Zum Inhalt der Seite

Lichtsucher

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lebe wohl, Nava

Wenn du dies hier liest, Nava, dann weißt du, dass ich nicht zurückkommen werde, nicht zurückkehren kann, denn wenn dir Kane oder Reva diesen Brief hier übergibt, dann bin ich nicht mehr am Leben.

Ich wusste, dass meine Reise sehr gefährlich werden würde, aber ich konnte nicht anders, ich musste gehen um zu finden, was auch immer es zu finden gab. Ich hätte keinen ruhigen Augenblick mehr gehabt, wäre ich nicht gegangen. Ich hoffe, dass du es verstehst. Nicht jetzt, aber irgendwann.

Doch ich wollte dich nicht im Unklaren lassen, deswegen schreibe ich hier, im Angesicht des Todes, diese Zeilen.

Es begann damit, dass wir einen Hinweis auf etwas entdeckten, dass groß ist, viel, viel größer, als du es dir nur vorstellen kannst!

Ein Ort, verborgen, versteckt vor der Welt, wo wir in Frieden leben können. Unsere eigene kleine Welt. Wir mussten sie einfach suchen und ja, wir fanden sie.

Und mussten einen hohen Preis bezahlen, jeder einzelne von uns, doch dafür, das wir nun den Weg kennen und andere dorthin geleiten können, war er lachhaft gering. Auch dich werden sie dorthin bringen, das haben sie mir versprochen, denn ich kann es nicht mehr tun.

Ich wollte, ich könnte dir die ganze Geschichte erzählen, sie würde dir gewiss gefallen. Zumal sie keine Mär ist, wie das, was ich dir sonst erzähle. Sie ist wahr und ich hoffe, dass unsere Freunde dir von unserer Reise berichten werden.

Irgendwann, wenn sie all den Schrecken überwunden haben, der uns auf unserer Reise begegnete, wenn ihre Träume nicht mehr voller Finsternis und Angst sind, wenn sie nicht mehr in der Dunkelheit der Nacht die Bestien sehen, die wir trafen, dann werden sie dir vielleicht auch irgendwann einmal von meinen Tod erzählen.

Und bis dahin soll dich das Wissen trösten, das ich zu jeder Zeit wusste, was ich tat und es aus freien Stücken geschah. Das war mein Preis für das Paradies. Er ist hoch und dennoch unglaublich gering.

Zu guter Letzt bleibt mir nur noch, dich um Verzeihung zu bitten. Obwohl es so großartig war, was wir entdeckten, hätte ich nicht einfach gehen dürfen. Nichts auf der Welt hat einen Wert der hoch genug ist, vergessend zu machen, dass ich dich niemals wieder sehen werde.

Nichts Geringeres ist es, was ich mir in diesem Moment wünsche, doch ich weiß, dieser Wunsch bleibt mir verwehrt. Mein Leben findet hier und jetzt sein Ende. Und so bleibt mir zum Schluss nur der Gedanke an dich.

Lebe wohl, Nava. Wenn es eine Welt für die Toten gibt, sehen wir uns vielleicht dort wieder.

Len

»Hast du mich etwa schon vergessen?«

Unsicher schaute Len hinter dem Baum hervor. Seine Gedanken rasten, während er die Reiter an sich vorbeiziehen ließ. Er hoffte, dass sie ihn nicht entdecken würden. Und er hoffte, dass sie nicht zu den Reitern von Karelahn gehörten, denn dann hatte er ein Problem.

Er hörte, wie sie sich in einer fremden Sprache unterhielten und derbe lachten und er schloss die Augen, atmete langsam durch und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen.

Schließlich machte er ein paar Schritte zurück, nahm Anlauf und sprang den Baumstamm hinauf. Er kletterte nach oben und setzte sich im dichten Laub auf einen Ast und beobachtete von hier, wie sie langsam vorbei ritten.

Sie trugen schwarze Lederkleidung und verbargen ihre Gesichter hinter Helmen. Ihre Pferde waren alle unterschiedlich, somit gab es keinen Hinweis zu erkennen, woher sie kamen.

So kletterte Len noch ein wenig höher hinauf und hoffte, dass sie ihn für ein Eichhörnchen hielten und nicht auf die Idee kamen, die Bäume zu untersuchen. Und zur Abwechslung hatte er sogar einmal glück, sie ritten einfach vorbei und setzten ihren Weg fort.

Als von ihnen nichts mehr zu sehen oder zu hören war, sprang er auf den Weg hinab. Er schaute den Reitern nach, wägte den Weg ab, den sie nahmen und kam zu dem Schluss, dass er vor ihnen nichts mehr zu befürchten hatte. Er wandte sich ab und lief den Weg in die entgegensetzte Richtung zurück, dorthin, wo die Reiter hergekommen waren.

Er folgte dem Weg nicht lange, als er aus dem Wald herauskam, machte er einen Sprung auf die Wiese und rannte so schnell er konnte über das weiche Gras. Erst als er meinte, seine Lunge müsste explodieren, blieb er stehen und ließ sich einfach fallen.

Er hielt die Luft an und lauschte, doch in seinen Ohren rauschte das Blut so laut, das er nichts anderes hören konnte. So vertraute er auf seine Augen als er sich noch einmal suchend umblickte, doch er konnte niemanden entdecken.

Schließlich sackte er regelrecht zusammen und blieb für eine halbe Ewigkeit einfach nur liegen, versuchte, sein jagendes Herz und seinen rasselnden Atem zu beruhigen, während er in seinem Kopf schon weiter rannte.

Er hoffte, dass die Reiter wirklich weiter gezogen waren, denn wenn sie nur so getan hatten und ihm schließlich gefolgt waren, konnte er nur beten, dass sie nicht aus Karelahn kamen. Wobei er nicht daran zweifelte, dass sie ihn schon auf seiner Flucht eben mit einem Bogen niedergestreckt hätten, wäre dies der Fall. Es sei denn, sie erfreuten sich an der Menschenjagd, dann war eine fliehende Beute reizvoller.

Len schüttelte den Kopf. Das Grübeln brachte nichts, es führte zu nichts. Er atmete noch einmal tief durch und stand auf. Er schaute sich vorsichtig um, bevor er geduckt loslief. Er wollte ein möglichst kleines Ziel bieten, das hohe Gras half ihm dabei. Er wusste, dass man von den Wegen aus kilometerweit über die Wiesen blicken konnte. Er war noch lange nicht außer Sicht, auch wenn er die Hoffnung hatte, dass sie ihn von hier aus nicht mehr mit ihrem Bogen würden treffen können.

Er hatte das Bedürfnis, wieder wie vom Teufel gejagt, loszurennen, aber er wusste, dass das nichts brachte, dann musste er nur noch eine Pause einlegen, die er sich vielleicht nicht leisten konnte, also trabte er lieber in einem gemäßigten, kräftesparendem Tempo voran, das er lange durchhalten konnte.

Irgendwann kam er schließlich auf den nächsten Weg und erst hier fühlte er sich wieder halbwegs sicher. Er schaute zurück über die Wiese, dann ging er mit schnellem Schritt los. Bald schon traf er die ersten Menschen die er kannte.

Ein Bauer, der mit seinem Ochsenkarren Heu einholte, grüßte ihn lächelnd.

»Hallo Len, bist du auf den Weg ins Dorf?«, fragte er gut gelaunt.

»Guten Tag Mikosch. Ja, aber nicht aus erfreulichen Gründen«, antwortete Len und blieb besorgt stehen.

Auch Mikosch hielt seinen Karren an und sprang vom Kutschbock hinab.

»Ist etwas passiert?«, wollte er leise und eindringlich wissen.

»Ich habe eben im Wald von Arelah Reiter gesehen. Sie trugen schwarzes Leder und Helme, aber keine Wappen und ihre Pferde schienen wild zusammengewürfelt, deswegen weiß ich nicht, woher sie kamen«, erklärte der junge Mann und starrte zu Boden.

»Fremde Reiter. Haben sie sich unterhalten? Weißt du in welcher Sprache?«, fragte Mikosch.

»Ja, sie haben miteinander gesprochen, aber ich habe es nicht verstanden und die Sprache kam mir auch nicht bekannt vor.«

»Was hast du getan? Haben sie dich gesehen?«

»Ich denke nicht. Ich stand jenseits der Wege und wollte eben einen gefangenen Hasen aus einer Falle befreien, da habe ich sie gehört. Ich habe mich hinter einem Baum versteckt, aber von dort aus konnte ich sie nicht gut erkennen, also bin ich hinaufgeklettert und habe sie von einem niedrigen Ast aus beobachtet. Nachdem sie weg waren bin ich so schnell wie möglich weggelaufen und hierher gekommen. Ich denke nicht, dass sie mir gefolgt sind«, antwortete er und schaute nachdenklich über die Wiese in jene Richtung, wo er den Weg zum Wald von Arelah wusste.

»Gut, ich werde acht geben und alle warnen, denen ich begegne.« Mikosch kletterte wieder auf seinen Kutschbock.

»Ich werde im Dorf bescheid geben und dann nach Hause laufen«, antwortete Len und sein Gegenüber nickte nachdenklich.

»Und verlass das Haus nicht, bis einer aus dem Dorf bescheid gibt. Wir wissen nicht, was die Männer wollen, öffne niemandem, den du nicht kennst«, betonte Mikosch und ließ seine Ochsen vorwärts laufen.

Len schaute ihm einen Moment lang nach, dann nickte er entschlossen und lief in Richtung Dorf weiter. Unterwegs traf er noch den einen oder anderen Menschen und auch die warnte er, doch schließlich kam er in Tesfall an.

Hier sprach er mit Rannan, dem Dorfvorsteher, der ihm den gleichen Rat gab, wie auch schon Mikosch zuvor: Nach Hause gehen und Fenster und Türen geschlossen halten, niemandem öffnen, den er nicht kannte.

Len nickte, während er sich seinen Teil dazu dachte. Als ihn der Dorfvorsteher schließlich entließ, lief er erst einmal nicht in Richtung seines Hauses, sondern wieder in Richtung des Waldes von Arelah. Er tat schon aus Prinzip nur selten das, was man ihm sagte, er sah keinen Grund, das heute zu ändern.

Natürlich wollte er nicht so weit laufen, das er Gefahr lief, die Männer wieder zu treffen, aber er wollte sehen, wo ihre Spuren entlang führten, wie nahe sie dem Dorf wirklich gekommen waren.

Er folgte der Hauptstraße bis sie mit dem Weg zum Wald verschmolz. Er fand die Spuren sofort, hier waren sie nicht zu übersehen. Und das machte ihn stutzig. Im Wald hatte er keine gesehen, dabei war der Boden dort sehr viel weicher. Waren diese Hufspuren wirklich von denselben Pferden? Oder anders gefragt, warum gaben sie sich im Wald solche Mühe, nicht entdeckt zu werden?

Für einen Moment war er versucht, den Reitern zu folgen, doch schließlich schüttelte er den Kopf. Das war nicht mehr seine Sache, ihm konnte es egal sein. Im Dorf wusste man von ihrer Anwesenheit, einen Überraschungsangriff hatte man also nicht zu befürchten und das, was hinter dem Wald lag, war nicht mehr seine Sache.

Len zögerte dennoch einen Moment bevor er sich umdrehte und nach Hause lief. Er umging das Dorf, lief stattdessen durch einen Apfelhain, obwohl der Weg länger war. Schließlich kam er auf dem großen Gutshof an, auf dem er wohnte.

Er sah, wie der Stallbursche Temmur gerade dabei war, den Zweispänner einzuspannen, als er auf den Hof lief.

»Kannst du gleich lassen, in der Gegend treiben sich Unbekannte herum«, erklärte Len und streichelte über den Pferdehals als er vorbei lief.

»Unbekannte? Aus Karelah?«, wollte Temmur wissen.

»Weiß ich nicht.« Len hatte keine Lust, alles noch einmal zu erzählen. »Aber es wäre möglich.«

»Gut, sagst du dann im Haus bescheid? Dann bringe ich die Pferde wieder in den Stall.« Temmur griff sich schon die Zügel. Len schaute ihn noch einen Moment nach, denn schlenderte er, als hätte er alle Zeit der Welt, ins Haus.

Er fand Lord Aaric im Wohnzimmer, wo er sich gerade zur Ausfahrt fertig machte. Er zögerte sofort, als er Lens nachdenkliches Gesicht sah.

»Herr, im Wald von Arelah hat man unbekannte Reiter entdeckt, es wäre sicherer, wenn Ihr nicht ausfahren würdet«, begann der junge Mann.

Lord Aaric nickte nachdenklich und schaute aus dem Fenster.

»Schwierig. Der Ausflug ist wichtig, aber unter diesen Umständen… Weiß Temmur schon bescheid?«, fragte er dann.

»Ja, er war gerade dabei, die Pferde einzuspannen, jetzt hat er sie wieder in den Stall gebracht«, antwortete Len.

»Gut. Dann bleiben wir also doch hier. Jetzt geh zu Nava, wenn sie von den Reitern hört, hat sie gewiss angst allein.«

Len nickte und verließ den Raum. Zur Abwechslung folgte er dem guten Rat auch einmal und verließ das Haus, um auf ein Nebengebäude zuzusteuern. Das Gesinde lebte nicht im Haupthaus, anders als auf den anderen Höfen mussten sie sich aber auch keine Zimmer teilen, sondern besaßen ihr eigenes kleines Reich. Nicht, das es besonders viele Bedienstete gegeben hätte.

Er betrat den Teil des Hauses, den er gemeinsam mit Nava bewohnte. Er wusste, dass sie zu Hause war, sie verließ fast nie das Haus. Er fand sie in der kleinen Küche, wo sie schon fleißig damit beschäftigt war, zu kochen und zu backen. Er blieb in der Tür stehen und beobachtete sie still.

»Du bist schon zu Hause? Ich habe dich noch gar nicht so früh erwartet«, lachte Nava, als sie ihn bemerkt.

»Ich hab Reiter im Wald von Arelah gesehen. Sie trugen kein Wappen, ihre Gesichter verborgen und ihre Pferde unterschiedlich, keiner weiß woher sie kommen«, erklärte er knapp und trat nun gänzlich ein.

»Fremde Reiter? Sind sie in diese Richtung gezogen?«, wollte Nava sogleich erschrocken wissen.

»Nein, sie kamen aus dieser Richtung. Sie sind am Dorf vorbei in den Wald geritten. Allerdings ist seltsam, dass sie ihre Spuren beim Dorf offensichtlich ließen, im Wald aber verbargen«, antwortete er und schloss sie in die Arme.

»Glaubst du, das sie gefährlich sind?« Sie schaute ängstlich zu ihm auf und schmiegte sich eng an ihn.

»Ich weiß es nicht, aber je länger ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher erscheint es mir«, antwortete er und gab ihr einen Kuss. »Sie wirkten nicht, als wollten sie ihre Anwesenheit verbergen, sie schienen nur nicht zu wollen, das man ihre Reise durch Arelah entdeckte, sonst schien es ihnen egal.«

»Das passt zumindest nicht auf Reiter aus Karelah. Aber warum sollten sie sonst ihre Herkunft verbergen wollen, warum ritten sie nicht unter einem Wappen?«

»Das weiß ich nicht, das würde mich aber auch stark interessieren«, knurrte Len unwillig und ließ sie los, um sich ausgesprochen rüde auf einen Stuhl zu setzen.

»Denkst du, dass das Ritual deswegen schon wieder abgesagt wird?«, fragte sie leise und setzte sich auf seinen Schoß.

»Ich fürchte es fast. Sechs Jahre verdammt, und immer kam irgendetwas dazwischen! Ich habe keine lust mehr, als Knabe bezeichnet zu werden, als wäre ich ein Kind! Ich muss Leuten Respekt entgegenbringen, die jünger sind als ich und nicht halb so viel erlebt haben. Langsam muss es doch einmal reichen.« Frustriert legte der junge Mann seinen Kopf auf Navas Schulter ab.

»Diesmal klappt es bestimmt. Sie können dich nicht immer zu einem Kind degradieren«, fand die und drehte sich um. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und ihre Kopf auf seine Brust. Mit geschlossenen Augen lauschte sie seinem Herzschlag.

»Doch, leider schon. Deswegen höre ich auch nicht mehr auf ihre Ratschläge, es sind solche, denen man Kindern gibt. Aber genau genommen bin ich ja auch noch ein Kind.« Er nahm sie fest in die Arme.

»Nur für sie. Für mich bist du das schon lange nicht mehr«, antwortete sie und küsste ihn.

Als sich ihre Lippen von seinen lösten und sie ihm einen Moment in die Augen blickte, schien es, als wollte er widersprechen, doch er blieb still. Stattdessen seufzte er und schloss die Augen.

»Lass uns essen, das Haus sichern und dann schlafen gehen. Wer weiß was morgen für ein Tag wird, wenn noch mehr Reiter auftauchen und sie vielleicht doch nichts Gutes im Schilde führen, könnte es sonst schlimm enden.«

Nava zögerte, nickte schließlich und stand auf.

»Das Essen dauert noch einen Moment, du kannst ja schon einmal die Läden schließen«, überlegte sie leise, dann wandte sie sich wieder dem Herd zu.

Len zögerte einen Augenblick. Er hatte ihr angst gemacht, das wusste er. Einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, sie zu beruhigen, doch er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Das waren nicht die ersten Fremden in dieser Gegend und dies war auch nicht das erste Mal, das sie das Haus verbarrikadierten, um mit einem halbwegs sicheren Gefühl schlafen zu können.

Es herrschten schlimme Zeiten im Land und ein Ende war nicht in Sicht. Die Kämpfe waren noch nicht bis in dieses entlegene Fleckchen Erde vorgedrungen, doch das war nur eine Frage der Zeit und das wussten die ostsansässigen Menschen auch. Die fremden Reiter wurden immer zahlreicher, die Gelegenheiten, bei denen sie Gutes mit sich brachten, immer seltener.

Es hatte schon Wochen gegeben, wo sich die Reiter von Karelah so nahe befunden hatten, das des Nachts sogar Wachen aufgestellt worden waren, damit niemand im Schlaf gemeuchelt wurde.

Diese Zeiten waren vorbeigegangen, doch wenn die Alten gelegentlich von den Jahren vor dem Krieg erzählte, wo man sich noch guten Gewissens bei Nacht vor die Tür wagen konnte, so schien es den Jüngeren, als erzählten sie von einer Mär, einer völlig anderen Welt, die schon lange zerstört und fast vergessen ward.

Darüber dachte Len nach, als er die Fensterläden fest verschloss und die Riegel vor die Tür legte. Als er wieder in die Küche zurückkehrte, spielte er einen Moment mit dem Gedanken, zumindest diesen Laden vorerst offen zu lassen, damit sie nicht bei Kerzenschein essen mussten, doch als sein Blick auf Nava viel, da entzündete er schon eine Kerze und schloss auch den letzten Laden.

Dann setzte er sich an den Tisch und im Schein der Kerzen aßen sie still zu Abend. Anschließend gingen sie hinauf und legten sich gemeinsam ins Bett. Len blies die Kerze aus und nahm Nava in die Arme. Sie schmiegte sich eng an ihn und versuchte, nicht ständig nach draußen zu lauschen. Er indes summte ein beruhigendes Lied, während er über den vergangenen Tag nachdachte und sich fragte, was der Kommende wohl bringen würde.

Irgendwann fiel ihm auf, dass die junge Frau in seinen Armen eingeschlafen war. Die Erschöpfung hatte schließlich doch über ihre Angst gesiegt, es wunderte ihn nicht. Er konnte sie in der Dunkelheit nicht sehen, doch er spürte ihren Körper und gab ihr einen Kuss auf ihr Haar, dann schloss auch er die Augen und versuchte einzuschlafen.

Er erwachte durch ein seltsames Geräusch. Er klang nicht, als wenn jemand versuchte Tür aufzubrechen, es klang aber auch nicht wie ein Klopfen oder dergleichen. Es dauerte auch einen Moment bis Len bewusst wurde, das es nicht einmal von unten aus dem Haus kam, sondern irgendwo von oben her.

Sogleich versteifte er sich. Irgendwer schien durch das Haus zu schleichen. Einen Augenblick überlegte er, ob er Nava wecken sollte, doch dann zog er vorsichtig seinen Arm unter ihrem Körper hervor und entzündete die Kerze. Er stand auf, griff sich dabei den Dolch, der neben dem Bett lag, und verließ das Zimmer um zu schauen, wer oder was dort durch das Haus schlich.

Er schloss die Augen und lauschte, versuchte die Richtung zu lokalisieren und stellte fest, dass die Geräusche aus einem ungenutzten Raum kamen. Len schlich hin und stieß die Tür mit einem Ruck auf, doch auch wenn der Kerzenschein den leeren Raum voll ausleuchtete, so befand sich hier doch niemand.

Len zögerte. Er war sich sicher, dass das Geräusch von hier gekommen war, doch er sah niemanden. Er schaute zur Sicherheit auch noch hinter die Tür, auch wenn er aus eigenen Erfahrungen wusste, dass man sich hier nicht verstecken konnte, doch auch hier war niemand.

Da jedoch erklang das Geräusch von neuem und es kam ganz eindeutig vom Fenster. Eine Sekunde lang zögerte er noch, dann fasste er sich ein Herz und ging hin. Er öffnete es und stieß den Laden auf, bereit zu zustechen, sollte sich der Verursacher des Geräusches als gefährlich herausstellen.

Nun, er stellte sich als schwarz-gefiederten Vogel heraus. Ein Rabe, der mit seinen Krallen über das Holz kratzte und mit seinem Schnabel scheinbar gegen den Laden gerieben hatte.

»Verschwinde, Mistvieh«, knurrte Len und stieß mit der Kerze in die Richtung des Vogels, doch der zeigte sich völlig unbeeindruckt.

»Krah«, machte er bloß und Len war sich sicher, das der Vogel dabei herablassend klang. Einen Moment schaute er den Raben sprachlos an, dann schüttelte er den Kopf und griff nach den Läden.

»Komm her, wenn du noch ein Stück vorhüpfst, erwische ich dich mit den Läden«, erklärte er dem Vogel mit der süßesten Stimme, zu der er fähig war.

»Ich wäre sehr verbunden, wenn du mein Tier am Leben lassen würdest«, bemerkte da eine Stimme. Erschrocken machte Len einen Satz zurück und hob das Messer, doch er konnte niemanden sehen.

»Len, was muss ich tun, damit du einen alten Freund ins Haus holst, statt ihn die Nacht vor der Tür frieren zu lassen?«, rief die Stimme erneut, während der Rabe hinunter flatterte.

Der junge Mann zögerte unsicher, dann ging er ans Fenster und schaute hinab. Er meinte, dass ihm die Stimme bekannt vorkam, doch vor der Tür stand bloß eine der schwarz gewandeten Gestalten aus dem Wald und schaute zu ihm hinauf, verbarg dabei das eigene Gesicht durch seinen Helm. Sein Rabe saß auf dem Sattel des Pferdes.

»Alter Freund? Ich wüsste es, wenn ich mit einem Reiter aus Karelah befreundet wäre«, rief er misstrauisch hinab.

Die Gestalt jedoch lachte nur und nahm den Helm ab.

»Hast du mich etwa schon vergessen?«, fragte er grinsend, während sich das silberne Mondlicht im dunkeln Haar verfing und die goldenen Augen aufleuchten ließ.

Len zögerte erstaunt, dann lachte er laut auf.

»Kane?«, fragte er freudig.

»Ja! Das hat aber lange gedauert.«

»Warte! Ich bin sofort unten!«

Ohne eine Antwort abzuwarten lief Len ins Haus zurück. Er stürmte erst das Schlafzimmer.

»Nava! Kane ist hier!«, rief er und während sie sich langsam und verschlafen aufsetzte, stürzte er schon die Stufen hinab und riss die Riegel vor der Tür zurück, um diese schnell aufzureißen und seinen alten Freund in die Arme zu stürzen.

»Len! So lange ist es dann auch wieder nicht her«, lachte Kane.

»Wir haben uns seit zehn Jahren nicht mehr gesehen! Wie geht es dir? Komm herein!« Bevor sein alter Freund antworten konnte, hatte Len ihn schon hineingezogen.

»Gut, natürlich. Warum auch nicht?« Kane grinste breit, während sein Freund die Tür schloss. In der Zeit kam Nava verschlafen die Treppe hinab, bis sie erkannte, wer zu so später Stunde noch den Weg zu ihnen gefunden hatte.

»Kane?«, fragte sie ungläubig.

»Ja Nava, ich bin wieder da.«

»Kane!«, rief auch sie und stürzte in seine Arme.

»Komm, setz dich und erzähl uns von deinen Reisen«, freute sich Len und deutete in die Küche. Er machte Feuer im Kamin und bewirtete seinen alten Freund aus Kindertagen, den er so lange nicht mehr gesehen hatte.

»Erzähl«, sagte er, während Kane noch immer unbeirrt lächelte und seinen Raben streichelte.

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe gelernt, bin erwachsen geworden, wurde freigesprochen. Und jetzt bin ich hier.«

»Du hast fertig gelernt?«, fragte Nava ungläubig.

»Ja. Du weißt doch, dass Zauberer erst als vollwertig anerkannt werden, wenn sie ihre Lehre beendet haben und nun ja, was soll ich sagen? Wie ihr seht, ist mir das geglückt«, lachte Kane und deutete auf den Raben.

Nava gratulierte ihm herzlich, Len nicht, das entging dem Zauberer keineswegs, er schaute seinen Freund mit gerunzelter Stirn an.

»Freust du dich nicht für mich?«, fragte er geradeheraus.

»Ich, was? Nein, also, doch, schon, aber… sag mal, warst du allein unterwegs? Und seid ihr durch den Wald von Arelah geritten?«

»Nein, wir waren mehrere und ja, wie sind dort hindurch geritten, doch wieso die Frage?« Kane runzelte verwirrt die Stirn.

Erleichtert seufzte Len und lächelte.

»Gut, dann habe ich vielleicht ja dieses Mal Glück und bekomme auch endlich einmal mein Tier«, erklärte er.

»Du hast noch keines?« Ungläubig starrte Kane ihn an.

»Nein«, lächelte Len schief.

»Dann seid ihr auch noch nicht verheiratet? Na, dann ist es aber höchste Zeit. Morgen dann, was?«

»Ja. Wenn nicht wieder irgendetwas dazwischenkommt schon, ja«, seufzte Len und hoffte.

»Denk einfach einmal darüber nach.«

Len striegelte über das dunkle Fell, war dabei tief in Gedanken versunken. Er hörte kaum, wie Temmur in den Stall kam und neben ihn trat. Erst, als er die schwere Hand auf seiner Schulter fühlte, da schrak er heftig zusammen.

»Woran hast du gedacht?«, wollte der Knecht wissen und nahm dem jungen Mann den Striegel ab. Er erhielt keine Antwort, er erwartete auch keine.

»Ich habe heute Morgen mit Rannan gesprochen. Nachdem sich die Reiter als harmlos erwiesen haben, wird das Fest stattfinden. Er möchte, das du pünktlich bist.«

Len nickte still, dann lehnte er sich mit einem tiefen Seufzen an die Stalltür. Temmur betrachtete ihn einen Moment, dann seufzte er ebenfalls.

»Du solltest dich von Zauberern fern halten, sie bringen nie etwas gutes.«

»Kane ist anders«, antwortete Len darauf.

»Er war anders«, korrigierte der ältere Mann. »Vergiss nicht, ihr habt einander seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Das ist eine lange Zeit. Er ist nicht mehr derselbe wie damals. Du auch nicht. Fessel’ dich nicht zu sehr an die Vergangenheit, sonst wirst du nur enttäuscht.«

»Kane ist anders«, wiederholte Len darauf stur, nachdem er einen Moment gezögert hatte.

»Es geht hier aber nicht nur um Kane. Nava solltest du auch langsam vergessen. Sie wird dir nie näher sein als jetzt und wir wissen beide, dass dir das nicht reichen wird.«

Einen Moment lang begegneten sich ihre Blicke und hielten einander fest, dann wandte Temmur sich ab und brachte das Pferd in die Box. Als er den Stall verlassen wollte, blieb er noch einmal im Tor stehen und betrachtete den jungen Mann mit einem langen Blick.

»Denk einfach einmal darüber nach«, meinte er zum Schluss und ging dann endgültig.

Len blieb einfach wo er war und starrte das Stroh auf dem Boden an, während er über das nachdachte, was der Knecht zu ihm gesagt hatte. Er wusste, das Temmur recht hatte. Vielleicht nicht in allem, aber in manchen Belangen dafür ganz gewiss.

Das Geräusch von Schritten ließ ihn schließlich aufschrecken. Er schaute auf und sah Nava, die sich bei Kane untergehakt hatte. Die beiden wirkten glücklich und vertraut, wie sie so in den Stall kamen, doch Len erschrak.

Einerseits versetzte ihm die Vertrautheit der beiden, die trotz Kanes jahrelanger Abwesenheit nach wie vor scheinbar unvermindert weiter bestand, einen tiefen Stich, andererseits war es das erste Mal seit bestimmt zwei Jahren, das er Nava draußen sah.

Deswegen verdrängt er das brennende Gefühl der Eifersucht und zwang sich ein Lächeln aufs Gesicht.

»Geht es dir gut, Nava? Überanstrengst du dich auch nicht?«, fragte er sanft und machte einen Schritt auf sie zu.

»Nein, mir geht es gut. Kane meinte, ihr wollt ins Dorf reiten, ich will mit euch kommen. Ich will dabei sein, wenn du endlich ein Mann wirst«, lachte sie gut gelaunt.

Len warf Kane einen schnellen Blick zu, doch sein Jugendfreund schien den nicht zu verstehen und auch das versetzte ihm einen Stich. Er biss die Zähne zusammen, um seine Gedanken nicht allzu deutlich werden zu lassen, dann nickte er.

»In Ordnung, aber sobald es dir schlechter geht, gehen wir sofort wieder zurück«, sprach er sanft und drängt sich möglichst unauffällig zwischen sie und Kane. Es schien keinen von beiden aufzufallen. Er umarmte sie und gab ihr einen Kuss, musterte sie noch einmal besorgt, wandte sich dann zu seinen Freund um.

»Du musst gut auf sie aufpassen, es geht schneller als man meint«, erklärte er und konnte dabei nicht verhindern, dass seine Stimme kühl und ein wenig abweisend klang.

»Ich weiß Len. Sie war damals auch schon krank, falls es dir entfallen sein sollte. Wäre sie es nicht gewesen, wäre sie jetzt eine Zauberin. Dann wäre sie mit mir gegangen.« Auch Kane wirkte nun kühl und distanziert.

Einen Augenblick lang maßen sie einander mit ihren Blicken, dann wandte sich Len plötzlich mit einem Schulterzucken ab.

»Ich warte am Weg auf euch, kommt nach, wenn ihr soweit seid«, erklärte er und ging, ohne auf eine Antwort zu warten, während sich in seinem Kopf die Gedanken jagten.

Er spürte die Blicke im Nacken und mochte sich selbst Ohrfeigen, das er sich so wenig unter Kontrolle hatte, doch er wusste, dass es jetzt zu spät war, um es noch zu ändern. Später würde er Nava wohl Rede und Antwort stehen müssen, dessen war er sich ziemlich sicher.

Dass es niemals so weit kommen würde, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auf die Idee kam er gar nicht, als er den Weg entlang stapfte und schließlich stehen blieb, um auf die beiden zu warten.

Er musste sich nicht lange die Beine in den Bauch stehen, da kam Kane schon daher, am Zügel führte er seinen Rappen, auf dessen Rücken saß Nava und wirkte besorgt, von der Fröhlichkeit, die nur Augenblicke zuvor auf ihrem Gesicht gewesen war, war nichts mehr zu spüren.

»Entschuldige bitte, ich bin aufgeregt wegen dem Ritual und mache mir sorgen. Zehn Jahre lang musste ich das alleine tun, ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, dass ich mich nicht mehr alleine um alles zu kümmern brauche«, sprach Len, bevor einer der beiden etwas sagen konnte.

»Lass uns nicht mehr darüber sprechen, zumindest nicht heute«, fand Kane. »Immerhin ist heute ein besonderer Tag. Als wir klein waren, fand ich es immer unfair, dass du dein Tier vor mir bekommen würdest. Wer hätte gedacht, das es jetzt doch anders herum sein würde?«

»Ich wünschte, ich bekäme auch eines«, seufzte Nava vom Pferderücken aus.

»Tut mir Leid, aber das wird leider nicht gehen.« Len spürte, wie sich sein schlechtes Gewissen meldete. Weil er sich so sehr auf sein Tier freute und Nava dieser Weg wohl immer verwehrt bleiben würde.

Sie war schon von klein auf krank gewesen. Die Heiler wussten nicht genau, wie man ihr helfen konnte, was genau Heilung oder zumindest Linderung versprach und so hatte man Nava, aufgrund von Mangel besserer Ideen, immer in Häuser gesperrt, sie mit vier Wänden festgehalten und sie auf später vertröstet. Wenn es ihr besser ging.

Leider war dies nie eingetreten. Ihre Krankheit, die dafür sorgte, dass sie an manchen Tagen nicht einmal alleine die Treppe hinab laufen konnte, war nicht schlimmer geworden, doch eine Besserung suchte man ebenso vergeblich.

Auch jetzt wirkte Nava, trotz ihrer freudigen Erregung, blass und schwach und Len erwartete jeden Moment voll Sorge, dass sie wieder Blut hustete oder einen Schwächeanfall erlitt und vom Pferd rutschte. Er hoffte, das Kane die Situation nicht unterschätzte, denn das könnte sich für Nava als tödlich erweisen.

»Len? Sprichst du nicht mehr mit mir?«, fragte der Zauberer plötzlich und riss so den jungen Mann aus seinen Gedanken, die ihn weit fort geführt hatten.

»Doch, ich war nur… in Gedanken«, antwortete er wahrheitsgemäß und versuchte ein Lächeln. Es schien Kane zu reichen, doch Navas Stirnrunzeln zeigte deutlich, was sie von diesem emotionslosen verziehen der Mundwinkel hielt. Aber sie blieb still.

Schließlich erreichten sie das Dorf, wo die Vorbereitungen schon im vollen Gange waren. Sie setzten sich an den Rand und beobachteten das geschäftige Treiben, Nava umklammerte dabei mit, vor Begeisterung glänzenden Augen, den Korb voller Keksen und Kuchen, den sie gemacht hatte. Sie wollte ihren Teil beitragen und das hatte sie getan.

»Ich lasse euch jetzt einmal kurz allein, ich möchte Rannan fragen, was für Tiere sie gefangen haben«, erklärte Len irgendwann und stand auf. Er schaute zu Kane und mahnte ihn: »Pass gut auf Nava auf, ich bin gleich wieder da.«

Er war weg, bevor einer der beiden antworten konnte und stand binnen kürzester Zeit bei Rannan, der sich mit einem der Reiter unterhielt. Er zögerte kurz, denn er wollte den Dorfvorsteher nicht unterbrechen, doch der beendete von sich aus das Gespräch und wandte sich zu ihm um.

»Len, was gibt es?«, fragte der Mann und lächelte wohlwollend.

»Nichts wichtiges, ich wollte eigentlich nur wissen, was ihr für Tiere gefangen habt«, antwortete der und schaute an Rannan vorbei auf den Reiter.

Einen Augenblick lang wirkte der Dorfvorsteher unentschlossen, dann schob er Len einige Schritte beiseite und schaute sich verstolen um. Er hatte verschwörerisch die Stimme gesenkt, als er schließlich sprach.

»Hat dir Kane erzählt, was sie hier wollen?«, fragte er leise.

»Nein, ich habe aber auch nicht gefragt. Weißt du etwas?«

»Nein und das gefällt mir nicht. Sie sind nicht alle Zauberer, es sind auch viele Krieger unter ihnen und sie geben mir keine klaren Antworten. Vor allem nicht wenn ich frage, wohin sie unterwegs sind. Oder was sie in diese Gegend führt. Ich hatte gehofft, du wüsstest etwas.«

Len verneinte und schaute in die Richtung, in der er Kane wusste.

»Warum sie hier sind, habe ich mich aber auch schon gefragt. Und woher sie kommen. Soll ich Kane fragen?«

»Nur aus eigenem Interesse. Ich will dich nicht als Spitzel missbrauchen«, verneinte Rannan entschieden.

Len zögerte, schließlich nickte er und wandte sich ab. Er ging zurück zu Nava und Kane, setzte sich wieder zu ihnen.

»Wer sind deine ganzen Begleiter überhaupt? Und was tun sie hier? Tesfall ist nun wirklich kein besonders interessanter Ort«, fand er.

»Es geht uns auch nicht um Tesfall. Ich… ich darf es eigentlich nicht erzählen…«

»Dann tue es nicht, ich will nicht, das du meinetwegen ärger bekommst«, beeilte sich Len zu sagen.

Kane strahlte ihn einen Augenblick lang an, in seinen Augen blitzte es, dann schüttelte er den Kopf. Er deutete Len und Nava, das sie näher kommen sollten, sodass sie ihre Köpfe zusammenstecken konnten.

»Es geht gerade großes im Land vor. Wir haben wichtige Männer der Königin nach Westfenia eskortiert. Niemand darf wissen, dass sie hier sind, vor allem nicht die Männer von Karelahn. Im Wald von Arelah haben wir uns getrennt, eine kleine Gruppe hat die Männer der Königin nach Westfenia gebracht, denn so fallen sie weit weniger auf, während der Haupttrupp hier in der Gegend verweilen wird. Zur Ablenkung, um den Feind auf eine falsche Fährte zu locken, sollte er etwas ahnen«, erzählte er.

»Deswegen wart ihr also im Wald. Und deswegen habt ihr dort eure Spuren verborgen.« Jetzt ergab das alles für Len einen Sinn.

»Genau«, nickte Kane begeistert. »Es ist das erste mal, das ich bei so einer Mission dabei sein darf.«

»Heißt das, du gehst bald wieder? Wenn die Männer in Westfenia fertig sind, kehrst du dann wieder an den Königshof zurück?«, wollte Nava wissen, dabei waren Enttäuschung und Angst deutlich in ihrer Stimme zu hören, während ihre Augen ihn anflehten, das er verneinen mochte. Kane zögerte auch einen Moment, bevor er antwortete.

»Ja, ich werde mit ihnen zurück reiten«, begann er, doch er konnte nicht aussprechen.

»Wenn sie erfahren, dass du den Dörflern solche Informationen gibst, wird das deine letzte Mission gewesen sein, Zauberer«, erklärte einer der Reiter kalt, der ganz in ihrer Nähe stand. Erstaunt stellte Len dabei fest, das es keine männliche Stimme war, die unter dem Helm und unter dem dichten Fuchspelz, den sie um den Hals trug, hervordrang.

»Reva«, flüsterte Kane an seiner Seite und biss sich auf die Lippen. »Sie sind Freunde, sie verraten mich nicht.«

»Sie waren Freunde. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Vielleicht unterstützen sie mittlerweile Karelahn und du weißt es nicht. Dann hast du uns so eben ans offene Messer geliefert«, erklärte die Reiterin.

»So ist es aber nicht. Ich weiß es, sie würden mich nicht verraten.«

Die Überzeugung in Kanes Stimme überraschte Len. Auch er vertraute seinem alten Freund nach wie vor, doch ein ungutes Gefühl blieb dennoch irgendwie. Er hätte nicht so vertrauensvoll sprechen können.

Auch die Reiterin schien zu zögern. Sie schaute auf Nava hinab.

»Ist sie die, von der du mir erzähltest? Deine Verlobte?«, fragte sie kalt.

»Ja, das ist Nava«, bestätigte Kane. Dass Len zusammenzuckte und mit einem schlechten Gewissen zu Boden blickte, bemerkte er nicht.

»Sie wird nie ein Tier bekommen, ihr könnt nicht heiraten«, sprach er leise.

»Am Königshof ist das nicht so wichtig«, wunk der Zauberer ab und lächelte seinen Freund an. »Wenn es Nava gut genug geht, dann werde ich sie mitnehmen. Und wer weiß, vielleicht wissen die Heiler am Hof ja, wie man ihr helfen kann.«

»Kane, du hältst noch immer an unserer Verlobung fest?«, fragte da Nava überrascht.

»Ja, warum denn auch nicht? Sollte ich es etwa nicht tun?«, wollte der erstaunt wissen.

»Ich dachte, du hättest mich schon längst vergessen.« Sie tauschte einen schnellen Blick mit Len. »Aber Len hat recht, wir können nicht… Ich habe kein Tier, ich bin noch ein Kind und das ist so nicht richtig.«

»Komm erst einmal mit mir, Nava. Wie gesagt, vielleicht wissen die Heiler am Hof mehr, vielleicht kannst du ja doch eines bekommen«, lächelte er, schaute dann zu Reva auf. »Bitte, verrate mich nicht.«

Die Reiterin zögerte sichtlich, dann schaute sie auf Len. Er konnte ihre Augen sehen, die aus dem Dunkeln des Helmes zu ihm blitzten. Sie schaute ihn sehr lange an. Schließlich nickte sie, als wäre sie zu einem Entschluss gekommen und ging davon, ohne noch ein Wort zu sagen. Sie ging direkten Weges zum Anführer der Reiter sprach leise auf ihn ein, deutete dabei immer wieder zu ihnen zurück, sodass für die drei keinen Zweifel blieb, was sie da tat.

»Denkst du, das du viel ärger bekommen wirst?«, wollte Nava leise wissen.

»Ich weiß es nicht, aber wenn, dann will ich ihn mir sofort abholen«, fand Kane, stand auf und ging zu Reva und den fremden Reiter.

Sie unterhielten sich eine Weile, dabei gestikulierte Reva immer wieder in ihre Richtung, während Kane störrisch den Kopf schüttelte und regelrecht entrüstet wirkte. Schließlich beendete der dritte Reiter die Diskussion mit einer Handbewegung. Er schien Reva fortzuschicken, denn sie nickte schließlich, zuckte mit den Schultern und ging.

Kane sagte dazu noch etwas, woraufhin der Reiter ihn zurechtwies und schließlich ebenfalls in die Richtung von Nava und Len deutete. Der Zauberer fuhr sogleich wieder auf, eine ganze Weile diskutieren sie zu zweit weiter, dann beendete der Reiter die Unterhaltung mit einer Geste. Er sagte noch etwas, dann ging er.

Kane stand noch einen Augenblick da. Er blickte zu seinen Freunden, doch machte er keinerlei Anstalten, zu ihnen zurück zu gehen. Stattdessen wandte er sich schließlich ab und verschwand mit harschen Schritten im Getümmel.

»Was sie wohl besprochen haben?«, fragte sich Nava.

»Ich denke, sie haben ihm verboten, weiter mit uns zu verkehren. Damit er nicht noch mehr verraten kann, ich glaube nämlich nicht, dass das schon alles war«, antwortete Len und hatte recht damit, wie er schon bald erfahren sollte. Kane hatte wirklich nicht alles verraten.

Die nächsten Augenblicke jedoch verbrachten er und Nava alleine. Ab und zu gesellte sich der eine oder andere aus dem Dorf zu ihnen, doch sie alle gingen nach kurzer Zeit schon wieder, worüber die beiden nicht einmal besonders traurig waren. Sie mochten die Leute aus dem Dorf, aber wenn sie zu lange bei ihnen blieben, fühlten sie sich bald schon beobachtet und bedrängt.

Schließlich begann die Musik zu spielen, die das Fest eröffnete. Sogleich sprang Nava auf und schaute mit leuchtenden Augen auf Len hinab.

»Lass uns tanzen!«, rief sie begeistert aus.

»Das ist zu anstrengend für dich«, versuchte der junge Mann abzulehnen, doch das Mädchen ließ den Einwand gar nicht gelten. Sie ergriff seine Hand und stemmte sich mit all ihrer Kraft gegen ihn, um ihn zum Aufstehen zu bewegen.

Len tat schließlich was sie wollte und Nava zog ihn lachend zu den anderen Tanzenden. Er machte sich noch immer sorgen um sie, doch schließlich siegte die gute Laune und schon bald tanzten sie lachend durch die Menge, bis sie sich erschöpft ein wenig abseits ausruhen wollten.

Nava ließ sich kichernd ins Gras fallen und atmete tief durch, während ihr Atem sich langsam wieder beruhigte. Sie beobachtete Len, der zufrieden seinen Kopf auf den Knien gebettet hatte und noch immer das Treiben beobachtete. Als er jedoch ihren Blick spürte, schaute er sie fragend an.

»Ist etwas?«, wollte er wissen.

»Nein. Nichts, was von Bedeutung wäre«, lachte sie und ihre Augen leuchteten wissend.

»Na, wenn du meinst…«, antwortete er, doch konnten sie diese Unterhaltung nicht weiterführen, denn eine Bewegung weckte ihre Aufmerksamkeit.

Rannan ging mit einer Fackel zum Holzhaufen, der schon seit Wochen ein wenig Abseits der Häuser wuchs, und machte somit deutlich, das die Feier zum zweiten Teil überging. So folgte ihm die Festprozession, auch Nava und Len. Sie verteilten sich um den Holzstoß herum und warteten, bis der Dorfvorsteher mit dem Sprechen begann, dabei legte sich eine fast greifbare Stille auf die Menschen.

»Was Wasser, Erde und Wind vollbrachten, soll nun im Feuer brennen!«, rief Rannan dann aus und schmiss die Fackel ins Holz. Sogleich brach unter den Dörflern lautes Jubelgeschrei aus, das immer lauter wurde, je höher die Flammen zu lodern begannen.

»Feuer! Wind! Wasser! Erde! Gebt uns euer Einverständnis, wenn ich euch darum bitte, aus unseren Kindern erwachsene Männer und Frauen zu machen!«

Das Holz war trocken, es brannte nun lichterloh, es knackte und zischte im Haufen und Funken stoben umher, doch keiner tat auch nur einen Schritt zurück. Sie alle blieben, wo sie waren, bis schließlich Rannan zufrieden nickte.

»Gut, dann fangen wir mal an. Thekla, zu mir!«, rief er einem Mädchen zu, das erst vor ein paar Tagen das nötige Alter erreicht hatte. Voll Freude sprang sie zu ihm, während von der anderen Seite der Schmied Rolfa kam, die Hände zu einer hohlen Kugel verschlossen und mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen.

»Hier, bitte. Dein Tier. Ich finde, es passt zu dir. Eine würdige Gegnerin, mal schauen, wer von euch das Rennen macht und wer als erstes aufgibt und ruhiger wird«, erklärte er grinsend und legte etwas Kleines in ihre Hände. Thekla schaute erstaunt, dann jauchzte sie laut und hätte das kleine Etwas fast fallen gelassen, während sie erst Rolfa, dann Rannan in die Arme fiel.

»Was hast du für ein Tier?«, rief es aus der Menge und Thekla wandte sich um und präsentierte etwas, das man auf die Entfernung nicht richtig erkennen konnte und das Flackern der Flammen machte es nicht einfacher.

»Ein Eichhörnchen!«, antwortete sie lachend und lief zurück in die Menge, zu ihren Eltern und Freunden, die ihr gratulierten.

»Ferra, du bist als nächstes dran«, fuhr Rannan da auch schon fort und ein weiteres Mädchen kam zu ihm gelaufen. Ihre Wangen glühten rot und ihre Augen glänzten vor Begeisterung. Sie schaute aufgeregt um sich, als ihr Bruder mit einer jungen Stute daherkam.

»Ein Pferd?«, rief Ferra erstaunt.

»Ja. Damit du schnell wie der Wind zurückkehren kannst, wenn du mal wieder für Wochen unterwegs bist«, lachte der Bruder und gab ihr das Seil. Da umarmte Ferra erst ihn, dann das Pferd und begleitete ihren Bruder zu Familie und Freunden.

»Gontas, komm her.« Rannan wartete nicht einmal, bis sie gänzlich in der Menge verschwunden war, als er schon den Nächsten rief. Einen hageren, blassen Jungen, der nur zögernd und nervös nach vorne trat.

»Für dich haben wir etwas ganz besonderes«, lächelte Rolfa, der nach wie vor vorn stand. Gontas wirkte daraufhin ein wenig enttäuscht, denn es schien, als würde der Schmied einfach noch einmal ein kleines Tier aus der Tasche zaubern. Stattdessen jedoch trug der Müller Rondes ein Kitz zu ihnen und drückte es Gontas in die Arme.

»Du bist zu ängstlich. Jetzt aber musst du mutig sein, für dein Kitz.«

Der junge Mann starrte Rondes einen Augenblick lang aus großen Augen erstaunt an, dann nickte er entschlossen und mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen und ließ sich von Rolfa wieder in die Menge führen.

»Jetzt bleiben nur noch zwei und ich denke, wer sechs Jahre lang gewartet hat, dem werden die letzten Minuten auch nichts mehr ausmachen, nicht wahr, Len? Also komm her, Panje, erst du.«

Ein sehr selbstsicherer junger Mann lief nach vorn und baute sich betont gelassen vor Rannan auf, doch seine zitternden Hände verrieten seine Aufregung. Hinter ihm kam auch schon seine große Schwester, die Hände kichernd hinter dem Rücken versteckt.

»Also, was bekomme ich?«, wollte Panje wissen und schaute sich suchend um.

»Den hier«, lachte seine Schwester und drückte ihn ein kleines Wildkaninchen in die Arme. »Gontas muss mal ein wenig selbstbewusster werden, dir dagegen würde etwas Ruhe ganz gut tun. Vielleicht kann er dich dazu bringen.«

Ihr Bruder nahm das Kaninchen zwar an, doch er starrte erst sie, dann Rannan ungläubig an, erkannte dann, dass dies kein Scherz war. Ein wenig verstimmt, aber ohne Widerspruch lief er zurück zu seiner Familie, hörte sich dabei klaglos die Kommentare seiner Freunde an.

Panje war ein Angeber und es gab niemanden, der ihm diese kleine Blamage nicht gönnte, doch er hatte nicht vor, ihnen auch noch Futter zu geben, indem er sich aufregte. So ertrug er alles mit einer stoischen Gelassenheit und wusste, dass er sich mit dem Kaninchen schon noch anfreunden würde. Gezwungener maßen.

Da trat dann auch Len nach vorn, voller Freude, das er jetzt endlich, nach all den Rückschlägen, zum Mann erklärt werden würde. Erwartungsvoll schaute er Rannan an, doch der lächelte bloß und nickte dann nach rechts. Als Len dorthin sah, erkannte er Temmur, der mit einem Welpen im Arm und einem stolzen Lächeln auf den Lippen auf ihn zukam.

»Ein Hund?«, fragte der junge Mann erstaunt, als der Knecht nah genug war.

»Ein Wolf«, korrigierte der zufrieden.

»Warum?«

»Weil er ein Waise ist. Und dir auch anderweitig recht ähnlich«, fand Temmur und drückte Len das kleine Tier in die Arme. Der zögerte, dann lachte er und umarmte den Knecht, soweit es ihm möglich war. Er dankte auch Rannan, dann wollte er zurück zu Nava laufen, sah aber aus dem Augenwinkel, wie die Reiter sich ihm näherten.

Der Anführer, mittlerweile seines Helmes entledigt, wirkte ernst und zu allem entschlossen, als er sich vor Len aufbaute.

»Es wird Zeit zu gehen, junger Prinz«, sagte er laut und mit fester Stimme, während der junge Mann vielsagend die Stirn runzelte.

»Prinz?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. Er hielt es für einen Scherz, doch dem Reiter schien es todernst.

»Stellt euch nicht dumm, man sieht die Ähnlichkeit sofort. Jetzt kommt mit uns, wir werden sofort aufbrechen.« Damit wandte er sich ab und wollte zurück ins Dorf gehen, schien dabei davon auszugehen, das Len ihm folgte, doch der setzte den Wolf zu Boden und runzelte bloß die Stirn. Schließlich zuckte er mit den Schultern und wollte weiter zu Nava gehen, doch ein weiterer Reiter stellte sich ihm in den Weg.

»Das war kein Scherz. Und du hast bloß die Wahl, ob wir dich fesseln und tragen, oder ob du freiwillig läufst«, erklärte er kalt.

Len starrte ihn an, schüttelte dann den Kopf und wollte einfach weitergehen, doch der Reiter versperrte ihm weiterhin den Weg. Da kam Kane zu ihm und umarmte ihn.

»Komm einfach mit. Wir klären das schon, dann kannst du wieder nach Hause, aber wenn du dich sträubst, dann tun sie dir weh und das will ich nicht«, flüsterte er.

»Aber das ist doch Schwachsinn! Ich bin doch kein Prinz, wie kommt man auf solche Ideen?«, fragte er bissig und drängte sich wütend vorbei.

Da griff der Reiter zu, hielt ihn grob fest und drängte ihn in Richtung Dorf, während zwischen den Dörflern Unmut laut wurde. Len wehrte sich, doch er hatte keine Chance, denn noch ein zweiter und schließlich ein dritter Reiter stürzten sich auf ihn und auch wenn er sich wehrte wie ein Löwe, so hatte er doch keine Chance.

Sie rangen ihn zu Boden und fesselten ihn, während er schrie und tobte. Er sah, dass die Leute aus dem Dorf ihm helfen wollten, doch die Reiter hielten sie spielend in Schach. Und so wurde er schließlich auf den Rücken eines Pferdes gesetzt und mit fortgenommen.

Und er verstand nicht einmal, wieso.

»Was ist das dort?«

Len saß auf dem Fensterbrett seines Turmzimmers und starrte auf die weite Stadt unter sich, die sich bis zum Horizont zu erstrecken schien. Er schaute auch immer wieder nach unten in den Hof, wusste dabei sicher, dass er sich bei einem Sprung beide Beine brechen würde, sollte er ihn überhaupt überleben. Und auch das Klettern war nicht möglich, die Wand war zu glatt und bot keinerlei Halt, das hatte er gleich in den ersten fünf Minuten ausprobiert und war dabei fast abgestürzt.

Jetzt dachte er darüber nach, wie er anderweitig fliehen konnte, doch er hatte keine Idee. Er war schon alle möglichen und unzähligen unmöglichen Ideen durchgegangen, doch jede hatte in seinen Gedanken gleich geendet. Damit, das er wieder in diesem Zimmer saß und vor sich hin starrte.

Es war Kane, die ihn aus seinen Gedanken riss. Als er die Zimmertür schloss, rastete sie mit einem lauten Knacken ein. Len jedoch schaute nicht in die Richtung, er zuckte nur erschrocken zusammen, starrte dennoch weiter aus dem Fenster.

»Ich habe dir jemanden mitgebracht«, begann der Zauberer unsicher, mit zitternder Stimme, doch Len hörte keine Schritte, so nahm er an, das Kane an der Tür stehen geblieben war.

Er war wütend auf seinen Freund, er wollte nicht mit ihm reden, er wollte ihn nicht anschauen. Er wollte den Zauberer vollkommen aus seinen Gedanken streichen, leugnen, dass er überhaupt existierte.

Doch Len wusste, das er dies nicht tun konnte und so ließ er noch einige Sekunden verstreichen, bevor er sich umwandte. Kane stand wirklich noch an der Tür, schaute ihn unsicher und traurig an, in den Armen hielt er dabei den Wolfswelpen.

Den hatte man Len auf ihrer Reise nicht wiedergegeben, was auch immer er versucht hatte. Auch seitdem sie hier waren, hatte man ihm diese Bitte verwehrt, wenngleich er nach wie vor nicht wusste, wieso. Jetzt gaben sie ihm das kleine Tier also scheinbar doch wieder.

»Len, bitte. Das wollte ich nicht. Ich wusste, dass sie ihn suchen, aber doch nicht, dass sie dich für ihn halten könnten. Ich habe versucht, ihnen klar zu machen, dass das Schwachsinn ist, aber sie hören mir nicht zu.« Traurig blickte der Zauberer zu Boden.

»Ich wünschte, du wärst niemals wiedergekommen, Kane. Alles war gut, bevor du aufgetaucht bist. Ich hatte eine gute Arbeit, ein Dach über den Kopf und wurde im Dorf akzeptiert. Und ich hatte Nava, die zu mir stand«, begann Len.

Er bedachte Kane mit einem langen Blick nahm jede seiner Regungen in sich auf. Er wollte seinem Freund wehtun, denn es war seine Schuld, dass er hier nun festsaß und nicht wieder gehen konnte. Temmur hatte recht gehabt, er hätte sich von dem Zauberer fernhalten sollen.

»Und dann bist du gekommen. Und deinetwegen habe ich alles verloren. Meine Arbeit, meine Freunde, meine… Familie. Deinetwegen sitze ich nun hier fest. Du bist einfach so bei Nacht und Nebel bei uns aufgetaucht und hast mir das alles weggenommen.«

»Len, ich…«, begann Kane, doch Len schüttelte entschiede den Kopf.

»Und als wäre das nicht genug, willst du auch Nava unglücklich machen. Du hältst an eurer Verlobung fest, die schon zehn Jahre zurückliegt. Meinst du nicht, dass sie mittlerweile eine andere Vorstellung von dem hat, was sie glücklich macht? Denkst du nicht, dass sie vielleicht jemand anderes gefunden haben könnte? Nur weil du gegangen bist, heißt das nicht, dass für uns zehn Jahre lang die Zeit angehalten hat! Wir haben weitergelebt, verstehst du das? Nava und ich, wir haben verdammt noch mal weitergelebt! So gut es uns möglich war! Gemeinsam! Willst du uns das wirklich wegen eines zehn Jahre alten Versprechens wegnehmen?«

»Aber Len, sie gehört nicht zu dir. Sie…«, begann Kane, doch Len wischte seine Einwände mit einer Handbewegung beiseite.

»Sie gehört auch nicht zu dir«, fauchte er kalt. »Du hast sie alleine gelassen, du hast kein Recht auf sie. Zehn Jahre lang hast du nichts von dir hören lassen, kein Besuch, kein Brief, keine Nachricht, wie gering sie auch sein mochte! Deswegen ist dein Anrecht auf sie verjährt! Lass sie ihr Leben leben, aber lass sie das ohne dich tun.«

»Nur mit dir an deiner Seite?«

»Warum nicht? Sie ist glücklich so. Zumindest war sie es.«

»Warum hast du nicht schon an dem Abend etwas gesagt, als ich wiedergekommen bin?«

»Weil ich geglaubt habe, das du sowieso wieder gehen würdest. Ich dachte, du hättest schon lange jemand anderen und ich wollte dir nicht wehtun, indem ich dir zeige, wie es mit Nava und mir weitergegangen ist«, schnaubte Len. »Und, tut es dir weh? Zerfetzt es dein Herz? Ich hoffe es.«

Kane schaute ihn nur an. In seinen Augen spiegelte sich ein schier bodenloser Schmerz, doch er wich nicht aus und nicht zurück. Er begegnete all dem Hass, der ihm entgegen schlug und ließ ohne jegliche Einschränkung zu, dass sie in ihm wütete. Er stand einfach nur da und schaute Len traurig an.

»Ich wusste nicht, dass du für sie so viel empfunden hast. Jetzt nicht und auch damals nicht. Bitte entschuldige, es lag nie in meiner Absicht, dir weh zu tun«, sprach er schließlich und wollte die Tür öffnen um zu gehen.

»Warte«, hielt Len ihn kalt zurück und Kane erstarrte in der Bewegung. »Jetzt erkläre mir zumindest, warum ich hier bin. Was soll diese schwachsinnige Idee mit dem Prinzen? Ich bin doch kein Prinz.«

»Weiß ich wohl, habe ich ihnen auch versucht zu sagen, aber sie glauben mir nicht. Sie denken, ich sage es nur, damit sie dich gehen lassen, aus einer alten Freundschaft heraus. Sie glauben mir eben nicht.«

»Warum suchen sie überhaupt einen Prinzen? Sind ihnen die beiden Königskinder etwa abhanden gekommen oder was?« Len wandte seinen kalten Blick von Kane ab und schaute zu Boden, auf den Wolfswelpen, der unsicher im Raum saß und nicht zu verstehen schien, was vor sich ging. Er stand auf, ging hinüber und nahm das kleine Tier auf den Arm.

Zum ersten Mal seit Wochen zauberte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er das Tier streichelte. Da wurde ihm auch bewusst, wie unfair er Kane gegenüber gewesen war und er schaute auf seinen Freund, der noch immer traurig da stand, eine Hand auf der Klinke, den Raben auf der Schulter, dabei unsicher zu ihm hinüberblickte.

»Entschuldige bitte«, sprach Len schließlich und war mit zwei schnellen Schritten bei seinem Freund, umarmte ihn. »Aus mir sprach der Zorn. Ich war unfair, das tut mir leid.«

Kane blieb anfangs steif, schließlich jedoch erwiderte er die Umarmung und lächelte sogar unsicher, als sie sich wieder voneinander lösten.

»Zumindest weiß ich jetzt, woran ich bin«, erklärte der Zauberer und Len nickte erst, schüttelte dann sogleich wieder den Kopf.

»Es war nicht richtig so, ich kann es nicht ändern.« Er deutete auf das große Bett, das eine Seite des Raumes beherrschte. »Setz dich und erzähl mir bitte von dem, was hier vor sich geht.«

Kane nickte und gemeinsam machten sie es sich bequem.

»Das Ganze ist eigentlich schnell erzählt. Vor ein paar Monaten bei einem Ball hat die Prinzessin den Kronprinzen ermordet«, begann der Zauberer und sogleich starrte Len ihn ungläubig an.

»Was? Wieso?«, fragte er entsetzt.

»Das weiß keiner. Es sollte der Verlobungsball des Prinzen werden, er stand an der Stirnseite der Halle und sprach gerade mit seiner Mutter, als die Prinzessin den Ball betrat. Sie ging zielstrebig zu ihnen und als der Kronprinz sie mir offenen Armen empfangen wollte, da rammte sie ihm ein Messer bis zum Heft in den Bauch. Das hatte sie zuvor versteckt gehalten, sodass es keinem vorher aufgefallen war. Und während sie ihn erstach, schrie sie wie von Sinnen: »Von dir lass ich mir mein Paradies nicht wegnehmen!«.«

»Das Paradies wegnehmen? Welches Paradies denn?«, wollte Len mit gerunzelter Stirn wissen, das ungläubige Entsetzen deutlich in den Augen.

»Auch das weiß keiner. Eigentlich pflegten die beiden eine sehr innige Beziehung, mit solch einer Gräueltat hatte niemand gerechnet und schon gar nicht von ihr ausgehend. Sie ist eine sehr sanfte, gutmütige Person, es muss etwas schreckliches geschehen sein, das sie zu solchen Mitteln griff.«

»Hat man sie gefangen genommen? Gehängt?«

»Nein, nichts dergleichen. Die Königin war völlig aufgelöst, die Besucher in Panik und die Wachen wussten schlicht und ergreifend nicht, was sie tun sollten. Einerseits war ein Mord geschehen, sogar am Kronprinzen, andererseits war die Mörderin die Prinzessin. Sie verließ unbehelligt den Saal, während ihr Bruder verblutete. Als sich der allgemeine Aufruhr etwas gelegt hatte und man sie zur Rechenschaft ziehen wollte, war sie verschwunden.«

»Verschwunden?«

»Ja. Die Wachen vor dem Palast berichteten, dass sie mit einem weißen Pferd herausgetrabt kam, ein Lächeln auf den Lippen, das Blut ihres Bruders unter Handschuhen und einem Umhang verborgen. Sie erklärte, sie wolle zu so später Stunde noch einen Ausritt wagen. Man bot ihr an, sie zu begleiten, doch sie sagte, sie würde bald zu einem jungen Mann stoßen, mit dem gemeinsam sie reiten wolle, er passe schon auf sie auf. Deswegen ließ man sie auch hier unbehelligt ziehen, man wusste noch nichts vom Mord im Schloss.«

»Und danach hat man sie nicht mehr gesehen?«

»Die königliche Garde durchsuchte die Stadt und das umliegende Land, aber man fand nur ihre Kleider. Seitdem gab es keine Spur mehr von ihr.«

»Und in weiter entfernten Regionen?«

»Kleine, wappenlose Reitergruppen, wie die, mit der ich gezogen bin, reisen durch das ganze Land und hören sich um. Die Männer, die wir durch den Wald von Arelah geführt haben, sollen den Lords und Fürsten der entlegeneren Gebiete über das Aufklären, was im Schloss geschehen ist, wenn sie es denn noch nicht wissen.«

Len nickte und ließ sich nach hinten auf die weiche Matratze fallen. Er hatte die vergangenen Nächte fast gar nicht geschlafen. Ihm fehlte Nava in seinen Armen und das Bett war viel zu weich, die dicke Decke schien ihn zu erdrücken. Er schloss die Augen und dachte nach.

»Und du? Wieso bist du mit ihnen gegangen? Du bist doch gewiss nicht zur Jagd auf die Prinzessin abkommandiert worden.«

»Nein, natürlich nicht. Meine Aufgabe war es, sie zu führen, denn ich kenne mich ja in dem Gebiet gut aus. Das Jagen und Kämpfen, sollte ich anderen überlassen, sollte es so weit kommen.«

»Gut, das erklärt deine Anwesenheit bei einem Jägertrupp. Es erklärt aber noch lange nicht, wieso sie mich Prinz nennen, obwohl der bekanntermaßen Tod ist.« Len setzte sich wieder auf und beobachtete, wie der Rabe und der Wolfswelpe beieinander saßen und sich gegenseitig das Fell und die Federn zerzausten.

»Ich denke, das kann ich vielleicht besser erklären«, bemerkte dazu eine Stimme von der Tür her. Die jungen Männer zuckten zusammen, denn sie hatten die Tür nicht gehört. Sie schaute in die Richtung und Len runzelte erstaunt die Stirn.

Vor der geschlossenen Tür stand eine junge Frau. Sie hatte einen hellen Pony, ansonsten dunkles Haar, das in einem geflochtenen Zopf fast bis zum Boden reichte. Sie trug ein weißes Kleid, einer weiten Toga nicht unähnlich, gehalten durch einen schmalen Silbergürtel.

Len hätte sie niemals wieder erkannt, hätten sich ihre smaragdgrünen Augen nicht tief in sein Gedächtnis gebrannt und wäre ihm der rote Fuchspelz um ihren Hals nicht auch damals schon so seltsam erschienen.

»Wie lange hörst du uns schon zu, Reva?«, wollte Kane leise wissen.

»Eine Weile. Len hat so laut herumgeschrieen, das ich ihn durch die geschlossene Tür hindurch hören konnte. Und zwar, ohne das ich mich anstrengen musste«, erklärte die amüsiert und kam langsam näher.

Len zögerte einen Moment, auch Reva war schließlich nicht ganz unschuldig an seiner Situation, doch schließlich siegte seine Neugier.

»Dann erzähl es mir. Wieso glaubt ihr, ich sei ein Prinz?«

»Wieso denn nicht?«, fragte sie und setzte sich zu den jungen Männer aufs Bett. »Nach allem, was Kane über dich erzählt hat, wäre es zumindest nicht unmöglich.«

»Nach allem, was ich…?«, fragte der Zauberer verblüfft.

»Ja. Gut, beginnen wir einmal ganz vorne. Die meisten wissen es nicht, aber die Königin hat drei Kinder. Zwei Söhne und eine Tochter«, begann Reva und musste beim vielsagendem Stirnrunzeln von Len leise lachen.

»Jetzt schau mich nicht so an, es stimmt. Der Kronprinz und die Prinzessin sind die Kinder des verstorbenen Königs, das dritte Kind aber, war unehelich geboren. Außer der Königin kennt niemand den Vater und sie hat es lange Zeit verschwiegen. Nachdem ihr Sohn geboren war, gab sie ihn weg, in die Hände eines Vertrauten. Niemand, nicht einmal die Königin wusste, wo er das Kind hinbrachte. Damals war das auch nicht wichtig, es war ja nie geplant, das der uneheliche Sohn je zurückkehren sollte.«

»Aber nachdem jetzt der Kronprinz tot ist und die Prinzessin als Mörderin diesen Platz nicht mehr einnehmen kann, ist er der nächste in der Folge, der Anrecht auf den Thron hat«, erzählte Kane weiter.

»Warum haben sie den Vertrauten der Königin nicht einfach gefragt, wohin er das Kind brachte? Dann wäre ich hier nicht gefangen«, fand Len.

»Er starb, vor Jahren schon, und nahm dieses Geheimnis mit sich ins Grab. Aber die Königin ist nicht dumm. Sie ließ ein Porträt anfertigen, dass das Antlitz des Kindsvaters zeigte in der Hoffnung, ihr Sohn könnte seinen Eltern ähnlich sehen. Sie suchte sich einige vertrauensvolle Personen aus und ließ sie das Porträt betrachten. In jedem der Reitertruppen gibt es mindestens einen, der dieses Porträt kennt.«

»Und die sollen im ganzen Land nach einem Knaben suchen, der im Alter und Aussehen auf den Prinzen passt«, beendete Len knurrend den Satz.

»Genau.«

»Und wie seit ihr dann ausgerechnet auf mich gekommen?«, wollte er wissen.

»Nun, wie soll ich es sagen. Das Porträt, es könnte genauso gut dich zeigen, Len. Es sieht dir verblüffend ähnlich«, erklärte sie.

»Du hast es gesehen?«, fragte Kane erstaunt.

»Ja. Lord Reff hat es mich sehen lassen, bevor wir losgeritten sind. Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend.« Sie schaute Len unsicher an. Sie hatte mit starkem Widerspruch gerechnet, doch er schwieg und starrte nachdenklich vor sich hin.

»Das kann aber nicht sein, ich kenne Len schon mein ganzes Leben lang«, fuhr stattdessen Kane heftig auf. »Ich kenne auch seinen Vater, der hätte seine Frau niemals…«

Der Zauberer stockte mitten im Satz und starrte seinen Freund erstaunt an.

»Nein«, sagte der entschieden. »Ich müsse mich doch schließlich an das alles hier erinnern, nicht wahr? An irgendetwas, das mit diesem Schloss zu tun hat, oder?«, fragte er und lächelte dabei wissend.

»Du warst noch ein Säugling als sie dich wegbrachten«, antwortete Reva darauf.

»Nein, war ich nicht. Ich war fünf. Wenn du dich an deine Kindheit zurückerinnerst, werden dir gewiss unzählige Dinge einfallen, die du mit fünf getan hast, oder? Mir schon«, meinte Len und warf Kane einen warnenden Blick zu. Im ersten Moment wollte der Zauberer darauf auch etwas sagen, doch dieser Blick sorgte dafür, dass er den Mund wieder schloss, ohne dies zu tun.

»Fünf?«, fragte Reva darauf und blinzelte erstaunt. Sie schien den Blick nicht bemerkt zu haben.

»Ja. Und ich kann mich auch an vieles erinnern, ein Schloss ist nicht dabei«, erklärte er schulterzuckend.

Daraufhin begann es im Gesicht der jungen Frau heftig zu arbeiten, bis sie schließlich nickte. Wortlos stand sie auf und öffnete die Tür, sprach einige Augenblicke in einer fremden Sprache mit den Wachen, die Len nicht verstand. Kane dagegen lauschte einen Moment aufmerksam, bis er sich leise seinem Freund zuwandte.

»Warum belügst du sie?«, wollte er eindringlich wissen.

»Weil ich nicht vorhabe, hier weiterhin festzusitzen. Ich will nach Hause, aber dafür brauche ich Hilfe. Und sie scheint eine Menge Einfluss zu haben, auch wenn sie noch jung ist«, antwortete er ebenso leise.

»Dann erzähl ihr doch einfach, das du dein Leben lang schon im Dorf gelebt hast, wäre das nicht viel klüger?«

»Nein. Sie braucht nur irgendwem aus Tesfall zu fragen um zu erfahren, dass das eine noch viel dreistere Lüge ist. Wenn du wirklich glaubhaft lügen willst, dann musst du dich so nahe an der Wahrheit entlang bewegen, wie es irgendwie nur möglich ist. Und diese Aussage kann mir, außer dir, Nava und Temmur, niemand widerlegen. Spiel bitte einfach mit.«

»Aber Len, was ist, wenn du wirklich der Prinz bist? Wenn… wenn du ehrlich bist, dann musst du zugeben, dass es möglich ist«, fand Kane unsicher.

»Möglich, ja. Es ist aber genauso möglich, dass sie mich verwechseln. Und wenn ich weiter genauso ehrlich bin, dann muss ich sagen, dass es mir völlig egal ist. Das einzige was ich will, ist nach Hause gehen und so leben, wie bisher auch. Dafür zahle ich den Preis eines Thrones, den ich sowieso nicht haben will, mit vergnügen.«

Für einen Moment dachte Kane sichtlich angestrengt nach, schließlich nickte er.

»Ich werde tun was ich kann, um dich hier herauszubringen«, versprach er ernst.

»Danke«, lächelte Len und wandte sich Reva zu, die wieder zurückgekommen war.

»Komm mit, wir laufen jetzt durch das Schloss«, erklärte sie.

»Wieso?«, wollte Len erstaunt wissen.

»Ich will wissen, ob du lügst. Wenn du dich wirklich an nichts von all dem hier erinnern kannst, dann werde ich das sehen. Ich werde aber auch sehen, wenn auch nur ein einziges Mal eine Spur von Erkennen in deinem Blick funkelt. Niemand hat sich völlig im Griff und auf diese kleinen Fehler werde ich achten. Her nachdem, wie wahr das ist, was du mir gesagt hast, werde ich entscheiden, was ich weiter tun werde«, erklärte sie sachlich.

Darauf lächelte Len zufrieden. Er würde dieses Spielchen gewinnen, dessen war er sich sicher. Gut gelaunt griff er sich den kleinen Wolf, ermahnte sich dabei in Gedanken, dass sein Tier noch gar keinen Namen hatte, verschob das aber auf später. Dann stand er auf und gemeinsam mit Kane folgte er Reva.

»Flucht ist übrigens zwecklos, du würdest es niemals aus der Stadt schaffen«, bemerkte die junge Frau dabei beiläufig und dann begann ihre Führung.

Sie liefen durch das komplette Schloss und auch wenn Len sich verzweifelt dagegen wehrte, so begann er sich dennoch schon nach kürzester Zeit wie ein kleines Kind zu benehmen. Die schiere Größe des Palastes überwältigte ihn schlichtweg.

Er fragte sich, wie Menschen so etwas schaffen konnten und wie viele Jahrzehnte sie wohl dafür gebraucht haben mochten. Die riesigen Hallen, Säle und Gänge führten ihm vor Augen, wie klein er war und zu jedem Zeitpunkt war ihm bewusst, wie sehr es ihm widerstrebte, hier leben zu müssen.

Schließlich endete ihr Rundgang in der riesigen Bibliothek des Schlosses. Reva ließ sie ein und als sie Lens skeptischen, eher distanziert und abweisenden Blick gewahr, seufzte sie.

»Gut, über zwei Dinge bin ich mir jetzt sicher. Zum einen warst du garantiert noch nie zuvor hier, zum anderen bist du ein Hinterwäldler durch und durch. Solch ein Erstaunen über ein paar Räume habe ich wirklich noch nicht gesehen«, erklärte sie.

»Heißt das, du glaubst mir jetzt, das ich nicht der Prinz bin?«, wollte Len wissen.

»Nein. Ich glaube nur, dass du nicht hier sein solltest. Ich werde mit Lord Reff sprechen«, antwortete sie.

»Und du meinst, er wird dir glauben?« Len war bitter enttäuscht. Er hatte geglaubt, dass sie ihn sofort gehen lassen würde.

»Er wird mich zumindest anhören«, knurrte sie kalt und wandte sich ab, machte ein paar Schritte in Richtung Tür, blieb dann aber wieder stehen. Sie wirkte unentschlossen, als wüsste sie nicht genau, was sie nun tun sollte.

Len schaute sie einen Augenblick lang wortlos an, dann wandte er sich ebenfalls ab und ging nachdenklich durch den Raum. Er fragte sich, ob es etwas ändern würde, wenn er vollkommen ehrlich einfach nur das aussprach, was er fühlte, doch bevor er zu einer Entscheidung kommen konnte, riss ihn Kane aus seinen Gedanken.

»Reva, was ist das dort?«, fragte der nämlich und als sich Len fragend umwandte, sah er, das sein Freund mit gerunzelter Stirn auf den Kamin deutete, der in einigem Abstand zu den Büchern in die Wand eingelassen war. Er sollte im Winter wärme verbreiten, aber keine Katastrophe anrichten.

Als Len allerdings ebenfalls in die angegebene Richtung blickte, erkannte er sofort, was Kane meinte. Unter all dem Ruß und der Asche verborgen glitzerte etwas im sanften Licht des Tages hervor.

»Ich weiß nicht«, antwortete Reva darauf, zögerte aber, einfach nachzuschauen.

Schließlich war es Len, der sich in den Ruß kniete und die Asche beiseite schob, bis er schließlich erkannte, dass es ein Buch war, dessen Einband mit Juwelen besetzt war.

Er hob es hoch und versuchte, es ein wenig sauber zu wischen, erkannte dabei, dass irgendwer wohl versucht hatte, es zu verbrennen. Es war an mehreren Stellen angesengt, wenngleich es noch so gut erhalten war, das man es wohl ohne Probleme lesen konnte, wenn man die metallenen Scharniere bezwang, die es geschlossen hielt.

»Ein Buch im Kamin?«, fragte Reva erstaunt und kam zu ihm und auch Kane beugte sich bald darüber.

»Es ist verschlossen«, meinte Len, nachdem er versucht hatte, die Scharniere zu öffnen.

»Wozu bin ich Zauberer?«, wollte Kane darauf mit einem Lächeln auf den Lippen wissen und legte ein Hand auf das Schloss, das kurz darauf leise knackend aufsprang.

Len öffnete das Buch und sie alle drei erstarrten, als sie die ersten Seite betrachteten. Sie war völlig leer, bloß ein einziger Satz, geschrieben in der schwungvollen Handschrift einer jungen Frau, stand dort.

Dies ist das Tagebuch von Prinzessin Charlotte von Ronari.

»Er wird dir dafür nicht danken.«

Es herrschte eine fast erdrückende Stille in der Bibliothek. Es war dunkel, die Sonne war schon vor einiger Zeit untergegangen, doch keiner wagte sich zu bewegen. Sie wagten ja kaum zu atmen.

»Glaubt ihr, es stimmt was sie schreibt?«, wollte Kane schließlich wissen.

»Ich weiß es nicht. Ich wünschte es wäre anders, aber nein, ich weiß es nicht. Sie schien aber daran geglaubt zu haben«, antwortete Reva.

»Das macht es nicht besser. Du kanntest sie doch, sie war ein einfältiges Mädchen. Vielleicht hat ihr ein Schausteller diese Mär erzählt und sie hat es ihm geglaubt. Vielleicht irrt sie jetzt durch die Nacht, jenseits der Landesgrenzen, ist hungrig und einsam, findet den Weg zurück nicht mehr.« Kane schüttelte den Kopf. »Wie kann sie denn so etwas tun?«

»Das weiß ich nicht. Aber ihr Bruder schien davon gewusst zu haben, denn sie nennt diesen Ort immer ihr Paradies. Und sie schrie, bevor sie im das Messer in den Leib stieß, dass sie ihr Paradies nicht von ihm wegnehmen lassen würde. Wäre es möglich, dass sie ihn deswegen umbrachte? Weil er ihr diesen Ort ausreden wollte und sie es nicht zuließ? Weil sie daran glaubte, das er existieren würde?« Reva wirkte unschlüssig.

»Habt ihr beiden nicht richtig gelesen? Es ist keine Mär von der sie schreibt, sie hat über Jahre hinweg recherchiert und sie hat Beweise gehabt«, mischte sich Len ein. Er schaute die anderen beiden dabei nicht an, starrte stattdessen stur geradeaus aus dem Fenster, sodass sich das Mondlicht hell in seinen Augen verfing und sie unwirklich erstrahlen ließ. Als wäre er kein Wesen dieser Welt.

Kane schluckte. Ihm wurde in diesem Moment seltsam bewusst, wie fern ihm sein alter Freund geworden war und ihm behagte dieses Gefühl ganz und gar nicht. Einen Moment noch verlor er sich in den leuchtenden Augen bevor er seine ganze Willenskraft aufwandte, um sich davon zu lösen.

»Und wenn sie es sich ausgedacht hat? Wenn es bloß eine jener Geschichten werden sollte, die das fahrende Volk zum Besten gibt? Es war bekannt, dass sie ab und an eine schrieb«, gab er zu bedenken.

»Und wenn nicht?« Nun wandte sich Len ihm doch zu. Er stand auf, wirkte atemlos, verzweifelt und voller Hoffnung zugleich. »Was ist, wenn das kein Märchen ist? Kane, wenn dieser Ort, ihr Paradies, wenn er wirklich existiert, weißt du was das dann bedeuten würde?«

»Wenn es ihn einst gab, so haben die Leute aus Karelahn ihn gewiss schon entdeckt und zerstört. Selbst im entlegensten Winkel dieser Welt kennt man sie, diese Bestien, die sich verbreiten wie eine Krankheit«, spuckte Reva aus und schüttelte langsam den Kopf. »Es ist sich gleich. Wir sollten das Tagebuch der Königin bringen und es dabei bewenden lassen.«

Len schaute sie einen Moment lang an, dann wandte er sich an Kane, um seinen größten Trumpf auszuspielen.

»Wir könnten damit vielleicht Nava helfen.«

»Inwiefern das?« Ein Hoffnungsschimmer zeigte sich in den Augen seines Freundes und Len wusste, wie leicht Kane jetzt zu manipulieren war, wenn man nur die rechten Worte fand.

»Ihr Paradies, es beruht auf einer Geschichte. Erinnerst du dich an sie?«

Der Zauberer nickte langsam, Misstrauen war in seinem Blick. Konnte Len das wirklich ernst meinen?

»Wenn diese Geschichte wahr ist, vielleicht ist auch der Rest wahr. Und dann wäre es kein Problem mehr, ihr zu helfen. Ihr letztlich das zu geben, was sie sich am Meisten auf der Welt wünscht.«

»Gesund sein. Ein normales Leben führen können«, flüsterte der Zauberer, nickte und schloss sehnsüchtig die Augen.

»Kane, verlier dich nicht in grundlosen Hoffnungen«, fauchte Reva wütend und stand auf. Unruhig lief sie durch den Raum, blieb dann mit einem triumphierenden Lächeln stehen. »Außerdem ist es einerlei. Die Königin wird dich nicht gehen lassen, Len.«

Der junge Mann schaute sie einen Augenblick lang überrascht an, dann wandte er sich ihr vollständig zu.

»Also kann ich davon ausgehen, dass du nicht vorhast, mir zu helfen hier herauszukommen? Obwohl du weißt, das ihr den Falschen habt?«, fragte er mit einem Lächeln.

»Ich bin dem Königreich verpflichtet«, erklärte sie anstelle einer Antwort.

»Ich habe es niemals verstehen können. Warum nur riskiert man sein Leben für ein Land? Reicht es nicht, wenn man genug damit zu tun hat, den Winter zur überstehen und die wilden Tiere von sich zu halten? Wozu braucht man Macht? Und was bringt es dir, wenn du dafür kämpfst, vielleicht stirbst, während die, die diese Macht haben, hier im sicheren Schloss sitzen?«

Reva konnte seinem Blick nicht standhalten, schaute zu Boden.

»Ich habe meine Gründe«, flüsterte sie.

»Und ich habe meine Gründe warum ich versuchen will, diesen Ort zu finden. Selbst wenn es nur eine Mär ist, ich muss es zumindest versuchen.«

»Es wäre dein Tod. Und damit der Tod des Königreiches.«

»Nein! Egal was ihr tut und sagt, ich werde niemals freiwillig dieses Reich beherrschen. Ich will es nicht, also ist das Ergebnis letztlich in sich gleich! Der Unterschied ist nicht, ob das Reich stirbt, er ist nur, ob ihr damit grundlos mein Leben zerstört und mich hier, in diesem goldenen Käfig, gegen meinen Willen gefangen haltet. Für das Königreich wird es niemals einen Unterschied machen«, fauchte Len.

»Ich kann dich aber nicht begleiten! Und ich kann dir nicht helfen«, antwortete Reva und schüttelte hektisch den Kopf.

»Du sollst mich nicht begleiten! Du sollst mich nur hier herausbringen, irgendwie.«

Reva schaute ihn an, ein trauriges Lächeln auf den Lippen, das Len vor Wut rasend machte. Er griff nach dem Messer, das, gut versteckt, im Schaft seiner Stiefel verborgen lag, und war mit zwei Schritte bei ihr, um ihr die scharfe Klinge zwischen Fuchsfell und Kinn an den Hals zu drücken.

»Ich wollte es eigentlich nicht, aber kann dich auch zwingen«, knurrte er. Sie antwortete nicht, lächelte nur unbeirrbar weiter, doch plötzlich schrie Len vor Schmerz auf. Er ließ das Messer los und wich zurück, doch er bekam seine Hand nicht los, denn das, was er für einen Pelz gehalten hatte, entpuppte sich als lebender Fuchs, der ihn mit seinen spitzen Zähnen festhielt und erst losließ, als Reva ihn sanft auf die Stirn tippte.

Der Fuchs knurrte böse, fletschte drohend die scharfen Zähne bevor er wieder den Schwanz auf die Schnauze legte und so seine Tarnung als Halswärmer wieder einnahm.

»Damit wäre zumindest die Frage geklärt, wo dein Tier ist«, fauchte Len und betrachtete den blutenden Biss mit schmerzverzerrtem Gesicht, während sein kleiner Wolf sich neben ihn stellte und unsicher den Fuchs anknurrte.

Reva lächelte unbeirrt weiter und ging zurück zum Tisch, setzte sich nieder und schloss das angesengte Buch.

»Ich kann dir wirklich nicht helfen. Ich würde es gerne tun, aber wenn die Königin nicht von sich aus einsieht, dass du nicht ihr verlorener Sohn bist, dann kann ich dir nicht helfen«, sagte sie leise und schaute zur Kane auf, der langsam zu ihr trat.

»Die wird mir gewiss nicht zuhören und selbst wenn, wird es ihr egal sein«, brummte Len verbittert. Da öffnete sich die Tür und eine Gestalt mit einer Kerze in der Hand trat ein.

»Hier seid ihr. Reva, das ganze Schloss ist in Aufruhr, was tut ihr hier?«, wollte der Neuankömmling, dem Klang der Stimme nach ein Mann, erleichtert wissen. Reva indes war erschrocken aufgesprungen und stellte sich nun möglichst unauffällig und nervös vor das Buch.

»Ich, wir…«, stammelte sie, bevor ihr wieder einfiel, was sie hier taten. »Ich habe Len im Schloss umher geführt. Er behauptete, er könne sich an nichts erinnern, also habe ich ihm einiges gezeigt in der Hoffnung, seiner Erinnerung so auf die Sprünge zu helfen.«

»Aber ihr seid doch schon seit Stunden unterwegs«, gab der Mann zu bedenken.

»Entschuldigt, Lord Reff. Es wird nicht wieder geschehen«, sagte sie und verneigte sich unsicher.

Jetzt, wo er den Namen hörte und wo sich seine Augen an das helle Kerzenlicht gewöhnt hatten, erkannte auch Len den Mann und nahm unbewusst eine Abwehrhaltung ein, des es war der Mann, der ihn hierher gebracht hatte. Zugleich aber fragte er sich, warum Reva ihm nicht sofort von diesem Buch erzählte.

Einige Augenblicke lang schaute er zwischen Reva und Lord Reff hin und her. Er sah seinen Blick und er sah auch, wie unwohl sich die junge Frau offensichtlich dabei fühlte, ihm etwas zu verheimlichen. Es dauerte einen Augenblick, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel, dann lächelte zufrieden.

»Bring ihn bitte wieder in sein Zimmer hinauf. Ich gebe bescheid, das ihr noch hier seid«, erklärte Lord Reff schließlich und verließ den Raum wieder.

»Gut, gehen wir«, beschloss sie leise, kaum dass sich die Tür geschlossen hatte.

»Kannst du Len alleine zurückbringen?«, bat da Kane.

»Wieso?«, wollte sein Freund sogleich wissen.

»Ich habe hier Aufgaben zu erledigen, Len. Ich habe sie schon lange genug vernachlässigt und die Mondwacht kann ich nicht einfach auch noch schwänzen.«

Einen Moment lang schaut der junge Mann den Zauberer wortlos an, dann zuckte er mit den Schultern. Er fühlte sich schon wieder verraten, aber er begriff, dass das hier wohl eine Art Dauerzustand sein würde und so sagte er nichts weiter.

»Natürlich, ich komme schon klar. Verschwinden kann er sowieso nicht«, nickte Reva schließlich und Kane verließ zögernd den Raum.

Einige Momente blieben die junge Frau und Len noch stillschweigend stehen, dann seufzte die sie. Sie wandte sich um, strich über das Buch und nahm es an sich.

»Lass uns gehen«, meinte sie und machte einige Schritte in Richtung Tür.

»Warum hast du es ihm nicht gegeben?«, wollte Len wissen, bewegte sich keinen Millimeter von der Stelle.

»Ich weiß es nicht.« Reva wusste sofort, wovon er sprach. »Aber dieses Versäumnis werde ich gleich nachholen.«

Sie wandte sich zu ihm um. Len betrachtete sie lange, das Lächeln um seine Mundwinkel wurde dabei immer zufriedener.

»Er wird dir dafür nicht danken«, sagte er schließlich. Erschrocken weiteten sich die Augen der jungen Frau, doch ansonsten zeigte sie keinerlei Regung.

»Es ist meine Pflicht, ich erwarte keinen Dank dafür«, antwortete sie förmlich.

»Solltest du aber. Das Einzige, was man immer erwarten sollte, ist ein Dank. Und er wird dir nicht danken. Er wird es als selbstverständlich hinnehmen und du wirst dich weiter danach verzehren, dass er dich wahrnimmt. Weiß er es überhaupt? Das du ihn liebst?«

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Len«, antwortete Reva betont distanziert, doch ihre Augen verrieten sie, sodass der junge Mann zufrieden weiterlächelte.

»Weißt du, du bist nicht die Einzige, die in Gesichtern anderer lesen kann, wie in einem Buch«, gab er noch zu bedenken, dann ging er an ihr vorbei zur Tür.

Schweigend verließen sie den Raum und liefen durch die dunklen Gänge zurück zum Turm. Sie öffnete ihm und er trat an ihr vorbei hinein. Er erwartete, das sie die Tür sofort schließen und ihn sich selbst überlassen würde und für einen Moment zögerte sie auch, als dächte sie über genau jene Möglichkeit nach, dann jedoch trat sie ebenfalls ein und Schloss die Tür, nachdem sie den Wachen kurz etwas zugemurmelt hatte.

»Ich werde das Buch der Königin geben. Morgen. Sie wird entscheiden, was damit dann zu tun ist«, erklärte sie und Len runzelte die Stirn, während er sie betrachtete.

»Du musst dich nicht vor mir rechtfertigen, ich bin nur ein Stallbursche, während du zur Armee des Königshauses gehörst«, antwortete er.

»Ich weiß, dass ich mich nicht rechtfertigen muss, ich will mich auch gar nicht rechtfertigen, ich rechtfertige mich hier auch gar nicht, ich will nur…«, begann sie wütend, begriff dann, dass er recht hatte. Sie hatte sich tatsächlich rechtfertigen wollen. So schwieg sie einige Zeit, dachte angestrengt nach, wie sie das Thema wechseln konnte.

»Ich gehöre nicht zur Armee«, erklärte sie schließlich leise, um den Moment, der für sie überaus peinlich war, irgendwie zu überspielen.

»Nicht? Aber du bist auch keine einfache Bedienstete und der Fuchs zeigt, dass du keine Zauberin bist. Bist du von Adel?«, fragte er munter weiter und setzte sich auf das viel zu weiche Bett.

»Nein. Ich bin ein bisschen wie du«, antwortete sie, die Spur eines Lächelns auf den Lippen und dennoch zugleich unendlich traurig.

Sie starrte vor sich hin und in diesem Moment hatte Len Mitleid mit. Er wollte gerne wissen, wie sie das meinte, doch er wollte sie nicht noch mehr verletzen und so wechselt er das Thema.

»Was ist eine Mondwacht?«

»Von der Kane gesprochen hat?«, fragte sie, sichtlich froh über das unbefangene Thema.

»Ja.«

»Das ist ein Ritual der Zauberer. Bei Vollmond versammeln sie sich an einem mondbeschienenen Ort und wachen dort still die ganze Nacht bis der Vollmond untergeht. Sie dürfen nicht sprechen und nicht schlafen und auch nicht essen oder trinken, sie müssen still im Mondlicht stehen und warten. Die ganze Nacht hindurch.«

»Aber wieso?« Len runzelte die Stirn. Ihm erschien dieses Ritual überaus seltsam, befremdlich und auch unsinnig.

»Ich weiß es nicht. Die Zauberer dürfen manche Dinge nicht verraten und was es mit der Mondwacht auf sich hat, gehört dazu. Allerdings glaube ich, dass es etwas mit ihren Tieren, ihren Vögeln zu tun hat. Du kannst Kane ja fragen, vielleicht erzählt er es einem alten Freund.«

Len nickte zögernd und schaute aus dem Fenster. Der Mond war von hier aus nicht zu sehen. Auch Reva schaute für einige Momente hinaus, dann seufzte sie und wandte sich um.

»Ich komme morgen früh wieder und erzähl dir, was die Königin zu dem zu sagen hat, was ich ihr zu berichten habe«, erklärte sie und verließ den Raum.

Len schaute für einige Augenblicke die Tür an, dachte dabei nach. Er wusste nicht genau, was er von Reva halten sollte, er hatte keine Vorstellung von dem, wer oder was sie war, aber er wusste, das sie die Einzige war, die ihm helfen konnte.

Schließlich aber seufzte er und beugte sich zu seinem Wolfswelpen hinab, der sich leise fiepend an sein Bein drückte.

»Ein Name für dich«, sprach er lächelnd und hob das junge Tier auf seinen Schoß.

Er überlegte hin und her, ging alle Namen in Gedanken durch, die er kannte und die ihm einfielen, doch der Rechte war nicht dabei.

Dieser junge Wolf bezeugte, dass er ein Mann war, er würde die nächsten Jahre an seiner Seite leben und so brauchte er einen ganz besonderen Namen, der seiner würdig war. Zumal der Welpe nicht immer ein Welpe bleiben würde und es in seiner Heimat kaum ein Tier gab, das so sehr gefürchtet und verehrt wurde, wie der Wolf.

Nicht, weil man in ihnen blutrünstige Bestien sah, sondern weil sie eine ernstzunehmende Konkurrenz auf das freie Wild darstellten und weil sie ganz erstaunlich begabte Jäger waren.

Er fragte sich mehr den je, was er mit einem Wolf gemeinsam haben sollte, doch er war froh, das er ein so wunderbares Tier bekommen hatte. Und schließlich fiel ihm auch der perfekte Name ein.

»Caelan. Das soll dein Name sein. Willst du wissen, wieso?«, fragte der junge Mann den Wolf, der leise fiepte und versuchte, seinen Mundwinkel zu lecken.

»Mein Vater, er hatte auch einen Wolf. Und der hieß auch Caelan. Und dieser Caelan war ein ganz besonderer Wolf, er war schlau und mutig und stark. Und das wirst du auch einmal sein, nicht wahr?«, erzählte er lachend und der Welpe jaulte einmal zustimmend.

»Gut. Dann Caelan. Aber du weißt, das du deinen Namen nicht verraten darfst, oder? Auch nicht an Revas Füchsin oder eine nette Hündin, die dir über den Weg läuft, hast du verstanden?«

Und wieder jaulte der Wolfswelpe zustimmend.

»Meinst du, das wir jemals so gute Freunde werden können, das du mit mir sprechen wirst?« Nachdenklich ließ sich Len auf sein Bett fallen. »Weist du, manchmal tun Tiere das nämlich. Wenn sie einander so nahe stehen, wie Brüder, dann verstehen sie auch, was der andere sagen will.«

Der Wolf sprang über ihn hinweg aus Bett und lief zu seinem Kopf, um es sich dort bequem zu machen.

»Meistens sind es Zauberer, die ihrem Tier so nahe stehen, aber ab und zu gibt es auch einfache Menschen wie mich, die solch ein Glück haben. Glaubst du, du könntest irgendwann mein Bruder sein? Nachdem ich sechs Jahre lang auf dich warten musste, hoffe ich es zumindest sehr.«

Der Welpe gab noch einen grunzenden Laut von sich, dann schien er eingeschlafen zu sein, denn seine Atemzüge wurden ruhig und gleichmäßig. Len lächelte, während er dem kleinen Tier zuhörte, bis er schließlich aufstand und sich seiner Kleidung entledigte. Er hob den Welpen hoch, erstaunt darüber, dass dieser einfach weiterschlief, und kroch ins Bett, rollte sich beschützend um seinen Wolf herum zusammen.

Noch lange streichelte er das weiche Fell, horchte auf das grunzende Schnarchen und dachte über den vergangenen Tag nach, bis er schließlich einschlief.

Als er erwachte, war es im Zimmer fast taghell und er erwartete schon, dass er Sonnenhoch verschlafen hätte, doch er wusste zugleich, dass das nicht sein konnte. Er blinzelte in die Helligkeit, die alles seltsam fahl und unwirklich erscheinen ließ, begriff dann, dass es Mondlicht war. Der Vollmond schien durch das Fenster in sein Zimmer hinein.

Er glaubte in seinem benommenen Halbschlaf, dass das es gewesen war, was ihn geweckt hatte und es dauerte einige Momente bis er begriff, dass es ein Geräusch gewesen war, denn eben jener Laut erklang noch ein weiteres mal. Sofort war er hellwach, schloss aber geistesgegenwärtig wieder seine Augen.

Es klang ein wenig, wie Schritte von schweren Stiefeln auf hartem Stein. Er lauschte mit angehaltenem Atem, musste sich zusammenreißen, um nicht die Augen zu öffnen und sich umzusehen. Egal wer in seinem Zimmer war, er konnte nichts Gutes wollen, sonst hätte er sich nicht zu so später Stunde hineingeschlichen.

Er spürte, wie sein Herzschlag schneller wurde, als er hörte, wie die Schritte näher kamen. Auch sein kleiner Wolf war schließlich erwacht, Caelan begann sich zu regen und setzte sich schließlich auf. Er gähnte lautstark und Len musste sich ein Lächeln verkneifen, denn das hätte ihn ganz gewiss verraten und wenn schon jemand zur nachtschlafender Zeit in sein Zimmer eindrang, so wollte er ihm zumindest auch einen anständigen Empfang bereiten und sich nicht so leicht im Schlaf die Kehle durchschneiden lassen.

Schließlich spürte er, wie sich Caelan versteifte und unsicher die fremde Person anknurrte. Der junge Wolf schien sich nicht sicher, ob es sich hierbei um Freund oder Feind handelte.

Daraufhin verstummten die Schritte und Len spürte, wie etwas kleines, leichtes aufs Bett und über ihn hinüber sprang und Caelan zum stillschweigen brachte.

Schließlich machen die schweren Stiefel einen letzten Schritt an ihn heran. Er spürte, wie sich etwas über ihn beugte und schnell, mit geübten Reflexen, warf er sich herum und griff zu.

Seine Hand schloss sich hart um einen Arm und er zog mit einem Ruck daran, damit der ungebetene Gast das Gleichgewicht verlor. Das tat er auch und viel mit einem leisen Schrei auf Len. Der verdrehte den Arm, den er zu fassen bekommen hatte, schmerzhaft auf dem Rücken und zog sich selbst dann unter der erstaunlich leichten Gestalt hervor, setzte sich auf sie drauf, um sie endgültig unschädlich zu machen.

Und wieder hatte er nicht mit dem Fuchs gerechnet, der sich mit einem Fauchen in sein Gesicht stürzte und ihn somit nicht nur von der Gestalt hinunter, sondern auch auf den Boden warf und dort einfach fauchend sitzen blieb.

Len, der instinktiv den Arm losgelassen hatte, versucht das Tier von seinem Mund und seiner Nase zu bekommen, um nicht zu ersticken, doch der einzige Erfolg war, dass der Fuchs ihm abermals in die Hand biss und mit seinem Körper auch noch seinen Schrei erstickte.

»Das hätte ich dir jetzt nicht zugetraut«, bemerkte eine weibliche Stimme und er wusste sofort, dass es Reva war, nicht zuletzt wegen dem Fuchs, der ihn zu ersticken drohte. Dann war er weg und Reva saß rittlings auf ihm, nagelte mit ihren Knien seine Arme fest, das rote Tier schmiegte sich wieder um ihren Hals.

»Was tust du nachts in meinem Zimmer?«, wollte Len kalt wissen.

»Wo hast du das Kämpfen gelernt?«, erkundigte sich dagegen Reva mit einem ernst gemeinten Respekt in der Stimme.

»Was tust du in meinem Zimmer«, beharrte dagegen Len.

Sie schaute ihn einige Momente lang an, dann seufzte sie und stand auf.

»Du hattest recht. Er würde es mir nicht danken, er…«Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab. »Du hattest recht. Und deswegen ist es jetzt Zeit zu gehen.«

»Zu gehen?«

»Ja. Wir müssen dein Paradies suchen. Ich werde dich begleiten.«

»Wohin des Weges?«

»Was willst du?« Len blinzelte verblüfft.

»Dich begleiten. Weg von hier, so weit es geht«, erklärte sie und machte einige Schritte in Richtung Fenster, streichelte dabei den Fuchs.

Len rappelte sich auf und schaute sie an, in seinem Kopf raste es.

»Das heißt, das du mir hier heraushilfst?«

»Ja. Zieh dich an, nackt kannst du nicht durch das Schloss laufen.« Reva deutete auf seiner Kleider, die achtlos neben seinem Bett lagen und auf seine Blöße, die sie jedoch nicht wirklich zu stören schien.

Len überlegte, ob er sie darauf ansprechen sollte, denn die kühle Neugierde, mit der ihr Blick über seinen nackte Körper strich, kannte er nicht aus Tesfall, nur von den Dirnen aus Westfenia, doch er kam zu dem Schluss, das ihm das in diesem Augenblick ziemlich egal war. Stattdessen zog er sich Hose und Hemd über und griff nach dem Wolfswelpen.

»Zieh das hier auch an und zieh dir die Kapuze tief ins Gesicht, damit dich keiner erkennt«, hielt ihn Reva zurück und gab ihm einen langen Umhang. Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch sie einen trug, die Kapuze jedoch zurückgeschlagen hatte. Jetzt zog sie diese tief ins Gesicht.

»Halt deinen Wolf still, blicke nicht auf und sag kein Wort, sonst erkennen sie dich sofort«, mahnte sie.

»Meinst du nicht, die Wachen vor meinem Zimmer werden sowieso merken, wenn eine Person reingeht und zwei hinaus?«, fragte er.

»Sie schlafen. Ich habe ihnen ein starkes Schlafmittel gegeben, sie wachen erst in ein paar Stunden wieder auf«, antwortete die junge Frau und musterte ihn kritisch, nickte dann. »Ja, so können wir es wagen.«

»Was ist mir Kane?«, wollte Len noch wissen.

»Er hält noch immer Mondwacht, wir können nicht auf ihn warten. Außerdem hatte ich nicht den Eindruck, als würde er sich darum reißen, uns zu begleiten.«

Dem musste Len leider zustimmen. So also verbarg er den Wolfswelpen unter dem Umhang und folgte Reva auf leisen Sohlen aus dem Zimmer hinaus.

»Du darfst nicht so geduckt schleichen. Geh selbstbewusst, greif im Laufen weit aus, das ist unauffälliger«, erklärte sie, nachdem sie ihn einige Momente lang beobachtet hatte.

»So?«, fragte Len und tat, wie ihm geheißen. Reva nickte und ging voran durch die verwirrenden Gänge des Schlosses.

Zur selben Zeit trat Kane im Hof unruhig von einem Bein auf das andere. Er konnte sich nicht konzentrieren und sein Rabe krächzte immer wieder unruhig und raschelte mit den Federn, sodass die Meister ihm schon einige böse Blicke zugeworfen hatten.

Doch Kane war in seinen Gedanken nicht bei der Mondwacht, er war in Gedanken bei Reva und Len. Er fragte sich, ob sein alter Freund vielleicht etwas sehr, sehr dummes getan haben mochte.

Er kannte Reva schon seit seinem ersten Tag im Schloss und er wusste, dass sie eine ausgezeichnete Kämpferin war, aber er war sich nicht sicher, ob sie gegen jemanden wie Len bestehen konnte. Der junge Mann war harte Arbeit gewohnt, er trainierte auch regelmäßig seine Kampfkunst um sich im Notfall gegen die Reiter aus Karelahn wehren zu können und er war zu allem entschlossen.

Vielleicht konnte Reva gegen einen Mann im Übungsring mit Leichtigkeit bestehen, gegen einen Mann, der nichts mehr zu verlieren hatte, war sich Kane einfach nicht sicher. Und so schaute er immer wieder unruhig zum Turmzimmer auf.

»Kane.« Einer der Zauberermeister kam zu ihm und er wirkte nicht begeistert.

Der junge Zauberer antwortete nicht, neigte aber ehrfürchtig den Kopf.

»Du beendest die Mondwacht jetzt und verschwindest in dein Bett«, befahl der Meister. Kane runzelte darauf fragend die Stirn.

»Du bist zu unruhig, so nutzt die ganze Sache sowieso nichts, im Gegenteil. Du störst die anderen. Als Strafe wirst du morgen mit Racha die Pferdeställe misten.« Der Meister ging, ohne noch irgendetwas zu sagen oder auf eine Antwort zu warten.

Kane wartete, bis er weg war, dann nickte er seinem Nachbarn noch aufmunternd zu und verließ den Platz. Kaum war er nicht mehr im Mondlicht, lehnte er sich mit einem Seufzen an eine Hauswand.

Der Silberschein hatte großen Einfluss auf die Magie der Zauberer. Während er dem Licht ausgesetzt war, hatte er es nicht wahrgenommen, aber jetzt, wo er diesem Einfluss entzogen war, spürte er mit aller Macht, wie sehr es ihn angestrengt hatte, seine überlaufende Magie im Zaum zu halten.

Wenn das Mondlicht allmählich schwächer wurde, merkte man den Unterschied kaum, doch jetzt, wo er sich dem Licht so plötzlich entzog, schwindelte es ihm und ihm war übel. Er versuchte einen Augenblick lang, es zurück zu halten, doch schließlich gab er auf und erbrach sich, bevor er kraftlos zu Boden sackte.

In Wahrheit waren es wohl nur einige Minuten, doch ihm kam es vor, als läge er schon seit Stunden dort, bis es ihm soweit besser ging, dass er wieder aufstehen konnte. Er spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, erst noch einmal zu Len hoch zulaufen, um dort nach dem Rechten zu sehen, doch er sah ein, das er jetzt in seinem Bett deutlich besser aufgehoben war.

So verließ er taumelnd den Innenhof und stützte sich dabei an den Wänden ab, um nicht abermals zu Boden zu sinken. Sein Rabe flatterte derweil neben ihm her.

Er war schon fast da, als er schnelle, harsche Schritte vernahm. Kane überlegte kurz, ob er so wirklich gesehen werden wollte, den gerade zwischen der Jugend im Schloss herrschte eine erbitterte Rivalität um die Gunst der Ranghohen, doch er konnte in diesem Zustand sowieso nicht mehr ausweichen.

So kämpfte er sich mühsam weiter, setzte einen Schritt vor den Nächsten und konzentrierte sich nur darauf. Als er schließlich um die nächste Ecke taumelte, da stieß er unsanft mit jemandem zusammen, sodass er abermals entkräftet zu Boden sackte.

»Kannst du nicht aufpassen?«, hörte er jemanden fauchen und als er aufblickte, konnte er Reva erkennen, die ihn erst böse, dann verwundert anblinzelte.

»Kane?«, fragte da eine andere bekannte Stimme, Len.

»Reva? Len? Was tut ihr hier?« Plötzlich war Kanes Geist wieder hellwach. Er schaute erstaunt auf, versuchte auch kurz aufzustehen, doch sein Körper spielte nach wie vor nach seinen eigenen Regeln.

»Kane! Solltest du nicht bei der Mondwache sein?« Reva hielt ihm die Hand hin und zog ihn hoch als er dankbar danach griff.

»Sollte ich, ja, aber der Meister hat mich ins Bett geschickt, weil ich mit meiner Nervosität die anderen gestört habe.« Er lallte ein wenig, was seine Freunde mit einem Stirnrunzeln registrierten, aber dennoch stillschweigend hinnahmen.

»Du? Ein Störenfried? Hat er sich zu lange mit unserem Kirchenmeister unterhalten?«, wollte Reva abfällig wissen.

»Nein. Ich habe mir sorgen gemacht. Ob Len vielleicht etwas Dummes getan haben könnte. Ich hatte nicht erwartet, das ihr in trauter Zweisamkeit zur nachtschlafender Stunde durch das Schloss schleichen würdet.«

»Wir schleichen nicht, wir verschwinden«, antwortete Len darauf ruhig und schaute in den Gang zurück, aus dem sie gekommen waren.

»Ihr tut was? Beide?« Erstaunt blinzelte Kane von einem zum anderen.

»Ja. Mir ist klar geworden, dass es am Besten so ist. Bitte verrate uns nicht«, bat Reva nervös und trat unruhig von einem Bein auf das andere.

Kane starrte sie ungläubig an, runzelte die Stirn und war nun ganz eindeutig misstrauisch.

»Woher der Sinneswandel, Reva?«, wollte er wissen und lehnte sich schwer an die Wand.

»Lass es mich so sagen: Manchmal muss man einsehen, das jemand anderes recht hat. Und Len hat recht. Also verschwinden wir von hier. Beide. Du hast jetzt drei Wege, welchen wirst du gehen?«

»Drei Wege?« Kane zog eine Augenbraue hoch. »Wenn du die Möglichkeit euch zu verraten dazu zählst, hast du recht, aber dieser scheidet für mich sofort aus.«

»Dann zwei.«

Kane legte nachdenklich den Kopf an die Wand, überlegte, nickte dann.

»Ich begleite euch. Ich werde euch im Moment zwar eher aufhalten, aber ich möchte euch trotzdem begleiten«, erklärte er schließlich.

»Was haben sie mit dir gemacht?«, wollte Len daraufhin wissen.

»Nichts, das ist normal wenn man die Mondwacht abbricht. Ich brauche noch meinen Umhang, dann können wir gehen«, lächelte Kane und robbte weiter an der Wand entlang, doch Reva erbarmte sich seiner und stützte ihn. Len übernahm nach kurzem zögern die andere Seite und gemeinsam gingen sie den Weg zu den Unterkünften der jungen Zauberer entlang.

Kane trat sogleich ein und seine Freunde folgten ihm, wobei Len jedoch sofort hinter der Tür stehen blieb, als er die fünf Betten erblickte. Er war davon ausgegangen, das Kane ebenso ein Einzelzimmer hatte, wie er auch, doch wie er jetzt sah, war das ein Trugschluss gewesen.

»Denkst du nicht, das deinen Zimmergenossen auffallen wird, das du nicht da bist?«, fragte er leise.

»Nein. Wenn sie von der Mondwacht wiederkommen werden sie denken, ich bin beim Ställe misten, vor morgen Abend kommt keiner von ihnen auf die Idee nach mir zu fragen«, lächelte Kane.

»Ich hatte vergessen, dass du ja jetzt nicht mehr in den Großräumen untergebracht bist«, bemerkte Reva dazu und schaute sich neugierig um, während Kane in seinem Schrank nach seinem Umhang suchte.

»Großräume?«, wollte Len daraufhin wissen.

»Ja. Wie du hier im Schloss untergebracht bist hängt im Großteil von deinem Beruf und deinem Stand ab. Bei Zauberern ist es so, dass wir in unserer Lehrzeit in den Großräumen untergebracht sind, dort wohnen wir zu zwanzig in einem Raum. Wenn wir unsere Lehre beendet haben, wohnen wir zu fünft und je besser wird sind und desto verdienter wir uns um die Krone gemacht haben, desto weniger Zimmergenossen haben wir. Meine Lehre ist erst seit ein paar Monden vorbei, deswegen stehe ich noch ganz unten in der Zaubererschaft«, erzählte Kane und warf sich einen Umhang aus schimmerndem Stoff über.

»Bei den Kriegern ist das etwas anders. Die wohnen zu Anfang für gewöhnlich zu fünfzig und sie bleiben in den Großräumen, bis sie sich verdient gemacht haben. Das kann Jahre, Jahrzehnte dauern, viele schaffen es nie. Dann aber bekommen sie ein Einzelzimmer. Es gibt nur noch zwei andere Möglichkeiten, an ein solches zu kommen.« Reva streichelte nachdenklich ihren Fuchs während sie Kane beobachtete.

»Die da wären?«

»Als Vertrauter eines Hochrangigen oder als Frau.« Sie lächelte.

»Du hast also ein Einzelzimmer?«

»Ja«, nickte sie.

»Also wird nach dir auch niemand fragen?«

»Doch. Weißt du, ein Einzelzimmer ist nicht unbedingt etwas gutes, in der Menge hast du weit mehr Anonymität. Wenn es viele sind, kann man sich nicht um jeden kümmern. Wenn du etwas Besonderes bist, dann fällt es schneller auf, wenn du fehlst. Morgen früh zumindest sollten wir weit, weit weg sein, denn Lord Reff wird sehr schnell auffallen, wenn ich nicht da bin«, erklärte Reva und verließ den Raum als erste wieder.

»Kane, meinst du nicht, damit fallen wir zu sehr auf?«, erkundigte sich Len, der den Raum hinter seinem Freund als Letzter wieder verließ und deutete auf den schimmernden Umhang.

»Nein, im Gegenteil. Mich wundert eher, das Reva dir nicht die Zaubererkluft verpasst hat«, antwortete Kane.

»Wieso das? Ich glaube, ihr solltet mir mal ein wenig über das Leben hier erzählen, ich verstehe im Moment nicht allzu viel«, brummte der junge Mann und runzelte unwillig die Stirn.

»Ich erkläre es dir. Um an den Wachen vorbei zu kommen, ohne dass sie verdacht schöpfen, brauchen wir eine gute Ausrede. Das ist unser kleinstes Problem, ich bin die Vertraute von Lord Reff, ich brauche bloß zu behaupten, er hätte mich in privater Sache losgeschickt, keiner wird verdacht schöpfen. Deine Anwesenheit ist auch leicht erklärt, du sollst meine Leibwacht sein. Es ist nur leider so, dass selten zwei Krieger losgeschickt werden, in aller Regel sind es ein Zauberer und ein Krieger und sie wissen, dass ich keine Zauberin bin. Sinnvoll wäre es gewesen, wenn du also als Zauberer hier hinausgingest, aber ich konnte keinen Zaubererumhang besorgen. Dass Kane sich uns jetzt anschließt, ist also nur von Vorteil«, erklärte Reva.

»Und warum? Wieso nicht nur Krieger?«

»Damit die Boten gegen alle möglichen Feinde abgesichert sind. Ein Krieger kann gegen einen feindlichen Zauberer nur schlecht oder gar nicht bestehen. Diese zu schlagen wäre meine Aufgabe. Allerdings gibt es nicht genug Zauberer, als das es möglich wäre, nur sie als Boten einzusetzen. Wir müssen unsere Kraft sparen für den Fall, das es wichtig ist. Die Krieger bekämpfen gewöhnliche Feinde, wir sind dazu angehalten uns dort nur einzumischen, wenn ein Verlust droht. Zaubererfeinde dagegen sind unsere Aufgabe«, sprach Kane weiter.

»Ich glaube, das habe ich jetzt verstanden«, nickte Len.

Reva lächelte ihm kurz über die Schulter hin zu, den Rest des Weges legten sie aber schweigend zurück. Im Pferdestall angekommen stockte die junge Frau erschrocken.

»Was ist?«, wollte Kane wissen.

»Ich habe unsere Pferde schon gesattelt, aber wieso steht der Fuchs jetzt wieder ohne Zaum in der Box?«, flüsterte sie zurück und schaute sich misstrauisch um.

»Weil er das falsche Pferd ist«, antwortete eine Stimme und eine Gestalt, im dunklen Stall nicht zu erkennen, trat auf die Stallgasse hinaus. »Sternenläufer passt besser zu ihm.«

Kane und Reva erstarrten. Sie hatten die Stimme gleich erkannt, während Len noch überlegte. Die junge Frau schloss die Augen und zitterte leicht, während die Gestalt ins fahle Mondlicht trat, das durch die Stalltür hereinfiel.

»Langsam ist das nicht mehr lustig. Warum müssen Sie mir immer alles vereiteln?«, fauchte Len frustriert.

»Ich bin nicht hier um euch zu verraten, junger Prinz«, korrigierte Lord Reff mit einem kalten Blick, wandte sich dann an Reva. »Ich möchte nur den Grund wissen.«

»Ich habe einen Traum gelebt. Jetzt bin ich aufgewacht«, antwortete sie kalt und drängte sich an Kane, der die Situation misstrauisch beäugte.

»Wegen ihm?« Der Schwertmeister wirkte alles anderes als begeistert und sein Blick wurde noch abweisender, als er Kane anschaute.

»Nein.«

Lord Reff schien das nicht ganz glauben zu können, doch Len beendete die Situation auf seine Art und Weise.

»Welches ist Sternenläuferin?«, wollte er von Reva wissen und ging die Stallgasse entlang. Die zögerte noch einen Moment, tauschte kurz einen Blick mit Kane, dann schluckte sie und nahm all ihren Mut zusammen. Sie folgte Len und zeigte ihm eine hübsche weiße Stute mit schwarzem Langhaar, die fertig gesattelt in ihrer Box stand und wartete. Sie holte ihr eigenes Pferd, ebenfalls eine Stute, aber in schwarz, und holte dann Sattel und Zaumzeug, während Kane sein Pferd, ein roter Hengst mit weißem Langhaar, herausführte.

Reva sattelte den Hengst mit geübten Handgriffen, dann führten sie ihre Pferde hinaus. Kane kletterte eher unbeholfen auf den Pferderücken, doch seinen Hengst schien das nichts auszumachen. Len dagegen, der öfter auf den Pferden seines Herrn ritt, setzte erst seinen kleinen Wolf in den Sattel, schwang sich dann gekonnt dazu und schaute zu Reva.

Die zögerte. Sie stand bei ihrer Stute und eigentlich konnten sie aufbrechen, doch irgendetwas schien sie noch zurückzuhalten. Schließlich wandte sie sich mit einem Ruck ab und lief zurück zu Lord Reff, der im Tor zu den Ställen stand. Sie sprach leise mit ihm und er hörte ihr aufmerksam zu. Schließlich sagte er selbst etwas, doch weder Len noch Kane konnten verstehen, was sie besprachen.

Schließlich hielt Reff Reva die Hand hin und sie ergriff selbige. Sie schüttelten einander erst die Hände, dann warf sich das Mädchen in seine Arme, bevor sie fluchartig wieder zu ihrem Pferd lief und aufsaß.

»Lasst uns reiten«, sprach sie mit tränenerstickter Stimme.

Sie übernahm sogleich die Führung und gemeinsam trabten sie zum Tor. Die wachhabenden Männer wirkten eher gelangweilt und genervt, als sie bei ihnen ankamen. Erst schien es, als konnten sie vollkommen unbehelligt passieren, doch dann besannen sie sich wohl auf ihre Aufgabe und einer trat ihnen unwillig in den Weg.

»Wohin des Weges?«, wollte er wissen.

»Ich habe einen Auftrag für Lord Reff zu erledigen«, antwortete die junge Frau. Ihre Stimme klang noch immer nicht so harsch und selbstbewusst, wie gewöhnlich, aber sie hatte sich schon nach diesen wenigen Metern wieder erstaunlich gut in der Hand.

»Um diese Uhrzeit, Lady Reva?« Erstaunt trat eine andere Wache hinzu, eine, die deutlich jünger wirkte.

»Ja, Mev«, antwortete sie bloß.

»Und eure Begleiter?«, wollte der Erste wissen, wirkte ein wenig erstaunt darüber, das Reva und die jüngere Wache einander zu kennen schienen.

»Meine Leibwache.«

»Also ein gefährlicher Auftrag? Darf ich wissen, worum es sich handelt?« Der Ältere wirkte immer misstrauischer. Er griff Revas Pferd in den Zaum und trat ganz nahe an sie heran.

»Du musst wissen, wir haben Anweisung von Meister Ratscha, das wir niemanden passieren lassen dürfen«, mischte sich der jüngere, Mev, entschuldigend ein. »Nachdem der junge Prinz heute den ganzen Nachmittag ohne größere Schwierigkeiten hätte entkommen können, will man nichts mehr riskieren.«

»Wollt ihr mir etwa unterstellen, ich würde den Prinzen hier herausschmuggeln?«, brauste die junge Frau entrüstet auf. Sie war wieder ganz die alte, wie Len mit einem Lächeln feststellte.

»Nein, aber wir haben unsere Anweisungen«, antwortete Mev ruhig.

»Lady Reva, in dem Fall können wir wohl nichts tun«, mischte sich nun auch Kane ein. »Wir sollten Lord Reff Meldung machen und auf weitere Anweisungen warten.«

»Nein Kane. Seine Anweisungen waren eindeutig«, fauchte sie zurück. Sie schob ihre Kapuze zurück und Len blinzelte erstaunt aus dem Augenwinkel.

Er konnte sie nicht offen ansehen, aber das, was er erkennen konnte, ließ ihn unweigerlich an eine Heeresführerin denken, deren Schlachtplan nicht so aufging, wie sie es sich gewünscht hätte, die jetzt überlegte, wie sie den Schaden möglichst gering halten konnte.

Er stellte erstaunt fest, dass sie ihm auf eine sehr verquere Art und Weise sympathisch war. Er wusste nichts über sie, aber ihre Art und Weise, wie sie die beiden Wachen musterte, bestätigte ihm nicht nur, das sie in dieser Welt des Adels mächtiger war, als sie zugab, sondern es zeigte ihm auch eine vollkommen andere Facette ihres Seins.

»Was uns aber nichts nutzt, wenn sie uns hier nicht durchlassen, Lady. Wir können hier noch stehen und unnötig Zeit vergeuden oder wir gehen zu Lord Reff und setzen ihn darüber in Kenntnis. Ich denke, wenn er persönlich hier auftauchte, müssten sie uns passieren lassen.«

»Oh, wenn du ihn und seine Gattin wirklich zu nachtschlafender Stunde stören willst, Kane, dann tu dir keinen Zwang an, ich hatte das nicht vor«, fauchte sie und runzelte unwillig die Stirn.

Daraufhin stieß die ältere Wache ein schnaubendes Lachen aus.

»Seit ihr wirklich so naiv zu glauben, das er die Nächte bei seiner Frau verbringt, Lady Reva? Jetzt, wo ihr vor mir steht, wird er wohl eher dem Alkohol seine Aufmerksamkeit schenken, jeder im Schloss weiß, das er in den letzten Jahren nur mit euch das Bett geteilt hat«, erklärte er mit einem anzüglichen Grinsen.

Revas Miene verdunkelte sich daraufhin vor Wut. Sie wirkt einerseits, als wäre sie kurz davor, wirklich laut zu werden, andererseits schien es ihr auch überaus unangenehm, dass sie vor Kane und Len so bloßgestellt wurde.

»Lady Reva, wir sollten mit dieser Scharade aufhören. Sie haben recht, es weiß wirklich das ganze Schloss bescheid«, sprang da der junge Zauberer ein.

Reva warf ihm einen fragenden Blick zu, den die Wachen aber nicht sahen, da sie sich nun vollkommen auf Kane konzentrierten. Der schloss mit einem Seufzen die Augen und rutschte dann vom Pferderücken.

»Ich will ehrlich zu euch sein. Ja, das ganze Schloss weiß von Lord Reff und Lady Reva, auch seine Frau. Sie hat es all die Jahre stillschweigend hingenommen, warum weiß vermutlich niemand so genau. Aber wie dem auch sei, die Situation hat sich verändert und gewiss nicht zum Besten.« Er seufzte übertrieben theatralisch und Len war sich sicher, das ganz egal war, was er vorhatte, das sie ihm das niemals glauben würde, wenn er weiter so maßlos übertrieb, doch das Gegenteil schien der Fall. Die Wachen hingen geradezu an seinen Lippen.

»Ihr müsst wissen, und diese Information habt ihr natürlich nicht von mir, die Lady Reva erwartet ein Kind vom Lord. Die Reaktion seiner Gattin, sollte sie davon erfahren, könnt ihr euch natürlich denken«, sprach der Zauberer munter weiter, währen die junge Frau wirkte, als träfe sie sogleich der Schlag.

»Dies ist nämlich unsere eigentliche Aufgabe, also die von mir und dem lieben Rannan dort.« Kane deutete gut gelaunt auf Len, der inständig hoffte, dass die Wachen ihn nicht genauer betrachten mochten. »Wir sollen die Lady zu Freunden des Lords bringen, wo sie das Kind zur Welt bringen soll, fernab seiner Gattin und ihrem Einfluss. Immerhin ist dieses Kind sein erster Nachkomme, es könnte sein Erbe sein, auch wenn es kein eheliches Kind ist!«

»Und damit das Verschwinden der Lady nicht auffällt, hat er sie also auf eine geheime Mission geschickt? Schlau wie ein Fuchs der Lord. Es stimmt doch, was der Zauberer sagt, Rannan? Lady Reva?« Mev schaute mit strahlenden Augen von einer Person zur nächsten.

Len nickte abgehackt und erkannte aus dem Augenwinkel, wie Misstrauen in den Augen der Wache aufglomm.

»Ja, es stimmt, auch wenn ihr davon eigentlich nichts wissen solltet. Und quält den armen Rannan nicht mit einer Antwort, die Männer aus Karelahn haben ihm die Zunge herausgeschnitten, als er einmal auf sie traf, er kann euch nicht antworten«, beeilte sich Reva zu versichern.

»Ach, wirklich? Gut, sein Gesicht kann er uns doch wohl dennoch zeigen?« Auch die ältere Wache war misstrauisch.

»Selbstverständlich. Nimm die Kapuze runter, Rannan«, sprach Kane. Die Wachen hatten nun ihre volle Aufmerksamkeit Len zugewandt, sodass sie nicht bemerkten, das Reva lächelnd nickte. So schob er also die Kapuze zurück und schaute die Wachen möglichst gelassen an.

Die musterten ihn einige Augenblicke lang neugierig, dann nickten sie zufrieden und er schob sie schnell wieder hoch. Die beiden Männer tauschten noch einen Blick, dann ließ der ältere den Zaum von Revas Pferd los.

»Ihr dürft passieren. Um euer Wohl und das eures Kindes«, erklärte er und trat zurück.

»Vielen dank. Ich werde euch in Erinnerung behalten und Lord Reff berichten, wie großzügig ihr euch zeigtet«, dankte Reva, während Kane wieder auf den Pferderücken kletterte. Schließlich ritten sie weiter.

Kaum waren sie außer Hörweite, brach die junge Frau regelrecht auf dem Pferderücken zusammen, als alle Anspannung von ihr wich.

»Warum haben sie mich nicht erkannt?«, wollte Len sogleich leise wissen.

»Weil sie den Prinzen nie gesehen haben«, antwortete Kane lächelnd. »Eigentlich war es nur Getue, das sie dein Gesicht sehen wollten, für sie warst du von beginn an nur irgendeiner der Kriegerschüler.«

»Kane«, begann da Reva. »Ich hoffe dir ist klar, das ich nichts mit Lord Reff hatte?«

»Entschuldige, meine Beste, aber als sie behaupteten, das ganze Schloss wüsste bescheid, war das nicht übertrieben.« Der Zauberer lächelte mitleidig.

Reva wirkte, als wollte sie erst noch einmal widersprechen, doch schließlich schloss sie den Mund wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Einige Augenblicke lang blieb sie still, bis sie dann doch etwas sagte.

»Das klären wir später. Jetzt müssen wir nur erst einmal von hier verschwinden, so weit wie wir können.«

»Wo wollen wir mit unserer Suche beginnen?«

»Ich hasse Regen.« Kane rutschte unruhig in seinem Sattel hin und her. »Warum nur habe ich mich nicht in mein schönes, warmes Bett verkrochen sondern bin mit euch mitgegangen?«

»Weil du das Abenteuer gewittert hast und wir wissen beide, das du zu einem Abenteuer noch nie nein sagen konntest«, lächelte Len mit geschlossenen Augen. Er mochte das Gefühl des Regens in seinem Gesicht und auch wenn er das Wetter später noch verfluchen würde, spätestens wenn er versuchte, seine Stute wieder trocken zu bekommen, so genoss er es im Augenblick in vollen Zügen.

»Kane der Abenteurer? So habe ich ihn aber nicht kennen gelernt«, lachte Reva. Sie hasste Regen zwar, doch nicht einmal der konnte im Augenblick ihre gute Laune schmälern.

Sie waren vor zwei Nächten aus der Hauptstadt entkommen und es gab im Moment weder Anzeichen, das man sie suchte, noch, das man ihnen auf den Fersen wäre, das war weit mehr, als sie zu ihren besten Zeiten zu hoffen gewagt hätte.

»Was mich zu der Frage bringt, wie ihr euch überhaupt kennen gelernt habt.« Len schaute von seinem Freund zu der jungen Frau. Die beiden wirkten so vertraut, er platzte schier vor Neugierde, er wollte etwas über sie zu erfahren.

»Sie hat mir an meinem ersten Tag geholfen«, grinste Kane schräg.

»Ich hab ihn vor ein paar Kriegerlehrlingen beschützt«, berichtigte Reva lächelnd.

»Ach? Davon würde ich ja zu gerne mehr erfahren.«

»Keine große Sache. Ich habe mich ein wenig daneben benommen und die waren dann ein wenig wütend«, beschwichtige der junge Zauberer.

»Er hat sie wüst beschimpft, als sie gerade ein Pferd neu beschlagen haben. Er kannte keine Hufeisen und dachte, sie tun dem Tier weh. Daraufhin wollten sie ihn in den Misthaufen stecken und ich habe sie davon abgehalten«, erzählte sie grinsend die ganze Geschichte.

»Hufeisen?« Auch Len wusste damit nichts anzufangen. Auf dem weichen Untergrund, auf dem die Dorfpferde liefen, brauchten sie keinen Beschlag und so wussten die meisten der Dörfler nicht einmal, das es so etwas überhaupt gab.

»Ja. Eine Art Metallschuh für Pferde um ihre Hufe zu schonen. Wenn sie zu oft und zu lange auf hartem Grund laufen, nutzen sich ihre Hufe sehr stark ab und das ist auf Dauer nicht gut. Deswegen beschlägt man sie, das bedeutet, dass ihnen ein Metallstück angepasst, das dann angenagelt wird. Das sieht nach Tierquälerei aus, aber wenn man es richtig macht, spüren sie davon nichts«, erklärte Kane sogleich, den er wusste, wie es Len ging angesichts der vielen Dinge, die er gar nicht kennen konnte.

»Ach so, dann sind die Metallstücke als Hufeisen. Ich habe gestern versucht, es von Sternenläuferins Huf zu lösen, aber ich habe es nicht geschafft.«

»Gut so, die Arme hätte sonst bald nichts mehr zu lachen gehabt auf diesen Wegen«, lächelte Reva. »Ich hoffe nur, das du es nicht so sehr angelöst hast, das es sich jetzt von selbst lockert, das ist schlimmer, als wenn sie gar keinen Beschlag hat.«

»Mir erschienen sie noch sehr fest, aber du kannst sie dir ja nachher mal anschauen. Du warst also schon da, als Kane damals ins Schloss kam?« Len beobachtete seine Weggefährtin ganz genau. Jetzt wurde es erst richtig spannend, denn er wusste nach wie vor fast nichts über sie. Er hatte vor, daran jetzt ein wenig etwas zu ändern.

Reva bemerkte das durchaus, denn einige Augenblicke lang schaute sie ihn nachdenklich an, dann jedoch lächelte sie.

»Ich mache dir einen Vorschlag, wir spielen ein Spiel«, erklärte sie schließlich.

»Ein Spiel? Was für ein Spiel?«, wollte er wissen.

»Ein Fragespiel. Ich sehe es dir an, du willst mehr über mich wissen und ich will mehr über dich erfahren. Also spielen wir ein Spiel. Wir stellen reihum Fragen, es gibt keine Tabuthemen. Wenn wir diesen Ort wirklich finden wollen, dann müssen wir uns kennen und das ist die einfachste Möglichkeit.« Sie lächelte.

»Gut, okay. Wer darf beginnen?«, wollte Len sogleich wissen.

»Kane. Er kennt uns beide und er ist unparteiischer. Wem er die erste Frage stellt, der ist als nächstes dran«, lächelte sie.

»Gut, Kane. Frag.«

Der junge Zauberer blinzelte, er fühlte sich ein wenig überrumpelt, doch schließlich nickte er.

»Gut, Reva. Warum hast du deine Meinung geändert?«

Die junge Frau grinste schief.

»Ich habe gewusst, dass du das fragen wirst, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass du damit beginnst. Gut, dann sei dem eben so. Es war etwas, was Len gesagt hat. >Er wird dir dafür nicht danken.<. Das hat mich zum Nachdenken gebracht und schließlich musste ich erkennen, dass er recht hatte. Und nachdem ich das endlich eingesehen habe, ist mir aufgefallen, das ich all die Jahre eine Lüge gelebt habe.«

»Wieso das, was meinst du?«, wollte Kane weiterfragen, doch sie lächelte nur.

»Ich bin dran, du hast deine Frage gestellt. Len, wann bist du wirklich nach Tesfall gekommen?«, wollte Reva eindringlich wissen.

»Als ich fünf war. Das war keine Lüge«, antwortete er und lächelte nun seinerseits zufrieden. Die junge Frau wirkte nicht begeistert, sie schaute forschend zu Kane, doch der bestätigte mit einem Nicken.

»Das stimmt, er war wirklich fünf. Ich kann mich noch sehr gut an damals erinnern.«

»Gut. Dann darfst du jetzt fragen, Len.«

»Okay. Ich glaube dir nicht, das du nur einfach irgendwer bist, welche Stellung hast du also genau inne?«

»Ich bin die Vertraute von Lord Reff. Ich bin so etwas wie seine persönliche Assistentin, ich kümmere mich um seine persönlichen Belange, überbringe Botschaften, kümmere mich um sein leibliches Wohl und dergleichen.«

»Also bist du seine Konkubine? Das erklärt einiges«, fand Len und verstand nun ihren geschäftsmäßigen Blick, mit der sie seine Blöße gemustert hatte.

Reva wirkte zwar nicht ganz einverstanden, doch sie schwieg, schaute stattdessen zu Kane hinüber.

»Was meintest du als du sagtest, das du jahrelang eine Lüge gelebt hast?«, wollte der sogleich wissen.

»Wollt ihr euch jetzt nur auf dieses Thema beschränken?«, fauchte Reva ungehalten, schnaubte erbost, antwortete schließlich aber doch. »Er sagte, er wolle seine Frau verlassen und stattdessen mich nehmen. Ich habe ihn geglaubt.«

Mehr sagte sie nicht, doch mehr brauchte sie auch nicht erklären. Kane verstand auch so. Sie war blind vor Liebe gewesen und hatte einfach jedes Versprechen glauben wollen, das er ihr gab, egal wie abwegig es auch war. So hatte er die junge Frau so eng an sich gebunden, wie es nur irgend möglich war.

»Gut, Len. Was war von dem gelogen, was du mir über deine Kindheit erzähltest?«, fragte Reva und wandte sich neugierig dem jungen Mann zu.

»Das ich mich an meine Kindheit vor Tesfall erinnern könnte. Meine Erinnerungen beginnen genau da: Als ich das erste Mal in Tesfall erwacht bin«, antwortete der junge Mann wahrheitsgemäß und wieder nickte Kane bestätigend.

»Wie bist du zu Lord Reff gekommen?«, wollte der Len daraufhin wissen und schaute die junge Frau forschend an.

»Das ist eine lange Geschichte«, seufzte die.

»Wir haben Zeit«, antwortete Len. »Der Weg ist noch weit.«

Reva zögerte kurz, schließlich lächelte sie aber und nickte.

»Ich weiß.« Sie rutschte im Sattel herum, bis sie bequem saß, sortierte noch einmal ihre Zügel und streichelte ihre Füchsin, bevor sie seufzte und zu erzählen begann. »Ihr müsst wissen, ich stamme gar nicht aus Ronari. Ich bin in Karelahn geboren, in einem Dorf nahe der Grenze zu Ronari.«

Kane ruckte daraufhin so stark am Zügel, das sein Hengst kurz scheute, bevor er mit einem kleinen Sprung wieder zu den anderen aufholte.

»Du? Aus Karelahn?«, fragte der junge Zauberer noch einmal erstaunt nach.

»Ja. Das Dorf lag in der direkten Linie zwischen Ronari und Karelahn, deswegen fanden dort unzählige Kämpfe statt. Es wurde regelmäßig überfallen, von beiden Seiten. Ich weiß bis heute nicht, warum die Dörfler nicht einfach wegzogen. Meine Eltern starben bei einem dieser Überfälle, lange bevor ich laufen konnte. Ich war ein Waise noch bevor ich der Muttermilch entwöhnt war.« Reva lächelte traurig und schaute eine Weile nur vor sich hin. Die beiden jungen Männer wollten sie in ihren Gedanken nicht unterbrechen, deswegen schwiegen sie. Schließlich sprach die junge Frau auch von sich aus weiter.

»Ich lebte dort bis ich sechs war. In der Zeit lebte ich bei so vielen verschiedenen Familien, dass ich sie nicht zählen kann. Ich habe in dieser Zeit gesehen, wie Frauen vergewaltigt wurden, wie man Männer zu Tode quälte und Kinder verstümmelte. Damit sie nicht irgendwann als Krieger an die Front ziehen konnten.«

Auch nach so vielen Jahren hatten diese Grausamkeiten nichts von ihrem Schrecken verloren. Reva biss sich so sehr auf die Lippen, das sie zu bluten begannen, während Tränen ihre Wange hinabrollten und sich letztlich mit dem Blut vermischten.

Len hatte nie zuvor so viel Mitleid mit einem Menschen wie in diesem Moment mit dieser jungen Frau. Er dachte an seine eigene Kindheit, die so glücklich gewesen war, voller Sonnenschein und Lachen und er wagte nicht einmal zu erahnen, wie diese junge Frau sich fühlen musste. Er bewunderte sie, das sie, obgleich einer so grausamen, schrecklichen Kindheit, dennoch eine solch starke junge Frau werden konnte.

Diesmal dauerte es länger, bis Reva sich wieder gefasst hatte. Schließlich leckte sie sich das Blut von den Lippen und wischte mit dem Handrücken über ihr Gesicht, obwohl der Regen ihre Tränen schon längst fortgespült hatten.

»Als ich dann sechs Jahre alt war, traf ich auf Lord Reff. Das Dorf war Teil ihrer Gefechte geworden, das Haus, in dem wir uns versteckt hatten, hatte Feuer gefangen und wir sind hinausgelaufen. Ich weiß nicht, was mit den anderen geschah, aber in all dem Rauch verlor ich die Orientierung. Und dann stand er da.«

Sie schaute in den Himmel, ihre Kapuze rutschte herunter, sodass man einen freien Blick auf ihr Gesicht hatte. Sie trug eine seltsame, allumfassende Gleichgültigkeit in den Augen zur Schau. Sie schien weit, weit weg, als wäre nur noch ihr Körper anwesend und vielleicht war sie das auch. Vielleicht durchlebten ihre Gedanken noch einmal jede Sekunde von damals, mit all dem Schrecken.

»Er erschien mir wie eine Lichtgestalt in der Dunkelheit. Er starrte mich an, als könnte er nicht glauben was er sah. Er fragte mich etwas, ich weiß nicht was, denn damals sprach ich diese Sprache noch nicht, aber schließlich nahm er mich mit sich. Weit, weit fort von all dem Leid. Wir waren lange unterwegs, ich glaube, er war gerade auf dem Weg nach Hause. Er brachte mir eure Sprache bei und er versprach mir, dass ich bei ihm bleiben dürfte. Und er hielt sein Versprachen. Er zog mich auf, wie eine Tochter, er brachte mir alles bei, was ich weiß und alles, was ich kann.«

»Also hast du ihm eine Menge zu verdanken. Wenn du aber für ihn wie eine Tochter warst, wieso spielst du dann für ihn die Konkubine?«, wollte Len sanft wissen.

»Aus Liebe. Er blieb für mich immer der starke Krieger, der mich vor meinem Elend rettete und so etwas macht einen Blind vor Liebe. Warum er sich darauf einließ weiß ich nicht, es spielte für mich auch keine Rolle. Aber du, Len, du hast mir endlich die Augen geöffnet. Er hat nur mit mir gespielt, das weiß ich jetzt. Das war übrigens deine Frage für die nächste Runde, du bist dran, Kane.«

Wie schon zu beginn ihres kleinen Spiels wirkte der junge Zauberer ein wenig überrumpelt, hatte er doch völlig vergessen, woraus Revas plötzliche Offenheit überhaupt entsprungen waren, doch er fing sich schnell wieder.

»Reva, ich mache mir sorgen, das Lord Reff uns verraten könnte. Erzähl uns doch einmal, was ihr zum Schluss miteinander gesprochen habt.«

»Er wird uns nicht verraten, dafür habe ich gesorgt. Ich sagte ihm, dass ich nun begriffen hätte, dass er mich nicht mehr zu belügen braucht, denn ich werde jetzt gehen. Ich erklärte ihm, was ich euch eben erklärte und habe mich von ihm verabschiedet. Es war schwer, aber nicht unmöglich. Und dann habe ich ihm gesagt, das er nicht versuchen sollte, uns in irgendeiner Art und Weise Steine in den Weg zu legen, denn wenn sie Len zurückholen, wird er früher oder später König sein. Und er ist nicht dumm, er wird sich an die Erinnern, die ihm Gutes taten und an jene, die ihm schadeten.«

Die beiden jungen Männer blinzelten verblüfft. Es war einfach, aber genial, denn sie hatte mit jedem Wort recht. Wer auch immer Len wieder einfing, konnte letztlich nur verlieren.

»Ich bin gerade mehr als froh, dich nicht zur Gegenspielerin zu haben, Reva«, erklärte der junge Mann und neigte ehrfürchtig sein Haupt.

»Ich habe vom König der Lügen und Intrigen gelernt, wozu sonst soll es sonst auch gut gewesen sein?« Sie lächelte zufrieden, kam aber sogleich zum Geschäftlichen. »Gut, die Frage geht an euch beide. Wer ist Nava.«

Die jungen Männer blinzelten erstaunt, denn das die Sprache nun auf die junge Frau kam, damit hatten sie nicht gerechnet. Len deutete Kane mit einem Blick, das er still bleiben sollte und der nickte dankbar. Der junge Zauberer wusste nicht, wie viel Len letztlich verraten wollte.

»Sie war Kanes Verlobte. Ihr Vater starb, als sie neun war, ihre Mutter drei Jahre später. Danach war sie heimatlos. Ich arbeitete auch damals schon für Lord Aaric und Temmur. Nava, Kane und ich waren schon lange gute Freunde und weil wir alle wussten, das Kane bald in die Hauptstadt gehen würde, nahm ich Nava zu mir, zumal der Lord nichts dagegen hatte. Im Gegenteil er ist ein sehr gutherziger Mann und nachdem er schon mir Unterkunft und Arbeit anbot, freute er sich, das Nava nun für mich den Haushalt machen würde und ich mich ganz darauf konzentrieren konnte, mich um seine Tiere zu kümmern.«

Len dachte gerne an seinen alten Herrn zurück und so versank er für einige Augenblicke in seinen schönen Erinnerungen, bevor er sich in der Wirklichkeit wieder fand.

»Nun, sie und Kane haben sich verlobt bevor er ging, doch unser Zauberer hier hat jahrelang nichts mehr von sich hören lassen und da wir schon zusammen lebten, hat das eine das andere ergeben.«

»Ich verstehe«, nickte Reva, doch Len lachte leise.

»Das glaube ich nicht. Das macht aber auch nichts.«

»Gut«, sprach die junge Frau noch zögernd, dann schaute sie wieder zu Kane. »Du bist wieder dran, Len hatte seine Frage vorhin ja schon.«

»Dann habe ich eine ganz einfache Frage und mir ist ziemlich egal, wer sie mir beantwortete. Ich möchte nur wissen, wohin wir jetzt überhaupt reiten. Wo wollen wir mit unserer Suche beginnen?«

»In Karelahn«, antwortete Reva und Len wie aus einem Mund. Sie hatten es nicht abgesprochen, doch in diesem Fall war das auch nicht nötig.

»Wohin?« Der junge Zauberer blinzelte die beiden entsetzt an. »Ist das euer Ernst?«

»Du musst die Regeln beachten, Kane, nur eine Frage stellen«, antwortete Reva amüsiert.

»Spiel hin, Spiel her, meint ihr das ernst?« Der Zauberer wischte ihre Worte mit einer Handbewegung beiseite.

»Ja. Erinnere dich doch daran, was sie geschrieben hat. Sie beschreibt die Legende vom Volk der Windläufer. Und die kommt ursprünglich aus Karelahn, das weiß jedes Kind«, erklärte Len gut gelaunt.

»Ja, schon, aber das bedeutet doch nicht, das wir dort auch automatisch etwas finden!« Die Stimme des jungen Zauberers wurde langsam aber sicher eindeutig schrill.

»Vielleicht nicht, aber sie schreibt auch weiter, dass die ursprüngliche Version anders ist als die, die es in Ronari gibt. Wollen wir gut recherchieren, müssen wir dort beginnen und hoffen, das wir die ursprüngliche Version irgendwo finden können.«

»Sie hat doch schon alles recherchiert, wieso müssen wir das noch einmal tun?«, wollte Kane unwillig wissen.

»Weil wir nicht wissen, was davon der Wirklichkeit entspricht. Du hast recht, vielleicht jagen wir gerade nur einer Geschichte hinterher. Und selbst wenn es der Wahrheit entspricht, so könnte sie etwas übersehen haben. Etwas, das wichtig ist. Weißt du, du hast noch immer die Wahl, du musst uns nicht begleiten.«

»Wohin könnte ich aber gehen?«, widersprach der junge Zauberer.

»Zu Nava. Temmur wird sich gewiss um sie kümmern, aber eigentlich ist es nie seine Aufgabe gewesen. Sie fällt allen nur zu Last, das weiß sie. Aber sie kann es nicht ändern. Wenn du zu ihr gehen und ihr eine Aufgabe geben würdest, dann hilft mir das ebenso sehr, wie wenn du mich begleitest. Ich kenne sie, sie empfindet nichts als schlimmer, als das Wissen, nur eine Last zu sein. Wenn ihr jemand, wenn du ihr das Gefühl geben könntest, das sie hilft und sei es nur ein kleines bisschen, dann hilft das. Und somit bleibt dein Weg offen.«

Kane schaute Len durch den Regen hindurch an. Er überlegte lange, schüttelte schließlich den Kopf.

»Ich habe angst, aber ich werde bleiben.«

Da wandte sich der junge Mann Reva zu.

»Auch dein Weg bleibt offen.«

»Sag guten Tag«, forderte sie ihn auf.

»Was?«

»Sag es. Sag guten Tag.«

Len blinzelte verwirrt, tauschte einen fragenden Blick mit Kane, der genauso wenig verstand was hier vor sich ging, wie er selbst.

»Ähm, guten Tag«, sprach der junge Mann schließlich.

»Und jetzt auf Karenisch.«

»Auf was?«

Reva lächelte. Das war genau die Antwort, die sie erwartet hatte.

»Wie willst du lebend durch Karelahn kommen, wenn du nicht einmal die dortige Sprache sprichst? Ich spreche sie noch immer dialektfrei und fließend. Außerdem habe ich für dich mein Leben aufgegeben. Ich habe nichts mehr außer mit selbst. Und ich kann auch nicht zurückkehren. Und das bedeutet, dass du mich nicht mehr loswirst. Irgendwer muss schließlich auf dich aufpassen.«

Len wollte erst widersprechen. Der Wolf, der den ganzen Tag schon an seinem Bauch lag und grunzend schlief bewies schließlich, das er kein Kind mehr war, auf das man aufpassen musste, doch schließlich lächelte er nur dankbar, den er wusste, wie sie es meinte.

Sie schauten einander an und obwohl es keiner aussprach, so wusste sie dennoch um das stumme Versprechen, das sie einander gaben und obwohl sie beide Len zuvor noch so fern und fremd erschienen, so hatte er jetzt das Gefühl, das sie ihm so nahe waren, wie kaum jemand je zuvor.

Plötzlich aber ruckte Revas Kopf herum und sie lauschte angestrengt. Auch die beiden jungen Männer lauschten angespannt, doch sie konnten nichts hören. Im Gegensatz zu Caelan, der leise knurrte, und der Füchsin, die ihre Tarnung aufgab und unruhig ihren Kopf an Revas Wange rieb.

»Los, sieh nach«, forderte die junge Frau auf und legte einen Arm auf der Kruppe des Pferdes ab. Die Füchsin balancierte auf den Pferderücken hinab, sprang von dort aus zu Boden und lief den Weg zurück.

»Kannst du mir ihr reden?«, fragte Len erstaunt nach, doch Reva verneinte.

»Natürlich nicht«, brummte sie unwillig, erklärte aber nicht mehr. Stattdessen spannte sie sich, während Kane mit einem leisen Pfeifen seinen Raben zu sich rief. Er flüsterte dem schwarzen Vogel etwas zu, der flog daraufhin los, in jene Richtung, die auch die Füchsin eingeschlagen hatte.

Es dauerte nicht lange, bis der Rabe wieder zurückkehrte und sich mit leisem Krächzen auf Kanes Schulter setzte. Der lauschte noch einige Momente lang, wandte sich dann Reva zu, doch als er etwas sagen wollte, hob sie die Hand. Sie ließ ihr Pferd anhalten und wartete auf die Füchsin, die nur Augenblicke später angelaufen kaum und mit einem gewaltigen Satz wieder auf dem Pferderücken landete.

Die Fähe fauchte leise und sogleich gab die junge Frau ihrem Pferd die Sporen. Die beiden jungen Männer brauchten einen Augenblick länger, dann aber jagten sie Reva nach.

»Was ist?«, fragte Len und neigte sich tiefer, damit der Regen ihm nicht direkt ins Gesicht prasselte, hoffte dabei inständig, das seine Stute nicht ausrutschen und sein Wolf nicht hinabfallen mochte.

»Wir müssen es bis zum Fluss schaffen!«, rief die junge Frau zurück, während ihr langer Zopf mit dem Pferdeschweif um die Wette zu flattern schien.

»Wieso, was ist los?«, wollte Kane verwirrt wissen, während er immer weiter zurückfiel. Er kannte sein Pferd, er wusste, dass das schwere Tier auf diesem Schlick weit leichter ausrutschen konnte, als die beiden kleinen, wendigen Stuten seiner Freunde.

»Söldner! Sie dürfen in diesem Gebiet agieren, der Fluss aber markiert die Grenze zu einem anderen Gebiet und ab da sind sie vogelfrei!«

Jetzt trieben auch Len und Kane ihre Pferde noch mehr an. Söldner waren Gesetzlose, wenn sie nicht gerade einem Auftrag folge leisteten, machten sie vor einem Raubmord an ein paar Reisenden auch keinen Halt. Jenseits des Flusses aber hatten sie keinerlei Rechte mehr, ab dort durften die drei sich mit allen Mitteln wehren, ohne für irgendetwas Rechenschaft ablegen zu müssen und ausgerechnet jetzt hatten sie so gar kein Interesse daran, vor einem Dorfvorsteher oder einem Lord Rede und Antwort stehen zu müssen.

Sie hörten schon das Wiehern des fremden Reiters als der Fluss in Reichweite lag. Sie ließen ihre Pferde langsamer laufen und dann durch das Wasser staken, warteten anschließend auf der anderen Seite. Sie wollten wissen, vor wem sie nun eigentlich davon geritten waren.

Und die Person ließ nicht lange auf sich warten. Es war ein junger Mann auf einem goldenem Pferd, der leise aufschrie, als er den Fluss entdeckte. Wer er auch immer war, er kannte die Gegend nicht.

Er ließ sein Pferd eine so scharfe Kurve nehmen, das die drei sich sicher waren, das er fallen würde, doch das goldene Tier schaffte es irgendwie und stob dann mit unverminderter Geschwindigkeit weiter.

»Wer war das?«, fragte Len erstaunt, er hatte von einem Söldner mehr Hartnäckigkeit erwartet. Und auch weniger gefährliche Manöver, zumal die Beute ja weiterhin geradeaus zu stand.

Doch Len sollte seinen Irrtum schnell begreifen, denn nur Augenblicke später brachen drei weitere Männer aus dem Unterholz und verfolgten den fremden jungen Mann mit einem lauten Johlen.

»Wer auch immer er ist, er hat ein großes Problem«, antwortete daraufhin Reva und wandte ihre Stute um. »Lasst uns reiten.«

»Wir müssen ihm helfen!«, fand dagegen Len.

»Nein. Das ist nicht unser Problem. Wir sollten kein Aufsehen erregen und mit so etwas erregst du eine Menge aufsehen. Reva hat recht, lass uns gehen«, fand auch Kane.

»Wir können ihn doch nicht einfach von den Söldnern fangen lassen! Vielleicht ist er unschuldig und sie jagen ihn zu Unrecht!«

»Das kann sein, Len, aber es spielt für uns keine Rolle. Du hast es scheinbar vergessen, aber auch wir sind in gewisser Weise vogelfreie. Wir dürfen uns nicht mit anderer Leute Probleme aufhalten. Und vielleicht jagen sie ihn auch zu recht. Du weißt es nicht sicher.«

»Mir hat man beigebracht, dass man anderen Leuten helfen muss, egal wer sie sind«, widersprach Len kalt.

»Und wenn sie Mörder sind? Diebe? Vergewaltiger?« Revas Blick wurde ebenfalls kalt.

»Sie müssen zur Verantwort gezogen werden, ja, aber nicht in einer Treibjagd wie ein Reh«, fand der junge Mann.

»Dann geh zurück, Len. Wenn du willst, dass so etwas nicht mehr normal ist, dann geh zurück, werde König und ändere es. Du hast die Macht dazu«, mischte sich auch Kane ein. »Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin prinzipiell auch erst einmal dafür, anderen Leuten zu helfen, aber es gibt unterschiede, ob sie von einer Meute Söldner gejagt werden oder ob sie halb verhungert an deine Haustür klopfen. Außerdem können wir es uns nicht leisten, die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, noch wissen sie nicht, in welche Richtung wir geflohen sind. Und wenn du wirklich grundlegend etwas ändern willst, dann hast du nur noch einen offenen Weg und der führt zurück zum Schloss. Dann ist unsere gemeinsame Reise hier beendet.«

Len schaute seinen Freund lange an. Von Reva hatte er solch eine Ansprache erwartet, aber nicht von Kane. Und hier spürte er zum ersten Mal wirklich, wieviel Zeit eigentlich vergangen war, wie sehr sich der junge Zauberer wirklich verändert hatte.

Len zögerte noch einen Moment, doch schließlich musste er sich seinen Freunden geschlagen geben. Er wandte sich um und folgte seinen Freunden, die ihre Pferde langsam den Weg entlanglaufen ließen.

Doch er blickte noch einmal zurück und fragte sich, wer der Mann gewesen war. Es erschien ihm seltsam, doch tief in sich wusste er, das es kein Fremder war.

»Irgendwann, in einem früheren Leben.«

Reva ließ sich schlecht gelaunt auf einem Stuhl fallen. Sie griff nach Kanes Becher und stürzte den Inhalt mit einem mal hinab, stellte ihn unsanft ab und holte ihren langen Zopf nach vorn.

»Ich hasse Regen«, fauchte sie und wrang sich die Haare aus.

»Wenn du den Zopf aufmachst, trocknet es schneller«, bemerkte Len amüsiert und trank einen Schluck, um sein Grinsen zu verbergen.

»Dann muss ich ihn nachher aber auch wieder flechten und das dauert zu lange«, schnappte die junge Frau.

»Dann schneid sie dir ab«, erwiderte er und sprach damit scheinbar etwas aus, was für Reva als Todsünde galt, denn die junge Frau durchbohrte ihn daraufhin mit einem Blick, bei dem er fast angst bekam.

»Die Haare bleiben dran und Len lässt du bitte auch am Leben«, mischte sich Kane schnell ein und warf seinem Freund einen warnenden, aber auch amüsierten Blick zu, wandte sich dann an Reva. »Wie weit ist es noch nach Karelahn?«

»Nicht mehr weit, wir sind etwa zwei Stunden von der Grenze entfernt.« Sie schaute sich langsam im Wirtshaus um. »Es scheint sich hier eine Menge getan zu haben. Zu meiner Zeit gab es hier noch offene Kämpfe, die scheinen sich gelegt zu haben. Ansonsten kann ich mir das hier nicht erklären, ich zumindest hatte mich auf eine Nacht im Regen eingestellt.«

»Und du weißt auch sicher, wo wir hier sind? Nicht, das wir eigentlich ganz woanders sind und deswegen hier vom Krieg nichts zu spüren ist.« Len wirkte nicht gerade überzeugt.

»Ich komme aus der Gegend, ich weiß genau wo wir sind«, knurrte sie kühl, schüttelte dann den Kopf und zog eine Karte hervor, die sonst in einer kleinen Tasche an ihrem Gürtel verstaut war. Die breitete sie auf dem Tisch aus.

»Wo hast du die denn her?«, wollte Kane wissen.

»Von Lord Reff, bevor wir los geritten sind. Du musst wissen, ich plane eine Prinzenentführung vorher und renne nicht kopflos drauflos«, antwortete sie und deutete dann auf einen Punkt. Len, der keine Karten lesen konnte, erschien es sehr willkürlich, doch Kane wirkte konzentriert und nickte schließlich.

»Wir sind wirklich nicht weit von der Grenze entfernt«, bestätigte er.

»Also sind wir morgen spätestens in Karelahn.« Mit einemmal wirkte Len sehr angespannt und nervös.

»Was ist?«, wollte Reva sogleich wissen, der dieser Umstand in keinster Weise entgangen war.

»Nichts. Ich hoffe nur, dass wir nicht zu sehr auffallen«, überlegte der junge Mann laut und spielte am Ohr seines Wolfes herum. Der saß auf seinem Schoß und beobachtete aufmerksam das Geschehen auf dem Tisch. Er wusste genau, dass es bald etwas zu essen gab.

»Womit willst du denn zu sehr auffallen?«, wollte Kane verblüfft wissen.

»Aussehen, Sprach, benehmen. Wir fallen auf, Kane. Selbst Reva.«

»Len, du siehst das alles gerade viel zu schwarz-weiß«, fand die junge Frau.

»Inwiefern das?«

»Es herrscht Krieg, ja, aber trotzdem, vielleicht auch gerade deshalb, werden wir nicht auffallen. Man wird uns für Flüchtlinge halten, für Reisende aus anderen Ländern, vielleicht auch für Überläufer, aber bestimmt nicht für den Feind.«

Len wirkte keinesfalls beruhigt, doch er widersprach nicht mehr. Kane jedoch wusste es besser. Er spürte, das es etwas anderes war, was seinen Freund beschäftigte, doch er wusste einfach nicht, wie er seine Frage am besten in Worte kleiden konnte.

Er kam auch nicht mehr dazu, denn gerade als er etwas sagen wollte, kam der Wirt mit ihrem Essen, das erstaunlich gut schmeckte. Auf ihrer bisherigen Reise hatten sie schon in anderen Wirtshäusern gegessen, wo sie nach zwei Bissen einstimmig beschlossen hatten, lieber hungrig ins Bett zugehen, so was dies hier eine willkommene Abwechslung.

Auch ihre Tiere fraßen hungrig, Caelan war dabei sogar so gierig, das er von Lens Schoß aus auf den Tisch sprang und versuchte, Kanes Raben einen Brocken Fleisch aus dem Schnabel zu klauen, bevor der junge Mann ihn wieder packen und auf den Boden verfrachten konnte.

Dort saß das junge Tier, winselte herzerweichend, doch Len schien das gar nicht zu bemerken. Er hörte auch nicht Reva zu, die ihnen erklärte, wie sie weiter vorgehen würde, er war mit seinen Gedanken einfach nur weit, weit fort.

Erst Kanes Hustanfall ließ ihn wieder in die Wirklichkeit finden.

»Du willst WAS?!«, rief der junge Zauberer in den Momenten, in denen keine Hustkrämpfe ihn schüttelten.

»Verschluck dich nicht«, meinte Reva schadenfroh, erhielt dafür einen eisigen Blick, doch da sprach sie schon weiter. »Nenn es dumm, aber es ist nun einmal so. In den letzten Jahren bestand meine Aufgabe darin, dem Königshaus von Ronari zu dienen…«

»Nicht eher darin, die Beine für Lord Reff breit zu machen?«, unterbrach sie Kane bissig, sodass es nun an ihr war, ihn mit einem eisigen Blick zu bedenken, bevor sie deutlich kühler fortfuhr.

»Ich kann nicht einfach alles aufgeben, was mein bisheriges Leben war. Vielleicht erfahren wir etwas, was wir dem Königshaus zukommen lassen können, etwas, das wichtig ist. Das hätte auch den erfreulichen Nebeneffekt, das wir nicht als Vogelfreie gejagt werden, wie ein Wolf, dem man im Schafsstall entdeckt hat, wenn es nur einigermaßen wichtig ist.«

»Wenn wir ihnen nicht gerade dem Kopf des karelahn’schen Königs auf dem Silberteller präsentieren, werdet ihr niemals wieder im Schloss gerngesehene Menschen sein«, kommentierte Len. Er hatte zwar nicht die blasseste Ahnung, was Reva sich ausgedacht hatte, aber ihm war klar, dass es nichts gutes sein konnte. Und schon gar nicht etwas, was sie weiterbrachte.

»Erschlag uns bitte nicht mit deinem Optimismus«, bat Kane sarkastisch und kippte schlecht gelaunt einen Becher Wein hinab. Er vertrug es sichtbar schlecht, das alles, was er sich aufgebaut hatte, um ihn herum in sich zusammenfiel wie ein Kartenhaus, obwohl er bewusst die unterste Karte gezogen hatte.

Reva dagegen wirkte, als würde sie Len recht geben, sich aber mit allen Mitteln dagegen wehren. Sie wollte an das glauben, was sie sagte und nicht an das, was die Wahrheit war.

»Ich kann euch nicht zwingen, ich reite auch allein«, erklärte sie schließlich.

»Wohin überhaupt? Entschuldige, ich habe nicht zugehört«, forderte Len nun eine Aufklärung.

»Nach Restall, die Hauptstadt von Karelahn.« Arglos lächelte Reva ihn an.

»Okay. Machen wir uns morgen auf den Weg?«, wollte der junge Mann wissen.

»Du willst doch nicht…« Kane wirkte, als würde er gleich in Ohnmacht fallen.

»Wieso nicht? Es ist gleich in welchen Teil des Landes wir uns aufhalten, die Gefahr entdeckt zu werden besteht immer.« Len zuckte gleichgültig mit den Schultern und trank einen Schluck.

»Aber es ist Restall!«, rief der Zauberer in einem Ton, als würde dies allein schon als Erklärung reichen. Er wirkte, als wäre er kurz vor einem Zusammenbruch.

»Gut, du willst ganz offensichtlich nicht mit. Wir holen dich auf dem Rückweg wieder ab«, lächelte Reva.

Kane wollte erbost etwas erwidern, doch schließlich schüttelte er schnaubend den Kopf und schob schmollend die Unterlippe vor. Len lächelte, bis etwas seine Aufmerksamkeit erregte.

Eine Person war von den Schlafräumen im oberen Teil des Wirtshauses hinab gekommen. Ein junger Mann, der in etwa ihr Alter hatte. Begleitet wurde er von einer großen, gefleckten Katze. Len hatte ein solches Tier schon einmal gesehen, doch er konnte sich beim besten Willen einfach nicht erinnern, wo das gewesen war.

Er beobachtete den fremden jungen Mann scheinbar sehr konzentriert, denn seinen Freunden fiel sein Blick bald schon auf und sie wandten sich ebenfalls zu dem Fremden um, der an den Tresen getreten war und leise mit dem Wirt sprach.

»Er ist den Söldnern also entkommen«, stellte der Zauberer nach einigen Augenblicken fest und wandte sich wieder ab.

»Das ist nicht der Reiter mit dem goldenen Pferd«, widersprach Len.

»Natürlich ist er das. Len wir, haben ihn gesehen, die Haarfarbe, die seltsamen Augen, überhaupt seine ganze Gestalt. Das ist er.« Reva runzelte die Stirn.

»Nein, das ist er nicht.« Der junge Mann wusste ganz sicher, dass sie sich irrten, er wusste aber nicht, woran er das festmachen konnte. Dies war nicht der Reiter, auch wenn der junge Mann eben jenem sehr ähnlich sah.

»Glaubt mir, der Reiter war jemand anderes«, sagte er noch einmal, erkannte aber sogleich den Zweifel in den Augen seiner Freunde.

»Lass uns wegen so etwas nicht streiten«, fand Kane versöhnlich, doch in einem Tonfall, der deutlich machte, das er von Lens Unrecht überzeugt war.

Da hörten sie ein leises, freudiges Jaulen und als sie erschrocken in die Richtung blickten, aus der das Geräusch kam, sahen sie, dass der kleine Wolf Caelan voller Begeisterung die Katze begrüßte.

Die stieß ihn keineswegs beiseite sondern schnurrte laut und wedelte mit dem langen Schwanz umher, bis der junge Wolf sich darauf stürzte.

Der junge Mann, dem die Katze scheinbar gehörte, beobachtete das einige Momente erstaunt, sprach dann etwas in einer seltsam klingenden Sprache, woraufhin die Katze mit ihrem Spiel aufhörte und zu Len hinüberblickte. Der wiederum starrte wie hypnotisiert auf den fremden Mann, der dem Blick seiner Katze folgte

Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und hielten einander fest. Dann sagte der Wirt etwas und der Augenblick war vorüber.

»Wann brechen wir morgen auf?« Plötzlich wollte Len nichts mehr, als dieser Situation zu entkomme.

»Gleich nach dem Frühstück«, antwortete Reva mit gerunzelter Stirn. Daraufhin stand der junge Mann sofort auf. Er holte seinen Wolf und lief dann die Treppe hinauf in ihr Zimmer.

Er wusste selbst nicht was mit ihm los war, aber der fremde junge Mann hatte ihn zutiefst verunsichert. Als wenn da etwas war, was er wissen musste. Und das lag nicht nur an seiner Katze.

»Meinst du, das ich in Karelahn ein paar Antworten bekommen kann?«, fragte er den kleinen Wolf und hockte sich hin. Das kleine Tier winselte ein wenig, hielt still, während Lens Hand ihn krauelte. Schließlich stand der junge Mann wieder auf und trat ans Fenster heran. Er schaute in die kühle Nacht hinaus, hinauf zum Mond.

In diesem Moment wünschte er sich nichts mehr, als wieder zu Hause zu sein. Plötzlich war ihm die Prinzessin mit ihrem vermaledeiten Geheimnis vollkommen egal. Er hatte angst davor noch mehr Menschen zu begegnen, die in ihm ein Gefühl weckten, das es wichtig war sie zu kennen, nur um dann doch eingestehen zu müssen, das er nicht wusste wieso oder woher.

Er wollte wieder nach Tesfall zurück, in sein altes Leben, gemeinsam mit Nava. Er wollte wieder von Panje geärgert werden, weil er so lange auf sein Tier warten musste, er wollte, das Rannen ihn wieder wie ein kleines Kind behandelte, obwohl er schon alt genug für eigene Entscheidungen war und er wollte wieder abends mit Temmur, dem Lord und Nava auf dem Hof sitzen, die untergehende Sonne bei einem prasselnden Lagerfeuer beobachten und mit seinen engsten Vertrauten lachen und träumen.

Schließlich seufzte er. Er war jetzt hier und es war zu spät zum Umkehren. Und eigentlich hat diese Option niemals zur Auswahl gestanden, denn in Tesfall hatten sie gewiss als erstes auf seine Rückkehr gewartet.

Eine Weile träumte er sich fort aus der Wirklichkeit, dann hörte er, wie jemand die Treppe hinaufkam. Er wusste nicht, ob er sich wünschen sollte, dass es Kane oder Reva waren, denn einerseits sehnte er sich nach Gesellschaft, andererseits aber wollte er nichts mehr, als allein sein.

Die Tür öffnete sich und Kane, seinen Raben auf der Schulter, stand in der Tür. Er schaute Len einen Moment lang unsicher an, dann trat er vollends ein und lehnte sich an die Tür.

»Der Fremde ist weg. Er sprach noch eine Weile mit dem Wirt, dann ist er gegangen, zusammen mit seinem seltsamen Tier. Hast du so etwas schon einmal gesehen? Eine solch große Katze?«, fragte der junge Zauberer.

»Ja. Irgendwann, in einem früheren Leben«, antwortete Len wahrheitsgemäß und war nun doch froh, nicht mehr allein zu sein. Und ihm war Kane auch deutlich lieber als Reva, denn auch wenn er sie mochte, so war Kane dennoch sein engster Vertrauter aus Kindertagen und obwohl sie einander so fremd geworden waren, so war der junge Zauberer doch alles, was er brauchte.

»In einem früheren Leben…?« Kane wirkte verunsichert. »Aus dem Leben, bevor wir uns trafen?«

»Vielleicht. Vielleicht gibt es aber auch ein Leben jenseits dem Tod und das ist dieses hier.« Len zuckte mit den Schultern, dann ging er zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen. »Ist noch etwas geschehen?«

»Wie kommst du darauf?«

Len musste den jungen Zauberer nicht ansehen um zu wissen, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Kane kam ihm gleich so verunsichert und unglücklich vor, als er hereingekommen war.

»Du warst noch nie besonders gut darin, deine Gefühle zu verbergen. Man konnte sie schon immer offen in deinem Gesicht ablesen und ich muss dir leider sagen, dass du darin nicht besser geworden bist. Und versuch bitte nicht, mir irgendeine Lüge zu erzählen, du weißt selbst, was für ein grausam schlechter Lügner du bist.«

Kane schaute ihn lange an. Er sagte nichts, aber in seinem Gesicht arbeitete es sichtbar. Schließlich schüttelte er den Kopf und setzte sich neben Len, sein Rabe flatterte auf die Fensterbank.

»Er hat mich ausgelacht«, sagte der Zauberer endlich und biss sich auf die Unterlippe. »Wegen meinem Raben.«

»Wieso das?« Damit hatte Len nun nicht gerade gerechnet, so schaute er seinen Freund erstaunt an. »Ein Tier ist ein Tier, ganz gleich was es für eines ist. Oder etwa nicht?«

»Im Prinzip schon, ja. Weißt du, man spricht nicht ganz grundlos vom Unglücksraben. Du weißt doch, was für ein Tollpatsch ich bin.« Kane lächelte traurig, er schien den Tränen nahe. »Sie haben mich mit ihm gebrandmarkt, auf das jeder sofort sehen soll, das ich über meine eigenen Füße stolpere, mich selbst mit meinem eigenen Umhang fesseln kann und in jedes Fettnäpfen trete und sei es noch so klein.«

»Und deswegen hat er über dich gelacht? So etwas ist grausam. Sowohl von jenen, die dir den Raben gaben, als auch von jenen, die sich daran ergötzen müssen.« Len schnaubte abfällig. »Er sollte lieber froh sein, das du ihn nicht auf der Stelle in einen Frosch verwandelt hast.«

»Zauberer können niemanden verwandeln«, korrigierte Kane mit einem traurigen Lächeln und striff sich die Stiefel von den Füßen, um sie auf das Bett zu ziehen. »Überhaupt können Zauberer weit weniger, als ihnen nachgesagt wird.«

»Wo wir gerade dabei sind, was ist eigentlich diese Mondwacht?«

»Es ist ein magischer Ritus. Der Mond beinhaltet auch eine Form von Magie, deswegen sind die Menschen auch seit jeher von seinem Anblick fasziniert. Mondlicht verstärkt den Zauber, gleich welcher Art«, erklärte Kane.

»Und der Vollmond ist scheinbar besonders mächtig?«, vermutete Len und sein Freund nickte.

»Genau. Er verleiht unglaubliche Macht. Wenn man weiß, wie man sie zu nutzen hat heißt das. Wenn man eine ganze Nacht im Mondlicht badet, dann nimmt man ein wenig der Magie auf und kann sie für den nächsten Mondzyklus nutzen. Das ist ziemlich anstrengend, vor allem, wenn man zwischendurch abbricht, aber man merkt den Unterschied.«

»Warum sprecht ihr in der Zeit nicht?«

»Das ist ein alter Brauch, der Existiert schon seit Jahrtausenden. Man sagt, als der erste Zauberer zum ersten Mal eine Nacht im Mondlicht verbrachte, da war er von der Magie so fasziniert, so sehr in den Bann gezogen, das er nichts mehr um sich herum wahrnahm. Auch in den folgenden Vollmondnächsten soll er immer die Einsamkeit gesucht haben, denn nur dann hat man die nötige Ruhe um das wahre Ausmaß der Macht, die man sich aneignet, zu verstehen.«

»Und heute tut ihr es nur wegen diesen Zauberers wegen?«

»Im Prinzip schon, ja. Er hielt all seine Schüler dazu an, zu Schweigen wenn sie im Mondlicht standen und diese haben es ihre Schüler ebenso machen lassen. Im Prinzip ist es egal, ob du schweigst oder sprichst, denn es gibt nur sehr wenige die sich so sehr in sich selbst verlieren können, dass sie diese Ruhe wirklich brauchen. Die Meisten wären über etwas Unterhaltung eigentlich eher erfreut, auf die Dauer ist es recht langweilig wenn man nur dasteht und wartet. Außerdem neigt man schnell dazu, im Stehen zu schlafen und das gibt von den Meistern richtig ärger.« Kane lächelte nachdenklich.

»Klingt so, als gäbe es als Zauberer eine Menge zu lernen.«

»Ja, genau so ist es. Es gibt hunderte Zaubersprüche, Tricks und Kniffe. Es gibt vermutlich Milliarden verschiedener Rieten und nur von den wenigsten kann dir jemand sagen, warum man tut, was man eben tut.« Der Zauberer seufzte und schüttelte traurig den Kopf. »Die meisten Zauberer haben verlernt, Fragen zu stellen. Es interessiert sie nicht mehr, warum etwas so geschieht, wie es eben geschieht. Magie kannst du nicht erklären und es ist einfacher, wenn man sie einfach hinnimmt. Eben dies tun die meisten und begreifen dabei nicht einmal, wie sehr sie damit auf der Stelle treten.«

»Das klingt nicht gerade so, als wenn dich ein solches Leben glücklich macht.« Len schaute seinen alten Freund forschend an.

»Nein, das ganz gewiss nicht. Hätte ich vorher gewusst, was mich erwartet, so wäre ich in Tesfall geblieben. An manchen Tagen kommt es mir so vor, als wäre ich der einzige Wache inmitten einer Menge aus Schlafwandlern. Manchmal kommt es mir vor, als hätten sie aufgehört zu Leben, nur um ihr bequeme Existenz führen zu können. Wer nicht fragt, muss sich schließlich keine eigenen Gedanken machen.«

Len nickte, er verstand, was sein Freund damit sagen wollte.

»Was wirst du tun, wenn dies alles vorbei ist? Wenn wir Charlottes Paradies gefunden haben? Wenn wir wieder nach Hause zurückkehren können. Oder unser Heim dann an jenem Ort ist?«

»Ich weiß es nicht. Mein eigentlicher Plan sah vor, das ich noch ein paar Jahre als Zauberer meine Dienste tue, mit Nava an meiner Seite im Schloss von Ronari, aber nicht für immer. Ich wollte warten, bis ich das wichtigste kann und weiß und dann wollte ich mich irgendwo auf dem Land niederlassen. Irgendwo, wo es uns beiden gefallen hätte, vielleicht auch wieder nach Tesfall zurück. Und dort wiederum wollte ich wieder dass einfach Leben eines Bauern führen, mit dem Unterschied, dass ich ein wenig Magie zur Verfügung hätte. Aber das wird jetzt wohl für immer ein Traum bleiben.«

»Weil du Nava nicht bekommen wirst?«

»Auch. Doch noch mehr, weil sich einfach alles verändert hat. Ich habe zu lange in der Vergangenheit gelebt, mir hätte klar sein müssen, dass das alles nur ein Traum bleiben wird. Nicht zuletzt weil mir immer schon klar war, das du und Nava zusammengehört, nicht zuletzt, weil sie für mich eigentlich mehr wie eine Schwester war. Eine enge Vertraute, ein Mensch, den man lieb hat, aber niemand, den man wirklich vom ganzen Herzen liebt.«

Darauf schwieg Len. Für eine Weile hing er seinen Gedanken nach, dann seufzte er und ließ sich gänzlich aufs Bett fallen.

»Weißt du, was Reva unten noch macht?«, erkundigte er sich schließlich.

»Nein. Als ich hochkam, setzte sie sich zu ein paar Männern, die ich mir gar nicht genauer anschauen wollte. So ganz vertrauensvoll wirkten sie nicht gerade auf mich.«

»Dann sollten wir jetzt vielleicht dennoch schlafen gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag, Restall ist gewiss eine aufregende Stadt.«

Kane nickte langsam und stand auf. Er zog sich aus und kroch in seinem Bett unter die Decke. Auch Len zog sich aus, holte seinen Wolf und rutschte unter die Decke. Er lag noch lange wach im Mondlicht, auch dann noch, als Kane schon schlief und Reva deutlich angeheitert in ihr Bett verschwand. Er dachte über das nach, was Kane ihm alles erzählt hatte und auch über den jungen Mann und seine große Katze.

Schließlich schlief er ein. Er schlief unruhig, bis er zu Träumen begann. Doch als er träumte, fühlte er sich glücklich und geborgen, denn er träumte von einer großen weißen Katze mit schwarzen Flecken in dessen Schutz er lag, und von einem strahlenden Lächeln und warmen, grünen Augen und noch im Traum wusste er, dass er von seiner Mutter träumte. Nun wusste er wieder, woher er die Katze kannte.

»Ich kenne dich…!«

Len seufzte. Er schaute auf das Gedränge unter sich und dachte darüber nach, ob er dort wirklich wieder hinab wollte. Er schaute sich suchend nach seinen Freunden um, die mit den Pferden am Fuß der Statue auf ihn warteten.

Sie hatten sich die mit Abstand schlechteste Zeit ausgesucht, um nach Restall zu kommen, denn zurzeit war Markt, sodass die Stadt zum Bersten gefüllt war. In drei Wirtschaften waren sie schon abgewiesen worden, nicht einmal im Stall bei den Pferden waren noch Plätze frei gewesen. So waren sie ins Herz der Stadt, auf den Marktplatz gewandert und suchten von hier aus einen Weg zu einer weiteren Wirtschaft, von der ein freundlicher Bauer ihnen erzählt hatte.

Len war auf die Statue geklettert und versuchte nun, eben diese ausfindig zu machen, denn sie sollte sich ganz in der Nähe befinden. Er blickte sich suchend um, damit sie zumindest in die richtige Richtung liefen, doch bei dem Gedränge erschien selbst dies vollkommen aussichtslos.

»Siehst du etwas?«, rief Reva ungeduldig und er schüttelte den Kopf. Da jedoch fiel sein Blick auf die große Freitreppe, die zum Regierungsbau des Herrscherhauses hinaufführte. Er wusste nicht sicher wieso das so war, aber Reva hatte bei ihrer Ankunft schon erklärt, dass sich die Residenz des Königs nicht im Regierungsbau befand.

Len vermutete dahinter sicherheitsspezifische Aspekte, denn das Regierungsgebäude war frei zugänglich, bot somit kaum Schutz vor möglichen Attentätern. Im Gegenteil, neue Rekruten hatten sich im Regierungssitz einzufinden und wurden dort die erste Zeit unterwiesen, bis sie sich soweit bewiesen hatten, dass sie in einen der Trainingslager weiter ausgebildet wurden.

Es wäre ein Leichtes für das Königreich Ronari gewesen, einen Attentäter ins Gebäude zu schleusen und die hochrangigen Regenten zu ermorden. Dass der König an ganz anderer Stelle weilte, verkomplizierte die Sache natürlich erheblich.

In diesem Moment jedoch verschwendete er keinerlei Gedanken daran, denn auf der Freitreppe hatte etwas anderes seine Aufmerksamkeit erregt. Ein Mann stand dort, noch keine dreißig Jahre alt. An seiner Seite stand ein Tier, das Len auf die Entfernung nicht genau erkennen konnte, es erschien ihm aber wie eine große Waldkatze.

Dieser Mann sprach mit einem weitaus älteren Mann, doch was ihn wirklich erstaunte war die Aura der Macht, die den jungen Mann zu umgeben schien. Der Ältere wirkte ausgesprochen respektvoll, seine ganze Körperhaltung drückte Unterwerfung aus und sein Tier, ein Hund, hatte sich flach auf den Boden gepresst, ergab sich der großen Katze völlig.

Auch die einfachen Leute in der Umgebung schien es nicht wohl in der Nähe des Mannes, sie drängten von ihm weg und schienen angst zu haben und selbst Len, der so weit weg war, lief ein kalter Schauer über den Rücken.

Er überlegte, ob er den Mann noch etwas beobachten sollte, auch, damit er nicht so schnell wieder zurück in die Menschenmassen musste, doch jemand anderes nahm ihn die Entscheidung ab.

»Bist du lebensmüde? Komm da runter, wenn Lux dich da sitzen sieht, macht er Gulasch aus dir!«, fauchte eine Stimme, jemand zerrte an seinem Stiefel und Len, der eben damit nun wirklich nicht gerechnet hatte, verlor beinahe das Gleichgewicht, konnte sich im letzten Moment noch am Kopf der Statue festhalten.

Erschrocken schaute er hinab und war nicht einmal erstaunt, als er den jungen Mann aus dem Gasthaus auf dem Sockel stehen und mit gerunzelter Stirn zu ihm hoch schauen sah.

»Wer ist Lux?«, wollte Len ruhig wissen und zog behutsam seinen Fuß samt Stiefel aus dem Griff des Fremden.

Der runzelte kurz und ungläubig die Stirn, dann kletterte er zu Len hinauf und setzte sich geschickt auf die Schulter der Statue. Dann deutete er hinüber zur Freitreppe.

»Der Zauberer mit dem Luchs«, antwortete er. Er hatte einen Akzent, der Len seltsam bekannt vorkam. Irgendwann hatte er schon einmal jemanden mit eben diesem Akzent sprechen hören, doch mochte ihm nicht einfallen, wo das gewesen war.

Es spielte auch keine Rolle. Er nickte langsam, jetzt erkannte er den Luchs ebenfalls. Er hatte schon welche gesehen, doch sie waren so selten, dass er gar nicht daran gedacht hatte, dass es so etwas sein könnte.

»Er ist kein Zauberer, Zauberer haben immer Vögel«, antwortete Len ruhig und schaute den Fremden an.

»Wie dein Freund, ja?«, erkundigte sich der junge Mann, dann schüttelte er den Kopf. »Spielt sowieso keine Rolle. Mit welchen Waffen er dich zerhackt ist gleich, dass er es tun wird, ist sicher. Also komm jetzt.«

Er rutschte von der Schulter, federte sich geschickt auf dem Sockel ab und sprang von da aus zu Boden, ein Manöver, das Len mit Neid erfüllte. Er wusste genau, dass er sich schwer verletzt hätte und er versuchte auch gar nicht erst, das nachzumachen.

Er schaute sich suchend nach seinen Freunden um, die sich schon durch die Menschenmasse zu dem Fremden durcharbeiteten, dann kletterte er umständlich ebenfalls hinab. So kam er zwar langsamer, aber dafür sicher auf dem Erdboden an.

»Wer bist du? Und warum bist du so sehr um mein Wohlergehen bemüht?«, wollte Len ruhig wissen, während er stürmisch von Caelan begrüßt wurde.

»Ich? Ich bin nur ein Fremder, der zufällig in diesem Land ist. Und ich bin nicht um dein Wohlergehen bemüht. Versteh das bitte nicht falsch, du bist mir ziemlich egal. Es ist meine Aufgabe zu helfen, ganz gleich wer es ist«, antwortete der junge Mann und streichelte seine große gefleckte Katze.

»Ich glaube dir nicht.«

»Da tust du gut dran, man kann meinen Worten nämlich nicht trauen, doch ich frage nicht, was eine so unübliche Gruppe aus Ronari hier zu suchen hat und ihr kümmert euch nicht um meine Belange. So erfahren wir nichts von dem, was wir eigentlich gar nicht wissen wollen und sind beide zufrieden. Was hast du dort oben eigentlich getan?«

»Woher weißt du etwas über diesen Mann auf der Treppe? Lux hast du ihn genannt.« Len ging nicht auf die Frage seines Gegenübers ein. Der runzelte vielsagend die Stirn.

»Waren wir uns eben nicht noch einig, das wir einander nichts erzählen wollen?«, fragte er, schüttelte aber sogleich den Kopf. »Jeder hier kennt ihn. Mich wundert, dass man in Ronari nichts über ihn weiß. Er ist der Leibzauberer des Königs von Karelahn und somit der wohl einflussreichste Mann in diesem Land.«

»Er ist doch noch so jung«, mischte sich Reva mit gerunzelter Stirn ein. Sie und Kane hatten Len und den Fremden mittlerweile erreicht und sie schaute nachdenklich zum Gebäude hinüber. Von hier aus sah man den Mann zwar nicht besonders gut, aber man sah ihn.

»Schließe nie anhand des Alters auf die Fähigkeiten einer Person. Es gibt keinen größeren Fehler den du tun kannst«, lächelte der junge Mann. »Er ist mächtig, mächtiger, als du es dir in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst und auch mächtiger, als die größten Zauberer von Ronari. In Karelahn und Ronari gibt es niemanden, der es mit ihm aufnehmen kann.«

»Das ist doch Humbug. Die Meister und auch die anderen Zauberer von Ronari sind alle ausgesprochen begabt und mächtig«, warf Kane mit gerunzelter Stirn ein.

»Sagt der junge Zauberer mit dem Raben«, bemerkte der Fremde, woraufhin der junge Zauberer rot anlief.

Len schaute in die Augen des jungen Mannes, doch er konnte keinen Spott sehen. Sein Blick war voll Wärme und Freundlichkeit, was Len erstaunte. Warum brachte der junge Mann seinem Freund so viel wohlwollen entgegen, verspottete ihn dabei zugleich auf eine so grausame Art und Weise? Und schien es dennoch nicht böse und nicht ernst zu meinen?

Doch bevor er den Gedanken weiter verfolgen konnte, sprach der Fremdling schon weiter.

»Du hast recht, Zauberer. Die Meister in Ronari sind wirklich gut, aber sie hätten dennoch keine Chance gegen Lux, denn Lux ist ein Drache.«

»Ein Drache?«, fragte Reva mit gerunzelter Stirn. Sie schien damit ebenso wenig anfangen zu können, wie Len auch, doch in Kanes Gesicht zuckte es, als könnte sich der junge Zauberer nicht entscheiden, ob er lachen sollte oder sich fürchten musste.

»Er kann kein Drache sein, es gibt sie nicht. Sie sind ein Mythos, ein Märchen, das weiß jedes Kind.«

»Ganz wie du meinst«, antwortete der junge Mann mit einem Lächeln, das mehr aussagte, als tausend Worte es zu tun vermochten. Er stimmte Kane nicht im Mindesten zu, er wusste sicher, das er recht hatte, doch er sah keinen Sinn darin, mit jemanden um dieses Recht zu streiten, das erkannte Len sofort und er beschloss, das er den Fremden nicht mochte.

Er wusste einfach zu viel und erzählte davon viel zu wenig. Len wusste einfach nicht, was er davon halten sollte, er fühlte sich unwohl und seltsam klein und unwissend und das gefiel ihm gar nicht.

»Erzählst du mir jetzt, was du dort oben getan hast?«, wandte sich der junge Mann ganz unvermittelt wieder dem alten Thema zu.

»Ich habe ein Wirtshaus gesucht, das hier in der Nähe sein soll«, antwortete Len diesmal.

»Das ist voll. Die sind alle voll wenn hier Markt ist. Sucht euch lieber einen Bauernhof etwas außerhalb, die nehmen oft Reisende auf und verdienen gut daran«, riet der Fremde beiläufig und wollte gehen, doch Len hielt ihm am Arm zurück.

»So schnell kommst du mir nicht davon. Erst will ich noch etwas von dir wissen«, erklärte er.

»Und was?«, erkundigte sich der junge Mann und lächelte belustigt.

»Wie heißt du, woher kommst du und was ist das für eine seltsame Katze?« Len hoffte, das die Antworten ihm weiterhalfen. Dabei wusste er nicht einmal, wobei sie ihm helfen sollten.

Sein Gegenüber schnaubte entrüstet.

»Katze! Sie ist keine Katze, sie ist eine Schneeleopardin! Und eine hübsche noch dazu!«, rief er aus, schüttelte dann den Kopf. »Und was mich anbelangt, nun, ich denke nicht, das wie uns wieder sehen werden, deswegen kann dir egal sein, woher ich komme. Du weißt ja, die ganze Sache mit der Privatsphäre, die dich nichts angeht, ich frag ja auch nicht nach und so. Aber wenn es dir so viel bedeutet, dann verrate ich dir zumindest meinen Namen. Ich bin Chance.«

»Chance…?«

Es war zum Verzweifeln, selbst der Name kam ihm seltsam bekannt vor, doch er bekam keine Gelegenheit mehr, weiter darauf einzugehen, denn bevor er es sich versah, zwinkerte Chance ihm noch einmal zu, dann verschwanden er und seine Schneeleopardin in der Menge.

»Und was tun wir jetzt?«, fragte Reva und schaute ihm nach, Len jedoch hörte ihr gar nicht zu, der brütete über diesen Namen nach.

»Chance«, flüsterte er leise vor sich hin.

»Ein ungewöhnlicher Name, oder? Aus dieser Gegend kommt er nicht. Vielleicht aus den Bergen im Osten? Ich habe mal gehört, dass die Leute dort ganz wunderliche Tiere und auch sehr wunderliche Namen haben«, überlegte Kane.

»Ich kenne seinen Akzent, irgendwann hat mal jemand genau so gesprochen.« Len ignorierte einfach alles, was seine Freunde sagten und taten.

»Der Fremde, der bei euch war, kurz bevor dein Vater starb. Der mit dem Tiger, der hat auch so gesprochen«, antwortete Kane nachdenklich und dem jungen Mann lief unwillkürlich ein kalter Schauer über den Rücken.

»Du hast recht! Akyel. So hieß er. Er hatte auch diesen Akzent«, bestätigte Len und musste an damals zurückdenken.

Er war damals zehn Jahre alt gewesen. Gemeinsam mit seinem Vater Casje war er zum Holzhacken im Wald gewesen, als ein fremder Mann gemeinsam mit einem Jungen aufgetaucht war. Wie Chance hatten beide hellbraunes Haar und blaue Augen besessen und das Tier des Mannes war ein Tiger, eine große gestreifte Raubkatze. Das hatte ihm Casje später am Abend erklärt, Len selbst hatte so ein Tier nie zuvor gesehen.

Der Fremde hatte Casje in einer unbekannten Sprache angesprochen und sein Vater hatte ungemein erfreut reagiert. Sie hatte eine Weile in dieser fremden Sprache gesprochen, der Junge, der diese offensichtlich ebenfalls konnte, hatte aufmerksam zugehört.

Dann waren sie nach Hause gegangen. Casje hatte den Fremden seiner Frau vorgestellt. Sein Name war Akyel und er war ein guter alter Bekannter. Das zumindest hatte sein Vater gesagt und die Frau – Len weigerte sich beharrlich, sie Mutter zu nennen, selbst wenn er nur über sie dachte – hatte nicht weiter nachgefragt. Der Name des Jungen war nicht gefallen.

Sie hatten sich weiter in der fremden Sprache unterhalten, ruhig, vertraut, freundschaftlich. Dass der Fremde niemand war, den man fürchten musste, hatte Len auch verstanden, ohne das ihm die Worte bekannt waren. Sonst wäre ein Vater nicht so vertraut und freundschaftlich mit ihm ungegangen.

Dann, plötzlich war die Stimmung gekippt. Casje hatte nie erzählt, was geschehen war, doch plötzlich war er sehr, sehr schweigsam geworden. Er hatte sich angehört, was sein Gegenüber zu sagen hatte, dabei immer wieder stoisch den Kopf geschüttelt. Was es auch gewesen war, es war nichts Gutes gewesen.

Schließlich war Casje aufgestanden.

»Ich denke, das du gehen solltest, Akyel.« Bestimmt und mit einer Stimme so kalt wie Eis hatte er gesprochen.

»Du weißt, dass ich recht habe«, hatte Akyel mit diesem Akzent geantwortet und war aufgestanden. Gemeinsam waren sie zur Tür gegangen und der fremde Mann, der Tiger und der Junge hatten das Haus verlassen.

»Recht ist nicht alles, Akyel. Manchmal sollte man nicht auf sein Recht beharren. Um des Friedens willen.«

Ihre Blicke waren sich begegnet, doch während Casje immer kälter und abweisender gewirkt hatte, schien Akyel eindeutig belustigt.

»Dann versteck dich mal weiter. Vielleicht kommst du noch zur Vernunft. Wenn sie den Kleinen dort einfangen oder wenn sie Thalassa eingefangen haben und sie zum Scharfrichter bringen. Wir wissen beiden, das Arwen sie nicht ewig aufhalten kann. Genauso wenig, wie du.«

»Lass das mal meine Sorge sein. Jetzt geh einfach, wir haben nichts mehr zu besprechen«, antwortete Casje noch eine Spur kälter als zuvor, obwohl Len das niemals für Möglich gehalten hatte. Er hatte seinen Vater noch nie so abweisend erlebt.

»Ganz wie du meinst.«

Damit waren sie gegangen. Casje hatte ihnen hinterher geblickt. Am Dorfrand jedoch war Akyel noch einmal stehen geblieben und hatte zurückgeschaut.

»Sie haben Fiamma gefangen und getötet. Und Ica auch. Solltest du deine Meinung ändern, dann weißt du, wo du mich finden kannst.«

Casje hatte wortlos den Kopf geschüttelte und Len ins Haus gedrückt. Er hatte die Tür geschlossen, eine Weile einfach nur vor sich hingestarrt, während Len es nicht gewagt hatte, irgendetwas zu tun, aus Angst, Casje aus seinen Gedankengang zu reißen. Er hatte nur dagestanden und seine Vater angeschaut.

»Wer war das?«, hatte er schließlich doch zu Fragen gewagt.

»Meine Vergangenheit«, antwortete Casje darauf und hockte sich so hin, das er zu Len aufblicken musste. »Zumindest ein Teil davon. Aber mach dir darüber keine weiteren Gedanken. Es hat immer einen Grund, wenn irgendjemand oder irgendetwas es nicht in deine Gegenwart schafft. Lass dich niemals von deiner Vergangenheit beherrschen, Len. Und handel’ niemals aus einer Emotion heraus, sondern nur, weil du lange und gründlich darüber nachgedacht hast und zu dem Schluss gekommen bist, das es richtig ist.«

Er hatte genickt und gar nicht verstanden, was sein Vater damit gemeint hatte. Erst jetzt, so viele Jahre später, hatte er das Gefühl, zumindest langsam eine Ahnung davon zu bekommen.

Doch er hatte diesen Moment niemals vergessen können, denn nur zwei Tage später hatte man Casje ermordet im Wald gefunden und Len war niemals das Gefühl losgeworden, das sein Vater das irgendwie erahnt hatte, das diese letzten Worte mehr bedeuteten, eine Warnung waren, die er auch jetzt noch immer nicht gänzlich verstehen konnte.

Er ahnte, dass er seine und auch die Vergangenheit seines Vaters kennen musste, um es zu verstehen.

»Len? Schläfst du?«, riss Reva ihn schließlich aus seinen Gedanken.

»Nein. Ich war nur in Gedanken.«

»Glaubst du, dieser Chance könnte etwas über Akyel wissen?«, erkundigte sich Kane.

An diese Möglichkeit hatte Len noch gar nicht gedacht. Im Gegensatz zu den Leuten aus seinen Dorf, war er nicht automatisch davon ausgegangen, das Akyel der Mörder war, doch er war sich auch damals schon sicher gewesen, das der fremde Mann zumindest etwas wissen könnte.

Ohne darüber nachzudenken, lief er los, so schnell es in diesem Gedränge möglich war. Er musste Chance einholen, auch wenn er kaum Hoffnung hatte, ihn in diesen Menschenmassen jemals wieder zu finden. Es war, als versuchte man einen bestimmten Holzsplitter in einem riesigen Wald zu finden.

Er lief dennoch weiter, während seine Freunde hinter ihm seinen Namen riefen. Er wusste nicht, in welche Richtung er sich bewegte, ob er richtig oder völlig falsch lief, er lief einfach.

Und plötzlich stand er vor der Freitreppe.

Er stolperte, denn plötzlich gab es keine warmen Leiber mehr, die ihn hielten, und schließlich fiel er auf die untersten Stufen, während Caelan winselnd noch ein Stück die Treppe hinauflief, dann umdrehte und versuchte, Len das Gesicht zu lecken.

Der schob den Wolf beiseite, er war unglücklich an der untersten Stufe hängen geblieben als er stürzte und rieb sich nun das schmerzende Fußgelenk und die aufgeschürften Knie. Er spürte schon, wie es anschwoll und er war froh, das sie ihre Pferde hatten, mit dem Fuß würde er wohl eine Weile keine weiten Strecken laufen können, als sich ein Schatten über ihn erhob.

Als er aufblickte schaute er in die gelben Augen des Luchses, der zu ihm hinab gekommen war. Er ahnte, dass wohl der Besitzer des Luchses auch nicht weit sein konnte und obwohl er nach wie vor keinerlei Ideen hatte, was ein Drache nun eigentlich war, lief ihm trotz allem ein kalter Schauer über den Rücken. Er wollte es gar nicht herausfinden.

Er versuchte aufzustehen, doch scheinbar hatte es sein Fußgelenk doch schlimmer erwischt, als anfangs vermutet, denn als er es belasten wollte, trug es ihn nicht und er sackte mit einem Schrei wieder zu Boden.

»Verschwinde Junge, Bettler brauchen wir hier nicht«, fuhr ihn daraufhin eine unbekannte Stimme an und als er abermals aufblicke gewahr er den alten Mann mit seinem Hund, den er von der Statue aus beobachtet hatte, wie er mit dem karelahnischen Zauberer sprach.

Nun stand er ein Stück weit über ihm und schaute abfällig und mit gerümpfter Nase zu ihm hinab, während sein Hund knurrte.

Caelan knurrte ebenfalls und auch wenn er noch jung war, fletschte der Wolf die Zähne und wirkte sogar angst einflössend, doch der Mann ließ sich nicht beeindrucken.

Len dagegen wunderte sich, das der Fremde in der Sprache von Ronari mit ihm gesprochen hatte, doch die Verwunderung hielt nicht lange. Er pfiff nach seinem Wolf und nahm ihn in die Arme, damit er nicht auf irgendwelche dummen Gedanken kommen konnte.

Er warf noch einen Blick auf den Luchs, der die ganze Situation still beobachtete und dabei so unglaubliche menschlich wirkte, wie er es nie zuvor bei einem Tier sah.

Schließlich versuchte er abermals aufzustehen, doch wieder durchzuckte ein heftiger Schmerz seinen Knöchel und er musste sich heftig auf die Lippen beißen, um nicht abermals laut aufzuschreien, denn diese Blöße wollte er sich nicht geben. Er spürte, dass Blut sein Kinn hinab rann.

»Wird’s bald? Verschwinde, du hast hier nichts zu suchen!«, fauchte ihn der Mann an, als sich eine weitere Gestalt zu ihnen gesellte. Es war der Zauberer persönlich, der abfällig auf den Mann blickte, dann Len betrachtete, der sich das Blut von der Lippe wischte.

»Siehst du nicht, das er verletzt ist?«, wollte der Zauberer, Lux, abfällig wissen, doch er wartete keine Antwort ab, sagte stattdessen etwas in einer fremdem Sprache zu Len.

»Ich versteh Sie nicht«, antwortete der darauf und schaute resigniert zu dem Zauberer hoch. Und erstarrte.

Auch der Zauberer starrte ihn an, seine Augen vor Unglauben geweitet. Der Moment, in dem sie einander einfach nur anstarrten, schien ewig zu dauern. Schließlich sprachen sie. Beide dasselbe, beide in der selben Sekunde.

»Ich kenne dich…!«



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (13)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Seelentraeumerin
2011-09-18T12:23:22+00:00 18.09.2011 14:23
Ich kann Blue nur zu stimmen, cih denke auch spätestens zum schluss kann er mit seinem wölchen redenxD
aber cih finds gute das reva ihn zum schluss doch noch begleiten will :3
Von: abgemeldet
2011-09-11T07:20:12+00:00 11.09.2011 09:20
Ahhh der Traum am Ende macht einen so richtig neugierig O.o
Die Katze klingt ja toal nach nem Schneeleoparden oder so was... Und irgendwie muss Len sie ja schon kennen und ich hoffe er verrät im nächsten Kapitel woher ^^
Es scheint ja fast schon als wäre es ein Stück aus seiner Familie oo
Die Sache mit Kane und dem Raben finde ich irgendwie lustig, auch wenn es für ihn ja nicht so ist ;3
Hach das ist schön schon früh am Morgen ein paar gute Sachen zu lesen <:
Damit fängt der Tag ja gut an :)

Von: abgemeldet
2011-08-12T11:07:40+00:00 12.08.2011 13:07
Wie kommst du eigentlich immer auf die ganzen tollen Städtenamen??
Die klingen immer so als wenn sie wirklich existieren würden, vor allem haben sie etwas mitteralterliches und ritterhaftes xD Wenn du verstehst was ich meine x.X
Aber jetzt hab ich einiges über Reva gelernt ^^ Fragt sich nur wer der Mann gewesen war oo Aber so wie du es geschrieben hast, taucht er bestimmt nochmal auf <D
Von: abgemeldet
2011-08-11T12:07:08+00:00 11.08.2011 14:07
Irgendwie ist Reva im meinen Augen eine merkwürdige Person oo
Aber mal abwarten was sich mit ihr noch ergibt ^^
Auf jeden Fall sehr interessant :D
Ich hoffe du arbeitest schon fleißig an Kapitel 6 :3

Von: abgemeldet
2011-08-11T12:02:42+00:00 11.08.2011 14:02
ahh ich wette irgendwann kann Len mit seinem Wölfchen sprechen <3 ich hoffe es doch sehr :D
Wächst er denn auch noch, oder bleibt er immer ein Welpe?
:3 Schönes Kapitel ^^
Von:  Seelentraeumerin
2011-07-27T06:01:26+00:00 27.07.2011 08:01
ich bin verwirrt was ist jetzt mit Len ist er der Prinz oder nicht oO
aber ich bin gespannt was es noch mit dem Tagebuch auf sich hat und wleches geheimnis sie da entlüften oder ob da nichts drin steht was ihnen weiterhilft:3

also schreib schnell weiter*-*
Von: abgemeldet
2011-07-17T19:40:17+00:00 17.07.2011 21:40
ok O.o also ist Len jetzt wirklich ein Prinz? Sehr interessant gestrickt das ganze :D Mal schauen was es mit dem Tagebuch auf sich hat und wer der Vater ist ^^ Ganz schön viel Beziehungskram in einem Kapitel XD Aber schön, du musst unbedingt schnell weiterschreiben :3
Von:  Seelentraeumerin
2011-07-17T12:44:11+00:00 17.07.2011 14:44
Die Übergabe der Tiere fand cih auch am besten ebsonders für den angeber ein kaninchenxD
Aber cih will wissen was das mit Kane udn Nava udn len jetzt auf sich hat udnwieso len ein Prinz seon soll oO
*dich an schreibtisch festkett*
schreib weiterxD
Von:  Seelentraeumerin
2011-07-16T17:20:56+00:00 16.07.2011 19:20
ich will auch wissen wer die reiter sind oO
Und auch was mit len udn nava ist irgendwie mag cih die beiden:3
Und mal gespannt was kane sagt^^
aber kap zwei les cih morgen das ist mir zu lang für jetztxD
aber hoffe shcreibst schon an kap 3*.* wehe wenn nicht>.<
Von: abgemeldet
2011-07-16T11:24:03+00:00 16.07.2011 13:24
Wird noch geklärt welche Krankheit Nava hat? Oder woran hast du anleihe genommen? Die Übergabe der tiere hat mir ehrlich gesagt am besten gefallen :D Also Len hat also den Wolf ^^ Und jetzt schreib weiter xD ich will wissen warum die Reiten Len einfach mitnehmen und ihn Prinz nennen O.o


Zurück