen noch immer mit Misstrauen. Der Ausdruck, den sie ausübte, ließ Melanie erinnern. An damals, an ein Mädchen, an eine ehemalige Freundin und...Katze...

"Hey Gia...", in einer fließenden Bewegung schwang sich Jean auf seinen Stuhl neben dem Mädchen. "Hey...", sie lächelte. "Schon eingelebt?", fragte er. "Schon", und doch war ihr alles zu fremd, niemand war hier, der ihr nahe stand, niemand, der für sie eine gewisse Wärme ausstrahlte, "Wie heißt sie?" Sie deutete auf Melanie. Noch immer stand diese mit Raver in der Tür, unterhielt sich und sah Gia immer wieder aus den Augenwinkeln an. "Melanie", antwortete Jean, seine Stimme klang gleichgültig kalt, "Sie ist ganz nett, aber ein bisschen einsam." "Einsam?", genau das hatte sie hören wollen, "Erzähl mir mehr." "Ihre Eltern sind verstorben. Wie lange sie schon allein lebt, kann ich dir nicht sagen. In dieser Klasse hat sie nur zu Raver und mir wirklich Kontakt", erzählte Jean, "Sie lebt sehr zurück gezogen. Sie ist ein wenig seltsam." "Wenn sie allein lebt, woher bekommt sie dann das Geld für die hohe Miete hier?" "Meist arbeitet sie Nachmittags bei Raver Vater. Er besitzt ein gut besuchtes Internetcafè hier in der Innenstadt", gab Jean Auskunft, "Wir treffen uns oft dort, wenn du willst, kannst du auch mal mitkommen." "Gerne", sie lächelte, "Wo kommt sie ursprünglich her?" "Wieso fragst du das?" "Ihr Name, es hört sich nicht an, als wenn er von hier wäre...", erwartend sah sie ihn an. "Na ja, soweit ich weiß, ihre Mutter war Französin, aber das erklärt ihren Namen nicht", erstaunt war er schon ein wenig über diese Fragen, denn noch antwortete er, "Ich dachte bis jetzt immer, sie wäre hier geboren. Vielleicht kommt ihr Vater aus England oder Deutschland." "Glaub ich nicht..." Fragend sah er sie an. Ihren Blick schenkte sie Melanie.
 

"Sie hat nach dir gefragt." Melanie achtete nicht auf Jeans Worte. Sie starrte weiterhin leicht unverständlich auf den Monitor eines Lapp Tops. "Mehrmals." Sie versuchte eine Seite auf zu rufen, welches durch fehlendes Passwort misslang. "Melanie..." Sie tippte etwas ein. "Was tust du da?", ein erstes Mal sah er auf den Bildschirm, "Military Discs? Was hast du vor?" Er stützte sich mit der Hand auf dem Tisch ab, die andere auf Melanies Stuhllehne. "I-Ich habe da so etwas gehört...", wich sie aus, klickte die Seite weg. "Das ist das Militär!" "Etwas wegen Cat... hör mir zu, ja?", sie sah ihn nur kurz an, "Ich habe schon des öfteren in Zeitungen darüber gelesen, dass Cat etwas mit dem Militär zu tun haben soll. Ich will etwas darüber wissen." "Du meinst, sie ist geflohen?" "Ich weiß es nicht...", sie drehte sich weg, "Ich komme nicht auf die Page. Ich habe das Passwort nicht." Sie stockte kurz. "Was hast du doch vorhin gesagt?" "Ich fasse es nicht...", er schüttelte nur verständnislos den Kopf, "Gia hat nach dir gefragt, die Neue." Melanie fuhr herum. "Nach mir?" "Ja", langsam ließ er sich auf den nebenstehenden Stuhl sinken, "Sie wollte wissen woher du kommst und wie du lebst." "Woher...ich...komme?" Ganz plötzlich spielten sich Bilder in ihrem Kopf ab. Krieg. Rauch. Lärm. Schüsse.

Raver beobachtete die beiden von der Bar aus. In seiner rechten Hand drehte er immer wieder ein abgewaschenes Glas. Das Handtuch hing noch immer über seine linke Schulter geworfen. In seinen Augen war ein wenig Misstrauen zu sehen. Er mochte es nicht, wenn sich die beiden so 'nahe' kamen. Er sah dies immer noch mit ein wenig Besorgnis. Melanie lachte in letzter Zeit wenig. Das passte nicht zu ihr. Sonst war sie es immer, die andere zum Lachen brachte. Ihr Lächeln schien aufgebraucht. Auch das fiel ihm auf, als er die beiden ansah. Sie lächelte nicht, sah irgendwie besorgt und traurig aus. Leicht abwesend. Es war, als wenn die Medien ihre Persönlichkeit verändert hätte. Seit Cat auftauchte war, war sie nicht wieder zu erkennen. Sie war anders, seltsam ruhig. Es war das erste mal, dass Jean und Raver auffiel, wie einsam sie war und sich fühlte...

"Dieses Mädchen...Gia", Melanie sah ihn nur kurz aus den Augenwinkeln an, "Ihr sagtet, sie kommt aus Spanien...Wisst ihr, seit wann sie dort gelebt hat? Oder wieso?" "Nein, sie sagte nur..." "Okay, mehr will ich nicht wissen", Melanie stand auf. "Was hast du jetzt vor?", Raver sah sie an. "Ich muss raus...", ohne weiteres Wort ging sie zur Tür. Mit einem kurzen Klingeln schloss sich diese wieder. Das Schild "Closed" hing noch immer an der Glastür, schräg.

In Melanies Gedanken erschienen immer noch die Bilder von früher. Damals. Dann noch dieses fremde Mädchen, dass sie an eine Katze erinnerte. Gia Bennet...

"Ihr Name..." Es passte nicht in ihre Gedankengänge. Das ganze Profil des Mädchens passte nicht. Sie verglich sie immer wieder mit der Katze. Dem kleinen schwachen Mädchen, das trainiert wurde stark zu sein. Das stark sein musste. Ihre blasse Haut. Die dünnen Lippen. Schwarze Augen...

"Das ist es...", noch einmal musterten Melanies Blicke das Bild Gias in ihren Gedanken, "Ihre reinen Augen... sie sind...schwarz..."

Beside you

"Verdammt!", raue Hände schlugen auf eine Tischplatte aus Holz, "Wo ist sie?" Dunkle Augen stachen in die Blicke zweier Soldaten, die vor ihm standen. Seine schweren Schuhe ließen den Boden aus altem Holz knarren. "Ich will sie verdammt noch mal haben!", schrie er die Männer an. "Sir, selbstverständlich, Sir!" "Wie ihr das anstellt ist mir egal, erschießt sie", mit immer noch ernstem Blick setzte er sich auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch, "Hauptsache ich habe sie bald hier. Am besten noch heute Abend!" Mit einer flüchtigen Handbewegung entließ er die Soldaten. Die Tür schloss sich hinter ihnen.

"Ich kann es mir nicht leisten, dass ein altes Projekt von mir da draußen die Polizei in Atem hält...", er nahm eine Kopie einer alten Akte aus einer Mappe, "Cat... Ich kenne dich besser als jeder andere, besser als du dich selbst kennst..." Er ließ das Papier fallen. Das Foto eines verängstigten Mädchens war darauf zu sehen. Darunter eine Unterschrift. "Trailouny".
 

Die schwarzen Stiefel bereits vom hohen Schnee bedeckt, setzte sie sich auf eine dunkle Bank, in mitten des weißen Parks. Ein kleiner See erstreckte sich durch die ehemals grüne Anlage, zugefroren. Kalter Wind fegte durch die Stadt, trieb einige Schneeflocken mit sich. Es sah fast aus als würden sie tanzen. Wilde Figuren im Wind. Tanzende Wesen im Schnee. Kleine Engel aus Kälte und Frost. Die ganze Stadt umgeben von Kühlem Wind, eingeschlossen in weißem Schnee.

Melanie lehnte sich zurück, neben ihr fiel ein wenig Schnee von einem Ast. Wie Staub wirbelte auch dieser kurz bevor er den Boden berührte umher. Kinder liefen auf den zugeschneiten Wiesen umher. Bewunderten den weißen Schnee. Ihre Gesichter strahlten. Die Kälte beeindruckte sie nicht. Sie lachten. Kleine Eiskristalle hatten sich in ihren Haaren verfangen, schmolzen nicht. Im Licht glänzten sie sogar.

Melanie musste lächeln... Direkt neben dem Ufer des Sees stapften Raver und Jean entlang. Ihre Hosenbeine bereits bis zu den Knien nass. Jean war sichtlich mitgenommen, sein dunkler Schal fiel ihm hinunter. Er war weiß, als er ihn wieder aufhob. Vorsichtig klopfte er ihn ab, hängte ihn sich über die Schulter. Als er weiterging, stolperte er fast über einen zugeschneiten Ast, konnte sich gerade noch so abfangen.

Sie stand auf. Vorsichtig kam sie den beiden entgegen, über die zugeschneite Wiese. "Hier, du hast was bei uns liegen lassen", rief Raver ihr zu, hielt dabei etwas silbernes hoch. Es hörte sich stark nach Metall an. "Woher wusstet ihr denn, dass ich hier bin?", fragte Melanie, obwohl dieses nicht zynisch gemeint war, fassten die beiden Jungen es so auf. Sie lachte plötzlich. "Du hast da Schnee", sie deutete auf Jeans Gesicht. "Ich weiß." "Überall...", sagte sie, wobei sie nicht glaubte, sie habe ihre Stimme unter Kontrolle, "Deine Mutter wird begeistert sein, wenn du so durch die Haustür kommst." "Egal...", denn noch versuchte er sich mit seinen Schnee behangenen Handschuhen die Haare frei zu klopfen, was jedoch misslang. "Du hast deinen Schlüssel bei uns liegen lassen", lenkte Raver ab und drückte ihr ohne weiteres den Bund in die Hand. "Danke...", ihre Stimme klang leise heiser. Raver kalter Atem zauberte kleine weiße Wölkchen in die Luft. Sie glitzerten teils wie die kleinen Eiskristalle. "Müsst ihr nicht zurück in das Cafè?", fragte Melanie, musste sich ein Husten verkneifen. "Und du brauchst einen Tee", antwortete Jean. "Wenn du noch länger hier bleibst, wirst du wieder krank", stimmte Raver zu, "Ist dir nicht kalt?" Nach der Frage sah er den zitterten Jean an. "Wie ihm?" "Nein", sie schüttelte nur kurz den Kopf, "Doch..." Sie ging ihren Mantel fest an sich drückend zwischen den beiden durch. "Kommt ihr?"

Der Tee dampfte ein wenig. Langsam rührte Melanie in der Flüssigkeit umher, während ihr Blick auf Jean und Raver kleben blieb. Sie saßen einige Stühle von ihr entfernt an der Theke, unterhielten sich, während Raver mit einer kleinen Münze spielte. Melanie schloss die Münze fest in ihr Blickfeld. Das schwarz in ihrem Auge nahm zu. In ihrem Blickfeld vergrößerte sich nur die Münze. Diese jedoch war nicht aus Amerika. "Belgien", stellte sie leise fest.

Die Augen einer Katze zu haben verschaffte Melanie einige Vorteile. Auch in Dunkelheit konnte sie perfekt sehen, wo andere nicht einmal die Hand vor Augen sahen. Nur durfte niemand von ihrer Eigenschaft erfahren. Niemand durfte wissen, dass sie auch nur ein wenig mit einer Katze zu tun haben könnte, so wie Cat. Das Mädchen hatte Angst, Angst das Jemand davon erfuhr. Von ihrer Veranlagung. Jemand würde sie verraten...

Sie musste ständig darauf achten, dass niemand, wirklich niemand, davon erfuhr. Niemand durfte auch nur ahnen, dass sie ein Genmanipuliertes Mädchen war, welches Nachts auf Dächern und Gängen schlich oder in Büros einbrach und alte Militär Akten stahl. Niemand verstand sie, und wahrscheinlich würde auch niemand verstehen warum sie dies tat, nicht einmal ihre 'Brüder' und 'Schwestern'. Sie alle hatten versucht unentdeckt zu leben, irgendwo im Ausland, weit weg von ihrer Vergangenheit. Von einigen wusste sie, dass sie nach Kanada gegangen waren. Von Darkness war sie sicher, dass diese nach Spanien wollte. Sie war die einzige gewesen, die wusste woher ihre Eltern kamen. Und nun stellte sich Cat wieder mitten unter die Menschen. Ließ die Medien aufschrecken, die Menschen zusammen fahren, rief ihre geheimen Ängste wieder hervor. Sie stellte nun eine Gefahr für alle geflohenen Katzen dar. Sie brachte das Projekt "Catwalk" wieder ans Tageslicht. Man würde sie wieder suchen, sie alle. Wenn man sie fand, wenn man sie verhaftete und zurück brachte, zurück zum Militär, dann wäre es Melanies Schuld, und nie würde ihr Jemand dies verzeihen. Nicht einmal die Jenigen, die wussten wie schwer es war sich von der Vergangenheit, der Qual und der Folter zu lösen.

es gab nur einige Dinge, die jetzt für Cat wichtig waren. Die Akten. Ihr Geheimnis.

So lange sie nicht alles wusste, nicht alles über sich und ihre Eltern, so lange konnte sie nicht aus New York heraus. Dieses kleine Detail war das einzige Seil das sie hielt. Sie kannte nicht alles, nicht alles über sich. Sie musste wissen, was mit ihren Eltern geschah. Sie hatte sie nie kennen gelernt, nie gesehen. Sie kannte nicht einmal ihre Namen...

"Das einzige...", dachte sie leise, "Ich wusste woher sie kamen..." Kurz nippte sie an der Tasse Tee. Ließ diese aber gleich darauf wieder zurück auf die Theke sinken. Mit ihren bleichen Händen umschloss sie die Tasse fest, um sich daran zu wärmen. Sie starrte auf die hölzerne Theke. Ab und zu schaute sie aus den großen Fenstern. Es schneite wieder. Die Flocken fielen sachte zu Boden. Ihr Weg wurde nur manchmal durch vorbei fahrende Wagen umgeleitet. An den Wänden war der Schnee zusammen geschoben, dreckig, fast braun. An einigen Stellen auf den Straßen schwarz, von Benzin oder Öl.

"Ich gehe dann", verabschiedete sich Melanie, ging hinter Raver und Jean entlang zur Tür, "Das Geld für den Tee habe ich neben die Tasse gelegt." Kurz fasste sie in ihre Manteltasche, tastete nach ihrem Schlüssel. Er war da. "Es schneit wieder...", stellte Raver fest, als er den ersten Blick aus dem Fenster warf. "Ja." "Soll ich dich fahren?", fragte Jean. "Nein, ich gehe...", Melanie lächelte kurz, "Danke trotzdem. Bis morgen dann..." Sie ging aus der Tür, welche nur einen kurzen Windstoß herein ließ, dann zu fiel.

"Im Moment steht sie irgendwie neben sich", murmelte Raver leise vor sich hin, ließ die Münze noch einmal durch seine Finger gleiten und auf der Theke zum liegen kommen.
 

Das blonde Mädchen ließ sich auf ihr Bett fallen. Immer wieder sah sie die alten Akten durch, die sie bereits zusammen gesucht hatte. Darunter waren einige Dinge, die sie selbst nicht berührten, doch vielleicht auch für die anderen wichtig waren, wenn sie diese jemals finden würde. Sie hatte es bereits versucht, Mehrmals. Nie hatte sie die Wahrheit über das Verschwinden der anderen heraus gefunden, nie. Selbst das Militär hatte sie gesucht, nicht gefunden. Die Flucht der Katzen war zu den Akten gelegt worden. Die Suche hatte man verschlüsselt und geheim geführt. Niemand außerhalb des Militär Geländes hatte jemals von dem Projekt "Catwalk" erfahren. Es war Geheim gewesen, es war noch immer geheim.

Durch die Akten hatte Melanie heraus gefunden, dass einige Soldaten, die Väter der Katzen waren, versetzt wurden, irgendwo ins Ausland, weit weg von ihren 'Kindern'. Kinder, die gentechnisch manipuliert und aufgepeppt wurden. Die niemals 'normal' sein würden. Kleine Katzen, die zu Soldaten aufgezogen wurden. Sie hatten Angst, deshalb hatten sie nie versucht sich den Befehlen zu widersetzen, einige waren getötet worden, gerade weil sie den Befehlen aufs Wort gehorcht hatten. Nur einige hatten selbst im Untergrund, in Gedanken, daran gedacht etwas zu tun, zu fliehen, weg zu laufen. Melanies Gedanken jedoch wurden nur noch von Angst beherrscht. Nie hätte sie allein gewagt etwas zu tun, nur zu sagen. Nicht einmal Gedanken hätte sie gehegt. Gefragt hatte man sie nicht, ob sie mit wollte, weg wollte. Jemand hatte ihre Hand genommen, sie die ganze lange Nacht hinter sich her gezerrt, durch den Wald. Irgendwo durch die Dunkelheit. Weit weg. Es war gelungen, sie waren geflohen, hatten es geschafft. Und gleichzeitig war es ein Abschied gewesen, jeder war einen anderen Weg gegangen und letztendlich wusste niemand mehr, wo ein jeder war. Sie kannten sich nicht, selbst jetzt nach zwei Jahren hätten sie sich wohl nicht wieder erkannt. Ihre Haare waren kurz rasiert, als sie geflohen waren. jetzt aber hatte Melanie langes Haar, lang und weich. Es hing ihr bis über die Schultern. Niemand hätte sie wohl so wiedererkannt, mit langem Haar. Damals waren sie gezwungen Kleidungen aus alten leinen zu tragen. Etwas, worin man sich nur schwer bewegen konnte. So wurden sie trainiert. Und nun, nun trug jeder, was er wollte. In einem Kleid hätte man Melanie wohl nicht wieder erkannt. Einzig und allein ihre Augen waren ein Anhaltspunkt. Nur an ihren Augen könnten sie sich wieder erkennen. Es war das einzige, dass sich nicht veränderte. Das einzige, das immer blieb...

Ja, es gab einige Details an ihnen, die blieben. Es gab Erkennungsmerkmale. Es war ein Glöckchen, das fest um Melanies Hals hing. Es war nicht abzulösen, nicht in menschlicher Gestalt, es war zu fest. Nur in Gestalt einer Katze hätte man es lösen können, doch es griff auf das Nervensystem des Mädchens über, würde man es entfernen, würde ihr der Körper nicht mehr gehorchen. Ihre Nerven würden sterben, langsam aber sicher. So würde sie sterben. Bei ihr war es ein goldenes Glöckchen, bei anderen eine andere kette, immer so fest wie ein Halsband. Sie war sich nicht sicher, wer welches Merkmal trug, aber sie wusste, dass auch sie sich nicht davon trennen konnten, das es für immer bei ihnen bleiben würde. Das Glöckchen war eines der Dinge, die auffällig waren. Geräuschlose Anhänger waren weniger auffällig, und doch gleich wirksam...

Vergessen konnten sie ihre Vergangenheit, ablegen jedoch nicht. Eine andere Identität war so gut wie unmöglich geworden.

Auch wenn Melanie nicht wusste, wo die anderen waren, so war sie sich sicher, dass sie nichts in den USA gehalten hatte. Wahrscheinlich nicht einmal in Amerika. Nur Zack, nur er hatte einmal etwas von Kanada erwähnt, ob er tatsächlich dort hin gegangen war, wusste sie nicht. Vielleicht. Das kalte Klima passte zu seinem Charakter. Er war immer der harte, kühle Bruder, der doch immer wieder auf die kleinen Mädchen aufgepasst hatte. Ihnen eine kurze Geschichte erzählt hatte, wenn sie nicht einschliefen, von einem besseren Ort, an den sie kommen würden, wenn sie gute Soldaten wären. Er und andere hatten sie getröstet, wenn Jemand starb, der es nicht verdient hatte. Einige waren gestorben, beim Training getötet, versehentlich.

"Trailouny...", flüsterte Melanie, ihre Stimme klang nach Rache suchend, "Egal wo sie sind, sie werden es dir nie verzeihen..." Ihre Hand ballte sich zu einer Faust, als sie seine Gestalt vor ihren Augen sah. Ein Bild des Schreckens. Er selbst hatte einmal eine ihrer 'Schwestern' erschossen. Einfach so, warum wusste Melanie bis heute nicht. Vielleicht als Abschreckung, oder nur zum Spaß. Verzeihen würde sie ihm nie. Er war es gewesen der sie gequält hatte, immer und immer wieder. Jeden tag bis tief in die Nacht hinein. Selbst wenn es noch dunkel war hatte man sie durch das Gelände gejagt. Man hatte sie gelehrt auf Befehl zu vergessen. Selbst als Katze, die Wasser hasste, zu tauchen, länger als andere. Ohne Luft. Man hatte ihnen den Gebrauch mit Waffen beigebracht. Hatte ihnen gezeigt wie man kaltblütig tötete. Hatte sie ihm Nahkampf ausgebildet. Und sie hatten erfolg. Sie wären wohl die besten Soldaten gewesen, wären sie nicht geflohen. Nie hatte man damit gerechnet, dass sie eines Tages fliehen würden. Denn dann hätte man sie sicher vorher erschossen...
 

Vorsichtig schlich sie durch die Dachluke eines Hauses. Den schwarzen Katzenschwanz immer zum Abfangen eines Sturzes bereithaltend. Er schwang sanft um ihre Talje, streichelte ihre Haut. Das Fell war weich, schien gut gepflegt, obwohl sie es nie pflegte oder auch nur wusch. Im Licht glänzte es nicht, es hätte sie in der Dunkelheit bei Mondschein verraten können.

Auch nur bei geringstem Licht reflektierten ihre dunkelblauen Augen. Sie schienen Himmelblau, direkt ein Stück aus dem Himmel herausgeschnitten.

Mit eleganten und doch schnellen Schritten lief sie durch die Flure. Ihre Ohren lauschten gespannt. Sie nahmen jedes Geräusch wahr, obwohl sie äußerlich nicht den Ohren einer Katze ähnelten.

Ihre Behandschuhten Finger führte sie eng am Körper, denn noch hätten sie jeden Moment angreifen können, hätten dann wie Krallen zugeschlagen. Hätten tiefe Wunden und Kratzer hinterlassen, wie jedes Mal, wenn sie verschwand. Sie hinterließ einen tiefroten Kratzer in der Wand, ein geschwungenes Kreuz, fast wie ein 'X' dessen Ecken weit auseinander gingen, wie eine Weggablung. Glutrot stach es aus der Wand heraus. Woher es seine Farbe nahm blieb im Unklaren. Es war Cats Erkennungsmerkmal, welches sie überall hinterließ. Wie eine Spur, die ihr Revier markierte.

Nicht einmal eine Kerze schien in den Räumen, es war dunkel. Die Vorhänge zugezogen, so dass auch kein Licht einer Straßenlaterne in die Zimmer hätte leuchten können. Nicht einmal der Schein des Mondes. Und doch erfassten Cats Blicke jeden Menschen, jedes Lebewesen, und jedes Möbelstück das in den Fluren oder Räumen stand. Ihre Aufmerksamkeit galt jedoch nicht den wertvollen Antiken Möbelstücken sondern einem Tresor, der sich ihres Wissens nach hinter einem alten Gemälde befinden sollte. In einem Büro, einem Arbeitszimmer, der riesigen Villa am Rande der Stadt. Vermutlich würde niemand bemerken, dass sie hier gewesen war, denn all die Aufmerksamkeit galt meist nur den wertvollen Stücken außerhalb des kleinen Tresors. In dem Tresor sollten sich einige Briefe befinden, einer davon hatte Cats Interesse geweckt. Er war an den Besitzer des Hauses adressiert. Enthielt eine Schrift von Trailouny, dem Mann, den Melanie mehr hasste als alle anderen. Es war ein altes Schreiben, welches Aufschluss über den Plan zu "Catwalk" geben sollte. Soweit Cats Informationen der Wahrheit entsprachen, war der Besitzer der Villa ein alter Militär General, ein ehemaliger Vorgesetzter Trailounys. Er hatte diesen informieren müssen, über seinen Plan und über die Umsetzung dieses Planes, der ganzen Aktion.

Cat erhoffte sich, dort etwas über ihre Eltern zu finden. Nur über ihren Vater, der Soldat unter Trailounys Befehl war. Soweit wusste sie. Vielleicht auch über ihre Mutter, die sich hatte zur Verfügung stellen müssen. Vielleicht waren dort sämtliche Personen aufgelistet, die an dem Projekt teilnahmen. vielleicht auch einige Verantwortliche, die den befehl dazu gegeben hatten. Irgendetwas, dass sie in ihrem ganzen Vorhaben weiter brachte.

Ihr Vorhaben war gefährlich, das wusste sie. Ebenso gut hätte sie in ein geschliffenes Messer laufen können. Sie war in ihrem Leben wohl nie so hartnäckig gewesen. Sie hatte nie so viel riskiert wie jetzt. Ihr Leben. Sie hätte bei ihrer Flucht getötet werden können, schon. Doch nun gab sie ihr Leben auf, welches sie damals nicht im Ansatz besessen hatte. Sie hatte nichts aufgegeben, vielleicht wäre es eine Erleichterung gewesen, wenn sie getötet worden wäre, mehr nicht.

Sie stand schon direkt vor dem Gemälde, das den Tresor verdeckte, doch sie zögerte. Es würde bestimmt nicht leicht werden, denn sie ahnte bereits, das auch der Tresor noch einmal gesichert war. Nicht nur durch das Schloss. Eindringlich musterten ihre Augen Das Bild. Rote Lichter umhüllen es, Laser. Würde sie das Gemälde abnehmen und die Lichter unterbrechen, so würde Alarm ausgelöst werden. Das konnte sie vergessen. Kurz sah sie sich in dem Raum um, nicht einmal hastig, mit aller Ruhe, die sie hatte. Der Laser war kaum sichtbar. Sie musste vorsichtig sein, würde sie einen Strahl nicht sehen, der durch den Raum verlief, würde sie Gefahr laufen, gefasst zu werden. Vorsicht war geboten.

Auf dem Schreibtisch standen einige eingerahmte Bilder. Fotos von geliebten Verwandten. Töchtern und Frau. Der Rahmen dieser Bilder bestand aus Spiegelglas. Es war nur einer sehr kleine Fläche, doch sie musste ausreichen um die Strahlen umzulenken.

Cat warf einen schnellen Blick auf die Uhr, die direkt über der Tür hing. Kurz vor Mitternacht. Bis dahin musste sie wieder draußen sein. Länger durfte sie nicht bleiben. Jede halbe Stunde zeichnete eine Überwachungskamera eine Art Foto von den Räumen auf. Man durfte sie darauf nicht sehen. Ihr Gesicht musste versteckt bleiben. Es würde durch die Zeitungen gehen, und bald darauf hätte man sie erkannt...

Den Gedanken strich sie schnell wieder. Ohne weiteres Zögern stellte sie den Spiegelrahmen zwischen den Laser und das Gemälde. Kein Alarm. Sie nahm das Gemälde ab. Weitere Sicherungen schienen absurd. Sie drehte langsam an der Schraube, die wie ein Verschluss aussah. Gespannt lauschte sie. Achtete auf das winzigstes Geräusch, auf ein Klacken. Drehte danach in eine andere Richtung. Die Zahlen blieben in ihrem Gedächtnis fest verankert. Sie versuchte sich den Code gut einzuprägen...

Ein letztes Klacken, die schwere Tresortür ging einen winzigen Spalt auf. Cat öffnete sie ganz. Papiere. Briefe. Geld. Sie durchsuchte den Stapel Briefe. Achtete nur auf den Absender. "Nein...nein...nein...", flüsterte sie leise vor sich hin, "Auch nicht..." der letzte Brief. Kein Absender. Sie schaute hinein. Eine Unterschrift. Trailouny. Sie faltete den Brief, steckte ihn in die Seite ihrer engen schwarzen Hose, schloss die Tresortür wieder. Vorsichtig hing sie das Gemälde zurück, entfernte den Spiegelrahmen. Als dieser wieder den Platz auf dem Schreibtisch eingenommen hatte, verließ sie den Raum. Sie lief durch die Flure. Zurück zum Dachfenster.

Der Schnee ließ die gesamte Umgebung heller erscheinen. Noch auf dem ebenfalls schneebedecktem Dach holte sie den Brief hervor. Sie überflog den text kurz, gelangte an eine Tabelle, in der einige Namen aufgelistet waren. Sie wusste, irgendwo unter diesen Namen, war auch der ihrer Mutter und vielleicht auch der ihres Vaters.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2006-10-05T15:32:26+00:00 05.10.2006 17:32
Hey, ich bin durch Zufall über Deine FF gestolpert und finde sie echt toll! Ich wüßte gerne, ob Du da noch weitere Kapitel schreibst, bzw. geschrieben hast.
Mich erinnerte das auch etwas an Dark Angel, aber auch nur von der Grundidee her. Ich liebe Katzenwesen schon lange, also würde ich gerne mehr über Cat lesen.
Grüße vom Mars
Starlady
Von: abgemeldet
2004-01-26T18:08:40+00:00 26.01.2004 19:08
Na ja, danke erst mal für den lieben Kommentar...
Ja, ich kenn die Serie auch, aber daher stammt die Idee nicht. Ich hab mehr Dark Angel von James Cameron zu Hilfe gezogen, um eine Story mit Katzenmenschen zu schreiben, und hab sie einfach genverändert...dann brauchte ich noch nen Grund, warum sie wieder auftauchen und hatte da grade die Phase mit den Dieben... und so ist die Idee zu stande gekommen...also nichts weltbewegendes und eigentlich nichts wirklich kopiertes - wenn doch was mit Katzenauge oder sonstigem übereinstimmt, dann tut mir das leid, war dann nicht beabsichtig, und wenn doch, dann nur von meinem Unterbewusstsein...

Cherry
Von: abgemeldet
2004-01-26T16:49:11+00:00 26.01.2004 17:49
Die Story ist total genial und beeindruckend geschrieben. Aber die Storyline ist doch nicht frei von dir erfunden, oder. Ich weiß zwar nicht mehr, wie die Serie/der Film (ja was weiß ich denn -_-°) heißt, aber wenn Feuertatze recht hat, meine ich 'Katzenaugen'.
Besonders an die Stelle mit dem Schmetterlingsschatten an der Wand meine ich mich noch gut zu erinnern.
Trotzdem gefällt mir dein Schreibstil sehr gut, du erzählst das sehr spannend ^^. C-:
Von: abgemeldet
2003-09-07T15:07:49+00:00 07.09.2003 17:07
COOL!!! ich habe sie zwar gerade erst gelesen aber ich kann sagen, die ist klasse. schade eigendlich, das keiner dir das sagt, aber lass dich nicht entmutigen, sondern schreibe bitte weiter, ich freue mich schon drauf.

bye bye, Madeye87
Von:  Pigeon
2003-07-28T12:15:32+00:00 28.07.2003 14:15
Waas?!Bei der coolen Story hast du nichtmal einen Kommi-krass!!!Also ich muss sagen die Story ist echt gut-Besonders weil ich Katzenfanatikerin bin gefällt sie mir;) Hm..aber es erinnert mich ein bischen an diese eine Serie von früher-Katzenaugen-trotzdem echt cool! Bye Feuer=)


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