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Das Erbe des Orphanus

von

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Prolog

Sie hatten ihre Heimat verloren.
 

Verloren in einem Krieg unter Göttern, der den Menschen, durch die todbringende Natur der Fal'Cie, vieles nahm, was ihnen wichtig war. Zu Beginn ihres Lebens auf Pulse wussten sie, dass sie niemals mit dieser Umstellung zurecht kommen würden und viele hatten sich jeden Tag ihr altes Leben zurück gewünscht. Aber nichts veränderte sich, was der Vergangenheit angehörte. Nichts. Es gab keinen Weg, keine Möglichkeit, die Vergangenheit einzuholen und neu zu schreiben; so sehr sie auch nach einem Weg suchten, es zu ermöglichen. Sie hätten dann so vieles ganz anders überdacht, geplant, anders gehandelt und Worte gesagt, die sie verschwiegen haben. Sie hätten gleich zu Beginn nach ihren Herzen gehandelt. Vielleicht wäre dadurch alles anders gekommen. Alles ganz anders.
 

Die ehemaligen Sklaven der Fal'Cie waren wie alle Überlebenden Cocoons dazu gezwungen worden, sich einer neuen Welt anzupassen. Es war einfach eine komplette Umstellung. Eine völlig andere Gegend, ein unbekanntes Land. Ein Land welches die ehemaligen Bewohner Cocoons nicht kannten und wovor sie sich eigentlich fürchteten.
 

Cocoon kristallisierte. Es war vollbracht. Es musste sein. Der Wunsch der Fal'Cie forderte in einem blutigen Ritual das Opfer Cocoon und seine Bewohner, um die Schöpfergottheit wieder in die Gegenwart zurück zu holen. Die frühere, wundervolle Heimat residierte nun als eine riesige Kristallkugel, eine stille Dystopie am Himmelszelt, eine Welt, wo die Zeit stehen geblieben war.

So viele Erinnerungen, so viele Emotionen kommen. Die verlorenen Menschen vermissten noch immer die alten Zeiten, die Umgebung, die Gemeinschaft, Familie, die Heimat. Die Zeit verging wie im Flug. Cocoon glänzte nun im Abendlicht wie ein roter Feuerball aus Glas. Ein unheimlicher und zugleich schöner Anblick.
 

Pulse hieß ihr neues Zuhause. Pulse, eine Welt, die so unendlich scheint. Eine Welt, so befremdlich und anders, eine Wildnis, mit Spuren von verlassenen Zivilisationen, Ruinen, Geschichte. Weite Steppen und Täler, hohe Gebirgsketten, heiße Savannen, tiefe, klare Seen und unberührte Quellen, mysteriöse Wüsten aus Kristallstaub formen die Landschaft. Unheimlich schön, so endlos und frei. Die Bewohner Cocoons mussten trotz der harten Umstellung nun in dieser eigentlich wunderschönen Welt leben und zurechtkommen. Die wachsenden Zivilisationen begannen sich auf diesem riesigen, weiten, unbekannten Land zu verteilen. Es war absolut kein Zuckerschlecken den Menschen zu vermitteln, dass Pulse nicht böse, nicht die 'Hölle auf Erden' war, für die sie Jahrhunderte lang gehalten wurde. Doch sie waren alle von demselben Schicksal betroffen und wurden dazu gezwungen, einen gänzlichen Neuanfang in dieser Welt zu beginnen.
 

Die Sonne auf Pulse war kein Fal'Cie. Der Himmel färbte sich im Morgengrauen am Horizont in ein helles Blau, hinüber zu einem Violett und Orange bis schließlich die ersten Sonnenstrahlen über die Steppen und Gebirge strichen. Es war ein helles, gleißendes Licht, langsam, ruhig, ewig. Auf Pulse lief die Zeit langsamer, viel gemächlicher, anders als in Cocoon, wo die Uhren seit der Kristallisation für immer stehen geblieben waren. Pulse war anders. Pulse regierte mit starken Stürmen, Platzregen, heißen Sommerperioden und wiederum Regen, Regen, Regen. Es lief nichts nach einem geregelten Schema ab, so wie die ehemaligen Bewohner Cocoons es kannten. Sie befürchteten, niemals mit diesem Chaos, diesem ungeregelten Tagesablauf, zurecht zu kommen. Diese Welt schien völlig allein zu funktionieren. Ohne eine Herrschaft der Fal'Cie, ohne die Menschen.
 

Sie hatten damit zu kämpfen. Sie waren es nicht gewohnt, sich gegen die Mächte der Natur schützen zu müssen. Die Fal'Cie hatten es in Cocoon für sie getan. Das Leben der Bewohner von Cocoon war geregelt in der Utopie, die nun starr und kristallisiert am Firmament schlief.
 

Nachdem ihre Schwester gerettet war, hatte Lightning wieder ihren gewohnten Arbeitsplatz in Anspruch genommen. Zusammen mit den Kollegen des PSIKOM suchen sie tagein tagaus nach überlebenden Zivilisten in Pulse und warfen ein Auge auf die Sicherheit der Stadt. Seit ungefähr mehr als drei Monaten arbeiten sie hart daran, Pulse zu ihrem neuen Zuhause zu machen. Obwohl der Frieden endlich wieder in ihr Leben einkehrte, gab es immer noch Dinge, die ungeklärt waren und vielleicht immer ungeklärt bleiben werden. Viele offene Fragen, Gedanken, Vorwürfe. Lightning hatte gelernt, langsam damit umzugehen. Aber es war diese innere Unruhe, die Rastlosigkeit, die sie zu oft daran hinderte, ihr Leben so zu akzeptieren wie es nun war...
 

Niemand wollte sich an die Vergangenheit krallen, die man sowieso nicht ändern konnte. Als Ex-l'Cie, als Sklave eines Überwesens, war Snow zwar in der Lage das ein oder andere Wunder zu vollbringen, um sich und die Menschen, die er liebte, zu beschützen, doch selbst die Zeit konnte kein Wunder der Welt zurückdrehen oder anderweitig verändern. Snow war zu Beginn der Umsiedlung einer der wenigen Menschen, die relativ optimistisch in die Zukunft sahen. Nach dem Sieg über den Fal'Cie Orphanus und der mehr oder weniger erfolgreichen Rettung Cocoons hatten viele Leute, unter anderem viele Freunde von ihm, die Hoffnung völlig verloren. Es war schwierig, mit all dem Kummer und dem Schmerz zurecht zu kommen, aber letztendlich hatten die Bewohner Cocoons nun die größte Hürde überwunden.
 

So schwierig es auch aussehen mochte und so verzwickt und kompliziert die Lage war, er konnte einfach nicht auf der pessimistischen Schiene fahren. Dafür fühlte Snow sich viel zu glücklich. Glücklich, dass er weiterhin leben durfte nachdem er mit dem Schicksal eines l'Cie zu kämpfen hatte. Glücklich, mit den Menschen zusammen sein zu dürfen, die er liebte und die ihn liebten. Serah und er hatten auf Pulse ihre Liebe zusammengeschlossen. Sie waren alle wohlauf. Gadot, Lebreau, Yuj, Maqui. Trotz dem Verlust der geliebten Heimat, ging es ihnen allen gut und sie arbeiteten hart, Tag für Tag, um die Zivilisation und Kultur auf Pulse in einem völlig anderen Licht erstrahlen zu lassen. Snow war froh, wenn er die glücklichen Gesichter der anderen sah, die ihm jeden Tag neue Kraft gaben um die Zukunft zu meistern. Ohne Serah und seinen besten Freunden wäre er wohl nie dazu in der Lage gewesen, jemals wieder auf die Beine zu kommen.
 

Aber es gab auch Schattenseiten des Triumphes. Es fehlten Personen, die eigentlich hätten hier sein sollen um zusammen mit den ehemaligen Helden den Sieg über die Rettung Cocoons zu feiern. Menschen, die ihr eigenes Leben opferten um anderen ein neues Leben zu ermöglichen. Menschen, die durch die skrupellose Staatsgewalt, die rabiate Manipulation und Tyrannei der Cocoon Fal'Cie für ihre eigenen Zwecke versklavt wurden und in Unehre starben. Menschen, die durch die Kriege und Kämpfe ums Leben kamen.
 

Viele Menschen warne geplagt von Heimweh wenn sie hinauf in den Himmel schauten. Es war nicht dasselbe, was sie kannten. Pulse war eine völlig fremde Welt und die Heimat der l'Cie Fang und Vanille, die sich für die Rettung Cocoon opferten. Jetzt waren sie allein auf sich gestellt. Die Bewohner Cocoons hatten keine andere Wahl als sich auf Gran Pulse nieder zu lassen. Cocoon war für sie gänzlich unbewohnbar geworden.
 

Pulse stellte den Menschen eine Fülle an Nahrungsquellen zur Verfügung, doch anders als in Cocoon mussten sie diese auch mit wilden Tieren teilen. Und die Bestien waren nicht immer sehr erfreut, wenn jemand Fremdes in ihr Territorium eindrang. Aus diesem Grund hatten die Einwohner angefangen, Pflanzen auf trockenen, fruchtbaren Boden zu kultivieren um Obst und Gemüse anbauen zu können. Immerhin waren sie nun selbst für ihre Nahrungsbeschaffenheit zuständig und sie mussten verantwortungsbewusst und respektvoll mit dem Land umgehen, welches Pulse ihnen bot und bereit stellte.
 

Etwa zwei Monate waren jetzt vergangen nachdem Cocoon für Ewigkeiten in Kristall eingeschlossen und versiegelt wurde.
 

Neu-Bodhum war ein tropisches, breit gefächertes Städtchen am Meer, umgeben von warmer, salziger Luft.Ein wundervoller, idyllischer Ort an der Nordostküste des Pithaya-Kontinents auf Pulse. Am Rande der Stadt patrouillierten die Soldaten des Sicherheitsregiment und der PSIKOM. Bisher gab es nur wenige Konflikte mit wilden Tieren, die auf Grand Pulse hausten. Sie hatten sich schnell an die menschlichen Siedlungen gewöhnt und ließen die Bewohner weitgehend in Ruhe. Jetzt konnten sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Sie waren endlich frei.
 

Ein freies Volk in einem freien Land.

Eierkuchen

Das große Familienfoto im Blümchenrahmen glänzte freundlich und optimistisch im morgendlichen Sonnenschein. Zart strich ein feiner Schleier über das zur Hälfte geöffnete Fenster, tanzte dabei im warmen Wind sanft umher, der in das kleine, aber hübsche Wohnzimmer den Duft von Blumen herein brachte. Von draußen ertönte inzwischen der herrlich beruhigende Gesang kleiner, neugieriger Gartenvögel, die seit kurzem die belebte Nähe des Hauses schätzten und sich glücklich in der flachen Wasserschale suhlten. Den lauten Chor aus Bohrmaschinen, Presslufthammer und Kreissägen konnten sie mit ihren zarten Sopranstimmen jedoch nicht übertönen; es war wie immer ein unaufhörlicher Lärm an diesem glasklaren und besonders sonnigen Morgen.
 

Irgendwann mitten in der Nacht war sie vor völliger Erschöpfung nach Hause gekommen und auf der Couch eingeschlafen. Irgendwann gegen ein Uhr, es konnte auch halb zwei gewesen sein. Es gab keine ruhig verlaufenden Arbeitstage mehr, denn diese Zeiten waren längst vorbei. Der Stress und die vielen Überstunden machten sie zu schaffen, denn Cocoon musste innerhalb kürzester Zeit komplett umgesiedelt werden, da viele Gebiete unbewohnbar wurden. Vergangene Woche war sie gezwungen, ihre Zeit auf der Tycoon verbringen, einem riesigen Luftfrachter des Jagdgeschwaders, permanent auf der Suche nach überlebenden Zivilisten. Selbst am Wochenende hatte sie keine Ruhe, denn kaum war sie Zuhause bei ihrer Schwester angekommen, rief man sie einige Stunden später wieder zum Dienst. Die anstrengenden Tage und Wochen führten letztendlich dazu, dass sie gerne mal etwas länger schlief als man es ihr erlaubte.
 

Erschrocken schlug sie ihre Augen auf, wurde sofort von einem hellen, schmerzhaften Licht geblendet, welches durch die geöffneten Fenster drang und zwang sie dazu, sich hektisch aufzusetzen um indigniert auf die silberne Uhr an der Wand zu starren. Die heitere Stimme ihrer geliebten Schwester erreichte ihre empfindlichen Ohren, trieben sie automatisch aus dem Gewühl von Decken und Kissen, in denen sie bis eben noch friedlich geschlummert hatte. Wie spät war es denn bloß?
 

„Light, wie lange willst du noch schlafen? Hast du mal auf die Uhr gesehen?“
 

Viertel nach zehn. Gott, war sie müde. Sie konnte gar nicht richtig denken, geschweige denn die Worte verarbeiten, die soeben an sie gerichtet wurden. Verschlafen registrierte sie die Uhrzeit und rieb sich erleichternd die geschwollenen Augen mit den dichten Wimpern. Ihre zarten Schläfen pochten schmerzhaft. Heiliger Bahamut, ja, es war spät. Verdammt spät. Aber die Zeit reichte noch um sich schnell für den kommenden Tag vorzubereiten.
 

„Warum hast du mich denn nicht früher geweckt?“, murmelte sie vorwurfsvoll ihrer kleinen Schwester zu, schlug hastig die Decken beiseite und stolperte aus dem hergerichteten Schlafnest.
 

„Ich hab's ja versucht, aber du hast als Antwort nur laut geschnarcht!“, erwiderte Serah sich rechtfertigend aus der Küche, als Lightning sich gerade in das Badezimmer begab. Ihre Häuslichkeit hatte sich seit ihrem Aufenthalt in Cocoon sichtlich verändert; Serah und Lightning bewohnten ein recht minimalistisches, aber gemütliches Häuschen in der Nähe eines weißen Sandstrands und einem saftig grünen Hain.
 

Seit der Vermählung mit Snow blieb Serah bei Lightning wohnen, denn sie wollte sie in der ersten Zeit nicht allein lassen. Natürlich machte sie sich weniger Sorgen darum, dass sie nicht allein zurecht kam, sondern sie fühlte sich gezwungen ihr ihre Loyalität zu erweisen, weil Lightning sehr oft daran zweifelte nach der Katastrophe. Sie liebte ihr Zuhause, wo ihre große Schwester immer auf sie wartete und wo sie sich sicher und geborgen fühlte. Dort pendelte sie immer zwischen Snow's Apartment am Strand und dem eigenen Zuhause. Nachdem der Kampf um das Überleben als l'Cie endlich vorbei war, vertraute Lightning ihre Schwester Snow an, mit der Bedingung, ihr Herz niemals zu brechen und sie immer zu beschützen, egal wo, wann und wie. Sie konnte Snow's Art nicht leiden. In ihren Augen war er ein Proletarier, ein großspuriger Schwätzer mit Superheldenkomplex. Aber er gab ihr ein Versprechen; nämlich, dass er Serah zur glücklichsten Frau der Welt machen würde. Solange er Serah ein Lächeln in das Gesicht zaubern konnte, war Lightning zufrieden und die Welt in Ordnung. Sollte er dieses Versprechen brechen, würde sie sich ihn persönlich vorknöpfen müssen. Snow nahm diese Drohung ernst. Sehr ernst. Er respektierte Lightning's Einstellung ihrer Schwester gegenüber voll und ganz.
 

Mit einem besonnenen Lächeln beobachtete Serah das muntere Treiben draußen auf den Straßen während sie einige Gläser und Tassen abspülte. Seit der Stilllegung Cocoons füllten sich die zerstörten Städte auf Pulse wieder mit Zivilisation und kamen jetzt in die Phase der Restaurierung. Eine Menge Baumaterial wurde von Cocoon nach Pulse geschaffen, für die gut ausgebildeten und erfahrenen Architekten, Ingenieure und Bauhandwerker war es eine spannende Herausforderung den zerfallenen Straßennetzen und Gebäuden wieder neues Leben einzuhauchen. Auch heute führte ihr Weg wieder zu Snow, der momentan auf einem großen Güterbahnhof seinen geringen Lebensunterhalt verdiente und Serah wollte ihm so gut sie konnte dabei assistieren. Vor gefährlichen Arbeiten schreckte die junge Dame inzwischen nicht mehr zurück.
 

Lightning betrat frisch geduscht die Küche, griff nach der Kaffeekanne und setzte sich an den Tisch, den Serah bereits mit ihren besten, hausgemachten Zimt-Pancakes gedeckt hatte.
 

„War es gestern sehr schlimm?“, fragte sie besorgt, als sie das noch immer aschfahle Gesicht ihrer älteren Schwester bemerkte. Lightning sah von ihrer Tasse auf, aus der sie soeben einen Schluck kräftigen, schwarzen Kaffee trank, in der Hoffnung die aufkeimende Müdigkeit mit einem Koffeinschock zu bekämpfen.
 

„Grauenvoll.“
 

„Was ist passiert?“
 

Lightning gab resigniert seufzend einen Schuss Milch in ihren Kaffee und rührte mit einem Löffel gemächlich in der Tasse herum. „Kannst du dir das nicht denken? Die Situation momentan ist ziemlich problematisch. Noch lässt sich längst nicht jeder davon überzeugen, dass Cocoon bald unbewohnbar wird. Letzte Nacht haben sich Bürger in Nautilus zusammen geschlossen und uns mit Schusswaffen angegriffen. Sie wollen einfach nicht nach Pulse umsiedeln und haben sich strikt dagegen geweigert. Es hat Stunden gedauert, sie alle zu entwaffnen und zur Vernunft zu zwingen.“
 

„Das hört sich ja furchtbar an...“
 

„Einer dieser Typen ist vollkommen durchgedreht und hat wild um sich geschossen. Die Kollegen von der PSIKOM mussten ihn zur Sicherheit umlegen...“ Lightning strich sich bedrückt die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Obwohl sie jahrelang beim Militär arbeitete, war sie vor schockierenden Situationen niemals sicher. Manchmal waren es solche bestürzenden Momente, wo sie sich wünschte, niemals eine Soldatin geworden zu sein um sich das ein oder andere Elend zu ersparen. „Drei Kinder und fünf Erwachsene sind unschuldig gestorben.“
 

Serah blickte schweigend auf ihren Teller. Sie hätte niemals gedacht, dass es so schlimm geworden war. Viele Menschen liebten ihre Heimat, ganz gleich in was für einem gefährlichen Gebiet sie lebten und ließen sich nicht dazu zwingen, einfach ihr Zuhause zu verlassen. Serah war es gewohnt von der gefährlichen Arbeit ihrer Schwester zu hören und sie starb jedes mal beinahe vor Sorge, wenn Lightning die eine oder andere Konstellation aus ihrem Beruf schilderte. „Und wie sieht es innen aus? Ich meine, in der Gegend um Eden.“
 

„Bis nach Sunleth ist mittlerweile jedes Gebiet vollständig kristallisiert und abgesperrt. Es gibt keinen Weg durch die Kristallhülle, die Eden jetzt umschließt. Und bislang liegen keine weiteren Meldungen vor wie es im Kern von Cocoon ausschaut.“ Lightning erhob sich, öffnete den Kühlschrank und prüfte einige der verschlossenen Gläser mit eingelegtem Gemüse. „Aber ich wurde vorhin angerufen; angeblich gibt es neue Informationen. Und deswegen werde ich mich heute wieder schön auf die Reise begeben müssen.“ Die Ironie in ihrer Stimme war kaum zu überhören.
 

Serah beobachtete skeptisch als Lightning ihren Eierkuchen mit Mayonnaise bestrich.
 

„Und...gibt es sonst so Neuigkeiten?“, fragte sie nervös während ihr Magen heftig begann zu rebellieren bei diesem unpassenden Aufstrich auf dem Pfannkuchen, in den Lightning hinterher herzhaft, und ohne eine Miene zu verziehen, hinein biss.
 

„Nicht das ich wüsste.“, antwortete die Ältere belanglos und tunkte ihren Finger in das Mayo-Glas.
 

„Wirklich nicht? Bist du dir sicher?“, hakte Serah unsicher nach, sah abwechselnd zu ihr und zum Geschirr, doch Lightning konnte nur mit den Schultern zucken. „Warum fragst du? Hast du das Gefühl, etwas verpasst zu haben? Du weißt, dass ich ein sehr unspektakulärer Mensch und nie für Überraschungen gut bin.“
 

„Nein, Claire, das meine ich nicht...“
 

„Weißt du etwa Dinge über mich, die ich selbst noch nicht weiß?“
 

Serah überlegte scharf wo sie anfangen könnte und wie sie auf diese freche Frage antworten sollte. Aber es gab keine langen Überlegungen. „Verdammt, Claire, du hasst Mayonnaise!“, platzte es mit einmal tadelnd aus ihr heraus ohne auf ihrer vorige Frage einzugehen und sie knallte ihr Besteck aufgebracht auf den Frühstücksteller. Es war falsch. Es war einfach so falsch, wie sie ihre Pancakes misshandelte. „Warum vergewaltigst du meine Pancakes mit Mayonnaise?!“
 

Verständnislos und mit einer gewissen Empörung über, in ihren Augen unberechtigten Ausraster, blickte Lightning erst sie, dann ihren Pfannkuchen an. „Ich wollte nur mal etwas Neues ausprobieren. Ich kann den Zimt echt nicht mehr riechen.“
 

„Aber...“
 

„Du musst dich nicht rechtfertigen, Serah. Deine Pancakes sind so perfekt wie sie sind und bedürfen keinerlei Veränderungen.“ Den letzten Happen schob Lightning sich schnell in den Mund, trank rasch ihren Kaffee aus und eilte dann in den Flur um sich die Stiefel anzuziehen. Enttäuscht und gleichzeitig verwirrt blickte Serah ihr nach bevor sie den Kopf verständnislos schüttelte und mit einem Kribbeln in den Fingern begann, den Tisch abzuräumen. Vielleicht lag es an der Arbeit. Ja, die Arbeit stieg ihrer großen Schwester mal wieder zu Kopf. Es war mit Sicherheit absolut unbedenklich, dass sie süße Pfannkuchen mit unpassenden Beilagen und Aufstrichen verzehrte. Wahrscheinlich handelte es sich hier nur um eine besondere Phase in der sich Lightning momentan befand. Nicht zum ersten Mal manifestierten sich plötzliche Gewohnheiten, die Serah zum Schmunzeln brachten und weswegen sie ihre Schwester schon öfter zum Arzt schickte. Früher hatte Lightning das dringende Bedürfnis, sich immer drei Wecker zu stellen mit der Begründung, nie wieder verschlafen zu dürfen: Ein Wecker diente als Ersatz, falls der andere, aus was für Gründen auch immer, ausfallen sollte. Der andere Wecker alarmierte zu dem Zweck, falls Lightning im Schlaf einen der beiden vom Nachttisch fegte und den anderen einfach ausstellte bevor er klingelte. Serah konnte damals dieser Erklärung nicht ganz folgen und lachte geschlagene siebzehn Minuten lang. Sie fand solche Begeisterung an den Macken ihrer Schwester, dass es ihr manchmal zu unheimlich wurde und einen Arzttermin vereinbarte. Zumindest versuchte sie sich einzureden, dass auch diese komischen Essgewohnheiten jetzt nur eine ihrer Marotten waren. Denn was würde nur passieren, wenn ihre Schwester nicht in einer Phase steckte, sondern vielleicht ernsthaft krank war und Behandlung benötigte? Zumindest ihre Vorlieben beim Frühstück konnte man zurzeit nicht unbedingt als gesund betrachten. Und Serah war niemand, der zur Übertreibung neigte; sie machte sich nur sehr schnell Sorgen um Lightning.
 

„Ich bin dann erst einmal weg. Weiß noch nicht, wann ich wieder zurück bin. Bis später und keine illegalen Partys in meinem Wohnzimmer.“
 

Lightning erinnerte sich spontan an die alkoholisierten Typen, die nicht nur einmal in ihrer Badewanne eingeschlafen waren als sie von der Nachtschicht nach Hause kam und Serah spontan eine Party geschmissen hatte obwohl es ihr ausdrücklich verboten wurde. So eine Aktion wäre äußerst ungünstig, denn ihre Nerven waren durch die langen und häufigen Arbeitsstunden schon genügend strapaziert.
 

Serah streckte frech die Zunge heraus, drückte Lightning einen Schmatzer auf die Wange bevor diese das Haus mit großer Sporttasche, Waffenbehälter, Schlüsseln und einem liebevollen Lächeln verließ. Es gab nicht viele Morgen wie diese, so hell, rein und freundlich. Die Frühlingstage sangen ihre harmonischen Lieder durch den kompletten Kalender. Kein Regen, keine Kälte, nur Sonne und Licht. Und Lächeln.
 

„Sei vorsichtig!“, rief Serah ihr quirlig hinterher und betete innerlich für ihre Unversehrtheit. Es gäbe einfach nichts Schlimmeres, als ihr letztes Familienmitglied durch tragische Weise zu verlieren. Ihr verletzliches Herz würde so einen Verlust nicht ertragen, da war Serah sich sicher.
 

Lightning hob kurz verabschiedend die Hand bevor sie um die Ecke lief und verschwand. Jetzt machte sie sich erst Recht Sorgen. Lightnings Laune war an diesem Morgen trotz des kurzen Schlafs doch recht angenehm zu ertragen. Zu angenehm. Natürlich war sie aufgrund ihres Jobs konditioniert mit wenig Schlaf auszukommen und an verschiedene Schichtzeiten gewöhnt, doch zeigte sich ihre seelische Verfassung sonst eher für die Menschheit als unzumutbar, wenn nicht sie die Überstunden, sondern die Überstunden sie überwältigten.
 

Serahs Blickte glitt hinauf zum Himmel. Die Sonne stand jetzt fast oberhalb von Cocoon und zauberte die Utopie in eine regenbogenfarbene Glaskugel.
 

Claire, du verheimlichst mir etwas, oder?

Terror

„...nen' Eierkuchen mit Mayo? Lebreau würde ihr den um die Ohren hauen!“
 

Mit einem amüsanten Prusten betrachtete Snow das fertige Gleisbett, welches er zuvor mit steinigem Schotter gefüllt hatte und widmete sich nun seiner wohlverdienten Mittagspause. Er legte die Schaufel beiseite, schob die leere Schubkarre aus dem Weg um sie später wieder zu befüllen und klopfte sich den Sand von der Hose bevor er die Handschuhe auszog. „Wenn es nicht so absurd klingen würde, wage ich es zu ja sagen, unsere Schwester ist schwanger!“
 

Serah lächelte betrübt zu Boden und tat seine Vermutung sogleich als Käse ab. „Das glaube ich eher weniger.“
 

„Das meine ich ernst! Ich kann es mir natürlich auch schwer vorstellen weil ja irgendwo der männliche Part in ihrem Leben fehlt, aber alles ist möglich, haha!“ Snow leerte nach einem nervösen Lachen seine von der Sonne erwärmte Getränkedose und öffnete eine Zweite. Er nahm Serahs unruhige Verfassung durchaus zur Kenntnis. Wenn sie sich sorgte, dann fand sie keine Ruhe, bevor sie die Bedenken los wurde. Vorsichtig hob er die Hand, strich zärtlich über ihre freie Schulter und legte seinen Arm schließlich gänzlich um sie. „Mach' dir mal nicht so viele Gedanken, Baby. Deine Schwester hatte sich schon seltsamer benommen als jetzt. Vor allem kurz nach unserer Hochzeit, mannomann! Da hätte man wirklich meinen können, sie wäre schwanger. Weißt du noch als sie mit diesen verheulten Augen im Bad saß und niemand von uns wusste, was plötzlich mit ihr los war?“
 

Serah nickte.
 

Es war einer der Abende, die Snow und ich miteinander verbracht hatten, nachdem wir mit unseren Freunden eine kleine Feier zur Neueröffnung von Lebreaus Bistro abhielten. Lightning konnte an dem Tag wegen starken Rückenschmerzen nicht zur Arbeit und blieb Zuhause im Bett. Als ich mit Snow abends zurück kam, fanden wir sie weinend im Badezimmer vor. Niemand von uns hatte sie jemals so aufgelöst gesehen, vor allem Snow nicht. Der Anblick einer weinenden Lightning war für ihn sicher befremdlich und irgendwo tat es uns weh, eine sonst so starke Persönlichkeit plötzlich so völlig verletzt erleben zu müssen. Meine Schwester...hat sich verändert. Seit dem Tod unserer Eltern hat sie ihre Trauer nicht mehr so gezeigt, wie an diesem Tag...es hat mich an die dunklen Jahre meiner Kindheit und Jugend erinnert, als Mama und Papa gestorben sind...
 

„Ja...da war ich sehr erschrocken. Als ich sie hinterher gefragt habe, hat sie natürlich wie immer geblockt und gemeint, es wäre alles in Ordnung. Sieht ihr ähnlich.“ Bedrückt zuckte Serah die Achseln und schmiegte sich an die Seite ihres Mannes. „Ich habe es dann irgendwann aufgegeben weiter nach zu fragen, als sie sich beruhigt hat. Und eine Stunde später war sie auch schon so wie immer.“
 

Snow rülpste herzhaft. „Haha...ja, in der Tat. Das fing ja schon wieder damit an, dass sie drohte, mir meine Füße abzuhacken, wenn ich sie auf den Couchtisch lege. Aber Probleme verdrängen konnte sie ja schon immer sehr gut.“ Er sah hinauf in den Himmel. „Ich glaube sie macht sich noch immer Vorwürfe wegen Fang und Vanille. Sie gibt sich irgendwo die Schuld dafür, dass die beiden ihr Leben opferten um Cocoon zu retten und fühlt sich insgeheim für sie verantwortlich. Ich dachte, die Arbeit würde ihr genügend Ablenkung verschaffen...anscheinend habe ich mich da wohl geirrt. Aber du kennst die Schwester. Manchmal ist sie ein wenig seltsam.“
 

Light ist also noch immer nicht über die Tatsache hinweg, dass Fang und Vanille die Katastrophe von Cocoon verhindern konnten indem sie dafür starben? Ist das der Grund? Natürlich sind wir alle noch immer sehr betroffen und bedauern es doch, dass es so kommen musste, aber...es ist sinnlos, sich nach der Vergangenheit zu sehnen um den Wunsch zu hegen, diese zu verändern, wenn wir doch nach vorn schauen müssen...
 

Seufzend sah Serah auf und nahm seine schmutzige Hand. „Ich weiß. Und jetzt lass uns los, sonst kommen wir noch zu spät und handeln uns wieder einen Haufen Ärger ein.“ Um von ihren Gedanken abzulenken, zog sie Snow hinter sich her durch die holprige Straße in Richtung Strand. Die Hitze stieg ihnen zu Kopf und die Arbeiter auf dem Bahnhof zogen sich langsam zurück um ihre einstündige Mittagspause auszukosten, die sie mit wohlverdienten, eiskalten Getränken in der Strandbar genossen. Lebreau führte ihr kleines aber erfolgreiches Restaurant an der Küste, von wo aus sie auch fleißige Helfer auf den Baustellen mit Getränken und Nahrung versorgte, die aus den Vorratslagern Cocoons stammten und in großen Frachtgütern tonnenweise nach Grand Pulse gebracht wurden. Für Lebreau waren die Tage ebenfalls anstrengender geworden, sie hatte genau wie Snow und Gadot kaum noch Freizeit um sich als NORA-Mitglied auf die Jagd nach Monstern zu machen oder wilde Partys zu feiern. Nahezu jeder von ihnen engagierte sich für das Wohl der Allgemeinheit und legten ihre eigenen Bedürfnisse größtenteils erst einmal auf Eis.
 

Snow und Serah betraten Hand in Hand das noch im Aufbau befindliche Lokal und staunten nicht schlecht über die große Besucherzahl. Die Terrasse war überfüllt mit Menschen, die sich um die Mittagszeit hier ausruhten um nachher wieder auf den Baustellen ihre Arbeit aufzunehmen. Aber auch innen wuchs die Schlange immer mehr, die auf die Getränkelieferung warteten. Serah stellte sich auf Zehenspitzen um über die Köpfe der Besucher hinweg zu sehen und erkannte nur wie Lebreau von einer Ecke in die andere flitzte. Sie schwitzte am ganzen Körper und Serah tat ihr Leid.
 

„Komm schon, wir packen mit an!“, rief sie Snow zu, der nicht gerade begeistert war von der Idee seiner Frau. Er war schon den ganzen langen Tag auf den Beinen, seine Füße schmerzten und wollte sich eigentlich lieber kurz setzen und seinen Kreislauf wieder aufpäppeln lassen.
 

„Ah, ihr kommt gerade rechtzeitig!“ Lebreau drückte Serah umgehend eine Kiste Wasserflaschen in die Arme. „Hier. Die gehen an die Nummer 28. Und diese hier sind für Nummer 21 und 23.“
 

Snow nahm zwei Kästen entgegen und hob sie hoch. „Sag mal, wo ist eigentlich Gadot? Ich habe ihn den ganzen Morgen nicht gesehen. Er wollte sich eigentlich zu mir gesellen damit ich in der Bullenhitze nicht allein den ganzen Schotter verteilen darf aber ich habe nichts von ihm gehört.“
 

„Keine Ahnung! Er hat mir vorhin geholfen die Getränke einzulagern, danach ist er mit diesem einen Typen da abgehauen!“, antwortete Lebreau gestresst als sie an ihm vorbei ging, strich sich die triefenden, pechschwarzen Strähnen aus dem hübschen Gesicht und verschwand in den hinteren Lagerraum.
 

„Was für ein Typ?“, hakte Snow neugierig nach und blickte irritiert zu Serah, die nur ratlos mit den Achseln zuckte, bevor er Lebreau in die Halle folgte damit sie keine Chance hatte, ihn abzuschütteln. Er mochte es nicht, wenn jemand mit ihm in Rätseln sprach.
 

„Was weiß ich wie der heißt? Dieser Kettenraucher vom Jagdgeschwader! Ich hab seinen Namen vergessen! Anstatt hier unpassend Fragen zu stellen, sieh lieber zu, dass du endlich die Lieferung abgibst!“
 

„Wie sah er aus?“
 

Lebreau blieb vor der Tür stehen, seufzte aufgebend, drehte sich zu Snow herum und wischte sich aufatmend den Schweiß von der Stirn bevor sie die Hände in die Hüften stemmte. „Beschissen sah er aus!“, platzte es genervt aus ihr heraus. „Als hätte er nächtelang kein Auge zugetan und sein leichenblasses Gesicht war voller blauer Flecken! Außerdem hatte der Kerl nur noch ein Bein. Er saß hier heute Morgen, hat sich einen Whiskey nach dem anderen hinter die Binde gekippt, geraucht wie ein Schlot und war kaum ansprechbar. Als Gadot heut früh hierher kam hat er ihn aufgegabelt und irgendwohin mitgenommen.“
 

„Hast du mit ihm gesprochen?“ Snow stellte die Kästen ab auf den Tresen.

„Mit wem? Gadot?“

„Hat er irgendwas gesagt?“

„Nein, er ist ohne ein Wort abgehauen und hat mich mit meinem Kram allein zurück gelassen, der Penner. Wenn du ihn triffst, dann verpass' ihm einen deftigen Arschtritt von mir.“

„Sorry, Leb. Ich werd's ihm ausrichten, wenn ich ihn sehe.“
 

Lebreau lächelte etwas misstrauisch, schlug Snow freundschaftlich mit der Faust gegen die Schulter und verschwand nun endgültig im Raum hinter ihm um gekühlte Getränke vorzubereiten. Der Blonde griff nach den Flaschen und schleppte sie brav zusammen mit Serah zu den durchnummerierten Kunden. Für ihn kam die Neuigkeit von Lebreau allerdings sehr überraschend. Snow hätte nicht damit gerechnet, dass 'er' überlebt hatte.
 

Er nahm sein Handy aus der Hosentasche und rief unverzüglich Gadot an.
 

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Lightning betrat das Sicherheitsterminal und lief schnurstracks gerade aus durch den Eingangsflur. Sie bewegte ihren Daumen rasch über den in der Wand installierten biometrischen Sensor um sich mit ihrem Fingerabdruck zu identifizieren. Seit der Cocoon-Krise residierte ein großes noch im Aufbau befindliche Gebäude in der Stadt, arrangiert von PSIKOM in dem Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen für Cocoon durchgeführt wurden - der zentrale Punkt für zuständige Soldaten des Sicherheitsregiment um den Zustand Cocoons ununterbrochen zu überwachen. Seit einigen Wochen verpflichtete Lightning sich dazu, hier ihre Fertigkeiten als Soldatin und seit kurzem beförderte Ausbilderin in unterschiedlichen Programmen zum Einsatz zu bringen. Sie stellte neue Rekruten ein und durfte diese unter Offizier Amodar nun auch ausbilden. Nachdem sie die Kräfte einer l'Cie verließen, überkam sie das Gefühl der Nutzlosigkeit wenn sie nicht einer Tätigkeit nachging. Seit ihrer Jugend kannte sie nur das Berufsleben im Militärwesen und sie wollte weiterhin das tun, was sie am besten konnte; für andere stark sein und sich Mühe geben, sie zu beschützen.
 

Ein grünes Licht blitzte auf. Die Schranken öffneten sich summend und sie setzte ihren Weg fort durch den Korridor bis sie in einem Treppenhaus angekommen war. Im zweiten Stockwerk schloss sie ihr Gepäck im Spind ein, lief eine Etage höher um sich in einem der Räume nieder zu lassen wo sie bereits von den Kollegen aus ihrem Arbeitsfeld empfangen wurde.
 

„Hierher, Farron.“
 

Sie schloss die Tür hinter sich, als sie von einem Mann in einer leuchtend blauen Uniform plump angesprochen wurde. Sie trat langsam näher an das breite Pult, an dem er saß, warf ein paar prüfende Blicke darüber. Dice Langston, ehemaliger PSIKOM-Prätorianer, der bis vor kurzem noch gegen die l'Cie und die Invasion aus Pulse in Cocoon gekämpft hatte. Als liberaler Feldherr übernahm er nun die führende Rolle im PSIKOM-Sicherheitsamt. Lightning war ihm damals während des Angriffs aus Grand Pulse nur für einen kurzen Moment begegnet. Sie hatte ihn in Eden auf dem Weg zum Fal'Cie Orphanus mehr oder weniger unbeabsichtigt vor einem wütenden Adaman Chelys gerettet und ermöglichte ihm so die Flucht, die ihn vor dem Tode bewahrte. Auch wenn Lightning bereits keine l'Cie mehr war, so betrachtete Dice sie dennoch weiterhin ziemlich abwertend; vermutlich weil er den ehemaligen Pulse l'Cie noch immer nicht verzeihen konnte und ihnen in eigener Frustration über den Verlust der Heimat die Schuld am Fall Cocoons gab. Lightning sah dies allerdings relativ gleichgültig, denn sie kannte die Wahrheit, auch wenn sie schwer zu akzeptieren war.
 

Sie nahm Platz zwischen ihm und Tex Madison, ihr alter Partner im Bodhumer Sicherheitsregiments und professioneller Scharfschütze. Er war ein optimistischer Jüngling mit strubbeligem, dunkelblondem Haar welches er ständig ungekämmt unter seinem schwarzen, mit bunten Pins und glänzenden Orden besticktem Barett versteckte. Ein halbes Jahr älter als Lightning, bestanden sie beide zusammen die Ausbildung zum Soldaten in der Schutzgarde. Nach der Katastrophe in Cocoon hatten sie sich dank Offizier Amodar, ihrem Vorgesetzten, wiedergefunden und arbeiteten nun mit Kollegen des PSIKOM zusammen im Bereich der Gefahrenprävention und Abwehr.
 

Sie sah zum großen Monitor an der Wand als Dice mit der Hand darüber fuhr und ein digitales Straßennetz von Eden aufrief.
 

„Heute Morgen bekamen wir eine seltsame Meldung von den Luftaufklärern in der Aerial-Zentrale nahe Eden. Die Kollegen sind bereits bis zum äußeren Kristallkern durchgedrungen, jegliche weiteren Operationen mussten allerdings abgebrochen werden.“
 

Lightning sah skeptisch zu Dice hinüber, wie er nervös in seinen Papieren herum blätterte um sich die Notizen zurecht zu legen, die er für die Berichterstattung benötigte.
 

„Sie haben eine gewaltige, mysteriöse Energiequelle im Raum um Eden ausfindig gemacht, dessen Ursprung bisher noch unbekannt ist.“, fuhr Tex stattdessen weiter fort um Lightning über die momentane Lage aufzuklären.
 

„Ein Fal'Cie?“, schlussfolgerte Lightning sofort und schlug die Beine übereinander während sie die Karte von Eden betrachtete.
 

Tex lehnte sich gemütlich in seinem Stuhl zurück und grinste verschmitzt. „Das haben wir auch erst vermutet, aber nachdem Cocoon anfing zu 'nem Eisklotz zu werden, haben auch die Cocoon Fal'Cie ins Gras gebissen. Es ist unwahrscheinlich, dass nach Orphanus' Tod noch Fal'Cie überlebt haben. Immerhin war das ungezogene Waisenkind ihr Energieversorger und die Wurzel allen Übels, die jetzt ja ausgerissen wurde.“
 

„Wobei nicht auszuschließen ist, dass sich tief im Kern noch Pulse Fal'Cie befinden, die für die Energiequelle verantwortlich sein könnten. Immerhin existieren dort auch geheime Pulse-Residuen.“, ergänzte Dice und zog einen voll beschrifteten Zettel hervor. „Hier haben wir es ja. Das Protokoll der Aerial-Zentrale: 'Bis zum Zentrum von Eden, dem ehemaligen Sitz des Primarch, ist ein Durchkommen unmöglich. Die gesamte Stadt ist von einer Barriere mit kristalliner Struktur versiegelt worden. Unsere Waffen erweisen sich als unbrauchbar, da jegliche physikalische Auswirkung von einem energiereichen Schutzwall absorbiert wird.“
 

Nachdem Dice fertig gelesen hatte, schüttelte Lightning mit dem Kopf. „Ich verstehe das Problem nicht. Ich dachte Eden wäre bereits komplett evakuiert worden. Warum sollen wir uns dann die Mühe machen und in die Stadt eindringen wenn dort sowieso nichts mehr zu finden ist?“
 

„Das ist richtig.“, bestätigte Dice und blickte zum Monitor hinauf. „Aber das primäre Problem ist nicht die Energiequelle, sondern die Auswirkungen ihrer Existenz. Sie ist die Ursache der vollständigen Kristallisation, die von Eden aus beginnt, sich unweigerlich durch Cocoon frisst und das gesamte Objekt in nur wenigen Monaten zu einer unglaublich schweren Kugel werden lässt. Berechnungen zufolge könnte durch das starke Druckgewicht die Stützsäule brechen und Cocoon mit verheerenden Folgen auf Pulse fallen.“
 

„Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das für eine Unordnung gibt, wenn Cocoon wie ein nasser Sack auf Pulse knallt. Ich hätte keine Lust, die ganze Sauerei wieder aufzuräumen, auch nicht, wenn sich mein Gehalt dadurch um das Doppelte erhöhen würde.“, feixte Tex, seiner witzelnden Bemerkung schenkte jedoch niemand Aufmerksamkeit, da die Lage anscheinend viel zu ernst war um darüber Scherze zu machen.
 

„Es wäre fatal. Die Wucht des Aufschlags durch die Gravitation von Pulse wird immens sein, vielleicht sogar so stark, dass sie Grand Pulse komplett zerstören könnte.“
 

Lightning verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete einige Fotos von Cocoon auf dem Bildschirm. Es sah furchtbar aus in den Städten. Die Hälfte der Gebäude und Wälder waren von einer tödlichen Kristallschicht überzogen, Feuer und Wasser verloren ihren ursprünglichen Aggregatzustand und erstarrten zu einer steinharten, ewigen Masse.
 

Waren dann ihre Opfer umsonst? Waren unsere Kämpfe um Cocoons Rettung nutzlos? Hat der Tod von Orphanus jetzt indirekt auf diese Weise die komplette Zerstörung beider Welten initiiert...? War es falsch, was ich getan habe? War meine Entscheidung ein Fehler?
 

Ihre bestürzenden Gedanken fanden schnell ein Ende. Die Besprechung wurde unangekündigt unterbrochen als Leutnant Amodar den Raum betrat. Er war völlig außer Atem, schien ziemlich aufgebracht zu sein und befand sich in Begleitung zweier bewaffneter Soldatinnen.
 

„Wir brauchen dringend Verstärkung! Am Wasserwerk wütet eine große Horde Cie'th. Sie sind massig in der Überzahl und haben bereits die Stadt erreicht.“
 

„Was?“ Ungläubig erhob Lightning sich aus ihrem Stuhl, von plötzlicher, innerlicher Panik gepackt, die sie jedoch gekonnt zurück schraubte. Sie hatte über Jahre gelernt immer gefasst zu bleiben, jegliche Emotionen auszuschalten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Erneut wurde sie dieser Prüfung unterzogen, wie so oft schon.
 

Ruhig bleiben. Ich bin zwar erst seit kurzem zur Ausbilderin befördert worden, aber...ich kann nicht einfach handeln, wenn mir die Informationen fehlen. Ruhig bleiben...ich darf nicht übermütig werden und planlos an die Sache heran gehen. Beobachten. Die Situation erörtern und dann agieren.
 

Amodar blickte wartend zu Lightning herüber, erfasste ihre innere Ratlosigkeit, die sie jetzt gerne aber vergeblich zu verstecken versuchte. Aber er konnte nicht warten. Es blieb keine Zeit um großartig Pläne zu schmieden. Amodar trat an das Steuerpult, wählte schnell eine Nummer auf der Tastatur und nahm den Funkmelder zur Hand. „Leutnant Amodar spricht hier. Wir brauchen umgehend Unterstützung vom Jagdgeschwader. Eine Horde Cie'th dringt in die Südstadt ein. Das Sicherheitsregiment Bodhum und die PSIKOM-Elite fordert unvermittelt Boden- sowie Luftabwehr an. Sie sind in der Überzahl und drängen unsere Sicherheitstrupps massiv in die Defensive. Noch ist niemand ernsthaft zu Schaden gekommen, aber die Lage ist kritisch. Die Cie'th führen mächtige, magische Angriffsserien aus, die unsere magieresistente Ausrüstung überfordern. Die Koordinaten des Gefechtsstandes lauten 49° 25’ Nord, Longitude 017° 51’Ost. Ein Feuerbefehl ist freigegeben.“
 

Das war es, was ein guter Offizier erforderte. Die sofortige, nötige Selbstbeherrschung, das Verantwortungsbewusstsein und Kommunikationsfähigkeit. Lightning hatte das Gefühl, all dies nicht mehr zu beherrschen.
 

Mit Tex stürmte sie aus dem Raum, rüstete sich mit ihrer Waffe aus um gleich danach die Rekrutenkompanie zusammen zu rufen. Jetzt zählte jede Sekunde.
 

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Zigarettenrauch stieg in die Luft auf, vermischte sich mit dem Licht, der untergehenden Sonne. Mit dem Zeigefinger schaltete er das Radio etwas lauter, bevor er den Zigarettenstummel in den überfüllten Aschenbecher drückte. Er wartete, bis die Glut erlosch, blies den letzten Rauch aus den Lungen und sah von der Dachterrasse hinunter.
 

„...sie bereits die südliche Region erreicht haben. Der Sicherheitsdienst für die Bevölkerung ordnet an, die Ruhe zu bewahren, sich umgehend in ein Gebäude zu begeben und sich möglichst unauffällig zu verhalten. Cie'th in unmittelbarer Menschennähe wurden bislang nicht gesichtet, es besteht aber die Gefahr, dass die Invasion auch die dichter besiedelten Wohngebiete betrifft. Die Schutzgarde, Jagdbrigade und die PSIKOM-Elitetruppen sorgen bereits für einen umfassenden Schutz. Bitte bleiben sie ruhig, es besteht keinen Grund zur Panik...“
 

Er blickte mit einem schwachen Lächeln auf die traumhafte Landschaft, die sich unter seiner Dachterrasse erstreckte. Ein langer, dunkler, schimmernder Fluss aus Millionen Cie'th pulsierte über den Boden, bewegte sich wie eine Masse aus Teer zäh in Richtung Neu-Bodhum.
 

Eine kleine Flamme blitzte im Dämmerlicht auf als er eine neue Kippe anzündete und sich dabei auf dem Holzstuhl nieder ließ, den leeren Blick auf das flackernde Teelicht im Glas gerichtet.
 

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Trostlos tauchte die Sonne hinter einem Wolkenschleier die Landschaft in ein blutiges Rot und warf tiefe, schwarze Schatten vor die Felsen und Bäume. Kreisende Amphisbaena-Flugdrachen zogen ihre Runden durch die ewigen Höhen des malvefarbenen Himmels, umflogen wie die streifenden Aasgeier den Kristall von Cocoon. Das weiche Zwielicht des Abends wurde durch schrille, panische Angstschreie und Gewehrsalven zerschossen. Augenblicklich wurde das abgeschottete Wohngebiet um Neu-Bodhum in ein großes Schlachtfeld verwandelt. Schüsse fielen, Bomben explodierten, Blitze hagelten hinab und zerstörten Teile der Bilderbuchidylle. Hunderte bewaffnete Einsatzkräfte verteilten sich in einem Umkreis von einem Kilometer um die Massen der Cie'th aufzuhalten und die Bewohner zu schützen. Sowohl die fliegenden Varcolaci als auch die gefährlichen Sakryonten und Nosferatu brachten die Kämpfer bereits nach kurzer Zeit an die Grenzen ihrer Ausdauer. Sie spürten die unsagbare Zähheit der Cie'th, die mit ihrem Kristallkörper als nahezu unbesiegbar erschienen.
 

Tex und Lightning rannten im Sturmfeuer bewaffnet über die bewachsene Steppe in eine geeignete Nische hinter ein paar Büschen um sich vor den magischen Attacken der Cie'th zu schützen, die bereits ganze Landstriche verwüstet haben. Der junge Soldat zog ohne zu zögern sein Sturmgewehr hervor, suchte im Zielfernrohr einer der kristallinen Monster, welches planlos durch die Gegend streifte. Mit einem Schrei brach es erschöpft zusammen als der Schuss fiel, begleitet von weiteren Salven.
 

„Ich übernehme die dicken Brocken von hier aus, Farron.“, lächelte er selbstsicher, zog das Barett gerade und hob das Gewehr erneut an um die Sakryonten und Nosferatu mit einem gezielten, tödlichen Schuss in ihr rotes, auf der Brust befindliche Auge, auszuschalten.

"Kann ich mich auf dich verlassen?" Lightning, die ihrem Partner bisher die nötige Rückendeckung gab, blickte wachsam um sich, ihre Gunblade stets griffbereit.

"Was soll diese rhetorische Fragerei?" Tex grinste sie überheblich an, brachte damit Lightning leicht zum Schmunzeln. Sie hatten sich schon damals sehr gut verstanden, auch wenn sie nicht die besten Freunde wurden.

Um sie herum wurde es verdächtig laut und die Cie'th kamen spürbar näher. Die tödliche Aura, die sie umgab, war merklich wahrzunehmen. Während die Schüsse von Tex permanent durch ihre Ohren sausten, versuchte sie sich einen Gesamtüberblick der Situation zu verschaffen. Der Fernmelder in ihrem Ohr versorgte sie mit Informationen aus der Umgebung.
 

„Die Quelle der Cie'th befindet sich in unserer unmittelbaren Nähe.“
 

Sie sah nach oben in den Himmel und verfolgte den Einsatz der automatisierten Kampfflieger und Drohnen, die sich in den Schwarm der Ungeheuer stürzten. Die durch die Cie'th und den Sprengstoff verursachten Brände verschlechterten zunehmend die Sicht der Landstreitkräfte als eine dicke Rauchwolke über sie hinweg zog. Extrem glatte Eisschollen erschwerte den Kampf auf dem ohnehin schon kräftig bewachsenen, felsigen Boden von Pulse.

Ein großer Energieball, der vor ihren Füße ein großes Loch in den Boden schlug, zwang Lightning mit einem rechtzeitigen Sprung auszuweichen. Der Nosferatu kam näher, hatte sich sogleich freiwillig dazu bereit erklärt, Bekanntschaft mit ihrer Gunblade zu machen. Geschickt nahm sie Anlauf, donnerte die scharfe Klinge in agilen Hieben immer wieder gegen den diamantenen Körper des Unwesen bis dieses geschwächt zu Boden sackte. Mit einem finalen Schlag versetzte die Soldatin dem bemitleidenswerten Ungetüm einen Gnadenstoß in das rote Auge, worauf sich der Nosferatu unmittelbar vor ihr in Kristallstaub zerfiel.
 

Durch die dicke Qualmwolke erschienen vier weitere Cie'th, die die Soldatin recht schnell umzingelten. Lightning hielt ihre Waffe einsatzbereit in der Hand, beugte sich vor um einen Raserei-Angriff zu starten. Mit einem schnellen Präventivschlag beschädigte sie die Beine der Cie'th, unterstützt durch einen gekonnten Rundumschlag. Eine mächtiger Ruinga-Konter schleuderte sie hart zu Boden und mit ihr zusammen die Fanalsturmklinge aus den Händen.
 

„Es sind zu viele!“, konnte sie Tex zu dem Sicherheitstrupp herüber rufen hören, bevor er in aufkeimender Bedrängnis und Wut auf die Cie'th schoss, die Lightning umschlossen und gefangen hatten.
 

Ein plötzlicher, stechender Schmerz fuhr durch ihre Knochen, vom Kopf bis in den kleinen Zeh. Lightning richtete sich stark benommen auf, stützte sich mit den Ellbogen ab und rollte sich mit einem erschrockenen Keuchen zur Seite, als die steinernen, wuchtigen Pranken der Nosferatu nur wenige Zentimeter neben ihr einschlugen. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, dass sie von bereits hunderten von Cie'th umzingelt wurde, die mit jedem Schritt näher kamen und sie einengten. Gegen diese Anzahl würde sie allein niemals eine Chance haben. Von Sekunde zu Sekunde wurden es mehr, bis sie schließlich keinen anderen Ausweg sah, als zu fliehen. Und auch diese Option schlug fehl; ein harter Schlag traf sie dumpf am Hinterkopf, und sie sank schwummerig wieder auf die Knie. Ihre Kräfte hielten sich deutlich in Grenzen seitdem sie den l'Cie-Fluch losgeworden war. Die große Überzahl an Cie'th machte sie zusätzlich zu schaffen. Wie gelähmt, zu keiner Bewegung mehr fähig, blieb sie unter drückenden Schmerzen in ihrem Rücken liegen. Noch nie hatte sie sich so schwach gefühlt wie in diesem Moment, wo die Wehrlosigkeit sie ergriff. Als sie wieder ein Schlag auf den Rücken traf, konnte sie einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Sie hob schwer atmend den Kopf, starrte für nur wenige Sekunden in das rote Auge, welches sich auf dem Herz des einen Nosferatu befand.
 

„Lightning!“
 

Sie hielt sich reflexartig die Ohren zu, als ein Kugelhagel fiel. Einer der Nosferatu brüllte und bäumte sich auf, taumelte dann unbeholfen zurück, drehte sich um und ließ von ihr ab. Ihm folgten auch die anderen, die sich soeben noch nach der Vernichtung der Soldatin gesehnt hatten. In nur wenigen Sekunden, von einem Moment auf den anderen kehrte die Horde Cie'th, die die Stadt stürmte, unerwartet um.
 

Tex nahm langsam den Finger vom Abzug seines Sturmgewehrs als der Haufen Cie'th sich auflöste, sah dabei zu wie sich die Nosferatu, Wesen für Wesen, aus dem Gefecht zurückzogen. Er packte Lightning am Arm, zog sie mit größter Sorgfalt wieder auf die Beine.
 

„Alles okay, Light?“ Er reichte ihr die Sturmklinge.

„Ja...“, log sie trocken, steckte die Waffe weg, biss die Zähne zusammen, den starken Schwindel und die Schmerzen in ihrer Brust ignorierend.
 

Die Sonne war fast hinter dem Horizont verschwunden. Lightning hielt sich an Tex's Schulter fest, blickte dabei um sich. Sie legte eine Hand auf ihre Brust und atmete unruhig. Die Cie'th flüchteten regelrecht verängstigt vom Kampffeld. Als sie näher an die feuernden Soldaten trat und mit einem Handzeichen den Feuerbefehl ihrer Rekruten einstellte, waren die Monster bereits auf der Flucht in die unendlichen Weiten von Grand Pulse. Das Feuer wurde vorerst eingestellt und der schwarze Qualm verzog sich nur gemächlich aus der Umgebung.
 

„Was geht hier vor sich?“, fragte Tex misstrauisch nach, wandte sich Lightning und Amodar zu und steckte sein Gewehr in den dafür vorgesehenen Halter an seinem Gürtel. „Sie ziehen sich zurück. Sieht mir so danach aus.“
 

„Ja.“ Amodar nickte zustimmend. „Wir können von Glück sprechen. Fast hätten sie uns überwältigt...ist jemand aus eurer Truppe verletzt worden?“

„Nein. Alles im grünen Bereich.“
 

Lightning überblickte das offene, verwüstete aber nun verlassene Feld, hielt Ausschau nach Verletzten. Glücklicherweise hatten die meisten Soldaten nur mit ein paar leichten Wunden und Verbrennungen zu kämpfen, die mit der richtigen Medikation schnell verheilten. Die Cie'th waren fort, aber sie spürte, als wären sie nicht freiwillig gegangen. Sie wurden dazu getrieben, zu fliehen.
 

„Sind Sie in Ordnung, Miss Farron? Können sie mich hören?“ Als Lightning mit kreidebleichem Gesicht aufsah, nickte sie nur, ohne die Worte des besorgten Amodar richtig zu verstehen und konnte seine Stimme nur noch gedämpft wahrnehmen. Sein Gesicht wurde unscharf, verschwamm schließlich ganz mitsamt einer Schmerzattacke, die ihr Rückenmark durchzog. Die flackernde Schwärze vor ihren Augen teilte ihr mit, dass sie der Ohnmacht gefährlich nahe war. Ihre Beine verloren an Gefühl, wurden taub, weich wie Pudding. Sie konnte hören wie Tex alarmiert nach ihr rief und sie berührte, bevor sie von einer steilen Klippe herab in die tiefe Dunkelheit stürzte...



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