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Return To Paradise

Das Leben ist nicht immer leicht.
von

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"Farewell!"

Prolog
 

Farewell!
 

Es war der erste Tage seid einer gefühlten Ewigkeit, dass ich mein Zimmer verließ, unbeaufsichtigt von Ärzten oder Pfleger. Doch es war kein Grund zu Freude, denn dieser Tag war der Schlimmsten in meinem bisherigen Leben. Mein schwarzes Hemd kratzte an meiner Haut, mir war kalt und der Atem ging schwer. Warum weinten diese ganzen Menschen und ich nicht. Warum weinten diese Leute um sie? Ich hatte die wenigsten je kennengelernt. Kannten diese Menschen sie überhaupt?

Ein Pfarrer trat neben das Loch in der feuchten Erde und erhob seine Stimme.
 

"Ein englischer Philosoph, Thornton Wilder, hat einmal gesagt:
 

Da ist ein Land der Lebenden und da ist ein Land der Toten; als Brücke dazwischen ist unsere Liebe.
 

Da ist ein Land der Lebenden. Wir haben dieses Land mit ihr erlebt. Manche von uns sind mit ihr einige Schritte gegangen, andere fast den gesamten Lebensweg. Über die Zeit im "Land der Lebenden", gemeinsam mit ihr, haben wir viele Erinnerungen und können sehr viel erzählen. Gerade in den letzten Tagen sind viele dieser Erinnerungen wieder wach geworden."
 

Ich hörte eine Frau ihren Mann fragen, warum es keine religiöse Rede ist, doch er wusste keine Antwort. Die Antwort kannte nur ich. Die Verstorbene glaubte nicht an Gott und daher wollte ich auch keine dieser seltsamen reden. Mein Blick glitt wieder zu dem schwarz gekleideten Herren vor uns, welcher wieder seine Stimme erhob.
 

"Da ist ein Land der Lebenden und da ist ein Land der Toten; und als Brücke zwischen beiden steht unsre Liebe. Diese Brücke ist stark; sie wird lange halten; bei einigen von uns für alle Ewigkeit.
 

Es ist eine Brücke, gebaut aus Steinen der Liebe, befestigt mit unseren Tränen, verfugt mit unseren Erinnerungen und unseren guten Gedanken. Lasst diese Brücke stark sein, als Verbindung zu ihr; als Verbindung über die Grenze hinweg, über die Grenze zwischen dem Land der Lebenden und dem Land der Toten.
 

Da ist ein Land der Lebenden und da ist ein Land der Toten; und da ist als Brücke zwischen beiden unsere Liebe."
 

Ich senkte meinen Kopf um meine Tränen zu verbergen. Ich verstand es immer noch nicht. Warum hatte sie mich verlassen? Wie konnte sie einfach so gehen? Ich spürte einen Arm welcher sich um meine Schulter legte. Ich musste nicht aufsehen um zu wissen wer es war. Der ältere Herr hieß Maik und war die einzige anwesende Person die mir wirklich nahe stand. Eigentlich wollte er abseits warten, aber vermutlich wusste er wie es mir ging – er wusste es immer.
 

"Tschüss, adieu, bis dann, bis irgendwann, bis auch wir über diese Brücke gehen werden."
 

Ich blieb stehen bis die Fremden - einer nach dem anderen - ihre Blumen, zusammen mit einer handvoll Sand, auf das Grab warfen und Maik gab dem Pfarrer zu verstehen, dass wir einen Moment alleine bleiben wollten. Als es ruhig wurde brach es aus mir heraus. Meine Beine gaben nach und ich spürte den Matsch, den der vergangene Regen hinterlassen hatte, durch meine Hose an meiner kühlen Haut.
 

„Wie konnte sie das tun“ ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und heulte auf „Sie ist meine Mutter, sie kann mich doch nicht zurücklassen. Noch nicht jetzt. Ich brauche sie doch…“ Maik hockte sich zu mir und schloss mich in seine Arme „Weine dich aus, niemand erwartet etwas anderes von dir. Glaub mir“. Und so war es auch. Ich wusste nicht wie lang wir dort im Dreck hockten, aber das Loch in welches ich zu fallen drohte wurde größer und größer. Alles wirkte so nutzlos auf mich. So unglaublich unsinnig. Was sollte ich jetzt tun, so ganz alleine in dieser grausamen Welt?

"Life isn't exactly a bowl of cherries for her right now" - Noah

Kapitel 1
 


 


 

„Vorsichtig, die Stufe“
 

Mein Blick wanderte hinab und tatsächlich. Ich schaute wieder auf und die beinah fremde Frau lächelte mich verständnisvoll an „Keine Sorge, du wirst dich sicher schnell einleben“. Ich betrat das Wohnzimmer und stellte meine Reisetasche ab. Ich glaubte kaum dass ich mich an diesen Luxus jemals gewöhnte. Die Möbel sahen sündhaft teuer aus und der Boden machte einen nicht viel billigeren Eindruck. War das Marmor?
 

„Ich zeige dir gleich dein Zimmer, dann kannst du deine Sachen dort erst einmal abstellen. Ich würde sagen, danach essen wir eine Kleinigkeit und ich zeige dir den Rest des Hauses. Noch ehe ich ihr antworten konnte verschwand sie durch eine Tür und ließ mich alleine in diesem viel zu großen Raum zurück. Ich fühlte mich unwohl. Solche Ausmaße war ich nicht gewöhnt. Das Wohnzimmer meiner Mutter war nicht winzig gewesen. Aber mit der alten Couch, dem Tisch und einem Schrank war der Raum fast vollständig ausgefüllt gewesen. Hier kam es mir allerdings so vor als wäre dieses Zimmer alleine so groß wie unsere komplette Wohnung. Ich nagte an meiner Unterlippe herum, meine Arme fest um meinen dünnen Körper geschlungen. Was war wenn ich aus Dummheit etwas kaputt machte? Müsste ich es bezahlen?
 

Die Tür schwang wieder auf und die brünette Frau mittleren Alters kam auf mich zu „Isst du Makkaroni’s? Ivelis macht uns welche“ Ivelis? Wer war denn bitte Ivelis? Hoffentlich nicht noch mehr Menschen, meinte der Doktor nicht ich sollte langsam in ein soziales Umfeld eingegliedert werden? Die Frau, dessen Name Luisa war, lächelte erneut „Keine Sorge, sie ist nur unsere Haushälterin. Du wirst ihr nicht häufig begegnen. Sie erledigt ihre Aufgaben hier sehr diskret“ Also eine Sklavin. Sollte sie es doch genau so sagen. Ich schaute weg. Ein riesiges Haus, teuere Autos, teure Einrichtung, ein viel zu großer Garten und Haushälter. Wenn ich nicht schon Wahnsinnig wäre, würde ich es spätestens jetzt werden.
 

„Folge mir doch einfach“
 

Ich tat wir mir befohlen. Luisa wirkte auf mich ganz nett. Aber ich wusste ja bereits, dass der erste Eindruck nicht immer der Richtige sein musste. Wir liefen nicht wie erwartet die Treppen hinauf, sondern an Ihnen vorbei, folgten dem Lauf eines breiten Flures. Überall hingen Bilder, allerdings keine Familienfotos wie bei uns daheim, sondern Bilder die man wahrscheinlich normalerweise in Galerien auffand. Ich schluckte nervös. Am Ende des Ganges angekommen wurde eine Tür geöffnet „Da sind wir, ich hoffe es gefällt dir. Dein Vater meinte ich sollte mir einfach etwas einfallen lassen und auf den Fotos die wir hatten sahst du ja doch eher etwas speziell aus. Die Band’s sollten eigentlich derzeitig Modern sein, habe ich mir zumindest sagen lassen“ sie machte eine kurze Pause, schaute sich in dem Zimmer um. Sie wirkte leicht unsicher „Natürlich kannst du auch alles verändern wenn dir danach ist…“ Ich blickte mich um und legte Reisetasche auf das viel zu große Bett.
 

„Nein, es ist alles in Ordnung…danke“
 

„Dann lasse ich dich kurz alleine. Schaue dich ganz in Ruhe um. Ich komme dich abholen, wenn das Essen fertig ist.“
 

Und so war ich wieder alleine, was mir ehrlich gesagt auch ganz recht war. Dieses Zimmer war dreifach so groß wie meines, wenn nicht noch größer. Das Bett war riesig und aus schwarzem Metall kunstvoll hergestellt. Das Bettzeug war dunkelblau und wirkte edel. Darin sollte ich schlafen? Der Boden war mit hellem Parket ausgelegt und die Wand war in einem Marineblau gestrichen. Warum gingen Menschen immer davon aus, dass Jungs generell auf blau standen? An den Wänden hingen irgendwelche Poster von Band. Vielleicht hätte man Maik fragen sollen was er von der Idee hielt, immerhin hatte ich das letzte Mal vor knapp fünf Jahren Musik gehört. Ich kannte keine der Bands. Gegenüber von meinem Bett stand ein riesiger Kleiderschrank, welchen ich vermutlich niemals vollkommen ausfüllen könnte, daneben einem nicht mindergroßen Schreibtisch. Auf dem Schreibtisch konnte ich Schulbücher und Schreibutensilien entdecken. Hoffentlich verlangten sie nicht von mir eine Schule zu besuchen. Ich hasste Menschen. Zumindest wenn sie alle auf einem Haufen waren. Seufzend drehte ich mich um und entdeckte, dass in der riesigen Glasfront – welche die komplette Wand gegenüber meiner Zimmertür einnahm - auch eine Tür eingebaut war. Ich trat an die Tür heran und öffnete sie, eine warme Sommerbriese wehte mir entgegen. Wie schnell die Zeit vergangen war. Von der Kälte des letzten Frühlings war nichts mehr übriggeblieben.
 

In dem Stück Garten vor meinem neuen Zimmer erstreckte sich eine kleine Terrasse, sie war umringt mit Blumenbeeten und verziert mit einer weißen Hollywoodschaukel, welche ich bisher nur aus Filmen kannte. Warum machte Sie sich solche Mühe? Ich würde eh nicht lange hierbleiben. Die Tür ließ ich offen und begann damit meine Reisetasche auszupacken. Wobei ich mich fragte ob es sich überhaupt lohnte. Ein Seufzen erklang und ich öffnete die erste Tür meines Kleiderschrankes. Ich stutzte und öffnete die Nächsten „W-Was…“ Jetzt öffnete ich die Regale und starrte perplex auf den Inhalt „LUISA!“ rief ich entsetzt. Hatte sie mich vielleicht ins falsche Zimmer gebracht? War das Haus so groß, dass sie sich selbst verirrte?
 

Es dauerte keine Sekunde da wurde die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen – hatte sie die ganze Zeit vor der Tür gestanden?
 

„Alles Okay?“
 

„Ähm…nein…der Schrank ist bereits voll mit Klamotten“
 

Immer noch leicht perplex schaute ich sie an als sie begann zu kichern fühlte ich mich leicht verarscht „Gefallen die Sachen dir?“ Sie kam zu mir und griff nach einem Pullover, hielt ihn mir vor den Oberkörper „Er ist wohl noch etwas groß, aber ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass du so unglaublich mager bist…aber lass uns ein paar Wochen dann sitzen sie sicherlich wie angegossen!“ Wie euphorisch sie war… . Meine Überraschung hielt sich allerdings nicht umbedingt in Grenzen.
 

„Du meinst die sind alle für mich?“
 

„Ja, aber natürlich. Für wen denn sonst? Ich wusste nicht wie viele Sachen du in der Klinik hattest…weil…na ja, zumindest war ich für dich einkaufen, nachdem mir dein Betreuer deine Kleidergröße verraten hatte. War das falsch von mir?“
 

„N-Nein! I-Ich…ähm…danke. Ich bin nur etwas sprachlos“ mein Blick senkte sich schüchtern „Danke, ich hatte noch nie so viele Klamotten“ Natürlich hatte ich immer etwas zum Anziehen gehabt, doch niemals so in Massen. Ich besaß zwei ausgewaschene Jeans, drei Pullover und fünf T-shirts, welches ihre besten Tage allerdings schon hinter sich hatten. Auf der einen Seite freute ich mich, aber auf der Anderen fühlte ich mich wie ein Schmarotzer.
 

„Du musst mir nicht danken, ich wollte dir eigentlich noch mehr kaufen. Aber Henry meinte ich sollte das dir überlassen und nicht einfach irgendwas holen was dir vielleicht nicht gefällt“ sie lächelte sachte, strich sich ihr brünettes Haar zurück. „Aber Schuhe habe ich dir noch geholt…ich wusste nur nicht welche und daher hab ich die Entscheidung meinem kleinen Bruder überlassen“ sie überlegte „…ja…ich glaube das war es auch schon. Ich hoffen du kommst dir nicht bedrängt vor“ ein leises Lachen drang aus ihrem Mund „Es ist nur so, ich finde den Gedanken schön noch jemanden in diesem viel zu großen Haus zu haben, Henry ist ja nicht oft da. Ich glaube da bin ich wohl ein wenig überschwänglich gewesen, was das einkaufen betrifft….“
 

„danke schön…“
 

„Du musst dich bei mir nicht bedanken Noah. Lass uns jetzt lieber etwas essen, bevor wir noch sentimental werden!“
 

Gesagt, getan.
 


 

~♦~
 


 

Wer auch immer diese Ivelis war, sie konnte kochen wie eine Göttin. Meine Mutter hatte zwar nie oft für mich gekocht, aber ich dachte bisher immer niemand könnte besser kochen als sie. Ein Irrtum.
 

„Das schmeckt fantastisch!“
 

„Ivelis ist die beste Köchin der Stadt! Zumindest fällt mir keine bessere ein. Außer vielleicht die Köchin aus dem „toute la nuit“ – wo wir unbedingt einmal essen müssen – diese Dame macht vorzügliche Maronenmouse mit Orangengelee. Traumhaft!“
 

„Gerne…“
 

Sie wirkte überrascht „Wirklich?“ an ihr Lächeln könnte ich mich gewöhnen „Das freut mich. Also…eigentlich meinte dein Arzt ich würde es schwer haben zu dir durchzudringen. Aber ich glaube wir werden noch wirklich gute Freunde“ Sie senkte ihren Blick und aß weiter ihre Makkaroni’s.
 

Ich erkannte mich ja selbst kaum wieder. So viel wie heute hatte ich die letzten fünf Jahre nicht gesprochen, allerdings konnte man bei Luisa gar nicht anders. Sie schien so freundlich und besorgt um mich. Zumal sie auch nicht versuchte meine Mutter zu ersetzten – was meine größte Angst war. Vielleicht war es ja gar nicht so schlimm hier. Auch wenn mein jetziges Verhalten hieß ich würde gerne Menschen um mich haben. Nein, sicherlich nicht. Doch Luisa’s Art war einfach nur…unbefangen und ehrlich. Sie hatte sich einen Kopf um mich gemacht und – okay sie hat schon irgendwie versucht mich mit schönen Sachen zu bestechen, aber ich verzeihe ihr – versucht wirklich mit mir klarzukommen. Dabei würde sie vermutlich jeder andere Jugendliche hassen, denn sie ist die neue Frau meines Vaters.
 


 

~♦~
 


 

Es war spät in der Nacht. Meine erste Nacht in diesem Haus. Ich rollte mich von links nach rechts und wieder zurück. Denn trotz des anstrengenden Tages wollte mein Kopf einfach nicht zu Ruhe kommen. Henry – mein Vater würde heute Nacht kurz nachhause kommen. Nur um seinen Anzug zu wechseln und Luisa’s jüngeren Bruder hier abzugeben. Luisa meinte ich müsste nicht auf ihn warten und eigentlich wollte ich es auch gar nicht, doch irgendwas ließ mir keine Ruhe. Vielleicht sollte ich ihn mir einfach mal anschauen? Immerhin wusste ich nicht einmal wie er aussah oder wie alt er war. Ich wusste gar nichts von ihm und er auch nicht von mir, denn wir Beide hatten uns noch niemals gesehen. Nicht ein einziges Mal. Leise richtete ich mich auf und schlich aus meinem Zimmer. Das Parket fühlte sich warm unter meinen Füßen an und ich tippte auf Fußbodenheizung. Der Gang war dunkel, aber ich konnte im Wohnzimmer Licht wahrnehmen, gefolgt von Stimmen:
 

„Schau ihn dir doch wenigstens an bevor du wieder gehst!“ Luisa klang aufgebracht. Die Stimme die ihr antwortete war sehr rau und tief, eine Gänsehaut überkam mich „Für so etwas habe ich jetzt keine Zeit…“
 

„Keine Zeit? Henry, er ist dein Sohn!“
 

„Ich habe ihn die letzten sechzehn Jahre nicht gesehen, dann werden noch weiter Tage auch nichts schlimmer machen.“
 

„Jetzt schau ihn dir an, du alter Sturkopf!“
 

„Warum denn“?
 

Ich trat näher an die Beiden heran, versuchte mich hinter der Treppe zu verstecken. In der Nähe der Haustür stand ein großer Mann mit breiten Schultern und dunklem Haar welches an einigen Stellen leicht ergraute. Er hatte mir den Rücken zugewandt, weshalb ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Leise hockte ich mich hin.
 

„Bist du denn gar nicht neugierig? Bei dir rufen Leute an, sagen du hast einen sechzehnjährigen Sohn den du bei dir aufnehmen sollst und du willst ihn dir nicht einmal anschauen?“
 

„Ich habe die Fotos gesehen“
 

„Ach und die reichen dir?“
 

„Verdammt Luisa! Ich will ihn nicht kennenlernen!“ er wurde lauter und ich sah wie die Brünette erst zusammen zuckte und danach zu Boden schaute. „Ich lasse diesen Jungen bei mir wohnen, finanziere ihn und sorge dafür dass ihm nichts fehlt. Das muss reichen! Ich wollte damals kein Kind und ich will es heute auch nicht, also lass mich mit deinem unsinnigen Gerede in Ruhe.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr „Ich muss los, mein Flieger geht bald…“ Henry beugte sich nach vorne, doch ehe er Luisa’s Lippen erreichte wand sie ihr Gesicht ab „Ich kann dich nicht verstehen Henry…“ – „Dann halt nicht…“ Er verließ mit einem lauten scheppern, der Eingangstür, das Haus.
 

Noch eine Weile saß ich unter der Treppe und beobachtete die brünette Frau dabei wie sie aufgebracht und zugleich nachdenklich im Wohnzimmer hin und her wanderte. Ich fühlte mich schlecht, da ich definitiv an diesem Streit schuld war, aber die Abweisung meines Vaters rührte kein Gefühl in mir. Wie auch, er war ein Fremder für mich und abgesehen von dem Wort „Vater“ verband uns rein gar nichts. Doch warum weinte ich dann, wenn es mir so egal war?
 


 

~♦~
 


 

Am nächsten Morgen war die vergangene Nacht vergessen. Die Sonne, welche munter und viel zu warm in mein Zimmer schien, weckte mich sanft und liebkoste zärtlich meine viel zu blasse Haut. Jetzt wo ich die Möglichkeit hatte sollte ich mir vielleicht die Zeit nehmen, mir eine anständige Hautfarbe zuzulegen – oder wenigstens irgendein Farbpigment für meine Haut. Sollte ich auf die Idee kommen mich auf den Boden im Wohnzimmer zulegen würde man mich und das weiße Marmor vermutlich nicht auseinander halten können.
 

Ich richtete mich auf und mein Blick wanderte, durch die Fensterfront, in den Garten - es war ein schöner Anblick. Ganz anderes als die kühlen Metallstäbe die sonst meine Fenster dekorierten. Ich kroch langsam aus meinem Bett, fischte ein paar meiner neuen Klamotten aus meinem Schrank und versuchte mich daran zu erinnern wo das nächste Badezimmer war – denn es gab insgesamt fünf davon. Viel zu Viele.
 

Die Flure wirkten immer noch beängstigend auf mich und eigentlich wünschte ich mich zurück in die zierliche Wohnung von meiner Mutter und mir, aber es ging nicht. Leider.
 

„Was haben wir denn da hübsches? Ich dachte es wäre ein Junge und kein kleines Mädchen hier eingezogen“
 

Ruckartig blickte ich auf. Was hatte ich denn jetzt verpasst. Meine Lippen waren wie festgeklebt. Und entsetzt riss ich die Badezimmertür wieder zu. Noch vor wenigen Sekunden stand ein junger Adonis vor mir. Groß, muskulös, brünett und komplett nackt. Wo kam der denn auf einmal her? Unsicher griff ich mir ins Gesicht. Etwas warmes berührte meine Finger – Oh bitte nicht. Mein Blick glitt zu meiner Hand und dann hinab zum Boden. Nasenbluten. Ich wusste warum ich Menschen hasste. Mir wurde schwindelig und meine Sicht verschwamm, das Letzte war ich spüren konnte war ein starker Arm der sich um meine dünne Hüfte schlang und verhinderte das ich zu Boden fiel – dann wurde alles schwarz.
 

...das lief ja ganz klasse. Kleiner armer Irrer bricht aufgrund von Nasenbluten zusammen und fällt in die Arme eines fremden und nackten Typens...echt klasse gemacht Noah.

"At least we had a good evening" - Niklas

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Kapitel 2
 

"At least we had a good evening" - Niklas
 

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Wenn man jemanden begegnete der einem bisher noch unbekannt war, fließen einem unendlich viele Gedanken durch den Kopf. Man beurteilt sein Aussehen, den ersten Eindruck des Charakters und vielleicht auch die Gestik seines Gegenübers. Oft macht man sich einen falschen Eindruck, denn welcher Mensch gibt sich schon so wie er wirklich ist. Man hält jemanden für Arrogant, dabei ist er nur schüchtern und überspielt diese Tatsache mit einem kälteren und unnahbaren Charakterzug. Man denkt sein Gegenüber ist ein alberner und kindlicher Mensch, doch in Wirklichkeit verschleiert er vielleicht nur sein trauriges und verletztes Wesen. Würden wir uns die Zeit nehmen Menschen kennenzulernen und sie nicht einfach nach dem Beurteilen was wir denken zu sehen wäre einiges leichter. Für alle.
 

~•~
 

Mein Blick glitt über den dürren Jungen welcher in dem scheinbar viel zu großem Bett sanft seinen Träumen nachging. Das Blut hatte Luisa ihm bereits abgewaschen und neue Anziehsachen trug er auch. Ich musste gestehen, im ersten Moment hatte er mich ziemlich überrascht und nur ganz knapp war es mir möglich gewesen seinen Sturz zu verhindern. Der Stuhl unter mir knarrte als ich meine Sitzposition änderte und für einen Moment dachte ich, dass dieses Geräusch ihn aus seinem Traum riss. Doch nichts geschah. Er lag da wie tot. Leichenblass und so dünn, dass man fürchten musste das Gewicht der Decke würde ihn zerquetschen. Die Vorstellung dieser Junge sei Henrys Sohn wirkte wie eine Unmöglichkeit auf mich. Henry war ein großer stattlicher Mann und dieser Junge hatte nichts von dem. Der Junge namens Noah hatte weiche Gesichtszüge, eine kleine Stupsnase und wenn ich mich richtig erinnerte waren seine großen Augen mit einem saftigen Grün geschmückt. Die Farbe musste nicht unbedingt stimmen, immerhin hatte ich sie nur kurz gesehen und ob sie wirklich so groß waren wie ich glaubte wusste ich auch nicht. Noahs Haar war schulterlang und besaß ein schmutziges Blond. Vermutlich war er auch nicht sehr groß, zumindest wesentlich kleiner als ich.
 

Ein Seufzen glitt über meine Lippen. Als meine Schwester meinte wir würden männlichen Zuwachs bekommen dachte ich an einen coolen Typen mit dem ich wilde Partys feiern könnte. Doch was bekam ich hier vorgesetzt…der Typ hatte nicht einmal Haarwuchs…nirgendwo. Nur auf seinem Kopf schienen sie wie Unkraut zu wachsen. Genervt legte ich meinen Kopf in den Nacken. Jetzt sollte ich auf dieses „Mädchen“ auch noch aufpassen. Meine Planung war definitiv anders. Der vertrug wahrscheinlich nicht einmal Alkohol und wie es bei ihm und Mädchen aussah wollte ich gar nicht erst fragen. Er sah zumindest nicht unbedingt wie ein Casanova aus.
 

„Das nennt man nicht ‚unter seine Fittiche nehmen’ – dass nennt man Babysitten“
 

„Pschht…“
 

Ich hob meinen Kopf und schaute zur Tür „Hey ho, Schwesterherz“. Mit besorgter Miene stand sie an der Tür „Sei leise, sonst weckst du ihn noch…lass ihn schlafen…“ Sollte ich jetzt etwas die gesamte Zeit hier herumsitzen und ihm beim schlafen zusehen? Ein genervtes Stöhnen entkam mir „Meinst du er wird sich in Luft auflösen, wenn hier niemand sitzt und ihn beim schlafen beobachtet oder wie?“ ich fühlte mich veralbert. Der Junge war wie alt? 16? 17? Älter zumindest nicht. Und einer musste hier sein und sein Händchen halten solange er schlief? Ernsthaft? Traurig. Wirklich traurig. Aus welchem verwöhnten Umfeld ist der denn entflohen?
 

„Nein…aber vielleicht ist es einfach besser. Ich mache mir doch nur sorgen Niclas“
 

„Weil er ausschaut wie ein Mädchen und leicht Magersüchtig wirkt?“
 

„Sag so was nicht! Er ist halt etwas…dünner und hat ein wenig …zu hübsche Gesichtszüge. Das mit dem Gewicht bekommen wir sicher auch in den Griff…mit der Zeit…“
 

„Zu hübsche Gesichtszüge? Also sieht er doch aus wie ein Mädchen, sag das doch gleich“ ich lachte leise. Aber es stimmte. Erneut hingen meine Augen an dem Jungen. Er ist viel zu dünn. Es sah ungesund aus und für einen Augenblick schämte ich mich. Ich war vorhin der Meinung gewesen er sei ein verwöhnter Bengel und jetzt musste ich mich fragen, ob er bei seinem vorigen Wohnort überhaupt etwas zu essen bekommen hatte.
 

„Warum taucht er nach all den Jahren plötzlich bei Henry auf? Oder wusstest du das es Noah gibt?“
 

Meine Schwester schüttelte den Kopf und winkte mich aus dem Zimmer. Na toll. Hätte ich bloß nicht gefragt.
 

~•~
 

„Seine Mutter starb vor einiger Zeit. Zumindest erhielten wir von den zuständigen Ämtern ein Schreiben. Sie wollten von Henry die Zustimmung zu einem Vaterschaftstest. Er wetterte und fluchte. Immerhin war er sich sicher dass er niemanden geschwängert hat. Irgendwann wurde er ganz leise und starrte den Brief an.“ Meine Schwester knetete nervös ihre Hände „Der Name…der Name der Mutter ließ seine Sicherheit bröckeln. Warum auch immer. Er willigte ohne weiteren Protest ein. Marianne Soares war damals die Freundin seines ehemaligen besten Freundes…“
 

Interessant. Henry hatte damals also auch mal Fehler gemacht. Immerhin war er ja derjenige der jegliches Fehlverhalten absolut nicht tolerierte. Wäre ich sein Sohn hätte er mich vermutlich schon längst in den Selbstmord getrieben. Aber Gott sei dank wohnte ich ja nur während meines Studiums hier.
 

„Na ja, zumindest ist er sein Sohn. Er wollte mir nicht erklären wie oder warum“ meine Schwester brach ab und schaute auf den Couchtisch zwischen uns. Es musste hart sein für Luisa, immerhin hatte Henry immer gesagt er wollte niemals Kinder haben. Auch wenn Kinder für meine Schwester immer sehr wichtig waren. Sie hatte aus Liebe zu dem Älteren verzichtet.
 

„Und jetzt hast du das Kind einer Anderen an deiner Backe…notfalls musst du Henry sagen, dass es nicht geht. Es bringt nichts wenn du dich damit quälst…“
 

„Nein! Niklas, du verstehst das falsch“ sie blickte mich an und ihre rosigen Lippen formten sich zu seinem zärtlichen Lächeln „Er ist ein wirklich lieber Junge. Ich mag ihn jetzt schon. Es ist mir egal wer ihn geboren hat. Ich hoffe einfach nur das er sich hier irgendwann wie zuhause fühlt…und auch mich irgendwann wirklich mag. Ich will ihm nicht seine Mutter ersetzten. Das steht mir nicht zu. Doch vielleicht könnte er ja…wenn einige Zeit vergangen ist…“
 

„Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall Schwesterchen…“
 

„Ich weiß…ich weiß“
 

„Aber jetzt sag. Wenn seine Mum schon länger verstorben ist. Wo war er? Etwa in einem Heim. Das würde zumindest erklären warum er so dürr ist. Vermutlich hat er dort nichts bekommen!“
 

Ein Kopfschütteln war ihre Antwort. Was nun? Heim? Ja? Nein?
 

„Niklas…lass uns ein anderes Mal darüber reden.“
 

Super Antwort. Das war wie: Willst du ein Toast mit Nutella? Ja? Okay, bekommst aber nur Erdnussbutter. Wie schwerwiegend konnte es denn sein? War er auf der Straße? Im Heim? Bei Pflegeeltern? Im betreuten Wohnen? Im Knast? Unzufrieden schnalzte ich mit meiner Zunge. Eine schreckliche Angewohnheit von mir, welche ich irgendwie in den Jahren von Henry übernommen hatte.
 

„Jetzt sei nicht böse mit mir“
 

„Bin ich doch gar nicht!“
 

„Ich kann dir halt nicht alles erzählen!“
 

„Ja ist doch in Ord-„ ruhig wand ich mich um. Also war es keine Einbildung gewesen. Schritte ertönten aus dem Flur hinter mir und keine zwei Sekunden später tauchte eine Person bei den Treppen auf „Na, schon wach Dornröschen?“ ein breites Grinsen zierte mein Gesicht und irgendwie tat er mir schon ein wenig leid. Sein vorher so bleiches Gesicht nahm ein ungesundes Rot an.
 

Ich sah wie seine Lippen sich bewegten und wahrscheinlich sagte er auch etwas, allerdings tat er dies in einer Tonlage die nur Hunde und kleine Kinder hören konnten. „Endlich wieder wach Noah?“ meine Schwester klang erfreut und stand sofort auf „Willst du etwas trinken oder essen? Oder irgendwas anderes?“
 

„Es-m-eid“ wie bitte? Was noch mal?
 

„Du musst schon lauter sprechen Dornröschen“ ich erntete einen Seitenhieb von Luisa. Also empfindlich war der Zwerg wohl auch noch. Ganz toll. Packen wir ihn in Watteplüsch und sperren ihn in eine Gummizelle!
 

„Es-tut-m-eid“
 

„Noch ein bisschen lauter!“ ich war davon überzeug, meine Schwester war darin ausgebildet immer wieder dieselbe Stelle zu treffen wenn sie jemanden schlug.
 

Neben der Treppe stand er nun, er trug einen viel zu großen Strickpullover in Beige, hatte seine Arme fest um seinen Körper geschlungen und ähnelte einer überreifen Tomate die kurz vor den Tränen stand.
 

„Es tut mir Leid…“
 

Ah. Es klappte also doch. Diese weibliche Tomate konnte sprechen! „Siehst du war doch gar nicht so schwer“ Und noch einmal. Heute Abend besaß ich sicher einen Bluterguss. Ich rieb mir die Stelle auf die meine Schwester bereits das dritte Mal geboxt hatte und warf ihr einen verständnislosen Seitenblick zu. Was war denn los? Irgendwer musste diesem Dornröschen ja beibringen, dass er kein Mädchen sondern ein Junge war.
 

„Aber was tut dir denn Leid Noah?“ fragte Luisa weiterhin lächelnd „Das kann jedem Mal passieren. Einfach umkippen. Dafür muss man sich nicht entschuldigen“
 

Grinsend griff ich nach meinem Glas Limonade. Viel zu freundlich.
 

„Das meine ich nicht…also auch…aber nicht unbedingt. Ich habe vorhin etwas gesehen, was ich nicht hätte sehen sollen…“
 

Mir war ein großes Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Was meinte der Blondschopf damit? Unsere Blicke trafen sich für einen Moment, sein Kopf war hochrot und Scharm war in seinem Gesicht zuerkennen. Es dauerte etwas, bis ich begriff wohin sein Blick schweifte. Als ich diesem folgte kam ich an einer sehr eindeutigen Stelle zwischen meinen Beinen an…omg…
 

Die klebrige Limonade – die hier übrigens selbstgemacht wurde – blieb mir im Halse stecken und ein rauer kratziger Husten zog heftig an Hals und Lunge. Das Glas stellte ich rasch ab und bemühte mich nicht auf der Couch meiner Schwester den Löffel abzugeben. Jetzt war es an mir und meiner Schwester rot zu werden. Wie konnte er das so trocken sagen und sich dafür auch noch entschuldigen? Er war ein kleines naives Dornröschen!
 

„Das ist schon in Ordnung Noah…ähm…das war immerhin…Situationsbedingt und so“ meine Schwester stotterte errötet vor sich hin „H-Hauptsache es geht dir wieder gut…“ sie stand auf „I-Ich werde noch mehr Limonade holen…“
 

Damit verließ sie das Wohnzimmer und ließ mich mit dem dünnen Dornröschen zurück „Hast du Hunger?“ fragte ich heißer. Meinem Hals hatte dieser Mordanschlag nicht wirklich gut getan. Noah schüttelte zögernd mit dem Kopf.
 

„Luisa geht heute mit ein paar Freundinnen weg…wir sind also alleine. Schaust du gerne Filme?“ Der Blondhaarige zuckte mit den Schultern. „…wollen wir heute Abend zusammen kochen?“ wieder ein zögerndes zucken seiner Schultern. Hatte der Junge überhaupt eine eigene Meinung? „Wollen wir mit dir zum Friseur?“ die Idee war gar nicht so schlecht. Vielleicht sollten wir mal etwas Schnitt in seine Haare bringen, dann würde er eventuell ein kleines bisschen weniger wie ein Mädchen wirken. Seine Augen weiteten sich fassungslos und irgendwie wirkte er nur noch verlorener mit diesem immer wieder auf uns zu klappenden Mund und diesem widerlich niedlichen Welpenblick. Mir wurde schlecht.

„Darf ich das als ein ‚Ja’ deuten?“ ein piepsen erklang und spätestens jetzt wollte ich mich von dem Dach dieses Hauses stürzen....
 

Noahs Lippen öffneten sich erneut „Ich hasse Menschen…“
 


 

~•~
 


 

Um ehrlich zu sein fühlte ich mich von dem Jungen überrumpelt. Er war seltsam, etwas gruselig und irgendwie auch wieder wie ein kleiner Bruder. Man wollte Noah auf der einen Seite wegsperren und auf der anderen Seite aufpäppeln und verhätscheln. Selbst meine eigenen Gedankengänge gruselten mich. Jetzt mal im Ernst? Verhätscheln? Es schauderte mir.
 

Mit meinem Bier in der Hand beobachtete ich den Jungen auf der Couch, wie er nur mit einer kurzen Boxer und einem viel zu großen T-Shirt bekleidet, gebannt auf den Bildschirm des Fernsehers starrte. Seine grünen Augen waren vor Unglauben geweitet und seine Beine hatte er dicht an seinen Körper gezogen, umschlungen von seinen dünnen Armen. Noah wirkte wie ein Außerirdischer, beinah als hätte er noch nie zuvor einen Fernseher gesehen. Was in unserer heutigen Zeit eine Unmöglichkeit war! Jedes Mal wenn einer der Charaktere der Serie den nächsten flachen Witz fallen ließ konnte man erkennen wie Noahs Mundwinkel minimal nach oben zuckten. Doch für ein Lachen reichte es wohl nicht. Ich schüttelte den Kopf. Was hatte meine Schwester mir hier nur eingebrockt? Wo hatte sie diesen Bengel nur ausgebuddelt?
 

Ich stieß mich von der Wand ab und begab mich zu Noah „Hey“ versuchte ich seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken „Willst du auch ein Bier?“ Der Blondhaarige ließ seinen Blick in meine Richtung gleiten, legte sein Kopf leicht schräg und schaute dann zu dem kühlen Getränk in meiner Hand. Er schien nachzudenken. Ein zögerliches Nicken folgte, also ging ich in die Küche und holte eine weitere Flasche. Meine Lippen zuckten verräterisch und das Grinsen konnte ich nur schwer verbergen als ich das Bier öffnete. Es würde mich nicht wundern wenn Henrys Sohn noch nie ein Bier auch nur gekostet hätte. Vermutlich würde er es mir gleich wieder entgegen spucken. Doch das war es Wert. Schon allein um mal irgendeine Regung in seinem Gesicht zu erkennen.
 

Ich betrat das Wohnzimmer und winkte Noah zu mir „Komm mit, ich will dir etwas zeigen“ Da wir nun vermutlich öfters miteinander zu tun hätten, wollte ich zumindest versuchen das Eis zwischen uns zu brechen, wobei dies wohl keine leichte Aufgabe werden würde! Aber ich war immerhin nicht dafür bekannt leicht aufzugeben – ganz im Gegenteil. Meine charakterlichen Vorzüge waren Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen und ein verdammter Dickkopf. Oh Noah, irgendwann wirst du schon nachgeben und wenn es soweit ist wirst du deinen Satz umändern müssen in „Ich hasse Menschen, außer Niklas…der ist eine Ausnahme!“
 


 

Der Blonde folgte mir die Treppen hinauf in den ersten Stock und durch eine Doppeltür hindurch. Das Zimmer war groß, überall an den Wänden standen schwere Regale von oben bis unten gefüllt mit Büchern. In der Ecke rechts neben der Tür befand sich ein Kamin. Um den Kamin herum standen eine braune Ledercouch und ein passender Sessel. Auf der linken Seite des Raumes stand ein schwarzes Piano. Es sah beeindruckend aus, dennoch wusste ich dass es nur Zierde war. Niemand von uns konnte es spielen. Vermutlich wollte Henry nur protzen falls wir mal wieder Gäste hatten.
 

„So genug geschaut. Komm schon“ rasch durchquerte ich den Raum und öffnete die Tür zu einer riesigen Terrasse „Hier lässt sich ein Bier doch gleich viel besser trinken. nehme die hier!“ ich griff nach einer Decke welche auf der Holzbank neben uns zusammengelegt auf einem Stapel lag „Sonst wirst du noch krank…in dem da“ ich deutete auf seine nackten Beine. Meine Schwester würde mich vermutlich pfählen wenn Noah sich eine Erkältung holen würde. Der Junge griff nach der Decke warf sich diese um und ging an mir vorbei – zielstrebig auf das Geländer zu. Na toll, hatte ich ihm eine Decke gegeben und er wollte sich über die nächste Mauer schmeißen. Doch nichts der gleichen passierte. Er kletterte auf das Geländer, welches wirklich recht breit war, und nahm im Schneidersitz darauf eine bequeme Sitzposition ein. Er war schon seltsam, doch ich tat es ihm gleich und setzte mich ihm gegenüber „Hier“ ich reichte ihm das Bier. Mein Blick ruhte auf der zierlichen Gestalt, Noah drehte das Bier ein paar Mal in den Händen und entschied sich dann doch davon zu kosten.
 

„…bitter…“ murmelte er. Ich lachte leise. „Lass es dir schmecken Noah“
 

~•~
 

Eine Zeitlang saßen wir nur da, ich quatschte ihn mit unwichtigen Themen zu und er starrte die Sterne zu Tode. Zumindest kam es mir so vor. Doch irgendwann stellte er das Bier beiseite. Leben schien wieder in seinen Körper zu gelangen, er atmete laut ein und wieder aus „Danke Niklas…“ überrascht schaute ich ihn an. Am liebsten hätte ich dem eigentlich fremden Jungen über den Kopf gestreichelt…doch vermutlich wäre es unpassend gewesen, also blieb ich ruhig sitzen und musterte sein Seitenprofil „Es war mir eine Ehre, Noah…“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Miu13
2014-07-23T11:21:15+00:00 23.07.2014 13:21
das ist wirklich eine wunderschöne fanfic ^.^ ich mag sie sehr !


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