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Sigh no more

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und es geht weiter und zwar ohne noch groß Herrn Kishimotos Originalstory zu folgen. Auch wenn ich einige Geschehnisse mehr oder weniger noch übernehme, es wird eher spoilerhaft und gibt keine offenkundigen Spoiler preis. (Und da ich die wirklichen Spoiler ja nicht als solche ausweise, ist es vermutlich „unbedenklich“ weiterzulesen. Das müsst ihr für euch selbst entscheiden.)
Ich hoffe, ihr entschuldigt den offenen Einstieg, aber für meine Zwecke ist es nicht wichtig, wie Madara und Obito besiegt werden, nur dass sie es werden. Es könnte etwas schwierig werden, weil ich viele Verweise auf frühere Kapitel mache (z.B. tauchen die zwei Anbu auf, die ich in Kapitel drei umgebracht habe; diesmal haben die zwei sogar Namen bekommen!) und ja, das Kapitel ist lang geworden. Es verläuft nach dem Muster: Gegenwart-Rückblende-Gegenwart-Rückblende, etc.
Die Anbu-Staffel des Anime hat hier und da seine Prägung hinterlassen. Und da Yamato gerade etwas unpässlich ist, hier Kakashis Sicht auf die Dinge. ^_~
Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Das letzte Kapitel!
Und ja, es ist überdimensional lang geworden, was es wahrscheinlich etwas schwierig zu lesen macht, aber ich wollte es nicht aufteilen. Die Ideen für dieses letzte Kapitel haben sich über lange Zeit hinweg geformt und gesammelt, daher wollte ich nun bei dieser Konzeption bleiben (ursprünglich waren dieses und das davor einmal als das letzte Kapitel angedacht gewesen, allerdings wäre das dann wirklich zu viel geworden). Lest es doch vielleicht in Etappen, wenn es euch auf einen Schlag … erschlägt. ^^°
Zur Erinnerung: Meine FF weicht von den Geschehnissen des Manga/Anime ab, wenn auch trotzdem Spoiler enthalten sind (die eigentlich insofern wiederum keine sind, da sie ja nicht als solche erkennbar sind).

Und nun: Noch einmal mit (viel) Gefühl! ^_~ Komplett anzeigen

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Darkness is a harsh term, don´t you think?

(Roll away your stone)
 

374. 374 Punkte hatte die Maserung des Fußbodens in diesem Flur, in dem er wartete. 36 kleine Risse hatte er in den umliegenden Wänden gezählt. Stöhnend ließ der 14-jährige, brünette Junge sich wieder auf der Bank nieder, die in besagtem Flur des Hokage-Turms stand. Er stützte seinen Kopf auf seine Hände und betrachtete seine Schuhe. Das war auch nicht so spannend. Es war mindestens so ein Reinfall gewesen wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit sich selbst zu spielen. Aber irgendwie musste man sich ja beschäftigen.

Tenzou stöhnte erneut und lehnte sich gegen die Rückenlehne. Er wartete jetzt schon seit Ewigkeiten und begann es langsam zu bereuen, dass er auch noch früher als verabredet hier erschienen war. Bestimmt war seinem zukünftigen Teamführer etwas Wichtiges dazwischen gekommen. Tenzou wurde wieder leicht nervös, als er darüber nachdachte, wessen Team er zugeteilt werden sollte. Er hatte schon viel über Kakashi Hatake, Kakashi mit dem Sharingan, Kakashi, den Kopierninja gehört und alles, was er gehört hatte, ließ nur einen Schluss zu: Der Mann musste eine lebende Legende sein. Auf jeden Fall würde er versuchen einen äußerst guten Eindruck auf ihn zu machen, denn er hatte auch gehört, dass Kakashi sehr hohe Ansprüche an sein Team stellte. Was genau das für Ansprüche waren, hatte er leider nicht in Erfahrung bringen können.

Tenzou seufzte und warf einen erneuten Blick auf die Wanduhr, die ihn schon seit Stunden verspottete. Er war sich ziemlich sicher, dass er sowohl den Treffpunkt, als auch die Uhrzeit richtig verstanden hatte. Der Junge verschränkte seine Arme vor der Brust. Was sollte er jetzt machen? Er konnte schlecht weggehen und irgendwo nachfragen, da es durchaus möglich war, dass Kakashi in genau dieser Zeit hier auftauchen könnte. Plötzlich vernahm er Geräusche am anderen Ende des Flurs. Er sprang auf und ging mit schnellen Schritten zu dem Punkt, an dem sich der Gang mit einem anderen kreuzte. Von hier aus konnte Tenzou immer noch den eigentlichen Treffpunkt im Blick behalten und so bemerken, wenn jemand auftauchen würde. Die Geräusche, die er gehört hatte, kamen aus einem Raum ein paar Meter weiter. Dort öffnete sich gerade eine Tür.

„Entschuldigung?“, rief Tenzou schnell dem Mann zu, der aus dem Zimmer gekommen war. Der Junge stutzte, als er erkannte, dass der Andere auf einem Senbon herumkaute.

„Kann ich dir helfen, Kleiner?“

Tenzou unterdrückte das Bedürfnis dem Anderen zu sagen, dass er ganz und gar nicht gerne „Kleiner“ genannt werden wollte. „Ich soll hier auf jemanden warten, aber bisher ist niemand erschienen und ich wollte fragen, ob Sie wissen...“

„Auf wen wartest du denn?“, unterbrach Genma ihn.

„Kakashi Hatake.“

Genma grinste und schüttelte den Kopf. „Wann solltest du dich mit ihm treffen?“

„Vor mehr als drei Stunden.“

Der Ältere grinste noch mehr. „Dann kommt er gleich bestimmt...wenn er einen guten Tag erwischt hat.“

Tenzou blickte ihn erstaunt und fragend an. „Was...was soll das heißen?“

Aber Genma hatte ihm bereits wieder den Rücken zugedreht und sagte im Weggehen nur noch: „Bring dir nächstes Mal besser was zu lesen mit, Kleiner.“

Verwirrt blieb Tenzou noch einige Sekunden dort stehen. Was in aller Welt sollte das denn heißen? Sich was zu lesen mitnehmen? Kopfschüttelnd machte er sich wieder auf den Weg zu seiner Bank. Irgendwie kam ihm das alles bisher recht merkwürdig vor. Ob Kakashi ihn einfach vergessen hatte? Oder er hatte schon entschieden, dass er ihn nicht in seinem Team haben wollte und machte sich nun scheinbar noch nicht einmal die Mühe ihm abzusagen. Tenzou wusste, dass die Leute sich nicht gerade darum rissen, ihn in einem ihrer Teams zu haben, aber bis jetzt hatte man ihm dies wenigstens immer mitgeteilt und ihn nicht wie den letzten Verlierer stundenlang in einem leeren Korridor warten lassen. Erneut seufzend lehnte der Junge sich zurück und betrachtete wieder die Wanduhr.

Nach insgesamt viereinhalb Stunden hörte er endlich Schritte im Gang. Er blickte in die Richtung, aus der sie kamen, blinzelte erst einmal und hob dann verwundert eine Augenbraue über den Anblick, der sich ihm bot. Ein silberhaariger Mann schlappte in aller Seelenruhe auf ihn zu, eine Hand in der Hosentasche, eine Hand hielt ein orangefarbenes Buch vor sein Gesicht.

Was war das denn bitte? Was das etwa Kakashi Hatake? Nein, das konnte er nicht sein...oder? Der Mann in Joninuniform schürfte weiter lesend den Flur entlang, bis er schließlich vor Tenzou stehen blieb, diesen aber mit keinem Blick würdigte, da er weiterhin in seinem Buch las. Tenzou starrte zu ihm hoch und fühlte sich sichtlich unwohl. Vorsichtig stand er auf. „Ähm...entschuldigen Sie bitte...?“

„Hmm?“, kam es von dem Anderen, der nun endlich das Buch vor seinem Gesicht senkte und zu Tenzou sah.

Die Augen des Jungen weiteten sich nun, als er das Gesicht seines Gegenübers erblicken konnte. Dieser trug eine Maske über Mund und Nase und sein Stirnband über dem linken Auge. Das war tatsächlich Kakashi Hatake!

„Ah, ja, du bist bestimmt Tenzou, richtig?“ Er ließ das Buch in einer Tasche verschwinden.

Der Angesprochene brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. „Äh, ja, das bin ich.“

Das sichtbare Auge Kakashis formte sich zu einem Lächeln. „Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich...musste mich um eine dehydrierte Katze kümmern.“

Tenzou sah ihn daraufhin nur äußerst verwirrt an. Kakashi war selbst kurz erstaunt, wieso er jetzt ausgerechnet auf eine Katze kam, entschied aber dass dies Zufall sein musste und fuhr fort: „Wie lange bist du schon bei den Anbu?“

Der Jüngere versuchte den Gedanken an das durstige Kätzchen, das ihn noch mehr aus dem Konzept gebracht hatte, zu verdrängen und antwortete: „Etwa 14 Monate. Oder wollen Sie es auf den Tag genau wissen?“

Kakashi wirkte für einen kurzen Moment erstaunt, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, nein, die Angabe reicht mir schon. Wie hast du dich mit deinen alten Teamkameraden verstanden?“

Tenzou zögerte. „Gut.“

„Und jetzt versuch es mal mit der Wahrheit.“

Der Junge fühlte sich ertappt. „Nicht so gut.“

„Heißt?“

„Es gab...ein paar Spannungen.“

Nicht, dass Kakashi dies nicht gewusst hätte. Er hatte sich zuvor nicht nur einen langen Vortrag des Hokage angehört, sondern auch einen Blick auf die Akte des Jungen geworfen. Das Erste, was ihm aufgefallen war, war, dass sich noch nicht einmal jemand die Mühe gemacht hatte, dem Kleinen einen Nachnamen zu geben. Der dritte Hokage hatte ihm bis ins kleinste Detail erklärt, was es mit Orochimarus Experimenten und den Mokuton-Fähigkeiten auf sich hatte. Die Berater hatten lang und breit vorgebracht, warum der Junge eine Gefahr sein könnte und schließlich hatte der ehemalige Teamführer ihm gesagt, dass die anderen Mitglieder des Teams Tenzou nicht über den Weg getraut hätten und ihn das zu jeder Zeit spüren gelassen hatten.

Danach hatte der Kopierninja erstmal überprüft, ob seine Ohren noch an seinem Kopf oder bereits abgekaut waren. Er selbst wusste nicht so genau, was er von irgendwelchen DNS-Experimenten halten sollte- außer, dass sie durch und durch falsch waren natürlich. Auch kümmerte es ihn nicht so sehr, dass der Junge die Fähigkeiten des ersten Hokage besitzen sollte. Dies war zwar interessant und er musste zugeben, dass der Kleine einige äußerliche Ähnlichkeiten zu eben diesem aufwies, aber in erster Linie interessierte ihn nur, ob der Junge seinen Maßstäben entsprach oder nicht.

„Gut. Wir brechen morgen um 16 Uhr zu unserer Mission auf. Treffpunkt ist am Haupttor. Alles verstanden?“

Überrumpelt nickte Tenzou schnell und sein Gegenüber sagte nur noch „Sehr schön“, ehe er in einer Rauchwolke verschwand. Leicht fassungslos starrte Tenzou auf den nun leeren Punkt vor ihm. Dafür hatte er hier so lange gewartet? Und sowieso, das sollte Kakashi Hatake sein? Was sollte überhaupt dieses Gerede über irgendwelche Ansprüche? Davon war gerade nichts zu sehen oder hören gewesen. Er schnaubte kurz, steckte seine Hände in die Hosentaschen und machte sich leicht angesäuert auf den Weg in seine Wohnung.

And yet it dominates the things I see

(Roll away your stone)
 

16 Uhr. Er hatte 16 Uhr gesagt. Tenzou war sich dieses Mal umso sicherer, denn die zwei anderen Mitglieder des Teams hatten ihm bestätigt, dass Kakashi ihnen ebenfalls genau diese Zeit gesagt hatte. Aber um Punkt vier Uhr Nachmittag war er der einzige gewesen, der am Tor Konohas gestanden hatte. Erst eine gute Stunde später waren die beiden anderen eingetrudelt. Jetzt, um kurz nach sechs, hatte er immerhin schon Gelegenheit gehabt seine Teamkameraden kennen zu lernen.

Es waren ein weiterer Shinobi und eine Kunoichi, beide älter als er und sogar älter als Kakashi. Tenzou war doch etwas erstaunt darüber, dass die beiden anderen kein Problem damit hatten, einem jüngeren Anführer zu unterstehen.

„Kakashi ist in Ordnung, er macht seinen Job gut. Und er ist schon länger bei den Anbu als wir. Also, was soll´s,“ sagte der andere Shinobi, der eine Waschbärmaske trug.

„Und bringt er so etwas hier eigentlich öfter?“, fragte Tenzou.

„Hmm? Was meinst du?“, entgegnete der Andere.

„Bestimmt das mit dem Zuspätkommen. Nicht wahr, Kleiner?“ Tenzou biss sich auf die Unterlippe, als die Kunoichi mit Pandamaske ihn ´Kleiner´ nannte. Wozu stellte er sich anderen überhaupt vor?

„Also macht er das öfter? Sie sind ja heute auch eine Stunde später als verabredet aufgetaucht. Und letztens hat mir jemand gesagt, ich solle mir etwas zu lesen mitnehmen, wenn ich auf Kakashi-sempai warte...“

Beide lachten kurz, ehe die Kunoichi sich an ihren Kameraden wandte: „Das ist so süß, oder? Er hat wirklich keinen Plan.“

„Ja, aber es wäre trotzdem unfair ihn im Unklaren zu lassen.“, erwiderte der Andere.

Für einen Eliteninja kam Tenzou sich gerade ziemlich dumm vor, als er zwischen den beiden hin und her sah.

„Die Sache ist die,“ fuhr der Shinobi fort. „Kakashi kommt immer zu spät.“

Das verwirrte ihn nun völlig. „Und warum?“

Die Kunoichi zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, das haben wir nicht herausgekriegt. Und er selbst gibt immer nur...merkwürdige Entschuldigungen.“

„Dehydrierte Katzen...“, murmelte Tenzou.

„Hey, die ist neu. Fällt dem tatsächlich auch mal was Neues ein.“, sagte der Andere und zuckte erschrocken zusammen, als Kakashi plötzlich hinter ihm auftauchte.

„Na, ihr redet doch nicht etwa über mich, oder?“

Als Antwort erhielt er ein energisches Kopfschütteln.

„Tut mir übrigens leid, dass ich zu spät bin, aber ich musste einer älteren Dame beim Tragen ihrer Einkäufe helfen.“

Der Anbu mit der Waschbärmaske flüsterte ein „Jaja, bestimmt“ und sofort wandte Kakashi sich wieder an ihn. „Hmm? Ist etwas?“

Während ein erneutes Kopfschütteln zur Antwort gegeben wurde, starrte Tenzou ungläubig auf seinen Sempai. Das sollte also wirklich Kakashi Hatake sein. Langsam kamen ihm ernsthafte Zweifel an dem, was er alles gehört hatte.

„Jetzt sollten wir aber los. Sonst verspäten wir uns noch.“

Tenzou war sehr dankbar für seine Anbumaske, denn sonst hätte man sehen können, dass seine Augen weitaufgerissen waren und sein Kiefer kurz davor war mit dem Boden Bekanntschaft zu machen. Sollte das ein Witz sein? Der Typ konnte doch nicht erst Stunden zu spät kommen und dann davor mahnen, dass sie jetzt zu spät dran sein könnten.

„Äh, Sempai? Sind wir nicht irgendwie sowieso schon zu spät?“ Er formulierte seine Frage so vorsichtig und wenig vorwurfsvoll wie möglich.

„Nein, das wird eh eine Nachtmission.“

Tenzous Zähne knirschten. Warum hatte er sie dann so früh herbestellt?

Während sie dann endlich unterwegs waren, erklärte Kakashi die Mission. Ein Geschäftsmann hatte mithilfe einiger korrupter Ninja ein paar geheime Dokumente gestohlen und wollte diese nun verkaufen. Da sie immerhin schon wussten, wo dieser sich aufhielt, war die Aufgabenstellung der Mission klar: Geschäftsmann finden, Geschäftsmann Dokumente abnehmen, Geschäftsmann liquidieren. Kakashi klärte sein Team noch darüber auf, dass die Ninjas, die sich bei ihm befunden hatten, nun nicht mehr dort waren. Als er die Missionsdetails und die Strategie aufzeigte, begriff Tenzou, dass nicht alles Unsinn gewesen war, was er über Kakashi Hatake gehört hatte. Der Mann wusste, was er tat.

„Heute Nacht um zwei trifft sich die Zielperson mit einem Abnehmer für die Dokumente. Ihr zwei,“ Kakashi zeigte auf die beiden anderen Teammitglieder, „Zielperson. Du,“ er neigte seinen Kopf zu Tenzou, „Abnehmer. Ich kümmere mich um die Zielobjekte. So weit alles verstanden?“ Leicht perplex hob Tenzou die Hand.

„Ich soll mich alleine um den Käufer kümmern?“

„Ist das ein Problem?“ Der Junge zuckte leicht zusammen. Seit die Mission tatsächlich begonnen hatte, war ihr Teamführer wie ausgewechselt. Er klang strenger, ernster und disziplinierter und fast gar nichts erinnerte an den schrägen Typen, den er gestern kennen gelernt hatte. Er hatte ja schon öfter gehört, dass manche Anbu mit der Zeit...nun ja, nicht mehr so ganz richtig im Kopf wären...ob Kakashi so ein bisschen zu dieser Sorte gehörte?

„Nein, kein Problem.“

„Gut, dann jeder auf seinen Posten.“

Da es noch lange hin bis zwei Uhr nachts war, musste das Anbu-Team noch eine Weile versteckt auf der Lauer liegen. Tenzou wusste nicht, was er davon halten sollte, zusammen mit Kakashi warten zu müssen. Dieser zog nämlich, so wie sie ihr Versteck auf einem Baum bezogen hatten, ein kleines Buch aus der Tasche und begann zu Tenzous Entsetzen nun darin zu lesen. Der Typ konnte nicht ganz richtig im Kopf sein! Nicht nur, dass es eigentlich schon viel zu dunkel war, um etwas zu lesen, nein, was für Nerven musste man haben, um während einer Mission überhaupt ans Lesen zu denken? Der junge Anbu kniff die Augen zusammen. Mit Hilfe des Mondlichtes war es möglich, ein wenig zu erkennen. War das das gleiche Buch wie gestern? Ein paar Buchstaben des Titels waren erkennbar...IchaIcha. Das hatte er irgendwo schon mal gesehen, oder? Im Buchladen? Oder im Schaufenster dieses Erwachsene-... Auf einmal wurde es Tenzou schlagartig klar, was sein Gegenüber da las. Das Buch war nur in der Erwachsenenabteilung oder in...speziellen Buchhandlungen zu finden. Sein Sempai, seine Respektsperson, las einen verdammten Porno. In. Aller. Öffentlichkeit. Kakashi Hatake, die Legende, tss, wohl eher der Perverse. Tenzou rollte mit den Augen.

„Ähm, Sempai? Wissen, Sie, was Sie da lesen?“

„Hmm?“ Kakashi blickte von seiner Lektüre hoch. „Ja, natürlich. Das ist eine dramatische Liebesgeschichte. Interessiert dich so was?“

„Äh, nein, eher nicht...“ Dramatische Liebesgeschichte, ja klar. Mit diesem Gedanken beschloss Tenzou lieber keine Konversation mehr machen zu wollen.

Kurz vor zwei Uhr packte Kakashi sein Buch wieder weg und wechselte wieder in den, wie Tenzou es nun nannte, ernsten Anbu-Modus. Tatsächlich lief von da an alles wie besprochen. Als der Händler mit seinem Käufer das Geschäft abwickeln wollte, tauchten zwei Anbu, einer mit Waschbärmotiv, eine mit Pandamotiv, auf und stürmten auf ihr Ziel zu. Währenddessen nutzte Tenzou den Moment, um dem Käufer sein Katana in den Körper zu jagen. Plötzlich bemerkte er einen Aufschrei der Kunoichi und wirbelte herum, um zu sehen, was los war. Aus dem Nichts waren einige Ninja aufgetaucht, die sich nun auf die beiden anderen Anbu stürzten. Die beiden reagierten schnell und erledigten ihre Angreifer, bemerkten aber nicht, wie ihr eigentliches Ziel ein Jutsu des Tausches angewandt hatte und nun von anderer Seite aus angriff. Tenzou schrie „Hinter euch!“, rannte los und erreichte sie gerade rechtzeitig, um mit seinem Katana den Schwerthieb des Feindes zu stoppen. Sein Shinobi-Kamerad brachte daraufhin die Zielperson zur Strecke und atmete erleichtert aus.

„Nicht schlecht, aber auch nicht herausragend.“, kommentierte Kakashi trocken, als er nun erst auf der Bildfläche erschien und die Dokumente an sich nahm.

Tenzou brauchte nur einen winzigen Augenblick, bis er die Situation verstanden hatte. „Sie wussten das! Sie wussten, dass er noch die Ninja bei sich hatte!“

Als Antwort bekam er ein gelangweilt klingendes „Ja.“

„Sie haben uns Informationen vorenthalten??“

Kakashi legte seinen Kopf leicht schief, so als würde er nachdenken. „Sieh es als kleinen Test, wie ihr auf veränderte Situationen reagiert. Und außerdem besteht kein Grund, sich aufzuregen, das waren doch nur ein paar Chunin, also keine wirkliche Gefahr.“

Die beiden anderen stöhnten und ihr Teamführer zuckte mit den Schultern. „Ich wollte nur eine einfache Mission, um den Kleinen zu testen, aber zu einfach wollte ich es euch natürlich auch nicht machen.“

Sie stöhnten erneut. Tenzou konnte nicht fassen, wo er hier hineingeraten war. Sein Vorgesetzter war offensichtlich verrückt. „Und hab ich Ihren Test wenigstens bestanden?“

Kakashi zögerte einen Moment und der junge Anbu fragte sich schon, ob er etwas falsch gemacht haben könnte, als er doch antwortete. „Ja, schon. Ich denke, wir werden zusammenarbeiten können.“

I´m scared of what´s behind and what´s before

(After the storm)
 

Er wollte noch nicht sterben. Er wollte wenigstens noch 15 werden. Nicht, dass er große Pläne für die Zukunft hatte, er wusste, dass es eh keinen Sinn machte, welche zu schmieden, da grundsätzlich andere sein Leben bestimmten, aber wenigstens älter als 14 wollte er noch werden. So kurz vor seinem „Ziel“ ging Tenzou jedoch mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie und hielt sich mit einer Hand die verletzte Seite. Er hatte kein Chakra mehr und war von mehreren vergifteten Kunai getroffen worden. Wie hatte diese Mission nur so schief gehen können?

Die letzten Wochen in und mit seinem neuen Team waren eigentlich recht gut verlaufen. Er hatte sich mit seinen neuen Kameraden überraschend gut verstanden, der Großteil der bisherigen Missionen war weitestgehend reibungslos verlaufen und obwohl ihr Teamführer offensichtlich nicht alle Tassen im Schrank hatte, war der Zusammenhalt der Gruppe von einem Ausmaß, welches Tenzou noch nie zuvor gesehen hatte. Gerade, als er begann zu begreifen, dass dies der Verdienst ihres leicht merkwürdigen Anführers sein könnte, schien für das Team das vorzeitige Ende gekommen zu sein. Vor ein paar Minuten, die ihm jetzt doch eher schon wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, gerieten sie in einen Hinterhalt. Seinen Kameraden mit der Waschbärmaske erwischte es zuerst. Die Gegner kamen aus dem Nichts und trennten die Gruppe voneinander. Bis eben hatte das weibliche Mitglieder des Teams noch an seiner Seite gekämpft, dann fiel auch sie und es war Tenzou nur ein schwacher Trost, dass sie vorher noch ein paar Feinde mitnehmen konnte.

Tenzous Kräfte verließen ihn nun völlig und er landete auf dem Boden. Was wohl mit Kakashi war? Er hörte aus einiger Entfernung noch Kampfgeräusche, also musste sein Sempai noch leben. Vielleicht würde wenigstens er es nach Konoha zurückschaffen. Das Atmen fiel dem jungen Anbu immer schwerer und er begann sich zu fragen, wie lange es noch dauern würde. Ob ihn jemand vermissen würde? Wohl eher nicht, wer denn auch? Dass er nicht einmal jetzt an etwas Schönes denken konnte...Erschöpft schloss Tenzou seine Augen.
 

Als er wieder zu sich kam, die Augen aber noch halb geschlossen hielt, merkte er, dass er sich irgendwie fortbewegte. Er lehnte gegen etwas und jemand schien ihn festzuhalten. Nach ein einigen Augenblicken folgerte sein müder Kopf, dass jemand ihn auf seinem Rücken tragen musste. Er zuckte innerlich zusammen. War er in die Hände der Feinde gefallen? Hatte Kakashi es doch nicht geschafft? Mit einem Ruck riss er seine Augen ganz auf, um dann auf eine ihm bekannte Anbu-Uniform und einen silbernen Haarschopf zu blicken.

„Bist du wach?“ Kakashi klang mitgenommen.

Tenzou blinzelte ein paar Male, um sicher zu gehen, dass er nicht träumte.

„Was ist? Bist du wach?“ Der Ältere drehte seinen Kopf leicht zur Seite, damit er seinen Kohai aus dem Augenwinkel betrachten konnte. Sehr langsam kam Tenzou aus seiner Schockstarre heraus. „J-ja...“

Kakashi richtete seinen Blick wieder nach vorne. „Gut, dann bleib es auch.“

„W-was i-ist...“ Der Jüngere konnte sich nicht erinnern, dass reden ihn je so angestrengt hatte.

„Die Gegner sind geschlagen. Ich bringe dich zurück nach Konoha, halte bloß durch.“

Tenzou setzte dazu an, etwas zu sagen, hustete aber nur elend, was dazu führte, dass Kakashi wieder zu ihm sah. „Wir sind bald da, hörst du?“

Der Andere nickte nur abwesend. Seine Wahrnehmung war zwar im Moment mehr als beeinträchtigt, aber trotzdem kam es ihm so vor, als würden sie immer langsamer werden. Dafür schien die Atmung seines Sempais immer schwerer zu gehen. Allmählich dämmerte es Tenzou, dass sein Teamführer ebenfalls verletzt und offensichtlich am Ende seiner Kräfte sein musste.

Schließlich hielt Kakashi endgültig an, ließ seinen Kohai von seinem Rücken, lehnte ihn vorsichtig gegen einen Baum und hockte sich mit beiden Händen auf dem Boden abstützend daneben. Tenzou betrachtete ihn kurz und sah seine Vermutungen mehr als bestätigt. Blut sickerte aus der beschädigten Anbu-Weste des Anderen. „S-sempai?“

Der Angesprochene atmete noch immer schwer. „Ich...brauche...nur eine Minute...dann geht´s...weiter.“ Der Jüngere sah ihn ungläubig an. Es war offensichtlich, dass Kakashi weit mehr als eine Minute brauchen würde und selbst dann wären seine Chancen lebendig nach Konoha zurückzukommen eher gering. Und ganz besonders, wenn er noch zusätzliche Last zu tragen hätte. Er selbst konnte sich nicht mehr bewegen, aber Kakashi konnte immerhin noch laufen. Warum setzte er wegen ihm sein Leben auf´s Spiel? „S-sempai...gehen Sie. Sie können es noch bis Konoha schaffen...aber nicht, wenn Sie mich tragen müssen...ist schon in Ordnung.“ Der Ältere stand wortlos und langsam wieder auf und hob Tenzou wieder auf seinen Rücken. „Aber...Sie werden es nicht schaffen....wenn Sie mich tragen müssen!“

„Ich habe gesagt, ich bringe dich wieder nach Konoha.“ Er holte Luft. „Und das werde ich jetzt auch tun.“ Mit diesen Worten setzte er sich erneut in Bewegung, nicht laufend, sondern eher sich vorwärts schleppend. Tenzou versuchte derweil gegen die Schmerzwellen, die seinen Körper durchzogen, anzukämpfen und bei Bewusstsein zu bleiben. Nach einigen Stunden musste er sich geschlagen geben.
 

Als Tenzou das nächste Mal zu sich kam, war das erste, was ihm auffiel, dass er sich nicht mehr in Bewegung befand. Er lag. Und so, wie es sich anfühlte, lag er auf einem Bett. Zögerlich öffnete er seine Augen und musste sie wieder zusammenkneifen, als ein schrecklich grelles Weiß ihn blendete. Wie lahm gelegt fühlte sich jede Faser seines Körpers an und wie vernebelt sein Kopf. Nur langsam konnte der Junge die Eindrücke zusammenfügen. Ein weiches Bett, ein grelles Weiß und der Geruch von Antiseptika und Desinfektionsmitteln konnten eigentlich nur bedeuten, dass er in einem Krankenhaus lag. Aber wie in aller Welt hatte er es hier her geschafft und was war mit...?

„Hey.“ Eine raue und gequält klingende Stimme, die neben ihm ertönte, riss ihn aus seinen Gedanken. Erneut öffnete er vorsichtig seine Augen und dieses Mal blendete ihn das helle Licht nicht wie vorhin, sodass er ganz langsam seinen Kopf etwas in Richtung der Stimme drehen konnte. „Sempai?“

„Gut geschlafen?“, fragte Kakashi mit seinem üblichen Lächeln im Gesicht. Wieder einmal betrachtete Tenzou den Anderen ungläubig. Dieser lag dort in dem Bett neben ihm, hatte die ungesundeste Hautfarbe, die je ein Mensch gesehen hatte, sah aus, als hätte er seit mindestens einer Woche nicht geschlafen, hing an mehreren Infusionen und...lächelte.

„Sie...haben es wirklich geschafft, uns zurück nach Konoha zu bringen?“

„Hatte ich doch gesagt.“

Tenzou fehlten die Worte und dass nicht nur, weil seinem Kopf das Denken momentan so schwer fiel, sondern auch, weil er überwältigt war. Dieser Mann, den er eigentlich schon als verrückt und merkwürdig abgestempelt hatte, hatte sein eigenes Leben riskiert, um ihn nach Hause zu bringen. Er war sich ziemlich sicher, dass niemand aus all den anderen Teams, in denen er vorher gewesen war, dies für ihn getan hätte.

„Danke.“

Ein paar Sekunden sahen sie sich schweigend an, dann wandte Kakashi sich ab und richtete seinen Blick zur Zimmerdecke. „Ich habe nur meine Pflicht getan.“

Tenzou blickte weiterhin zu ihm. Es würde wohl nie etwas geben mit dem er sich dafür ausreichend bedanken könnte.

„Sempai, wenn es mal irgendetwas geben sollte, was ich für Sie tun könnte, dann sagen Sie es nur.“

Kakashi neigte seinen Kopf wieder in Richtung seines Kohais. „Hmm...tja, weißt du, es gibt da tatsächlich etwas, was du tun könntest...“

„Was denn, Sempai?“

Der Andere setzte sein Lächeln von vorhin wieder auf. „Meine Hunde haben bald Badetag...“

Oh man is a giddy thing

(Sigh no more)
 

Tenzou schloss seine Wohnungstür ab und seufzte. Er konnte sein Angebot nun ja nicht mehr zurücknehmen, also blieb ihm nur, es durchzuziehen. Mit kleinen Schritten setzte er sich in Bewegung, die Treppen ein paar Etagen hinunter, dann rechts die erste Tür. Dort war die Wohnung seines Sempais und da dieser vor zwei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatten sie vereinbart, dass Tenzou, der schon einige Tage vorher das Krankenlager verlassen durfte, heute vorbeikommen und die Ninja-Hunde seines Vorgesetzten baden sollte. Tenzou fragte sich, von wie vielen Hunden hier überhaupt die Rede war. Bisher hatte er nur den kleinen Mops Pakkun kurz während einer Mission kennen gelernt, aber weiteren Ninken war er bislang noch nicht begegnet. Kakashi hatte aber mit ziemlicher Sicherheit ´Meine Hunde´ gesagt. Der Junge schüttelte leicht den Kopf. So viele konnten es nicht sein, vielleicht zwei, maximal drei.

Mittlerweile war er an seinem Zielort angekommen, atmete noch einmal tief durch und klopfte schließlich an die Türe. Er fand es so gar nicht verwunderlich, dass er auch noch ein zweites und ein drittes Mal anklopfen musste. In der Tat hätte es ihn überrascht, wenn sein Sempai sofort geöffnet hätte, das würde nicht in das Bild passen, was Tenzou so weit von ihm hatte. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, nicht mehr in irgendeiner Weise schlecht über ihn zu denken.

Endlich öffnete Kakashi die Tür und begrüßte seinen Kohai mit seinem bekannten Lächeln. „Oh, hey, du bist aber früh dran, Tenzou.“

„Nein...eigentlich bin ich genau pünktlich. Wir hatten uns für diese Uhrzeit verabredet.“

„Oh, wirklich? Tja, sehr lobenswert, dass du so pünktlich bist.“

Der Jüngere unterdrückte das Bedürfnis, den Anderen entsetzt anzustarren. Dass ausgerechnet er Pünktlichkeit lobte...

„Na dann, komm rein.“ Kakashi ging zurück in seine Wohnung und Tenzou konnte einen ersten Blick ins Innere von dieser erhaschen. Sie sah im Prinzip genauso aus wie seine; ein Bett, ein Schrank, auf der anderen Seite wahrscheinlich eine Küchenzeile mit Tisch und Stuhl. Von seinem jetzigen Standpunkt aus konnte er sogar schon die einzigen persönlichen Gegenstände Kakashis ausmachen: ein paar IchaIcha-Bände. Einer davon lag aufgeschlagen auf dem Bett. Tenzou schmunzelte innerlich, dass seine Wohnung der seines Teamführers so sehr glich, aber vielleicht sahen auch alle von Anbumitgliedern bewohnten Zimmer so trist und leer aus.

Er trat ein, schloss hinter sich die Türe und machte schreiend einen Schritt zur Seite. Hinter der Tür war ein ganzes Rudel Hunde zum Vorschein gekommen. Geschockt ließ Tenzou seinen Blick über sie wandern. Zwei, vier, sechs, acht Hunde! Das konnte nicht sein Ernst sein, er konnte nicht wirklich acht Hunde besitzen! Kakashi, der neben ihm stand, lachte leise. „Also gut Leute, das hier ist Tenzou, seid nett zu ihm und sagt hallo.“

Der Junge starrte entsetzt zu seinem Sempai, als das Rudel tatsächlich ´hallo´ sagte und der Größte unter ihnen bellte.

„Wie schön, dann habt ihr euch ja jetzt alle kennen gelernt. Du solltest langsam anfangen, wenn du heute noch fertig werden willst, Tenzou.“ Mit diesen Worten ließ Kakashi sich auf sein Bett fallen und widmete sich wieder seinen Lektüre. Tenzou fühlte wie sein Kiefer heruntergeklappt war und drehte sich sehr langsam und sehr vorsichtig zu den vor ihm sitzenden Hunden. Pakkun tapste aus der Reihe hinaus und hopste zu seinem Herrchen auf das Bett. „Ich fürchte, der Kleine hat seine Zunge verschluckt.“

Kakashi schaute über den Rand seines Buchs. „Alles in Ordnung, Tenzou? Du wirkst ein wenig...angespannt.“

„Hmm?“ Eine Schweißperle rann seine Stirn hinunter. „Ja, nein, alles in Ordnung...ich überlege nur, mit welchem ich am besten anfangen soll.“ Angespannt? Angespannt??! Der Mann hatte Nerven. Welcher normale Mensch hatte denn acht Hunde? Tenzou unterdrückte den Drang seinem Unmut freien Lauf zu lassen. Klar, der Gedanke „welcher normale Mensch“ war hier sicherlich ein Denkfehler gewesen. Und dann legte er sich auch noch einfach hin, anstatt vielleicht ein paar Anstalten zu machen, ihm zu helfen. Okay, okay, Kakashi musste sich sicher noch schonen und er selbst hatte das Angebot gemacht. Jetzt würde er es auch einhalten.

Der Junge atmete durch und musterte noch einmal die Hunde. Zwei Kleine waren darunter, fünf Mittelgroße und ein...Riesiger. Tenzou schluckte und beschloss sich die gigantische Bulldogge für den Schluss aufzusparen.

„Also...wer möchte denn zuerst?“

Der zweite Kleine tapste zu ihm. „Tag, ich bin Bisuke. Und ich brauche dringend ein Bad.“

Der junge Anbu nickte nur, er war sich unsicher, was er darauf sagen sollte und ging, gefolgt von Bisuke, am Bett vorbei ins Badezimmer. Er war sich nicht ganz sicher, ob das leise Lachen, welches von dort kam, Einbildung gewesen war oder nicht.

Zu seiner Erleichterung kletterte der Hund freiwillig in die Badewanne. Tenzou hatte schon befürchtet, er müsse sich nun mit einem Ninken einen Kampf liefern.

„So was schon mal gemacht?“

„Nein, leider nicht.“

„Oje, ein Anfänger.“ Bisuke rollte mit den Augen. „Na schön. Ich brauche die hellblaue Shampoo-Flasche und vergiss am Ende bitte nicht die Spülung.“

Tenzou blickte mit einer leichten Fassungslosigkeit auf ein gutes Dutzend Haarpflegeprodukte, die neben der Badewanne aufgereiht standen. Nicht nur, dass er jetzt schon von einem Hund herumkommandiert wurde, nein, es musste auch noch ein eitler Hund sein. Ob die alle so waren...?

Nachdem er mit Bisuke fertig war, verlangte ein Ninken namens Akino eine Streicheleinheit, beim Baden von Shiba wurde er selbst nasser als der Hund, der sich nach Kräften gegen das Bad wehrte. Woohei musste er nach dem Waschen zweimal den Verband neu wickeln, weil diese der Meinung war, Tenzou hätte es nicht richtig gemacht, Garuko verlangte eine Ohrenmassage und Urushi konnte sich ewig lang nicht für ein Shampoo entscheiden.

Ein klatschnasser und geschlaucht aussehender Junge schleppte sich nun zum wiederholten Male an diesem Tag aus dem Badezimmer und sagte, fast schon mit Gewohnheit: „Nächster.“

Und ebenfalls zum wiederholten Male an diesem Tag war ein glucksendes Geräusch hinter einem Buch zu hören.

„Liegen Sie auch bequem, Sempai?“

Der Angesprochene schaute wieder ein Stück über den Rand seiner Lektüre. „Aber ja, danke der Nachfrage.“

Tenzou wollte gerade zu einer schlagfertigen Antwort ausholen, als er bemerkte, dass vor ihm die gigantische Bulldogge auf dem Boden saß und ihn anblickte. Ein paar zusätzliche Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn und er schluckte schwer. „O-okay, dann bist du jetzt wohl dran, wie? Braver Junge...“

„Bull beißt dich nicht, keine Sorge, Kleiner.“ Pakkun lag immer noch bei seinem Herrchen auf dem Bett. Tenzou warf wieder einen unsicheren Blick auf die Bulldogge. „Gut, dann...dann wollen wir mal.“ Er zwang sich zu einem Lächeln. Großartig, dieser riesige Hund würde ihn doch mir nichts, dir nichts verspeisen. Zu seiner Überraschung (und Erleichterung) ging Bull alleine und ohne jeglichen Widerstand in die Wanne, stupste mit seiner Schnauze das richtige Shampoo an und ließ ohne Beschwerden (oder Auffressversuche) die Prozedur über sich ergehen.

Nach getaner Arbeit atmete Tenzou erleichtert aus und Bull schleckte ihm einmal über sein Gesicht. Zum Dank kraulte der junge Anbu den Hund, den er nun insgeheim seinen „Lieblingshund“ nannte. Die Bulldogge verließ danach das Badezimmer und noch bevor Tenzou sein neues Ritual des „Nächster“-Rufens vollführen konnte, kam Pakkun auch schon durch die Tür. Der Mops musterte kurz den kleinen Raum. Überall war es nass und schaumig. „Hier sieht´s aber aus...“

Der Junge stöhnte. „Lass mich raten, ich soll hinterher auch noch sauber machen, oder?“

„Naja“, mit einem geübten Sprung manövrierte Pakkun sich in die Wanne. „Nett wär´s.“

„Ich hatte heute eh nichts vor.“

„Jetzt ist es ja auch schon spät.“

Tenzou warf seinem tierischen Gegenüber einen leicht gequälten Blick zu. „Wie lange bin ich eigentlich schon hier?“

„Willst du das wirklich wissen?“

„Wenn ich es mir recht überlege...nein.“

„Dachte ich mir. Und nun einmal shampoonieren bitte. Rosa Flasche.“

Nachdem Tenzou den nun mittlerweile achten Hund an diesem Tag gewaschen und abgetrocknet hatte, musste er Pakkun doch einmal etwas fragen. „Wieso hat Kakashi-sempai eigentlich acht Ninken?“

Der Mops sah ihn an. „Wieso nicht?“

„Naja, es ist schon außergewöhnlich, dass jemand so viele Tiere hat.“

„Mag sein.“

Tenzou seufzte. Es sah wohl nicht so aus, als würde er an dieser Stelle etwas mehr über seinen Vorgesetzten in Erfahrung bringen können. Im Laufe des Tages war ihm aufgefallen, wie wenig er eigentlich über den anderen wusste.

„Hmm, du bist aber auch außergewöhnlich, Kleiner.“, fügte Pakkun nach einiger Zeit hinzu.

Der Junge stutzte. „Was genau meinst du?“

„Ich frage mich die ganze Zeit schon, wie du es geschafft hast, dass Kakashi dich in seine Wohnung lässt.“

Tenzou sah den Mops erstaunt und fragend an.

„Naja, weil...so etwas hat er noch nie gemacht.“

„Na fertig?“

Leicht aufgeschreckt blickte der Junge zu seinem Teamführer, der sich gegen den Türrahmen lehnte. „Äh, ja. Alle Hunde sind sauber.“

„Oje,“ Kakashi ließ seinen Blick durch den Raum wandern. „Hier sieht´s aber aus...“

War ja klar gewesen. „Ich werde gleich noch sauber machen, Sempai.“

Kakashi schenkte ihm sein patentiertes Lächeln. „Vielen Dank, Tenzou, gute Arbeit. Für das nächste Mal kannst du gerne wiederkommen.“

Lend me your hand and we´ll conquer them all

(Awake my soul)
 

“Tut mir leid, Kakashi.” Der dritte Hokage blickte von den auf dem Tisch vor ihm ausgebreiteten Unterlagen zu dem Anbu hoch. „Aber im Moment haben wir einen großen Personalmangel. So schnell werde ich keine neuen Mitglieder für dein Team finden können. Wir haben in den letzten Wochen zwei komplette Anbu-Einheiten verloren und dann noch die beiden aus deiner Gruppe...“

Kakashi ballte seine Hände in seinen Hosentaschen zu Fäusten. „Ich verstehe.“ Seine Stimme hingegen war vollkommen ruhig. „Nun, was ist Ihr Vorschlag?“

„Hmm, ich dachte daran, jeden von euch erst einmal als mögliche Verstärkung für zwei andere Teams einzusetzen...“

„Sie meinen, uns aufzuteilen?“

„Ja.“

„Nein.“

Der Hokage seufzte. „Darf ich fragen, wie du das meinst, Kakashi?“

„Sie haben mir selbst gesagt, dass es bisher immer mit den Teams, in denen Tenzou war, Probleme gab. Daher halte ich es für keine gute Idee, ihn erneut in eine andere Einheit zu stecken.“

„Es wäre nur vorübergehend.“

„Oh? Und Sie haben zufällig auch ein Team gefunden, dass vollkommen vorurteilsfrei gegenüber einem ehemaligen Experiment von Orochimaru ist?“

Der Hokage seufzte erneut. „Und was schlägst du vor, Kakashi?“

„Er bleibt bei mir.“

„Zwei Leute sind zu wenig für eine Anbu-Einheit.“

„Es wäre ja auch nur vorübergehend.“

Der Hokage zog einmal ausgiebig an seiner Pfeife. Dieser Kakashi...er konnte einen manchmal wirklich auf die Palme bringen. „Na schön, vorübergehend. Ich bin mir allerdings unsicher, was eure nächste Mission betrifft. Eigentlich hätte ich hier eine S-Rang-Mission, aber vielleicht sollte ich diese lieber...“

„Worum geht es?“

„Transport eines Schriftstücks ins Schneereich. Die Schriftrolle enthält einen Vertrag, für den einige Leute alles tun würden, damit er nicht in das Land gelangt.“

„Wenn Sie in diesem Fall unsicher, sind, was Tenzous Eignung betrifft, könnte ich alleine...“

„Nein, Kakashi! Das hatten wir schon oft genug. Keine Alleingänge, wenn es um derart gefährliche Missionen geht.“

Der Kopierninja gab sich unbeeindruckt. „Bei allem Respekt, das ist lächer-“

„Ich sagte nein und werde nicht mehr mit dir darüber diskutieren. Du bist ohne Zweifel bereits ein sehr erfahrener Shinobi und ich möchte deine Fähigkeiten keineswegs in Frage stellen, aber wie oft hast du dich in der Vergangenheit schon überschätzt? Ich habe dich dies bereits mehrmals fragen müssen: Was würde Minato dazu sagen, wenn du noch so jung dein Leben bei einer Anbu-Mission lassen würdest?“

Für einen Moment waren beide Parteien still. In Kakashi brodelte es jedoch und er versuchte seine Verärgerung dem anderen gegenüber nicht zu zeigen. Es war immer die gleiche Tour. Was würde Minato sagen? ´Tja, leider können wir ihn das nicht fragen,´ dachte er und schluckte die Verbitterung darüber hinunter. Nach einer Weile wandte er sich wieder an den Hokage. „In Ordnung. Und wenn ich Tenzou mitnehme?“
 

Tenzou stand derweil im Flur vor der Tür des Hokage und betrachtete eindringlich die gegenüberliegende Wand. Kakashi hatte ihm am Vortag mitgeteilt, dass sie heute zum Hokage bestellt wurden, um die derzeitige Teamsituation zu klären. Er hätte es sich eigentlich denken können, dass er zum verabredeten Zeitpunkt alleine dastand. Warum ging er überhaupt noch pünktlich zu den Treffen mit seinem Sempai? Er kam wirklich immer zu spät. Als er an diesem Tag endlich mal da war, sagte er ihm, er solle vor dem Büro warten. Warum bitte sollte er dann überhaupt mitkommen? Der Mann war ein Rätsel.

Tenzou ließ seinen Blick den Gang hinabwandern. Im Hokage-Turm war heute recht wenig los, aber trotzdem störte es ihn ohne seine Anbu-Uniform unterwegs zu sein. Bei dieser konnte er sich hinter der Maske verstecken, bei der normalen Uniform- die Kakashi als Zivilkleidung bezeichnete- war er der Weltöffentlichkeit ausgeliefert. Ob Kakashi deswegen die Maske über Mund und Nase trug? Tenzou seufzte. Wahrhaftig ein Rätsel.

Und trotzdem hoffte er, in dessen Einheit bleiben zu dürfen, auch wenn es im Moment eigentlich gar keine vollständige Einheit gab. Ungern erinnerte Tenzou sich an die Mission, bei der sie die beiden anderen Mitglieder verloren hatten. Er hatte nie wirklich mit Kakashi darüber gesprochen und wahrscheinlich würde es auch nie dazu kommen.

Dieser tragische Vorfall war nun knapp vier Wochen her und vor ein paar Tagen war Tenzou 15 geworden. Wie er erwartet hatte, war dieser Geburtstag ein ganz und gar ereignisloser Tag geworden. Er konnte auch nicht sagen, dass er sich nun anders fühlte als mit 14 Jahren, aber dennoch war er froh darüber, es bis zu diesem Punkt geschafft zu haben. Aus Geburtstagen hatte er sich eh noch nie etwas gemacht, er verstand auch nur halb, warum andere Leute sich so viel daraus machten. ´Andere Leute waren eben anders´, dachte er fast schon schulterzuckend. Tenzou war sich ziemlich sicher, dass Kakashi sich ebenfalls nichts aus solchen Tagen machte und wenn er dies auch nur dachte, um eine verbindende Gemeinsamkeit zu dem Anderen zu finden.

Plötzlich ging die Tür auf und der junge Anbu zuckte, aus dem Nichts aus seinen Gedanken gerissen, zusammen.

„Du bist heute aber schreckhaft.“ Kakashi ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.

Tenzou atmete aus. „Entschuldigung, Sempai.“

Der Ältere steckte seine Hände wieder in die Hosentaschen und setzte sich in Bewegung. „Komm, wir müssen über unsere nächste Mission sprechen.“

Erstaunt sah der Junge ihm mit großen Augen hinterher. „Mission? Mit welchem Team?“

„Wir zwei sind das Team.“

Mit ein paar schnellen Schritten schloss Tenzou wieder zu dem Anderen auf. „O-okay?“

Kakashi lächelte ihn an. „Angst?“

Wie ertappt zuckte der Jüngere zusammen. „N-nein.“

Kakashi blieb stehen und lachte kurz. „Das wollte ich dir schon seit längerem mal gesagt haben, Tenzou. Sei nicht immer so angespannt.“

Tenzou unterdrückte einen Seufzer. „Ich werde es versuchen, Sempai.“

Cold is the water, it freezes your already cold mind

(Timshel)
 

´Wir starten pünktlich.´ Tenzou stöhnte. Was in aller Welt hatte ihn dazu gebracht, es ihm dieses Mal zu glauben? Kakashi hatte mit einer so intensiven Ernsthaftigkeit die Mission erklärt, dass Tenzou wieder einmal fasziniert davon war, wie schnell der Andere zwischen seinem sonstigen (bis vor kurzem hätte Tenzou wohl „verrückten“ gesagt) Ich und seinem so seriösen, determinierten Ich hin und her wechseln konnte. Bevor Kakashi gestern die Besprechung beendet hatte, hatte er Tenzou tief in die Augen geschaut und gesagt: „Komm nicht zu spät, wir starten pünktlich.“

Pünktlich war vor 75 Minuten gewesen. Der wartende Anbu seufzte leise und runzelte die Stirn. Wahrscheinlich machte es Kakashi einfach Spaß ihn für dumm zu verkaufen.

„Grübelst du schon wieder?“ Gemütlich schlenderte der verspätete Vorgesetzte auf ihn zu. Tenzou hatte ihn bereits bemerkt, aber die Frage irritierte ihn. Er trug doch seine Anbu-Maske, wie sollte Kakashi also wissen, was er für ein Gesicht machte? „Wie kommen Sie darauf, Sempai?“

„Ich hab das Gefühl, du tust den ganzen Tag nichts anderes.“

Der Jüngere grummelte innerlich. Er hatte einfach nur geraten. „Das ist erstens nicht wahr und zweitens...Sie sind zu spät!“

Kakashi lachte verlegen. „Entschuldige, ich musste ein Kind, das sich verlaufen hatte, nach Hause bringen.“

„Ah ja, verstehe.“ Ob er irgendwo darüber Buch führte, welche Ausreden er alle schon gebracht hatte? Tenzou konnte nicht leugnen, dass es ihn interessierte, wo sein Sempai wirklich war, wenn er eigentlich längst hätte woanders sein sollen.

Währenddessen zog Kakashi eine Schriftrolle unter seinem Mantel hervor und zeigte sie seinem Kohai. „Um dieses Dokument geht es. Die darin verhandelten Verträge dürfen nicht in die falschen Hände geraten, verstanden?“

Tenzou nickte und bevor er sich versah, drückte Kakashi ihm die Schriftrolle in die Hand. Mit einem Lächeln in der Stimme fügte er hinzu: „Dann pass gut darauf auf.“

Der Jüngere zögerte einen Moment und ließ die Schriftrolle schließlich in seiner Tasche verschwinden.

Die Reise bis zur Grenze des Schneereichs verlief unproblematisch, wenn man davon absah, dass Tenzou während der Überfahrt mit dem Schiff leicht seekrank wurde. Ein Zustand, den Kakashi nicht unkommentiert lassen konnte. „Wasser gehört doch zu deinen Elementen und das Schiff ist aus Holz, du dürftest doch eigentlich im Moment keine Probleme haben.“

Tenzou warf seinem Sempai, obwohl es niemand durch die Anbu-Maske sehen konnte, einen gequälten Blick zu. „Ja, aber zu meinen Elementen gehört auch Erde. Und festen Boden hätte ich jetzt ganz gerne unter meinen Füßen.“ Zu seiner großen Überraschung entlockte dies Kakashi ein Lachen.

Der Weg über das Land gestaltete sich als schwieriger, da starker Schneefall und gelegentliche Schneestürme ihnen das Vorankommen erschwerten. Tenzou wünschte sich auf das Schiff zurück. Auf diesem hatte er wenigstens noch seine Füße gespürt. Mit zunehmender Bewunderung blickte er auf seinen Anführer, dem Schnee und Eis nichts auszumachen schienen.

Plötzlich bemerkten beide fremde Chakra-Präsenzen und im nächsten Augenblick kamen bereits feindliche Ninja aus dem Schnee empor gesprungen. Im Nu hatten sie das Duo umzingelt. „Nur zwei?“ Verächtlich lachte einer der Fremden. „Entweder überschätzt Konoha seine Shinobi oder sie unterschätzen uns!“

„Nur zwei,“ antwortete Kakashi mit ruhiger, aber bedrohlicher Stimme. „Nur zwei reichen aus, um euch zu erledigen“ Daraufhin erklang das Zwitschern des Chidori und Kakashi preschte vorwärts. Tenzou blieb nicht viel Zeit ihn für seine Gelassenheit und sein schnelles Handeln zu bewundern, denn während Kakashi nun die eine Hälfte der Angreifer bekämpfte, stürzte sich die andere auf ihn selbst. Es kam ihm sehr gelegen, dass seine wasserbasierten Jutsus bei diesem Wetter einen gefrierenden Effekt hatten. Zwei der Feinde verwendeten jedoch Erdtechniken und konnten nicht nur seine Angriffe parieren, sondern ihn auch durch aus dem Boden schießende Pfeiler dazu bringen, zurück zu weichen und sich so von Kakashi zu entfernen.

Als Tenzou es geschafft hatte seine verbliebenen Gegner in Holz einzuwickeln, vernahm er plötzlich ein Knacken. Innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde erkannte er, dass sie während dem Kampf auf eine Eisfläche gekommen waren. Er hörte nur noch, wie Kakashi seinen Namen, dicht gefolgt von einem Fluchen, rief, als er in das Eis einbrach. Die stechende Kälte des Wassers, die nun seinen Körper durchfuhr, ließ ihn sich nicht einmal darüber ärgern, dass er nicht schneller reagiert hatte.

Nach einem kurzen Moment, der ihm viel länger vorkam, packte ihn jemand, zog ihn aus dem Wasser, entfernte seinen durchnässten Mantel und ersetzte diesen durch einen Trockenen.

„Du hättest dich nicht von mir entfernen dürfen.“ Kakashi klang wütend.

„T-t-t-t m-m...“

„Sei das nächste Mal gefälligst vorsichtiger!“ Der Ältere bugsierte sich seinen Kohai auf den Rücken und lief los. Er hatte auf dem Weg hierhin eine kleine Höhle gesehen, die er jetzt ansteuerte. Dort angekommen ließ er Tenzou wieder hinunter. „Mir egal, wie du es jetzt anstellst, aber wir brauchen Feuerholz.“

Tenzou verstand und brachte es trotz seiner elendig zitternden Händen zustande, etwas Holz wachsen zu lassen. Kakashi nahm seine Anbu-Maske ab und entzündete das Holz mit einem kleinen Feuerball. Er kniete sich zu seinem Kameraden hinunter und nahm diesem recht ruppig die Maske ab. Zum Vorschein kamen darunter ein schuldbewusstes Gesicht und blaue Lippen.

„T-t-t m-mir w-w-w...“

„Ja, ist jetzt nicht mehr zu ändern.“ Er klang noch gereizt, aber nicht mehr so wütend wie zuvor. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit du nicht erfrierst.“

„U-u-und d-die M-mission?“

„Kannst du im Moment ja wohl nicht ausführen.“

Tenzou wandte voll Scham den Blick ab. Er war sich noch auf keiner Mission so schäbig vorgekommen wie auf dieser. Die Worte ´Versager´, ´Taugenichts´ und ´Turnbeutelvergesser´ schwirrten durch seinen Kopf. Warum war er nur so unvorsichtig gewesen? Nach so einer schwachen Leistung war er bei Kakashi sicher unten durch. ´Dämliches Schneereich.´, dachte er.

Kakashi hatte derweil ein paar seiner Hunde herbeigerufen. Pakkun, Bisuke und Shiba befanden sich nun vor Ort. Pakkun blickte einmal zu dem am Boden kauernden, bibbernden Jungen, dann zu seinem Herrchen und wieder zu Tenzou. „Was ist denn hier passiert?“

„Ist es zum Baden nicht zu kalt?“, fügte Bisuke hinzu.

Kakashi seufzte kurz. „Leute, bitte.“ Ohne weitere Worte legte Shiba sich über Tenzous Beine, Bisuke auf dessen Bauch und Pakkun schließlich auf dessen Brust. Diese Ninken waren scheinbar für alles ausgebildet.

„Ich weiß, es gibt Angenehmeres.“, sagte Kakashi, als Tenzou unter dem Gewicht der Hunde das Gesicht verzog. „Aber momentan fällt mir nichts besseres ein. Und...“ Er seufzte erneut. „Nicht, dass du das falsch verstehst, aber ich habe nun mal überhaupt keine Lust darauf, dass du mir hier erfrierst.“ Dann legte er sich dicht neben den Jüngeren.
 

Geweckt wurde Tenzou durch etwas, was wie ein unterdrücktes Lachen klang. Er war immer noch im Halbschlaf und beschränkte seine Wahrnehmung im Moment nur darauf festzustellen, dass er nicht mehr so schrecklich fror.

„Ich warne dich, Pakkun. Ein Wort an die Außenwelt und Konoha hat einen Streuner mehr.“ Kakashi flüsterte die Drohung zu seinem Ninken.

„Ist ja schon gut...“ Das unterdrückte Lachen gehörte Pakkun. Sehr langsam begann Tenzou zu begreifen, worüber die beiden sprachen. Und als er es verstand, wünschte er sich zurück in den gefrorenen See. Er hatte sich im Schlaf etwas an Kakashi gekuschelt.

„Hey, sieh mal einer an, wer wach ist. Morgen, Kleiner.“ Tenzou blickte zu Pakkun, der mittlerweile auf Kakashis Oberkörper Platz genommen hatte. Bisuke und Shiba lagen durch den unruhigen Schlaf des jungen Anbu nur noch halb auf ihm.

„Tenzou, wenn du wach bist, könntest du mich dann bitte loslassen?“

Reflexartig zog der Junge den Arm zurück, den er um seinen Sempai gelegt hatte und rückte ein Stück weg.

„Danke.“ Kakashi richtete sich wieder auf und nickte seinen Hunden zu, die daraufhin verschwanden.

„Das...tut mir leid.“

„Reden wir nicht darüber. Schön, dass du nicht erfroren bist.“

„Ja.“ Tenzou setzte sich unter einigem Stöhnen und Ächzen auf. „Freut mich auch.“

„Wie fühlst du dich?“

„Es...geht.“

Kakashi seufzte kurz. „Du siehst elendig aus.“

Tenzou war viel zu fertig, um auch nur einen Versuch zu starten, den Anderen vom Gegenteil zu überzeugen.

„Okay, wir bringen schnell die Schriftrolle an ihren Zielort und dann machen wir uns auf den Heim...“ Kakashi stockte, als sein Kohai entsetzt die Augen aufriss.

„Die Schriftrolle!“ Panisch griff er in seine Tasche und durchwühlte sie. „Sie ist weg! Nein, nein, nein! Ich hab sie verloren, ich...“

„Tenzou. Beruhige dich.“

„Sempai! Hören Sie mir überhaupt zu? Ich habe die Schriftrolle verloren.“

„Hast du nicht.“

Mit einer Mischung aus Panik und Entsetzen sah er zu dem Älteren. „Hab ich nicht?“

„Du hattest sie nie.“ Mit einem Handgriff holte Kakashi das gesuchte Schriftstück aus seiner eigenen Tasche.

Tenzou starrte einige Sekunden fassungslos darauf. „Ich hatte sie nie.“

„Nein. Das heißt, du kannst dich jetzt wieder beruhigen.“

Der Jüngere löste seinen Blick von der Schriftrolle und ließ ihn zu seinem Vorgesetzten schweifen. „Das heißt, Sie haben geahnt, dass ich es vermassele?“

Kakashi seufzte erneut. „Nein, das war nur eine reine Vorsichtsmaßnahme.“

„Aber ich habe es vermasselt.“ Geknickt senkte der Junge seinen Blick. „Ich verstehe es schon, wenn Sie mich für einen kompletten Versager halten, Sempai.“

Der Angesprochene schaute für einen Moment wortlos zu dem Jüngeren, dann sagte er: „Ist es dir wirklich so wichtig, was ich von dir denke?“ Innerlich stöhnte er bei dem mitleidserregenden Anblick seines Kohais.

Dieser zögerte kurz. „Ja.“

„Und warum?“

„Ich...ich weiß nicht.“ Eigentlich wusste er es. Er wollte nicht wieder in eine andere Einheit versetzt werden, er wollte bei Kakashi bleiben. Und er wollte von diesem beachtet und geachtet werden. Warum ihm dies so wichtig war, konnte er nicht erklären. Aber Kakashi ahnte warum. Tenzou hatte keine einzige Bezugsperson in seinem Leben, niemand der ihn mal lobte oder freiwillig Zeit mit ihm verbrachte. Der Junge war schon immer allein gewesen und wollte dies eigentlich nicht.

„Na schön, wie dem auch sei. Lass uns gehen. Du siehst nämlich wirklich nicht sonderlich fit aus.“

Kakashi zwang sich selbst dazu zu denken, dass er nicht wusste, warum er sich Tenzous annahm. Er wollte nicht an Minato denken, der sich um ihn gekümmert hätte, weil er sich grundsätzlich für jeden verantwortlich fühlte. Er wollte nicht an Rin denken, die zu alles und jedem nett gewesen war. Und er wollte nicht an Obito denken, der sich mit ziemlicher Sicherheit des Anderen angenommen hätte.

Awake my soul

(Awake my soul)
 

Minato konnte sich nicht erinnern, dass ihm je so schlecht gewesen wäre, wie in diesem Moment. Wegen den scheinbar endlosen Gängen in Orochimarus unterirdischem Versteck hatte er seine Einheit aufgeteilt, jeder durchsuchte nun einen anderen Flur. Einerseits hatte Minato bisher Glück gehabt, denn es war noch zu keinem Feindkontakt auf seiner Seite gekommen. Andererseits wäre ihm dies um einiges lieber gewesen als das, was er stattdessen sehen musste. Seit er das letzte Mal auf die Anbu-Kunoichi, die den Parallelgang durchsuchte, getroffen war, wusste er immerhin, dass er nicht der Einzige gewesen war, der etwas dermaßen Schreckliches erblickt hatte. So etwas schien nicht einmal an Anbus spurlos vorbei zu gehen.

Mit einer Mischung aus Übelkeit und Zorn öffnete er die letzte Tür in diesem Flur. Das spärliche Licht, was nun durch die geöffnete Tür in den Raum fiel, offenbarte Minato das gleiche Bild, welches er heute schon zu oft gesehen hatte. Auf dem Boden lagen mehrere leblose kleine Körper. Fassungslos kniete er auf dem Boden und überprüfte, ob nicht vielleicht doch eines der Kinder noch Lebenszeichen von sich gab. Doch auch hier war es wie in den vorigen Räumen, die er heute schon geöffnet hatte. Er stand wieder auf und ballte seine Hände zu Fäusten. Dafür würde dieser widerwärtige Bastard bezahlen.

Ein leises Geräusch versetzte Minato in Alarmbereitschaft und er zückte blitzschnell ein Kunai. Jedoch war er auf das, was er erblickte, als er sich der dunkelsten, hintersten Ecke des Raumes näherte, nicht vorbereitet. Entsetzt starrte er in jene Ecke, ließ sein Kunai sinken und packte es schließlich wieder in seine Tasche. Dort in der Ecke saß, zusammengekauert und mit angezogenen Beinen, einen kleiner Junge, der ihn ängstlich, aber aufmerksam beobachtete. Minato vergaß vor Anspannung beinahe das Atmen. Er schluckte schwer und bewegte sich so langsam wie möglich auf den Jungen zu. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass es sich hierbei auch um eine Falle Orochimarus handeln könnte, aber wenn es auch nur die geringste Chance gab, dass er einen Überlebenden gefunden hatte, dann musste er dieses Kind retten. Der Jounin war froh, dass er ihn gefunden hatte und nicht einer der Anbu.

Extrem langsam kniete Minato sich vor den Jungen, was diesen dazu brachte zusammenzuzucken und seine Beine noch fester zu umarmen. Wenn er gekonnt hätte, so schien es, wäre er am liebsten noch weiter nach hinten gerutscht, aber dafür war ihm die Wand im Weg.

„Hallo“, begann Minato, unsicher, was er sagen sollte und unsicher, ob der Kleine ihn überhaupt verstand. Wenn das die Kinder waren, die vor Jahren in Konoha verschwunden waren, dann hatte der Junge, der dort vor ihm kauerte, wahrscheinlich noch nie Kontakt zu Menschen gehabt. Minato schauderte. Außer zu Orochimaru.

„Mein Name“, fuhr er fort, während er auf sich zeigte, „ist Minato. Hast du auch einen Namen?“

Trotz des kargen Lichts konnte er erkennen, dass der Junge mit seinen großen schwarzen Augen zu ihm blickte. Minato versuchte zu lächeln. Das war das zweite Mal innerhalb einer viel zu kurzen Zeit, dass er vor einem hilflosen Jungen hockte und nicht wusste, was er sagen sollte. Aber Kakashi war wenigstens etwas älter gewesen. Dieser hier konnte nicht viel älter als vier oder fünf sein.

„43.“, ertönte plötzlich eine leise Stimme, die Minato trotzdem beinahe aufschreckte. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen, was der Junge da gerade gesagt hatte. Seinen Namen. Anscheinend hatte Orochimaru die Kinder durchnummeriert und dieser hier hielt nun 43 für seinen Namen.

„Ah, es freut mich dich kennen zu lernen.“ Noch nie zuvor war Minato so wenig nach Lächeln zumute gewesen, aber er versuchte es dennoch. Es herrschte einen Moment lang Stille, da er überlegen musste, wie er fortfahren sollte. „Hast du nicht Lust mit mir zu kommen?“

Der Kleine guckte ihn fragend an. „Wohin?“

„Nach draußen.“ Er wollte einfach so schnell wie möglich hier raus.

„Wo ist draußen?“

„Ähm...das...es ist nicht hier.“ Ihm fiel beim besten Willen keine Erklärung ein, aber offenbar hatte er die Neugier des Jungen geweckt und ihm die Angst vor dem Fremden ein wenig genommen.

„Und was ist da?“

„Da ist...naja, es...es ist heller und wärmer als hier. Es ist sehr schön.“

„Hmm...“ Der Kleine wirkte nachdenklich. „Ich weiß nicht.“

„Warum?“ Minato war fast sprachlos. Eigentlich hatte er nicht angenommen, dass irgendjemand davon überzeugt werden müsste, diesen entsetzlichen Ort zu verlassen. Aber dann fiel ihm ein, dass dieser Ort alles war, was das Kind kannte. Dies war bisher seine ganze Welt gewesen.

Der Junge blickte derweil in die Richtung der leblosen Körper weiter vorne im Raum. „Ich weiß nicht, ob ich einfach gehen und sie alleine lassen kann.“

Der Jounin versuchte ein ruhiges Äußeres zu bewahren. Wusste der Junge, dass die anderen tot waren? Wusste er überhaupt, was das bedeutete? „Sie....sie können leider nicht mitkommen....“

„Ich weiß. Sie sind tot.“

Entsetzt sah Minato zu dem Kind. So emotionslos, wie es dies gerade gesagt hatte, musste heißen, dass es nicht wusste, was dies bedeutete. „Und weißt du auch, was das heißt?“

„Sie machen nichts mehr. Sie sind nicht mehr zu gebrauchen.“

Minato schluckte, während der Junge ihn mit seinen großen Augen ansah. Es war offensichtlich, von wem dieser Satz eigentlich gekommen war. „Dann werden sie nichts dagegen haben, dass du gehst.“

Der Kleine wirkte erneut nachdenklich. „Wenn es mir draußen nicht gefällt, kann ich dann wieder hierhin zurück?“

Minato zwang sich zu einem Lächeln. „Aber klar.“

„Gut, dann komme ich mit.“

Erleichtert atmete der Ältere tief aus. „Okay, ich trage dich, in Ordnung?“ Er hatte kurz überlegt, sein Raum-Zeit-Jutsu anzuwenden, aber er wollte es nicht riskieren, den Kleinen dadurch zu erschrecken. Also hob er ihn hoch und der Kleine krallte sich instinktiv an seiner Jounin-Weste fest.

Langsam schritt Minato aus dem Raum hinaus und durch den Gang, als plötzlich zwei Anbu auftauchten. „Wo hast du so lange...“ Die Kunoichi hielt inne, als sie sah, was der Andere auf dem Arm trug. „Ist das...?“ Sie blickte verwirrt auf den Jungen, der sich beim plötzlichen Auftauchen der anderen noch fester an Minato gekrallt hatte.

„Habt ihr sonst niemanden mehr gefunden?“

„Nein“, antwortete der andere Anbu. „Wir haben sie durchgezählt. Mit ihm sind es 60. Das müssen die verschwundenen Kinder sein.“

„Geht und sagt Tsunade Bescheid. Ich werde ihn zu ihr bringen.“

„Und wenn es eine Falle ist?“

„Geht und sagt Tsunade Bescheid.“, wiederholte Minato mit wachsender Ungeduld. Die beiden Anbu sahen sich an und machten sich dann auf den Weg. Der Griff des Jungen löste sich wieder leicht, nachdem sie weg waren.

„Keine Angst. Die tun dir nichts.“ Der Jounin ging langsam weiter und nach einiger Zeit näherten sie sich dem Ausgang. Als das Tageslicht auf den Jungen traf, begann er zu schreien. Geistesgegenwärtig hielt Minato ihm eine Hand auf seine Augen. „Schließ deine Augen.“

„Das tut weh!“

„Ich weiß, tut mir leid, wir sind gleich da, dann wird es besser.“

„Nein, ich will zurück!“ Das Kind auf seinem Arm zappelte.

„Wir sind fast da.“ Minato mochte es sich selbst nicht eingestehen, aber im Moment war er der Verzweiflung und den Tränen nahe.

„Ich will zurück! Das tut weh! Hier gefällt es mir nicht!“

Mit schnellen Schritten, und begleitet von den schmerzerfüllten Schreien des Jungen, begab Minato sich zum Krankenhaus.

Where you invest your love, you invest your life

(Awake my soul)
 

Minato war überglücklich, dass Tsunade da war. Beim Anblick des kleinen, zappelnden und schreienden Jungen auf Minatos Armen hatte sie in Sekundenschnelle Anweisungen in alle Richtungen verteilt, sodass jetzt nur noch er, das Kind und Tsunade alleine in einem abgedunkelten Zimmer des Krankenhauses standen.

„Siehst du? Es wird schon besser. Alles in Ordnung.“, versuchte er weiterhin den Jungen zu beruhigen. Dieser klammerte sich nun wieder ruhiger an dem Jonin fest und sah misstrauisch zu Tsunade hinüber.

„Okay, setz ihn auf das Bett.“, sagte die Sannin, die noch zu verarbeiten versuchte, was die beiden Anbu ihr vor wenigen Minuten alles berichtet hatten. Jetzt musste sie sich auf die vor ihr liegende Arbeit konzentrieren. Minato nickte, ging zu dem Bett hinüber und versuchte, den Jungen dort abzusetzen. Dies gelang aber nicht, da dieser sich an seine Weste gekrallt hatte.

„Du kannst ruhig loslassen, es ist alles in Ordnung, dir wird nichts passieren.“

Nach einigen Minuten ließ das Kind zögerlich von Minato ab und saß nun endlich auf dem Bett. Das einzige Licht im Raum kam momentan von einer Nachttischlampe und Tsunade trat näher, um sich den Kleinen genauer anzusehen. Minato setzte sich derweil neben ihn und blickte fragend zu der Kunoichi, als diese die Stirn runzelte.

„Was ist?“

„Ich weiß nicht.....sein Gesicht....weißt du irgendetwas genaueres darüber, was mit den Kindern geschehen ist?“

„Nein. Die Anbu kümmerten sich um die dort gefundenen Dokumente. Ich bin mir aber sicher, dass sie sie noch vorbeibringen werden.“

Der Junge war währenddessen damit beschäftigt sich zu wundern, wo er hier gelandet war. Er zupfte zaghaft am Bettlaken und versuchte, sich ein bisschen umzusehen. Immerhin war dieses schreckliche Licht von vorhin weg, aber dafür blickte ihn jetzt diese seltsame Person da komisch an.

Als Tsunade Chakra in ihre Hände leitete, und diese daraufhin von einem grünen Schimmer umgeben waren, zuckte er erschrocken zusammen und versuchte wegzurutschen. Jedoch hielt Minato ihn sanft fest und flüsterte „Keine Angst“. Tsunade heilte einige kleinere Verletzungen und Kratzer und der Kleine kniff währenddessen die Augen zusammen. Sie beendete die Untersuchung mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Alarmiert blickte Minato besorgt zu ihr. „Was...was hat er?“

„Nichts. Nur ein leichtes Fieber.“

Der Jonin war irritiert. „Das ist doch gut, oder? Ich meine, dass ihm sonst nichts fehlt?“

„Ich weiß es nicht.“

Stillschweigend sah Minato zu ihr, dann zu dem Jungen, der erstaunt seinen von Kratzern befreiten Arm betrachtete, und schließlich wieder zu Tsunade. „Du meinst...was auch immer mit den anderen Kindern passiert ist, könnte auch mit ihm geschehen?“

Tsunade seufzte so tief, dass selbst der kleine Patient, obwohl er nicht ganz verstand, über was die anderen sprachen, zu ihr blickte. „Ich weiß es nicht. Aber ich fürchte schon.“

Minato antwortete nichts, sondern strich dem Jungen nur vorsichtig durch die Haare, was diesen kurz erneut zusammenzucken ließ. Ein weiterer, jedoch wesentlich leiserer Seufzer kam von Tsunade. „Und wie geht es dir? Du bist weiß wie eine Wand.“

Der Jonin zuckte mit den Schultern. „Mir geht es gut.“
 

„Ich kann nicht fassen, dass Jiraiya-sensei alleine hinter dem Bastard her ist.“

„Ja, so ein Idiot! Keiner weiß, wo sie sein könnten.“

Außer den beiden Stimmen hörte er noch das Rascheln von Papier. Er musste eingeschlafen sein. Er blinzelte. Dann war das doch kein Traum gewesen, es war wirklich jemand gekommen und hatte ihn mitgenommen.

„Oh hey, du bist ja wieder wach.“ Minato trat neben ihn und lächelte. Der Junge blickte einmal zu ihm, dann auf die Bettdecke, mit der er zugedeckt war und letztlich zu der Infusion, die an seinem rechten Arm hing.

„Das ist nichts Schlimmes,“ begann Minato zu erklären, „Das ist...ähm, Tsunade, wie hieß das doch gleich?“

„Kochsalzlösung.“, grummelte Tsunade hinter den Dokumenten, in die sie vertief war.

„Ah ja, genau. Auf jeden Fall ist das was Gutes.“

Der Kleine sah wieder zu ihm. Er wunderte sich gar nicht so sehr über die Infusion an sich, so etwas kannte er, sondern mehr über alles andere. Wieso sah hier so vieles so anders aus, als er es kannte? Er wusste noch nicht annähernd , was er hiervon halten sollte.

Tsunade, die auf dem Nachbarbett saß, legte ein Papier weg, das sie bis gerade gelesen hatte, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, stand auf, ging zu dem Jungen und betrachtete ihn.

„Sind Sie aus den Aufzeichnungen schlau geworden?“

Die Sannin blickte weiter stumm auf das Kind.

„Tsunade?“ In Minatos Stimme war Besorgnis zu hören.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich hoffe, ich habe da irgendwas gewaltig falsch verstanden.“

Darauf sah Minato sie nur fragend an.

„Ich muss noch ein paar Tests machen.“ Mit diesen Worten stürmte sie aus dem Zimmer.
 

„Was wird jetzt mit ihm geschehen?“ Kushina blickte zu Minato. Er hatte ihr alles erzählt, ob er das durfte, wusste er selbst nicht, aber er wusste, dass er ihr vertrauen konnte.

„Keine Ahnung.“

„Hat man denn seine Eltern informiert?“

„Nein, wir kennen seinen richtigen Namen nicht und jetzt dürfte es sogar seinen Eltern schwer fallen ihren Sohn wiederzuerkennen. Es ist so viel Zeit vergangen und dann noch diese...DNS-Sache.“

„Aber man muss es doch wenigstens versuchen! Stell dir doch nur vor, wie glücklich die Eltern wären, wenn sie nach so langer Zeit...“

„Kushina, es geht nicht.“ Er schüttelte den Kopf, worauf sie trotzig wurde.

„Sagt wer?“

„Nach einem Beschluss soll er erst einmal unter Anbu-Bewachung bleiben.“

Kushina schnaubte. „Das lässt du einfach so zu?! Wir reden hier von einem Kind, nicht von einem Verbrecher!“

Niedergeschlagen zuckte Minato mit den Schultern. „Ich kann im Moment nichts tun. Ich bin damit auch nicht einverstanden, das musst du mir glauben. Aber mein Wort hat zu wenig Gewicht, die Ältesten haben mich ja noch nicht einmal ausreden lassen.“

Kushina drehte sich weg und sah aus dem Fenster. „Er sollte wenigstens einen richtigen Namen bekommen.“

Minato nickte. „Ja, das sollte er.“

Die rothaarige Kunoichi ließ ihren Blick einen Moment stillschweigend über den Horizont wandern. „Tenzou.“
 

Minato ging, nachdem er und sein Team von einer längeren Mission heimgekehrt waren, auf direktem Weg ins Krankenhaus. Tenzou war immer noch dort, weil noch keine Einigkeit darüber herrschte, was mit ihm geschehen sollte. Die Ältesten und Danzou beharrten auf ihrer Meinung, dass dem Kleinen nicht zu trauen sei und blieben bei der Anbu-Überwachung. Minato konnte die drei absolut nicht leiden.

Tenzou hatte sich überraschend schnell an seinen neuen Namen gewöhnt, wohl aber auch, weil er noch keinen rechten Unterschied zwischen einem tatsächlichen Namen und einer einfachen Zahl zu verstehen schien. Relativ schnell war er auch für das Lesen und Schreiben lernen zu begeistern gewesen und machte, trotz seinen noch geringen Alters, zügig Fortschritte. Das einzige, was langsamer vonstatten gegangen war, war die Gewöhnung an das Tageslicht gewesen, welches ihm zu Beginn unheimlich vorgekommen war. Als er sich jedoch daran zu gewöhnen begann, und die Rollläden an den Fenstern immer weiter hochgezogen werden konnten, fand er schnell eine neue Lieblingsbeschäftigung. Zumindest nachdem der erste Schock vorüber gegangen war, dass die Welt außerhalb seines Zimmers schon wieder so anders aussah, als alles, was er gekannt hatte. Nun konnte man ihn aber jeden Tag dabei beobachten, wie er, auf einem Stuhl stehend, das Geschehen draußen auf der Straße betrachtete.

So auch, als Minato an diesem Tag hereinkam. Der Jonin musste lächeln. Die Straße hier war für Konohas Verhältnisse noch vergleichsweise ruhig, was würde er dann erst zu dem Trubel im Zentrum sagen?

Tenzou wandte sich Minato zu, als dieser durch die Tür gekommen war. „Hallo.“

„Hallo,“ Minato lächelte ihn an. „Alles in Ordnung bei dir?“

„Ja,“ er kletterte vom Stuhl.

„Heute schon etwas Aufregendes gesehen?“

„Mmhhm.“ Der Junge nickte und durchwühlte einen Stapel Bücher, den man ihm zur Verfügung gestellt hatte. Schließlich zog er ein bebildertes Tierlexikon heraus, blätterte kurz darin und zeigte Minato dann eine Seite. „So etwas hier.“ Er zeigte auf das Bild eines Wolfes. „Und dabei war eine Frau. Und der Wolf hatte eine Augenklappe. Und die Frau hatte lange Haare. Sie sah ein bisschen unheimlich aus. Und...“

Minato lachte. „Bei deiner Beobachtungsgabe können wir dich ja bald als Wachposten einsetzen, was?“

„Ja?“ Tenzou sah den Jonin mit großen Augen und ganz ernst an.

„Das war ein Witz.“ Der Ältere kratzte sich am Hinterkopf, während der Junge kurz grübelte.

„Ah, ach so, verstehe.“ Tat er offensichtlich nicht wirklich, aber während Minato ihn so betrachtete, konnte er kaum glauben, dass dasselbe Kind war, was er vor Monaten aus Orochimarus unterirdischem Versteck gebracht hatte.

„Weißt du, ich habe vor meiner Abreise mit dem Hokage geredet und er hat gesagt, wenn du möchtest, können wir mal nach draußen gehen.“

Tenzou blickte den Anderen fast schon entsetzt an. „Dahin?“ Er zeigte auf das Fenster.

Minato nickte lächelnd. „Ja.“

„Wann?“

„Wenn du willst sofort.“

„Dann gehen wir.“

Der Jonin nahm den Jungen an der Hand und ging mit ihm bis zur Zimmertür. „Nicht erschrecken, okay?“ Tenzou nickte und Minato öffnete die Tür, durch welche er daraufhin mit ihm im Schlepptau den Flur betrat. Tenzou hatte schon oft die Geräusche von hier gehört, aber was hier tatsächlich war, sah er zum ersten Mal. Mit großen, staunenden Augen sah er sich alles an. Die vielen Menschen, die ihn anscheinend gar nicht beachteten, die riesige Größe, die dieses Haus hatte und der scheinbar unendliche Platz, den man dadurch hatte.

Er blinzelte ein paar Mal, als sie durch die Eingangstür nach draußen gingen. „Hier ist es wärmer.“, stellte er fasziniert fest.

„Das liegt an der Sonne.“ Minato zeigte zum Himmel.

„Aha, verstehe.“

Der Ältere ließ die Hand des Kleinen los. „Du kannst dich hier ruhig ein bisschen umsehen.“

Tenzou nickte abermals und sah unschlüssig umher. Er blieb noch eine Weile neben Minato stehen, ehe er sich schließlich ein paar kleine und vorsichtige Schritte von ihm wegbewegte. Er betrachtete nun den Rasen, der sich vor dem Krankenhaus befand. Dann kniete er sich auf den gepflasterten Weg, um sich das Grün näher ansehen zu können. Vorsichtig tippte er mit ein paar Fingern auf die Grashalme und ging in dieser Beschäftigung so auf, dass er nicht merkte, dass sich jemand zu Minato gesellte.

„Ist er das?“

Der Jonin blickte kurz zu dem Mann, dann wieder auf den Jungen. „Ja, das ist er, Sensei.“

„Tsunade sagte, bis jetzt sähe es ganz gut für ihn aus.“

„Das stimmt. Er scheint sich auch schnell an uns und die andere Umgebung gewöhnt zu haben.“

„Und selbst wenn. Das wird nichts davon gutmachen, was ihm angetan wurde.“ Jiraiya klang verbittert.

„Das mag sein, aber er lebt und das ist das Wichtigste.“

„Ich kann nicht glauben, dass das alles passiert ist.“

Minato sah erneut zu seinem Lehrer, den er noch nie so pessimistisch und deprimiert erlebt hatte. „Ich weiß, aber irgendwie wird sich alles fügen. Glauben Sie mir, Sensei.“

Die beiden blickten wieder zu dem kleinen Jungen, der mittlerweile im Gras lag und mit großem Erstaunen einen Marienkäfer dabei beobachtete, wie dieser über einen Halm krabbelte.

If only I had an enemy bigger than my apathy I could have won

(I gave you all)
 

„Au…auaaa.”

Tenzou musste innerlich grinsen. Natürlich nicht, weil sein Sempai gerade vor Schmerzen jammerte, sondern weil er einfach mal froh war, dass er selbst heil von einer Mission nach Hause gekommen war. Seit der Sache im Schneereich vor einiger Zeit war er um einiges vorsichtiger geworden und er versuchte sich nicht mehr allzu viele Gedanken darüber zu machen, was der Ältere von ihm dachte. Bei den letzten Missionen war alles relativ problemlos abgelaufen, bis Kakashi beim letzten Attentat darauf bestanden hatte, allein zur Zielperson vorzudringen, da diese stark bewacht war und Tenzou ihm lieber die Wachen außerhalb des Gebäudes vom Leib halten sollte. Die Zielperson war tatsächlich schwer bewacht gewesen, Kakashis nun recht übel zugerichteter linker Arm konnte ein Lied davon singen.

„Aah, kannst du nicht etwas sanfter sein, Tsunade?“, fragte Kakashi, als die Sannin zum wiederholten Male unbarmherzig den Verband um die Wunde wickelte.

„Ich könnte schon.“

Tenzou verzog mitleidend das Gesicht, als er beobachtete wie Tsunade seinen Vorgesetzen mit ihrer charmanten Art versorgte. Er mochte Tsunade eigentlich recht gern, aber manchmal konnte sie auch etwas grob sein. Manchmal auch etwas sehr grob.

„Du hast Glück, dass ich überhaupt da bin, Kakashi. Eigentlich wollten meine Schülerin und ich längst wieder aufgebrochen sein.“

„Ja, ah....ich kann mein Glück kaum fassen.“

„Werde nicht frech. Und versuch mal eine zeitlang an einem Stück zu bleiben, ich mach mich gleich auf den Weg.“ Tsunade funkelte Kakashi noch einmal böse an, ehe sie den Raum verließ.

Tenzou fragte sich, ob er auch Mitleid mit der Schülerin Tsunades haben sollte. „Ich hege den leichten Verdacht, dass Sie Tsunade mal verärgert haben, Sempai.“

Der Andere setzte dazu an mit den Schultern zu zucken, hielt jedoch inmitten der Bewegung inne, als sein schmerzender Arm sich meldete. „Sie mag es nicht, dass wir uns immer am gleichen Ort wiedertreffen.“

Tenzou runzelte kurz nachdenklich die Stirn, ließ für einen Moment seinen Blick durch das Krankenhauszimmer schweifen und nickte schließlich. „Ach so, verstehe.“

Kakashi setzte sich auf den Rand des Bettes und machte Anstalten aufstehen zu wollen, was der Jüngere irritiert mit ansah. „Äh, Sempai? Sind Sie sicher, dass Sie schon wieder aufstehen können?“

„Ja.“

„Sie haben aber ziemlich viel Blut verloren....“

"Könntest du nachsehen, ob Tsunade noch in der Nähe ist? Ich will mir nicht noch einmal einen Vortrag anhören.“

Tenzou seufzte. „Bei Gelegenheit müssen Sie mir das mal genauer erklären. Sie ermahnen mich zur Vorsicht und schmeißen sich selbst alleine in eine Horde Gegner.“

Kakashi schenkte ihm als Antwort nur sein typisches Lächeln, was Tenzou erneut seufzen ließ.

Plötzlich öffnete sich die Tür und ein großer, weißhaariger Mann trat ein. „Hey Kakashi, Tsunade sagte mir, wo ich dich finden kann. Was für eine Überraschung, dass du hier bist.“ Jiraiya schloss die Tür wieder und bemerkte nun Tenzou. „Oh, wer ist denn der Kleine?“

„Tenzou, Jiraiya. Jiraiya, Tenzou.“

Der Sannin sah erstaunt den Jungen an. „Ach, du bist das...ja, stimmt, jetzt sehe ich es auch.“

Der braunhaarige Anbu unterdrückte das Bedürfnis mit den Augen zu rollen. Es war zweifellos eine Ehre Jiraiya zu treffen, aber er hätte wenigstens die Worte „der Kleine“ und den Nachfolgesatz weglassen können. Dass man irgendetwas an ihm sah, oder besser irgendwen, hatte man ihm schon oft genug gesagt.

„Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Jiraiya.“

Der Angesprochene stutzte kurz. „Hehe, du erinnerst dich sicher nicht mehr, aber indirekt haben wir uns schon mal gesehen. Nun, Kleiner, du bist seitdem ganz schön groß geworden.“

Tenzou versuchte zu lächeln. Wenn er so groß geworden war, wieso nannte er ihn dann „Kleiner“?

„Ja, er ist mächtig gewachsen, was Kleiner?“ Zu Tenzous eigenem Unglauben wuschelte Kakashi ihm mit seiner nicht verletzten Hand durch die Haare. Er war fast erwachsen und trotzdem kam er sich nun vor wie ein kleiner Genin.

„Woher kennt ihr euch überhaupt?“, fragte Jiraiya nach einiger Zeit.

„Hmm? Er ist mein Kohai.“, antwortete Kakashi und wuschelte dem Jüngeren erneut durch die Haare.

„Ja, Ihr Kohai, nicht einer Ihrer Hunde.“, grummelte er und fügte lauter hinzu: „Sempai, hängen Sie eigentlich an Ihrem noch gesunden Arm?“

Der Sannin lachte. „Du hast deinen Untergebenen aber nicht sonderlich gut unter Kontrolle, Kakashi.“

„Ach, sonst ist er eigentlich ganz brav.“ Der silberhaarige Anbu lächelte Tenzou abermals an.

„Wenn Sie jetzt meinen Kopf tätscheln, hole ich Tsunade.“

Jiraiya lachte erneut. „Ihr zwei scheint euch gut zu verstehen. Das ist schön zu sehen.“

Während Kakashi sein Lächeln nun in Richtung des Sannin schickte, stimmte Tenzou innerlich freudig Jiraiyas Worten zu. Ja, sie schienen sich wirklich gut zu verstehen.

Now let me at the truth which will refresh my broken mind

(The cave)
 

"Wird heute irgendetwas gefeiert?”

„Hmm?“ Kakashi sah von seinem Buch auf.

„Dort. Die Stände, die Dekorationen, sieht nach einem Fest aus, finden Sie nicht?“ Tenzou zeigte von dem Dach, auf dem sie standen, Richtung Dorfzentrum.

„Scheint so.“ Sein Vorgesetzter widmete sich wieder seine Buch, während Tenzou amüsiert den Kopf schüttelte. „Sie wissen nicht zufällig, was gefeiert wird, oder Sempai?“

„Keine Ahnung.“ Kakashi blätterte eine Seite um. „Interessierst du dich dafür?“

„Naja, nein, ich bin nur neugierig. Ist das erste Mal, dass ich das sehe, deswegen.“

„Das erste Mal, dass du das hier und jetzt siehst oder das erste Mal, dass du so etwas überhaupt siehst?“ Kakashi blickte weiter in seine Lektüre.

„Hmm? Nein, gesehen habe ich so etwas schon öfter.“

´Man beachte die Wortwahl,´dachte der Andere und blätterte erneut um. „Aber auf einem Fest gewesen bist du noch nicht?“

„Nein.“

„Warum nicht?“ Kakashi wusste worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde und er seufzte schon innerlich, weil er dazu eigentlich überhaupt keine Lust hatte.

„Solche Veranstaltungen sind nicht in meinem Bewegungsradius inbegriffen.“ Der Jüngere knirschte mit den Zähnen. „Ich müsste um Erlaubnis fragen und selbst dann bräuchte ich eine Aufsichtsperson.“

Kakashi starrte noch etwas auf die aufgeschlagene Seite, ohne auch nur ein Wort zu lesen. ´Keine Lust ist kein Argumenten´ schallten ihm die Worte seines Senseis durch den Kopf. Dieser hatte ihn einfach über den Festplatz geschoben, während Rin ihn hinter sich hergezogen hatte. Neben ihnen war Obito mit missmutiger Miene hergelaufen. Es war so offensichtlich gewesen, dass er mit Rin hatte allein sein wollen.

Sie konnten nicht mehr, Tenzou durfte nicht und nur er wollte nicht.

„Ich gehe mit dir hin, wenn du willst.“

„Huh?“

„Um das mit der Erlaubnis werde ich mich schon kümmern.“

„O-okay?“ Tenzou blickte verwirrt zu seinem Sempai. Er hatte doch gar keinen direkten Wunsch dorthin zu gehen geäußert, wie hatte der Andere diesen dann trotzdem heraushören können? Und wie wollte er so schnell die Genehmigung bekommen?

„Ich hol dich dann ab.“ Kakashi sah noch einmal lächelnd von seinem Buch hoch, ehe er verschwand. Etwas überrumpelt blieb der junge Anbu noch einen Moment auf dem Dach stehen. Um wie viel Uhr wollte Kakashi ihn überhaupt abholen? Er seufzte.
 

Stunden später hatte Tenzou seine Anbu-Uniform in die Wäsche geworfen, sich gewaschen und die Jonin-Uniform übergestreift. Er saß auf seinem Bett und blätterte in einem Buch, als es an der Tür klopfte.

„Fertig?“

Tenzou unterdrückte es „schon seit Stunden“ zu antworten, denn schließlich tat sein Sempai ihm einen Gefallen. „Ja. Geht das auch wirklich in Ordnung?“

„Aber klar doch.“ Kakashi lächelte sein übliches Lächeln und Tenzou blieb nichts anderes übrig als das Beste zu hoffen, als sie sich auf den Weg machten.

„Kakashi??!“ Genma, Asuma und Kurenai starrten Kakashi an als sei er ein sehr exotisches Tier. „Was machst du denn hier?“ Asuma war vor Erstaunen fast seine Zigarette aus dem Mund gefallen.

„Hier wohnen. Und das schon ziemlich lange.“

Asuma stöhnte. „Nein, ich meinte nicht hier in Konoha, sondern hier auf dem Fest.“

Kakashi zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, ich schau mal vorbei.“

„Und der Kleine, den du im Schlepptau hast, das ist...?“

„Tenzou,“ meldete der Betroffene sich zu Wort.

„Oh, der Kleine sieht aber niedlich aus,“ sagte Kurenai freudestrahlend und zu Tenzous Missfallen. Warum machte er sich doch gleich immer wieder die Mühe sich überall vorzustellen?

„Hey, wenn Kakashi schon mal hier ist, könnte er uns doch zur Feier des Tages zum Essen einladen?“ Genma schenkte dem silberhaarigen Anbu ein breites Grinsen.

„Ausnahmsweise mal eine gute Idee von dir, Genma,“ stimmte Kurenai zu.

„Danke...hey, ausnahmsweise?!“

Tenzou lächelte. Kakashis Freude schienen auf jeden Fall eine gute Gesellschaft abzugeben. Und er erkannte Genma als den Senbonkauenden Scherzkeks wieder, dem er vor seinem ersten Treffen mit Kakashi begegnet war.

„Na schön, wenn es sein muss.“ Zur Überraschung aller erklärte Kakashi sich einverstanden. „Ist jeder mit Ramen zufrieden?“

Erstaunt und verwundert nickten die drei Anderen. Genma winkte einen Jungen heran, der an einem Tisch weiter weg saß. „Hey Hayate, komm mal her. Kakashi gibt uns was aus, sei so gut und hilf tragen.“

Tenzou musterte den Jungen kurz, der nun angelaufen kam. Er schätze ihn etwa gleich alt ein, wobei Hayate jedoch ein wenig kleiner - aber trotzdem nicht ´Kleiner´ genannt wurde - und weitaus ungesunder aussah als er selbst. Der andere Junge hatte eine fahle Hautfarbe und leichte Augenringe. „Genma, hast du nicht gesagt, Kakashi sei viel zu geizig, um...“ Genma hielt dem Jüngeren schnell eine Hand vor den Mund.

Kakashi lächelte ihn an. „Da ich heute gut gelaunt bin, werde ich vielleicht nicht in dein Essen spucken, Genma.“

Der Sonderjonin winkte ab. „Würdest du eh nicht tun, dafür müsstest du die Maske abnehmen und wir beide wissen, dass du das nicht tun würdest.“

Kakashi lächelte weiter. „Aber ich kann meinen Kohai darum bitten.“

Genma schickte einen leicht flehenden Blick zu Tenzou, der etwas überfordert war. Scherzten die beiden oder war das ihr Ernst? Derweil schob sein Sempai ihn und Hayate in Richtung des Ramenstandes. „Meinten Sie das Ernst, Sempai?“

„Traust du mir das etwa zu?“

Tenzou schluckte. „N-nein?“

„Klang mal wieder sehr überzeugend. Hätte eh keinen Sinn gehabt, Hayate ist schließlich dabei.“ Dieser übernahm zu Tenzous Verwunderung gerade die Bestellung und drehte sich dann zu Kakashi. „Sie müssten aber wenigstens zahlen.“

„Hmm? Oh ja, natürlich...Tenzou, ich dachte mir, wo ich doch extra mit dir hier hergekommen bin, würdest du...?“

Der junge Anbu fühlte wie sein Kiefer nach unten klappte. „Bitte??“

„Versteh mich nicht falsch, ich möchte natürlich nicht unverschämt sein.“ Kakashi schaute ihn ganz ernst an. „Aber weißt du, hätte ein Anderer hierhin gehen wollen, hätte ich wahrscheinlich abgelehnt. Du bist ein beeindruckender Mensch, Tenzou, und deswegen gehe ich gerne mit dir hierhin.“

Tenzou wusste nicht genau, was passiert war, aber in seinem Portmonee fehlte nach der kurzen Ansprache seines Sempais ein nicht ganz unerheblicher Betrag.
 

Es war erst kurz nach dem Essen - Kakashi hatte scheinbar in der Sekunde gegessen, in der niemand zu ihm gesehen hatte – als aus dem Nichts ein grüngekleiderter Mann mit merkwürdiger Frisur auftauchte und Kakashi anschrie, dass er mit ihm um die Wette Goldfische fangen sollte. „Sempai, kennen Sie den Mann?“, fragte Tenzou seinen Vorgesetzten, der noch während die anderen beim Essen gewesen waren, sein Lieblingsbuch ausgepackt hatte.

„ICH BIN SEIN EWIGER RIVALE!“, antworte der Fremde für ihn.

Tenzou hob eine Augenbraue und blickte fragend zu Kakashi.

„Das ist Gai.“

“Warum nennt er sich Ihren ewigen Rivalen?“

„Weißt du, Tenzou, jeder Mensch braucht eine Lebensaufgabe. Und Gais ist es, mir auf den Nerv zu gehen.“

Der junge Anbu blickte weiter verwirrt zu seinem Sempai, als Asuma das Wort ergriff: „Komm schon, Kakashi, bring es hinter dich, dann haben wir den Rest des Abends Ruhe.“

Seufzend warf der silberhaarige Jonin Asuma einen vielsagenden Blick zu, ehe er seine Lektüre in seiner Tasche verschwinden ließ und sich erhob.

„Ähm, Sempai, was ist mit....?“

„Hmm? Ach so, ja, Leute, habt mal bitte kurz ein Auge auf den Kleinen.“ Mit diesen Worten machten er und Gai, der noch irgendetwas über die Kraft der Jugend quer über den ganzen Platz schrie, sich auf den Weg und ließen einen verdutzten Tenzou zurück, welcher nun alleine Asuma, Genma und Kurenai gegenüber saß.

„Nun mal ehrlich, wie gefällt es dir in Kakashis Einheit?“ Asumas plötzliche Frage überrumpelte Tenzou, der erst einmal aufgeschreckt zu seinen drei Gegenübern sah, die gespannt zu ihm blickten. „Gut?“

„Du kommst mit Kakashi klar?“, schaltete Genma sich ein.

„J-ja?“ Was sollte diese plötzliche Befragung?

„Dir kommt es nicht so vor, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat?“

„Bitte?“

“Genma!“ Kurenai stieß den Sonderjonin mit ihrem Ellebogen in die Rippen und funkelte ihn böse an. „Ein bisschen weniger direkt, wenn es geht.“

„Ihr habt doch gesagt, wir können nur so herausfinden, wie es Kakashi geht und wir haben wahrscheinlich nicht all zu viel Zeit, also was soll das Drumrumgerede?“, verteidigte sich dieser.

„Ich...ich verstehe nicht ganz?“ Tenzou erinnerte die Anderen daran, dass er auch noch da war.

„Naja, die Sache ist die, Kleiner.“ Asuma ließ seine Zigarette in den anderen Mundwinkel wandern. „Seit keiner mehr von uns bei den Anbu ist, wissen wir nicht was Kakashi so macht und in der Vergangenheit hat er uns hier und da schon mal Grund zur Sorge gegeben...“

Tenzou sah Asuma erstaunt an. Er hatte nun ja schon längst festgestellt, dass sein Sempai ein wenig....nun ja, durchgeknallt war, aber ein Grund zur Sorge? Außer Kakashis Sturheit und seinen seltsamen Alleingängen, wenn er eine Situation als zu gefährlich befand, war da doch nichts, oder? Oder war es genau das, was seine Freunde meinten? Tenzou wünschte sich, dass er etwas mehr über ihn wüsste.

„Verdammt, er kommt schon wieder zurück,“ zischte Kurenai, als Kakashi wieder angeschlendert kam.

„Und wer hat gewonnen?“, fragte Asuma.

„In erster Linie der Inhaber des Standes, bei den überteuerten Preisen für ein Spiel und in diesem Sinne hat Gai gleich doppelt verloren, weil er bezahlt hat...worüber habt ihr geredet?“ Kakashi war es nicht entgangen, dass sein Kohai etwas durcheinander und grübelnd aussah.

„Ähm....über.... Hey Kleiner, ist dir schon mal aufgefallen, dass deine Augen aussehen, wie die einer Katz...eee! Aua!“ Genma schrie, als Asuma und Kurenai ihm von beiden Seiten einen Ellebogen in seine Rippen rammten. Tenzou war zwar mehr als verwundert über diese illustere Truppe, aber er genoss den Abend auf dem Fest und war Kakashi sehr dankbar dafür, dass er ihn mitgenommen hatte.
 

Sondergeschichte: Wie Kakashi an die Erlaubnis kam
 

Kakashi hatte sich nach dem Gespräch auf dem Dach direkt ins Büro des Hokage teleportiert. „Ich werde heute Abend Tenzou mit auf das Fest im Dorf nehmen und wenn die Welt danach nicht untergegangen sein sollte, sollten Sie vielleicht mal seine Ausgangssperre überdenken.“

„Was? Kakashi, warte...“ Genau so schnell, wie der Anbu aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden.

„Dieser Kakashi...“ Der Hokage seufzte kurz. Wenn Homura und Koharu davon Wind bekämen, könnte er sich wieder etwas anhören.

And now my heart stumbles on things I don´t know

(Awake my soul)
 

“Wir treffen uns morgen um 14 Uhr vor dem Hokage-Turm.”

´14 Uhr, alles klar, dann müsste er sich gegen 15 Uhr auf den Weg machen, ´dachte Tenzou. „Was steht denn an?“

„Wir bekommen neue Team-Mitglieder.“ Kakashi schien fast froh darüber zu sein, während Tenzou innerlich grummelte. Wozu brauchten sie neue Teammitglieder? Sie kamen doch zu zweit perfekt klar, neue Leute in der Einheit konnten nur Ärger bedeuten. „Und wissen Sie, wer es ist?“

„Natürlich.“

„Und sind Sie sicher, dass sie für unser Team geeignet sind?“

Kakashi hob eine Augenbraue. „Ja, da bin ich sehr zuversichtlich...Tenzou, was soll die Fragerei?“

„Öh...ähm...ich bin nur neugierig.“

„Aha...naja, so viel kann ich dir verraten: Die beiden sind neu bei den Anbu. Den Rest wirst du morgen erfahren.“ Mit einem Lächeln verabschiedete Kakashi sich.
 

Als Tenzou am nächsten Tag gegen halb vier vor dem Hokage-Turm ankam, sah er schon zwei Personen davor warten. Eine kam ihm direkt bekannt vor. „Hayate, richtig?“

Der andere Junge nickte und hustete kurz, worauf Tenzou ihn leicht verwundert ansah. Er hatte letztens schon etwas kränklich ausgesehen und jetzt tat er dies immer noch. Und der sollte nun ein Anbu werden? Neben Hayate stand ein junges Mädchen mit langen, violetten Haaren. „Hallo, ich bin Yugao.“ Lächelnd streckte sie ihm ihre Hand hin.

„Tenzou.“ Er erwiderte ihren Handschlag und betrachtete sie dabei näher. Sie war unglaublich hübsch.

„Hab ich irgendwas im Gesicht?“, fragte Yugao, als Tenzou sie nach einiger Zeit immer noch betrachtete.

„Äh, ja, nein! Ich meine....nein.“ Neben sich hörte er eine Mischung aus Husten und unterdrücktem Lachen.

Tenzou lief leicht rot an und versuchte schnell das Thema zu wechseln. „Wartet ihr schon lange?“

„Geht so. Hayate wurde von Genma schon gewarnt, dass man bei Kakashi-sempai etwas Wartezeit miteinplanen muss.“

´Wie unfair,´ sagte Tenzou sich innerlich. Ihn hatte niemand im Voraus gewarnt.

Nach 20 weiteren Minuten tauchte Kakashi endlich auf. „Hallo, entschuldigt die Verspätung.“ Er dachte kurz nach. „Ich musste ein Kind von einem Baum retten.“

Die drei Kohai warfen ihm einen skeptischen Blick zu.

„Und, Tenzou? Findest du die beiden immer noch ungeeignet, nachdem du dich mit ihnen unterhalten hast?“ Kakashi lächelte, während Tenzou ihn entsetzt ansah und Hayate und Yugaos Blicke auf sich spürte. „Das...das hab ich so nie gesagt!“ Leicht verzweifelt wandte er sich an die beiden. „Wirklich, ich würde so etwas nicht sagen!“ Er hatte sich zwar nicht mit dem Gedanken an neue Teammitglieder anfreunden wollen, aber jetzt, wo er Yugao und Hayate kennen gelernt hatte und die beiden ganz nett schienen, störte ihn der Gedanke nicht mehr.

„Ist schon gut, Genma hatte auch etwas von einem merkwürdigen Humor gesagt.“ Hayate zuckte mit den Schultern, worauf Tenzou erleichtert ausatmete und Yugao damit zum Lachen brachte. „Das ist aber süß, wie du dich gleich aufregst.“

„J-ja?“ Tenzou lief erneut rot an. Das war das erste Mal seit der Akademie, dass er mit einem gleichaltrigen Mädchen zu tun hatte und offensichtlich überforderte dies ihn ein wenig.

´Na toll.´ Kakashi stöhnte innerlich. ´ Eine Bande von Teenagern als Anbu-Einheit.´ „Tenzou, wenn du damit fertig bist Yugao anzuschmachten, könnten wir dann über die morgige Mission reden?“

You haven´t met me, I am the only son

(Dust bowl dance)
 

Tenzou ärgerte sich darüber, dass er nicht wieder einschlafen konnte. Ihm war es fast schon peinlich, dass ein einziger Albtraum ihn so aus der Fassung bringen konnte. Und dabei war er, nach dem langen Weg, den sie heute zurückgelegt hatten, ziemlich müde gewesen und hatte sich auf eine Mütze voll Schlaf gefreut. Das Team war unterwegs zu einer Mission und für diese Nacht in ein Gästehaus eingekehrt. Yugao und Hayate teilten sich das Zimmer nebenan, er teilte sich eins mit Kakashi, der bereits eingeschlafen war. Mit einem leisen Seufzer sah Tenzou auf die Uhr. Wenn er nicht bald einschlafen würde, würde es sich gar nicht mehr lohnen zu schlafen. Frustriert schlug er die Bettdecke weg, stand auf und schlich leise ins Bad, wo er sich erst einmal eine Ladung Wasser ins Gesicht verpasste. Das Mondlicht, welches durch die Fenster schien, erhellte den Raum und Tenzou betrachtete sich im Spiegel.

„Was ist los?“

Der Anbu zuckte zusammen. Im Türrahmen stand Kakashi.

„Hab ich Sie etwa geweckt, Sempai?“

„Nein, ich habe noch nicht geschlafen.“

Tenzou blickte ihn irritiert an. Hatte es eben nicht so ausgesehen, dass Kakashi bereits schlief?

„Also, was ist los?“

„Nichts.“

“Nichts. Und deswegen starrst du minutenlang in den Spiegel?“

Minutenlang? Hatte er wirklich so lange...? Tenzou schüttelte den Kopf, ging an Kakashi vorbei zurück zu seinem Bett und wiederholte, während er sich setzte: „Nichts.“

Der Ältere gab ein kurzes Stöhnen von sich. „Hör zu. Wenn du krank bist oder sonst etwas hast, dann sag es mir jetzt und nicht, wenn wir unsere Mission ausführen müssen, verstanden?“ Er kehrte ebenfalls zu seinem Bett zurück und setzte sich seinem Kohai gegenüber.

„Nein, ich fühle mich nicht krank. Ich....es ist...vergessen Sie es, es ist albern.“

“Was ist albern?“

Tenzou wandte seinen Blick in Richtung des Bodens. „Manchmal mache ich mir einfach zu viele Gedanken über....nun ja, über...also...“

„Sag es einfach.“

„Hin und wieder denke ich einfach zu viel über...mich nach. Manchmal, wenn ich in den Spiegel sehe, frage ich mich, wen ich dort sehe. Es klingt total blöd, ich weiß, aber ich, ich will ihm nicht ähnlich sehen. Ich will nicht aussehen, wie er. Ich möchte nicht, dass die Leute mich ansehen und dabei ihn sehen, ich will, dass sie mich sehen. Auch wenn ich so gesehen gar nicht genau weiß, wer ich bin. Ich frage mich oft, ob ich meinen Eltern ähnlich sehe, aber das werde ich wahrscheinlich nie herausfinden. Diese Gene, die ich habe, aber nie wollte und die nicht mir gehören...über so etwas Fremdes zu verfügen ist manchmal einfach nur eine Last. Manche sehen mich an, als ob es meine Schuld wäre, dass ich sie habe. Ich habe doch niemandem etwas gestohlen, ich habe nie um diese Fähigkeiten gebeten. Einige sagen, ich sollte es als eine Art Gabe betrachten, aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie wissen, was das für mich bedeutet. Sehr oft frage ich mich, wieso ich? Wieso bin ich der Einzige, der überlebt hat? Wieso mussten alle anderen sterben und wieso bin ausgerechnet ich derjenige, der noch hier ist? Es gibt Zeiten, da fühle ich mich schuldig deswegen. Vielleicht hätte einer der anderen es mehr verdient gehabt zu leben. Oder ich frage mich, ob ich nun für die anderen mitleben soll? Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht.“ Unsicher blickte Tenzou wieder hoch, um zu sehen, ob Kakashi ihm zugehört hatte. Vielleicht hätte er ihm das alles nicht erzählen sollen. Was mochte er nun über ihn denken?

Kakashi sah ihn nach wie vor stillschweigend an. Dann durchbrach er die Stille. „Ich verstehe.“

Irgendetwas daran wie Kakashi dieses gesagt hatte und wie er ihn dabei angeblickt hatte, gab Tenzou das Gefühl, dass er dies wirklich tat.

Your boldness stands alone among the wreck

(Little lion man)
 

„Sempai...“ Tenzou stöhnte aufgrund der Sturheit seines Vorgesetzten. Es war mitten in der Nacht, und sie kamen gerade alle erschöpft von einer Mission wieder, auf der Kakashi eine Verletzung am Bein davon getragen hatte, so dass er sich auf Tenzou stützen musste.

„Tenzou hat Recht,“ sagte Hayate. „Sie sollten das untersuchen lassen.“ Und er hustete einmal, worauf Tenzou sich fragte, ob das Ironie war, dass gerade Hayate immer so viel darüber predigte, wie wichtig es wäre, auf seine Gesundheit zu achten. Vielleicht sprach Hayate aber auch gerade so oft davon, weil er offensichtlich nicht ganz gesund war? Er fand es zu unhöflich, Hayate selbst zu fragen, was dieser eigentlich hatte.

„Es ist doch gar nichts Schlimmes. Ich renne nicht gleich wegen jedem Kratzer ins Krankenhaus,“ erklärte Kakashi sich zum wiederholten Mal an diesem langen Tag.

„Erstens: Rennen können Sie im Moment eh nicht und zweitens, wenn es nur ein Kratzer ist, frage ich mich, warum ich Sie die ganze Zeit herumtrage.“

Als Antwort erhielt Tenzou nur ein verlegenes Lachen.

„Sie sollten sich wenigstens zu Hause auskurieren, Sempai. Dem Hokage Bericht erstatten, kann doch auch einer von uns übernehmen,“ mischte Yugao sich ein.

„In Ordnung, das klingt nach einer guten Idee,“ lenkte Kakashi endlich ein.

„Gut. Tenzou, kannst du ihn dann nach Hause bringen? Hayate und ich gehen zum Hokage.“

„Natürlich,“ antwortete Tenzou noch, ehe die beiden anderen verschwanden. Er selbst wandte sich wieder an seinen Sempai: „Ach, auf Yugao hören Sie sofort?“

„Klar, sie ist ja auch ein hübsches Mädchen.“

Tenzou stöhnte erneut, rollte mit den Augen und setzte sich mit seinem Teamführer in Bewegung. In Konoha war es aufgrund der späten Stunde mehr als ruhig, außer ein paar Wachen war weit und breit niemand zu sehen.

„Sie wollen nicht ins Krankenhaus, weil Sie Angst haben, Tsunade könnte dort sein, oder?“, durchbrach der Jüngere schließlich die Stille und konnte es sich dabei nicht verkneifen, amüsiert zu klingen.

„....Nein.“

Tenzou lachte leise. „Ist schon gut, Sempai. Ich verrate auch niemandem, dass Sie sich vor Tsunade fürchten.“

Kakashi seufzte gequält. „Das ist ja mehr als gütig von dir.“

Den Rest des Weges setzten sie wieder schweigend fort, ehe Tenzou, kurz bevor sie Kakashis Wohnung erreichten, feststellte, dass der andere nicht mehr sonderlich gegen seine Erschöpfung ankämpfte und langsam in einen Schlafzustand abdriftete.

„Sempai, hey, könnten Sie bitte noch ein bisschen wach bleiben?“

“Hmm?,“ nuschelte der Ältere. „Schlüssel in Tasche..:“

Na toll, dachte sich Tenzou, als sie vor Kakashis Wohnung standen. Schön, dass Yugao und Hayate ihm das hier überlassen hatten. Mit einem Arm versuchte er nun seinen weggetretenen Vorgesetzten zu halten, während die andere Hand nach einem Schlüssel suchte. Wo würde jemand wie Kakashi etwas Wertvolles wie einen Haustürschlüssel aufbewahren? Auf gut Glück griff Tenzou in die Tasche, von der er wusste, dass sich dort das IchaIcha Buch befand. Und tatsächlich, er förderte einen Schlüssel zutage. Froh, nach den Anstrengungen der Mission nicht noch einen Holzschlüssel herbeizaubern zu müssen, öffnete er die Tür und schleifte Kakashi- natürlich so behutsam wie möglich- ins Innere der Wohnung. Er legte ihn auf das Bett und atmete aus. Was sollte er jetzt machen? Er konnte den Anderen nicht einfach so in seinen verdreckten und blutverschmierten Anbu-Sachen da liegen lassen. Und nach der Verletzung sollte besser auch noch mal jemand sehen...

Seufzend stellte Tenzou fest, dass er der einzige war, der den Job im Moment übernehmen konnte. Er atmete einmal tief durch und beugte sich herunter, um Kakashi die Anbu-Weste abzunehmen. Mit größter Behutsamkeit ging er ans Werk und gedachte immer dem Sprichwort, dass man nie einen schlafenden Anbu wecken sollte. Nachdem er mit dem ersten Teil fertig war, beschloss Tenzou lieber mal nach der Wunde zu sehen. Er war sich uneins darüber, ob es eher als gut oder schlecht zu betrachten war, dass Kakashi dermaßen weggetreten war. Daher widmete er sich als nächstes der Hose des Anderen. Vor Ort hatte Hayate sich um die Versorgung gekümmert und so weit Tenzou es beurteilen konnte, hatte dieser sein Bestmögliches getan, auch wenn er über keine medizinischen Jutsu verfügte. Als er nun auf den „Kratzer“ blickte, der sich vom Knie bis fast hin zum Knöchel erstreckte, überlegte der junge Anbu, ob es nicht doch klüger wäre, Kakashi ins Krankenhaus zu bringen. Die Gelegenheit schien günstig, aber er war nicht versessen darauf, sich dessen Unmut zuzuziehen. Die Blutung schien komplett gestoppt zu haben, so dass er –vorerst- dabei bleiben wollte, Kakashis Wunsch nachzukommen. Er legte ihm einen neuen Verband an und zog ihm eine frische Hose an. Diese war nicht sonderlich schwer zu finden gewesen, wenn man bedachte, dass man die Möbelstücke im Raum praktisch an einer Hand abzählen konnte.

Jetzt kam der schwierigste Teil. Was sollte er mit Kakashis Oberteil machen? Es ihm abzunehmen, bedeutete ihm die Maske abzunehmen und das war eigentlich undenkbar, aber...wenn er schon mal dabei war. Natürlich war er neugierig, wie Kakashi unter seiner Maske aussah. Tenzou war nicht stolz auf seine Neugier. Noch unhöflicher als Hayate nach seiner Krankheit zu fragen, war nur Kakashi danach zu fragen, was er unter der Maske versteckte. Denn eins war ihm auf jeden Fall klar: Kakashi trug sie bestimmt nicht ohne Grund. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, beneidete er den Anderen beinah schon um das Stück Stoff. Warum war er nie auf die Idee gekommen, so etwas zu tragen? Wie viele unnötige Bemerkungen über sein Äußeres und eventuelle Ähnlichkeiten zu jemandem wären ihm erspart geblieben? Natürlich wären die Augen immer noch ein Problem gewesen.... Tenzou seufzte und schüttelte den Kopf über seine eigenen Gedanken. „Idiot,“ sagte er zu sich selbst. „Glaubst du, das hätte irgendetwas geändert?“

Er beschloss ohne weiteres Zögern einfach Kakashis Hemd zu wechseln. Vielleicht war das zu schaffen, ohne hinzusehen? Und wenn der Ältere etwas zu verstecken hatte, so würde Tenzou es für sich behalten. Der Jüngere schnappte sich ein neues Hemd aus Kakashis Schrank, legte es neben sich, hob den Oberkörper des Anderen vorsichtig an, zog ihm das alte Shirt aus und...was war das denn jetzt? Irritiert blickte Tenzou auf das entblößte Gesicht seines Vorgesetzten. Er hatte sonst etwas erwartet, aber nicht das. Kakashis Gesicht war, wenn man von der bekannten, langen Narbe in der linken Gesichtshälfte absah, makellos. Da war nichts, was die Maske rechtfertigte. Tenzou war auf das Äußerste verwirrt. Wozu trug er sie dann? Und kam ihm das nur so vor oder sah Kakashi ohne sie nun um Jahre jünger aus?

„Hey.“

Oh. Oh.

Entsetzt blickte der Jüngere auf das müde Auge, welches ihn ansah. Vor Schreck hätte er Kakashi beinahe fallen gelassen.

„Äh, ich...“

„Kalt.“

Geistesgegenwärtig nickte Tenzou und beeilte sich, Kakashi, mit wenig Hilfe von ihm selbst, das Hemd anzuziehen. Wortlos und mit leicht gerötetem Gesicht legte er ihn wieder hin und zog mit einem verlegenen Räuspern die Decke ein wenig über Kakashi.

„Entschuldigung, ich-ich wollte nicht...,“ stammelte Tenzou, als er wieder neben Kakashis Bett stand.

„Schon gut....danke.“

Der Jüngere brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass ihm gerade für die Umziehaktion gedankt worden war. „A-ach, das war...gern geschehen.“

Kakashi lachte leise. „Du behältst für dich, was du gesehen hast und...du fragst niemals, warum ich sie trage, verstanden?“

„O-okay,“ antwortete Tenzou leicht überrumpelt. Das wäre nämlich seine nächste Frage gewesen.

Aus dem Augenwinkel erlangte etwas Tenzous Aufmerksamkeit. Es fiel ihm erst jetzt auf und er war sich ziemlich sicher, dass dieser Gegenstand bei seinem letzten Besuch noch nicht dort gestanden hatte. Neben Kakashis IchaIcha-Sammlung stand nun ein Foto.

Tenzou identifizierte den jungen, blonden Mann in der Mitte des Bildes sofort als den späteren vierten Hokage. Er wusste, dass dieser einst Kakashis Lehrer gewesen war. Vor ihm standen drei Kinder, junge Ninja. Ein Junge musste ohne Zweifel Kakashi sein, die silbergrauen Haare verrieten es. Allerdings waren die Augen seines Sempais in jungen Jahren anders als heute. Er meinte nicht einmal das Fehlen des Sharingans im linken Auge, sondern der Blick im Allgemeinen. Tenzou dachte nicht weiter darüber nach, denn er fragte sich, wer die beiden anderen waren. Er konnte sich nicht erinnern, je jemanden gesehen zu haben, der ihnen ähnlich sah.

Kakashi hatte die Blicke seines Kohais abwartend verfolgt. „Mein Genin-Team. Oder so ähnlich. Ich war damals bereits Chunin.“

Ertappt wanderte Tenzous Aufmerksamkeit zurück zu seinem Teamführer. „Wer sind denn die anderen beiden?“ Wenn Kakashi das Thema von sich aus ansprach, sollte er diese Gelegenheit nicht verpassen.

Einige Sekunden blickte der Ältere wortlos ins Leere. „Das Mädchen hieß Rin.“

Hieß. Vergangenheit. Tenzou begann es doch zu bereuen, gefragt zu haben. Entgegen seiner Erwartung sprach Kakashi weiter: „Und der Junge...das war...mein bester Freund. Sein Name war Obito Uchiha.“

Tenzous Augen weiteten sich, als er anfing zu verstehen. Durch eine einzelne Information setzten sich gerade so viele Teile des großen Kakashi-Puzzles, welches er lösen wollte, zusammen. Kakashi war der letzte Verbliebene aus seinem Genin-Team und sein Sharingan-

„Sie haben...es also von ihm?“

„Er hat es mir geschenkt. Zusammen mit einigen wertvollen Erkenntnissen.“

Tenzou nickte zum Verständnis. So sehr er auch mehr erfahren wollte, ihm war klar, dass er darauf warten musste, bis Kakashi ihm es von sich aus erzählte. Dass er ihm das alles gerade schon anvertraut hatte, bedeutete ihm viel. Sich so etwas erzählen zu können, war schließlich ein Zeichen für gegenseitiges Vertrauen, oder? Auch wenn er selbst immer noch weniger über Kakashi wusste, als dieser über ihn, war er dankbar für diesen Moment, der – und das dachte er aus Erfahrung mit einer gewissen Vorsicht- ihn ein wenig glücklich machte.

Kakashi schien kurz über etwas nachzudenken, ehe er die aufgekommene Stille durchbrach. „Hey, Tenzou, könntest du zur allgemeinen Entspannung etwas aus meinem Buch vorlesen?“ Hatte er eben noch bedrückt geklungen, schlug er nun wieder fröhlichere Töne an. Tenzou bezweifelte, dass er wirklich so schnell seine tatsächliche Stimmung wechseln konnte. Aber wenn er die Ablenkung brauchte... „Soll ich Ihnen wirklich vorlesen?“

„Ja, ich schaffe es im Moment kaum, ein Buch zu halten, also wenn du an der markierten Seite...“

Lächelnd und den Kopf schüttelnd holte der Jüngere den Roman aus der Tasche, schlug die markierte Seite auf und begann vorzulesen: „´Ja´, sagte sie und setzte sich auf....Ah! Sempai! Das werde ich ganz bestimmt nicht vorlesen!“, empört schlug er die anstößige Lektüre wieder zu, während Kakashi leise lachte.

„Das war mal wieder reine Schikane, oder Sempai?“ Leicht beleidigt sah Tenzou zum Fenster hinaus, durch das die ersten Sonnenstrahlen fielen. Ob Tsunade auch Hausbesuche machte? Tenzou lächelte still vor sich hin.

You know me

(Sigh no more)
 

Es war bereits tiefste Nacht, als Tenzou sich auf seine Schlafmatte fallen ließ und erst einmal ausgiebig gähnte. Als er den anderen davon erzählt hatte, dass er sich ein Jutsu beigebracht hatte, mit dem man in Windeseile ein ganzes Haus entstehen lassen konnte, hatte er nicht geahnt, dass sie ihn nun bei jeder Pause, die sie nachts einlegen würden, mit einem bittenden Blick betrachten würden. Nach einigen Malen hatte er sich beschwert, ob seine Teamkameraden überhaupt seine Arbeit zu schätzen wussten. Hayate hatte sich daraufhin bei ihm bedankt (er hatte Hayate schon immer gemocht), Kakashi hatte, ohne von seinem Buch hoch zugucken, „sieht gut aus“ gesagt (er hatte sich daran gewöhnt, sich damit zufrieden zu geben) und Yugao hatte ihm einen Kuss auf die Wange gegeben, was zur Folge hatte, dass er von da an jedes Mal freiwillig und ohne darum gebeten werden zu müssen eine Unterkunft für die Nacht erstellte. Natürlich wusste er, dass er sich in Sachen Yugao keine Hoffnungen zu machen brauchte. Vor einigen Tagen hatte er sie und Hayate bei einem Kuss erwischt. Tenzou war so gar nicht überrascht, dass sein Grad an Verbitterung darüber sich in Grenzen hielt. Er hatte nie erwartet, dass Yugao sich näher für ihn interessieren könnte. Soviel Realismus musste sein: Jedes Mädchen würde wohl eher einen Anderen nehmen als den genmanipulierten Jungen, dessen Biografie den Namen „Orochimaru“ enthielt. Seine Erwartungen gering zu halten, hatte ihm bis jetzt immer äußerst gut als Lebensphilosophie gedient. Manchmal nagten jedoch einige Zweifel an seiner antrainierten Denkweise und so kam er nicht drum herum, sich doch ein kleines bisschen verbittert zu fühlen, wenn er sich sagte, dass er sich einfach mit solchen Dingen abfinden musste.

„Ich werde Yugao und Hayate noch mal Bescheid geben, wann wir morgen wieder aufbrechen wollen,“ riss Kakashi ihn aus seinen Gedanken.

Tenzou sah sofort aufgeschreckt zu seinem Vorgesetzten, der gerade aufgestanden war. Er war sich nicht ganz sicher, wie Kakashi reagieren würde, wenn er die beiden bei...irgendetwas erwischen würde. Unter Anbu waren solche Beziehungen, soweit er es bisher mitbekommen hatte, noch weniger gern gesehen, als unter normalen Shinobi.

„Sempai, ich denke, Hayate und Yugao haben bereits beide bei der ersten Erklärung des Plans für morgen genau zugehört. Es besteht also keine Notwendigkeit, es ihnen noch einmal zu sagen.“

Kakashi hob eine Augenbraue. „Denkst du also, hm?“

Tenzou nickte. „Nachher glauben die beiden noch, Sie hielten sie für inkompetent, weil Sie ihnen alles zweimal erklären.“

Kakashi kratzte sich am Kinn. „Ja, da könntest du Recht haben. Gut, dann lasse ich es bleiben.“ Er setzte sich wieder hin und zückte seinen IchaIcha-Roman.

´Puh,´ dachte Tenzou. `Gerade noch mal gut gegangen.´

„Ach, Tenzou,“ sagte Kakashi, während er eine Seite umblätterte. „Respekt, schon viel besser als früher.“

„Hmm?“, erwiderte der Jüngere und sah mit großen Augen zu seinem Gegenüber.

„Das war wirklich schon fast glaubhaft gelogen.“

Er hatte ihn also doch durchschaut.

„Auch wenn ich es, sagen wir, nett von dir finde, dass du die beiden deckst, mich wundert es schon. Ich dachte, du seist...interessiert an Yugao.“

Tenzou blinzelte. „Woher...woher wissen Sie das mit Hayate und Yugao? Und wie kommen Sie darauf, dass ich...?“

„Beides äußerst offensichtlich.“

Der Jüngere legte seine Stirn in Falten. „Wirklich? Wie?“

„Menschenkenntnis,“ antwortete Kakashi knapp und blickte zu seinem Kohai. „Das wirst du auch noch lernen.“

„Das wage ich zu bezweifeln,“ murmelte Tenzou und schickte einen kleinen Seufzer hinterher. „Dafür müsste man öfter unter Menschen sein, oder?“

Der Ältere widmete seinen Blick wieder seiner Lektüre. „Ein bisschen mehr Optimismus könnte dir nicht schaden.“

„Ich weiß nicht, ob ich einen Grund dafür haben soll.“

Kakashi blätterte erneut um. „Dir ist schon klar, dass das noch nicht sehr optimistisch war, oder? Versuch es mal. Vielleicht zahlt es sich ja irgendwann aus.“

Tenzou sah ihn fragend an. „Wie meinen Sie das denn jetzt? Wissen Sie irgendwas, was ich nicht weiß?“

Aber Kakashi lächelte nur kurz und las wortlos sein Buch weiter. Seit seinem letzten Gespräch mit dem Hokage war er zwar zuversichtlich, was Tenzou betraf, wollte ihm jedoch keine falschen Hoffnungen machen. Der dritte Hokage hatte ihm gesagt, er habe Fortschritte bei den Verhandlungen mit den Ältesten gemacht. Sie schienen sich endlich bereit zu erklären, Tenzou ein paar mehr Freiheiten einräumen zu wollen. Sicher handelte es sich dabei nur um kleine Fortschritte, aber sie waren ein Anfang. Und Kakashi war sich sicher, dass Tenzou jede Chance richtig nutzen würde.

The sky above us shoots to kill

(Thistle and weeds)
 

"Schon wieder eine Attentatsmission?“ Yugao verzog das Gesicht. „Gibt es eigentlich nichts anderes mehr?“

Hayate zuckte mit den Schultern. „Ich fände etwas Abwechslung auch mal ganz nett.“

Irgendwo in seinem Inneren gab Tenzou den beiden recht. Es waren in letzter Zeit wirklich viele Attentatsaufträge gekommen, die sie erledigen mussten. Und so langsam wurde es selbst ihm zu viel.

„Wenn euch die Missionen nicht gefallen, seid ihr bei den Anbu an der falschen Adresse,“ entgegnete Kakashi leicht gereizt.

Tenzou blickte zu seinem Vorgesetzten. Seit einigen Wochen – genauer gesagt seit der Sache mit Itachi – war Kakashi hin und wieder äußerst offensichtlich gereizt. Er wusste zwar, dass Kakashi schon mehrmals in einem Team mit Itachi gearbeitet hatte, aber er hatte nicht gedacht, dass der Verrat des Uchiha-Jungen seinen Anführer so treffen würde. Vielleicht, dachte Tenzou, lag der Grund darin, dass Kakashi nun der Einzige in Konoha war, der über ein vorhandenes Sharingan verfügte. Ihm selbst war es nur all zu bewusst, wie einsam besondere Fähigkeiten machen konnten, die man zudem eigentlich auch gar nicht besitzen sollte. Vielleicht hatte Kakashi daher eine besondere Verbindung zum Uchiha-Clan empfunden und der Verlust des beinahe ganzen Clans traf ihn deshalb so. Auch ein wichtiger Punkt war es bestimmt, dass Kakashi einfach über jeden Konoha-Ninja enttäuscht war, den er etwas kannte und der dann – warum auch immer- auf die Idee kam seine Familie umzubringen. Tenzou hatte sich seine Theorien so zurecht gelegt, sich bisher jedoch nicht getraut seinen Sempai darauf anzusprechen. Kakashi wollte scheinbar nicht darüber reden. Oder doch?

Seit der mysteriösen Sache mit Itachi stand Konoha nun zusätzlich vor dem Problem, einen erneuten Rückgang der Kampfkraft hinnehmen zu müssen. Es war bei weitem nicht so verheerend wie nach dem Angriff des Fuchsungeheuers vor beinahe acht Jahren, aber unter den Uchiha waren unzählige Jonin gewesen und eine beachtliche Anzahl an Anbu. Nicht zu vergessen, dass Konoha nun mehr oder weniger ohne Polizei dastand. Wie in aller Welt hatte Itachi das nur hinbekommen?

Tenzou seufzte innerlich. Er konnte nicht leugnen, dass diese Geschichte eine gewisse Ironie besaß. Niemand hatte je Itachi ´Kleiner´ genannt, obwohl dieser wirklich um einiges jünger und tatsächlich kleiner als der Großteil der anderen Anbu gewesen war. Itachi war respektiert worden. Ihm war sogar eine eigene Anbu-Einheit anvertraut worden. Niemand hatte auch je – und das empfand Tenzou als viel gravierender- Itachi unter Beobachtung gestellt. Ihm selbst trauten die Ältesten und auch einige Shinobi keine zwei Zentimeter über den Weg, Itachi hatte sich sicherlich nie mit solchen Vertrauensfragen auseinandersetzen müssen.

„Tenzou, schläfst du?“ Kakashis Ton verriet, dass er immer noch keine bessere Laune hatte.

„Hmm? Oh, Entschuldigung.“

Kakashi wandte seinen Blick wieder von ihm ab. „Also, noch weitere Beschwerden über die morgige Mission?“

Yugao wirkte leicht peinlich berührt. „Nein, tut mir leid, Sempai.“

Hayate hustete nur und nickte zustimmend.

„Gut, dann könnt ihr jetzt gehen.“

Die beiden zögerten keine Sekunde dieser Aufforderung nach zu kommen und waren im Nu verschwunden. Tenzou blieb und fragte sich, ob er etwas sagen sollte, das Kakashis Laune eventuell noch weiter verschlechtern konnte.

„Sempai?“

“Ja?“ Mit leicht müdem Blick drehte er sich zum letzten verbliebenden Teammitglied im Raum.

„Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber....“ Tenzou räusperte sich kurz. „Sie sind in letzter Zeit unausstehlich.“

Diese Aussage hatte scheinbar selbst Kakashi überrumpelt. Wortlos blickte er weiter zu dem Jüngeren, der nun fortfuhr. „Sie meckern eine ganze Menge herum und gehen ziemlich schnell an die Decke. Keiner traut sich noch wirklich etwas zu sagen und...ich weiß nicht, irgendwie leidet das Teamwork darunter....Finden Sie nicht?“ Einige Schweißperlen hatten sich während seiner kurzen Rede auf Tenzous Stirn gebildet. So wie sein Vorgesetzter in letzter Zeit gelaunt war, würde er ihm nun sicher an die Gurgel gehen.

„Hmm,“ antwortete Kakashi darauf nachdenklich, ehe er plötzlich fast schon entschuldigend lächelte. „Da könntest du wohl Recht haben.“

Tenzou blinzelte. Was war das denn jetzt? Wie konnte jemand so schnell seine Stimmung ändern?

„Scheint so, als würde ich noch immer in alte Muster verfallen,“ sagte Kakashi mehr zu sich als zu seinem Gegenüber und wirkte für einen Augenblick nicht nur nachdenklich, sondern beinahe traurig. „Aber so etwas komplett abzulegen, braucht wohl Zeit.“

“Sempai, wovon reden S-,“ begann der Jüngere, wurde aber unterbrochen.

„Glaub mir, die häufigen Attentate in letzter Zeit gefallen mir auch nicht.“

Tenzou sah ihn irritiert an. Offensichtlich wollte er nicht darüber reden, was er eben gemeint hatte.

„Es ist nur so,“ fuhr Kakashi fort. „Der Hokage sagte, wir seien das beste Team, das er hätte. Das beste Team übernimmt die schwierigsten Aufträge. Wir müssen sie also erledigen, auch wenn die schwierigsten Aufträge die Gefährlichsten sind.“

In einer anderen Situation hätte Tenzou sich bestimmt mehr über das Kompliment des Hokage freuen können. „Das ist in Ordnung, Sempai. Wir haben bis jetzt doch auch alle Missionen erledigen können. Es wird schon gehen.“

Kakashi lächelte ein wenig. „Ich hoffe, du wirst das auch noch sagen, wenn diese Missionen dich irgendwann bis in deine Träume verfolgen werden. Das hoffe ich wirklich.“

Jetzt war es an Tenzou, sprachlos zu sein. Wieso war er scheinbar plötzlich derjenige, der Kakashi Mut zusprechen musste? Sonst war es immer anders herum gewesen.

„Wenn du die Wahl hättest, würdest du bei den Anbu bleiben?“ Kakashi blickte an seinem sichtlich verwirrten Kohai vorbei aus dem Fenster.

„Ich...ich weiß nicht. Ich denke schon.“ Ihm fiel kein Grund ein, warum er dies nicht tun sollte. Er mochte seine Anbu-Maske, er mochte sein Team und vor allem mochte er seinen Anführer. Nur über die Missionen konnte man manchmal vielleicht streiten, aber sonst fiel ihm nichts ein, das dagegen sprach. Das Gespräch begann, ihn zu beunruhigen. „Ist alles in Ordnung, Sempai?“

Kakashi zögerte kurz, blickte eine Weile weiter ins Leere, ehe er seinen Blick wieder Tenzou zuwandte und sein typisches Lächeln lächelte. „Aber ja, alles in Ordnung.“

Tenzou glaubte ihm dies nicht wirklich. „Beschäftigt Sie...die Sache mit Itachi?“

Das Lächeln verschwand wieder aus dem Gesicht des Älteren. „Dass einer von uns sein eigenes Dorf dermaßen hintergeht, indem er so etwas Schreckliches tut, sollte uns alle beschäftigen.“ Daraufhin verließ er den Besprechungsraum und ließ einen irritierten Tenzou zurück. Dieser freute sich zwar ein wenig, dass seine Überlegungen zu den Gründen von Kakashis Laune richtig gewesen waren, denn das hieß, er hatte gelernt, den anderen besser einzuschätzen, aber gleichzeitig war er beunruhigt. Er erinnerte sich an das Gespräch, welches er vor über einem Jahr mit Genma, Asuma und Kurenai geführt hatte. Musste er sich Sorgen um Kakashi machen? Verlor man vielleicht wirklich nach so vielen Jahren bei den Anbu den Verstand? Bei sich selbst konnte er noch keine Anzeichen dafür feststellen. Tenzou schüttelte den Kopf. Das war sicherlich nur eine Phase. Kakashi würde bestimmt wieder werden.

I know what I´ve done, cause I know what I´ve seen

(Dust bowl dance)
 

So lautlos wie nur irgend möglich legte Tenzou den leblosen Körper seines Gegners auf den Boden. Eigentlich hätte die Mission anders verlaufen sollen, eigentlich hätte er sich nicht allein durch die scheinbar endlosen Gänge der Festung kämpfen müssen, die ihr Attentatsziel bewohnte. Eigentlich. Sie hatten ihren ursprünglichen Plan aufgeben müssen, als sie plötzlich – noch bevor sie wirklich an der Festung angelangt waren- in einen Hinterhalt gerieten. Kakashis Unmut darüber, dass sie sich nun aufteilen mussten, war für alle spürbar gewesen. In der Mitte des Gebäudes sollten sie sich alle wieder treffen, aber Tenzou begann, Zweifel an dem gesamten Vorhaben zu bekommen. Wieso schien es so, als ob der Feind darauf vorbereitet gewesen wäre, dass sie auftauchten? Und wieso waren viel mehr Anhänger der Zielperson vor Ort als in ihren Informationen gestanden hatte?

Mit vorsichtigen Schritten setzte Tenzou seinen Weg durch den langen, halbdunklen Gang fort. Es gab nur eine Erklärung, die ihm spontan als Rätselslösung für alles einfiel: In der Informationsbeschaffungseinheit musste irgendjemand sein, der falsch spielte. Großartig, Konoha hatte in letzter Zeit ja viel zu wenige Probleme mit Verrätern gehabt. Tenzou seufzte innerlich. Plötzlich schoss aus einer dunklen Nische eine Hand hervor und berührte Tenzou an der Schulter. Dieser wirbelte schnell herum und zog sein Schwert. Ein „Sshh“, gefolgt von einem unterdrückten Husten ließ ihn innehalten. Er packte seine Waffe wieder weg und atmete erleichtert aus, während Hayate aus seinem Versteck kam.

„Alles klar?“, fragte Tenzou leicht besorgt. Die Frage war mehr eine rhetorische gewesen, denn Hayate presste seine andere Hand auf eine Wunde in seiner Seite.

„Sie ist nicht tief, soweit ich das beurteilen kann,“ antwortete er, erneut gefolgt von einem unterdrückten Husten. „Aber sie stört.“

„Das...kann ich mir vorstellen.“ Tenzou überlegte kurz. „Es wäre am besten, wenn du von hier abhaust. So kannst du uns eh nicht mehr helfen.“

Hayate zögerte einen Moment. „Ich fürchte, du hast Recht....Aber was ist mit Yugao und Kakashi?“

Tenzou nickte. „Die Chancen stehen gut, dass die beiden mittlerweile auch aufeinander getroffen sind. Und ich muss weiter, um sie zu unterstützen. Du kannst durch diesen Gang nach draußen gehen.“ Er zeigte in die Richtung, aus der er gerade gekommen war. „Da sollte dir niemand mehr begegnen. Versuch zu der Höhle zurück zu gelangen, von der aus wir aufgebrochen sind. Wir werden dich so schnell von dort abholen, wie es nur geht.“

Hayate setzte sich langsam in Bewegung. „Viel Glück.“

Tenzou nickte erneut und lief weiter.

Nach einigen Metern hörte er aus geringer Entfernung Kampfgeräusche. Er folgte ihnen und fand schließlich Yugao, die gerade den letzten feindlichen Shinobi im Raum erledigt hatte. Sie sah – von einigen Schramme und Kratzern abgesehen- unverletzt aus. „Wo ist Kakashi?“, fragte Tenzou.

„Er ist vorgegangen, wir sollten schleunigst hinterher. Ein gutes Dutzend Shinobi ist ihm gefolgt.“ Mit diesen Worten sprintete Yugao bereits los und Tenzou ihr hinterher. „Hast du Hayate gesehen?“, erkundigte sich die Kunoichi, als er sie eingeholt hatte.

„Er ist verletzt, aber so wie es aussieht, nicht lebensgefährlich.“

„Ist er in Sicherheit?“ Yugao bemühte sich, die Sorge aus ihrer Stimme zu verbannen, scheiterte jedoch kläglich.

„Ja, ist er.“ Tenzou konnte nur hoffen, dass dem wirklich so war, aber er hielt es für angebrachter, Yugao nicht weiter zu beunruhigen.

Sie hörten erneut Kampfgeräusche. „Da vorn muss es sein,“ sagte sie, ehe sie in dem großen Raum ankamen, in dem ihr Teamführer damit beschäftigt war, eine ganze Horde Widersacher alleine in Schach zu halten.

„Das werden ja immer mehr!“, zischte Yugao, bevor sie sich in den Kampf stürzte.

„Sie sehen leicht mitgenommen aus, Sempai,“ sagte Tenzou, als er neben einem angestrengt atmenden Kakashi auftauchte.

„Hast du eine Ahnung, wo Hayate steckt?“, war dessen einzige Antwort.

´Typisch,´dachte Tenzou. „Er ist verletzt. Ich habe ihn zurückgeschickt.“

„Du hast ihn alleine zurückgeschickt, wenn er verletzt ist?“, fragte der Ältere irritiert, während er einen Gegner mit aller Kraft gegen die nächste Wand beförderte.

„Es war keine allzu schwere Verletzung.“ Tenzou schloss einige Angreifer hinter einer Mokuton-Mauer weg, um Zeit zu gewinnen. „Und er konnte noch laufen. Allerdings hielt ich es für zu gefährlich, ihn mit in den Kampf zu nehmen-“

„Es geht darum, dass du ihn alleine zurückgeschickt hast! Verletzt! In feindlichem Gebiet!“

„Ich bin mir sicher, dass er zurecht kommen wird, schließlich sind die meisten Feinde bei uns, oder?“ Tenzou begann, sich gereizt zu fühlen. Er wusste, dass er das Richtige getan hatte. Wieso konnte Kakashi ihm nicht einfach bei seiner Entscheidung vertrauen?

„Vorsicht!“, schrie Yugao plötzlich. Ein Shinobi war aus dem Nichts hinter Kakashi aufgetaucht und holte mit seinem Schwert aus.

„Aaah!“

Kakashi zuckte zusammen und sah mit weit aufgerissen Augen zu, wie die Klinge des Angreifers sich in Tenzou Brust bohrte.

´Verdammt,´dachte dieser. ´Sie ist mit Chakra geladen. Das ist...übel.´

Das nächste, was er hörte, war der zwitschernde Lärm des Chidori. Kakashi hatte noch Chakra? Eben hatte es ganz und gar nicht mehr danach ausgesehen. Das nächste, was Kakashi sah, war eine tief schwarze Dunkelheit. Er hatte zu viel Chakra verbraucht.
 

„Ich glaube, er kommt zu sich.“

Als Kakashi langsam sein rechtes Auge öffnete, sah er eine stark verschwommene Gestalt, die nur sehr gemächlich klarer wurde.

„Yu-Yugao?“ Dann durchzuckte ihn eine Schmerzenswelle und er kniff sein Auge wieder zu.

„Sempai, Sie sind unmöglich. Anstatt sich über die Sache mit Hayate aufzuregen, hätten Sie lieber mal erwähnen können, dass Sie selbst verletzt sind.“

Diese Stimme...aber...

„Tenzou?“ Kakashi öffnete vor Überraschung beide Augen und blickte ungläubig in das Gesicht seines brünetten Kohais. „Ich hatte gedacht, du seist...“

“Hmm?“ Tenzou sah ihn fragend an. „Oh nein, das war nur halb so wild.“

Was? Kakashi zweifelte an seinem eigenen Verstand. Er hatte es doch selbst gesehen, wie sich das Schwert in den Brustkorb des anderen gerammt hatte.

„Ich hatte auch gedacht, dich hätte es erwischt. Du hast uns einen riesigen Schrecken eingejagt,“ sagte Yugao vorwurfsvoll zu Tenzou.

„Das tut mir leid.“ Er kratzte sich am Hinterkopf.

„Könnte mir bitte jemand sagen, was passiert ist?“, meldete Kakashi sich wieder zu Wort.

„Er hat Holz aus der Wunde wachsen lassen und damit das Schwert herausgedrückt,“ erklärte Yugao.

„Ich hätte das aber nicht so leicht geschafft, wenn Sie sich nicht um die Feinde gekümmert hätten. Danke, Sempai.“

Kakashi blickte noch einen Moment ungläubig Tenzou an, dann schloss er sein linkes Auge wieder und lächelte ein wenig. „Du bist immer für Überraschungen gut.“

Der Jüngere erwiderte das Lächeln, ehe Kakashi fortfuhr. „Was ist mit dem Missionsziel?“

„Yugao hat sich darum gekümmert.“

„Wir haben es aber immer noch nicht überstanden,“ mischte sich von weiter hinten eine Stimme ein. „Die restlichen Leute sind noch hinter uns her.“

Während Hayate wieder einmal hustete, fiel Kakashi auf, wo sie sich befanden. Sie waren in der kleinen Höhle, von der aus sie die Mission gestartet hatten.

„Hayate kann noch halbwegs laufen, aber...“ Yugao schaute kurz zu ihrem Teamführer.

„Schon verstanden, ich bin das Problem.“ Kakashi lehnte müde seinen Kopf zurück. Dank des hohen Chakraverbrauchs konnte er sich wenig bis gar nicht bewegen und aus den vorangegangen Kämpfen hatte er einige Verletzungen davongetragen. Er stelle nun wirklich mehr ein Hindernis als einen Teamführer dar.

„Tenzou?“

“Ja?“ Der Angesprochene blickte zu ihm.

„Kannst du mir einen Gefallen tun?“

Der Jüngere nickte sofort. „Natürlich.“

“Gut...dann bring bitte das Team nach Hause.“

Nun blickten auch Yugao und Hayate auf.

„Was...ich...was?“ Tenzou war verwirrt. Meinte Kakashi etwa...?

„Wir haben nicht viel Zeit und ich würde euch in meinem momentanen Zustand nur aufhalten,“ erklärte Kakashi. „Tenzou, kannst du das Team anführen und nach Hause bringen?“

Tenzou zögerte einen Augenblick. „Und was ist mit meiner Entscheidung von vorhin?“

“Hayate ist noch in einem Stück. Sie war demnach anscheinend nicht ganz falsch.“

Schmunzelnd schüttelte Tenzou leicht den Kopf. Kakashis Art zuzugeben, dass er doch richtig gehandelt hatte, war gleichzeitig interessant und amüsant. „In Ordnung.“

“Was?!“, empörte sich Yugao und auch Hayate sah ihn zweifelnd an. „Hast du nicht verstanden, dass er meint, wir sollten ihn hier zurücklassen?“

„Ich habe so viel verstanden, dass ich jetzt der Teamführer bin. Und ich sage, dass wir gleich aufbrechen werde,“ antwortete Tenzou ernst.

„Du brauchst aber nicht lange von der Beförderung zu den ersten Anzeichen von Überheblichkeit,“ kommentierte Hayate.

„Wir lassen keinen zurück,“ entsetzte sich Yugao von Neuem, wurde aber von Kakashi unterbrochen.

„Keiner von uns hat noch genug Kraft für einen Kampf. Die einzige Chance liegt darin zu fliehen.“ Er wandte sich dem neu ernannten Anführer zu. „Ich vertraue dir. Du kannst sie sicher nach Hause bringen.“

Tenzou atmete kurz durch. „Wir werden uns aufteilen, Hayate und Yugao, ihr werdet den Umweg über den Berg nehmen. Der Feind hat wohl mitbekommen, dass wir geschwächt sind und wird vermuten, dass wir den schnelleren Weg durch den Wald zurück nach Konoha nehmen. Daher werden sie uns eher da suchen.“

„Das heißt, du nimmst den Weg durch den Wald,“ schlussfolgerte Hayate.

„Genau so ist es. Also dann, wir sollten es ausnutzen, dass wir bisher unentdeckt geblieben sind, das ist im Moment nämlich der einzige Vorteil, den wir haben. “ Und er fügte leiser, nur für die neben ihm stehende Yugao hörbar, hinzu: „Wir sehen uns dann alle in Konoha wieder.“

Die Kunoichi blickte ihn kurz fragend and, ehe sie nickte und sich zusammen mit Hayate auf den Weg machte. Kakashi war sich sicher, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, Tenzou das Kommando zu überlassen.

„So, wir sollten dann auch los.“

“Hmm?“ Kakashi stutzte.

„Wir sollten auch los,“ wiederholte der Jüngere. „Auch wenn wir den eigentlich kürzeren Weg haben, ich fürchte, wir werden länger brauchen.“

„Was meinst-“ Der Kopierninja wurde unsanft in seiner Frage unterbrochen, als Tenzou ihn mit einem Ruck auf seinen Rücken lud.

„Entschuldigung, Sempai.“

„Entschuldigst du dich für die etwas grobe Behandlung gerade oder für die Missachtung meiner Anordnung?“

„Ich missachte Ihre Anordnung nicht,“ antwortete er mit einem beinah amüsierten Lächeln auf dem Gesicht. „Sie haben mich zum Teamführer ernannt und gesagt, ich solle das Team nach Hause bringen. Und nichts anderes mache ich.“

Der Ältere seufzte. „Mit Team hatte ich Yugao und Hayate gemeint.“

„Und genau das verstehe ich bei Ihnen nicht. Es ehrt Sie, dass Sie Ihr Team immer beschützen wollen, aber wieso reagieren Sie so trotzig, wenn man versucht Ihnen zu helfen?“

Kakashi antwortete darauf nichts, was bei Tenzou schon die Besorgnis hervorrief, der Andere könnte das Bewusstsein verloren haben. Ein Blick über seine rechte Schulter verriet ihm aber, dass er noch bei Bewusstsein war, mit seinen Gedanken jedoch offensichtlich woanders.

„Gut,“ sagte Tenzou schließlich, ehe er loslief. Nun galt es. erst einmal schnell aus dem feindlichen Gebiet zu verschwinden. Er lief eine Weile durch den sehr dichten Wald, bis er in der Nähe ein paar unbekannte Chakrasignaturen ausmachen konnte. Mit einem Satz sprang er zusammen mit Kakashi ins Unterholz, um dort Deckung zu suchen.

„Hngh-“ Kakashi unterdrückte einen Schmerzensschrei, als Tenzou ihn von seinem Rücken rutschen ließ.

„Tut mir leid, Sempai,“ flüsterte der Jüngere.

„Du müsstest dich nicht entschuldigen und wärst schon viel weiter gekommen, wenn du mich nicht mitgenommen hättest.“

"Beschweren Sie sich jetzt, weil ich mich um meine Teamkameraden kümmere, genau so wie Sie es immer gesagt haben?“

„Nein, aber ich möchte nicht-“

Beide hielten sofort inne, als sie merkten, dass sich eine Gruppe von Leuten näherte.

„Sie müssen hier irgendwo sein! Wenn sie nach Konoha zurück wollen, müssen sie hier durch.“

“Und wenn sie den Weg über den Berg genommen haben?“

Tenzou zuckte innerlich zusammen.

„Unsinn! Kein Ninja, der halbwegs was im Kopf hat, macht mit einem Verletzten im Team so einen Umweg. Das würden die gar nicht mehr schaffen.“

Erleichtert entspannte sich Tenzou wieder. Die Gruppe dort hatte Hayate gar nicht mitgerechnet und wenn sie nun dachten, sie seien insgesamt nur zu dritt gewesen, kämen sie sicher auch nicht auf den Gedanken, dass sie sich aufgeteilt hatten.

„Vielleicht,“ fuhr die erste Stimme fort, „sollten wir doch den Berg überprüfen. Ihr zwei, seht mal nach! Der Rest sucht hier weiter!“ Die Gruppe verschwand wieder.

´Mist,´ dachte Tenzou.

„Keine Sorge,“ keuchte Kakashi neben ihm. Er hatte kurz sein Sharingan angewendet. „Mit zwei Leuten werden Yugao und Hayate noch fertig. Wir haben es noch mit genau acht zu tun.“

„Ich schätze, wir müssen einen größeren Bogen laufen, damit wir ihnen nicht in die Arme rennen,“ sagte Tenzou. „Und Sempai, halten Sie bitte Ihr Auge geschlossen. Sie machen nicht den Eindruck, noch genug Chakra zu haben.“

Kakashis einzige Antwort darauf war ein gequältes Stöhnen. Der Jüngere lud ihn wieder auf und setzte den Weg fort.

„Was möchten Sie eigentlich nicht?“, fragte Tenzou nach einiger Zeit.

„Hmm?“, war Kakashis äußerst schläfrig klingende Reaktion.

„Unser Gespräch von vorhin. Bevor wir unterbrochen wurden, sagten Sie, dass Sie irgendetwas nicht möchten.“

„Ach...so...“ Kakashi machte eine Pause, was Tenzou erneut dazu brachte, besorgt über seine Schulter zu sehen. Es war bestimmt keine sonderlich gute Idee von Kakashi gewesen, sein Sharingan noch einmal einzusetzen, auch wenn sie jetzt die Zahl ihrer Verfolger kannten.

„Ich meinte,“ fuhr der Ältere fort, „dass ich nicht möchte, dass jemand meinetwegen sein Leben aufs Spiel setzt.“

Tenzou schüttelte leicht den Kopf. „Das ist doch Unsinn. Sie machen das ständig für uns und Ihr Leben ist doch nicht weniger wert als eines der Unseren.“

„Dort in der Festung hast du es heute schon einmal getan. Wenn du nicht über die Mokuton-Fähigkeiten verfügen würdest, wärst du jetzt tot.“

Beide schwiegen kurz. „Ich weiß. Aber das erklärt nicht, warum Sie glauben, Ihr Leben sei weniger wert.“

„Weil...weil ich...Erinnerst du dich an den Jungen aus meinem Team, von dem ich dir erzählt hatte? Obito Uchiha?“

Tenzou überlegte kurz, ehe er sich an das Foto erinnerte. „Ja.“

„Ich habe ihn auf dem Gewissen.“

Der Jüngere stutzte.

„Ich wollte für eine Mission mein Team im Stich lassen und am Ende...ist Obito gestorben, weil er mich rettete.“

Sehr langsam ließ Tenzou das gerade Gehörte sinken. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie-“

„Glaube es ruhig. Ich war früher ein Idiot.“

Ein weiteres Mal musste das Gespräch unterbrochen werden und Tenzou ein Versteck finden, als sich erneut eine Gruppe Gegner näherte. Wieder hatten sie Glück und die Gruppe zog weiter, ohne sie entdeckt zu haben. Stillschweigend setzten sie nun ihren Weg fort, bis Kakashi von einem heftigen Hustenanfall heimgesucht wurde. Geistesgegenwärtig ließ Tenzou ihn herunter.

„Sempai, alles in Ord-“ Die Frage beantwortete sich schnell, als durch die Maske des Älteren Blut sickerte. Tenzou zog hörbar die Luft ein. Das war mehr als schlecht.

„Hören Sie mir zu. Mir ist es egal, ob Sie früher ein Idiot waren. Jetzt sind Sie auf jeden Fall keiner mehr und Ihr Leben ist genauso wertvoll wie das eines jeden Anderen aus unserem Team. Es sind nur noch wenige Stunden bis wir in die Nähe Konohas kommen und Sie werden verdammt noch mal bis dahin durchhalten!“

Kakashi hätte gerne noch etwas auf Tenzous Ansprache geantwortet, wenn ihn nicht eine pechschwarze Dunkelheit von Neuem eingeholt hätte.

I’m sorry

(Sigh no more)
 

Manchmal konnte er sein Glück kaum fassen. Gut sicher, er würde nie auf sein ganzes Leben bezogen von Glück sprechen, aber was die letzte Mission anging, war es sicherlich mehr als angebracht. Dass bei einer dermaßen dramatisch gelaufenen Mission alle vier Teammitglieder heil (na ja, oder eher: lebendig) nach Hause kamen, war auf jeden Fall alles andere als selbstverständlich oder der Normalfall. Tenzou hatte das Lob, welches er vom Hokage erhalten hatte, jedoch sofort zurückgewiesen. Er war sich schließlich sicher, nicht wirklich etwas dazu beigetragen zu haben, dass er das Versprechen, alle nach Hause zu bringen, eingehalten hatte. Ab irgendeinem Zeitpunkt hatte er nur noch automatisch gehandelt. Daher wusste er auch nicht mehr wirklich, was durch seinen Kopf ging, als sie auf ein Rettungsteam getroffen waren. Vielmehr war nur Tenzou aktiv auf das Team getroffen, Kakashi hatte sich da schon lange in die Bewusstlosigkeit verabschiedet.

Zuhause in Konoha hatte Hayate Tenzou auf die Schulter geklopft und Yugao hatte ihm gesagt, dass er einen guten Teamführer abgeben würde. Keine Frage, ihm gefiel das Lob, aber schließlich musste er gar nicht darüber nachdenken, ein eigenes Team zu führen, denn er war glücklich (oder erneut: eher froh), in Kakashis Team zu sein. Solange der Hokage daran nichts ändern wollte, wollte es Tenzou ganz sicher nicht. Als er vor etwa vier Jahren Kakashi kennen gelernt hatte, hatte er es für sei typisches, schlechtes Schicksal gehalten, ausgerechnet in dem Team gelandet zu sein, welches von einem Teamführer geleitet wurde, der...na ja war. Nun war sich Tenzou allerdings sicher, dass das Schicksal auch für ihn mal einige glückliche Fügungen bereithielt.

Kakashi hatte eine beträchtliche Zeit im Krankenhaus verbracht und war vor ein paar Tagen entlassen worden. Zu Beginn hatte Kakashi sehr, sehr nachdenklich gewirkt, was Tenzou erneut ein wenig beunruhigt hatte. Aber nach einiger Zeit war er wieder ganz der alte Kakashi, so wie Tenzou ihn kannte und mochte. Inklusive Schlafzimmerblick und anstößiger Lektüre in der Hand.

Tenzou horchte auf, als es an seiner Tür klopfte. Er stand von seinem Schreibtisch auf, an dem er Kakashis längst überfällige Missionsberichte ausgefüllt hatte, und öffnete die Tür.

„Sempai!“ Ein breites, fröhliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Kakashi hob eine Hand. „Hey.“

Tenzou machte Platz, um ihn hereinzulassen. „Wie geht es Ihnen?“

„Hmm? Ja, gut, danke,“ sagte der Ältere, während er eintrat.

Die Tür wieder schließend, wandte Tenzou sich Kakashi zu. „Was gibt es denn? Haben wir eine neue Mission?“

Kakashi atmete hörbar ein und aus. „Nein.“ Es war offensichtlich, dass er über irgendetwas nachdachte.

Dieses ungute, beunruhigende Gefühl kroch wieder in Tenzou hoch. „Was ist denn? Beschäftigt Sie etwas, Sempai?“

Der Angesprochene sah den Jüngeren erst nicht an. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. Plötzlich sah er ihn doch an. „Der Spion, der unsere Mission mit Falschinformationen sabotiert hat und den Gegnern Bericht über uns erstattet hat, wurde gefasst.“

„Das ist doch gut,“ sagte Tenzou. Er hatte eine Ahnung, dass Kakashi nicht gekommen war, um ihm das zu sagen. Offensichtlich hatte er Recht, denn Kakashi wandte seinen Blick wieder ab.

„Ja.“ Erneut holte er hörbar Luft. „Ich muss dir noch etwas sagen.“

Die bedrückende Atmosphäre schien bereits mit den Händen greifbar zu sein.

Tenzou schluckte. Er wusste, dass er es bereuen würde, das Folgende zu fragen: „Was denn?“

Kakashi blickte an ihm vorbei. Dann, auf einmal, sah er den Jüngeren an und lächelte. „Du bist befördert worden. Du darfst jetzt selbst ein Team führen.“

Tenzou hatte ein Gefühl als ob ihm jemand einen sehr kräftigen Schlag gegen die Brust verpasst hätte. Für einen kurzen Moment meinte er, nicht richtig atmen zu können. „W-was? Ich verstehe nicht...?“ Er schüttelte den Kopf und sah seinen Gegenüber fragend an.

„Ich habe eben mit dem Hokage gesprochen. Wir sind beide der Meinung, dass du bereit bist für so eine Aufgabe.“ Er lächelte erneut. „Was ist denn? Freust du dich nicht?“

Der Jüngere blickte ihn ratlos an und schüttelte ein weiteres Mal seinen Kopf. „Nein...nein.“ Fühlte sich so eine Panikattacke an? Ihm wurde entsetzlich heiß und der Raum begann, sich leicht zu drehen.

Kakashi blinzelte kurz. „Wo ist das Problem?“

“Ich möchte kein anderes Team haben! Ich möchte in dem bleiben, in dem ich bin!“ Er hatte eigentlich nicht so laut werden wollen. Nun blickten sich beide schweigend an.

„Entschuldigung, ich wollte nicht...“ Jetzt war es Tenzou, der seinen Blick abwendete. Er richtete ihn aber wieder auf den Anderen, als dieser sich räusperte.

„Verstehe.“

Tenzou fühlte, dass sich Erleichterung in ihm ausbreitete. „Dann, dann bleibt alles so, wie es ist?“

„Naja...“ Kakashi machte eine kurze Pause. „Du bist auf jeden Fall noch in einem Team mit Yugao und Hayate.“

Nun war Tenzou davon überzeugt, dass der Raum sich wirklich drehte.

„Ähm...was,...ich...“ Er setzte an, etwas zu sagen, aber er wusste nicht, was er überhaupt sagen wollte.

„Ich habe heute meinen Dienst bei den Anbu quittiert,“ sagte Kakashi. „Ab sofort bin ich nur noch Jonin.“

„Das...nein, warum sollten Sie so etwas tun? Das ist lächerlich. Sie gehören zu den Anbu.“ Tenzou war eigentlich immer recht stolz darauf gewesen, dass er beinahe immer über jedes Wort, welches er äußerte, zuvor nachgedacht hatte. Kakashi hingegen hatte ihm mehrmals gesagt, nicht ständig über alles zu grübeln. Jetzt hätte Kakashi eigentlich stolz sein müssen, denn Tenzous Gedanken sprudelten ohne vorangehende Prüfung aus ihm heraus.

Der Ältere sah ihn ein wenig überrascht an. „Hör zu. Ich habe mir das lange überlegt und ich glaube, es ist-“

„Nein. Nein. Wenn Sie sich wirklich Gedanken darüber gemacht hätten, wären Sie zu dem Schluss gekommen, dass alles gut ist, so wie es ist.“

„Denkst du wirklich, dass alles gut ist?“

„Ja! Natürlich! Na schön, die letzte Mission wäre fast schief gelaufenen, aber wir sind doch alle noch da. Also können wir auch weitermachen.“

Kakashi seufzte. „Und warum sind wir alle noch am Leben? Weil wir Glück hatten. Ich möchte nicht mehr auf Missionen gehen, bei denen das einzige, was mein Team sicher nach Hause bringt, Glück ist! Ich kann so nicht weitermachen.“

Erneut herrschte kurz Schweigen.

„Aber...aber wir sind doch ein Team. Wir brauchen Sie, Sempai! Ich... Wir sind Freunde, oder etwa nicht? Ich würde Sie niemals im Stich lassen, also lassen Sie mich bitte auch nicht im Stich.“

Er hätte niemals daran denken dürfen, auch mal Glück zu haben, dachte er, während er vollkommen aufgelöst vor seinem Vorgesetzten stand und diesen anflehte, ihn nicht zu verlassen.

Kakashi schloss kurz sein Auge, ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Ich habe während der letzten Mission für einige Momente gedacht, dass ich dich verloren hätte und dabei ist mir etwas klar geworden: Es wird das gleiche passieren, was immer passiert. Früher oder später wirst du dein Leben lassen, weil du glaubst, meins beschützen zu müssen. Aber ich werde dir einfach keine Gelegenheit dazu geben. Also trete ich aus der Anbu-Einheit und damit aus deinem Leben.“

Tenzou starrte nur fassungslos auf seinen Gegenüber. Er suchte in seinem Inneren nach einem klaren Gedanken, fand aber keinen einzigen. Das konnte er doch nicht tun! Das konnte er ihm doch nicht antun!

„Tenzou?,“ fragte Kakashi, als keine Reaktion mehr von diesem kam.

„Nein!,“ schrie dieser schließlich. „Das ist unlogisch! Okay, Sie haben einen Fehler gemacht, Sie haben einen Teamkameraden verloren! Ich habe Ihnen aber schon einmal gesagt, Ihr Leben ist es trotzdem wert, beschützt zu werden!“

„Tenzou!“ Kakashi unterbrach ihn. „Es war nicht nur einer, der meinetwegen gestorben ist. Ich habe dir nur einen Teil von dem erzählt, was alles passiert ist. Ich habe auch nicht vor, jede Einzelheit jetzt und hier vor dir auszubreiten. Aber als Konsequenz aus alldem weiß ich, dass jeder Mensch, der mir etwas bedeutet und für den ich verantwortlich bin, mich irgendwann verlässt. Du sollst nicht der Nächste in dieser Reihe sein.“

Tenzou schloss seine Augen, als er durchatmete. „Das wird doch nicht zwangsläufig so passieren. Bitte, bitte, gehen Sie nicht! Bitte.“

„Es tut mir leid.“ Kakashi ging zur Tür und öffnete sie. „Machs gut.“

Er ging und ließ einen ungläubig und entsetzt hinter ihm her starrenden Tenzou zurück.

„Bitte, gehen Sie nicht.“

When the city clears and sun ascends

(Winter winds)
 

Es war ein strahlend schöner sommerlicher Tag, an dem Tenzou auf einem kleinen, grünen und vor allem leisen Fleckchen mit Blick über Konoha innehielt und in den blauen Himmel schaute. Kaum ein Wolke war am Himmel und man konnte kaum glauben, dass es an den vorigen Tagen wie aus Eimern geschüttet hatte. Tenzou atmete tief ein und aus. Was für ein Glück, dass heute sein freier Tag war. Gestern erst waren er und sein Team von einer Mission zurückgekehrt. Es war eine lange und schwierige Mission gewesen und natürlich hatte es die ganze Zeit noch dazu regnen müssen. Immerhin war aber alles gut gegangen und als Anbu musste man eigentlich fast immer mit langen und schwierigen Missionen rechnen. Letzteres sagte er zu gerne immer allen Neulingen. Natürlich nicht, weil er die Leute erschrecken wollte, sondern...doch, eigentlich schon, weil er sie, zumindest ein bisschen, erschrecken wollte. Im Laufe der Jahre hatte er herausgefunden, dass es ihm ein klein wenig Vergnügen bereitete, jüngere Untergebene auf den Arm zu nehmen. Dies lag nicht zuletzt daran, dass einige fanden, sein Gesicht sähe manchmal etwas unheimlich aus. Na gut, der genaue Wortlaut war wohl eher „ein verdammt unheimliches Gesicht“ gewesen. Tenzou war sich zuerst nicht sicher gewesen, was er mit diesem neuen Wissen über sich selbst anfangen sollte, doch entgegen seiner eigenen Erwartung hatte es nicht an seinem Selbstbewusstsein gekratzt, sondern in ihm den Gedanken keimen lassen, seine anscheinend unheimlichen Gesichtszüge zu seinem Vorteil und Vergnügen einzusetzen. Die lautesten Großmäuler wurden mucksmäuschenstill, wenn er sie nur auf die richtige Weise ansah. (Nebenbei fand er sich selbst gar nicht so unheimlich, wie leicht doch manche zu erschrecken waren!) Er hatte nicht darüber nachgedacht, wie er auf solche für ihn bis dato untypischen Spielereien gekommen war, bis ihn ein paar ältere Kollegen irgendwann darauf angesprochen hatten. Wie er denn eine derartige Eigenart entwickeln konnte, hatten sie wissen wollen. Und ohne auch nur eine Sekunde darüber nachdenken zu müssen, hatte Tenzou geantwortet: „Mein Vorgesetzter war Kakashi Hatake.“

Die darauffolgende Reaktion amüsierte ihn bis heute. Die anderen hatten ein höchst verständnisvoll klingendes „Ah“ von sich gegeben, genickt und gegrinst. Die Sachlage war also unmissverständlich: Unter Kakashi Hatakes Führung konnte man nur ein paar Eigenarten entwickeln.

Tenzou hatte sich schon mehrmals gefragt, ob Yugao auch ein bisschen Verschrobenheit aus ihrer gemeinsamen Zeit als Team davongetragen hatte. Hin und wieder mal hatte er sie zwar gesehen und auch kurz mit ihr gesprochen, aber auf einer gemeinsamen Mission waren sie seit Jahren nicht gewesen. Sie hatte damals ebenfalls recht schnell ein eigenes Team zugeteilt bekommen. Hayate hatte die Anbu zu diesem Zeitpunkt schon verlassen gehabt. Sein Gesundheitszustand war noch nie sonderlich gut gewesen, aber irgendwann war er, trotz seiner einzigartigen Fähigkeiten, nicht mehr als Anbu einsetzbar. Er hatte bei seinem Abschied nicht unbedingt unglücklich darüber gewirkt. Vielleicht hatte er auch nur seine Enttäuschung zu überspielen versucht. Tenzou konnte es nicht von sich weisen, dass er bei einem Gedanken an Hayate immer etwas Traurigkeit verspürte. Wenn sie auch nie in einem überaus engen Kontakt zu einander gestanden hatten, so vermisste er ihn trotzdem. Obwohl Tenzou zuvor schon in vielen Teams gewesen war, war die Gruppe um Kakashi, Hayate und Yugao die erste gewesen, in der sich tatsächlich wie in einem Team gefühlt hatte.

Mit Hayates Tod war auch der Kontakt zu Yugao viel weniger geworden. Vielleicht wollte sie vermeiden, dass Tenzou sie darauf ansprach, vielleicht war sie aber wirklich immer so kurz angebunden, wie sie behauptete. Ganz bestimmt machte Tenzou ihr deswegen keine Vorwürfe. Vielmehr hatte er lange, sehr lange Zeit einem anderen Menschen Vorwürfe dafür gemacht, den Kontakt komplett abzubrechen. Wobei diese Vorwürfe nie bei der betreffenden Person angekommen waren, denn Tenzou beschwerte sich nie laut. Eine Weile hatte er Kakashi gehasst, eine Weile hatte er sich selbst Vorwürfe gemacht. Vielleicht war er Kakashi auf die Nerven gegangen, vielleicht war er ihm zu nahe getreten. Möglicherweise hätte er ein besserer Anbu oder ein besserer Mensch sein können. Oder er hätte irgendetwas anderes zu ihm sagen sollen. Etwas, was Kakashi dann dazu bewegt hätte, nicht zu gehen. Ganz sicher hätte er nicht in einem solch jammervollen Tonfall ihn anbetteln sollen, zu bleiben. Im Nachhinein war dieser ganze Vorfall Tenzou recht peinlich gewesen. Lange hatte er sich gefragt, ob Kakashi ihn als Jammerlappen in Erinnerung behielt. Dann wiederum gab es Zeiten, in denen Tenzou sich fragte, ob Kakashi sich überhaupt noch an ihn erinnern würde. Womöglich war er nur eine kleine unwichtige Episode im Leben des anderen gewesen.

Tenzou musste lächeln, als ihm eine kleine Windböe um die Nase wehte. Wie oft hatte Kakashi ihn ermahnt, nicht zu viel über irgendetwas nachzudenken? Oft. Sehr oft. Aber er würde wahrscheinlich für immer und ewig über seinen Vorgesetzten nachdenken. Im Gegensatz zu der Zeit, nach der Kakashi die Anbu verlassen hatte, machte ihm dies nun aber nicht mehr so viel aus. Es war vielleicht immer mit ein wenig Wehmut verbunden, jedoch gab es ihm gleichzeitig auch ein Gefühl, welches er nicht benennen konnte, aber auch nicht mehr missen wollte.

Das Geschrei eines vom Hokage gesandten Vogels riss ihn aus seinen Gedanken. „So viel zu meinem freien Tag,“ sagte er mit einem leichten Seufzer und machte sich auf den Weg.

Sigh no more, no more

(Sigh no more)
 

Tenzou hüpfte schnell über die Dächer Konohas. Was Tsunade nun wohl von ihm wollte? Wenn sie ihn an seinem einzigen freien Tag seit langem zu sich rief, musste es wohl etwas sehr Wichtiges sein. Eigentlich waren mit ziemlicher Sicherheit noch genügend andere geeignete Anbu im Dorf; sollte er es also als Ehre oder als Schikane betrachten, dass sie ausgerechnet ihn rief? Er legte noch einen Zahn zu, da er Tsunade nicht zu lange warten lassen wollte. Ob Kakashi sich früher irgendwann einmal beeilt hatte, wenn der Hokage ihn hatte rufen lassen? Tenzou konnte es sich nicht einmal annähernd vorstellen. Für einen Augenblick stutzte er und schüttelte den Kopf. Wieso musste er heute schon wieder an Kakashi denken?

Kurz bevor er das Gebäude des Hokage erreichte, benutzte Tenzou sein Teleportations-Jutsu, um noch schneller da zu sein. (Vielleicht– mutmaßte zumindest eine leise Stimme in seinem Hinterkopf- rannte er auch vor Gedanken davon, die er sich nicht machen wollte.)

„Du bist aber schnell,“ begrüßte Tsunade ihn, während sie an ihrem Schreibtisch saß und er hinter ihr auftauchte.

„Ich dachte, es sei vielleicht dringend,“ antwortete Tenzou und ergänzte innerlich: ´Schließlich lassen Sie mich an meinem freien Tag hier antanzen.´

„Vielleicht hast du schon gehört, dass Kakashis Team wieder aus Suna heimgekehrt ist.“

Gut, dass Tsunade dank der Anbu-Maske nicht sehen konnte, wie irritiert Tenzou nun dreinblickte. Er hatte davon gehört, dass Kakashi zusammen mit seinen verbliebenen Schülern aufgebrochen war, um Gaara zu retten, doch dass sie wieder zurück waren, war neu für ihn.

Natürlich wusste er alles, was die besagten Schüler betraf. Dass Kakashi- ausgerechnet Kakashi- überhaupt ein Team von jungen Genin hatte unterrichten wollen, hatte sich damals wie ein Lauffeuer verbreitet. Tenzou hatte dieses Unterfangen, so wie viele andere, nicht ernst genommen und hatte sich darin bestätigt gesehen, als gleich mehrere Teams von Kakashi abgelehnt worden waren. Seine Zweifel hatten bis zu dem Tag standgehalten, an dem er erfahren hatte, dass ein Team es tatsächlich geschafft hatte. Ein Mädchen namens Sakura Haruno, der letzte Uchiha und Naruto. Naruto Uzumaki. Der Fuchsjunge, über dessen Eltern kein Wort verloren werden durfte. Und ausgerechnet Kakashi wurde der Lehrer dieses Jungen. Tenzou glaubte hier wahrlich nicht an einen Zufall. Warum aber fragte Tsunade ihn nun nach Kakashis Team?

„Hey, hörst du mir überhaupt zu?“ Tsuande riss ihn aus seinen Gedanken.

„Entschuldigung. Nein, ich wusste nichts von der Rückkehr.“

„Die Sache ist die: Kakashi fällt für einige Zeit aus...“

Langsam ging Tenzou ein Licht auf. Tsunade wollte doch nicht, dass er...?

„Und daher wirst du für eine Weile das Team von Kakashi übernehmen.“

Doch. Genau das hatte sie gewollt.

Tenzou schluckte. Er sollte also Kakashis Team übernehmen. Wieder einmal. Andererseits, kam es ihm sofort in den Sinn, schien er tatsächlich die erste Wahl für diesen Job gewesen zu sein. Er konnte definitiv nicht leugnen, dass ihn dieser Gedanke mit Stolz erfüllte.

„Ich betrachte es als große Ehre, für ihn einspringen zu dürfen.“

Wieder einmal.

„Das hier ist allerdings kein Spezialauftrag, sondern eine normale Mission,“ fuhr Tsunade fort, „Du wirst die Maske daher nicht brauchen, aber einen Codenamen erhalten.“

Tenzou nickte, auch wenn es ihm nicht so ganz recht war, nicht als Anbu unterwegs sein zu werden.

„Für diese Mission wird dein Name Yamato lauten.“

Der Name war ihm recht egal, er sah kein Problem darin, sich daran zu gewöhnen. An ´Tenzou´ hatte er sich schließlich auch gewöhnt.

„Ich habe verstanden,“ sagte Yamato und nahm die Maske ab.

„Außerdem,“ erklärte Tsunade weiter, wobei sie nun weniger sachlich als zuvor klang und mehr verärgert, „wird noch ein weiterer Shinobi an der Mission teilnehmen. Er kommt von den Ne.“

Ne wie in Danzous Ne? Ohne äußerlich eine Miene zu verziehen, seufzte Yamato innerlich. Das konnte nur Ärger bedeuten. Was hatte ein Ne bei der Mission verloren?

„Beobachte ihn bitte und pass auf, was er macht.“

„Natürlich, aber...wieso ist er überhaupt dabei?,“ fragte Yamato irritiert.

Tsunades Blick verfinsterte sich. „Weil Danzou ihn vorgeschlagen hat.“

Super. Einfach super. ´Und wenn Orochimaru jemanden vorschlagen würde, wäre der auch dabei, oder wie?,´ spottete Yamato in Gedanken. Er hatte Danzou noch nie leiden können und wie er es empfand, war Danzou sicher auch kein Fan von ihm. Immer wenn es in seiner Kindheit darum gegangen war, was er machen durfte (oder vielmehr: was alles nicht) und die Wörter „Orochimaru“, „Experiment“ und „Gefahr“ in irgendeiner Begründung auftauchten, hatte Danzou seine Finger im Spiel gehabt. Und obwohl Danzou die offensichtlich zwielichtigste Gestalt weit und breit war, war sein Einfluss erschreckend hoch.

„Niemand weiß, was Danzou vorhat,“ äußerte Tsunade mit Besorgnis.

„Dann wird es Zeit, das herauszufinden,“ antwortete Yamato.

Sie nickte. „Ich gebe dir Bescheid, wann sich das Team trifft.“

„Gut.“ Yamato nickte ebenfalls und versuchte, sich mental schon einmal auf das vorzubereiten, was ihn erwartete. Er hatte keine Ahnung, dass nichts ihn auf Naruto, Sakura und das ominöse Ne-Mitglied Sai vorbereiten konnte.

Als sich das neu formierte Team zum ersten Mal traf, ging Naruto sofort auf Sai los und auch Sakuras scheinbar sanftmütige Art war letztlich mehr Schein als Sein. Wenn man es sonst nur mit Anbu zu tun hatte, waren eine schlagkräftige Chunin und ein...mit Worten nicht zu beschreibender Genin doch eine größere Umstellung als Yamato angenommen hatte. Ohne wirklich selbst daran zu glauben, sprach er sich Mut zu, indem er erhoffte, dass die drei sicher mit rationalen Argumenten von ihrer Zusammenarbeit zu überzeugen waren. Innerlich seufzend, hoffte Yamato das Beste, während die neuen Teammitglieder sich gegenseitig vorstellten und dabei so aussahen als würden sie sich gleich an die Gurgel gehen. Er war doch recht froh, dass er sich nun erst einmal wieder von den dreien verabschieden durfte, ehe die Mission losging.

Besagte Freude verflog allerdings auf dem Weg zum Krankenhaus. Tsunade hatte ihn hierher beordert, da sie es für enorm wichtig hielt, dass er vor Beginn der Mission einmal mit Kakashi sprechen sollte. Ein leichtes (doch eher schweres) Unbehagen machte sich in Yamato breit, als er daran dachte, Kakashi gegenüber zu treten. Er schüttelte den Kopf. Sie würden einfach nur über die Mission sprechen. Ganz rational, ganz professionell. Vielleicht konnte Kakashi sich ja wirklich nicht an ihn erinnern. Vielleicht hatte es auch etwas Gutes, wenn Kakashi sich nicht an ihn erinnern konnte. Vor allem an ihre letzte Begegnung. Yamato blieb kurz stehen und atmete tief ein und wieder aus. Er war doch schließlich keine 14 mehr. Na schön, die letzte Begegnung mit Kakashi war halt irgendwie peinlich verlaufen. Na und? Inzwischen war er zu einem überaus respektierten Anführer geworden, der es nicht mehr nötig hatte, verzweifelt die Anerkennung durch andere zu suchen. Er würde nun ganz ruhig und gelassen Kakashi gegenüber treten...oder zumindest so tun als sei er ruhig und gelassen.

Yamato setzte seinen Weg fort und erblickte nach einer Weile Shizune und eine schlecht gelaunte Tsunade am Eingang des Krankenhauses. Obwohl er sich sofort für sein Zuspätkommen entschuldigte, besänftigte dies Tsunade keineswegs. Mit ein paar Metern (Sicherheits-)Abstand folgte er der übellaunigen Hokage und ihrer Assistentin ins Innere des Gebäudes, bis sie vor einer Zimmertür stehen blieben. Tsunade öffnete diese und trat zusammen mit Shizune ein. Yamato folgte ihnen mit langsamen Schritten nach und blickte ins Zimmer. Am Fenster stand Jiraiya, auf dem Tisch daneben lagen mehrere leuchtend orange Ausgaben eines berüchtigten Buches, im Bett daneben saß Kakashi und sah aus wie immer. Yamato war sich natürlich im gleichen Moment, in dem er diesen Gedanken hatte, bewusst, dass dies eigentlich schwer zu beurteilen war, wenn man Kakashis Gesicht betrachtete. In Anbetracht der ihm wohl bekannten Bücher musste Yamato lächeln, während er sagte: „Lange nicht mehr gesehen. Freut mich sehr.“

„Ach, du,“ antwortete Kakashi deutlich überrascht. „Du bist also derjenige, der während der Mission Yamato heißt.“

Nun war ´Ach, du´ zwar sicher nicht die herzlichste Begrüßung, die man sich hätte vorstellen können, aber Yamato freute sich innerlich, während er nach Außen versuchte, weiterhin ganz sachlich zu wirken. Kakashi hatte ihn nicht vergessen. Er war keine unwichtige Episode im Leben des Anderen gewesen, die einfach wieder gelöscht werden konnte. Sicherlich müsste er noch einmal die Sache überdenken, dass ihm die Anerkennung Kakashis nichts mehr bedeutete. Nun bedauerte Yamato es aber sehr, dass sie nicht mehr Zeit hatten und er auch nicht mit Kakashi allein sprechen konnte. Wenn er aber auch nur annähernd heil von einer Mission wiederkehrte, bei der die Gefahr bestand, dass Naruto sich in das Fuchsungeheuer verwandelte, würde er sich sicher die Zeit nehmen.

It´s not the long walk home that will change this heart, but the welcome I receive with the restart

(Roll away your stone)
 

Selbst wenn Yamato von vornherein das Schlimmste erwartet hätte, auf diese Mission wäre er trotzdem nicht vorbereitet gewesen. Eigentlich hatten sie sich ja nur mit diesem Spion treffen sollen. Eigentlich. Dass sie dabei zuerst auf Kabuto und dann auch noch auf Orochimaru treffen würden, war so wirklich nicht vorgesehen gewesen. Orochimaru. Yamato biss sich auf seine Unterlippe, während er den Krankenhauskorridor entlang ging. Ausgerechnet. ´Mein kleines Versuchskaninchen.´ Yamato schüttelte sich kurz. Sollte er je drei Wünsche frei haben, wäre einer davon sicher, dass er Orochimaru nie wieder begegnen wollte. Die vor Unmenschlichkeit triefende, boshafte Stimme Orochimarus würde ihm sicher wieder eine Weile in den Ohren dröhnen. Sicherlich wäre ihm besser zumute, wenn er Orochimaru nicht begegnet wäre, aber das war nicht mehr zu ändern. Er würde weitermachen wie bisher und irgendwann darüber hinweg kommen. So gut es eben ging. Er würde irgendwann auch Sakuras entsetzten Blick vergessen, den sie ihm zugeworfen hatte, nachdem sie von Orochimaru persönlich seine Geschichte erfahren hatte. Blicke war er gewohnt, das war nichts Neues. Wenn er diese Mission rückblickend betrachtete, war Yamato eigentlich ganz froh, dabei gewesen zu sein. Er hatte ja von Anfang an gewusst, warum ausgerechnet er überhaupt dabei sein sollte und jeder andere wäre mit einem Fuchsgeist sicherlich überfordert gewesen. ´Welche Ironie,´ dachte er, während er sich der Tür zu Kakashis Krankenhauszimmer näherte. Ohne Orochimaru wäre er überhaupt nicht in der Lage gewesen, Naruto zu helfen.

Yamato blieb vor der Tür stehen und klopfte an.

„Herein.“

Kakashi saß, sein übliches Buch lesend, auf dem Bett. Er sah definitiv gesünder aus als das letzte Mal. Kakashi legte das Buch beiseite, als er sah, wer da eintrat.

„Und? Wie ist es gelaufen?,“ fragte er, ohne seinen Besucher zu begrüßen.

Yamato störte sich nicht weiter daran. Selbst wenn er seinen Sempai jahrelang nicht gesehen hatte, war er dessen Eigenarten doch noch gewohnt. Er holte kurz Luft. „Hmm. Wo soll ich nur anfangen?“

Und er erzählte Kakashi die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Mission. Angefangen bei einem Team, das sich weder von rationalen Argumenten, noch von einem sehr (wirklich sehr) teuren Gasthausaufenthalt zu mehr Zusammenarbeit überreden ließ. Dann natürlich alles über Kabuto, Orochimaru und Narutos Fuchsgeistproblem. Und schließlich: Sasuke.

Hatte Kakashi bei Narutos Beinaheverwandlung schon nicht glücklich ausgesehen, verfinsterte seine Miene sich bei diesem heiklen Thema noch mehr. Yamato hatte langsam das Gefühl, dass es immer heikel wurde, wenn Kakashi mit einem Uchiha zu tun hatte.

„Ja, das ist ein Problem,“ sagte Kakashi nach einer längeren Pause.

„Haben Sie eine Idee...,“ begann Yamato, fuhr aber nicht fort. Er wusste nicht, wie weit er sich auf dem dünnen Eis, welches Sasuke Uchiha geschuldet war, vorwagen sollte. ´Haben Sie eine Idee, wie wir das Problem mit Sasuke lösen sollten?´schien einfach nicht angemessen zu sein.

„Naja, ich habe da tatsächlich eine Idee, wie wir Naruto trainieren könnten, damit er gegen Sasuke bestehen könnte,“ antwortete Kakashi.

Moment. ´Wir?´ Yamato sah den Anderen irritiert an.

Dieser schien seine Gedanken zu lesen. „Du hast mich auf eine Idee gebracht.“

„Wie habe ich Sie auf eine Idee bringen können?“

„Erkläre ich dir später.“ Und da war es wieder, das typische Kakashi- Lächeln. Yamato hatte das Gefühl, dass ihn das beunruhigen sollte. Nichtsdestotrotz lächelte auch er leicht.

„Auf jeden Fall sollten Sie mit Naruto darüber reden. Er ist wegen Sasuke sehr aufgebracht. Aber nach wie vor schäumt er über vor Enthusiasmus.“

„Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht dabei war. Auf Sasuke waren wir wirklich nicht vorbereitet.“

Es tat Yamato fast schon selbst weh, wie bitter Kakashi klang. „Ich glaube nicht, dass es etwas geändert hätte, wenn Sie dabei gewesen wären.“

Kakashi sah nachdenklich aus. „Ich weiß es nicht.“

Kurz herrschte für einen Moment Stillschweigen, ehe Kakashi hinzufügte: „Und Sasuke hat dich verletzt?“

Es war in Yamatos Erzählung ein kleiner Nebensatz gewesen. Yamato fragte sich, was genau Kakashi daran beschäftigte: dass Sasuke ihn verletzt hatte oder dass Sasuke ihn verletzt hatte?

Er haderte mit der Antwort. Einerseits wollte er Sasukes starken Blitzangriff nicht herunterspielen, andererseits wusste er woher (oder besser: von wem) Sasuke diese Technik hatte und er wollte Kakashi nicht noch weitere Schuldgefühle bereiten.

„Nichts Ernsthaftes,“ antwortete Yamato schließlich. „Ich konnte seinen Angriff mit Mokuton abwehren.“

Erneutes Stillschweigen.

Eigentlich (da war dieses Wort wieder) hatte Yamato so vieles im Sinn, das er Kakashi fragen wollte. Wegen dem, was damals gewesen war, wegen dem, was jetzt war und was in aller Welt ´wir trainieren Naruto´zu bedeuten hatte. Aber er ließ es. Sasuke war ein schwieriges Thema und am liebsten hätte er das Thema ja auch wechseln wollen, aber das was er eigentlich ansprechen wollte, schien ihm nun fehl am Platz zu sein. Und sonst fiel ihm einfach nichts ein, was er sagen sollte.

„Ich hab von Tsunade gehört, wie sehr du deine Fähigkeiten verbessern konntest,“ sagte Kakashi nach einer gefühlten Ewigkeit.

Yamato war erleichtert über diesen Themenwechsel (konnte Kakashi doch Gedanken lesen? Oder war er für ihn nur mal wieder ein offenes Buch?) und antwortete ein wenig stolz: „Nun, ja, ich habe hart an meinen Fähigkeiten gearbeitet.“ Er räusperte sich. „Ich habe gehört, Sie haben auch erstaunliche Fähigkeiten entwickelt.“

Kakashi sah ihn fragend an. „So?“

„Naruto sagte, Sie seien in der Lage mit dem Sharingan etwas in andere Dimensionen zu befördern.“

„Das hat Naruto dir so gesagt?“

Yamato lachte leicht. „Er verwendete dabei die Wörter „Boom“, „Whoosh“ und „Brrzzoom.“

„Brrzzoom?“ Kakashi hob eine Augenbraue.

„Ich kann mir darunter auch nichts vorstellen.“

Beide lachten.

„Hast du Sakura und Naruto schon in dein Herz geschlossen?“ Kakashis Frage kam offensichtlich mit einem großen Augenzwinkern daher.

Yamato seufzte. „Am liebsten würde ich die beiden in ein Haus ohne Türen und Fenster sperren und dort zurücklassen.“

„Mach das nicht. Das gäbe nur wahnsinnig viel Papierkram. Und du weißt, wie lästig mir Papierkram ist.“

Yamato lachte erneut. „ Nicht, dass Sie denken, Sie könnten mich wieder dafür einspannen.“

Es funkelte in Kakashis Auge. „Wie kommst du nur auf so etwas?“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Weißt du, eigentlich sind wir nun ja so etwas wie gleichrangig. Du kannst die Förmlichkeiten ruhig weglassen.“

Yamato freute sich über dieses Angebot, wenn er sicher auch Zeit bräuchte, sich daran zu gewöhnen. Er überhörte die merkwürdige Betonung in Kakashis Satz. Yamato ahnte nicht, was auf ihn zukommen würde. Wieder einmal.

A white blank page

(White blank page)
 

Sieben Uhr. Er hatte sieben Uhr gesagt. Yamato kreuzte seine Arme vor der Brust und trommelte mit seinen Fingern auf einem Arm herum. Kakashi hatte ihm am Vortag mitgeteilt, dass sie sich heute pünktlich (ja, das war das Wort, welches er benutzt hatte) um sieben Uhr auf Trainingsplatz drei treffen würden. Yamato war das Wort ´pünktlich´ aus Kakashis Munde äußerst verdächtig vorgekommen, weswegen er sofort nachgefragt hatte: „Wenn Sie pünktlich sagen, meinen Sie dann das gleiche wie Leute, die in ihrem Leben tatsächlich schon einmal pünktlich waren?“

Kakashi hatte kurz gestutzt, ehe er gelächelt hatte. „Ach, du meinst, weil ich früher ein paar Mal zu spät gekommen bin?“

Yamato erinnerte sich gut daran, wie viel Kraft es ihn gekostet hatte, nicht ausfallend zu werden. Stattdessen hatte er die Ruhe bewahrt, soweit dies bei Diskussionen mit Kakashi eben möglich war: „Ein paar Mal?! Wann waren Sie denn bitte mal pünktlich?!“

Kakashi hatte sich daraufhin verlegen am Hinterkopf gekratzt. „War wohl doch ein bisschen öfter gewesen, huh? Naja, inzwischen habe ich mich in dieser Hinsicht wirklich gebessert.“

„Wirklich?,“ hatte Yamato mit großen ungläubigen Augen noch einmal nachgehakt, doch Kakashi hatte ihm mit großer Ernsthaftigkeit versichert, dass er nicht mehr zu spät kommen würde.

Inzwischen war es nach neun Uhr. Wie hatte er nur annehmen können, dass Kakashi sich auch nur ein klitzekleines bisschen geändert hatte? Das gleiche Buch, der gleiche „Ich bin gerade aus dem Bett gefallen“- Blick und natürlich die gleiche nervtötende Art!

Yamato schmunzelte. Er konnte es selbst kaum fassen, aber er hatte es wirklich vermisst, sich über Kakashi aufzuregen.

„Na, was ist so amüsant?“

Kakashis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Der Andere kam mit gemütlichen Schritten auf ihn zugeschlendert.

„Argh, wieso kommen Sie jetzt erst? Sie haben sich wieder einen Spaß mit mir erlaubt, oder?“ Yamato versuchte, ruhig zu bleiben, aber es war ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Schon jetzt verblasste die Erinnerung an die Ausgeglichenheit, die er in den letzten Jahren verspürt hatte.

Kakashi lachte. „Aber nein. Auch wenn ich das wirklich vermisst habe. Ich bin leider zu spät, weil...“ Es war offensichtlich, dass er nachdachte, denn er schaute eine Weile in der Gegend herum. Diese schien ihm aber keine passende Ausrede zu liefern, daher landete sein Blick wieder auf Yamato. „Ich musste mich um eine dehydrierte Katze kümmern.“

Yamato sah ihn kurz stillschweigend an.

„Ist das Ihr Ernst?“

„Ja, wieso?“ Kakashi lächelte.

„Weil Sie genau diese Ausrede bei unserer ersten Begegnung benutzt haben.“

Kakashi blinzelte. „Hab ich?“

„Ja.“

„Deswegen kam mir das so bekannt vor.“

Yamato seufzte. „Sie haben sich überhaupt nicht verändert.“

„Du seufzt auch noch genauso tief wie früher.“

„In diesem Fall liegt das mehr an Ihnen als an mir.“

„Ich hab dir doch gestern schon gesagt, dass du nicht mehr so förmlich sein muss, Tenzou.“ Und Kakashi lächelte wieder.

Yamato war eher erneut nach Seufzen zumute. „Ya-ma-to.“

Er erntete einen fragenden Blick.

„Das habe ich Ihnen... dir auch gestern schon mehrmals erklärt. Mein Name ist jetzt Yamato. Also muss ich Sie...dich bitten, mich nun so zu nennen.“

Sein Gegenüber blickte ihn müde an. „Es ist ganz schön anstrengend, sich so viele Namen merken zu müssen.“

Yamato fasste sich an den Kopf. „Argh, es ist nur ein Name. Vergessen Sie „Tenzou“ und ersetzen Sie ihn durch „Yamato.“ Ich meine, vergiss... argh.“ Er raufte sich die Haare. Als er meinte ein leises Lachen zu hören, blickte er wieder zu Kakashi. Dieser sah ihn wieder ganz ernst an, ehe er den Kopf leicht schief legte: „Hmm, es wäre leichter, wenn du ein Namensschild tragen würdest.“

Plötzlich fühlte Yamato sich schlecht, weil er Sakura wegen ihrer Naruto und Sai induzierten Wutausbrüche verurteilt hatte. Ihm war nun nämlich ganz ähnlich zumute. Er versuchte, ganz langsam tief Luft zu holen. Warum doch gleich hatte er sich auf diesen Tag gefreut? Yamato konnte sich sehr dunkel daran erinnern, dass es etwas mit der (gleichrangigen!) Zusammenarbeit mit Kakashi zu tun gehabt hatte.

„Ich freue mich wirklich schon darauf, mit dir zusammen Naruto zu trainieren,“ sagte Kakashi plötzlich und lächelte.

Yamatos Wut war mit einem Mal verraucht. „Wirklich?,“ hakte er innerlich frohlockend nach.

„Aber natürlich. Auch wenn das Training für uns alle sehr anstrengend werden wird,“ antwortete Kakashi.

Yamato hatte sich fest vorgenommen gehabt, lässiger zu reagieren als früher. So, als würde sein Glück nicht von der Aufmerksamkeit abhängen, die Kakashi ihm zuteil werden ließ. Das war der Plan gewesen. Denn nun sah es doch wieder wie früher aus. Es bedurfte Kakashi nicht viel Mühe, um ihn einzuwickeln. Erneut waren Yamato die Betonungen im Kakashis Worten entgangen.

„Ich bin froh, dass ich dich mit dieser äußerst wichtigen Aufgabe betrauen kann,“ fuhr Kakashi fort. „Du wirst bei diesem Training aufpassen, dass das Chakra des Fuchsgeistes nicht die Kontrolle über Naruto gewinnt.“

Yamato überlegte und sah ihn fragend an. „Was genau hast du vor?“

Kakashi erklärt ihm, was er für Naruto geplant und wie das Training mit den Schattendoppelgängern im idealsten Fall ablaufen sollte.

Yamato nickte und wurde zugleich besorgt. Was Kakashi vorhatte, war eine geniale Idee, welche nur an Naruto scheitern konnte. Oder an ihm. Naruto würde sich sicher voller Begeisterung und mit ganzer Kraft in das Training stürzen, also musste er sich auch die größtmögliche Mühe geben. Auch wenn ihm klar war, wie viel Kraft das alles tatsächlich kosten würde. Das Chakra des Fuchsgeistes war sowieso nicht leicht unter Kontrolle zu behalten und dies dann auch noch tun zu müssen, während ein Dickkopf wie Naruto (mehrere Narutos!) ein intensives Training durchlief, um sich gegen (oder für) Sasuke zu wappnen.

Kakashi zählte jedenfalls auf ihn und er würde ihn keinesfalls enttäuschen.

„Das ist dann erst einmal alles,“ sagte Kakashi. „Ich werde Naruto abholen und wir treffen uns dann wieder hier.“

„Alles klar.“ Yamato nickte, doch plötzlich kam ihm etwas in den Sinn und er stutzte. „Moment mal, Sempai.“

„Hmm?“ Kakashi, der sich schon auf den Weg gemacht hatte, drehte sich überrascht noch einmal um.

Yamato sah sehr nachdenklich aus. „Was genau ist deine Rolle bei diesem Training? Was genau machst du?“

Kakashi blinzelte. „Ist das nicht offensichtlich?“

„Nein. Ist es nicht.“

„Ich überwache das Ganze.“

Bevor Yamato einen Nervenkoller bekommen konnte, machte sich Kakashi schnell via Transportjutsu auf den Weg.

Das Training verlief in etwa so, wie Yamato es sich in seinem tiefsten Innern gedacht hatte. Naruto war zwar über-enthusiastisch, aber so begriffsstutzig wie eh und je. Außer Kakashi gab es in ganz Konoha wohl keinen Lehrer, der so viel Geduld mit sich brachte, um Naruto etwas beizubringen, ohne dabei die Nerven zu verlieren. Er selbst konnte sich nicht vorstellen, dass er so etwas lange aushalten würde. Allein bei der Vorstellung ergrauten ihm ja fast die Haare. Etwas, dass Kakashi nun nicht passieren konnte. Mit Selbigem war er auch schon mehr als genug ausgelastet.

Ob Kakashi nicht bereits ganz müde vom „Überwachen“ (er schaute die halbe Zeit nicht einmal auf Naruto, sondern in dieses alberne Buch!) sei, fragte Yamato während des Trainings.

„Ich würde mich ja liebend gerne zwischendurch ausruhen, aber hier kann man es sich nicht wirklich bequem machen,“ antwortete Kakashi und bekam dabei wieder ein Funkeln ins Auge. „Zu schade, dass dein kunstvolles Mokuton-Möbel-Repertoire keine Bänke umfasst. Du würdest so etwas sicher hervorragend hinbekommen.“ Und erneutes Lächeln.

Eine gute halbe Stunde nach der Erschaffung einer wirklich kunstvollen Bank, auf der Kakashi sich niedergelegt hatte, kam es Yamato in den Sinn, dass er schon wieder auf seinen Sempai hereingefallen war. Und er nannte Naruto begriffsstutzig.

Ein spendiertes Essen später biss Yamato aus Frustration fast schon in sein ausgebeutetes Portmonee. Und als wäre ihm das Bewusstsein über diese kleine Willensschwäche nicht schon schlimm genug, musste Kakashi es ihm auch noch unter die Nase reiben.

„Du hast dich in mancherlei Hinsicht halt wirklich gar nicht verändert,“ antwortete Kakashi amüsiert, als Yamato ihn auf seine Manipulationen ansprach, während Naruto in einer Pause eingeschlafen war.

Yamato grummelte daraufhin, was Kakashi nur noch weiter amüsierte. „Weißt du, Tenzou-“

„Yamato.“

„Ich bin wirklich froh, dass du dich in der ganzen Zeit nicht zum Schlechten hin verändert hast.“

Davon überrumpelt blickte Yamato ihn nun wortlos an.

„Es gab schon Zeiten,“ fuhr Kakashi fort, „da habe ich mir Sorgen gemacht, ob du diesen Wahnsinn, den man als Anbu so erlebt, ohne weiteres überstehst. Aber inzwischen hast du all meine Erwartungen übertroffen.“

Yamato sah ihn weiter überrascht an. Wieso konnte er jetzt die Gelegenheit nicht einfach ergreifen und Kakashi sagen, was er ihm schon lange an den Kopf werfen wollte? Wieso stand er jetzt schon wieder nur wie ein Idiot nichts sagend vor ihm? Solange er nicht sagte, was er schon lange geklärt haben wollte, würde es für nie einen Neuanfang geben. So würde sie immer nur in der Schwebe zwischen der zumindest für Yamato nicht abgeschlossenen Vergangenheit und dem Jetzt hängen.

„Warum,“ begann Yamato, doch genau in diesem Moment wachte Naruto wieder auf.

„Wenn es nach mir geht, können wir wieder weitermachen,“ sagte dieser während er aufsprang.

„Wolltest du noch was sagen?,“ fragte Kakashi.

„Nein,“ antwortete Yamato leicht bedrückt klingend.

„Sicher?“

Yamato nickte schnell. „Ja, machen wir weiter, sonst wird Naruto ungeduldig.“

Sie kehrten zum Training zurück.

Vielleicht, dachte Yamato, brauchten sie auch gar keinen Neuanfang. Sondern lediglich einen Anknüpfungspunkt.

Despite my faults and despite my growing fears

(The cave)
 

Er war weitaus mehr beunruhigt als ihm lieb war. Als langjähriger Anbu empfand Yamato es als eine Schmach, sich überhaupt dermaßen besorgt zu fühlen. Aber er tat es. Und noch viel, viel verstörender war das Gefühl, dass Kakashi in ähnlicher Weise beunruhigt war. Jedenfalls kam ihm dieser Gedanke, während sie nach ihrer gescheiterten Mission Itachi oder Sasuke zu finden, zurück ins Dorf gingen.

Die gesamte Atmosphäre, die in ihrer recht großen Gruppe herrschte, war verstörend. Denn obwohl Naruto, der ewig laute Naruto, unter ihnen war, war es erschreckend still.

Itachi war tot und Sasuke war mal wieder weg.

Yamato betrachtete den neben ihm gehenden Kakashi aus den Augenwinkeln und seufzte innerlich. Er hatte das Gefühl gehabt, dass selbst Kakashi, der sonst grundsätzlich vorsichtig mit so etwas war, große Hoffnungen in diese Suche gesteckt hatte.

Es war aber nicht Sasuke, der Yamato beunruhigte (auch wenn, und das konnte er nicht leugnen, der Gedanke furchterregend war, dass Sasuke Uchiha in der Lage war, Itachi Uchiha zu töten). Yamatos Liste an Dingen, um die er sich Sorgen machte, war allein in den letzten Stunden beträchtlich gewachsen und letztlich schienen alle Punkte darauf zusammenzuhängen.

Der erste Punkt, den er schon vor dieser Mission aufgeführt hatte, betraf die Organisation Akatsuki im Allgemeinen. Oder vielmehr ihre Mitglieder.

Seit Asuma von zwei Akatsuki-Mitgliedern getötet worden war und seit er selbst gesehen hatte, wie selbst Kakashi im Kampf gegen Kakuzu beinahe den Kürzeren gezogen hätte, hatte Yamato darüber nachgedacht, was noch auf sie zukommen könnte und, vor allem, was sie dagegen unternehmen könnten. Er hatte keine Angst, dafür war er einfach zu lange und zu sehr ein Anbu, aber es beunruhigte ihn.

Wenn diese Gestalten Asuma töten konnten und wenn selbst Kakashi gegen sie ohne Hilfe auf verlorenem Posten stand... Was würde dann als nächstes geschehen? Es gab nichts Schlimmeres als undurchsichtige Gegner. An Yamato nagte das ungute Gefühl, dass sie erst die Spitze des Eisbergs zu sehen bekommen hatten. Besonders, wenn gerade, wo sie dachten, nützliche Informationen erhalten zu haben, wieder alles anders kam.

Etwas in seinem Inneren zog sich leicht zusammen, als er daran dachte, von wem sie diese Informationen erhalten hatten.

Kabuto. Ständig lief alles auf Kabuto hinaus.

Oder nein. Eigentlich lief ständig alles auf jemand anderen hinaus.

Wieso musste er immer wieder Orochimaru begegnen? Wieso verschwand Orochimaru nicht einmal, nachdem er von Sasuke umgebracht worden war? Yamato machte sich erst gar keine Hoffnungen, dass dies das letzte Mal gewesen sein sollte, dass er der fiesen, alten Schlange begegnen musste. Orochimaru schien ihn zu verfolgen. Als würde es niemals einen wirklichen Ausweg aus seiner Vergangenheit geben und er - zumindest in Gedanken- immer wieder in dieses schreckliche Kellerverlies zurückgeworfen werden.

Und dass ihn das so sehr beschäftigte, war die noch viel größere Schmach. Yamato zwang sich dazu, nicht darüber nachzudenken, auch wenn seine Gedanken immer mal wieder unfreiwilligerweise zu Kabuto und dessen implantierten Orochimaruzellen abdrifteten.

Vielleicht irrte er sich aus Frustration über dieses Aufeinandertreffen auch nur, aber im Moment meinte er, in den letzten Jahren sich weniger von Orochimaru heimgesucht gefühlt zu haben.

Yamato seufzte innerlich.

Aber er wollte nicht einmal denken, dass er unzufrieden darüber war, dass Tsunade ihn aus den Anbu-Reihen ab geordert hatte, denn sonst hätte er das Gefühl gehabt, etwas verpasst zu haben.

Ja, gestand er sich ein, irgendwie mochte er Naruto, Sakura und Sai. Obwohl sie schwierig sein konnten und obwohl sie ihre Eigenarten hatten und obwohl jeder von ihnen mit Problemen beladen war.

Aber all dies erinnerte ihn nur an eine weitere Person, deren Anwesenheit er nicht missen wollte. Yamato blickte ein weiteres Mal aus den Augenwinkeln zu Kakashi, ehe sie Konoha erreichten.
 

Nachdem sie Tsunade alles berichtet hatten und dies ihr aller Empfinden gescheitert zu sein noch verstärkte und nachdem Naruto ohne viel zu sagen und ohne laut und optimistisch zu sein, gegangen war, löste sich ihre recht große Gruppe auf, bis nur noch Yamato und ein gedanklich offensichtlich abwesender Kakashi übrig waren.

„Beschäftigt dich Sasuke?“, fragte Yamato frei heraus. Er wusste, Kakashi würde ihm von sich aus niemals sagen, worüber er nachdachte. Das war schon damals mit Itachi so gewesen und es war klar, dass der Fall hier ähnlich war.

„Auch,“ antwortete Kakashi nach einer kurzen Überlegung.

Auch.

Yamato wusste, was er meinte. Denn es war nicht ganz allgemein Akatsuki oder Kabuto, von denen dieses nagende Gefühl der Beunruhigung ausging. Es war die unheimlichste aller Gestalten gewesen, die ihn heute begegnet war. Ein furchtbar alberner Typ mit erschreckenden Fähigkeiten. Er schien die treibende Kraft hinter allem zu sein. Und das Schlimmste war: Ausgerechnet über ihn wussten sie so gut wie nichts. Wer war er? Was wollte er? Wieso in aller Welt hatte er Sharingan?

„Wer auch immer das ist... Er kann eigentlich kein Uchiha sein,“ stellte Yamato fest.

„Eigentlich nicht,“ antwortete Kakashi so resigniert, dass es fast schon nicht nach ihm klang. „Bleibt die Frage, woher er dann das Sharingan hat.“

Und wieder zog sich etwas in Yamatos Innerem zusammen. Kakashi schien wirklich, wirklich beunruhigt zu sein, was diesen Unbekannten betraf. Wenn selbst Kakashi dermaßen besorgt erschien, dann musste es wirklich, wirklich schlimm sein. Kakashi lächelte schließlich sonst auch dann noch, wenn sie sich von Feinden umringt in einer scheinbar hoffnungslosen Lage befanden (was für Yamato nie so ganz einen Sinn ergeben hatte. Er fand es stets effektiver, sofort zu handeln und einen – natürlich gut durchdachten- Ausweg zu finden als erst einmal zu sagen, dass sicher alles gut werden würde). Kakashi war da anders und vielleicht war es das, was ihn trotz seiner Eigenarten zu einem guten Lehrer für ein Genin-Team machte. Wenn nun aber selbst dieser Kakashi nicht mehr sagte, dass irgendwie alles gut werden würde...

„Ohne weitere Informationen bringen uns unsere Überlegungen im Moment nicht weiter,“ fuhr Kakashi fort und klang dabei wieder mehr wie er selbst. Als hätte er Yamatos Gedanken erahnt, fügte er mit einem leichten Lächeln hinzu: „Aber gute Arbeit heute.“ Und er klopfte dem Jüngeren kurz auf die Schulter, ehe er ging.

Yamato hätte sich darüber mehr gefreut, wenn er nicht gemerkt hätte, dass Kakashis Lächeln offensichtlich erzwungen war.

Er seufzte. Kakashi sorgte sich eben um seine Kameraden. Immer.

Auch wenn es tatsächlich nichts brachte, grübelte Yamato weiterhin über den unheimlichen Typen von Akatsuki nach. Irgendetwas mussten sie übersehen haben.

Aber was?

Es ließ Yamato keine Ruhe.

Live unbruised, we are friends

(Sigh no more)
 

Sechs.

Erschrocken blickte Yamato auf seine rechte Hand, auf der er plötzlich einen brennenden Schmerz verspürt hatte.

Anko und Sai, mit denen er gerade noch die weitere Vorgehensweise zur Ergreifung Kabutos besprechen wollte, sahen ihn fragend an.

„Was ist los?“, fragte Anko, doch Yamato blieb ihr eine richtige Antwort schuldig. Wenn das Siegel wirklich aufbrach, dann hatte er keine Zeit mehr zu verlieren. Yamato hatte das äußerst ungute Gefühl, dass er es sowieso nicht mehr rechtzeitig zurück ins Dorf schaffen würde, auch wenn er jetzt wie ein Irrer zurück nach Konoha rannte. Bisher war das Schlimmste, das je passiert war, dass sich vier Schwänze ausgebildet hatten. Und da hatte Yamato schon beinahe Probleme bekommen, Naruto wieder unter Kontrolle zu bringen. Was in aller Welt mochte geschehen sein, dass er jetzt schon bei der Zahl sechs war? Wieso musste das jetzt geschehen, wo er nicht im Dorf war? Wie stark mochte der Fuchsgeist nun schon sein? Würde er ihn überhaupt noch unter Kontrolle bringen können? Verdammt, dachte Yamato, was war da nur los? Und er versuchte, noch einen Gang zuzulegen, bevor...

„Aaah!“

Panisch blickte er auf seine Hand, ohne auch nur einen Schritt langsamer zu werden.

Acht!

Das konnte nicht sein! Wenn es wirklich schon acht Schwänze waren, dann würde er es nie und nimmer ins Dorf schaffen, ehe der Fuchsgeist völlig erwachte. Selbst jetzt schon muss er vom Schlimmsten ausgehen. Wenn Naruto soweit die Kontrolle verloren hatte, gab es vielleicht schon kein Dorf mehr. Nichtsdestotrotz hoffte er, dass von Naruto – und vor allem von dessen Willenskraft- noch genug übrig war, um das Kyuubi nicht vollkommen zu erwecken. Yamato wusste nicht, wie er seine Chancen gegen die geballte grausame Kraft eines ausgewachsenen Kyuubis einschätzen sollte. Seine Fähigkeiten waren schließlich nur eine Kopie von denen des ersten Hokage. Der Fuchsgeist war und blieb allerdings ein beängstigendes Original.

Yamato baute darauf, dass Kakashi eigentlich im Dorf sein musste. Sicher, dieser verfügte auch nur bedingt über die Fähigkeiten des Sharingan. Aber wenn er wirklich dem Fuchsungeheuer gegenübertreten musste (und er war sich sicher – so sehr er sich auch beeilte - sich der ausgewachsenen Version stellen zu müssen), dann war es wenigstens ein wenig beruhigend zu wissen, dass er dies nicht allein tun musste.

„Aah!“

Erneut schrie Yamato auf. Dieses Mal hielt er – völlig außer Atem- an. Für einen kurzen Moment schien sich die Zahl neun in seine Hand einzubrennen. Dann aber verschwand das Zeichen. Mit einer nie zuvor gespürten Panik hielt Yamato seine zitternde rechte Hand fest.

Wie konnte die Zahl verschwinden?! Was hatte das nun wieder zu bedeuten?! Hieß das, dass der Fuchsgeist erwacht war? Oder eben doch nicht? Schwer atmend blickte Yamato in die Richtung, in der Konoha lag. Es war immer noch ein gutes Stück entfernt.

Wieso hatte das jetzt passieren müssen? Was in aller Welt war passiert, dass es so weit hatte kommen können? Mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust lief Yamato erneut los.
 

Konoha lag in Trümmern.

Kein Stein lag mehr auf dem anderen. Das Dorf, von dem aus er vor wenigen Tagen mit Anko und Sai aufgebrochen war, gab es nicht mehr. Nur noch ein Trümmerfeld, durch das Shinobi und Dorfbewohner liefen und versuchten, Ordnung in diesem Chaos herzustellen. Die Luft war stickig, aber es lag nicht an dieser Mischung aus Staub und Asche darin, die Yamato gerade das Atmen erschwerte. Yamato stand in den Trümmern und sah sich fassungslos um. Er konnte sich nicht erinnern, sich je so schwach und hilflos gefühlt zu haben wie in diesem Moment.

„Hey, da bist du ja.“ Genma kam lässig auf ihn zu geschlendert (nicht einmal ein vernichtetes Dorf konnte Genma aus der Ruhe bringen??) und blieb bei ihm stehen. „Wir hätten dich zwischendurch brauchen können.“

„WAR DAS NARUTO?! HAT NARUTO DAS GETAN?!“

Genma war für einen Moment erstaunt. Er hatte weder selbst, noch von irgendjemand anderem jemals gehört, dass Yamato so panisch herumschreien konnte. In jeder anderen Situation wäre Yamato dies auch selbst eher aufgefallen und er ebenso erstaunt über seinen Tonfall gewesen. Aber nun war ihm dies nicht möglich, in Anbetracht der zwei Dinge, die er momentan wusste: Naruto hatte (oder hatte sich fast) in den Fuchsgeist verwandelt und das Dorf war zerstört.

„Ganz ruhig,“ sagte Genma in seiner typisch coolen Art. „Das war nicht Naruto. Akatsuki hat angegriffen und so´n Typ namens Pain hat...“ Genma biss sich verärgert auf sein Senbon, „das hier angerichtet.“

Es dauerte nur eine Sekunde, ehe Yamato die für ihn lebenswichtige Information verarbeitet hatte und er hörbar erleichtert ausatmete. Es war nicht Naruto gewesen. Nicht das Fuchsungeheuer. Nichts, das allein er hätte verhindern können. Er hatte nicht versagt.

Yamato stutzte. Aber was war dann mit den Zahlen auf seiner Hand?

„Was genau ist passiert?“, hakte er bei Genma nach.

Genma gab ihm, soweit er dies konnte, Auskunft. Wie Akatsuki das Dorf überfiel, um Naruto zu suchen, wie sie alle verzweifelt kämpften, bis Pain Konoha dem Erdboden gleichmachte und wie Naruto schließlich auftauchte, sich nach Hinatas vermeintlichem Tod fast in den Fuchsdämon verwandelte und schließlich die Angreifer besiegte und dazu brachte, die Gefallenen wiederzubeleben.

Mit steigender Fassungslosigkeit hörte Yamato all dem zu. Naruto hatte sich also wirklich fast in das Kyuubi verwandelt. Und alle Gegner geschlagen. Er schüttelte den Kopf und musste ein wenig (wenn auch gequält) lächeln. „In Zukunft weiche ich dem Jungen nicht mehr von der Seite.“

„Wäre vielleicht besser.“ Genma ließ seinen Blick über die Trümmer schweifen. „Ach so, Tsunade hat zu viel Chakra verbraucht und liegt in so´ner Art Koma. Das macht unsere Lage nicht gerade einfacher.“

„Definitiv nicht“, sagte Yamato und folgte wehmütig Genmas Blick über das Trümmerfeld. Izumo und Kotetsu standen in ihrer Nähe und beklagten sich über die Zerstörung ihres Dorfes. Von all dem, was Generationen zuvor aufgebaut hatten, war wirklich nicht viel übrig geblieben. Yamato erlaubte sich einen kurzen Seufzer, ehe er begann, Handzeichen zu formen. Er war sichtlich froh, sich doch nützlich machen zu können. Und so ließ er einige Häuserreihen aus dem Boden wachsen, bevor dieses Jutsu an seinen Kräfte zehrte. Die Dorfbewohner und Shinobi freuten sich und hätten nur zu gerne gewollt, dass er weitermachte, aber er musste sie auf später vertrösten, wenn er seine Chakrareserven wieder aufgeladen hatte. Und wie schon so oft hörte er kein einziges Wort des Dankes.

„Cool“, sagte Genma lediglich. „Sieht gut aus.“

Dies erinnerte Yamato an etwas.

„Weißt du, wo Kakashi steckt?“

„Nicht genau, aber ich würde es dahinten versuchen.“ Genma zeigte in eine Richtung, in der eine lange Reihe hoher Zelte zu sehen war. „Tsunades Notquartier ist da irgendwo und Naruto und Sakura laufen auch da herum. Da wird er wohl auch irgendwo sein.“

Yamato bedankte sich für die Informationen (er wusste schließlich, was sich gehörte!) und machte sich auf den Weg.

Langsam wurde es dunkel und Yamato war froh, dass mit der hereinbrechenden Nacht immer mehr Leute sich von den Straßen in die Zelte und neu geschaffenen Häuser zurückzogen und so seine Suche erleichterten. Außerdem bedeuteten weniger Begegnungen erfreulicherweise auch, dass er sich nicht mehr von jedem zweiten Kameraden anhören musste: „Wo warst du denn? Wir hätten dich brauchen können!“

Er wusste es doch selbst und er brauchte keine externen Erinnerungen, wie viel schlimmer es noch geworden wäre, wenn das Fuchsungeheuer hier gewütet hätte. Anscheinend musste er nun seine sämtlichen zukünftigen Schritte darauf ausrichten nicht mehr von Narutos Seite zu weichen.

Yamato seufzte. Was für eine Lebensplanung. Aber wenn es keinen anderen Weg gab. Er musste auf jeden Fall verhindern, dass es noch einmal so weit kommen konnte.

Die Leute, die ihn nicht darauf ansprachen, fragten natürlich nach weiteren Häusern und reagierten äußerst enttäuscht, wenn er sie höflich auf den nächsten Tag vertrösten musste. (Als hätte er endlos Chakra!)

„Ah, Yamato, du bist wohl gerade ein gefragter Mann, was?“, sagte Chouza Akimichi, der ihm entgegen kam und gerade mitbekommen hatte, wie Yamato eine erneute Anfrage ablehnen musste.

„Kann man so sagen“, antwortete Yamato und freute sich ehrlich, dass Chouza ihm begegnete. Dieser war, wie alle Akimichis, dafür bekannt stets freundlich zu sein. Keine Vorwürfe, keine aufdringlichen Häuseranfragen. Yamato atmete auf.

„Haben Sie zufällig jemanden von Team Sieben gesehen?“

„Oh ja“, antwortete Chouza. „Sakura ist bei Tsunade, unser Held Naruto schläft irgendwo und Kakashi wollte sich jetzt auch ausruhen, glaube ich. Sein Zelt ist das dritte von dort.“

Als Yamato sich bereits für die Information bedanken wollte, fügte Chouza noch hinzu: „Du bist sicher auch froh, dass er wieder lebt, was?“

Zum wiederholten Male an diesem Tag stutzte Yamato. „Was meinen Sie?“

Chouza hielt kurz inne. „Wusstest du noch nichts von Kakashis Tod?“

Yamatos Augen weiteten sich vor Entsetzen. Was erzählte Chouza da?

Beim Anblick des zerstörten Konoha hatte Yamato gedacht, dass es unmöglich war, sich noch schrecklicher zu fühlen. Doch er hatte sich geirrt, denn jetzt fühlte er sich um ein vielfaches schlimmer. Ihm war kalt und heiß zugleich und zumindest für einen Moment schien sich alles um ihn herum furchtbar schnell zu drehen. Das beklemmende Gefühl, welches er zuvor in der Brust gespürt hatte, war nicht nur wieder da, sondern außerdem ein stechender Schmerz geworden.

Kakashi war tot gewesen.

Natürlich war es unlogisch gewesen, das war ihm klar, aber Yamato hatte nie gedacht, dass Kakashi tatsächlich von jemandem getötet werden konnte. Sein Sempai kam von den heikelsten Missionen lebend wieder, er überlebte Kämpfe gegen die stärksten Gegner, er war in Yamatos Augen einfach nicht wie die anderen. Er war Kakashi. Und Kakashi starb nicht.

„Alles in Ordnung?“ Chouza riss ihn aus seinen Gedanken.

„J-ja...ja.“ Yamato bemühte sich, so ruhig wie immer zu klingen. Noch nie war ihm dies so schwer gefallen wie jetzt. „Danke“, fügte er hinzu und ließ einen verwunderten Chouza einfach stehen, als er hastig in die vorhin angegebene Richtung loslief.

Vor dem Zelt blieb Yamato stehen und starrte geistesabwesend vor sich hin. Er war komplett durcheinander (er war ein Anbu verdammt! Sollte er damit nicht besser umgehen können?). Kakashi lebte ja wieder, also gab es eigentlich keinen Grund traurig oder erschüttert zu sein, aber der Gedanke ließ ihn nicht los, dass es auch anders hätte kommen können. Wenn Naruto nicht gewesen wäre, hätte er Kakashi für immer verloren gehabt. Naruto. Dieser blonde, laute Chaot hatte ihm eine Sache deutlich werden lassen. Damals, als Yamato ersatzweise Kakashis Team übernommen hatte und Naruto Sai eine Lektion erteilt hatte. Denn während Naruto so voller flammender Begeisterung über Bindungen gesprochen hatte, hatte Yamato plötzlich lächeln müssen. Endlich hatte er dank Narutos Rede benennen können, was es war, das er selbst so lange gesucht hatte und für das er keine Bezeichnung gekannt hatte.

Eine Bindung zu jemandem.

Kakashi war der erste Mensch gewesen, der ihn akzeptiert hatte. Der erste, der ihn als Menschen gesehen hatte. Nicht als ein Ergebnis von Experimenten, nicht als ein Versuchsobjekt Orochimarus, nicht als eine schlechte Kopie des ersten Hokage, nicht als ein Problem, mit dem sich befasst werden musste. Kakashi hatte ihn nicht nur als Menschen und Kameraden akzeptiert, er hatte viel mehr für ihn getan. Er war für ihn da gewesen, er hatte sich um ihn gekümmert. Über die Jahre, die sie zusammen als Anbu gedient hatten, hatte Yamato das Gefühl bekommen, dass dies nicht wirklich eine Selbstverständlichkeit war. Sicher, Kakashi sorgte sich um das Wohl jedes Kameraden, aber irgendetwas war da, wodurch er sich mit seinem Vorgesetzten näher verbunden fühlte. Irgendetwas, das einen Unterschied zwischen Kakashis Umgang mit anderen Kameraden (und selbst mit seinen Freunden) und ihm ausmachte. Natürlich hatte Yamato auch schon mehrmals überlegt, ob er sich dies nicht vielleicht nur einbildete. Aber besonders in der letzten Zeit fiel es ihm (selbst ihm!) erstaunlich einfach solche Zweifel zu zerstreuen. Denn obwohl sie sich so viele Jahre nicht gesehen und nicht gesprochen hatten, war es auf Anhieb fast so als seien sie keinen Tag getrennt gewesen. Sie brauchten nicht von vorne anzufangen, sie mussten nur an der richtigen Stelle weitermachen.

Kakashi hatte damals bei seinem Austritt aus der Anbu-Einheit versucht, ihre Bindung zu zertrennen und zu diesem Zeitpunkt hatte Yamato noch nicht verstehen können, warum der Weggang des Älteren ihn so hatte verzweifeln lassen. Was er allerdings immer noch nicht so ganz nachvollziehen konnte, war warum Kakashi damals jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. War es wirklich, weil Kakashi geglaubt hatte, zwangsläufig jeden Menschen, der ihm etwas bedeutete zu verlieren? (Yamato hatte übrigens erst lange, lange Zeit nach diesem damaligen, unglücklich verlaufenen Gespräch darüber nachgedacht, dass Kakashi tatsächlich das Wort „bedeutete“ benutzt hatte. Und so wusste er trotzdem noch nicht, was der Andere mit diesem Wort gemeint hatte.) Er hielt Kakashis Erklärung immer noch für unsinnig, denn erstens musste es nicht zwangsläufig immer so kommen und zweitens konnte er sehr gut auf sich selbst (und auf andere, wie er damals schon bewiesen hatte!) aufpassen. Hatte Kakashi ihm somit nicht zugetraut, auf sich selbst achten zu können? Was dachte er wirklich und ernsthaft über ihn? Wieso war nur immer alles so kompliziert, wenn es um Kakashi ging?

Plötzlich öffnete jemand von innen das Zelt und Yamato zuckte erschrocken zusammen.

„Hey“, begrüßte Kakashi ihn. „Seit wann bist du denn wieder im Dorf?“

Der Jüngere starrte ihn erst einmal nur entgeistert an. Dieses Mal war er wirklich äußerst abrupt aus seinen Gedanken gerissen worden.

Kakashi hob fragend eine Augenbraue, als er keine Antwort erhielt. „Hey. Tenzou. Ist irgendetwas?“

„Yamato“, erwiderte er automatisch und begann, sich langsam wieder zu sammeln.

„Wie auch immer“, sagte Kakashi. „Was ist los? Du wirkst bedrückt.“

„Wir stehen in unserem zerstörten Heimatdorf und du wunderst dich, dass ich bedrückt aussehe?“

Der Andere überlegte kurz. „Man hat dir hoffentlich schon gesagt, dass das nicht Naruto war, oder?“

Hah. Und wieder war er ein offenes Buch für Kakashi. Warum funktionierte das nicht genauso gut anders herum?

„Außerdem“, fuhr Kakashi fort, „siehst du aus als würde dich etwas anderes beschäftigen. Nicht zu vergessen, dass du schon seit fast zehn Minuten hier stehst und ich mich schon gewundert habe, warum du nichts sagst.“

Yamato blinzelte kurz. So lange schon? Er überlegte, ob er nicht vielleicht einfach wieder gehen sollte (und zwar schnell und ohne noch irgendetwas Unüberlegtes zu sagen), allerdings wäre das eventuell noch merkwürdiger gewesen. Und merkwürdiges Verhalten hatte er jetzt schon mehr als genug an den Tag gelegt.

„Mich bedrückt tatsächlich etwas.“

„So?“, fragte Kakashi sichtlich erstaunt, dass Yamato tatsächlich darüber reden wollte. „Dann komm rein.“ Er signalisierte dem Jüngeren hineinzukommen. Dieser kam der Aufforderung nach kurzem Zögern nach. „Ich würde dir ja anbieten, dich hinzusetzen, aber...“ Kakashi blickte zum einzigen „Mobiliar“ - einem auf dem Boden ausgerollten Futon, auf dem ein IchaIcha-Band lag - und dann wieder zu seinem Gast.

„Geht schon“, erwiderte Yamato und blickte sich um. Das Zelt war gerade groß genug, dass sie mit genügend Abstand zueinander darin stehen konnten. Ihm wurde plötzlich schmerzlich bewusst, dass es seine bescheidene, spärliche Anbu-Wohnung mit der teilweise selbst kreierten Einrichtung nicht mehr gab.

„Also“, fragte Kakashi erneut, „was bedrückt dich?“

Das Verhalten seines Kohais machte ihm langsam wirklich Sorgen. Yamato war auffallend still – selbst für Yamatos Verhältnisse. Und dieses Mal kam Kakashi einfach nicht darauf, was mit dem Anderen los sein konnte.

Offensichtlich suchte Yamato nach den richtigen Worten, während sie da standen und sich einige Augenblicke anschwiegen. „Ich...ich hab eben erfahren, dass du zwischendurch tot warst.“

Erstaunt sah Kakashi ihn an. „Oh. Das. Das ist eine...komplizierte Geschichte.“ Er dachte kurz nach. „Moment, bedrückt dich das etwa?“

„Ja!“, antwortete Yamato und klang dabei verärgerter als er klingen wollte.

Kakashi zuckte leicht mit den Schultern. „Naja, wie du siehst, bin ich wieder zurückgekommen. Von daher...warum machst du dir dann Gedanken darüber?“

Der Jüngere starrte ihn mit einer Mischung aus Verärgerung und Fassungslosigkeit an. „Weil ich mich vielleicht um dich sorge?!“

„Wenn ich tot bin, brauchst du dir aber wirklich keine Sorgen mehr um mich zu machen.“ Zu Yamatos totalem Entsetzen hatte Kakashi den Nerv sein typisches Lächeln aufzusetzen.

„Kannst du mir endlich mal erklären, warum du denkst, dein Tod sei für niemanden ein Verlust?!“

Der ungewohnt aggressive Tonfall des Anderen überraschte Kakashi. „Beruhige dich erst mal, Ten-“

„YAMATO, VERDAMMT!“

Nun hatte er selbst gemerkt, wie laut er geworden war. Für einen Moment herrschte eine betretende Stille zwischen ihnen, ehe Yamato sich verlegen räusperte. „Entschuldigung, Sempai.“

Der Ältere winkte ab. „Ist schon in Ordnung. Wir hatten alle einen schweren Tag.“

„Ich bin froh, dass du noch lebst. Oder wieder. Ist das verwirrend.“

„Wem sagst du das?“

Während eines erneuten Seufzers legte Yamato sich seine Worte zurecht. Dann nahm er tief Luft - er wollte endlich etwas Licht ins Dunkel bringen. „Damals, als du die Anbu verlassen hast, sagtest du, du wolltest nicht riskieren, dass ich deinetwegen sterbe. Wieso hast du geglaubt, dass du dich von mir fernhalten musst, damit mir nichts zustößt? Und gleichzeitig scheinst du überhaupt nicht daran zu denken, dass es für jemand anderen schlimm sein könnte, wenn dir etwas zustößt. Warum scheint dein eigenes Leben dir selbst weniger wert zu sein als das deiner Kameraden?“

Kakashi sah ihn zuerst nur stillschweigend an. „Hatte ich das nicht damals erwähnt?“

Yamato schüttelte leicht den Kopf. „Hattest du. Aber je öfter ich darüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass es nicht nur mit der Geschichte zusammenhängt, die du mir erzählt hast. Es kann dabei nicht nur um dein Teammitglied Obito Uchiha gehen. Du hattest gesagt, es sei nicht nur einer deinetwegen gestorben.“

Alarmiert horchte Kakashi auf, während Yamato fortfuhr. „Du hast nie wirklich von deinem anderen Teammitglied erzählt. Was ist mit ihr? Sie hieß Rin, oder?“

Er fragte sich, ob er das Thema vielleicht doch besser nicht angeschnitten hätte, denn für einen kurzen Moment sah er in Kakashis Auge blankes Entsetzen aufblitzen, ehe der Ältere sich sichtlich bemühte dies zu verdrängen und ruhig zu bleiben.

„Nein, ich habe nicht wirklich von ihr erzählt. Das habe ich auch nicht vor. Nichts für ungut.“ Ausgerechnet Yamato brauchte nichts davon zu wissen. Eigentlich wusste er schon zu viel.

„Hmm.“ Yamato schaute Kakashi an. Offensichtlich war er auf etwas gestoßen, aber wenn Kakashi derart dicht machte, hatte es keinen Sinn in diese Richtung weiter nachzufragen. „Gut, beantworte mir bitte nur eine Frage: Hängt deine Geringschätzung für dein eigenes Leben mit ihr zusammen?“

„Ihr, Obito, einigen anderen Menschen“, blockte Kakashi gereizt ab. „Können wir das Thema lassen?“

„Noch nicht ganz. Hattest du wirklich geglaubt, mir wäre zwangsläufig etwas zugestoßen, wenn du bei mir geblieben wärst?“

Kakashi seufzte genervt. „Ich habe damals so gedacht. Aber ich hatte meine Gründe, dies zu denken. Inzwischen weiß ich, wie stark du wirklich bist und dass du sehr gut auf dich aufpassen kannst.“ Kakashi machte eine kurze Pause, ehe er mit einem Lächeln fortfuhr. „Dass du alleine so gut klargekommen bist, macht mich sehr stolz.“

Natürlich löste das in Yamato sofort gedankliche Freudensprünge aus. Die musste er allerdings im Moment unterdrücken, denn er war hier noch nicht fertig. „Es wäre trotzdem leichter gewesen, wenn du da gewesen wärst.“

„Nimmst du mir meinen Weggang noch übel?“

Yamato schüttelte den Kopf. „Nein, nicht mehr. Aber ich kann es immer noch nicht so ganz nachvollziehen. Wie konntest du so leicht das Anbu-Dasein aufgeben?“

„Das ist der Unterschied zwischen uns beiden.“

Fragend blickte der Jüngere ihn an. „Was?“

Kakashi überlegte kurz, um die richtigen Worte zu finden. „Macht dir das Anbu-Dasein etwas aus?“

Irritiert schüttelte Yamato den Kopf. „Es macht mir nichts, nein.“ Was meinte er? Ja, natürlich gab es da Momente, in denen er sich wünschte, nicht noch eine Tötungsmission annehmen zu müssen, aber sie gehörten halt zum Job dazu. Und wenn man ein gut eingespieltes Team hatte, stellten diese heiklen Missionen auch nicht wirklich ein Problem dar. Er war der festen Überzeugung, dass sie damals ein perfekt eingespieltes Team waren.

Kakashi musterte das nachdenkliche Gesicht seines Kohais. Er nahm es ihm nicht übel, dass er offensichtlich nicht nachvollziehen konnte, was Kakashi meinte. Wahrscheinlich war der Jüngere sich selbst gar nicht bewusst, dass das Leben als Anbu (das er sich ja nicht einmal selbst ausgesucht hatte) ihn gewissermaßen emotional abgestumpft hatte. Für Kakashi waren die Anbu-Missionen irgendwann Grundlage für noch mehr Albträume geworden, für Yamato waren sie Alltag, denn er kannte es nicht anders. Im Gegensatz zu Kakashi hatte er nie eine Familie gekannt, nie ein gleichaltriges Genin-Team gehabt, alles, was er kannte, waren Missionen. Seine Lebensgeschichte ließ sich traurigerweise zusammenfassen auf: entführt, Versuchsobjekt, Shinobi. Und trotzdem war er nie einer dieser von Regeln besessenen, gefühllosen Wahnsinnigen geworden, wie man sie in den Reihen der Anbu häufiger fand (und zu denen Kakashi sich zeitweise selbst zählen musste).

Kakashi hatte damals einige Gründe gehabt, sich um Tenzou zu kümmern und nur ein einziger davon hatte wirklich etwas mit dem Jungen selbst zu tun gehabt. Ein leichtes Lächeln formte sich auf Kakashis Gesicht. Er hatte es von Anfang an gespürt und er war wirklich stolz, dass Tenzou (oder – wenn es sein musste - auch Yamato) ihn trotz aller Widrigkeiten nicht enttäuscht hatte. Der Junge war etwas Besonderes.

„Ist schon in Ordnung, wenn du es jetzt nicht verstehst. Vielleicht wird es dir irgendwann klarer, wenn du noch mehr Zeit mit Naruto verbringen durftest. Naruto hat so eine Art, Menschen über Dinge nachdenken zu lassen, die sie zuvor als gegeben hingenommen haben.“ Kakashi klopfte ihm auf die Schulter, worauf Yamato zuerst fragend eine Augenbraue hob, ehe er den Kopf hängen ließ.

„Fang bitte nicht von Naruto an. Ich musste mich heute schon oft genug damit auseinandersetzen, dass ich in Zukunft an Narutos Seite kleben werden muss.“

„Das muss nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Du bist während des Trainings doch schließlich hervorragend mit ihm ausgekommen. Und wenn ich ehrlich bin...“ Kakashi lächelte. „Der Großteil des Trainingserfolgs ist dir zu zuschreiben.“

Yamato stutzte und kämpfte dagegen an, sich mal wieder vom Lob des Anderen einwickeln zu lassen. Es fiel ihm äußerst schwer.

„Sempai...“, begann er zögerlich. „Wenn du so etwas sagst, weiß ich nie, ob du irgendetwas davon ehrlich meinst oder nur Hintergedanken hast.“

Zuerst blieb Kakashi ihm eine Antwort schuldig und blinzelte ihn nur fragend an. Wenn er es falsch ausdrückte, würde er es in Zukunft schwieriger haben, Yamato zu...überzeugen. Und dies machte ihm einfach zu viel Freude, um es aufzugeben. Natürlich war es nicht nur das. Er wusste auch, wie viel dem Jüngeren seine Anerkennung (immer noch) bedeutete. Er entschied sich, den Weg einzuschlagen, den er in solchen Fällen bisher immer für den besten gehalten hatte – eindeutige Zweideutigkeit. „Ich meine, es wie ich es sage. Jedes Wort.“

Wie vermutet erschien sogleich ein seliges Funkeln in Yamatos Augen, was aber kurz darauf einer nachdenklichen Miene wich, mit der er Kakashi musterte. „Wirklich?“

Kakashi machte eine bedeutungsschwere Pause, bevor er erneut antwortete: „Hin und wieder schon.“ Und er lachte leicht.

„Argh, das war so klar!“ Yamato raufte sich mal wieder die Haare, doch sein Aufreger war nur von kurzer Dauer, denn er musste selbst lachen. Es war wirklich immer das Gleiche mit seinem Sempai. Kopfschüttelnd, seufzend und gleichzeitig immer noch ein wenig lächelnd, fügte Yamato hinzu: „Wenn du wirklich tot wärst, könntest du mich nie wieder ärgern. Und das würde ich wirklich sehr vermissen.“

Erneut lächelte Kakashi und auch wenn viele den Unterschied vielleicht nicht bemerkten, Yamato bemerkte ihn. Dieses Mal war es ein absolut wahrhaftiges Lächeln. Und mit diesem sagte er dem Anderen: „Ich auch. Ich auch.“

Kakashi hielt immer eine gewisse Distanz zu seinen Mitmenschen und Yamato konnte sich diese nicht wirklich erklären. Allerdings schien der Ältere für ihn immer mehr eine Ausnahme zu machen. Yamato hatte sich Kakashi nie zuvor näher gefühlt als in diesem Moment.

And I will die alone, and be left there

Well I guess I´ll just go home

Or God knows where
 

(After the storm)
 

Er konnte sich nicht vorstellen, dass es noch schlimmer hätte kommen können.

Vielleicht hätten sie schon auf ihn hören sollen, als Yamato dagegen war, Naruto ins Eisenreich zu begleiten. Vielleicht klammerte sich sein mittlerweile schon verrückt werdender Verstand aber auch nur an die Vorstellung, dass es anders gekommen wäre, wenn er an irgendeinem Punkt in der Vergangenheit anders gehandelt hätte. Eine winzig kleine Veränderung an irgendeinem Punkt - und er wäre nicht hier gelandet. Es war ein unsinniges Gedankenspiel, denn der Großteil von ihm hatte längst begonnen, sein Schicksal anzunehmen und zu akzeptieren, dass es wahrscheinlich so hatte kommen müssen. Er konnte nicht davor wegrennen (nun sogar wortwörtlich noch weniger als zuvor), es lief alles immer auf diese eine Sache hinaus. Yamato wünschte sich, diesen Gedanken verdrängen zu können.

Wie es wohl geworden wäre, wenn Kakashi Hokage geworden wäre? (Oh, sein Verstand hatte das Spiel tatsächlich noch nicht aufgegeben? Waren diese Gedanken eigentlich schon ein Anzeichen für aufkommenden Wahnsinn? Merkte man es überhaupt, wenn man wahnsinnig wurde?)

Kakashi wäre ein guter Hokage geworden. Ein nicht unbedingt sehr fleißiger … und jede Besprechung hätte sich um ein, zwei, fünf Stunden verschoben … und sowieso wäre der ganze Papierkram an ihm hängen geblieben, aber Kakashi wäre ein guter Hokage geworden. Dem Dorf und seinen Bewohnern wäre es unter ihm gut ergangen. (Dem Dorf, das er vermutlich nie wiedersehen würde.) Kaum zu glauben, dass Kakashi fast abgelehnt hätte. Das heißt, Yamato glaubte es, denn er hatte gemerkt, dass Kakashi tatsächlich hatte ablehnen wollen. Er war sich sicher, dass dies mit der mysteriösen Vorgeschichte des Älteren zu tun hatte. (Wie schade, dass er nun niemals herausfinden würde, wie diese Geschichte lautete.) Es hatte ihn doch ein wenig mit Stolz erfüllt, durch seinen Einwand Kakashi zum Umdenken gebracht zu haben. Er hatte Kakashi zu etwas überreden können. Wer hätte gedacht, dass es dies jemals geben würde?

Und doch wirst du es ihm niemals freudig vorhalten können.

„Sei still!“, zischte Yamato in Gedanken.

Oh. Oh. Selbstgespräche (wenn auch nur gedankliche) waren mit Sicherheit kein Zeichen für einen gesunden Geisteszustand. Und dabei hing er doch so an seinem Verstand. Wenn er doch nur irgendetwas hätte ändern können. Irgendetwas, damit es nicht so gekommen wäre.

Yamato erinnerte sich ganz genau, wie er mit blankem Entsetzen bei Kabutos Häutung und Transformation in eine widerliche, gigantische Schlange zugesehen hatte und wie keine Sekunde später genau diese Schlange mit einer irren Geschwindigkeit auf ihn zugerast war und ihn verschluckte hatte. Er hatte es noch geschafft, Motoi aus dem Weg zu stoßen, aber dann war es sehr, sehr dunkel geworden. Und er war der Verzweiflung nahe gewesen, als das Nächste, was er wieder gesehen hatte, Kabuto und der unheimliche Kerl mit der Maske, der sich Madara nannte, gewesen waren.
 

Mit einem ungeheuer lauten Knall schlug Yamato vor diesem Typen auf dem harten Boden auf. Er spürte, wie sich die Schlange, die sich um seine Handgelenke gewickelt hatte, schmerzhaft in seine Haut verbiss und ein lähmendes Gift absonderte. Schlangen, wieso mussten es immer Schlangen sein? Seit er sich erinnern konnte, hatte er Albträume, in denen Schlangen vorkamen. In jedem zweiten davon war er ironischerweise von den abscheulichen Reptilien verschluckt worden.

Wie hatte er nur so unvorsichtig sein können? Jetzt lag er hier, unfähig sich zu rühren (fast unfähig auch nur zu atmen!) und war Madara und Kabuto ausgeliefert.

„Er hat eine Menge geheimer Informationen“, hörte er Kabuto sagen. „Und wir können ihn brauchen, um die Zetsus stärker zu machen.“

Panisch überschlugen sich Yamatos Gedanken. Sie sprachen von ihm! Der Feind wollte ihn für seine Zwecke einspannen. Was konnte er dagegen tun? Er versuchte, sich zu beruhigen. Nachzudenken. Nach einem Ausweg zu suchen. Er konnte sein Mokuton nicht benutzen. Er konnte sich nicht einmal bewegen. Ein brennender Schmerz durchzog seinen Körper, während das Gift der Schlange immer weiter in sein Blut geschwemmt wurde.

„Holen wir uns zuerst die Informationen“, fuhr Kabuto fort. „Wir brauchen ihn lebend, wenn wir die Zetsus verbessern wollen.“ Wie verstörend es war, dem zuzuhören. Sie taten ja gerade so, als sei er gar nicht anwesend.

„Dann kann ich das Rinnegan nicht dafür einsetzen. Dabei würde er sterben.“ Noch nie hatte Yamato eine derart kühle Stimme wie die von Madara gehört. Nicht einmal Orochimaru hatte so beiläufig vom Töten sprechen können.

„Wir können auch nur mit deinem Sharingan genug von ihm erfahren. Wenn wir wissen, gegen wen wir kämpfen, werden wir klar im Vorteil sein.“

Yamato versuchte verzweifelt, sein Chakra aufzubauen, aber nichts passierte. Er konnte sich nicht einmal als letzten Ausweg selbst umbringen. Auf gar keinen Fall durfte es soweit kommen, dass sie von ihm Informationen erhielten. Was sollte er nur tun?

Kabuto war mittlerweile ein Stück weggegangen (oder eher gekrochen) und Yamato versuchte zu erkennen, wo er hier überhaupt gelandet war. Eine Höhle, so viel war sicher. Vom Boden aus konnte er allerdings nicht allzu viel erkennen und er schaffte es nicht einmal, den Kopf großartig zu drehen.

„Aaah!“ Ein schmerzerfüllter Schrei entwich ihm, als Madara in grob an den Haaren packte und daran hoch zog.

„Du bist der Beschützer des Kyuubi“, stellte Madara desinteressiert fest. „Wir sind uns doch schon ein paar Mal begegnet.“

Yamato biss sich auf die Zähne. Sein ungutes Gefühl von damals hatte sich wirklich mehr als bestätigt.

„Beide Male war auch Kakashi mit dem Sharingan dabei gewesen.“ Wieso klang es so unglaublich abfällig, wenn Madara `Kakashi` sagte? „Wenn du bisher nur Kakashis Sharingan kennst, dann hast du keine Ahnung, wozu so ein Auge tatsächlich fähig ist.“

„Ich … “, presste Yamato gequält hervor, „habe keine … Angst vor dir … “

Madara verstärkte den Griff an seinen Haaren. „Du wirst Angst haben.“

Und mit einem schmerzvollen Ruck zog Madara ihn auf Augenhöhe, sodass Yamato direkt in ein Mangekyo-Sharingan blickte, dessen Form ihm merkwürdig bekannt vorkam. Allerdings hatte er keine Zeit sich darüber zu wundern, denn das Sharingan zwang ihn sogleich dazu, alles zu verraten, was er über die Kriegsvorbereitungen in Konoha wusste. Yamato kämpfte verbissen dagegen an, doch alles war hoffnungslos. Das Sharingan durchleuchtete all seine Gedanken in Sekundenschnelle.

Er verriet sein Dorf.

Er verriet seine Kameraden.

Er verriet Naruto.

Er verriet Kakashi.

Dies war der schlimmste Albtraum von allen. Und er war real.

Irgendwann schrie Yamato vor Schmerzen und Madara hörte trotzdem nicht auf. Yamato war sich ziemlich sicher, dass der andere schon alles erfahren hatte, was er wissen wollte, aber aus purem Sadismus weitermachte.

„Vorsichtig“, sagte Kabuto beiläufig, „sonst bringst du ihn ja doch noch um.“

Mit einem Mal ließ Madara seinen Gefangenen los und Yamato schlug wieder hart auf dem Boden auf.

„Hmm, du weißt ja wirklich nicht, wann Schluss ist.“ Kabuto klang amüsiert. „Dabei brauchen wir ihn doch noch.“

Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen starrte Yamato vor sich hin. Oh nein. Es war noch nicht vorbei.

Kabuto kroch wieder zu ihm herüber. „Ich hoffe, du hast ihn noch nicht allzu sehr kaputt gemacht.“ Er beugte sich zu Yamato hinunter, während er dabei das gleiche kranke Grinsen wie Orochimaru aufgesetzt hatte. „Es ist wirklich ein Glücksfall, dass es ihn gibt.“ Kabuto betrachtete kurz Yamatos schmerzverzerrtes Gesicht, ehe er wieder zu Madara blickte.

„Mach endlich die Zetsus stärker“, erwiderte Madara nur.

„Du bist wirklich ein ungeduldiger Mensch. Na schön, bring ihn zum Stamm der Pflanze. Dorthin wäre passend.“ Kabuto zeigte in eine Richtung, in die Yamato nicht sehen konnte. „Unterhalb seines ´Vorgängers.´“ Das Schlangenwesen blickte noch einmal diabolisch grinsend auf seinen Gefangenen hinunter.

Das Wort „Vorgänger“ gefiel Yamato ganz und gar nicht. „Was ... hast du ... vor ... Kabuto?“ Seine Atmung ging schwer und er schaffte es kaum, die Wörter über seine Lippen zu bringen.

„Spar dir deinen Atem lieber.“ Es war das erste Mal in dieser Situation, dass Kabuto ihn direkt ansprach. „Wir werden dich nämlich noch eine Weile brauchen.“

Mit einer erneuten ruckartigen Bewegung hatte Madara Yamato ein Stück vom Boden hoch gezerrt. Dieses Mal hatte er ihn am Kragen seiner Weste gepackt und war so brutal vorgegangen, dass er den eigentlich sehr robusten Stoff der Weste reißen hörte. Madara schleifte Yamato über dem Boden hinter sich her, während er zu einer meterhohen, im Raum stehenden Pflanze mit riesigen geschlossenen Blütenblättern und einem enormen hölzernen Stamm darunter ging. Noch nie zuvor hatte Yamato etwas auch nur annähernd Vergleichbares gesehen. Was in aller Welt war das? So gut er es aus seiner ungünstigen Position heraus konnte, versuchte er zu erkennen, was dieses Gebilde vor ihm war. Fassungslos registrierte er die von der Pflanze hinab hängenden Zetsus. Daher kamen sie also.

Vor der mysteriösen Pflanze knallte Yamato erneut auf den Boden, denn durch Madaras grobe Behandlung war der Stoff seiner Weste endgültig gerissen. Langsam aber sicher hatte Yamato das Gefühl, dass sein Schädel zerspringen würde, wenn er noch einmal Bekanntschaft mit dem Gesteinsboden machen sollte.

„Eure Uniformen sind so pathetisch wie ihr Konoha-Shinobi selbst“, sagte Madara.

„Ihr ... glaubt ... doch nicht ... dass ihr ... damit ...“

„Oh, doch, und ob wir damit durchkommen werden. Besonders jetzt, wo wir dank dir so viele nützliche Informationen erhalten haben.“

Yamato biss verärgert die Zähne zusammen. Dann packte Madara ihn erneut und brachte ihn, während Yamato bemerkte, wie die letzten Fetzen seiner Weste von ihm abfielen, zu einem weiter oben gelegenen Ast des Stamms.

„Du musst einfach dein eigenes Mokuton benutzen, um ihn mit den anderen Fasern des Stamms zu vereinen. Dann wird automatisch eine Verbindung zu seinen Zellen hergestellt und diese dann mit seinem Chakra weitergeleitet“, rief Kabuto vom Boden aus.

Sein eigenes Mokuton? Wieso verfügte Madara darüber? Entgeistert blickte er Madara an, der sich davon allerdings nicht irritieren ließ und das tat, was Kabuto gesagt hatte. Yamato verstand nicht so ganz, was da passierte, als Madara seinen Körper in den Stamm drückte und er von diesem quasi angesogen und festgehalten wurde. Es fühlte sich an, als ob sein eigener Körper mit den Fasern dieser Pflanze verschmolz. Erst in diesem Moment bemerkte Yamato, was Kabuto mit Vorgänger gemeint hatte. Voller Panik blickte er auf die Gestalt, die über ihm steckte und ohne Zweifel aussah wie ein Abbild des ersten Hokage.

„Na, hast du jetzt Angst?“, fragte Madara zynisch, als er seine eigene Verbindung vom Stamm löste.

Yamato wollte wirklich „Nein“ sagen, auch wenn dies absolut nicht mehr stimmte, aber genau in diesem Augenblick begann die Pflanze, ihm sein Chakra zu entziehen. Ein letzter, ohrenbetäubender und schmerzerfüllter Schrei entwich Yamatos Kehle und hallte von den Wänden der Höhle wider. Dann verlor er das Bewusstsein.
 

Seitdem steckte er hier in diesem Stamm fest, verlor sein Chakra und hin und wieder sein Bewusstsein. Das heißt, tatsächlich bei Bewusstsein war er schon lange nicht mehr gewesen. Er wachte niemals wirklich auf und bekam nicht mit, was um ihn herum geschah. Dass er nicht tot war, konnte er nur an der Tatsache festmachen, dass sein ganzer Körper schmerzte. Die Pflanze entzog ihm immer so viel Chakra, dass es reichte, um ihn bewusstlos werden zu lassen. Aber nie so viel, dass es ihn tötete. Dabei war sterben ironischerweise das Einzige geworden, was Yamato jetzt wirklich noch wollte. Jedoch war ihm dies nicht vergönnt. Er wurde gezwungen, weiterhin hier gequält zu werden und den Feind zu unterstützen. In beinahe regelmäßigen Abständen rollten die Schuldgefühle an wie eine Flutwelle, vor der er sich nicht retten konnte.

Seinetwegen hatte der Feind Informationen über Konoha und die anderen Verbündeten erhalten. Seinetwegen kämpften seine Kameraden nun gegen erstarkte Horden von Zetsus. Seinetwegen würden Menschen sterben. Seinetwegen war Naruto, waren sie alle, in Gefahr. Er wusste ja nicht einmal, wie viel Zeit schon vergangen war. Vielleicht war der Krieg ja sogar schon wieder vorbei. Yamato machte sich keine Hoffnungen, dass er noch gerettet werden würde. Es kam ihm so vor, als wäre er schon seit einer Ewigkeit hier. Allein mit seinen Gedanken. Die Einsamkeit, gepaart mit seinen Schuldgefühlen, trieb ihn langsam, aber beständig in den Wahnsinn.

Zu Beginn hatte er sich noch davor gefürchtet, noch einmal von Madara mit dessen Sharingan gefoltert zu werden und dadurch zu sterben, wenn er wieder aufwachte. Inzwischen wünschte er sich, dem wäre so. Schreckliche Schmerzen mit einem absehbaren Ende waren ihm definitiv lieber geworden als das hier. Um seinen Verstand bei Laune zu halten, versuchte er, sich krampfhaft an schöne Ereignisse zu erinnern. Jedes Mal, das Naruto ihn mit seinen Streichen oder seiner Begriffsstutzigkeit auf die Palme gebracht hatte, fiel im Nachhinein unter schöne Ereignisse. Und dann schmerzte es Yamato schrecklich, dass er Narutos breites Grinsen nie wieder sehen würde und dass Naruto (seinetwegen!) etwas zugestoßen sein könnte. Dann versuchte er an Sakura und Sai zu denken und wie Erstere den anderen tadelte und ihm zusätzlich noch eine Kopfnuss verpasste. Automatisch folgte diesem Gedanken die Vorstellung, wie die zwei im Krieg fallen könnten. Yamato wandte sich in seinen Erinnerungen Kakashi zu und besonders dem Gespräch, welches sie nach der Zerstörung von Konoha geführt hatten. Er würde nie wieder mit Kakashi sprechen, nie wieder von diesem zu irgendetwas überredet werden, nie wieder von diesem geärgert werden, nie wieder dieses dankbare Gefühl empfinden, dass Kakashi all dies tat und ihm so zeigte, dass sie Freunde waren. Yamato wusste, dass sein Leben viel unerfreulicher verlaufen wäre, wenn er Kakashi nicht begegnet wäre. Eine Zeitlang hatte er geglaubt, in diesem Fall von Glück sprechen zu können, aber dann kam ihm in den Sinn, dass es sehr wahrscheinlich gar kein Zufall gewesen war, der ihn unter Kakashis Führung gestellt hatte. Vielmehr schien es so, dass der Sandaime sich wahrscheinlich etwas dabei gedacht hatte. Erst durch Kakashi war der Wandel von einem vertrauensunwürdigen Versuchsobjekt zu einem vollwertigen Teammitglied und schließlich zu einem respektierten Teamführer möglich geworden.

Was redest du da? Diesen Status hast du längst wieder verloren. Oder verdrängst du etwa die Lage, in der du dich gerade befindest? Du hängst hier in diesem Stamm und bist schon wieder ein Ersatz für Hashirama. Ach was, du taugst gerade mal als Ersatz für eine Kopie! Kannst du dies wirklich verdrängen?

„Nein, ich verdränge nichts“, widersprach Yamato innerlich seinen eigenen zweifelnden Gedanken.

Dann sieh der Wahrheit endlich ins Auge. Du warst immer ein Ersatz, du bist ein Ersatz und du wirst immer nur ein Ersatz bleiben. So hat dein Leben angefangen und so wird es enden.

„Vielleicht stimmt das, aber-“

Nichts aber. Du weißt es ganz genau. Deine ganze Existenz ist ein reiner Zufall. Du bist ein Zufall, eine Laune, ein künstlicher Ersatz. Deswegen vermisst dich auch niemand. Weder damals, noch heute.

„Es war nur Zufall, dass ich damals überlebt habe.“

So ist es. Es hätte auch eines der anderen Kinder überleben können. Vielleicht hätte das sein Dorf nicht verraten. Du bist eine einzige Enttäuschung. Deine Kameraden haben dir vertraut und sieh dir nur an, was du angerichtet hast, mit diesen Fähigkeiten, die nicht einmal deine eigenen sind!

Hah. Die bittere Ironie war Yamato mehr als bewusst. Als er jünger gewesen war, hatte niemand ihm über den Weg getraut. Alle hatten, warum auch immer, damit gerechnet, dass er eine Gefahr für Konoha wäre und sie alle irgendwann an Orochimaru verraten würde. Genau dies hatte er nun mehr oder weniger getan. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn nicht er, sondern irgendeines der anderen Kinder überlebt hätte. Sie alle hätten es mehr verdient gehabt als er.
 

Yamatos Gedanken sprangen automatisch zu der Zeit, die er so verzweifelt versuchte zu verdrängen und die ihm doch immer noch so präsent war. Er erinnerte sich an das dunkle Verlies, dessen Bewohner nicht einmal geahnt hatten, dass es so etwas wie Sonnenlicht überhaupt gab. Alles, was sie kannten war künstliches Licht und den Lichtschein der Fackeln, die Orochimaru scheinbar grundsätzlich benutzte, um die Gänge seiner unterirdischen Verstecken auszuleuchten. Das künstliche Licht war passend für sie gewesen, da sie alle mehr künstliche als natürliche Wesen waren. Keines der Kinder konnte sich bewusst an die Welt da draußen, an ihre Familien oder ihre richtigen Namen erinnern. Es kam ihnen so vor, als seien sie schon immer in diesem Labor gewesen. Ganz am Anfang hatte es noch so viele von ihnen gegeben und sie waren zusammen in einem Raum untergebracht gewesen. Erst als sie größer wurden und ihre Zahl schon begonnen hatte, sich zu dezimieren, hatte Orochimaru sie in verschiedene Räume aufgeteilt. Yamato wusste es nicht mehr ganz genau, aber er schätzte, dass ursprünglich etwa 20 Kinder mit ihm in diesem Raum gewesen waren. Es war immer kalt darin und eng und nie sehr hell. Den ganzen Tag (sie wussten nicht, dass es einen Tag und im Unterschied dazu eine Nacht gab) verbrachten sie in diesem Raum, bis Orochimaru vorbeikam, seine Forschungsobjekte überprüfte und einige von ihnen mitnahm, um weitere Versuche durchzuführen. Hin und wieder kroch dabei eine Schlange neben ihm her und manchmal näherte sie sich den Kindern. Von Anfang an hatte Yamato sich vor diesen unberechenbaren Wesen gefürchtet. Yamato erinnerte sich an das Stechen jeder Injektionsnadel, an jeden Schmerz, der darauf folgte, an jeden Schrei, wenn eines der Kinder es nicht mehr aushielt oder einen grausamen Tod infolge der Versuche gestorben war. Besonders schlimm war es, wenn Letzteres passierte, während sie in ihrem Raum waren und es hilflos mitansehen mussten. Manchmal kam Orochimaru einige Tage lang nicht vorbei und so blieben die leblosen Körper für diese Zeit einfach dort liegen.

Irgendwann waren nur noch Yamato und ein Mädchen übrig geblieben. Sie hatte die Nummer 58 und wirkte ein wenig älter als er. Oft erzählte sie davon, wie sie in ihren Träumen zwei Menschen gesehen hatte, die sie ganz anders behandelten als Orochimaru. Sie erzählte von Wärme und einem Licht, welches nicht wie das aussah, das sie kannten. Und wenn sie davon berichtete, glänzten ihre Augen und sie lächelte. Yamato mochte es sehr, wenn sie dies tat.

„Ich würde zu gerne dieses Licht suchen gehen“, sagte sie eines Tages.

„Es suchen gehen?“ Er sah sie fragend an. „Wo?“

„Na, da draußen.“

„Draußen?“

„Hast du dich nie gefragt, ob es nicht noch mehr gibt als das hier?“

„Doch.“

„Wollen wir es dann irgendwann zusammen suchen gehen?“

Allein bei der Vorstellung fühlte er ein wohliges Gefühl in seinem Inneren. „ Ja. Sehr gerne.“

Kurz darauf starb sie und Yamato legte sie zu den anderen (Orochimaru war schon seit Tagen nicht mehr da gewesen), ehe er sich auf den Boden setzte und seine Beine umklammerte. Er wartete darauf, dass er als nächster an der Reihe war. Er wartete und wartete und wartete so lange, doch nichts passierte. Stattdessen wurde es plötzlich irgendwann laut und ein Mann mit leuchtend hellen Haare kam durch die Tür gestürzt. Der Mann sprach ihn an und lächelte und als Yamato daraufhin wieder ein wohlig-warmes Gefühl in seinem Inneren verspürte, fragte er sich, ob dieser Mann das Licht war, von dem das Mädchen gesprochen hatte.

So detailliert er sich auch an seine Gefangenschaft erinnern konnte, er wusste noch erstaunlich wenig über seine Rettung und die Zeit danach. Es war damals einfach zu viel gewesen. Plötzlich hatte es so viele Menschen gegeben, so viele Dinge, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Und immer war es so hell. Nach einiger Zeit irritierte ihn dies jedoch nicht mehr, viel mehr mochte er es. Er mochte die Sonne und das viele Grün, das es überall gab und das überhaupt erst dank der Sonne existieren konnte.

Irgendwann hatte Minato ihn gefragt, ob er mit einem neuen Namen einverstanden wäre. Yamato hatte ihn daraufhin nur fragend angeblickt.

„Weißt du“, erklärte Minato weiter, „eine Freundin von mir findet den Namen Tenzou sehr schön. Ich dachte mir, vielleicht willst du so heißen?“

Es war ihm relativ egal, aber wenn der Mann mit den sonnengelben Haaren ihn so nennen wollte, dann sollte er das gerne tun.

Minato hatte ihn nur zu einem Teil befreien können, denn in Konoha hatte man Angst vor allem, was mit Orochimaru zu tun hatte. Zu Beginn wurden nur wenige Leute in die Geheimnisse, die Yamatos Existenz umgaben, eingeweiht. Es herrschte keine Einigkeit, was man mit ihm machen sollte. Nicht einmal ein Jahr lang war er auf die Akademie gegangen (länger hätte er auch nicht gebraucht) und währenddessen war ihm größerer Kontakt zu anderen Kindern verboten worden. Jahrelang wurde er von Team zu Team gereicht, denn niemand wollte „die mögliche Gefahr“ oder „die Schande Konohas“ länger um sich haben. („Was man unserem verehrten Shodaime-sama damit angetan hat! Sein Erbe so in den Dreck zu ziehen!“, hatte ein Shinobi mal zu ihm gesagt und ihn damit dazu gebracht, sich dafür zu entschuldigen, eine Schande für das Dorf und seinen Gründer zu sein. Nachdem der Sandaime davon gehört hatte, musste er diesem versprechen, sich nie wieder dafür zu entschuldigen.)

Der Beschluss, ihn zu den Anbu zu schicken, hatte nicht nur mit seinen herausragenden Fähigkeiten zu tun gehabt. Überwachen musste man ihn so oder so, da schien es praktisch, ihn einer Anbu-Einheit zu unterstellen. Aber wieder wurde er von Team zu Team gereicht. Erst viele, viele Jahre später, und mit Sicherheit dank Kakashis Bemühungen, hatte Yamato wirklich von Freiheit sprechen können.

Wie bitter, dass sein Leben nun aber da zu enden schien, wo es begonnen hatte: in der Gefangenschaft einer Schlange, in einem dunklen Verlies.
 

Als Yamato das nächste Mal zu sich kam, merkte er, wie sehr sein Zustand sich verschlimmert hatte. Die „wachen“ Phasen wurden immer kürzer und seine Gedanken immer vernebelter. Dies musste es sein. Er spürte, wie er sich seinem Ende näherte. Daher zwang er sich dazu, ein letztes Mal an irgendeine schöne Erinnerung zu denken.

Dann war nichts mehr.

There will come a time you´ll see

With no more tears

And love will not break your heart

But dismiss your fears

Get over your hill and see what you find there

With grace in your heart and flowers in your hair
 

(After the storm)
 

Kakashi hatte fassungslos mitangesehen, wie Obito Yamato aus diesem … was auch immer das war, befreit hatte. Und es war bitter, dass dies so ziemlich alles gewesen war, was er hatte tun können. Dann zerfiel Obitos Körper und ließ nichts mehr von dem kurz zuvor geläuterten Uchiha übrig. Kakashi, selbst durch den vorangegangen Kampf gegen Madara völlig am Ende seiner Kräfte, brach neben dem bewusstlosen und sterbenden Yamato zusammen und hoffte nur noch, dass es ihn nun endlich auch treffen würde. Alles andere wäre ihm wie ein bitterböser Scherz vorgekommen. Es war seine Schuld. Dies alles war seine Schuld. Er hätte Tenzou niemals auch nur in seine Nähe lassen dürfen. Kakashi blickte zu seinem Kameraden. Er hatte befürchtet, dass dies passieren würde und doch hatte er damals zugestimmt. Obwohl er damals gewusst hatte, dass er niemanden beschützen konnte. Obwohl er wusste, was mit Menschen passierte, die ihm etwas bedeuteten, hatte er Yamato nicht auf Distanz gehalten. Aus Gründen, die er sich selbst nicht erklären konnte, hatte Kakashi gehofft, Yamato hätte eine Ausnahme sein können. Er hatte es damals gehofft und er hatte es bis vor kurzem sogar fast geglaubt, bis die Nachricht gekommen war, dass Yamato von Kabuto gefangen genommen worden war. Kakashi hatte sich diese Nachricht mit dem emotionslosesten Blick angehört, den er hatte aufsetzen können. Dann hatte er einmal trocken geschluckt und weiter dabei geholfen, an der Taktik für den Krieg zu arbeiten. Er war selbst ein wenig erstaunt gewesen, wie gut er diesen Umstand hatte verdrängen können, wie schnell er Yamatos Tod hatte hinnehmen können. Vielleicht, hatte Kakashi gedacht, war er doch noch viel, viel herzloser als er bis dahin vermutet hatte. Vielleicht – diese Variante kam von einer kleinen, leisen Stimme in seinem Innern, von der er nicht gedacht hatte, sie überhaupt noch zu hören und die man im Allgemeinen Hoffnung nannte – hatte er die Nachricht auch nur so leicht weggesteckt, weil die (verschwindend geringe) Möglichkeit bestanden hatte, Yamato noch zu retten. Denn es war klar gewesen, dass der Feind von ihm Informationen hatte haben wollen (dass er auch noch benutzt worden war, um die feindliche Armee aufzurüsten, hatte die Situation im großen Ganzen noch verschlimmert, hatte aber auch geheißen, dass er sehr wahrscheinlich dafür am Leben gelassen worden war). Dass sich „der Feind“ als Obito herausgestellt hatte, war das absurdeste und schmerzhafteste, was Kakashi je erlebt hatte. Eine Welt, in der Obito für Tenzous Leid verantwortlich war, war so bizarr, dass sie unwirklich erschien. Während Naruto und Sasuke Madara erledigten, (er selbst war so nutzlos geworden), hatte der zur Besinnung gebrachte Obito Yamato erwähnt. Dann hatte Obito sein letztes Chakra für die Befreiung des Anderen verbraucht.

Kakashi röchelte erbärmlich, während er wieder und wieder die verhängnisvolle Kausalkette durchging, die zu all diesem Unglück geführt hatte; die dazu geführt hatte, dass er nun hier zusammen mit Tenzou auf den Tod wartete. Letztlich war nicht irgendein Iwa-Nin schuld an Obitos vermeintlichem Tod, oder Madara schuld an Rins Tod oder Obito schuld an Yamatos Tod. Letztlich war all dies seine Schuld.

Er hätte damals niemals zustimmen dürfen, waren seine letzten Gedanken, ehe ihm schwarz vor Augen wurde und er nicht mehr mitbekam, wie Sakura verzweifelt seinen Namen schrie.
 

Kakashi blinzelte müde, als er in drei besorgt blickende Augenpaare über sich sah (eigentlich schauten nur zwei wirklich besorgt und das dritte eher ... angepisst). Wie es aussah, war er zurück in Konoha. Und mal wieder hatte eine seiner Anbu-Missionen im Krankenhaus geendet.

„Sieh an, sieh an, wer ist denn da wieder in der wunderbaren Welt des Bewusstseins?“, begrüßte ihn der junge Shinobi scherzhaft, der wie die drei anderen in eine Anbu-Uniform gekleidet war.

„Wir haben uns Sorgen gemacht, du Held“, sagte die neben ihm stehende Kunoichi vorwurfsvoll.

„Freut mich auch, euch zu sehen und ... nicht nötig“, erwiderte Kakashi trocken und versuchte sogleich, sich aufzurichten, was aber erschreckend mehr weh tat als er befürchtet hatte.

„Bleib bloß liegen.“ Genma sah nicht nur angepisst aus, er klang auch so. „Kannst du mir verraten, was du dir dabei gedacht hast?“

„Und mit euch ist alles in Ordnung?“, fragte Kakashi, die an ihn gerichtete Frage komplett ignorierend.

„Alles noch dran“, antwortete der erste.

„Dank dir“, ergänzte die Kunoichi.

Kakashi lächelte. Was Genma zum Seufzen brachte.

„Was mach ich nur mit dir? Was bitte geht in deinem Kopf vor, wenn du dich in den Angriff eines Gegners schmeißt?“

„Der Angriff hätte sonst uns alle getroffen“, antwortete Kakashi und er hätte mit den Schultern gezuckt, wenn dies nicht so verdammt weh getan hätte.

Genma schüttelte den Kopf und wandte sich an die beiden anderen. „Arai, Ressa, lasst uns mal alleine.“

„Sei nicht zu streng mit ihm, Taichou“, sagte Ressa, die Kunoichi.

„Auch wenn er immer munter deine Befehle missachtet“, fügte Arai leise, aber hörbar hinzu und machte sich mit seiner Kameradin schnell aus dem Staub, als Genma ihm einen giftigen Blick zuwarf.

Sobald sie zur Tür hinaus waren, seufzte Genma erneut und blickte zu Kakashi. Er sah aus, als würde er etwas sagen wollte, zögerte aber, deswegen ergriff Kakashi das Wort.

„Ich weiß, du hast gesagt, ich sollte die Schriftrolle an mich nehmen und gehen, aber die beiden anderen waren umstellt, daher bin ich-“

Genma stöhnte ein weiteres Mal und unterbrach den Jüngeren so. „Schon klar, Kakashi. Schon klar. War ja nicht das erste Mal.“

Kakashi hob fragend eine Augenbraue. „Bist du sauer, weil ich mal wieder deine Autorität untergraben habe oder weil ich dem Missionsziel nicht die oberste Priorität eingeräumt habe?“

„Keins von beidem.“ Genma lachte kurz und bitter. „Das wird nämlich alles bald nicht mehr mein Problem sein.“

Kakashi erwiderte mit einem irritiertem Blick, sodass der Ältere fortfuhr: „Ich bin raus aus der Anbu-Sache.“

„Wie meinst du das?“

„Ich hab davon erst mal genug und der Hokage lässt mich gehen, also ... “ Genma zuckte mit den Schultern.

Nur kurz ließ Kakashi die Nachricht sinken, ehe er mit einem leicht besorgten Tonfall fragte: „Hat der Hokage schon etwas über einen neuen Teamführer gesagt?“

„Oh ja.“ Genma lächelte verschmitzt. „Er hat einen Nachfolger vorgeschlagen und mich gefragt, was ich von ihm halte.“

„Und? Kenne ich ihn?“ Genma war klar, dass Kakashis Sorge sich darauf bezog, wer als sein Nachfolger ausgewählt würde. Kakashis „Kameraden vor Mission“-Mentalität passte nicht zum „Mission vor Kameraden“- Grundsatz der Shinobi. In den Reihen der Anbu tat es dies noch viel weniger als sonst wo. Er selbst hatte sich nach einer Weile mit Kakashi arrangiert (so wie er sich mit allen Eigenarten des komplizierten Jüngeren arrangiert hatte) und seine einzige Sorge lag nun darin, was aus Kakashi werden würde. Aber wenn Kakashi diese Verantwortung übernehmen würde, würde es vielleicht etwas ändern, oder?

„Du kennst ihn sogar sehr gut. Aber er ist ein schwieriger Typ. Ich denke, du könntest Probleme mit ihm haben.“ Genma beobachtete, wie Kakashi leicht angespannt wurde und gleichzeitig sich den Kopf darüber zerbrach, von wem hier die Rede war. „Das hab ich dem Hokage auch gesagt. Und dass ich trotzdem glaube, dass er einen guten Anführer abgibt.“

„Wer ist es?“

Erneut lächelte der Ältere verschmitzt. „Du.“

Ein Ausdruck puren Horrors legte sich auf Kakashis Gesicht. Sekundenlang starrte er den Anderen nur entgeistert an, ehe er trotzig (und fast schon ein wenig wütend) erwiderte: „Nein.“

Was Genma erneut zum Seufzen brachte. Das hatte er befürchtet. „Und wieso nicht?“

Kakashi warf ihm einen ungläubigen Blick zu, als würde er es für unsinnig erachten, darauf wirklich antworten zu müssen. Er setzte zu einer Antwort an, doch Genma wandte zuvor noch ein: „Du solltest wissen, dass du ein Senbon zwischen deinen Augen haben wirst, wenn deine Antwort die Namen Obito oder Rin enthält.“ Es schmerzte ihn sehr, dass Kakashi auch nur bei der Erwähnung dieser Namen zusammenzuckte. „Das ist Jahre her.“ Vielleicht kam es ein wenig herzlos daher. „Komm endlich darüber hinweg.“ Vielleicht kam es sehr herzlos daher. „Weder der Hokage, noch ich hätten dich als Teamführer vorgeschlagen, wenn wir nicht wirklich glauben würden, dass du ein Team führen könntest.“ Aber es war die Wahrheit. Und Genma war es leid - bei aller Geduld, die er für Kakashi aufbrachte – dass der Jüngere nur in der Vergangenheit lebte.

„Glaub es oder glaub es nicht“, antwortete Kakashi nach einer kurzen Phase des Schweigens. „Aber auch du und der Hokage können mal falsch liegen. Ich werde kein Team führen.“

„Tsk.“ Genma schüttelte den Kopf. „Denk mal kurz nach, du Genie. Du hast die Wahl: Entweder du verzichtest und legst dich somit auf ewig mit wechselnden Vorgesetzten an. Oder du nimmst an und musst nie wieder lange Reden über Prioritäten über dich ergehen lassen. … Außer vom Hokage und den Leuchten vom Ältestenrat vielleicht.“ Als er sah, dass dies Kakashi nachdenklich stimmte, ließ er bereits mit einem siegreichen Lächeln im Gesicht sein Senbon in den anderen Mundwinkel wandern. „Du willst wirklich deine Kameraden beschützen? Ich würde sagen, hier bietet sich die optimale Möglichkeit.“
 

Kakashi erwachte alleine in einem Krankenhauszimmer. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo er war und was zuletzt passiert war.

Er war nicht tot. Immer noch nicht.

Und anscheinend befand er sich wieder in Konoha. Aber was war mit allen anderen? War Madara endgültig besiegt? Kakashi überprüfte, ob es ihm irgendwie möglich war, aufzustehen. Absolut jede Faser seines Körpers schmerzte, von den Stellen, an denen er Verletzungen davon getragen hatte, gar nicht zu sprechen. Über seinem linken Auge war ein Verband, was vermutlich kein gutes Zeichen für den Zustand seines Sharingans war. Der Gedanke an dieses Auge ließ seinen Verstand sofort zu Obito wandern und Kakashi fiel es schwer, die Flut an Gedanken, die damit aufkam, zu unterdrücken. Er versuchte es dennoch, denn es war nun erst einmal wichtiger, herauszufinden, was mit seinem Team war. Mit erheblichen Mühen (hatte allein das Atmen schon immer so viel Kraft gekostet?) schaffte er es, sich ein Stück aufzurichten und mit dem linken Arm an den Zugängen zu ziehen, die im anderen Arm steckten.

„Sensei!“ Sakuras Stimme ließ ihn zur Tür blicken. Sie lief auf ihn zu. „Nicht doch, was machst du denn?“ Verärgert, aber mit hörbarer Erleichterung in der Stimme, schob sie seinen Arm zur Seite und drückte ihren Lehrer sanft ins Bett zurück.

„Sakura?“ Seine Stimme klang rau, so als sei sie länger nicht benutzt worden. „Geht es dir gut? Wo ist Naruto? Sai? Was ist mit Sasuke? Ist Madara tot?“

Mit einem schwachen Lächeln überprüfte die Kunoichi die Zugänge, an denen Kakashi sich zu schaffen gemacht hatte. „Mit uns ist alles in Ordnung. Naja, Naruto erholt sich noch, aber er wird wieder. Sasuke ist bei ihm und Sai im Moment ebenso. Und ja, Madara ist tot. Es ist vorbei.“

Kakashi atmete aus. Aber erleichtert sah er nicht aus, wie Sakura fand.

Offensichtlich dachte er über etwas nach. „Wie lange sind wir schon wieder in Konoha?“

„Etwa fünf Tage.“

Fünf Tage? Kakashis irritierter Blick ließ Sakura ihre Erklärung fortführen: „Es ist mehr als eine Woche her, dass Naruto Madara besiegt hat. Du hast uns ganz schön Sorgen bereitet, Sensei.“

„Tut mir leid.“ Kakashi schenkte ihr sein Standard-Lächeln. „War nicht meine Absicht.“

Das Lächeln zeigte nur bedingt die gewünschte Wirkung und Sakura blickte ihn weiter sorgenvoll an. „Ich bin so froh, dass wir noch rechtzeitig gekommen sind. Besonders bei Yamato-taichou war es sehr knapp gewesen.“

Wenn Kakashi nicht schon weiß wie eine Wand gewesen wäre, er wäre es nun sicher geworden. Eine gefühlte Ewigkeit starrte er Sakura an als wäre sie ein Geist. Er hatte die Frage nach Tenzou vermieden, denn er war bis gerade eben felsenfest davon ausgegangen, dass dieser tot war. Aber er lebte ... ? „Was ist mit Ten- … Yamato?“

„Das wissen wir nicht genau. Er hat bisher das Bewusstsein noch nicht wieder erlangt. Da fällt mir ein, ich sollte Tsunade Bescheid sagen, wenn du aufgewacht bist. Sie wollte mit dir sprechen.“ Sakura versuchte zu lächeln, aber Kakashi erkannte ein gezwungenes Lächeln, wenn er eins sah. „Versprich mir, dass du ruhig liegen bleibst, während ich Tsunade hole.“

Kakashi lächelte. „Natürlich.“ Sakura erkannte die Falschheit seines Lächelns entweder nicht oder ignorierte sie.

Keine Sekunde nachdem sie zur Tür hinaus war, biss Kakashi die Zähne zusammen, richtete sich auf und entfernte mit einem schmerzvollen Ruck die Zugänge. Dafür dürfte er sich wahrscheinlich von der Hokage wieder etwas anhören.
 

Kakashi seufzte innerlich, als er Ressa und Arai hinter sich diskutieren hörte. Vermutlich dachten die beiden wirklich, sie wären rücksichtsvoll.

„Ich hab keine Lust, mir erneut Ärger einzuhandeln. Geh du dieses Mal“, zischte Arai.

„Waaas? Wieso ich? … Na gut, na gut.“

Ressa schlich sich bedächtig neben Kakashi und dieser warf ihr nur einen kurzen Blick zu, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem Gedenkstein vor sich widmete. „Was ist?“

Sie lachte verlegen. „Tja, ähm, also … der Hokage schickt uns. Du solltest dich doch heute mit ihm treffen.“

„Ich weiß. Und?“

Sie stöhnte. „Ich weiß, du hast da diese Angewohnheit, zu spät zu kommen, aber … ehrlich, Kakashi, du kannst doch nicht den Sandaime drei Stunden warten lassen.“

Plötzlich hatte sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Drei Stunden …?“ Ja, er hatte diese Angewohnheit, aber er hatte wirklich nicht geplant gehabt, den Sandaime so lange warten zu lassen. Die Zeit schien anders zu verlaufen, wenn man am Heldendenkmal stand. „Ah, ja, danke.“ Kakashi versuchte sein Bestes, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er selbst erstaunt darüber war, die Zeit dermaßen aus den Augen verloren zu haben. Bevor seine Teamkameraden irgendetwas sagen konnten, verschwand er in einer Rauchwolke.

Nur Sekunden später klopfte er an die Tür des Hokage und trat ein.

Der alte Mann war offensichtlich nicht glücklich mit ihm. „Wer hätte gedacht, dass das heute noch etwas wird“, sagte er mit einem tiefen Seufzer, als er Kakashi erblickte.

„Entschuldigt, ich hatte noch eine Besprechung mit meinem Team.“ Davon abgesehen, dass Kakashi nicht einmal rot bei dieser dreisten Lüge wurde (nicht, dass irgendwer das überhaupt hätte sehen können), es kam ihm entsetzlich merkwürdig vor von seinem Team zu sprechen.

„So? Gibt es irgendwelche Probleme?“

„Nein, alles in Ordnung.“ Davon abgesehen, dass es ihn in Unruhe versetzte, für ein Team verantwortlich zu sein.

„Gut. Denn es hat mit deinem Team zu tun, dass ich dich sprechen wollte.“ Der Hokage zog einmal an seiner Pfeife. „Wie du weißt, fehlt euch ein viertes Mitglied.“

Ah, darum ging es also. Die Zuteilung eines neuen Mitglieds dauerte immerhin nicht lange (oder wie Genma es einmal ausgedrückt hatte: „Uns wird jemand zugeteilt, weswegen ich mich ausgiebig darüber informieren muss.... Bin in fünf Minuten wieder da.“) und selbst wenn es um einen absoluten Anbu-Neuling ging, konnte diese Besprechung nicht allzu lange dauern. Kakashi hatte noch keine Ahnung, wie falsch er mit seiner Annahme lag.

„Ich habe lange darüber nachgedacht“, fuhr der Sandaime fort. „Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dich um deine Meinung in dieser Sache zu fragen.“

„Handelt es sich um einen neuen Rekruten?“

„Nein.“

Hmm? Kakashi hob fragend eine Augenbraue, während der Sandaime weiter erläuterte: „Dieser Junge ist schon eine Weile ein Anbu. Er war schon in verschiedenen Teams ...“ Er machte eine kurze, nachdenkliche Pause, bevor er sehr, sehr ernst fortfuhr: „Du solltest wissen, dass alles, was wir jetzt besprechen unter die höchste Geheimhaltungsstufe fällt. Du darfst niemandem gegenüber auch nur ein Wort darüber verlieren. Hast du das verstanden?“

„Natürlich.“ Er war schließlich ein Anbu. Geheimhaltung gehörte dazu wie die Luft zum Atmen. Vermutlich räumten einige der Geheimhaltung sogar eine höhere Priorität ein. Langsam wurde dies hier allerdings merkwürdig. Es wurde sicher nicht so ein Spiel veranstaltet, wenn es um ein gewöhnliches Anbu-Mitglied ging.

„Du hast sicher schon einmal von den herausragenden Fähigkeiten des ersten Hokage gehört. Von der besonderen Fähigkeit, die man Mokuton nannte?“

Zuerst bekam er nur ein Stirnrunzeln zur Antwort. Wieso in aller Welt gab es jetzt eine Lektion über den ersten Hokage? Kakashi entschied sich, lediglich zu nicken.

„Obwohl wir in Konoha diese Fähigkeit so sehr benötigen, hat es leider nie wieder jemanden gegeben, der von Natur aus darüber verfügt hat.“ Erneut folgte eine bedeutungsschwere Pause. „Es gab sogar eine Zeit, in der damit experimentiert wurde, diese Fähigkeit anderen Shinobi künstlich zu verleihen.“

Kakashis Stirnrunzeln wurde noch tiefer, als er das Wort „experimentiert“ hörte.

„Jedoch verliefen diese Versuche verheerend für die Probanden und die Experimente wurden auf offizieller Seite eingestellt ...“

Der Ausdruck „offizieller Seite“ gefiel ihm noch deutlich weniger, denn wo es eine offizielle Seite gab, gab es stets auch eine inoffizielle.

Der Sandaime nahm hörbar Luft. „Orochimaru hat im Geheimen diese Experimente fortgeführt. An 60 Kindern, die er damals entführt hatte. Von diesen hat, mit Ausnahme von einem, keines überlebt.“

Kakashi hatte das ungute Gefühl, zu wissen, worauf dies hinauslaufen sollte.

„Der Überlebende wurde vor etwa neun Jahren aus den unterirdischen Laboren befreit und im Geheimen im Anbu-Hauptquartier aufgezogen.“

Es bestand eigentlich kein Zweifel daran, warum der Hokage ihm dies alles erzählte. Und trotzdem. „Dieser Überlebende soll meinem Team zugeteilt werden?“ Er fühlte sich bestätigt, als der Hokage ihm eine Akte hinhielt, worauf der neu ernannte Teamführer heran trat und die Akte an sich nahm.

Der Sandaime zog nachdenklich an seiner Pfeife. „Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass viele dem Jungen gegenüber Vorurteile haben und er deswegen noch nie lange im gleichen Team war ... “

Herrlich. So jemand verstand mit Sicherheit nicht viel von Teamwork.

„ … wenn du also von vorneherein ablehnen möchtest, kannst du dies tun.“

Kakashi seufzte innerlich. Ein Teil von ihm fragte sich, warum er nicht schon längst abgelehnt hatte. Er wollte sich doch wohl nicht mit solchen Problemfällen beladen? Was ging ihn dies alles an? Ein anderer Teil – ein Teil, der in seiner Vorstellung genau so aussah und sich genau so anhörte wie Obito – brüllte entgeistert dazwischen: Das ist jawohl nicht dein Ernst?! Der Junge kann doch nichts dafür, dass er von dem gruseligen Schlangenmann entführt worden ist!! Und dann erst der Teil mit den Experimenten!! Und aufgewachsen unter Anbu!! Hast du überhaupt zugehört?? Das klingt voll schlimm. Du musst ihm helfen, Kakashi. Du musst.

Bei der Vorstellung, dass Obito dies sagen würde, seufzte Kakashi erneut. Er hasste es, wenn Obito (auch wenn es ihn nur in seinem Kopf gab) Recht hatte. Und er mochte es nicht wirklich mehr, dass er sich so gut vorstellen konnte, wie Rin mit diesem entschlossenen Gesichtsausdruck, den sie so oft gehabt hatte, sich Obitos Meinung anschließen würde. Wenn Rin hier gewesen wäre, wäre sie sowieso die Erste gewesen, die den mysteriösen Jungen mit Hilfsangeboten überschüttet hätte. Aber Rin war nicht mehr hier. Kakashi bemerkte, dass es ihm nicht gut tat über sein altes Team nachzudenken. Um sich selbst aus seinen Gedanken zu reißen, öffnete er hastig die Akte des Jungen und erstarrte. Da, direkt auf der ersten Seite, fand er einen Namen, der alles andere tat als ihn von seinem alten Team abzulenken. Sein Lehrer war es gewesen, der diesen Jungen aus Orochimarus Labor gerettet hatte?? Kakashi versuchte instinktiv, sich gegen den Gedanken zu wehren, dass dies ein Zeichen sein sollte.

Er blickte wieder von der Akte hoch, als die zwei Berater des Hokage, samt Danzou, eintraten. Was nun folgte, war der anstrengendste Redeschwall gewesen, den er je hatte über sich ergehen lassen müssen. Die drei Hinzugekommenen wollten nämlich ihre Sicht der Dinge unbedingt loswerden und taten dies sogleich, nachdem sie den Anbu dafür gerüffelt hatten, zum eigentlich ausgemachten Zeitpunkt nicht da gewesen zu sein. Kakashi ließ alles über sich ergehen. Jede Auflistung einer möglichen Gefahr, die der Junge darstellen könnte; jede noch so weit hergeholte Begründung, warum dem so wäre. Er hörte all diesem auch wirklich, wirklich zu, aber es ließ ihn innerlich mit den Augen rollen. Warum sollte jemand zu Orochimarus Gefolgsleuten gehören, dem (er blickte immer mal wieder während des Gesprächs in die Akte) so furchtbare Dinge von eben diesem angetan worden waren? Dem Jungen war ein Stempel aufgedrückt worden, auf den er selbst keinen Einfluss gehabt hatte. Wie es schien, versuchte er allerdings gegen diesen Stempel anzukämpfen. Inzwischen war auch noch der vorige Teamführer hinzugekommen und berichtete, dass Tenzou (eigenartiger Name) vom Verhalten her unauffällig war und jeden Auftrag gewissenhaft ausführte. Leider interessierte dies kaum jemanden. Die anderen sahen ihn ihm nichts anderes als das, was sie sehen wollten. Bitter kam Kakashi der Gedanke, wie bekannt es ihm vorkam, dass vom Tun eines Menschen auf einem mit diesem in Verbindung gebrachten Menschen geschlossen wurde. Hätte er selbst damals nicht Minato gehabt, der zu ihm gehalten hatte, egal, was sein Vater getan (oder eben nicht getan) hatte, wäre ihm auch keine Chance gegeben worden, um sich zu beweisen. Minato. Kakashi starrte abermals auf die Akte.

„Wie lautet deine Entscheidung, Kakashi? Was denkst du darüber?“, fragte der Hokage und Kakashi sah mit müdem Blick zu ihm hoch.

„Ich denke … es hat sich noch nicht einmal jemand die Mühe gemacht, dem Jungen einen Nachnamen zu geben.“
 

Wie er es beinahe schon befürchtet hatte, kam Kakashi nicht weit. Sein Körper machte absolut nicht das, was er sollte und alleine auf dem Weg von seinem Bett zur Tür war er schon zweimal zu Boden gestürzt. Er wollte nur selbst sehen, dass Yamato tatsächlich noch lebte; dass sein komplettes Team es tatsächlich nach Hause geschafft hatte. Kakashi schaffte es irgendwie, die Tür zu öffnen und in den Flur zu gelangen, bevor er fast erneut dem Boden näher gekommen wäre. Jemand fing ihn in letzter Sekunde auf.

„Kakashi-taichou, Sie dürfen sicher noch nicht hier herumlaufen“, sagte Sai emotionslos, während er den Älteren wieder aufrichtete.

„Verrat es bitte keinem.“ Er schenkte dem Jungen sein Standard-Lächeln. „Und danke.“

„Ich werde Sie zurück auf Ihr Zim-“

„Nein, warte kurz. Kannst du mich zu Yamatos Zimmer bringen?“

Sai blickte ihn fragend an. „Wieso?“

„Bitte. Tu es einfach.“

„Ich glaube nicht, dass Sakura oder die Hokage dies dulden würden.“

„Vermutlich nicht, aber bitte tu mir diesen Gefallen.“

Sai musterte Kakashis Gesicht. „Das ist Ihnen wirklich wichtig, oder?“

Er nickte. „Ja.“

Für einen Moment dachte Sai nach. Dann, endlich, stimmte er zu Kakashis Erleichterung zu und brachte seinen Vorgesetzten, auf sich gestützt, in das Zimmer seines anderen Vorgesetzten. Er stellte für Kakashi einen Stuhl an Yamatos Bett und platzierte ihn vorsichtig darauf. Offensichtlich hatte Sai kein gutes Gefühl dabei. Kakashi wirkte alles andere als in der Lage, sich derart viel bewegen zu dürfen.

„Soll ich Sie alleine lassen?“

„Ja. Bitt-“, Kakashi hustete erbärmlich.

Mit unsicherem Blick verließ Sai das Zimmer. Nachdem Kakashi seinen Hustenanfall beendet hatte, sah er auf. Er ließ seinen Blick von den vier verschiedenen Infusionen, über den monoton piepsenden Herzmonitor (wie beruhigend dieses Geräusch sein konnte), hin zu Yamatos bleichen, eingefallenen Gesichtszügen schweifen. Immerhin atmete er selbstständig. Kakashi konnte sich nicht erinnern, dass Tenzou je so ungesund ausgesehen hatte. Nicht einmal, als er sich auf dieser Mission damals selbst schockgefroren hatte, als er in das Eis eingebrochen war. Kakashi musste bei der Erinnerung für einen verschwindend kurzen Moment schmunzeln. Tenzou hatte ihn so oft mit seiner Zähheit überrascht. Er hatte schon so viel überlebt, er würde sicher nicht jetzt damit aufhören. Sicher nicht …
 

Zu sagen, Kakashi wäre überrascht gewesen, traf es nicht ganz. Er hatte sich vorgestellt, einen verbitterten, wahrscheinlich auf die Welt wütenden Shinobi anzutreffen. Aber stattdessen stand da nur dieser kleine Junge, der mit großen, dunklen (Katzen-)Augen unsicher zu ihm hoch blickte. Und er wirkte so gar nicht wütend oder verbittert. Auch die anderen beiden teilten diesen ersten Eindruck. Als Kakashi nach ihrer ersten gemeinsamen Mission Ressa und Arai fragte, was sie von ihrem Neuzugang hielten (und er hatte sie auf Geheiß des Hokage in diese Mokuton-Sache eingeweiht. Es machte keinen Sinn, die Teammitglieder nicht einzuweihen. Früher oder später würden sie das Mokuton sehen und Fragen stellen), antwortete die Kunoichi mit einem Lächeln: „Oooh, ich finde den Kleinen niedlich. Können wir ihn behalten?“

„Keine Bedenken wegen des Orochimaru-Teils seiner Geschichte?“, hakte Kakashi nach.

Arai zuckte daraufhin mit den Schultern. „Wenn er gefährlich wäre, wärst du der Letzte, der ihn in unserem Team erlauben würde, richtig?“

Kakashi hatte es nur bedingt gezeigt, aber er war stolz auf sein Team gewesen. Und er hatte jedes Recht noch stolzer auf sie zu werden, denn wie die darauffolgenden Wochen zeigten, funktionierten sie als Team einwandfrei. Bis zu dem Moment, den Kakashi gefürchtet hatte. Die Ninja, die sie aus dem Hinterhalt angegriffen hatten, waren ihnen zahlenmäßig weit überlegen gewesen. Sie trennten die Gruppe voneinander und obwohl Kakashi das größtmögliche Vertrauen in die Fähigkeiten der anderen setzte, überkam ihn dieses hilflose Gefühl, welches er schon zu oft gespürt hatte. Arai fiel, geradezu zerfetzt vom Gegner, als Erster und das hätte eigentlich schon gereicht, um Kakashi die Gewissheit zu geben, dass es ein Fehler gewesen war, ihm ein Team anzuvertrauen. Nachdem er die restlichen Angreifer ins Jenseits befördert hatte, lief Kakashi zurück zu dem Punkt, an dem er Ressa und Tenzou zuletzt gesehen hatte. Ressa war tot. Eine riesige Blutlache hatte sich um ihren Körper gesammelt und ließ ein Gefühl der Panik in ihm aufsteigen. Und nur wenige Meter neben ihr lag regungslos der Junge, für den er nie die Verantwortung hätte übernehmen dürfen. Kakashi fühlte, wie alles in seinem Innern sich zusammenzog. Es konnte nicht wahr sein, dass er wieder der Einzige seines Teams war, der überlebt hatte und nach Hause zurückkehren durfte. Geistesabwesend legte sich die rechte Hand Kakashis derweil auf eine Wunde in der Bauchgegend und er bemerkte sie erst, als seine Hand von der warmen Nässe seines Blutes getränkt war. Mit geistesabwesenden Blick betrachtete er seine nun blutrot gefärbte Hand und erschrak, als er in seinem Innern eine Stimme hörte, die er nicht hören wollte.

Kommt dir bekannt vor, oder? Nur, dass es dieses Mal dein eigenes Blut an deiner Hand ist.“ Die Stimme klang kühl, mitunter verachtend und war damit eigentlich überhaupt nicht Rins ähnlich. Aber Kakashi hatte diese Stimme schon oft gehört. Es war die ihm (und nur ihm) schon lange bekannte Albtraum-Variante seiner verstorbenen Kameradin. In unregelmäßigen Abständen tauchte sie in seinen Träumen auf und dann sah er sie vor sich. Mitsamt einem klaffenden Loch in der Brust. Neu war nur, dass er sie hörte, während er wach war. „Was ist los? Willst du dein erbärmliches Leben nicht retten, um Weitere ins Verderben zu führen? Wenn du dich jetzt beeilst, wirst du Konoha noch lebend erreichen.“ Es musste am Gift liegen. Und an den Schuldgefühlen. Kakashi verharrte an Ort und Stelle. Er blickte von seiner Hand zu dem am Boden liegenden Jungen.

Und erschrak erneut.

Vielleicht war es eine Einbildung gewesen oder nur ein letztes Zucken seitens Tenzous Körper, aber was auch immer es war, es reichte Kakashi, um zu ihm zu laufen und nach einem Puls zu suchen. Er konnte es kaum glauben, als er tatsächlich einen fand. Tenzous Atmung war schwach, aber sie war noch vorhanden.

Also hast du diesen hier noch nicht umgebracht.“

Hastig, aber vorsichtig zog Kakashi die noch im Körper des Anderen steckenden Kunai heraus und griff in Tenzous Tasche, um sein Gegengift heraus zu holen. Während er ihm mit einer Hand die Ampulle ins Bein rammte, kramte die andere schon Verbandszeug hinaus.

Glaubst du wirklich, du könntest ihn retten?“

„Ja!“, antwortete Kakashi laut, während er notdürftig die schlimmsten Wunden des Anderen versorgte. „Ich werde ihn zurück nach Hause bringen! Ich werde …“

„Bemerkst du gerade, dass das Gegenmittel nicht stark genug war, um das Gift zu neutralisieren? Du machst dich lächerlich. Du hast es noch nie geschafft-“

„Ich weiß! Und es tut mir leid, dass ich dich nicht nach Hause gebracht habe, Rin! Es tut mir so leid! Aber ich werde versuchen ihn zu retten. Ich werde jemanden retten!“ Mit diesen Worten zog Kakashi seine eigene Ampulle Antidot hervor und verabreichte auch dieses Tenzou. Dann hievte er ihn auf seinen Rücken und rannte los.

Rin meldete sich den Rest des Weges nicht mehr zu Wort. Erst, als sie beide lebend in Konoha angekommen waren und Kakashi im gemeinsamen Krankenzimmer darauf wartete, dass Tenzou aufwachte und er so sicher sein konnte, dass dieser wirklich in Ordnung war, hörte er sie wieder. Doch dieses Mal war es die richtige Rin. Und er sah sie vor sich, mit einem Lächeln im Gesicht und ohne blutgetränkte Leere anstelle eines Herzens.

Du hast es geschafft, Kakashi! Du hast jemanden gerettet! Ich bin so stolz auf dich!“

Kakashi musste bei der Vorstellung ihres Anblicks lächeln.

Wirst du ab jetzt immer auf ihn aufpassen?“

„Möchtest du das, Rin?“

Nur, wenn es das ist, was du auch willst.“
 

Die wütenden Schritte und das nicht minder wütende Aufreißen der Tür, welches Kakashi vernahm, konnten nur zu einer Person gehören.

„Hier steckst du!!“ Tsunade sah wirklich, wirklich wütend aus. „Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren??“

Kakashi war sich nicht sicher, ob es im Moment schlau war, darauf eine flapsige Antwort zu geben. Bevor er etwas sagen konnte, wetterte Tsunade weiter.

„Hast du eine Ahnung, was du Sakura für einen Schrecken eingejagt hast?! Aber nein, reiß dir ruhig weiterhin die Zugänge raus. Blute nur nächstes Mal dabei nicht den ganzen Boden voll, ja?!“ Sie griff harsch nach Kakashis blutüberströmten Arm. Die ruckartige Bewegung ließ seinen schmerzenden Körper zusammenzucken, was kurz Besorgnis in den Augen der Godaime aufblitzen ließ. Ihr Blick wurde etwas sanfter und weitaus ruhiger fuhr sie fort: „Warum in aller Welt schleppst du dich in deinem Zustand hier her? Oder lässt dich schleppen.“

„Sai hat dir also gesagt, wo ich bin“, erwiderte Kakashi ruhig.

„Hat er. Und er schien beunruhigt deinetwegen zu sein. Nicht nur er übrigens.“ Tsunade machte eine Pause und sah ihn besorgt an. „Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es dir jetzt geht.... Nach allem, was passiert ist. Nach allem, was war mit … Obito. Aber ich habe die Befürchtung, du-“

Während sie sprach, zeigte Kakashi erst überhaupt keine Reaktion, doch dann lächelte er plötzlich und unterbrach sie. „Ah, nein, nein. Mach dir keine Sorgen meinetwegen.“

Tsunade stutzte und schüttelte den Kopf. „Das beruhigt mich kein bisschen. Allein die Tatsache, dass du hier herum läufst, obwohl dich schon das umbringen könnte.“

Kakashi wandte seinen wieder ernsten Blick von ihr ab und erneut Yamato zu. „Was ist mit ihm?“, fragte er, Tsunades vorangegangene Worte komplett ignorierend.

Der besorgte Blick der Godaime verharrte noch einen Moment auf ihrem silberhaarigen Sorgenkind, ehe er ebenfalls zu Yamato wanderte. „Das … weiß ich nicht genau.“

Irritiert sah Kakashi zu ihr hoch. Doch Tsunade erwiderte seinen Blick nicht, auch wenn sie ihn wahrgenommen hatte, und trat näher an Yamatos Bett heran, um seine Krankenakte aufzulesen.

„Seine Verletzungen halten sich in Grenzen. Ein paar gebrochene Rippen, Schrammen, Prellungen, … nichts, was wir nicht wieder hinbekommen. Wir haben mehrere Toxine in seinem Blut gefunden. Der Großteil davon war uns bislang nicht einmal bekannt gewesen. Das war eindeutig Kabutos Werk.“ Sie biss verärgert die Zähne zusammen.

„Aber ihr habt sie entfernen können,“ fragte Kakashi, mit hörbar steigender Beunruhigung in der Stimme, „ … oder?“

„Ja“, antwortete Tsunade. „Allerdings … du musst bedenken, wie lange das Gift in seinem Körper war. Ich weiß noch nicht, was das für Auswirkungen haben könnte. Und dann ist da noch sein beunruhigend niedriges Chakra.“ Sie seufzte tief. „Zu Beginn schwebte es knapp über dem Nullpunkt und jetzt … es erholt sich viel langsamer als es sollte. Selbst deins regeneriert sich schneller.“

„Ist er deswegen noch nicht aufgewacht?“

Tsunade schüttelte resigniert den Kopf. „Unwahrscheinlich. Er war auch nicht bei Bewusstsein, als ihr ihn gefunden habt, oder?“

„Nein. Obito hat ihn aus dieser merkwürdigen Pflanze geholt … irgendetwas war da mit Mokuton-Verbindungen und Zellentransport durch Chakra, aber ich habe es ganz ehrlich nicht verstanden.“

„Das bestätigt meine Theorie, was seinen Chakra-Verlust ausgelöst hat, aber es erklärt nicht seine anhaltende Bewusstlosigkeit. Es könnte natürlich damit zusammenhängen, dass … “ Sie machte eine bedeutungsschwere Pause. „Du weißt, dass er mit größter Wahrscheinlichkeit gefoltert wurde.“

Ein kalter Schauer lief Kakashi über den Rücken, obwohl ihm eigentlich furchtbar heiß war. Natürlich hatte er das gewusst. Yamato hätte nie freiwillig Geheimnisse des Dorfes oder der Verbündeten preisgegeben. Und es gab nur eine schrecklich bittere Erklärung dafür, wer mit welchem Mittel an diese Geheimnisse gekommen war. „Du meinst … Obito … hat mit seinem Sharingan ...“

„Das ist wahrscheinlich. Auch wenn ich nicht weiß, was genau er getan hat. Ich habe alle mir bekannten Heilkünste für solche Fälle angewandt und bisher hat keine geholfen.“

Kakashis Atmung ging immer schwerer, während er wieder zu Yamato blickte.

„Kannst du mir irgendetwas dazu sagen, was Obito gemacht haben könnte?“

„Obitos Sharingan war mit Sicherheit stärker als meins. Ich habe keine Ahnung, was genau er getan haben könnte. Tsunade … wie stehen seine Chancen, wieder aufzuwachen?“

Er beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Tsunade ihn bedrückt ansah. „Es besteht die Möglichkeit, dass er dies nicht tut.“

Kakashi schüttelte schwach den Kopf. „Wären seine Chancen besser, wenn wir ihn früher gefunden hätten?“

„Ich glaube nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte. Vielleicht … vielleicht will er nicht mehr aufwachen, nach all dem, was passiert ist.“ Die Hokage war überrascht, wie sehr diese Mutmaßung den Anderen offensichtlich mitnahm. „Ich habe nicht gewusst, dass ihr euch nahe steht.“ Beinahe wäre ihr „dass du jemandem nahe stehst“ herausgerutscht.

„Doch“, erwiderte Kakashi bitter und ergänzte in Gedanken: Und das war der Fehler.

Erneut entfuhr Tsunade ein tiefer Seufzer, ehe sie entschieden sagte: „Ich bringe dich zurück auf dein Zimmer, sonst kollabierst du hier noch. Und zwing mich ja nicht dazu, dich festschnallen lassen zu müssen.“

Für den Moment wehrte Kakashi sich nicht. Ihm wurde sowieso schwarz vor Augen.
 

Mit einer ihm selbst fast ungeheuren Faszination beobachtete Kakashi, während er sich selbst vertrocknetes Blut (sein eigenes oder das von jemand anderem?) aus den Haaren rubbelte, was Tenzou da trieb. Sie waren auf dem Rückweg von einer Mission und konnten sich den Luxus leisten, eine kleine Pause einzulegen. Kurz nachdem sie sich beide auf das Gras gesetzt hatten, hatte Tenzou dicht neben sich ein paar äußerst erbärmlich aussehende Baumsetzlinge bemerkt, die nicht richtig in der Erde verankert waren. Nun war er mit dem seligsten Gesichtsausdruck, den Kakashi je bei einem Menschen beobachtet hatte, dabei die Wurzeln der Sprösslinge ordentlich in den Boden zu setzen.

„Was genau machst du da?“, fragte er den Jüngeren schließlich.

Tenzou blickte kurz erstaunt auf und widmete seine Aufmerksamkeit dann wieder dem bemitleidenswert aussehenden Setzling. „Ich sorge dafür, dass sie besser Wurzeln schlagen können.“

Skeptisch hob Kakashi eine Augenbraue. „Das habe ich mir irgendwie gedacht. Aber warum tust du das?“

Seine Arbeit begutachtend, antwortete er: „Weil sie die Wurzeln zum Überleben brauchen.“

„Schon klar. Die Frage bezog sich mehr darauf, warum du dies machst. Hier und Jetzt.“

„Weil sich anscheinend niemand um sie kümmert. Und wenn sich niemand um sie kümmert und sie keine richtigen Wurzeln haben, dann...“ Tenzous Mimik und Stimme wurden mit einem Mal erheblich trauriger, sodass Kakashi es beinahe bereute, gefragt zu haben. „Dann sterben sie.“

Ihn beschlich das ungute Gefühl, dass es dem Jüngeren dabei um weit mehr ging, als um ein paar halbtote Bäumchen. „Und du willst nicht, dass sie sterben?“

Ohne ihn anzublicken, schüttelte Tenzou den Kopf. „Warum sollte ich das wollen?“ Sein Blick verriet, dass er gedanklich irgendwo anders war. Weit, weit weg. „Sie haben doch das gleiche Recht zu leben wie ich auch, oder? Ich verdiene das Leben nicht mehr als sie auch. Alles andere wäre ungerecht.“

Unhörbar nahm Kakashi tief Luft. Er verstand die Anspielung. Und er verstand, wie es sich anfühlte, der letzte Überlebende zu sein. Er hatte nur absolut keine Ahnung, was er sagen oder tun sollte, damit der Andere sich von dieser Last weniger erdrückt fühlte. Denn aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass sein Kohai sich schlecht fühlte. (Kakashi weigerte sich zu glauben, es läge daran, dass er den Anderen mochte. Jemanden zu mögen war gefährlich, denn jeder, den er zu irgendeinem Zeitpunkt mal auch nur ansatzweise gemocht hatte, war tot.) Kakashi entschied sich zu lächeln. „Ah, aber jetzt hast du dich ja um sie gekümmert und sie werden sicher nicht sterben.“

Überrascht blickte Tenzou zu ihm. „Meinen Sie?“

Kakashi lächelte weiter. „Ganz sicher. Sie werden Wurzeln schlagen und jeder einzelne von ihnen wird ein starker Baum werden.“

Der Jüngere sah noch einmal nachdenklich auf die Setzlinge. Dann erwiderte er das Lächeln seines Sempais.
 

Die Tür ging auf und Kakashi blickte überrascht von seinem Stuhl neben Yamatos Bett auf (dieses Mal hatte er es – wenn auch mit Mühe - alleine in das Zimmer geschafft und endlich einmal ohne ein Massaker mit den Zugängen anzurichten). Noch überraschter war er, als er Kurenai eintreten sah. Sie schien nicht ganz so erstaunt zu sein ihn zu sehen. Mit einer Hand schloss sie die Tür hinter sich, während sie in der anderen einen Strauß knallroter Mohnblumen in einer Vase festhielt. „Du bist also wirklich hier“, sagte sie zur Begrüßung und stellte die Vase auf das Schränkchen neben Yamatos Bett. „Sakura sagte, ich würde dich wahrscheinlich hier finden.“

„Die sind hübsch“, erwiderte Kakashi lediglich, den Blick auf die Blumen gerichtet.

Kurenai lächelte schwach. „Ja, nicht wahr? Ich dachte mir, Yamato würde irgendetwas Grünes hier gefallen.“

„Das freut ihn bestimmt.“

Eine unangenehme Stille entstand zwischen ihnen, in der Kurenai besorgt auf Kakashi hinunter blickte.

„Ich habe gehört, es ... sieht nicht so gut aus.“

Er schaute sie nicht an. „Er braucht noch Zeit.“

Kurenai nickte zögerlich. „Und wie … wie geht es dir?“

„Ich habe keine schwerwiegenden Verletzungen davon getragen und bin bei Bewusstsein.“

Ihr entfuhr ein genervtes Stöhnen. „Hast du schon mit irgendjemandem darüber geredet, was passiert ist?“

„Was sollte es da zu bereden geben?“

„Kakashi, du weißt, wie ich das meine.“

Endlich blickte er zu ihr. „Mir geht es gut. Das wolltest du doch wissen, richtig?“

Kurenais Stirn legte sich in Falten. „Du willst mir also erzählen, alles sei in Ordnung?“

„Nein. In Ordnung ist nichts. Aber weder du, noch Tsunade, noch Shizune, noch sonst wer braucht mich mit diesem besorgten Blick anzusehen.“

Erneut entstand eine Stille zwischen ihnen, ehe Kurenai wieder das Wort ergriff: „Ich weiß, wir hatten nie so ein gutes Verhältnis wie du und Asuma, aber … wenn du jemanden zum Reden brauchst ...“

„Kurenai, bitte.“ Kakashi bemühte abermals sein Standard-Lächeln. „Mach dir keine Sorgen um mich.“

„Zieh dich bloß nicht wieder zurück, Kakashi. Das hat dir noch nie geholfen.“

„Werde ich nicht.“

„Sicher, dass du das nicht schon tust?“

„Noch einmal danke für die Blumen, Kurenai.“

Die Kunoichi ließ ihren Blick von Kakashi, über die Blumen, hin zu Yamato wandern, bevor sie seufzend wieder ging.
 

„Wer war dein jugendlicher Freund, mein Rivale?“

Konnte Gai nicht einmal normal sprechen? Kakashi seufzte innerlich, als sie mit ihrem Wettkampf fertig waren. „Er ist in meinem Team.“

„Ah! Sehr gut!“

Kakashi ahnte, er würde es bereuen nachzufragen, aber er tat es wider seiner Vernunft: „Warum ist das gut?“

„Weil ich ein jugendliches Feuer hinter seinem schüchternen Blick habe lodern sehen! Es wartet darauf an die Oberfläche zu kommen und die Welt zu erwärmen!“

Ja, er bereute es. Es ergab einfach mal wieder keinen Sinn, was Gai da von sich ließ. „… Äh, was?“

„Bildet ihr nun schon lange ein Team?“

„Einige Zeit, ja. Wieso interessiert dich das, Gai?“

„Ich glaube, ihr beide habt bereits sehr voneinander profitiert!“ Gai setzte sein Zähne-zeigendes Lächeln auf und Kakashi bemerkte eine heran schleichende Gai-induzierte Migräne.

„Gai, es ist schon spät. Was bitte versuchst du mir zu sagen?“

Anscheinend war mal wieder einer dieser Momente gekommen, in denen Gai ein tiefgründiges Gespräch führen wollte, denn mit einem Mal wurde die Miene des grün-gekleideten Ninjas sehr ernst. „Du kommst sonst nie zu irgendwelchen Feierlichkeiten, Kakashi. Die meiste Zeit scheinst du einen Bogen um uns zu machen. Wir versuchen seit Jahren dich zu irgendwelchen gemeinsamen Unternehmungen zu überreden, aber hatten bisher, wenn überhaupt, nur kleine Erfolge. Wir werden das Gefühl nicht los, dass du mit keiner Menschenseele etwas zu tun haben möchtest. Aber heute tauchst du plötzlich hier auf, bist für deine Verhältnisse gut gelaunt und hast den Kleinen im Schlepptau.“

Kakashi stutzte.

„Ich schlussfolgere also daraus: Er ist für dich weit mehr als nur ein beliebiger Anbu aus deinem Team. Wenn er es schafft, dass du zu einem Fest gehst, muss er etwas Besonderes sein. Hab ich Recht?“ Gai zeigte ihm seine markante Daumen-hoch-Geste.

Einen Moment lang sah Kakashi seinen Rivalen erstaunt an, blinzelte ein paar Mal und zuckte dann mit den Schultern. „Apropos, wir sollten zurückgehen. Ich wette, Asuma, Kurenai und Genma bedrängen den armen Kleinen mit irgendwelchen Fragen.“ Kakashi drehte sich um und ging voraus, bemerkte aber wohl, wie Gai ihm mit grüblerischer Mimik hinterher sah.

Gai lag falsch, überzeugte Kakashi sich selbst in Gedanken. Er war nur hier, weil er sich um den Jungen kümmern musste. Weil Obito, Rin und Minato so etwas getan hätten. Nicht weil er eine Bindung zu Tenzou hatte. Denn dieser war einfach nur ein Teamkamerad. Nicht jemand, der ihn an Obito und Rin erinnerte und vor allem nicht jemand, den sein Unterbewusstsein versuchte, an die entsetzlich leeren Stellen, welche die beiden hinterlassen hatten, zu setzen. Nein, Tenzou durfte kein Ersatz für seine verstorbenen Teamkameraden werden. Er war nur jemand, den Kakashi unter seinen Schutz gestellt hatte. Dazu gehörte wohl auch aufzupassen, dass Tenzou trotz seiner düsteren Vergangenheit und der nicht minder düsteren Anbu-Gegenwart nicht in einer Dunkelheit versank, die ihm selbst nur zu bekannt war.

In Wahrheit erschrak Kakashi jedes Mal, wenn er sich daran erinnern musste zu Tenzou die Distanz zu wahren, die nötig war, um ihm das gleiche Schicksal wie Obito und Rin zu ersparen.
 

Kakashi ließ seinen Blick aus dem Fenster von Yamatos Zimmer über das fast wieder vollständig aufgebaute Konoha schweifen. Hinter neu gestalteten Fassaden und davor platzierten Neubauten konnte man noch teilweise die von Yamato nach der Zerstörung Konohas geschaffenen Häuserreihen erkennen. Sie fügten sich ins Bild des Dorfes ein als hätten sie schon immer dazu gehört und wären keine Erinnerung an eine dunkle Vergangenheit, die man lieber verdrängen wollte. Genau wie ihr Schöpfer. Mit einem schwermütigen Ausdruck im Auge drehte Kakashi sich wieder vom Fenster weg und blickte auf Yamato. Er hoffte wirklich, dass niemand bisher vergessen hatte, wer nach der Zerstörung Konohas für Dächer über ihren Köpfen gesorgt hatte. Denn das sollte es sein, woran die Dorfbewohner denken sollten, wenn sie an Yamato dachten. Nicht das, was danach gekommen war. Das Aufreißen der Tür beendete abrupt seinen Gedankengang.

„Verliere nicht die Hoffnung, mein ewiger Rivale!“ Gai brüllte selbst in einem Krankenhaus. Es brachte Kakashi ein wenig zum Schmunzeln.

„Darfst du überhaupt schon hier herumlaufen, Gai?“

„Natürlich!“, rief der Angesprochene ihm entgegen, während er auf Krücken gestützt in das Zimmer hinein humpelte. „Nachdem du die Hokage mehrmals mit deinem feurigen Unwillen erzürnt hast, ihren Anordnungen Folge zu leisten, traut sich niemand mehr etwas zu tun, ohne um Erlaubnis zu fragen.“

Gai humpelte näher und Kakashi überlegte, ob der Andere es als Affront empfinden würde, ihm einen Stuhl anzubieten. Schließlich beharrte Gai auf seine Jugendlichkeit. Dieser blickte derweil geknickt auf Yamatos erbärmliche Gestalt und dann zu Kakashi.

„Wie ich gehört habe, gibt es keine Neuigkeiten, was seinen Zustand betrifft.“

„Nein. Bisher nicht.“

„Er wird wieder. Tsunade, Shizune und Sakura suchen eifrig nach einem Weg, ihm zu helfen. Inzwischen haben sie auch schon Hilfe von Ärzten aus den anderen Reichen angefordert. Ich bin mir sicher, einer wird einen ähnlichen Fall mitsamt Lösung kennen!“

„Ich glaube nicht, dass es je schon einmal einen vergleichbaren Fall gegeben hat.“

Kakashis resignierter Tonfall ließ Gai stutzen. „Du wirst deinen alten Freund doch wohl so schnell nicht aufgeben?“

„Natürlich nicht.“

„Aha!“, rief Gai mit einem Strahlen im Gesicht aus.

Irritiert hob Kakashi eine Augenbraue. „Was?“

„Du nennst ihn einen alten Freund! Er ist also doch nicht nur jemand aus deinem Team!“

In den darauffolgenden Tagen wünschte Kakashi sich, ein Teil von Gais unter keinen Umständen enden wollendem Optimismus könnte auf ihn übergehen. Es war zwar eine Wohltat zu wissen, dass niemand ihr Hilfegesuch ablehnte (nicht nur weil dies ein Zeichen für das neue Verhältnis der Reiche zueinander war, sondern auch weil niemand Yamato die Hilfe verweigerte. Niemand gab ihm irgendeine Schuld an dem, was passiert war). Allerdings – und das war der niederschmetternde Teil – konnte keiner eine Lösung finden. Ein Arzt aus Suna hatte es auf den Punkt gebracht, als er sagte, Tsunade wäre die hervorragendste Ärztin der gesamten Welt. Und wenn nicht einmal sie bisher eine Heilmethode hatte finden können ... Kakashi beschlich das ungute Gefühl, dass Tsunade mit ihrer zu Beginn getätigten Vermutung Recht haben konnte. Als dieser Gedanke ihm erneut kam, schüttelte er kurz den Kopf, um sich davon abzuhalten, so etwas zu denken. Noch gab es Hoffnung, oder? Dann ließ er seinen Blick aus dem Fenster (eigentlich hatte er mehr ins Leere gestarrt) zu Yugao wandern, die dabei war, die dritte Generation von Kurenais schon lange verwelkten Blumen gegen neue auszutauschen.

„Wissen Sie“, sagte sie, während sie sich zu Kakashi drehte, „Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Sempai. Aber Sie sehen furchtbar aus.“ Und Yugao musterte mit besorgtem Blick die tiefdunklen Augenringe, die auf seiner blassen Haut so deutlich wie nie zuvor hervorstachen.

„Mir geht es gut“, antworte er wie automatisch.

„Sie gehen nicht oft raus.“

„Ist auch zu kalt.“

„Die Sonne scheint.“ Yugao schüttelte den Kopf, ehe sie sich auf den Rand des Bettes setzte und vorsichtig ihre Hand auf Yamatos legte. „Einer der Ärzte aus Iwa, die ich eskortiert habe, hat gesagt, es sei sehr gut möglich, dass Komapatienten Berührung spüren und vielleicht sogar hören können, was wir sagen.“ Mit traurigem Blick sah sie in Yamatos Gesicht und dann wieder zu Kakashi. „Sprechen Sie mit ihm?“

Überrascht blinzelte Kakashi sie an. „Nein.“ Die Idee war ihm bisher tatsächlich nicht gekommen. Und dass obwohl er den Großteil seines Lebens schon damit verbracht hatte, mit Menschen zu reden, die ihm gar nicht mehr antworten konnten. Aber vielleicht lag es genau daran, dass ihm der Gedanke nicht gekommen war. Einseitige Kommunikation war etwas, das Kakashi mit Toten assoziierte und Yamato war noch nicht tot. Was sollte er Tenzou aber auch sagen? Tut mir leid. Das ist alles meine Schuld? Das war schon wieder etwas, was er in erster Linie mit Rin und Obito verband.

„Ich bin mir ganz sicher, er würde sich freuen, wenn Sie mit ihm sprechen. Er hat doch früher schon jedes Wort aufgesogen, das von Ihnen kam.“ Yugao lächelte und ein kleines bisschen erwiderte Kakashi es.

„Na, na, ist das nicht ein wenig übertrieben?“

„Überhaupt nicht. Er war am Boden zerstört gewesen, nachdem sie die Anbu verlassen hatten.“

Kakashi schluckte bei der Erinnerung daran, wie Tenzou ihn angefleht hatte, nicht zu gehen. Es war auch für ihn nicht leicht gewesen. Die Reaktion des Jüngeren hatte es damals nur noch schwerer gemacht. Damals hatte Kakashi seinen Weggang für richtig gehalten. Heute wusste er nicht mehr, was richtig und was falsch gewesen war.

„Sie haben doch sicher selbst gemerkt, wie viel Sie ihm schon immer bedeutet haben.“

Kakashis wandte seinen Blick wieder ab.
 

„Das sieht sehr schön aus. Vielen Dank dafür.“ Itachi klang, als würde er lächeln, während er sich Tenzou zuwandte. Überprüfen ließ sich dies nicht, denn sie alle drei trugen noch ihre Anbu-Masken. Es war eine vorübergehende Situation, dass sie Itachi dabei hatten, denn Hayate war krankheitsbedingt ausgefallen und Yugao zur Unterstützung eines anderes Teams abgeordert worden. Kakashi hatte keine Einwände gegen den jungen Uchiha-Anbu gehabt und tatsächlich erwies sich Itachi als das Wunderkind, von dem jeder so viel hielt. Die Mission war schnell und unkompliziert über die Bühne gegangen. Er hatte Itachi ausgewählt, um ihn bei dem Attentat zu unterstützen, während Tenzou Wache geschoben hatte. Letzterer schien irgendwie unglücklich darüber zu sein, denn seitdem war er ziemlich einsilbig geworden. Als er ihn gebeten hatte, eine Unterkunft für die Nacht zu erschaffen, hatte Tenzou nur etwas in seine Maske gemurmelt.

„Ich werde die erste Wache übernehmen, wenn es recht ist“, bot Itachi zuvorkommend an.

„Ja, in Ordnung“, antwortete Kakashi. „Gute Arbeit heute.“ Dann folgte er Tenzou in das Haus.

„Itachi ist ein netter Junge, findest du nicht?“, fragte Kakashi, als sie drinnen waren und ihre Masken abnahmen.

Tenzou nickte, aber der Ältere konnte deutlich sehen, wie dieser dabei mit den Zähnen knirschte.

„Okay, was ist los? Hast du etwas gegen ihn?“ Kakashi fand das Verhalten seines Kohais mehr als auffällig. Denn normalerweise war auch Tenzou zu absolut jedem nett. Nur mit dem jungen Uchiha schien er ein Problem zu haben.

Als er nur ein Kopfschütteln zur Antwort erhielt, wurde er ungeduldig.

„Du hast also kein Problem mit ihm. Was soviel heißt wie, du hast beschlossen, dich einfach mal so wie ein Idiot aufzuführen? Das würde dein Verhalten dann wenigstens erklären.“

Der Jüngere sah ihn erschrocken an. „Sie denken, ich verhalte mich idiotisch?“

Aha. Die Sätze wurden wieder länger. „Ja. Oder wie würdest du das nennen, wenn du Itachi ignorierst oder ihm höchstens ein Grummeln zur Antwort gibst, wo er die ganze Zeit schon versucht, dir entgegenzukommen? Du solltest doch wissen, wie schwer man es als Neuer in einem Team hat.“

Zerknirscht wandte Tenzou seinen Blick ab. „Ich wollte ja nicht … also … ich hatte nicht vor ...“

„Verdammt, was für ein Problem hast du mit ihm?“

„Ich habe kein Problem mit ihm.“

Kakashi entfuhr ein entnervtes Stöhnen. „Und was ist es dann?“

Tenzou schaute ihn wieder an und hatte dabei mal wieder diesen bemitleidenswerten Ausdruck in den Augen. „Keiner hat ein Problem mit ihm.“

Kakashi runzelte die Stirn. Was meinte er?

„Alle reden davon, was für ein Wunderkind er ist und dass er ein wahrer Segen für das Dorf ist“, fuhr Tenzou seufzend fort und Kakashi dämmerte, was hier los war. „Selbst Danzou redet in höchsten Tönen über ihn. Und ich verstehe ja auch, wenn Sie sich gut mit ihm verstehen. Sie haben ja irgendwie eine Gemeinsamkeit und können sicher besser zusamm-“

„Langsam, langsam“, unterbrach Kakashi ihn. „Tenzou, sag mir nicht, du bist auf die Idee gekommen, ich würde dich gegen Itachi austauschen wollen, nur weil er als Genie gilt, wir beide Sharingan haben und ich auf Anhieb einen Draht zu dem Jungen hatte?“

„ … “ Tenzou blinzelte ihn nervös an. „N-nein. Natürlich nicht.“

Erneut entfuhr Kakashi ein tiefer Seufzer. „Erstens, kümmere dich bloß nie um das, was Danzou oder sonst wer sagt. Zweitens, bleibst du in meinem Team. Egal, was kommt.“

Ein Lächeln legte sich bei diesen Worten auf die Lippen des Jüngeren.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du eifersüchtig sein würdest, nur weil ich Itachi heute mitgenommen habe.“ Kakashi konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Noch weniger, als Tenzou beim Wort „eifersüchtig“ dezent errötete.

Er räusperte sich verlegen. „Ich würde nicht eifersüchtig sagen …“

„Ah, keine Sorge. Du bleibst doch mein Lieblingskohai.“ Kakashi konnte sich nicht helfen. Wenn er einmal in Fahrt war, konnte er sich nur schwer bremsen. Besonders wenn aus einer dezenten Rötung ein so schönes, kräftiges Dunkelrot wurde.

Daraufhin herrschte einen Moment lang Stille und da Kakashi dachte, er hätte Tenzous Sorgen bereits zerstreut, wollte er sich abwenden. Aber als er merkte, dass dieser doch noch gedankenversunken vor sich hin starrte, richtete er sich wieder an ihn.

„Ist noch was?“

Tenzou sah ihn nachdenklich an. Als würde ihm eine Frage auf der Zunge liegen, die er sich nicht zu stellen traute.

„Kann ich Sie etwas fragen?“, sagte er schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit.

„Was denn?“

„Es ist aber eine persönliche Frage.“

„In genau fünf Minuten werde ich schlafen. Du beeilst dich besser, wenn du heute noch eine Antwort haben willst.“

Das hatte die gewünschte Wirkung, denn endlich rückte Tenzou damit heraus, was ihn beschäftigte: „Warum war Obito Uchiha Ihr bester Freund?“

Offensichtlich hatte Kakashi mit allem gerechnet, aber nicht mit dieser Frage. Sichtlich entsetzt starrte er seinen Kohai an, ohne etwas zu antworten.

„Entschuldigung“, sagte Tenzou schließlich. „Sie müssen nicht antworten, wenn Sie nicht wollen.“

„Hmm.“ Kakashis Blick entspannte sich wieder. „Warum willst du das wissen?“

„Naja, alles, was Sie über ihn gesagt haben, war, dass er Ihnen das Sharingan geschenkt hat …“

„Du willst wissen, ob ich ihn als meinen besten Freund bezeichne, weil er mir das Auge gegeben hat oder ob ich ihn vorher schon so bezeichnet habe.“

Als Tenzou zögerlich nickte, nahm Kakashi tief Luft. „Ich nenne ihn nicht meinen besten Freund, weil er mir das Sharingan gegeben hat. Obito … Obito war einfach eine besondere Art von Mensch. Er war gutmütig und mitfühlend und hat das Wohl der Anderen immer über sein eigenes gestellt. Ich glaube, jeder der ihn kannte, hat ihn gemocht.“ Außer den Uchihas, aber das war wieder eine andere Geschichte, ergänzte Kakashi in Gedanken. „Ich hatte so meine Schwierigkeiten mit ihm, aber er hat mir letzten Endes klar gemacht hat, was wichtig ist und was nicht. Er war einer der wichtigsten Menschen, die mir je begegnet sind und ohne ihn wäre ich nicht der, der ich bin. Naja, und wegen dieser wichtigen Rolle, die er in meinem Leben gespielt hat, nenne ich ihn meinen besten Freund.“ Kakashi lächelte. „Reicht dir die Antwort erst einmal?“

Mit großen Augen hatte Tenzou die Informationen aufgesogen und schließlich ehrfürchtig genickt. Irgendwie, fand Kakashi, sah der Jüngere aus, als hätte ihn die Erklärung eingeschüchtert. Auch Stunden später, als Tenzous Aufstehen ihn aus seinem leichten Schlaf weckte, fand er, dass der Andere immer noch nachdenklich aussah. Was auch immer es war (und vor allem warum Tenzou nach Obito gefragt hatte), interessierte ihn nicht mehr so sehr, als er mit einem Schmunzeln im Gesicht mitanhörte, wie Tenzou sich wegen seines unhöflichen Verhaltens bei Itachi aufrichtig entschuldigte.
 

„Eigentlich kenne ich ihn ja gar nicht.“ Sasuke lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Wand neben dem Fenster.

„Aber ihr seid euch doch schon mal begegnet“, erwiderte Naruto, der neben ihm stand.

„Ja“, warf Sai, am Fußende des Bettes stehend, ein. „Als du versucht hast, ihn umzubringen.“

„Das musstest du nun ja nicht erwähnen“, beschwerte Naruto sich und warf Sai einen missmutigen Blick zu.

„Aber es stimmt doch“, verteidigte Sai sich. „Das heißt, eigentlich hatte Sasuke wohl Sakura angreifen wollen und Yamato-taichou war dazwischen gega-“

„Manchmal frage ich mich, ob andere Teams auch solche Gespräche führen.“ Sakuras tiefer Seufzer verriet, dass ihr auch nicht danach war, in derartigen Erinnerungen zu schwelgen.

„Ich vermute mal … eher nicht“, antwortete Kakashi und sah mit gequältem Blick über das Bett, neben dem Sakura wie er auf einem Stuhl Platz genommen hatte.

„Eigentlich hatte ich ja auch nur sagen wollen, dass es schön ist, wenn unser ganzes Team mal versammelt ist.“

Naruto schmollte, aber was er gesagt hatte, brachte Kakashi ein wenig zum Lächeln. Das ganze Team. Nicht nur er, Sakura, Sasuke und Naruto bildeten Team Sieben, nein. Sai und Yamato gehörten mindestens genauso dazu. Und es war schön zu wissen, dass nicht nur er so dachte. Wie es Yamato freuen würde als Teil dieser Gruppe gesehen zu werden.

„Und außerdem“, ergänzte Naruto, „Kannst du ihn ja kennen lernen, wenn er wieder aufgewacht ist.“

Naruto bemerkte offensichtlich die Blicke, welche die Anderen ihm daraufhin zuwarfen.

„Sakura“, sagte Sasuke in seinem typischen, nicht unbedingt freundlichen Tonfall, „Ich dachte, du hättest ihm erklärt, was Tsunade versucht hat, ihm zu erklären.“

„Habe ich auch“, verteidigte Sakura sich.

„Anscheinend hat er es nicht kapiert.“

„Ich werde es jetzt sicher nicht wiederholen.“ Und Kakashi wünschte sich wirklich, seine Schülerin hätte ihn daraufhin nicht mit diesem bemitleidenden Blick angesehen. Sakura war jeden Tag hier gewesen. Und jeden Tag hatte sie ihn hier angetroffen. Jedes Mal war ihr Blick trauriger geworden.

„Ist schon gut“, sagte Kakashi schließlich und zwang sich zu einem Lächeln. „Wenn Naruto es nicht verstanden hat, ist es wichtig, ihm dies noch einmal klar zu machen.“

Mit unsicherem Ausdruck in den Augen blickte Sakura von ihrem Lehrer zu ihrem blonden Kameraden. „Also, noch mal. Wenn jemand so lange im Koma liegt, dann-“

„Jaja, das hab ich verstanden. Echt jetzt.“ Narutos Blick verriet seine Empörung. „Tsunade hat ganz viel über mögliche Schäden und sinkende Chancen gesagt. Aber das heißt doch nicht, dass wir ihn aufgeben, oder? Ihm wurde so viel Schreckliches angetan, nur weil … weil er mit mir auf dieser blöden Insel war, um auf mich aufzupassen …“

„Warte mal, Naruto“, unterbrach Kakashi ihn. „Damit du eine Sache ganz sicher richtig verstehst: Was passiert ist, hat mir dir überhaupt nichts zu tun. Hast du das verstanden?“

„Aber … “

„Hast du das verstanden?“, wiederholte Kakashi so harsch, dass selbst Sasuke kurz zusammenzuckte.

„Ja“, antwortete Naruto ungewohnt kleinlaut. „Trotzdem will ich, dass er auf jeden Fall wieder aufwacht. Und möglichst noch der Alte ist.“

„Das wünschen wir uns alle, Naruto“, sagte Sakura.

Und Kakashi versuchte wirklich mit aller Kraft, seine Hoffnung aufrecht zu erhalten.
 

„Was ist los?“

Kakashi sah von dem IchaIcha-Band hoch, welches er, ohne es wirklich zu lesen, in Händen hielt. Er hatte wirklich vorgehabt, eine halbe Stunde mithilfe von IchaIcha abzuschalten, während er draußen auf einer Bank saß. Den Lärm von den Bauarbeiten um sich herum (Konoha konnte schließlich nicht komplett von Yamato alleine wieder aufgebaut werden; auch wenn einige Leute ihn dies wirklich gefragt hatten) hatte er tatsächlich ausblenden können, von IchaIcha jedoch hatte er keine einzige Seite gelesen. Nun stand Yamato vor ihm und sah ihn fragend an.

„Wieso fragst du?“

„Du sitzt hier seit bestimmt einer halben Stunde und hast kein einziges Mal umgeblättert, Sempai.“

„Du beobachtest mich seit einer halben Stunde? Entweder brauchst du überhaupt ein Hobby oder du hast Hinatas übernommen. Nur, dass ich dein Naruto bin.“

Yamato stutzte erst, ehe er verstand und abwehrend mit den Armen wedelte. „W-was?? Nein, das war nur Zufall! Ich … argh.“

Kakashi lachte leicht.

„Wie dem auch sei.“ Der Jüngere räusperte sich. „Was ist los? Dich beschäftigt offensichtlich etwas.“

„Huh? Naja“, Er klappte sein Buch zu. „So einiges.“

„Ich vermute mal, es liegt nicht daran, dass du doch nicht Hokage wirst?“

„Nein, das ist es nicht.“ Sein freudiges Lächeln verriet, dass er ganz und gar nicht traurig darüber war. Und es ließ Yamato, begleitet von einem kurzen Seufzer, den Kopf schütteln.

„Ich weiß nicht, was du hast. Du wärst ein guter Hokage geworden.“

„Findest du, ja? Danke, das weiß ich zu schätzen. Aber im Moment bin ich in dieser Hinsicht einfach nur froh, dass Tsunade sich erholt hat.“

„Naja“, Yamato schmunzelte ein wenig. „Du kannst immer noch ihre Nachfolge antreten.“

„Langsam, langsam.“ Kakashi seufzte. „Wir müssen erst einmal das hier überstehen.“ Für einen Moment trat Stille zwischen ihnen ein. „Wann brecht ihr auf?“

„Morgen.“

„Das wird sicher nicht leicht.“

„Was meinst du? Den Krieg?“

„Nein.“ Kakashi lächelte erneut. „So lange mit Naruto auf einem Schiff unterwegs zu sein.“

Yamato erwiderte gequält das Lächeln. „Das sind ja schöne Aussichten. Ich hoffe nur, Naruto bekommt nicht mit, was um ihn herum geschieht. Sonst wird er nicht zu halten sein.“

„Du passt sicher gut auf, dass das nicht passiert. Und du wirst sicher gut auf ihn aufpassen.“

„Danke. Das weiß ich zu schätzen.“ Yamato ließ seinen Blick kurz gen Himmel wandern. „Hoffentlich ist das bald überstanden. Ich habe kein gutes Gefühl, was diesen Kerl betrifft, der sich Madara nennt. Wir wissen nicht, wozu er alles in der Lage ist. Und mit was er überhaupt in den Krieg ziehen will.“

„Das beunruhigt mich auch.“ Kakashis Auge folgte Yamatos. „Aber wir werden das überstehen. Hab ich Recht?“ Lächelnd sah er seinen Kohai erneut an. Und dieser ihn.

„Ja.“

Kakashi machte sich zwar Sorgen, was den Krieg betraf, aber er hatte ein gutes Gefühl dabei, Naruto in Yamatos Obhut zu lassen. Ja, Yamato war eine gute Wahl. In jeder erdenklichen Hinsicht. Kakashi konnte sich darauf verlassen, dass er wieder zurückkehrte. Denn er hatte es bisher immer getan.
 

„Okay, das reicht!“ Genervt baute Tsunade sich vor Kakashi auf. „Ich als dein Hokage befehle es dir!“

Unbeeindruckt sah Kakashi von seinem Platz neben Yamatos Bett zu ihr hoch. „Ich glaube wirklich nicht, dass du mir das befehlen kannst.“

„Oh doch! Wenn du nicht sofort heimgehst, dich endlich mal ausschläfst und etwas isst, dann-“

„Dann was? Lässt du mich deswegen ins Gefängnis werfen?“

Tsunade knirschte wütend mit den Zähnen. „Du musst doch selbst einsehen, dass du dir mit deinem Verhalten in den letzten Monaten selbst schadest.“

„Es geht mir gut.“

„Nein, Kakashi! Das geht es dir offensichtlich nicht! Das merke ich, das merkt Gai, das merkt Sakura, meine Güte, das merkt sogar Naruto!“ Jeden anderen, der es gewagt hätte, im Krankenhaus so laut herumzuschreien, hätte Tsunade gnadenlos in den Boden gestampft. „Du kannst nicht ändern, was passiert ist! Du kannst dich nicht ewig hier vor der Welt verstecken! Und zieh deine Hunde endlich davon ab, den Gedenkstein zu bewachen!!“

Kakashi hörte sich Tsunades wütenden Monolog ruhig, aber missmutig an. Und ließ sich Zeit mit einer Antwort. „Ich verstecke mich nicht“, sagte er schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit und bevor Tsunade dazu ansetzte, weiter zu toben.

Sie stutzte kurz, aber ihr Ärger blieb in ihrem Gesicht verhaftet. „Warum bist du dann jeden Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hier?“

Kakashi zuckte entmutigt mit den Schultern. „Weil ich ihn besuchen will.“

Tsunade war wütend, aber sicher nicht herzlos. Und das klägliche Bild, das Kakashi abgab, ließ sie beileibe nicht kalt. „Ist das alles, was du hier tust?“

„Nein“, bitter schüttelte Kakashi den Kopf. „Ich tue das, was ich immer tue. Immer tun muss, weil ich anscheinend nicht dazu lerne.“

Die Hokage seufzte. „Hör auf zu bereuen. Es ändert nichts. Und das hier ist nicht deine Schuld. Da ist nichts, was du bereuen könntest.“

Kakashi fixierte mit seinem Blick Yamato statt zu antworten.

„Kakashi“, fuhr sie schließlich fort, „du weißt, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es keinen Sinn mehr macht, weiter auf ein Wunder zu hoffen.“

Entsetzt sah er wieder zu ihr.

„Wir sollten uns langsam damit abfinden, dass Yamato vermutlich nicht mehr aufwachen wird. Du solltest damit anfangen, loszulassen.“

Selbst Tsunade brach es fast das Herz, einen so deprimierten Ausdruck in Kakashis sichtbarem Auge zu sehen.

Er hatte dies befürchtet, aber dass Tsunade es aussprach, machte es plötzlich erschreckend real. Und mit einem Mal fühlte er sich noch verzweifelter, obwohl er wirklich nicht gedacht hatte, dass dies noch möglich war. Die Hokage legte ihm kurz in einer tröstenden Geste eine Hand auf die Schulter, ehe sie den Raum wieder verließ und sein Blick abermals auf Yamato landete. Oder dem, was von Yamato noch übrig war.

Ein Teil von Kakashi wollte schreien, einfach schreien und so der Verzweiflung, die er fühlte, Ausdruck verleihen. Aber er war zu sehr und zu lange ein Shinobi und Anbu gewesen und hatte zu lange seine Gefühle erfolgreich unterdrückt, um diesem Teil nachzugeben. Er hatte lange, wirklich lange in der Art seines Lehrers und dessen Sohnes versucht, zu hoffen. Anscheinend hatte es nichts gebracht.

„Tenzou“, sagte er schließlich nach einer Ewigkeit zu der vor ihm liegenden Gestalt, während er zögerlich eine Hand auf die fahle Hand seines Kohais legte, „du hast eine Menge durchgemacht und ich verstehe es, wenn du jetzt deine Ruhe haben willst. Aber du musst verstehen, dass es einige Leute hier gibt, die dich wieder haben wollen. Und ich weiß, dass du andere Leute ungern enttäuschst, Tenzou. Du solltest also jetzt wirklich nicht damit anfangen. Tenzou, ich bitt-“

Kakashi hielt einen Moment inne und stieß ein kurzes, schmerzliches Lachen aus. „Verdammt, ich habe dich gerade dreimal Tenzou genannt und du hast kein bisschen reagiert. Wenn du dich nicht darüber beschwerst, macht das wirklich keinen Spaß.“ Kakashi schluckte schwer, bevor er fortfuhr: „Ich weiß, ich habe dich schon oft um irgendwelche Gefallen gebeten, aber diesen hier musst du mir einfach erfüllen. Diesen einen noch. Ich bitte dich, mach die Augen auf. Komm nach Hause zurück. Der Krieg ist vorbei und du wirst hier gebraucht. Konoha braucht dich. Dein Team braucht dich. Bitte, wach einfach wieder auf. Bitte.“

Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ Kakashi hochschrecken und seine Hand zurückziehen. Ohne eine Antwort abzuwarten, wurde die Tür geöffnet und Genma trat ein.

„Ich nehme mal an, du und Tsunade hattet mal wieder ein ergiebiges Gespräch“, sagte er zur Begrüßung. „Sonst hätte sie mir gerade nicht befohlen, dir Vernunft einzuprügeln.“

Kakashi hatte einen Moment gebraucht, um sich wieder zu sammeln, doch der Moment war kurz genug gewesen, um den Anderen nichts bemerken zu lassen. „Und? Widersetzt du dich ihren Anweisungen?“

„Denke schon. Erstens siehst du so fertig aus, dass ich es nicht übers Herz bringen würde. Zweitens hätte es vermutlich keinen Sinn. Also, verlorene Liebesmüh.“ Genma zuckte mit den Schultern. „Keine Veränderung, huh?“ Sein Blick wanderte zu Yamato.

„Nein. Nichts.“

„Okay, dann hab ich´ne Frage: Wie lange willst du noch hier rumsitzen?“

„Ich dachte, es sei verlorene Liebesmüh? Du machst also doch, was Tsunade sagt“, erwiderte Kakashi.

„Wieso? Noch habe ich dich nicht geschlagen.“ Ein flüchtiges Grinsen huschte über Genmas Gesicht, bevor er ernst fortfuhr: „Okay, ernsthaft. Ich habe verstanden, dass du an dem Kleinen hängst und dich für ihn verantwortlich fühlst. Aber es hilft weder ihm, noch sonst wem, wenn du dich wie ein asoziales Häufchen Elend verhältst.“

„Ich glaube nicht, dass du das verstehst.“ Kakashis Tonfall wurde merklich unfreundlicher.

„Was verstehe ich nicht?“ Noch schaffte Genma es, Ruhe zu bewahren. Auch wenn Kakashi ihn insgesamt schon mehr Nerven gekostet hatte, als er hatte. „Verstehe ich nicht, wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem nahe stand?“

„Das habe ich nicht gemeint. Aber das hier ist anders! Du bist nicht schuld an Hayates Tod.“

„Nein, denn Schuldgefühle hast ja nur du. Ich frage mich auch immer zu, ob ich irgendetwas hätte tun können, irgendetwas hätte anders machen können, damit Hayate nicht allein nachts auf offener Straße verreckt! Aber egal, wie oft ich darüber nachdenke, es bringt ihn nicht zurück!“ Als Genma lautstark damit aufhörte, Ruhe zu bewahren, hielt sich auch Kakashi nicht mehr zurück.

„Ich bin aber wirklich der Grund dafür, dass Tenzou dies angetan wurde! Wenn er stirbt, ist es meine Schuld!“

„Warum? Hast du ihn an Kabuto ausgeliefert?! Hast du ihn gefoltert und für diese Pflanzenarmee missbraucht?! Verdammt, nein! Hast du nicht! Du hast Obito nicht dazu gezwungen, das zu tun, was er getan hat!“ Genma hatte wirklich nicht so laut werden wollen, aber Kakashi hatte ihm den letzten Nerv geraubt.

„Obito hätte das alles nicht getan“, gab Kakashi in gleicher Lautstärke zurück, „wenn ich nicht …!“

„Es läuft immer wieder auf das gleiche hinaus! Wälze dich nur in deinen Schuldgefühlen, das hilft Yamato bestimmt! Das hat dir ja auch schon so viel gebracht! Verdammt, reiß dich endlich zusammen!!“

„Lass mich einfach in-“ Frieden wollte Kakashi dem Älteren gerade an den Kopf werfen, aber in diesem Augenblick forderte ein unheilvolles Geräusch die Aufmerksamkeit der beiden ein. Der Herzmonitor hatte sein beruhigendes, beständiges Piepsen eingestellt und gab hektische, schnelle Töne von sich. Die zwei Shinobi fuhren erschrocken zu Yamato herum.

„Was ist los??“, fragte Genma entgeistert.

„Ich … habe keine Ahnung“, antwortete Kakashi mit einer Spur von Panik in der Stimme.

„Ich hole Tsunade!“, rief Genma und wollte schon loslaufen, als Kakashi ihm entgegnete: „Nein, ich hole sie. Du bleibst bei ihm!“

Keine Sekunde später war er durch die Tür verschwunden und ließ Genma mit dem unheilvollen Geräusch allein zurück. Es versetzte ihn vollends in Panik, als er an Yamato auch noch ein stärker werdendes Zucken beobachtete. Genma atmete erst wieder aus, als Tsunade, dicht gefolgt von Sakura, durch die Tür geschossen kam und beide sofort an je eine Seite des Patienten liefen, um sich ihm anzunehmen. Kakashi blieb angespannt bei der Tür stehen.

„Was ist los??“, fragte er, nachdem Tsunade und Sakura sich gegenseitig mit besorgten Blicken medizinische Fachtermini über Werte und Symptome an den Kopf geworfen hatten, die er nicht verstand. Zudem verabreichten sie dem immer unruhiger werdenden Yamato hastig irgendwelche Medikamente.

Tsunade antwortete, ohne sich zu Kakashi umzudrehen:

„Ich glaube … er wacht auf!“

Love it will not betray, dismay or enslave you

It will set you free

Be more like the man you were made to be

There is a design, an alignment, a cry

Of my heart to see

The beauty of love as it was made to be
 

(Sigh no more)
 

Zu seiner eigenen enormen Enttäuschung hatte Yamato feststellen müssen, doch noch nicht tot zu sein. Er hatte so gehofft, dass seine Qualen endlich ein Ende gefunden hatten, aber nach einer Phase, in der scheinbar nichts (kein Traum, kein Gedanke, kein Bewusstsein, einfach nichts) gewesen war, war er wieder zurückgekehrt in die Dunkelheit seines eigenen Inneren. Es war als hätte jemand einen Schalter umgelegt, der ihn ausschaltete, nur um ihn kurz darauf wieder einzuschalten. Diese kleine Feststellung, wieder eingeschaltet worden zu sein, hatte Yamato erneut an den Rand der Verzweiflung gebracht. Wieso konnte es nicht einfach aufhören? Wieso durfte er nicht endlich gehen? Ein erschreckender Gedanke durchzuckte ihn: Was, wenn das hier niemals endete? Was, wenn diese Pflanze ihn ewig am Leben hielt?

Nein. Nein. Nein. Das konnte nicht passieren. Das war unmöglich. Sie entzog ihm schließlich stets eine enorme Menge Chakra und irgendwann musste er daran sterben. Es war unmöglich, einen ständigen, derart immensen Chakraverlust lange zu überleben. Darauf konnte er hoffen. Solange er Chakra verlor, musste es irgendwann enden.

Moment.

Irgendetwas war anders geworden, stellte er erneut mit Schrecken fest.

Du verlierst kein Chakra mehr.

Warum verlor er kein Chakra mehr?? Wieso musste jede Hoffnung, an die er sich klammerte, sich sofort in Luft auflösen? Vielleicht benötigten sie ihn nicht mehr? Wenn Madara und Kabuto gewonnen hatten, brauchten sie keine Armee mehr. Oh Gott, wenn der Krieg verloren war, gab es nichts und niemanden mehr. Dann würde er hier auf ewig …

Yamatos schwermütiger Gedankengang wurde von einer plötzlichen Entdeckung unterbrochen. Was waren das für Geräusche? Es hatte doch bisher nie Geräusche gegeben. Eine merkwürdige Klangkulisse machte sich abrupt bemerkbar und wurde lauter. Zuerst war es mehr ein Rauschen gewesen, doch ganz langsam wurde es deutlicher. Waren das … Stimmen? Wo in aller Welt kamen diese Stimmen her? War das eine neue Stufe seines Wahnsinns? Noch wollte er nicht glauben, dass er sich diese nur einbildete.

Die Stimmen wechselten oft, aber eine blieb immer gleich. Allmählich wurden die Geräusche deutlicher und Yamato hatte das Gefühl, dass er diese Stimmen kannte. Während er darüber nachdachte, fiel ihm nach und nach auf, was noch anders geworden war. Die Schmerzen waren erträglicher geworden. Wie konnte das sein? Irgendetwas schien im Gange zu sein, doch er konnte nichts tun, außer abzuwarten. Er begann, sich zu wünschen, herausfinden zu können, was es mit all dem auf sich hatte und wieso die immer wiederkehrende Stimme ihm so vertraut vorkam und vor allem, wieso er das Gefühl hatte, dieser vertrauen zu können. Nur sehr, sehr langsam fing er an, etwas von dem, was sie sagte, zu verstehen.

Ich bitte dich, mach die Augen auf.“

Die Augen aufmachen? Konnte er das? War es sicher, dies zu tun? Was war das Letzte gewesen, was er tatsächlich gesehen hatte? Er erschauderte. Das Letzte, was er vor all diesem Grauen gesehen hatte, war Madara gewesen. Und vor diesem hatte Yamato – so unglaublich schwer es ihm auch fiel, dies zuzugeben - panische Angst.

Komm nach Hause zurück.“

Nach Hause? Was sollte damit gemeint sein? Ja, Konoha war es vielleicht einmal gewesen. Das Dorf, dem er hatte dienen sollen. Aber konnte er sich noch einen Konoha-Ninja nennen? Nach all dem, was er verschuldet hatte? Konoha musste ihn hassen. Seine ehemaligen Kameraden mussten ihn hassen.

Bitte, wach einfach wieder auf. Bitte.“

Die Stimme klang verzweifelt. Und irgendwie tat es Yamato weh, sie so zu hören. Aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass sie so klang. Warum nur war ihm dies wichtig? Konnte er etwas tun, um zu helfen? Sich vielleicht noch einmal nützlich machen? Mit einem Mal spürte Yamato eine weitere Veränderung. Plötzlich wurden die Schmerzen wieder schlimmer und sein Kopf fühlte sich an, als würde er zerspringen. Die Geräusche im Hintergrund wurden unerträglich laut, nur um kurz darauf komplett zu verstummen. Dann hörte er erneut nur noch ein Rauschen. Auf einmal wurde Yamato bewusst, dass er seinen Körper wieder spürte; nicht nur den ewig andauernden Schmerz, nein, seinen gesamten Körper. Es war ein erschreckendes, ungewohntes Gefühl. Das Rauschen ließ langsam nach und zu seinem eigenen Unglauben öffneten sich seine Augen einen Spalt breit. Das Licht war grell, es blendete ihn so sehr, dass er für einen Moment nur ein gleißendes, schmerzendes Weiß sehen konnte. Seine Augen blinzelten ein paar Mal und langsam, ganz langsam konnte er andere Farben sehen. Zuerst waren es tatsächlich nur Farben gewesen, die erst nach und nach Konturen annahmen.

Er sah zwei Frauen. Beide schienen über irgendetwas in Aufregung zu sein und bewegten sich hektisch. Sie kamen ihm bekannt vor. Und eine – sie war blond und er hätte schwören können, sie schon lange zu kennen - sah ihn nun an. Er konnte sehen, wie sie etwas zu ihm sagte, aber noch hörte er nur das Rauschen. Allmählich verstummte es und andere Geräusche traten hervor. Und wurden laut, viel zu laut! Sein armer Kopf zersprang sicher gleich!

„… mich hören? Beruhige dich, alles ist in Ordnung! Verstehst du mich? Yamato, wenn du mich hören kannst … “

Yamato? Der Name sagte ihm etwas. Das war … war das sein Name?

„ … dann blinzele zweimal.“

War es schon immer so anstrengend gewesen zu denken? Bis eben, als er noch mit sich alleine gewesen war, war ihm alles so viel einfacher vorgekommen. Yamato brauchte eine Weile, bis er verstand, was die Frau von ihm wollte und wie er dies in die Tat umsetzen konnte.

„Tsunade! Da! Er kann uns verstehen!“ Eine junge Frau mit rosafarbenen Haaren lächelte über das ganze Gesicht, als er es geschafft hatte zu blinzeln, und blickte ebenfalls zu ihm. „Alles wird gut, Yamato-taichou!“ Er merkte, wie sie ihm eine Hand auf die Schulter legte. Wer war das? Und wieso überkam ihn auf einmal das Gefühl, sie beschützen zu müssen? Als er sie so ansah, wurde ihm schlagartig bewusst, dass die Frau keine Fremde war. Sie gehörte zu seinem Team. Sein Team … zusammen mit … Naruto! Und Sai! Und Sakura! Das war Sakura! Und Tsunade! Was in aller Welt war hier los? Wieso waren die beiden hier?? Oder eher: Wo war er? Das war allem Anschein nach nicht Kabutos Versteck. Konnte es wirklich sein? War dies hier nicht nur eine Illusion? Es erschien zu unwirklich. Hatten sie ihn tatsächlich endlich da herausgeholt?

„Versuch dich zu beruhigen. Du bist in Konoha“, sagte Tsunade, ehe sie den Kopf wegdrehte. „Verdammt, wo ist der Bastard hin?!“

„Keine Ahnung! Er war plötzlich weg“, hörte Yamato eine männliche Stimme im Hintergrund antworten.

„Das darf doch wohl nicht …“, knurrte Tsunade, als sie sich wieder ihm zuwandte und dabei äußerst zornig aussah.

Yamato verstand nicht, worum es da ging. Er war plötzlich sehr, sehr müde und seine Augen schlossen sich wieder.
 

Als er sie das nächste Mal öffnete, hörte er zwei Personen miteinander reden und erschrak innerlich zunächst. Nur sehr, sehr langsam erinnerte er sich wieder daran, was zuvor passiert war. Tsunade war da gewesen, und Sakura. Sie hatten ihm gesagt, er wäre in Konoha. In Konoha. In Sicherheit.

Meine Güte, dachte Yamato. Das war kein Traum.

„Ich verstehe ihn nicht.“ Er erkannte Sakuras Stimme und als er die Augen aufschlug, sah er die Kunoichi aus dem Augenwinkel.

„Niemand tut das. Glaub mir, ich versuch´s schon´ne ganze Zeitlang.“ Zu seiner anderen Seite saß ein Mann und zu Yamatos eigener Erleichterung brauchte er dieses Mal nicht all zu lange, um auf dessen Namen zu kommen. Genma seufzte genervt, bevor sein Blick auf Yamato fiel. „Hey! Er ist wieder wach!“

Sakura reagierte sofort und ihre Augen schnellten zu ihrem Patienten. „Yamato-taichou, kannst du mich verstehen?“

Am liebsten hätte er „Selbstverständlich“ geantwortet, aber selbstverständlich war absolut nichts mehr. Er schaffte es nicht einmal, ein schwaches Nicken zur Antwort zu geben, da sein Nacken sich keinen Millimeter bewegen ließ. Yamato ahnte, dass es vermutlich keinen Sinn machte, auch nur zu versuchen, einen Ton zu äußern. Sein Körper hatte vergessen, wie die einfachsten Dinge funktionierten.

„Wenn du mich verstehen kannst, blinzele wieder zweimal“, bot Sakura geduldig an, während Yamato aus dem Augenwinkel erkennen konnte, dass Genma nervös auf seinem Senbon kaute, als er ihn betrachtete. Hatte er Genma schon einmal nervös gesehen? Es brauchte schon eine Menge Unheil, bis Genma nervös wu- mitten in seinem Gedankengang erschrak Yamato. Sakuras eigentliche Frage ignorierend, schaffte er es durch die plötzlich aufsteigende Panik, ein paar Silben zu äußern (es klang weder gesund, noch menschlich, was da an Lauten über seine vertrockneten Lippen kam, aber Yamato musste dies herausbekommen, auch wenn es schrecklich weh tat). „Na … ru ...“

Sakura und Genma horchten erschrocken auf und Yamato machte gedanklich drei Kreuze, dass Sakura ziemlich schnell verstand, was er wollte, obwohl sein erbärmlicher Versuch zu reden, kaum hörbar gewesen war. „Naruto? Ah, keine Sorge, dem geht es gut.“ Sakura schickte ein beruhigendes Lächeln hinterher. „Der Krieg ist vorbei, wir haben gewonnen.“

Sichtbar erleichtert atmete Yamato aus. Der Krieg war tatsächlich vorbei. Kabuto und Madara mussten also geschlagen sein. Naruto ging es gut. Doch seine Erleichterung hielt nicht lange an. Er hatte schließlich immer noch den Feinden Informationen verraten und was genau im Krieg passiert war, wusste er nicht. Leider reichte seine Kraft nicht annähernd, um Sakura oder Genma verständlich machen zu können, wonach er sie fragen wollte.

„Hast du Schmerzen?“, frage Sakura sichtlich besorgt, als sein Gesichtsausdruck immer gepeinigter wurde.

„Nein“, wisperte er kläglich und obwohl es sich anfühlte, als würden seine Stimmbänder vor Überbelastung zerreißen, raffte er sich auf, eine weitere Sache zu fragen, die ihm plötzlich auf der Seele brannte. „Ka … ka … shi?“

Es war durchaus irritierend, dass sowohl Sakura als auch Genma daraufhin erst einmal Blicke austauschten und nichts sagten. „Der … ist gerade beschäftigt“, antwortete Genma schließlich und für den Moment konnte Yamato sich gar nicht weiter darüber wundern, denn er war vollkommen fertig von der ungewohnten Anstrengung und schloss wieder müde die Augen.
 

Er träumte, was an sich nichts Schlechtes war, denn er hatte schon lange nicht mehr wirklich geträumt. Allerdings war der Inhalt seines Traums alles andere als erfreulich. Immer wieder kam darin Kabuto vor, und Schlangen, riesige Schlangen und schließlich Madaras glühend-rotes Sharingan. Yamato erwachte schwer atmend, schweißgebadet und von Neuem desorientiert. Wie oft hatte er nun schon sich daran erinnern müssen, dass er nicht mehr in Gefangenschaft war, sondern zurück in Konoha?

„Ganz ruhig“, sagte Sakura, die zu seiner linken Seite stand und ihre Hand behutsam auf seinen Arm gelegt hatte. „Du weißt, wo du bist?“

„Ja“, krächzte er.

Neben Sakura stand Tsunade und schaute von seiner Krankenakte hoch. Andere wären vermutlich verstört gewesen, wenn sie Tsunades grimmigen Blick in Verbindung mit der eigenen Krankenakte gesehen hätten, aber für Yamato hatte es etwas Beruhigendes. Er wusste, dass Tsunade meistens so dreinblickte. Und alles, was ihm bekannt vorkam, war gut.

„Hast du Schmerzen?“, fragte sie und klang dabei nicht sonderlich mitfühlend.

„Geht.“ Es gefiel ihm wirklich nicht, so kurz und unhöflich antworten zu müssen, aber die Worte fielen ihm entsetzlich schwer. Irgendwann, als er zwischenzeitlich erwacht war, hatte Sakura ihm erklärt, er sollte nicht versuchen, gleich zu viel zu sprechen.

„Gut“, sagte Tsunade und ihr Blick wurde ein wenig sanfter. „Weißt du, ich will ehrlich sein. Ich habe dich schon fast abgeschrieben gehabt, aber du bist zäher als ich gedacht habe.“ Yamato wusste nicht, wie er das finden sollte, jedoch war er dankbar, dass sie ihn nicht aufgegeben hatte. Plötzlich stutzte er. Was genau hieß denn „abgeschrieben?“ Hatte es so schlimm um ihn gestanden? Er konnte nur danach gehen, wie er sich selbst fühlte und das war alles andere als gut. Anscheinend war es also noch viel schlimmer gewesen. „Kannst du dich daran erinnern, was geschehen ist?“, hakte Tsunade nach.

Das konnte er. In jedem furchtbaren Detail. Sein Gesichtsausdruck musste etwas darüber verraten haben, denn Sakura und selbst Tsunade schauten auf einmal besorgt zu ihm. „Kabuto ...“, begann er schwach, „Gift … unterdrückte ...“

„Unterdrückte das Mokuton?“, ergänzte Tsunade.

Yamato schaffte ein angedeutetes Nicken. „Madara … Sharingan ...“

Sakura und Tsunade tauschten bei der Erwähnung von Madaras Namen kurz Blicke aus, ehe Letztere sagte: „Ja, haben wir uns gedacht, dass es so gelaufen ist.“

„Tut mir … leid ...“ Yamato schluckte schwer. Nicht einmal eine ordentlich Entschuldigung war im Moment möglich. Allerdings war ihm bewusst, dass keine Entschuldigung der Welt so eine Schuld wiedergutmachen konnte.

„Nicht doch“, erwiderte Sakura kopfschüttelnd. „Du konntest doch nichts dafür.“ Wie gerne hätte er ihr geglaubt.

„Madara ...“, fuhr er fort, „besaß Mokuton. Er hat … mich mit so einer … Pflanze verbunden … aus der … kamen Zetsus.“

„Dann hattest du wirklich Recht, Sakura“, sagte Tsunade zu ihrer Schülerin.

„Ich wünschte, es wäre nicht so“, gab Sakura niedergeschlagen zurück.

„Ich … auch.“

Tsunade seufzte. „Das ist nicht mehr zu ändern. Sieh zu, dass du dich wieder erholst. Wir brauchen dich hier schließlich noch.“

Die Hokage hatte sich sicherlich nicht allzu viel bei diesem eher beiläufig geäußerten Satz gedacht, doch irgendwie hatte Yamato nicht damit gerechnet. Vielleicht lag es an seinem kaputten Zustand, aber er hatte erwartet, von Tsunade (oder sonst wem) bestraft zu werden. Verstoßen zu werden. Dass irgendetwas mit ihm passierte. Erneut sprach seine Mimik wohl Bände.

„Mach dir keinen Kopf.“ Tsunade sah ihn an. „Der Krieg wurde trotzdem gewonnen. Ich will nichts beschönigen, wir haben viele Leute durch die Zetsu-Armee verloren, aber niemand kann dir die Schuld dafür geben.“

Der Satz stach qualvoll in sein Herz. Viele Kameraden waren gefallen. Seinetwegen. Weil er das verdammte Mokuton hatte. Schon lange hatte er nicht mehr solch einen Groll auf seine Fähigkeiten verspürt wie in diesem Moment. Wäre er nur nicht von Orochimaru … Moment. „Was wurde … aus … Kabuto?“

„Hmm?“ Sakura hob fragend eine Augenbraue. „Ach so, ja.“ Sie vergaß immer wieder, dass Yamato überhaupt nichts mitbekommen hatte. „Itachi hat sich um den gekümmert.“

Für die nächsten Augenblicke sah Yamato sie nur entgeistert an. Er musste sich verhört haben. Schließlich fragte er ungläubig nach: „Itachi?“

Sakura blieb noch eine ganze Weile, um ihrem verwirrten Vorgesetzten von Itachi und der Edo-Tensei-Armee zu erzählen. Yamato konnte gar nicht glauben, was alles in seiner Abwesenheit passiert sein sollte. Er fasste es nicht, dass Neji tot sein sollte und Shikaku und Inoichi und so viele andere. Seine Gedanken kehrten immer wieder, während Sakura sprach, zu seinem erlebten Albtraum mit Kabuto und Madara zurück. Er hätte in diesem Krieg mit seinen Kameraden kämpfen sollen, doch stattdessen war er gegen sie benutzt worden. Weil Yamato mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt war, bemerkte er nicht, wie Sakura oft stockte, wenn sie in ihrer Erzählung Madara erwähnte. Er konnte nicht wissen, was ihr aufgetragen worden war, für den Fall, dass er nach dem Kriegsgeschehen fragen sollte. Bevor Sakura ging, erwähnte sie mit einem Lächeln, wie lange Yamato nun schon am Stück wach war. Er wusste nicht, ob er dies auch als Erfolgserlebnis verbuchen sollte, denn irgendwie erschien es ihm zu traurig, dass dies nun anscheinend seiner neuer Leistungsmaßstab war. Kurz darauf fiel er in einen unruhigen Schlaf.
 

Yamato erfuhr, dass schon weit über eine Woche vergangen war, seit er wieder aufgewacht war und er begann zu verstehen, warum Sakura sich so gefreut hatte, als er eine längere Zeit am Stück wach gewesen war. Der Zeitraum war ihm gerade mal wie ein paar Tage, maximal, vorgekommen. Ihm war jegliches Zeitgefühl verloren gegangen und das beunruhigte ihn mehr als er es zugeben wollte (dass seit Kriegsende mehrere Monate vergangen waren, hatte ihn sogar so sehr erschreckt und aus der Fassung gebracht, dass Shizune ihm Beruhigungsmittel hatte geben müssen). Seine körperliche und geistige Verfassung machte Yamato ernsthafte Sorgen. Nach wie vor konnte er sich kaum bewegen und seine Albträume enthielten nun auch noch zusätzlich menschenfressende Zetsus. Er hatte sich noch nie so schwach gefühlt und die Tatsache, dass er sich bei jedem Erwachen an seine Rettung erinnern musste, zerrte an seinen Nerven. Tsunade hatte ihm erklärt, dass seine Genesung viel Zeit in Anspruch nehmen würde und die Gefahr bestand, dass sie nicht vollständig sein würde. „Auch wenn du das vielleicht nicht hören willst, aber sei froh, dass du überhaupt noch lebst“, hatte sie gesagt.

Froh. Nein, so konnte er es nicht nennen. Trotzdem war er dankbar. Und es rührte ihn sehr, dass er ständig Besuch bekam. Naruto kam irgendwann durch die Tür gepoltert und erhielt dafür sogleich von Sakura eine Kopfnuss. Sai erklärte Yamato, sich über sein Erwachen zu freuen, er müsste nur noch daran arbeiten, wie man sich angemessen freute (dies hatte tatsächlich ein Lächeln, wenn auch ein schwaches, auf Yamatos Lippen gebracht). Sein Team lebte, war gesund und chaotisch wie immer. Dies half ungemein.

Yamato erschrak ein wenig, als er erfuhr, dass Gai recht schwer verletzt worden war, aber als Gai zu ihm kam und enthusiastisch wie eh und je etwas über die KRAFT DER JUGEND brüllte, beruhigte es ihn. Gai war ein grenzenloser Optimist und – so ungern er das auch zugab – im Moment brauchte er genau so etwas, um seine Gedanken davon abzuhalten, immer wieder in die gleichen dunklen Ecken abzudriften. Als er sagte, dass es ihm leid täte wegen Neji, fiel Gai ihm um den Hals (nicht, dass das gut getan hätte) und rief lautstark aus, dass sie den Blick nach vorn richten mussten.

Yugao war viel (viel) leiser, jedoch freute er sich nicht minder über ihre Besuche. Nach Hayates Tod hatte sie kaum noch mit ihm geredet, doch nun kam sie oft vorbei und geriet geradezu ins Plaudern. Sie erzählte von ihrem Team, vom Dorf und immer wieder auch von ihrer gemeinsamen Anbu-Zeit. Es war merkwürdig, aber unbegreiflich schön. Yamato hatte eigentlich geglaubt, dass nun niemand mehr mit ihm reden oder zu tun haben wollte, doch genau das Gegenteil war eingetreten. Nie war ihm so viel Aufmerksamkeit durch andere zuteil geworden wie jetzt. Selbst Kurenai, mit der er – gelinde gesagt – zuvor nie mehr als drei Worte gewechselt hatte, besuchte ihn, brachte Blumen und fragte, wie es ihm ging. Aoba sagte sogar sichtlich und hörbar zerknirscht, dass es ihm leid tat, damals (für Yamato fühlte es sich immer noch nicht so sehr wie „damals“ an) nicht in der Lage gewesen zu sein, Yamatos Entführung zu verhindern. Daraufhin hatte Yamato den Kopf leicht geschüttelt (mehr war noch nicht drin, aber immerhin) und erwidert, dass er derjenige war, der sich entschuldigen musste. Die Reaktion darauf war stets die gleiche gewesen: „Du kannst ja nichts dafür.“

Wenn dies ihn auch jedes Mal ein wenig besänftigte, es brachte seiner Seele keine Ruhe. Wenn er nicht gefangen genommen worden wäre, dann … dann wäre alles vielleicht anders verlaufen. Und niemand konnte dieses „vielleicht“ auslöschen, denn was geschehen war, war nicht mehr zu ändern. So sehr er sich auch über jeden Besuch freute, er konnte vor sich selbst nicht leugnen, dass er fest damit rechnete, irgendeiner würde ihm doch die Schuld geben, würde ihn doch zur Rechenschaft ziehen wollen. So wie es ihm in seiner Kindheit immer so vorgekommen war, dass man ihn für Orochimarus Untaten verantwortlich machte, obwohl es doch genauso wenig seine Schuld gewesen war, Orochimarus Experiment gewesen zu sein. Ein kalter Schauer lief seinen Rücken hinunter, wenn er daran dachte, was wohl mit ihm passiert wäre, wenn Danzou noch gelebt hätte oder – schlimmer noch – Hokage gewesen wäre. Yamatos Gedanken waren schon immer selten optimistischster Natur gewesen, aber in letzter Zeit strebten sie fast nur noch diese eine unheilvolle Richtung an. Er sehnte die Besuche mancher, wie Sakura, Naruto oder Sai, herbei, weil sie es schafften, seine düsteren Gedanken abzulenken. Das einzige, was Yamato zunehmend schmerzhaft irritierte, war das Fehlen Kakashis. Jedes Mal, wenn er jemanden nach ihm fragte, erhielt er ausweichende Antworten. „Er hat zu tun“, „Er ist auf Mission“, „Du hast geschlafen, als er da war.“

Das ungute Gefühl stieg in Yamato auf, dass irgendetwas hier nicht stimmte. Und niemand es ihm sagen wollte. Er erwähnte es natürlich niemandem gegenüber, aber er vermisste Kakashi. Warum nur war Kakashi bisher nicht bei ihm gewesen? Interessierte es ihn gar nicht, wie es ihm ging? Yamato konnte (wollte) sich nicht vorstellen, dass er Kakashi vollkommen egal war.

An einem Tag, an dem er das Erfolgserlebnis hatte, sich (wenn auch nur mit Hilfe) aufsetzen zu können, schauten Naruto und Sai wieder einmal vorbei und Ersterer plapperte wie so oft über alles, was ihm einfiel. Wenn Yamato ihn währenddessen nicht ansah, konnte er sich einbilden, dass er immer noch den Naruto vor sich hatte, der ihm selbst in der unmöglichsten Situation noch einen blöden Streich gespielt hatte. Doch das war nicht mehr der gleiche Naruto. Genau wie bei Sakura hatte Yamato mit nicht geringem Unglauben feststellen müssen, wie erwachsen beide in den vergangenen (und von ihm verpassten) Monaten geworden waren. Es kam ihm so vor, als hätte man beide gegen erwachsene, reifere Versionen ausgetauscht und Yamato war der Einzige, der es bemerkt hatte und sich nun darüber wunderte. Nur Sai war mehr oder weniger wie immer. Dies war erneut unglaublich beruhigend.

„ … und gleich treffe ich mich wieder mit Sasuke“, sagte Naruto und dies lenkte Yamatos Aufmerksamkeit wieder zurück zu dem, was sein blonder Schützling erzählte. Es irritierte Yamato jedes Mal aufs Neue, wenn Sasuke quasi beiläufig erwähnt wurde. Sasuke war für ihn kein Verbündeter, kein Kamerad aus Konoha. Für Yamato war er immer noch ein abtrünniger Ninja, der freiwillig Orochimaru folgte und rücksichtslos seine ehemaligen Freunde angriff (und ihm sein verdammtes, mit Chidori geladenes Schwert in den Körper gerammt hatte!). Man hatte ihm zwar erzählt, dass Sasuke sich im Krieg wieder Konoha angeschlossen hatte, aber es erschien zu unwirklich. Daher zuckte Yamato stets kurz zusammen, wenn Sasuke erwähnt wurde. Und dies entging Naruto nicht.

„Ah, du weißt doch noch, dass Sasuke wieder zu uns gehört, oder?“, fragte Naruto hastig.

„Ja. Ich vergesse nicht alles, Naruto.“ Yamato schüttelte kurz den Kopf. Hatte Sakura ihm erzählen müssen, dass er manchmal desorientiert war und seine Rettung vergaß? Irgendwie war es ja amüsant, dass Naruto in Ansätzen doch immer noch der verplante Junge war, den er bei Killer Bee gelassen hatte.

„Dann ist ja gut. Sakura hat mir das zwar erklärt, aber ich kann mir nie merken, was du vergisst.“

Yamato und Sai tauschten ein paar Blicke aus und Yamato fand es ungewohnt, um Sais Mund ein Zucken zu sehen, dass nach einem unterdrückten Lachen aussah. Alles schien letztlich doch eine Erinnerung daran zu sein, wie viel Zeit vergangen war und was er alles nicht mitbekommen hatte.

Bevor Sai und Naruto sich aufmachten, um zu gehen, versuchte Yamato erneut, die für ihn immer wichtiger werdende Information zu bekommen. „Wo ist eigentlich Kakashi? Ist er momentan im Dorf?“

Naruto, das war Yamato aufgefallen, antwortete nie auf diese Frage. Dies übernahmen immer Sai oder Sakura. So wie dieses Mal. „Nein, er ist noch auf Mission“, sagte Sai und Yamato wollte sich dieses Mal nicht wieder einfach damit abspeisen lassen.

„Was genau ist denn das für eine Mission?“

„Eine Geheime.“

Sai war mehr oder weniger darauf trainiert, falsche Antworten geben zu können, das war also nicht sehr hilfreich.

„Und ihr wisst auch nicht, wann er wiederkommt?“

„Nein.“

„Dir gegenüber hat er auch nichts erwähnt, Naruto?“

Es war merkwürdig, Naruto so schweigsam zu sehen. Es verstärkte Yamatos Verdacht, dass irgendetwas hier nicht stimmte.

„Naruto weiß auch nichts darüber“, antwortete Sai.

„Okay, was ist hier los?“ Yamato war hörbar irritiert. „Ich weiß, dass Naruto sehr wohl für sich selbst antworten kann.“

Sai warf einen kurzen Blick auf seinen blonden Kameraden, der die Fäuste geballt hatte und sichtlich einen inneren Kampf mit sich austrug. „Mir gefällt das nicht“, sagte Naruto schließlich zähneknirschend. „Wir sollten nach all dem endlich keine Geheimnisse mehr voreinander hab-“

„Naruto!“, unterbrach Sai ihn. „Es tut mir leid, Yamato-taichou, wir müssen gehen.“ Mit diesen Worten zog Sai den Anderen aus dem Zimmer und Yamato konnte nichts tun, um sie aufzuhalten. Bevor die Tür sich schloss, hörte er noch Narutos Protest und Sais Antwort darauf: „Wir hatten uns darauf geeinigt. Und die Hokage hat es außerdem befohlen.“

Ein schrecklicher Verdacht formte sich in Yamatos Innerem, den er nicht einfach abschütteln konnte. Nein, dachte er, um Fassung ringend. Das hätten sie mir gesagt. Das … kann nicht sein.
 

Der grausame Gedanke, der ihm gekommen war, ließ ihn nicht mehr los. Er schlief schlecht und wenn wurden seine Albträume noch schlimmer. Das Essen, an das er sich gerade erst wieder zu gewöhnen begonnen hatte, bekam er kaum hinunter. Seine Werte und sein Zustand wurden zur Besorgnis aller wieder schlechter.

„Mach mir keinen Kummer“, hatte Tsunade eines Tages gemurmelt, als sie seine Testergebnisse durchsah. Und es brannte ihm beinahe auf der Seele, sie zu fragen, was er wissen wollte, was ihn so sehr beschäftigte, aber er hatte Angst davor. Angst vor der Antwort und der Gewissheit.

Tsunade ging und Genma kam dafür wieder. Genma, so wunderte sich Yamato bereits die ganze Zeit, kam erstaunlich oft vorbei. Er hatte mit dem Älteren zwar zuvor schon mehr zu tun gehabt als beispielsweise mit Kurenai, jedoch war es ihm nie so vorgekommen, dass er irgendeine tatsächliche Verbindung zu dem Älteren gehabt hatte.

„An Tsunades Gesichtsausdruck les ich mal ab, dass du immer noch nicht über´n Berg bist, hm?“

Yamato sagte darauf nichts. Er sah ihn nur gedankenversunken (und mitleiderregend) an.

„Okay, ich bin zwar kein Arzt, aber ich vermute mal, dass dich irgendetwas quält. Ich meine, außer, dass es dir echt dreckig geht, natürlich.“ Genma biss nervös auf sein Senbon. Ihm war klar, dass er den Anderen gar nicht gut genug kannte, um als Gesprächspartner für so etwas herzuhalten. Allerdings fühlte Genma sich verpflichtet, die Aufgabe zu übernehmen, hier zu sein und nach Yamato zu sehen. Er wusste, dass derjenige, der dies eigentlich tun sollte, es nicht tat.

Als Yamato immer noch nicht antwortete, startete Genma einen neuen Anlauf. „Ich weiß, wir stehen uns nicht so nahe, aber … wenn du irgendwas hast, dann raus damit. Auch auf die Gefahr hin wie der kleine Chaot zu klingen, du kannst mir sagen, wenn was ist … echt jetzt.“ Genma schickte ein kurzes Lächeln hinterher. Tsk, dachte er genervt, diese Typen, die zu lange bei den Anbu waren, gehen lieber ein, bevor sie über ihre Probleme reden. An wen erinnert mich das nur?

Zu Genmas Erleichterung war Yamato allerdings nur bedingt wie Kakashi. Yamato wusste das Angebot des Senbon-kauenden Shinobi zu schätzen. Er hatte nur nach wie vor Angst vor der Frage und der Antwort. Allerdings wusste er, dass er dies nicht ewig vor sich herschieben konnte. Es fraß ihn bereits jetzt innerlich auf.

„Kann ich … kann ich dich etwas fragen?“, begann er vorsichtig und Genma horchte auf.

„Klar.“ Es entging ihm nicht, dass Yamatos Hände sich krampfhaft in seine Decke krallten und seine Stimme leicht zitterte.

„Ist …“ Es war offensichtlich, dass Yamato das, was auch immer er sagen wollte, schwer fiel, auszusprechen. Er musste tief Luft holen, ehe er mit abgewendetem Blick den Satz vollenden konnte. „Ist Kakashi … tot?“

Genma fiel beinahe das Senbon aus dem Mund. „Was?“ Er musste sich kurz sammeln. „Nein. Nein, ist er nicht.“

Yamato blickte nun zu ihm und es tat Genma in der Seele weh, wie gequält der Jüngere aussah. „Ist das die Wahrheit?“ Denn so sehr er Genma auch glauben wollte, er sträubte sich dagegen, seinen Worten einfach Glauben zu schenken.

„Ja, ist es. Wirklich.“ Genma bemerkte die Ungläubigkeit in Yamatos Augen, die sich mit seiner Antwort nun in etwas verwandelte, das man wahrscheinlich schon Verzweiflung nennen konnte. „Er lebt, ehrlich.“ Und ist ein Arsch, ergänzte Genma in Gedanken.

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Yamato eine immense Erleichterung verspürt. Die Zeit reichte, um genau einmal richtig einatmen zu können, ohne eine eingebildete, tonnenschwere Last auf den Lungen zu fühlen. Dann setzte die Ernüchterung ein. Wenn Kakashi lebte, ihn aber nicht besuchen kam, hieß das, dass er ihn nicht sehen wollte. Kakashi wollte ihn nicht sehen. Yamatos Verstand ließ dafür nur eine Erklärung zu: Er hatte Kakashi enttäuscht, ihn verraten. Wie oft hatte Kakashi ihm das Leben gerettet? Sich für ihn eingesetzt? Und was hatte er getan? Sich vom Feind gefangen nehmen und benutzen lassen. Er hatte Kakashis Sympathie, seine Freundschaft nicht verdient. Kakashi schätzte Menschen, die sich für ihre Kameraden einsetzten, die für ihr Dorf und ihre geliebten Menschen alles gaben. Und nicht die, die gegen diese eingesetzt wurden, gerettet werden mussten und dann ein erbärmliches, nutzloses Bild abgaben. Er hatte – so gesehen - Kakashi also doch in diesem Krieg verloren. Und Yamato versuchte, dieses erdrückende Gefühl in seiner Brust zu ignorieren, welches ihm die Luft beinahe abschnitt und sein Herz fast zum Zerbersten brachte. Es ist in Ordnung, versuchte er sich einzureden. Er hatte zuvor schon ohne Kakashi leben können, er würde es nun auch wieder schaffen. Die Jahre ohne Kakashi überstiegen sogar quantitativ die mit Kakashi, es durfte also kein Problem sein. Er war nicht dermaßen abhängig von dem Älteren. Er brauchte ihn nicht.

Er brauchte ihn nicht.

„Alles klar?“, hörte er Genma fragen und er schaffte es, kurz zu nicken. „Kakashi kommt bestimmt noch vorbei“, fügte Genma hinzu. Geistesabwesend nickte Yamato erneut und kämpfte mit dem erdrückenden Gefühl in seiner Brust, welches immer stärker wurde und begann, seine Gedanken durcheinander zu bringen. Kakashi war ihm egal, er würde nicht seinetwegen den Verstand verlieren. Er brauchte keine Bindungen zu anderen Menschen, er braucht keine Gefühle für Andere und alles Schlechte, was damit zusammenhing. Er war ein Anbu, er hatte sich antrainiert, so etwas abstellen zu können. Anbu zeigten keine Emotionen, im Idealfall verfügten sie nicht einmal über so etwas und sie sehnten sich nicht nach der Nähe anderer Menschen. Er brauchte ihn nicht, wiederholte er in Gedanken, als er zu seinem eigenem Entsetzen und großem Unglauben bemerkte, wie sich langsam und unaufhaltsam Tränen ihren Weg über sein Gesicht bahnten. Nun kam er sich endgültig wie ein schwacher, hilfloser Taugenichts vor, denn er konnte nichts tun, um sie aufzuhalten oder zurückzudrängen. Stattdessen wurden sie immer mehr und er sank – nicht mehr in der Lage auch nur einen einzigen Schluchzer zu unterdrücken – in sich zusammen. Genma beobachtete ihn zunächst erschrocken und überfordert, ehe er unsicher eine Hand auf die Schulter des Anderen legte und versuchte, ihn zu beruhigen.

„Hey, ich hab nicht gelogen. Kakashi lebt. Er ist nur … beschäftigt.“

Während Yamato wieder nur mit einem schwachen Nicken reagierte, welches an seiner zitternden Gestalt kaum auffiel, fluchte Genma innerlich. Dies war eigentlich nicht seine Aufgabe.
 

Yamato hatte sich zumindest äußerlich nach einiger Zeit wieder beruhigt. Ihm war es mehr als unangenehm, was passiert war und dass es vor Genmas Augen hatte passieren müssen. Bevor der Andere gegangen war, hatte Yamato sich dafür bei ihm entschuldigt. Worauf Genma lediglich mit den Schultern gezuckt hatte und schließlich, sein Senbon zwischen den Fingern wirbelnd, gesagt hatte: „Kann jedem mal passieren.“ Das heiterte Yamato ein klein wenig wieder auf, aber es reichte nicht, um ihm die erdrückende Last in seinem Inneren zu nehmen. Bis tief in die Nacht kreisten seine Gedanken noch um alles, was wahr und wahrscheinlich nie mehr sein würde. Und auch wenn er sich selbst immer wieder sagte, wie lächerlich es war, dermaßen an Kakashi zu hängen, es half nicht. Dann, endlich, fiel er in einen unruhigen Schlaf. Im Traum tauchte Orochimaru – wer sonst - mal wieder auf und quälte ihn und die anderen Kinder, von dem eins nach dem anderen einen grausamen Tod starb; eins nach dem anderen wand sich vor Schmerzen, um schließlich von aus den eigenen Körpern heraus schnellenden Ästen durchbohrt zu werden. Orochimaru schließlich verwandelte sich in Kabuto (es war das gleiche unmenschliche Grinsen und machte letztlich keinen Unterschied) und plötzlich war er wieder in dessen Versteck und wurde von Madara grob an den Haaren gepackt und bis zu diesem furchterregenden Sharingan hochgezogen, dessen starrem Blick er nicht ausweichen konnte. „Bitte nicht“, brachte Yamato mit zittriger Stimme heraus. „Bitte nicht. Bitte nicht.“ Es war ein elendes, klägliches Flehen und Yamato wusste, dass es vergebens war und nichts ihn vor der Grausamkeit Madaras retten konnte. Doch dann hörte er aus dem Nichts eine Stimme, die vorher noch nie in seinen derartigen Träumen aufgetaucht war:

Es tut mir leid.

Die Stimme irritierte ihn, aber sie ließ Madara und Kabuto und das dunkle Versteck mit einem Mal verschwinden. Diese Stimme …. Plötzlich wurde Yamato klar, woher er diese Stimme kannte und zu wem sie gehörte. Das war die Stimme, die er gehört hatte, bevor er wieder in Konoha erwacht war.

Sempai.“

Der Traum änderte ein weiteres Mal die Szenerie. Sie befanden sich nun draußen, es sah aus wie einer der Trainingsplätze, die rund um das Dorf lagen. Die Sonne schien warm und hell und vor ihm stand Kakashi. Beide trugen ihre Anbu-Uniform.

Es tut mir leid, Tenzou.“

„Was? Was tut dir leid?“ Yamato sah ihn fragend und überfordert an.

Es ist meine Schuld, dass du leiden musstest.

Yamato schüttelte den Kopf. „Nein. Was redest du da? Du hast nichts-“ Er stockte, als er Kakashis Hand auf seiner Schulter spürte. Dann brach der Traum ab und Yamato erwachte schweißgebadet. Verwirrt sah er sich in der Dunkelheit des Raumes um. Nein. Er war sich sicher. Das war gerade nicht nur Einbildung gewesen. Jemand war tatsächlich hier gewesen.
 

Ein paar Tage vergingen, in denen sich sein Zustand wieder erheblich besserte, auch wenn der stechende Schmerz in seinem Inneren nicht richtig nachlassen wollte. Er hatte kaum einen Zweifel daran, dass Kakashi bei ihm gewesen sein musste. Mindestens zu der Zeit, als er noch in seinem komaähnlichen Zustand gelegen hatte und diese Stimme gehört hatte, von der er sich sicher war, dass es Kakashis gewesen sein musste. Irgendetwas sagte ihm, dass sein vermuteter, nächtlicher Besuch letztens ebenso sein Sempai gewesen war. Aber warum kam Kakashi dann nicht vorbei, wenn er wach war? Yamato musste aufpassen, mit seinen Gedanken nicht wieder zu weit abzuschweifen. Es war gegen seine Natur, anderen Sorgen zu bereiten und ihnen seine Sorgen mitzuteilen.

„Na bitte“, sagte Sakura in Anwesenheit von Naruto, Sai und Sasuke (Yamato beäugte Letzteren misstrauisch) fröhlich. „Wenn es so weitergeht, kannst du vielleicht in ein paar Wochen entlassen werden.“

„Entlassen?“, hakte er erstaunt nach.

„Ja. Ich meine, du wirst dann noch nicht wieder topfit sein, aber … fit genug.“ Sakura bemerkte schnell, dass sich seine Freude darüber in Grenzen hielt. „Was ist denn?“

„Nichts“, sagte er etwas zu hastig.

„Freust du dich nicht, wenn du endlich hier heraus kannst?“, fragte Naruto verwundert.

„Doch, natürlich.“ Absolut nicht, wenn er ehrlich war. Selbstverständlich wollte er nicht auf ewig im Krankenhaus bleiben, aber der Gedanke, nach draußen zu gehen … er war ein wenig erschreckend. Sein Tränenausbruch hatte seine Anbu-Ehre sowieso schon mit Füßen getreten, da machte Yamato sich nicht einmal mehr die Mühe, sich einzureden, dass es für einen Anbu lächerlich war, Angst davor zu haben, vor die Tür zu gehen. Konoha sah mit Sicherheit nicht mehr so aus, wie er es in Erinnerung hatte und irgendwo – der Gedanke ließ ihn nicht los – gab es bestimmt jemanden, der ihn für das Geschehene verantwortlich machen wollte. Es war eine bitterböse Ironie, dass ihn der Gedanke, nach draußen zu gehen derart beunruhigte. Vielleicht sollte ihm die Entführung (immerhin die zweite in seinem Leben) etwas sagen. Vielleicht war er nicht dafür geschaffen, das Licht der Sonne zu spüren.

„Was beunruhigt Sie?“, fragte Sai nachdem er ihn eine Weile gemustert hatte.

„Nichts.“ Er versuchte es mit einem Lächeln, doch es musste zu gezwungen ausgesehen haben, denn niemand schien es ihm abzunehmen.

„Befürchten Sie, jemand könnte Ihnen die Geschehnisse aus dem Krieg nachtragen?“

Yamato stutzte (und nicht nur er, auch Naruto und Sakura schienen von Sais Bemerkung überrascht). „Wie kommst du darauf?“

Sai zuckte leicht mit den Schultern. „Mir würde der Gedanke kommen, wenn mir das passiert wäre.“

Hmm. Yamato erlaubte sich ein schwaches, aber immerhin aufrichtiges Lächeln. Sai war ein Menschenkenner, der nicht wusste, dass er Menschen kannte.

Naruto sah ein paar Mal zwischen Sai und Yamato hin und her, ehe er heraus plärrte: „Echt jetzt?? Hast du Angst, raus zu gehen?!“

Yamato seufzte, während Sakura ihrem lauten Kameraden eine Kopfnuss verpasste. „Brüll nicht so herum!“, empörte sie sich. „Wenn überhaupt ist das ein Trauma, mit dem wir ihm helfen müssen, du Idiot!“ Die unfreiwillig komische Szene, die sich vor ihm abspielte, machte den Schmerz erträglicher. Er schämte sich fast ein bisschen, sich so sehr an Kakashis Abwesenheit aufgehängt zu haben, wenn er dafür doch die Anwesenheit seiner Schützlinge hatte. Ja. Vielleicht war Kakashi nicht seine einzige Bindung. Nicht mehr. Trotzdem war seine Beziehung zu Kakashi eine ganz andere. So sehr er Naruto, Sakura und Sai auch ins Herz geschlossen hatte, Kakashi hatte darin einen so besonderen Platz eingenommen, den keiner der anderen ausfüllen konnte.

„Jajajaja, natürlich“, sagte Naruto, sich den Kopf reibend und sich dann wieder an seinen Vorgesetzten wendend: „Natürlich werden wir dir helfen. Ich wäre wirklich froh, wenn wir endlich mal jemandem helfen könnten. Nicht wie bei Kakashi-sensei.“

„Wie meinst du das?“, schoss es aus Yamato heraus, nachdem die plötzliche Erwähnung Kakashis ihn sichtbar hatte zusammenzucken lassen.

„Na ja, wegen ...“ Die Anderen richteten ihre kritischen Blicke auf Naruto, doch dieser wollte sich offensichtlich nicht mehr unterbrechen lassen. „Mir reicht es. Echt jetzt. Yamato-taichou sollte ruhig wissen dürfen, dass Kakashi-sensei wegen dieser Obito-Sache so komisch geworden ist.“

Für einen Moment glaubte Yamato, sich verhört zu haben. Woher in aller Welt sollte Naruto von genau diesem Obito wissen? „Obito? Meinst du … Obito Uchiha?“

„Du kennst ihn?“ Es war das erste Mal, dass Sasuke etwas gesagt hatte.

„Ich würde es nicht ´kennen´ nennen. Aber ich weiß, dass Kakashi einen Teamkameraden mit diesem Namen hatte.“

Sasuke sah ihn kurz eindringlich an, als würde er etwas innerlich abwägen. „Ich sehe keinen Sinn darin, ihm nicht die Wahrheit zu sagen.“

„Wir haben es Kakashi versprochen! Und Tsunade!“, rief Sakura entrüstet aus.

Ihr habt es ihnen vielleicht versprochen. Ich habe von Anfang an keinen Sinn in so einem Versprechen gesehen.“

„Kakashi hat uns darum gebeten!“

Verwirrt sah Yamato zwischen Sasuke und Sakura hin und her. Worum ging es da? Kakashi etwas versprochen? Wahrheit? Welche Wahrheit? „Wovon in aller Welt redet ihr?“

„Davon, dass Kakashi nicht will, dass du erfährst, wer Madara in Wirklichkeit war.“ Sasuke antwortete so schnell, dass Sakura keinen weiteren Protest mehr hatte anmelden können. „Madara war in Wahrheit eben dieser Obito.“

Einen Moment lang herrschte vollkommene Stille. Dann atmete Sakura missmutig aus, Naruto kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und Sai sah langsam und abwartend von Sasuke zu Yamato hinüber. Sasukes unterkühlte Augen waren auf Yamato fixiert und so wenig Yamato diesen starren Blick auch mochte, er erwiderte ihn für einige Sekunden. Ein paar Sekunden, in denen sein Kopf sich erst wie leer gefegt anfühlte und dann von Gedanken geflutet wurde. Die Worte, die Sasuke ausgesprochen hatte, brauchten lange, bis sie bei ihm ankamen und verarbeitet werden konnten. Denn sie ergaben keinen Sinn. Madara konnte nicht Obito gewesen sein. Obito war tot. Schon lange. Davon abgesehen sollte Obito doch ein mitfühlender, herzensguter, die Menschen und die Welt verändernder Junge gewesen sein, den jeder gemocht hatte. Obito war Kakashis bester Freund. Obito war der bis in die Gegenwart strahlende Held einer Vergangenheit, über die Yamato nicht viel wusste, die aber Kakashi offensichtlich die Welt bedeutete. Er wusste, dass Obitos Name auf dem Heldendenkmal eingraviert war und er wusste, dass es seinetwegen war, dass Kakashi so oft und so lange vor diesem Stein stand. Für Yamato war Obito immer derjenige gewesen, dessen Platz er hatte einnehmen wollen und doch wahrscheinlich nie eingenommen hätte. Er hatte immer das Gefühl gehabt, dass – egal, was er tat oder sagte – er nie an diesen mysteriösen Jungen heranreichen konnte. Seit er das erste Mal von Obito Uchiha gehört hatte, war er eifersüchtig auf ihn gewesen. Eingeschüchtert von einem Jungen, der schon lange nicht mehr lebte. Und Yamato war sich deswegen immer entsetzlich lächerlich vorgekommen.

Obito konnte nicht Madara sein.

Madara war (neben Orochimaru) die grausamste Gestalt, der er je begegnet war. Madara hatte nicht nur ihn gequält, er hatte einen ganzen Krieg entfacht und die Welt beinahe ins Verderben geführt. Madara war der Kopf hinter Akatsuki gewesen, einer Gruppe, die unsagbar viel Leid verursacht hatte und unzählige Unschuldige auf dem Gewissen hatte. Dieser Typ war ein Wahnsinniger gewesen. So sehr Yamato auch versuchte, sein eigenes Leid herunterzuspielen, da so viele andere ein noch schlimmeres Schicksal ereilt hatte, der gleiche Gedanke zuckte immer und immer wieder durch seinen Kopf: Madara war mit verantwortlich dafür, dass er hatte leiden müssen. Dass er immer noch leiden musste.

Madara konnte nicht Obito sein.

„Obito“, sagte Yamato schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit, „ist schon lange tot. Er kann ni-“

„Doch.“ Sasukes Antwort fehlte jegliche Emotion. „Er war nicht tot. Da besteht kein Zweifel. Der echte Madara tauchte später auf. Ab da müsste es ungefähr stimmen, was Sakura dir erzählt hat.“

„Der Echte?“ Yamato musste seinen Kopf vor Überforderung auf seine Hände aufstützen. „Edo-Tensei?“ Er blickte zu Sakura, unfähig Sasukes kalten Blick noch weiter zu ertragen. Diese nickte nur zaghaft, während ihr ins Gesicht geschrieben stand, wie sehr ihr die erzählten Halbwahrheiten leid taten.

„Also hat Naruto … beide Madaras besiegt?“ Sein Kopf tat entsetzlich weh, als er versuchte, die Geschichte zu verstehen.

„Nein“, sagte Naruto plötzlich mit determiniertem Blick. „Ich musste Obito nicht besiegen. Er hatte sich uns wieder angeschlossen und ist dann gestorben.“

Ungläubig schüttelte Yamato den Kopf. Das ergab alles keinen Sinn. Überhaupt keinen Sinn. „Und wisst ihr etwas darüber, warum Obito Uchiha … dies alles getan hat?“

„Madara hatte Obito für seine Zwecke benutzt.“ Naruto klang erzürnt, als er dies sagte. „Er hat ihn reingelegt, manipuliert und benutzt.“

„Wie? Wie hat er ihn reingelegt?“ Yamato spürte, dass wie so oft noch ein entscheidendes Puzzleteil fehlte. „Nach allem, was ich über Obito Uchiha weiß, hätte er sich niemals dermaßen gegen sein Dorf, gegen seine Kameraden gewandt.“

Erneut wurde Narutos Mimik nachdenklich. „Das gehört zu den vielen Punkten, über die Kakashi-sensei nicht mit uns sprechen will. Alles, was wir wissen, ist dass es um eine Teamkameradin ging, die Kakashi nicht hatte beschützen können … “

Natürlich. Mit einem Mal wurde Yamato so einiges klarer. „Rin ...“, flüsterte er atemlos, ohne es selbst zu bemerken. Wenn anscheinend Rins Tod, für den Kakashi sich offensichtlich verantwortlich machte, dazu geführt hatte, dass der warum auch immer doch nicht tote Obito (für dessen vermeintlichen Tod Kakashi sich ja auch verantwortlich fühlte) sich in einen grausamen Unmenschen verwandelt hatte und für all dies verantwortlich war.... Für all dies. Verantwortlich.

Es war nicht nur einer, der meinetwegen gestorben ist.

Es wird das gleiche passieren, was immer passiert.

Als Konsequenz aus all dem weiß ich, dass jeder Mensch, der mir etwas bedeutet und für den ich verantwortlich bin, mich irgendwann verlässt.

Hattest du wirklich geglaubt, mir wäre zwangsläufig etwas zugestoßen, wenn du bei mir geblieben wärst?“ - Ich habe damals so gedacht. Aber ich hatte meine Gründe, dies zu denken.

Es ist meine Schuld, dass du leiden musstest.

Kakashi war nicht so undurchsichtig, wie er selbst es gerne gehabt hätte. Diese eine Sache war Yamato schon früh aufgefallen, auch wenn er als Kind und Jugendlicher die Menschenkenntnis eines Laternenpfahls gehabt hatte: Kakashi gab grundsätzlich sich die Schuld für Dinge, auf die er gar keinen oder wenig Einfluss hatte. Kakashis Kopf hatte „Menschen, die ihm etwas bedeuteten“ gleichgesetzt mit „Menschen, die er verloren hatte.“ Der verbindende Faktor zwischen beiden Punkten war Kakashi selbst gewesen, sodass er den Grund für die Verluste darin sah, diesen Menschen nahe gewesen zu sein. Also hielt Kakashi sich von Yamato fern, weil er dachte, schuld für dessen Leiden zu sein. Yamato war sich so sicher, dass Kakashi sich eine Kausalkette eingeredet hatte, die von Rins Tod bis hinunter zu ihm geführt hatte.

„Rin! Genau das war ihr Name!“, rief Naruto aus. „Kanntest du sie denn?“

„Nein, leider nicht.“ Als Yamato sah, wie enttäuscht Naruto daraufhin dreinblickte (es war offensichtlich, dass der Jüngere sich Antworten erhofft hatte, die er von Kakashi nicht erhielt), fügte er hinzu: „Ich weiß auch nur, dass sie zu Kakashis Team gehörte und wohl recht jung gestorben ist.“

„Schade“, seufzte Sakura. „Kakashi will – oder kann – nicht mit uns darüber reden. Wir mussten ihm versprechen, dir gegenüber nicht zu erwähnen, dass Madara Obito war.“

„Ich glaube“, warf Sai ein, „dass er sich die Schuld an Ihrem Zustand gibt. Aber er will nicht, dass Sie erfahren, dass dem so ist. Kakashi-taichou ist ein wirklich schwieriger Mensch.“

„Ja“, stimmte Yamato mit einem kurzen Seufzer zu. „Das ist er.“

„Er war die ganze Zeit hier, während du im Koma gelegen hast“, erklärte Sakura ratlos. „Nur als du aufgewacht bist, ist er wie in Panik abgehauen. Als würde es ihm plötzlich weh tun, noch länger bei dir zu bleiben.“

Kakashi war ein Idiot, wirklich. Vielleicht, dachte Yamato, während er innerlich tief seufzte, war das etwas zu harsch formuliert. Nichtsdestotrotz konnte er keinen netteren Begriff dafür finden. Es konnte nicht sein, dass Kakashi (nach all dem!) wieder auf Abstand ging. Sie waren doch seit ihrer gemeinsamen Anbu-Zeit so weit gekommen und doch waren sie nun im Prinzip am gleichen Punkt wie damals angelangt. Kakashis Reaktion auf die Angst, jemanden zu verlieren, war es, auf Distanz zu gehen. Da auch noch Kakashis immenses Schuldempfinden hinzu kam, musste Yamato davon ausgehen, dass er ihm freiwillig nicht mehr gegenüber treten würde.

Ja, doch. Je länger er darüber nachdachte, desto eher war Idiot doch der richtige Begriff.

Denn Kakashi hatte entweder nicht verstanden, wie viel Yamato sein Dasein, seine Freundschaft, diese verdammte Bindung zu ihm bedeutete, oder … oder er ignorierte es. In beiden Fällen war er ein Idiot. Und Yamato fühlte sich fast wie von Kakashi betrogen. Als würde der Ältere ihm immer wieder eine Hand reichen, nur um diese wegzuziehen, kurz bevor er sie nehmen konnte. Er würde dies nicht akzeptieren. Nicht mehr. Nicht nach all dem, was geschehen war, was er durchgemacht hatte. Er wusste nicht, was genau zwischen Kakashi, Obito und Rin passiert war; warum es soweit hatte kommen müssen, aber eines wurde ihm gerade mit einer ungeheuerlichen Dringlichkeit, die in ihm aufstieg, bewusst: Das alles war im Moment nicht wichtig. Die Dämonen der Vergangenheit (sowohl Kakashis als auch seine eigenen) waren grausam. Sie verschwanden niemals und sie reichten bis in die Gegenwart. Jedoch durften sie nicht das ganze Leben bestimmen. Yamatos Leben war so lange fremdbestimmt gewesen; von Orochimaru, von Danzou und den Beratern, von den Anbu, letztlich auch von Kabuto und Madara … Obito. Ja, eigentlich tatsächlich auch schon immer von Obito, dem er hatte nacheifern, den er hatte übertreffen wollen. Als Shinobi hatte man nur einen kleinen Rahmen an Selbstbestimmung zur Verfügung, aber diesen wollte er sich nicht mehr nehmen lassen. Yamato wollte bestimmen, die Bindung zu Kakashi nicht aufzugeben. Dies war die eine Sache (vielleicht die einzige), die ihm und nur ihm gehörte. Und alles in ihm begehrte gerade dagegen auf, sich diese wegnehmen zu lassen. Weder von Geistern der Vergangenheit, noch von Kakashi selbst. Dieses Mal würde er nicht zulassen, dass Kakashi aus seinem Leben verschwand. Es war, als hörte er in seinem Inneren einen Schrei, der ihn dazu aufforderte, den Anderen nicht gehen zu lassen.

„Wo ist Kakashi gerade?“, fragte Yamato schließlich.

„Meistens ist er am Heldendenkmal oder Zuhause“, antwortete Sakura.

„Ich muss mit ihm sprechen.“

„Er wird vermutlich nicht kommen wollen.“ Naruto sah leicht verärgert darüber aus. „Wir haben schon mehrmals versucht, ihn herzubringen.“

Ratlos biss Yamato sich auf die Unterlippe. Ein erneuter Anfall von Hilflosigkeit überkam ihn bei der bitteren Erkenntnis nicht in der Lage zu sein, selbst zu Kakashi zu gehen.

„Das ist Ihnen sehr wichtig, oder?“ Sai hatte ihn gründlich gemustert, ehe er gesprochen hatte. „Ihr Blick ähnelt sehr dem von Kakashi-taichou, als es ihm wichtig war, kurz nach Ende des Krieges zu Ihnen zu gelangen.“

Verwundert blinzelte Yamato ihn an, bevor er zögerlich nickte. „Ja. Das ist es.“

Plötzlich gab Sasuke ein genervt klingenden Ton von sich und schritt zur Tür.

„Was machst du?“, fragte Naruto.

Sasuke warf seinem Kameraden einen kühlen Blick über die Schulter zu. „Kakashi holen.“ Dann war er durch die Tür verschwunden.
 

Die Bemerkung Sasukes hatte die Anderen verwundert zurückgelassen. Eine Weile schwiegen alle, bis Naruto seinen Vorgesetzten mit einer ungewöhnlichen Bitte konfrontierte: „Yamato-taichou, irgendwann musst du uns auch deine Geschichte mal erzählen, ja?“

Yamato hob daraufhin fragend eine Augenbraue. „Wie meinst du das?“

„Die Ereignisse der letzten Zeit haben mich denken lassen, dass wir alle viel besser dran wären, wenn wir keine Geheimnisse und ungesagten Dinge voreinander hätten. Wenn wir mehr voneinander wüssten, würden wir uns besser verstehen. Wir könnten uns besser unterstützen. Sasuke hat nie jemanden an sich heran gelassen, Kakashi-sensei im Prinzip auch nicht und Sai kommt mir erst viel weniger komisch vor, seit ich ihn besser kennen gelernt habe.“ Naruto machte eine kurze Pause, als Sakura schmunzelte und Sai nachdenklich seine Stirn in Falten legte. „Über dich wissen wir doch auch so gut wie nichts“, fuhr er an Yamato gerichtet fort. „Das ist nicht richtig so. Wir sind doch ein Team … fast mehr so etwas wie eine Familie. Familienmitglieder sollten sich kennen.“

Erneut konnte Yamato für einen Moment nichts anderes tun als Naruto erstaunt anzublinzeln. Es war schon herzerwärmend gewesen, dass Naruto ihn als zum Team dazugehörend beschrieben hatte, aber er war überwältigt, dass der Jüngere (der – so laut und chaotisch und planlos er manchmal wirkte – viel mehr über Menschlichkeit wusste als alle anderen) das Team mehr als Familie sah. Und er somit sogar zu dieser Familie gezählt wurde. Zu einer Familie hatte er quasi noch nie gehört. Yamato stellte zu seiner großen Erleichterung fest, dass ihm – obwohl er einen Kloß im Hals verspürte – nicht nach Weinen war. Er lächelte aufrichtig.

„Ja. Irgendwann werde ich euch bestimmt mal etwas erzählen.“

„Naja“, Naruto rollte mit den Augen, „das ist ein Anfang.“

Yamato lachte leicht. „Und ich danke euch.“

Die drei guckten erstaunt, bekamen aber keine Gelegenheit mehr nachzufragen, denn die Tür ging auf und Sasuke trat ein. Vier Köpfe schnellten aufgeschreckt zu ihm herum. Zu ihm und dann zu der Person, die zögernd und mit gequältem Gesichtsausdruck (so weit dieser erkennbar war) hinter ihm im Türrahmen stehen geblieben war.

„Kakashi-sensei“, sagte Naruto verblüfft.

„Wie … wie hast du …?“ Sakura sah Sasuke verdutzt an. Dieser gab nur ein kurzes, recht arrogant klingendes „Hn“ von sich. Sai war schließlich derjenige, der den Vorschlag machte, die zwei Teamführer allein zu lassen. Und das taten sie auf der Stelle.
 

Kakashi trat ein, als die vier Jüngeren an ihm vorbei den Raum verließen und die Tür schlossen. Er stellte sich, die Hände in seinen Hosentaschen, neben Yamatos Bett und betrachtete einen Moment lang ausgiebig den Fußboden, ehe er langsam den Kopf hob und zu seinem Kohai sah, der ihn abwartend mit großen Augen musterte.

„Wie … wie geht es dir?“, war schließlich die unerwartete Frage, mit der Yamato die unangenehme Stille durchbrach.

Überrascht weitete Kakashis sichtbares Auge sich für einen Moment, dann schüttelte er leicht den Kopf, fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare und seufzte. „Ernsthaft? Du fragst nach meinem Befinden, wenn ich viel eher nach deinem fragen sollte?“

„Ähm, naja, also ...“ Yamato wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Manchmal kam er sich tatsächlich immer noch so unsicher vor wie mit 14, wenn er mit Kakashi sprach.

„Du bist zu nett. Du bist schon immer zu nett gewesen.“

Wie bitte? Machte Kakashi ihm gerade etwa Vorwürfe? „Soll ich mich dafür vielleicht entschuldigen?“, erwiderte Yamato ein wenig säuerlich.

„Nein, natürlich nicht!“, antwortete Kakashi ungewohnt gereizt.

Die unangenehme Still kehrte zurück und ließ Yamato hörbar seufzen. „Ich dachte, du wolltest mich sowieso nicht sehen. Warum bist du dann jetzt doch hier?“ Er hatte verletzter geklungen als er hatte klingen wollen. Und es erschrak ihn ein wenig, wie traurig Kakashis Blick dadurch wurde.

Der Ältere schluckte schwer. „Es tut mir leid. Ich … es hatte nichts damit zu tun, dass ich dich nicht sehen wollte … ich ...“

„Du wolltest auf Abstand zu mir gehen. Oder?“ Yamato konnte nicht anders, als ihm einen vorwurfsvollen Blick zu zuwerfen.

„Schon. Aber nicht weil ich dich für irgendetwas verantwortlich mache oder … oder etwas in der Richtung.“

Für einen kurzen Moment schloss Yamato die Augen und atmete ungehört erleichtert aus. Auch wenn er sich mit seiner Theorie so sicher war, es tat so ungemein gut, dies zu hören. Als er die Augen wieder öffnete, fragte er: „Sondern …?“

„Weil ich … mich hierfür verantwortlich mache. Und ich habe befürchtet, dass dir noch mehr Schaden zugefügt werden könnte, wenn ich bleibe.“

Er konnte sehen, konnte hören, wie schwer Kakashi diese Worte fielen. Trotzdem machte es ihn wütend. „Es sind neun Jahre vergangen, seit ich mir schon einmal so einen Mist von dir anhören musste und du hast seitdem nichts verstanden?!“

Kakashi zuckte angesichts des Ausbruchs seines Kohais kurz erschrocken zusammen.

„Du hast nicht verstanden, dass es nicht deine Anwesenheit ist, dir mir schadet, sondern deine Abwesenheit! Du hast nicht verstanden, dass du mir wichtig bist und dass ich dich brauche! Du hast nicht verstanden, dass deine Logik in dieser Hinsicht komplett irrational ist!“

Und wieder trat Stille ein.

„Sasuke hat mich eben wenigstens nicht angeschrien“, sagte Kakashi nach einer Weile.

„Was?“

„Eben, als er zu mir kam, mich einen Heuchler und Feigling nannte und mir im Befehlston sagte, ich solle herkommen. Wenn ich darüber nachdenke, hat er mich dafür zwar beleidigt, aber er hat wenigstens nicht geschrien.“ Yamato blinzelte den Älteren nur verständnislos an. „Bevor Sasuke damals das Dorf verließ“, fuhr Kakashi fort, „hatte ich ihm gesagt, dass ich jeden Menschen, der mir je etwas bedeutet hatte, verloren hatte. Eben hat er mich gefragt, wozu ich dich zähle. Es sei ihm nicht entgangen, dass du mir nicht egal bist. Und bisher sieht es für ihn so aus, als würde ich es wählen, dich zu verlieren. Und was für ein Heuchler ich doch sei, wenn ich dich zu den verlorenen Menschen zählte, obwohl ich dies doch so gewählt habe.“ Kakashi starrte kurz nachdenklich ins Leere. „Du weißt, du wirst alt, wenn deine Schüler dich mit deinen eigenen Ansprachen belehren.“ Erneut machte er eine Pause. „Er sagte auch, dass sie dir von … Obito erzählt haben.“

Yamato musste die Aussagen einen Moment sinken lassen, ehe er sich zu einer Antwort aufrappeln konnte. Vielleicht war es unfair gewesen, Sasuke gegenüber so misstrauisch zu sein. Der zornige Uchiha war ihm alles andere als sympathisch, aber es war sein Glück gewesen, dass dieser nicht rücksichtsvoll genug war, um Kakashis Zurückgezogenheit und erbetenes Stillschweigen zu respektieren. „Ja. Das haben sie. Ich kann nicht behaupten, das alles verstanden zu haben, aber ...“ Yamato stockte kurz, als ihm etwas bewusst wurde. „Aber jetzt gibt es Sinn, warum Mada- Obito … wie auch immer, das gleiche Sharingan hatte wie du.“

Zum wiederholten Mal schluckte Kakashi schwer. „Es tut mir so leid. Es tut mir so unendlich leid. Das ist meine Schuld, dass du … “

„Nein“, unterbrach Yamato ihn streng, „Nein. Entschuldige dich nicht dafür. Entschuldige dich dafür, dass du eine halbe Ewigkeit und eine Ansprache von Sasuke gebraucht hast, um herzukommen. Aber entschuldige dich nicht wegen Obito.“

Resigniert schüttelte Kakashi den Kopf. „Du verstehst nicht. Es war meine Schuld, dass Obito dies alles getan hat. Er wollte eine Traumwelt erschaffen, in der er Rin wiedersehen konnte.“

„Wie in aller Welt könnte dies deine Schuld sein?“

„Weil er Rin geliebt hat und ich Rin getötet habe.“

„Warum? Warum hast du sie getötet?“, hakte der Jüngere – verwundert, aber nicht gänzlich schockiert - nach.

„Ich habe sie nicht beschützen können“, war alles was Kakashi zur Antwort gab.

Und weil Yamato sehen konnte, wie sehr sein Sempai mit sich haderte und wie sehr ihn dies alles mitnahm, entschied er sich dafür, nicht weiter nachzufragen. Vielleicht würde er es ihm irgendwann freiwillig erzählen wollen. „Dann hast du sie nicht getötet. Du gibst dir die Schuld an ihrem Tod, aber du bist nicht verantwortlich dafür. Und damit trägst du keine Schuld an dem, was Obito getan hat.“

„So einfach ist das nicht.“

„Gibst du mir die Schuld für die Tode, die durch die Zetsus verursacht wurden?“

Diese plötzliche Frage überrumpelte und erschreckte Kakashi. „Nein. Natürlich nicht. Das ist etwas vollkommen anderes.“

„Irrationale Logik.“ Yamato lächelte schwach. „Es hatte noch nie viel Sinn, mit dir zu diskutieren.“

„Bitte sag mir, dass du dich nicht für den Angriff der Zetsus verantwortlich fühlst.“

„Wäre ich nicht gewesen, hättet ihr ein Problem weniger gehabt.“ Yamatos Stimme klang traurig und er konnte dies nicht abstellen, als er hinzufügte: „Das tut mir entsetzlich leid.“

Kakashi schüttelte deprimiert den Kopf. „Du musst mir nie wieder einen Gefallen tun, wenn du mir nur versprichst, dich nicht dafür verantwortlich zu fühlen. Sonst wirst du irgendwann wie ich. Und ganz ehrlich, das wäre eine Verschwendung.“

„Ich weiß nicht, ob ich das versprechen kann.“

Kakashi seufzte. „Irgendwie habe ich diese Antwort befürchtet.“ Und er hatte wieder dieses Gefühl (vielleicht war es auch fast schon ein Drang), nicht zu wollen, dass der Andere sich schlecht fühlte. Jedoch, so musste Kakashi betrübt feststellen, hatte er nicht mehr den kleinen, recht naiven und leicht zu beeinflussenden Tenzou vor sich, dem schon ein paar aufmunternde Worte genügt hatten. Er erinnerte sich daran, wie Genma ihn vor ein paar Tagen angebrüllt hatte (das „Kümmer dich gefälligst um deinen Kohai, du Arsch!“ hallte immer noch in seinen Ohren wieder und nicht nur, weil Genma es nicht bei Worten belassen hatte) und er wusste, dass er bei Yamato bleiben musste, um diesem zu helfen. Auch wenn jede Faser seines Körpers ihn geradezu anschrie, die Flucht zu ergreifen, aus Angst, dem Anderen könnte noch mehr Leid widerfahren, wenn er blieb.

„Apropos Gefallen“, sagte Yamato und lächelte schwach. „Ich habe dir schon wirklich viele Gefallen getan. Ich glaube, es ist durchaus nicht zu viel verlangt, wenn du mir mal einen tust, oder?“

Kakashi horchte auf.

„Ich meine, es ist nur dieser eine; mehr verlange ich nicht.“ Yamato machte eine kurze Pause, um Luft zu holen. „Du darfst nie wieder auf Distanz zu mir gehen. Das ist alles, was ich verlange.“

Beinahe instinktiv schüttelte der Ältere den Kopf. „Ich bin nicht gut darin, Versprechen zu halten ...“

„Nein“, Yamato seufzte tief, „du hast nicht zugehört. Es ist kein Versprechen. Es ist ein Gefallen.“

Kakashi blinzelte einige Mal und schüttelte erneut den Kopf; dieses Mal allerdings begleitet von einem Lächeln. „Ah, irgendwie bin ich wirklich mal damit an der Reihe, etwas für dich zu tun, oder?“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Der Jüngere verschränkte die Arme vor der Brust und nickte ernst.

„Gut, gut, ich werde es ja versuchen.“

Es gab keine Worte, die beschrieben, wie sehr Yamato sich freute, das Lächeln des Anderen zu sehen. Es half. Es half so ungemein.

„Ich bin irgendwie erleichtert“, fügte Kakashi hinzu.

„Wieso?“

„Ich hatte Angst davor, wie du reagierst, wenn du von … dieser ganzen Geschichte erfährst.“

Yamato sah ihn fragend an, ehe er verstand, was Kakashi meinte. Es hätte ihm klar sein müssen, dass Kakashis irrationale Logik doppelter Natur war. Nicht nur, dass er sich die Schuld an allem gab, er hatte ebenso befürchtet, dass Yamato ihm die Schuld an allem gab. „Wie ich schon sagte: Was auch immer zu diesen schrecklichen Ereignissen geführt hat, ich mache dich nicht dafür verantwortlich. Es tut mir eher leid, dass du dich demjenigen gegenüber sahst, den du als besten Freund bezeichnet hast. Das muss sicher ein furchtbares Gefühl gewesen sein. Von meinem Standpunkt aus aber, ist die einzige Verbindung zwischen dir und Obito Uchiha, dass du sein Sharingan hast.“

„Hattest“, sagte Kakashi lediglich.

„Hm?“

„Mit meinem linken Auge ist nicht mehr allzu viel los“, erklärte Kakashi und versuchte offensichtlich, die Sache herunterzuspielen.

Trotzdem zuckte Yamato kurz erschrocken zusammen, als er dies hörte. „Was? Aber dann … Was machst du denn nun?“

„Mach dir darum mal keine Gedanken. Ich habe mich sowieso immer schon zu viel auf das Sharingan verlassen, obwohl mir klar war, dass es eine endliche Kraft ist.“ Kakashi zuckte mit den Schultern und es wunderte Yamato sehr, wie leicht der Andere dies zu nehmen schien. Es wunderte ihn, bis ihm einfiel, dass Kakashi schon einen längeren Zeitraum gehabt hatte, um damit fertig zu werden. Verdammte, fehlende Zeit.

„Ich weiß nicht, ob ich das erwähnen sollte“, fuhr Kakashi nach einer Weile zögernd fort. „Aber … Obito tat es ebenso leid.“ Er wartete ab, ob Yamato darauf etwas sagen wollte, doch dieser hatte nur kurz gestutzt und biss sich nun auf die Unterlippe. „Ich kann verstehen, wenn du Obito hasst, aber du solltest wissen, dass er nicht gestorben ist, ohne dies alles zu bereuen.“

Es war offensichtlich, dass dies Kakashi wichtig war und es ärgerte Yamato. Für ihn war Obito sein Peiniger, für Kakashi allerdings war er immer noch etwas anderes. Es ärgerte ihn, dass Obito zu hassen gleichzeitig bedeutete, Kakashi zu verletzen. Dabei hasste er ihn nicht einmal. Yamato hätte auch nie behauptet, Orochimaru zu hassen. Er verachtete beide zutiefst, ja, aber Hass war ein Konzept, dem er sich nicht hingeben wollte. Es führte zu nichts. Außer zu noch mehr Hass. Er hatte schon damals vor der Kage-Konferenz Naruto damit Recht gegeben und es war irgendwie beruhigend, immer noch so zu empfinden. Während er darüber nachdachte, dämmerte es ihm, dass es Obito gewesen sein musste, der ihn auch wieder aus dieser Pflanze herausgeholt hatte. Dies machte trotzdem noch nichts besser.

„Ich weiß, dass du schlimme Albträume hast“, unterbrach Kakashi seinen Gedankengang.

„Ja“, gab Yamato kleinlaut und bitter zu. „Du warst letztens nachts hier, oder?“

„Hm?“ Kakashi sah ihn erstaunt an. „Ja, das stimmt. Das hast du gemerkt?“

Der Jüngere nickte und ein wenig zuckte ein Lächeln um seine Mundwinkel. „Du hast meinen Albtraum unterbrochen.“

„Wirklich? Ich wusste nicht, dass ich so etwas kann.“

„Du weißt gar nicht, was du alles kannst. Ich habe auch deine Stimme gehört, als ich noch im Koma lag. So gesehen bin ich aufgewacht, nachdem du mir gesagt hast, dass ich das tun soll.“

„Ach herrje“, Kakashi räusperte sich verlegen. „Dann bin ich ja fast so etwas wie ein Heilmittel. Ich sollte Sakura sagen, dass sie mich auf Rezept ausstellen soll.“

Yamato lachte. Laut und herzlich. Nein, er würde nicht ohne Kakashi zurecht kommen. Er brauchte ihn. Brauchte ihn dringender und nötiger als alles andere auf der Welt. „Setz dich endlich hin. Du machst mich nervös, wenn du die ganze Zeit stehst.“

„In letzter Zeit sagt mir jeder, was ich zu tun habe“, murmelte Kakashi seufzend, zog sich den Stuhl heran und setzte sich. Nun, wo er den Älteren aus geringerer Entfernung betrachten konnte, fiel Yamato noch eine Kleinigkeit auf. Oberhalb von Kakashis Maske waren um seine Nase herum farbige, größtenteils eher dunkle Flecken zu erkennen.

„Was ist mit deinem Gesicht?“

„Die Maske trage ich schon länger. Das weißt du noch, oder?“

„Haha.“ Yamato rollte mit den Augen. „Ich meine … die Flecken.“

„Oh, das“, antwortete Kakashi nonchalant und zog sich vorsichtig die Maske noch etwas höher. „Tja, Genma hat mir die Nase gebrochen.“

„Was??! Wieso??!“

„Weil ich ein wirklich schlechter Sempai, Kamerad und Freund war. Es tut mir leid, dass ich dir auch noch Sorgen bereitet habe.“

Oh. Es graute Yamato davor, dass Kakashi davon wusste. „Das … ist mir wirklich unangenehm.“

Ein wenig war es auch unangenehm, weil Genma deswegen den Anderen sogar geschlagen hatte.

„Schon in Ordnung.“ Kakashi winkte ab. „Ich bin furchtbar, was den Umgang mit Emotionen angeht. Aber du sollst wissen, dass ich Verständnis dafür habe. Und versuchen will, dir zur Seite zu stehen.“

Wie schon zuvor bei Narutos Rede, hatte Yamato erneut einen Kloß im Hals. „Danke. Sempai.“

Kakashi winkte wieder ab. „Ab jetzt ist es selbstverständlich … Tenzou.“

Als Yamato lachend den Kopf schüttelte, fühlte er sich zum ersten Mal seit langer Zeit tatsächlich so etwas wie frei.
 

In den folgenden Wochen kam Kakashi jeden Tag vorbei. Manchmal war er alleine, manchmal war noch jemand von Team Sieben mit dabei (einmal begegnete er in Yamatos Krankenzimmer zufällig Genma und hielt einen auffälligen Sicherheitsabstand, wodurch Yamato sich vor Lachen fast schütteln musste). Das vollständige Team Sieben - diese wunderbare, unkonventionelle Familie, zu der Yamato sich zählen durfte - lieferte die beste Grundlage, um in jeder Hinsicht gesund zu werden. Die Albträume blieben nicht vollkommen aus, doch sie wurden weniger. Und sehr, sehr langsam gewann Yamato auch wieder Kontrolle über seinen Körper, wenn er auch noch meilenweit davon entfernt war, seinen früheren Zustand zu erreichen, so konnte er sich allmählich über die kleinen Erfolgserlebnisse freuen. Besonders weil sein Team- seine Familie sich mit ihm freute.

„Gleich geschafft!“ Naruto sprang am oberen Ende der Treppe erfreut auf und ab.

„Brüll hier nicht so herum, Naruto! Das ist ein Krankenhaus!!“, rief Sakura, die links von Yamato ging, ihm lautstark entgegen. Sai, der rechts neben seinem Vorgesetzten ging, tauschte vielsagende Blicke mit ihm aus. Sakura war für Yamatos Aufbautraining verantwortlich und nach einer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, war er endlich soweit, alleine (nun ja, mehr oder weniger) Treppen zu steigen. Er konnte das Gefühl nicht abstellen, dass es für einen Anbu eine Demütigung war, dies hier „Training“ zu nennen und als Erfolgserlebnis zu verbuchen. Aber er wusste, dass er froh sein musste, überhaupt noch zu leben. Sasuke war bei diesen Trainingsstunden selten dabei (Yamato wunderte sich, dass der Uchiha überhaupt manchmal dabei war, allerdings war er ja auch ein Teil von Team Sieben), während Sakura Kakashi praktisch verboten hatte, dabei zu sein, weil sie bemerkt hatte, dass ihr Patient dann dazu neigte, sich zu überanstrengen. Ihr mit einem Kopfschütteln vorgetragenes „Es ist, als würdest du ihn beeindrucken wollen“, hatte ein breites Grinsen auf das Gesicht seines Sempais gezaubert.

„Ah, alte Gewohnheiten kannst du wohl ganz schlecht abstellen, oder Tenzou?“, hatte Kakashi daraufhin geflötet.

Der Angesprochene war in der Folge dezent rot angelaufen, hatte sich verlegen geräuspert und schließlich zu Kakashis enormen Amüsement sehr deutlich seine Meinung dazu geäußert: „YAMATO!!!“

In letzter Zeit hatte Kakashi sowieso immer weniger Zeit, denn Tsunade spannte ihn neuerdings oft für irgendwelche diplomatischen Verhandlungen oder Dorfangelegenheiten ein. Von Sakura über Naruto, bis hin zu Gai und Kurenai freute sich jeder über diese Entwicklung.

„Wir sollten endlich mal nach draußen gehen, oder Sakura?“, fragte Naruto, als sie alle neben ihm angekommen waren. Yamato schaute daraufhin leicht erschrocken zu Sakura und irgendetwas in ihm hoffte inständig, dass sie nein sagen würde.

„Könnten wir machen. Kannst du noch, Yamato-taichou?“, fragte die Kunoichi.

„Ähm, ich glaube, wir sollten das lieber verschieben. Das war heute ziemlich anstrengend ...“, antwortete Yamato.

Drei Augenpaare verrieten ihm, dass sie ihm das nicht abnahmen.

„Sonst bist du immer so ungeduldig, was das Training angeht.“ Sakura hob skeptisch eine Augenbraue.

„Ah, verstehe. Sie haben immer noch Angst deswegen.“ Sai nickte überzeugt.

„Es ist keine Angst“, erwiderte Yamato. „Sondern ...“ Ja, was war es eigentlich? Eher ein beunruhigender Gedanke, der sich immer mehr manifestierte, je länger er den Gang nach draußen vor sich herschob. Es war wirklich lächerlich. Wie hatte er sich als Kind gefreut, als Minato ihn aus dem Krankenhaus nach draußen begleitet hatte und nun ...

„Du brauchst keine Angst zu haben, Yamato-taichou, echt jetzt!“, rief Naruto aus. „Wir sind ja da! Dir kann nichts passieren!“ Narutos Grinsen erinnerte ihn sehr an das des vierten Hokage. Und er vertraute Naruto mindestens so sehr wie Minato damals.

„In Ordnung“, sagte Yamato schließlich. „Gehen wir.“

Yamato wusste nicht, was er erwartet hatte. Als sie das Krankenhaus verließen, blieb er einen Moment stehen, um durchzuatmen. Währenddessen spürte er die Wärme der Sonne auf seiner Haut und als die Erkenntnis darüber ihn traf, fragte er sich, was er sich dabei gedacht hatte, darauf verzichten zu wollen. Dies hätten die anderen 59 ihm vermutlich niemals verziehen.
 

Ab da hatte es nicht mehr allzu lang gedauert, bis Tsunade ihm mitteilte, dass er entlassen werden konnte. Yamatos Enthusiasmus darüber hielt sich zunächst in Grenzen, denn zum einen bedeutete dies, dass er fortan wieder vermehrt allein sein würde und somit auch allein mit Gedanken, die von den Anderen im Zaum gehalten wurden. Zum anderen hatte er nicht einmal eine Wohnung (was ironisch war, wenn man bedachte, was er nach Pains Angriff geleistet hatte). Es gab ein neues Anbu-Quartier, jedoch hielt sich seine Freude über einen Einzug dort in Grenzen. Da sein Chakra sich in seinem malträtierten Körper damit Zeit ließ, sich zu erholen, konnte er sich keine Unterkunft schaffen und somit blieb ihm wohl nichts anderes übrig als das Anbu-Quartier.

„Für den Anfang“, riss Kakashi ihn plötzlich aus seinen Gedanken, so als ob er diese tatsächlich gelesen hätte, „könntest du bei mir bleiben. Ich habe nicht viel Platz, aber ich denke, es wird reichen.“

Yamato blinzelte ihn erst einmal einige Sekunden lang an, ehe er (entgegen dem, was er wirklich wollte) dankend ablehnte. „Danke, Sempai, aber es wäre mir sehr unangenehm, wenn meine Albträume dich aufwecken würden.“

Daraufhin zuckte Kakashi mit den Schultern. „Wir würden uns eher gegenseitig mit unseren Albträumen aufwecken.“ Und Yamato wurde klar, dass wahrscheinlich nicht nur er mit seinen Gedanken nicht alleine sein wollte.

Das Zusammenwohnen mit Kakashi gestaltete sich erstaunlich einfach. Zwar hatte Yamato hier und da das Gefühl, dass der Andere Arbeit liegen ließ, die dann an ihm hängen blieb, aber er wollte sich nicht beschweren, denn jede Art von Beschäftigung lenkte ihn ab. Die Frage, was aus ihm werden sollte, drängte sich Yamato trotzdem immer wieder auf. An eine Rückkehr zum Shinobi-Dasein war noch nicht zu denken und es nagte an seinen Nerven, dass er für mehr als D-rangige Aufträge nicht zu gebrauchen war. Er versuchte sich einzureden, sich damit abfinden zu können, doch … Einst war er mal ein Anbu-Teamführer gewesen. Der Beste, wie er in Gedanken jedes Mal bitter hinzufügte. Nun wachte er fast jede Nacht leicht desorientiert und erschrocken auf, wenn seine Albträume ihn wieder einmal heimsuchten. Es war wirklich ein Segen, Kakashi da zu haben (und tatsächlich hatte auch er Albträume, sodass Yamato sich nicht vollkommen absonderlich vorkam).

Kakashi machte sich derweil wahrhaft nützlich. Tsunade erteilte ihm Auftrag um Auftrag. Jedoch waren diese von anderer Gestalt als früher. Eines Abends hatte er ihm gequält sein Leid geklagt: „Es ist als wäre ich doch Hokage geworden.“

Dies hatte Yamato zum Schmunzeln gebracht. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das gar keine so schlechte Sache gewesen wäre.“

Einige Zeit später machte Yamato mal wieder einen Pflichtgang durch Konoha, was Sakura ihm aufgetragen hatte, aus Sorge, er würde von sich aus nicht nach draußen gehen wollen. Zu Beginn war es ihm auch schwer gefallen und er hatte versucht, so unauffällig wie möglich zu sein, doch zu seiner enormen Überraschung erinnerten sich die Dorfbewohner an ihn, fragten wie es ihm ginge und redeten kurz mit ihm. Yamato hatte nie damit gerechnet, irgendwann tatsächlich einmal zum Dorf dazu zu gehören. Und nun, war dies trotz allem doch geschehen. So überwältigend er das auch fand, Small Talk war allerdings noch nie seine Stärke gewesen. Umso froher war er, als Naruto ihn auf der Straße beinahe umrannte.

„Yamato-taichou!! Hast du es schon gehört?! Hast du?! Hast du?!“ Naruto schien äußerst aufgeregt. Er wedelte mit den Armen und grinste über das ganze Gesicht. Was in aller Welt vermochte es, Naruto derart reagieren zu lassen?

„Ganz ruhig, Naruto. Was ist denn los?“

„Kakashi-sensei! Kakashi-sensei wird der nächste Hokage!!“

Zuerst stutzte Yamato und überlegte, ob er Naruto vielleicht falsch verstanden hatte. „Was?“, war die einzige Antwort, zu der er in der Lage war.

„Komm mit! Wir treffen die anderen in Oma Tsunades Büro!“ Bevor Yamato irgendetwas sagen konnte, hatte Naruto ihn am Ärmel gepackt und zog ihn hinter sich her, bis sie an Tsunades Tür angelangt waren. Naruto polterte durch die Tür ohne anzuklopfen. Immer noch fassungslos blickte Yamato in die versammelte Runde. Sakura war da und grinste wie ihr blonder Kamerad über das ganze Gesicht, Sai stand neben ihr und … lächelte fast ein wenig, Sasuke war auch anwesend, ließ aber keine Reaktion erkennen und Gai war zu einem grinsenden grünen Gummiball mutiert, der (sicher entgegen ärztlicher Anordnung) auf- und absprang. Tsunade saß hinter ihrem Schreibtisch, neben ihr stand Shizune und davor befand sich Kakashi, den Yamato fragend ansah. Der Ältere zuckte mit den Schultern. Wie konnte das seine Reaktion auf alles sein??

„Also“, begann Tsunade, „jetzt, wo wir vollzählig sind, sage ich es noch einmal: Ich ernenne Kakashi Hatake, mit Zustimmung des Fürsten und der anderen vier Kage, zum Hokage der sechsten Generation. Nimmst du offiziell an?“

„Sieht wohl so aus“, antwortete der Angesprochene schulterzuckend. Während die anderen (vor allem Naruto und Sakura) in Jubel ausbrachen, und nachdem Yamato über das erneute Schulterzucken mit den Augen gerollt hatte, wandte er sich immer noch überfordert an Kakashi: „Wieso … wieso hast du nun doch zugestimmt?“

„Ich habe halt nachgegeben“, antwortete dieser mit einem leichten Seufzer. „Tsunade will das Amt nicht mehr ausüben. Mir haben so viele Leute gesagt, ich sei für diesen Posten geeignet … allerdings habe ich nur sehr wenigen diese Einschätzung auch zugetraut.“ Er lächelte seinen überrumpelten Kohai flüchtig an.

„Nun denn“, fuhr Tsunade fort, als die anderen wieder ruhiger wurden, „weiter im Text.“

„Ah ja“, sagte Kakashi. „Mit dem Amtswechsel sind in Absprache mit den anderen Dörfern noch ein paar Neuerungen verbunden. Die Berater, die seit der Zeit des dritten Hokage eingesetzt sind, werden nun ersetzt.“

Yamato lächelte an dieser Stelle innerlich. Er hatte die beiden noch nie so sympathisch gefunden. Sie ihn auch nicht.

„Da ich nicht auf ihre Weisheit verzichten will“, Kakashi grinste die Godaime an, die darauf nur lächelnd „Tsk“ antwortete, „wechselt Tsunade in den Beraterstab. Außerdem – obwohl ich selbst nicht glaube, dass ich das sage – ernenne ich Gai zu meinem zweiten Berater.“

Ein grüner Blitz zog an Yamato vorbei und warf sich Kakashi weinend und lautstark Dankesbekundungen rufend an den Hals.

„Ich vermute mal, das heißt, du nimmst an?“, hakte Kakashi nach, als er versuchte, Gai von sich zu lösen.

Während er diese Szene beobachtete, schwand das Lächeln, das sich auf Yamatos Lippen geformt hatte, langsam. Er war wirklich, wirklich froh. Sein Sempai hatte sich von ihm zu etwas überzeugen lassen. Und doch war da wieder dieses leichte Stechen in der Brustgegend. Kakashi hatte eben nicht ihn zu seinem Berater ernannt. Vermutlich war es dumm gewesen, sich überhaupt Hoffnungen darauf gemacht zu haben. Anscheinend musste er sich fürs erste weiter nutzlos fühlen.

„Gratuliere, Gai“, sagte Yamato zu dem wieder von Kakashi abgelösten Gai und zwang sich, die Enttäuschung aus seiner Stimme zu verbannen.

„Der wichtigste Posten fehlt natürlich noch“, ergänzte Kakashi und als sein Kohai ihn fragend anblickte, fuhr er fort: „Ich brauche einen Assistenten. Jemand, der mich unterstützt. Und darauf achtet, dass ich meine Arbeit erledige. Mir wird wohl nachgesagt, ich würde manchmal etwas … trödeln.“ Naruto und Sakura unterbrachen ihn mit einem entsetzten „Manchmaaaal?? Etwaaas??“- Ausruf. „Wie dem auch sei“, Kakashi räusperte sich, ehe er mit einem breiten Lächeln seinen Satz zu Ende brachte: „Tenzou, willst du meine Shizune sein?“

Yamato hörte irgendwo im Hintergrund Shizune seufzen, während er mit großen, ungläubigen Augen den Mann vor ihm anstarrte. „Nichts lieber als das“, antwortete er und lächelte so sehr, wie er es wahrscheinlich noch nie zuvor in seinem ganzen Leben getan hatte.
 

Am Tag von Kakashis offizieller Amtseinführung merkte Yamato bereits, was auf ihn zukommen würde. Vom angehenden Rokudaime fehlte kurz vor Beginn der Zeremonie jede Spur. „Ich habe eine Idee, wo er sein könnte“, sagte er nach kurzer Überlegung zum Rest des Teams und machte sich sogleich auf den Weg dorthin. Es fiel ihm schwer, das Heldendenkmal aufzusuchen, nicht nur, weil beschlossen worden war, Obitos Namen darauf zu lassen, sondern weil Kakashi wegen eben diesem nach wie vor jeden Tag dort hinging.

„Ich verstehe es nicht“, begann Yamato, als Kakashi seine Präsenz bemerkt hatte. „Wieso bist du immer noch jeden Tag hier? Wieso hältst du immer noch an ihm fest?“

Kakashi atmete hörbar aus, als er Obitos Namen mit dem Auge fixierte. „Aus dem gleichen Grund wie auch zuvor. Daran hat sich nichts geändert.“

„Nichts geändert??“ Yamato klang gereizt. „Du findest, es hat sich nichts geändert?“ Er war enttäuscht. Enttäuscht, dass Kakashi an demjenigen festhielt, der ihm so viel Leid zugefügt hatte. Es fühlte sich für Yamato so an, als würde Kakashi einen Verrat an ihm begehen.

„Das ist keine Entscheidung gegen dich“, erriet der Ältere seufzend die Gedanken des Anderen, während er sich zu ihm umdrehte. „Obito und Rin werden immer ein Teil meines Lebens sein. Es tut mir leid, dass du dich dadurch verletzt fühlst, aber so ist es. Es ist so gesehen Obitos Verdienst, dass ich mich deiner angenommen habe. Meinem früheren Ich wärst du ohne sein Einwirken vollkommen egal gewesen. Die Bindung zu diesem früheren Obito ist es, die ich aufrecht erhalte. Ungeachtet dessen, was danach geschehen ist.“

Yamato ließ die kurze Ansprache Kakashis sinken und schluckte schwer. Er schimpfte innerlich, dass er sich - anstatt den Anderen schon früher darauf anzusprechen – solange mit diesem Thema gegrämt hatte. „Du unterscheidest zwischen einem früheren und einem späteren Obito?“

„Das muss ich. Sonst würde ich durchdrehen.“

„Das macht Sinn.“ Und es machte es für ihn selbst erträglicher. „Durchdrehen solltest du wirklich nicht. Das wäre schlecht für Konoha. Und für mich.“

Für einen kurzen Moment war es still zwischen ihnen, ehe Kakashi einen Schritt auf den Anderen zumachte. „Ich glaube, ich habe dir noch nie gedankt.“

Verwundert sah Yamato ihn an. „Wofür?“

„Für alles.“

Ein verlegenes Lächeln legte sich über das Gesicht des Jüngeren. „Ich glaube nicht, dass ich so viel geleistet ha-“

„Oh, doch, glaube es ruhig“, unterbrach Kakashi ihn. „Ich bin froh, dass der Sandaime dich damals meinem Team zugeteilt hat.“

„Ich bin froh, dass du mich in deinem Team akzeptiert hast.“ Yamato lachte. „Dabei hatte ich damals schon Sorge gehabt, du hättest mich abgelehnt, weil du mich so lange hast warten lassen.“

„Du hast dir schon immer zu viele Sorgen gemacht. Und so lange habe ich dich bestimmt nicht warten lassen.“

„Viereinhalb Stunden!“, erwiderte Yamato empört.

„Oh“, Kakashi kratzte sich verlegen am Kopf. „Doch so lange?“

Mit einem Seufzer fiel Yamato wieder ein, warum er den Anderen eigentlich gesucht hatte. „Du kommst gerade zu spät zu deiner eigenen Hokage-Zeremonie.“

Kakashi zuckte mit den Schultern. „Die werden schon nicht ohne mich anfangen.“

„Was soll ich nur mit dir machen … Hokage-sama.“ Die ehrwürdige Anrede verließ Yamatos Lippen mit einem Hauch Ironie. Trotzdem gefiel sie dem Angesprochenen offensichtlich nicht. Kakashi blickte ihn eher missmutig an, als er sie hörte.

„Bitte nenne mich nicht so, Tenzou.“

Yamato lachte erneut und machte sich bewusst, wie befreit und angekommen und verbunden er sich mit der ihm wichtigsten Person auf der Welt fühlte. „Wird gemacht. Sempai.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser!
Leider wird es etwas länger bis zum nächsten Kapitel dauern. Ich bitte um euer Verständnis. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Für das letzte Kapitel werde ich wieder etwas mehr Zeit brauchen. Ich hoffe weiterhin auf euer Verständnis. ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser, ich danke euch! Ich danke jedem Kommentarschreiber und jedem Favoeintrag und ich hoffe, dass viele Leute Gefallen an dieser Geschichte gefunden haben, auch wenn sie dies nicht in einer der zwei zuvor genannten Formen ausgedrückt haben. ^_~ Dass ihr meiner Geschichte so lange die Treue gehalten habt, bedeutet mir sehr viel. Ursprünglich war es so gedacht gewesen, nur die Anbu-Ära zu behandeln, aber dann konnte ich Yamato nicht loslassen und erweiterte das Ganze um die Shippuden-Zeit. Ich hätte nie damit gerechnet, dass eine Fanfiction mit Yamato in der Hauptrolle auf so viel Interesse stoßen würde. Ein wenig traurig bin ich schon, dass sie nun abgeschlossen ist, aber gleichzeitig bin ich auch recht froh darüber, sie endlich abzuschließen.
Und auch wenn es eingangs schon dort steht: Diese Geschichte war immer und ist immer noch Sensenmann gewidmet. Danke für alles.

Bis bald mal! ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (46)
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Von:  Bongaonga
2015-12-11T00:23:47+00:00 11.12.2015 01:23
Möp

So, wie versprochen, habe ich die Vorgeschichte nun auch durchgelesen und ich melde mich. :)
Ich kann einfach nur sagen, dass diese FF echt super geworden ist, du schreibst echt schön und vor allem schreibst du die Charaktere so schön. Wie habe ich die Szene doch am Anfang gefeiert, wo Kakashi klein Tenzou noch gerade so nach Konoha geschleppt hat und dann mit ihm im Krankenhaus lag und meinte, der arme kleine tenzou könnte sich mit dem Badetag der Hunde revanchieren. xD Und dann hast du das Kapitel auch noch so toll geschrieben. Ich finde es echt klasse wie du die Gefühle dargestellt hast, die Tenzou die ganze Zeit über geplagt haben und wie er alles empfunden hat.
Ein gelungenes Werk, dass es mir echt schwer gemacht hatte, zwischendurch Pause machen zu müssen, normal hätte ich die FF echt durchgesuchtet, aber irgendwie musste ich doch mal schlafen und es kam noch einiges dazwischen. ;)

Und ja das letzte Kapitel war echt lang, aber ich liebe lange Kapitel und es war einfach genial. Diese gefühlsmäßige Zwickmühle, in der Kakashi stand und warum er wie gehandelt hat, hast du echt toll dargestellt, ich war echt hin und weg, ich wollte garnicht aufhören zu lesen, darum habe ich es in einem Stück runtergeschlungen. :)

Ich kann einfach nur sagen, schreib weiter so, du hast dafür echt ein goldenes Händchen. :)
Auf jeden Fall freue ich mich darauf mehr von dir zu lesen. Und ich kann Sensenmann nur zustimmen, man hat echt gemerkt, wie viel Herzblut du in jedes einzelne Kapitel gesteckt hast. Und ich liebe es, wie du den Umgang zwischen Kakashi und Yamato immer schreibst, ich finde es echt toll, wie du diese düstere und drückende Atmosphäre mit ihrem Humor und der tiefen Freundschaft verbindest. Es ist eben so KakaYama. :)

Also man liest sich hoffentlich bald wieder.

Baba
Bongaonga

Von:  Sensenmann
2014-10-10T22:05:30+00:00 11.10.2014 00:05
Nein, nein, nein, nein, nein! ;_; Das akzeptiere ich nicht! Sigh no more darf nicht zu Ende sein! Das kannst du doch nicht machen T_T. Ich hab mich immer so gefreut, wenn eine ENS von dir kam, in der du gesagt hast ein neues Kapitel wäre raus. Und nun geht die Ära zu Ende :(...

Aber nun zum Kapitel: Dieses gehört definitiv zu meinen Lieblingskapiteln! Ich habe richtig mitgefiebert und musste wirklich an mich halten um nicht zum Ende zu scrollen, einfach um zu wissen wie es ausgeht und ob Tenzou überlebt. Beim ersten Abschnitt war ich momentan geschockt, denn ich dachte gerade wirklich, dass er wieder in Obitos Kabuff ist;, doch Gott sei Dank war das nicht der Fall ;). Der innere Monolog von Tenzou ist dir richtig gelungen! Natürlich ist er erst einmal überfordert und braucht etwas um sich zu erinnern. Auch die Albträume und Schulgeld von Yamato sind durchaus nachvollziehbar, schließlich könnte die Zetsu Armee nur dank ihm aufgebaut werden.
Ich finde es schön, dass du zum Schluß noch einmal alle Charaktere miteinbeziehen (natürlich ganz besonders Genma. Und GAI *-*) und natürlich kann man auch seine Schlussfolgerung nachvollziehen, dass er denkt sein Senpai wäre tot. Als er dann von Genma erfährt, dass Kakashi nicht tot ist und ihn einfach nicht besucht, da kann Tenzou einem echt leid tun ... zum Glück klärt sich dann aber doch der Grund auf, weswegen Kakashi seinem Kokain aus dem weg geht. Bei dem Satz musste ich dann allerdings schmunzeln, denn so geht es mir zur Zeit sehr oft mit dem Manga :D

>ungläubig schüttelte Yamato den Kopf. Das ergab alles keinen Sinn. Überhaupt keinen Sinn<

Die Szene in der Nacht hat das Fangirl in mir natürlich total hibbelig werden lassen! Kakashi steht nachts an Tenzous Krankenbett und wacht über ihn?! Awwwwww *_*

Etwas überrascht hat mich allerdings die Rolle, die du Sasuke zu kommen lässt. Er ist zwar ein Arsch, aber im Prinzip hat er richtig gehandelt und Kakashi geholt, damit er dich um seinen Kohai kümmern und Do verhindern kann, dass Tenzou in eine Depression fällt (Wobei mir die gebrochene Nase dank Genma definitiv mehr Freude bereitet hat ;) ).
Als er dann endlich angefangen hat zu trainieren musste ich kurz lachen. Dass er sich extra doppelt anstrengt, wenn ein gewisser König dabei ist, scheint wohl nicht nur mir aufgefallen zu sein xD.

die nächste Szene fand ich mal richtig toll *_*:

>Wir würden uns eher gegenseitig mit unseren Albträumen aufwecken< awwwwwwww! Kakashi kümmert dich endlich mal angemessen um Tenzou! Ich kann gar nicht ausdrücken, wie glücklich mich die Vorstellung von einer WG mit den beiden und den Ninken macht! <3 Und die Tatsache, dass Kakashi und Tenzou die neue Tsunade und Shizune werden, ist großartig! Du hast es auch echt geschickt eingefädelt ;) ich dachte ernsthaft er nimmt da auch Gai :D

Danke, dass du das Ende mit dem Denkmal so gewählt hast. Auch wenn Obito viel Mist verzapft hat, so war der kleine Obito doch ein herzensguter, liebevoller Kerl ;-;


Und dann noch die Widmung!!! Ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll! Das war schon immer, ist noch und wird auch immer meine Lieblingsfiktion bleiben. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet! Immerhin hast du so viel Liebe in jedes einzelne Kapitel gesteckt! Q_Q Am liebsten würde ich dich umarmen!
Von:  Sensenmann
2014-08-13T16:09:35+00:00 13.08.2014 18:09
Wieder ein sehr tolles Kapitel, aber auch ein sehr trauriges :( wie kann Tenzou nur denken, dass er ein Ersatz ist? ;_;
Ich fand es schön, dass du auf die Fillerfolgen hingewiesen hast :) und natürlich MiNato <^v^>. War die "Freundin" rein zufällig Kushina? ;)
Von:  Momo26
2014-06-29T23:22:11+00:00 30.06.2014 01:22
Schönes Kapitel und lass dir ruhig zeit :))
Lg momo
Antwort von:  rokugatsu-go
30.06.2014 12:26
Vielen Dank! ^^
Von:  Sensenmann
2014-05-24T11:56:17+00:00 24.05.2014 13:56
Gleich als ich den ersten Absatz gelesen habe, habe ich mich so gefreut *_* Endlich die Szene, in der Yamato ins Dorf zurückkehrt xD Und dann kommt auch noch Genma kurz in deiner Fanfic vor! Hach ~ ich liebe Genma einfach. Der ist so herrlich und hat die Ruhe weg.
Natürlich bedankt sich wieder niemand bei Tenzou. Er macht zwar die ganze Arbeit und gibt den Leuten wieder ein zu Hause, aber bedanken? Nööö ^^“
Ich musste aber wirklich grade lachen, bei dieser Szene:
>„Cool“, sagte Genma lediglich. „Sieht gut aus.“
>Dies erinnerte Yamato an etwas.
>„Weißt du, wo Kakashi steckt?“

Soll das ein subtiler Hinweis sein, dass Tenzou Kakashi heiß findet? xD Oder war das unbeabsichtigt, dass er bei dem „Sieht gut aus“ gleich an Kakashi dachte ? Na, na? ;)
Das Gespräch zwischen den beiden finde ich auch sehr interessant und informativ. Endlich haben sie über Kakashis Weggang aus der Anbu-Einheit geredet. Nur wieso meint Kakashi, dass ausgerechnet Ten.. eh Yamato nichts von der Art wie Rin gestorben war wissen müsste? ;)

Von:  Momo26
2014-05-13T22:33:33+00:00 14.05.2014 00:33
Tolles kapi echt schlimm das keiner sich bei ihm bedankt er wird als selbstverständlich gesehen der arme. Freu mich schon auf nächste
Antwort von:  rokugatsu-go
14.05.2014 12:00
Danke für deinen Kommentar. ^^ Immerhin hat der arme Yamato treue Fans, die Mitleid für ihn aufbringen!
Von:  Sensenmann
2014-04-18T09:47:29+00:00 18.04.2014 11:47
Es gibt eindeutig zu wenige FFs wie diese hier. Schade, dass sich sonst niemand mit der „Bindung“ zwischen Kakashi und Tenzou befasst. Dabei muss es doch nicht einmal zwingend auf Shonen-Ai hinauslaufen, wie du immer wieder beweist ;)
Ich finde es teilweise schon erschreckend, dass Tenzou, bzw. allgemein die Anbu tatsächlich keine Angst mehr haben zu kämpfen, auch wenn sie sich ganz sicher sind, dass sie dem Gegner unterlegen. Für mich ist das kaum vorstellbar, aber an Sai hat man auch sehen können, dass bei den Anbu/Ne teils solche Gefühle ausgeschaltet werden.
Ich fand es gut, dass du die Sache mit Kabuto und Orochimaru wieder aufgreifst. Mir ist es ja auch selbst aufgefallen, dass auch im Manga alles wieder und wieder auf die beiden hinausläuft. Und natürlich macht Tenzou das zu schaffen, immerhin war er jahrelang ein Experiment von Orochimaru. Bei dem Gespräch zwischen Tenzou und Kakashi hat man fast den Eindruck, dass Kakashi doch nicht ganz ausschließen kann, dass Tobi kein Uchiha ist. Nagen da leichte Zweifel an ihm? ~.^

Von:  Jaelaki
2014-04-13T19:29:48+00:00 13.04.2014 21:29
Hallöchen!

Es gefällt mir sehr, wie du in diesem Kapitel wieder die Tiefgründigkeit der beiden Charaktere skizzierst. Vor allem diese kleinen Gesten/Bemerkungen Kakashis, die seine Komplexität rüberbringen finde ich sehr gelungen.

Auch diese Undurchsichtigkeit Kabutos hast du hier gut eingeflochten.

An deinem Schreibstil könntest du noch arbeiten. Füllwörter streichen, plastischer schreiben. Vor allem auch auf die Umgebung eingehen, dass man sich die Szene besser vorstellen kann.

Ansonsten gefällt mir die Spannung, die du hier aufbaust. ^^

Gruß,
Jaelaki

PS. SCHRAAAAIB SCHNOOOOALLLL WAAAAAIDA! ;-D
Von:  Momo26
2014-04-12T22:55:46+00:00 13.04.2014 00:55
Tolles Kapitel
Antwort von:  rokugatsu-go
13.04.2014 12:58
Vielen Dank! ^^
Von:  Jaelaki
2014-04-10T18:02:20+00:00 10.04.2014 20:02
Hallöchen! ;-D

Jaja, aber mir etwas bezüglich Orochimaru vorwerfen. Jajaja. ^.-
Der blöde Bastard. u.u

Aber dann war ja auch schon Kontrastprogramm angesagt. Wenn einer Yamatos Seelenfrieden wiederherstellen kann, dann Kakashi -

Ich habe nie behauptet, dass es Yamato keine Nerven kosten würde! ;-D

Und dein "Lieblingsuchiha": Sasuke. ;-D
Naja, der kann einem auch echt die Nerven rauben. u.u
Ich würde ja gerne behaupten, dass das in der Pubertät gründet - aber nicht jeder pubertierende Ninja verrät seine besten Freunde und versucht die zu killen, schließt sich einem [menschen]experimentierfreudigen Bastard an und behauptet dann in einem Zustand geistiger Umnachtung, Hokage zu werden. Oo Ich schweife ab.

Jedenfalls kann ich Yamato in diesem Kapitel absolut verstehen. Musste auch mehrmals nicken. ;-D

„Naruto sagte, Sie seien in der Lage mit dem Sharingan etwas in andere Dimensionen zu befördern.“
„Das hat Naruto dir so gesagt?“
Yamato lachte leicht. „Er verwendete dabei die Wörter „Boom“, „Whoosh“ und „Brrzzoom.“


Da ist der amüsanteste Abschnitt - meiner Meinung nach. Einfach treffend. xD

Und natürlich ahnt Yamato wieder einmal nichts Schlimmes [vielleicht weil er in seinem Leben schon so viel Schlimmes erlebt hat, dass ihn kaum mehr was wirklich umhauen kann?!]. Aber Kakashi wird's schon richten. Ich stelle mich auf eine amüsante Fortsetzung ihrer beider >>Zusammenarbeit<< ein.

Schönes Kapitel. Du fängst die beiden super ein. Es wirkt sehr authentisch und ich konnte mir die beiden sehr gut in der Situation vorstellen! ^^

Gruß,
Jaelaki
Antwort von:  rokugatsu-go
13.04.2014 13:01
Danke für deinen Kommentar. ^__^ (Und für das Authentizitätslob!)
Hey, mein Orochimaru-Part ist noch vergleichsweise harmlos.
Schöne Zusammenfassung was Sasuke betrifft. XD


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