Zum Inhalt der Seite

Rise above the Storm

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zoologicheskiy pereulok 13C2

Rise above the storm
 

Prolog: Zoologicheskiy pereulok 13C2

Tumultartiges Schneegestöber, durchzogen von einigen bunten Bildfetzen, mehr gab die altbewehrte Flimmerkiste heut nicht her. Wer hatte sich noch gleich für eine Sat-Anlage ausgesprochen? Egal wohin er auch zappte, überall das gleiche Bild - kein Wunder bei dem Sturm der draußen wütete. Sogar hier drin waren der peitschende Wind und der irgendwie dem Takt eines Heavymetal Drummers auf Ecstasy ähnelden Regen nicht zu überhören. Und das obwohl von Zeit zu Zeit sogar mehr als nur ein erbärmliches Rauschen aus der kleinen Glotze in der Ecke

drang.

Genervt schleuderte er die Fernbedienung in die Kissen eines nahen Sessels, erhob sich schnaubend von der Couch und wand sich der kleinen Komode mit dem darauf befindlichen Radio zu. Hoffnungsvoll begann er alle Rädchen zu drehen, ließ nicht ab alle Knöpfchen zu drücken und versetzte dem schwarzen Uralt Modell letzten Endes sogar einen Hieb mit der flachen Hand. Nichts - und selbst wenn er einen Sender fände, was würde es bei dem Brausen und Heulen draußen nützen? Resignierung machte sich in ihm breit. Was für ein beschissener Tag das heute doch war. Erst der Streit, dann das verbrannte Mittagessen und jetzt schien das Ende der Welt gekommen.
 

Der Rotschopf seufzte schwer, trat an den noch immer wahllos Bildteile ausspuckenden Fernseher heran und schaltete ihn mit einem durch und durch routinierten Handgriff aus - kein Wunder, war es doch ein offenes Geheimnis, dass die Fernbedienung desöfteren auf mysteriöse Weise unter irgendwelchen Polstern, Kissen oder Wäschehäuflein verschwand. Keine zwei Sekunden später schlurfte er bereits zurück in Richtung Couch, griff im vorbeigehen nach der auf dem Boden liegenden Wolldecke und ließ sich prompt mehr oder minder elegant auf den kleinen Lederzweisitzer sinken. Besagte Decke bis zum Kinn hochgezogen, den Körper der Rückenlehne zugewandt griff er nun noch nach einem der überflüssigen Kissen und warf dieses hinterrücks in Richtung Tür, traf den Lichtschalter und versetzte das Zimmer so in völlige Dunkelheit.

Aloha süße Träume, adieu du beschissener scheiß Tag.

Ein lauter Donnerschlag in der Ferne.

Kai

Kapitel Eins: Kai

Begleitet von dem durch Mark und Bein gehenden Geräusch der über die schäbigen Fliesen scharbenden messingbeschlagenen Tür trat er in den schon seit Wochen nicht mehr geputzen Flur des alten Mehrfamilienhauses. Von Kopf bis Fuß durchnässt bis auf die Unterwäsche. Und wie erwartet war es hier drin genauso scheiß kalt wie draußen! Verdammter Hausmeister, wie oft hatte er schon versprochen die unzähligen kaputten Fenster zum Innenhof hin auszutauschen? Nichtmal all die kleinen und großen Pfützen schienen dieses 24/7 besoffene Arschloch dazu zu bewegen endlich seiner gottgegebenen Pflicht

nachzukommen.

Kopfschüttelnd wand er sich vom Elend ab und stieg die ersten Stufen der alten Holztreppe herauf bis er den Absatz mit den Briefkästen erreichte. Natürlich waren die meisten der Briefkästen wie immer geöffnet, standen doch sowieso sechs von zehn Wohnungen hier leer. Ganz im Gegensatz zu all den kleinen und großen Insekten die in besagten Briefkästen gradezu wie auf Nährböden zu vegitieren schienen und in unmittelbarer Nähe alles mit einem modrig faulen Geruch beglückten. Gezielt langte er im vorbeigehen nach zwei aus seinem Briefkasten herausragenden Umschlägen, wie jeden Abend wenn er von seiner Schicht heimkehrte und eilte im Laufschritt die knarzende Holztreppe hinauf. Wieso konnte sich eigentlich keiner seiner Mitbewohner morgens, mittags oder wenigstens am frühen Abend die Mühe machen den Briefkasten zu leeren? Mitlerweile war es ja schon fast zu einem Ritual geworden dass er jede Nacht die vor fast 24 Stunden eingeworfene Post einsammelte.
 

Im obersten Stockwerk angekommen wand er sich der einzigen noch intakten Tür zu, fischte mit der rechten einmal in beiden Hosentaschen und zog - wie auch sonst - aus der zuletzt durchsuchten Tasche den Schlüssel hervor. Beladen mit Briefen, Mantel, Rucksack und seiner Umhängetasche dauerte es erfahrungsgemäß einige Sekunden bis hin zu einer Minute bis er es zustande brachte die Tür zu öffnen, einen Schritt ins innere tat und dabei seinen linken Schuh am Türrahmen vom Fuß striff. Der rechte folgte nur einen Augenblick später, daraufhin sein Trenchcoat und schließlich warf er auch seinen Rucksack achtlos in eine Ecke des kleinen Flures. Erleichtert stieß er einen Seufzer aus, trat in die Küche und knippste die kahle Glühbirne an. Die Briefe - beide an seine Mitbewohnerin adressiert - warf er achtlos auf die klebrige Arbeitsplatte. Wirklich viel erwartete der grauhaarige nicht als er daraufhin die Kühlschranktür wenige Zentimeter weit aufzog um einen Blick ins innere dieser Teufelsmaschine zu werfen. Er brauchte nichtmal die Hand auszustrecken um die Temperatur zu überprüfen. Der Techniker war also noch immer nicht aufgetaucht. Wozu hatte er noch gleich zum dritten Mal einen Termin vereinbart und wieder keine Ahnung wie viele Rubel für diese bescheuerte Kunden-am-Arsch-Service Hotline ausgegeben?
 

Einen wohl nicht ganz jugendfreien Fluch noch unterdrückend murmelte er nur ein Paar unfreundliche Worte auf Hinterhof-Russisch und griff nach einer erst vor kurzem aufgerissenen Packung Salami. Dass sie erst vor ein oder zwei Tagen geöfnet worden war hoffte er zumindest inständig. Während er Freund Wurst noch immer argwöhnisch beäugte, fummelte er mit der freien Hand zwei Scheiben Toast aus der schon halb leeren Tüte und ließ seinen Blick anschließend auch über diese Kostbarkeit schweifen. Kein Schimmel, riecht okay, und fühlt sich mehr oder minder gut an. Perfekt. Kaum hatte er besagte Scheiben liebevoll in den Toaster befördert langte er erneut in den lauwarmen Kühlschrank, durchstöberte kurz die - natürlich leeren - Gemüsefächer und förderte ein zu drei-zehnteln volles Glas Mayonaise zu Tage. Auch hier kurz schauen und riechen, das fühlen überging er dezent, und die Zutaten für den "vier Stunden nach Mitternachtssnack" waren komplett.

Sozusagen just right in time, denn schon ertönte neben ihm das, da die Feder im Toaster ihren Zenit schon lang überschritten hatte sehr leise knacken der Brotröstmaschine. Bei all dem Heulen, Trommeln und Brausen da draußen schien es eher Glück, dass er es gehört hatte. Begierig nach einem kleinen Lipidschub angelte er die zwei Scheiben aus den Schlitzen und griff zeitgleich nach einem der Teller auf dem schiefen Regal direkt über ihm um sein täglich Brot darauf zu betten. Länger dauerte es hingegen diese verdammte, schon seit Monaten klemmende Schublade zu öffnen und eines der schon schwarz oxydierten, uralten Messer daraus zu befreien. Der betörende Duft der beiden getoasteten Scheiben wehte ihm geradezu höhnisch um die Nase während er sich noch immer mit dieser verfluchten Lade abmühte und schließlich beschloss der junge Russe, dass es Zeit für drastischere Maßnahmen war. Dem Hunger sei Dank machte es ihm nichts aus mit den Fingern zum Glasboden hinab zu langen und die begehrte Mayonaise nun per Hand auf diesen vor ihm befindlichen, goldbraunen Schmuckstücken zu verteilen. Derweil zog er mit der freien Hand bereits die Plastikverpackung der begehrten Wurst ein Stück weit auf, griff sich einige Scheiben heraus und warf sie auf den bereits geschmierten Toast. Nur einen Augenblick später war die Gourmetmahlzeit angerichtet. Angeblich essen die Augen ja mit. Seine schienen beim Anblick der vor fett nur so triefenden Sandwhiches nicht wirklich hungrig. Sei's drum, ihn tangierte das im Moment sowieso nur peripher.

Hastig drehte er den Wasserhahn zu seiner linken auf, wartete kurz bis sich die bräunliche Tönung des Wassers in ein helles gelb verwandelt hatte und wusch sich die klebringen Flossen. Nur einen Augenblick später machte er sich - den Teller in der Hand - daran die Küche zu verlassen. Zu dumm, dass er zuerst das Licht gelöscht und sich dann zwischen der Anrichte und den wie immer nicht an ihrem angestammten Platz stehenden Stühlen hindurchgezwängt hatte.
 

Endlich im kleinen Wohnzimmer angekommen verpasste er dem hießigen Lichtschalter einen gezielten Ellbogencheck, entdeckte seinen nichtsnutzigen Mitbewohner auf der kleinen Ledersofa und raffte mit der freien Hand das zu seinen Füßen liegene Kissen auf. Mehr oder weniger zufrieden mit sich und der Welt trat er einige Schritte in den Raum hinein, platzierte seinen "vier Stunden nach Mitternachtssnack" auf dem kleinen Couchtisch und ließ sich in den grünen Fernsehsessel fallen. Hastig schlang er das erste der mitgebrachten, selbstgemachten und im Moment mehr als nur wohlschmeckenden Brote herunter. Wie praktisch, dass er kaum das er saß auch schon die Fernbedienung zwischen Armlehne und Sitzkissen aufgespürt hatte. Ein Klick, ein Blick und ein erneutes Seufzen. Schneegestöber. Den Fernseher zu hypnotisieren schied also aus den unzähligen im zur Verfügung stehenden, nächtlichen Freizeitaktivitäten aus. Er nahm den ersten Bissen vom zweiten Brote. "Bliebe der schlafende Mitbewohner...", sprachs, wog das erst vor kurzem vom Boden errettete Kissen in seiner Hand und platzierte es mit einem gezielten Wurf auf dem rotbeschopften Hinterkopf zu seiner rechten. Ein leises Stöhnen folgte.

Und diesem dann die Fernbedienung.

Yuri

Kapitel Zwei: Yuri

Ein Schlag auf den Hinterkopf und ein Ausruf des Schmerzes noch bevor er die Augen aufschlug. Der Sturm schien immernoch zu wüten. "Wach auf!", drang es dennoch an sein Ohr. Zurück kam ein charmantes "Fick dich!" seitens des Rotschopfs.

Grade erst hatte er sich aufgesetzt, da flog auch schon das nächste Wurfgeschoß auf ihn zu - gottlob es war ein Kissen. Ganz ähnlich demjenigen welches bereits zu seinen Füßen lag. Anscheinend hatte er bereits ein Attentat auf seinen Schönheitsschlaf überlebt. Ein kurzer Blick in das grinsende Gesicht seines Gegenübers, dann einer ins dunkel der Moskauer Nacht. Der Regen war stärker geworden, oder? Wieder wand er sich dem grauhaarigen zu, unterdrückte ein Gähnen und fasste nun den wieder laufenden Fernseher ins Auge.

"Kabelfernsehen! Wieso aufwachen?" Eine seiner Augenbrauen wanderte flugs in Richtung Haaransatz. Dann begann er damit sich den Sand aus den Augenwinkeln zu pulen und hätte dadurch beinahe die Antwort in Form eines ausgedehnten Schulterzuckens übersehen. Der junge Mann ihm gegenüber biss genüßlich, ja fast schon lasziv in sein Salami-Mayonaise Sandwhich. Kauend - einmal, zweimal, dreimal - betrachtete er den Rotschopf ihm gegenüber, schloss dann kurz die Augen - siebenmal, achtmal, neunmal - und antwortete schließlich mit halb vollem Mund. "Langeweile." Ein hübscher Anblick, diese weißen Zähne beschmiert mit einer gelborangen Mayosalamibrotmasse.

Dreizehnmal, vierzehnmal, fünfzehnmal. Der Rotschopf hatte in Gedanken mitgezählt. Wer weiß schon ob es daran lag, dass er grade erst aus seinem desynchronisierten Schlaf aufgewacht war, oder ob er sein feuriges Temperament im Zaum zu halten wusste. Funkstille. Vorerst.
 

"Was für ein wundervolles Beispiel plausiblen Denkens. Langeweile, Leute wecken, krieg ich den Rest?" Ein verschmitztes Lächeln schlich sich auf die Züge des aufgeweckten. Sollte der allte Graumann gefälligst Reue zeigen. Okay, zwar war er eigentlich der älteste hier, aber wen störte das schon. So genau wurde in diesem Haushalt noch nie gemeßen. Der vor Mayo und anderem Fett bekleckerte Teller schlitterte mit einem dieser typisch grässlichen Geräusche - Keramik auf Keramik - zu ihm herüber und kam Zentimeter genau am Tischrand zum stehen.

Zugegeben, elegant Essen ging anders, aber das kümmerte ihn im Moment herzlich wenig. Genau genommen sogar noch weniger als der dicke Klecks Mayonaise auf der schwarzen Ledercouch. Ups.

Der erste Bissen war bereits unten, als sein Gegenüber sich erhob und kopfschüttelnd auf eine der beiden Türen auf der anderen Seite des Raumes zutrat. Der rothaarige sah abwechselnd seinem Mitbewohner nach und seinen Fernseher an. Er hätte schwören können, dass soeben das Wort Schwein gefallen war. Nur wo?

Ein kräftiger Windstoß erfasste die halb heruntergelassenen Rolläden des kleinen Wohnzimmers. Rissen und zerrten an den braunen Lamellen, bis sie furchteinflößend knarzten und knackten. Weltuntergangsstimmung eben. Wars bei Lukianenko nicht ähnlich? Er schmunzelte. Ein Buch lesen, wann hatte er das letzte Mal Zeit gehabt? Okay, Lust gehabt. Just in diesem Moment kehrte der Graumann - wie passend - nun mit einer grauen Trainingshose bekleidet zurück. Fuhr sich mit seiner Hand durch die zu allen Seiten abstehenden Haare und wand sich prompt einem der großen, alten und demnach auch schlecht isolierten Fenstern zu.
 

Noch immer hatte der Regen nicht nachgelassen. War der Wind nicht abgeflacht. Ganz im Gegenteil, Blitz und Donner schienen näher heran gekommen, stärker geworden zu sein. Beide blickten sie fasziniert durch das schmutzige Glas nach draußen, folgten den weißen, gelben und blauen Lichtsträngen die überall niedergingen. Doch während sein Gegenüber sich bereits nach einigen Augenblicken wieder abwand, blieb er auf dem schwarzen Sofa mit dem weißen Mayonaisepunkt sitzen. Leicht nach vorn gebeugt, wie gebannt von diesem Schauspiel von Schönheit und Zerstörungskraft. Seine Finger suchten und fanden den letzten, mickrigen Rest des Sandwhiches. Wie ging das doch gleich in der Werbung? So klein und schön und lecker und Rund - egal, mit einem Haps da wars im Mund.

Ganz ähnlich dem Käse, war auch Mayonaise erst nach der Reifung genießbar. Wenn sich Fett und Masse getrennt, in zwei Schichten aufgeteilt hatten. Sein Mitbewohner hatte ein Händchen für sowas. Speisen grade so lange aufzubewahren, bis sie ihren optimalen Geschmack entfalten und zu solch einer Gourmetmahlzeit werden würden.

Und wenn man vom Teufel spricht, taucht er auch meistens auf. So auch der besagter Mitbewohner, die Umhängetasche in der einen, ein kleines Päckchen in der anderen Hand.
 

Während der sich erneut im grünen Fernsehsessel niederließ, leckte sich der Rotschopf genüßlich die Finger. Sogar den letzten Rest der milchig weißen Fettbrühe hatte er vom Teller gekratzt. Nun saß er, den Kopf im Nacken breitbeinig und halb in die Decke eingewickelt auf dem Sofa und ließ ein durch und durch zufriedenes Stöhnen erklingen. "Zigarette danach?" Er wartete nicht mal ab, bevor er dem kleinen Gourmet die Schachtel an den Kopf warf. Obwohl der ja eigentlich ein Paar Zentimeter größer war. Der amüsante Unterton in seiner Stimme entging dem anderen dabei keinesfalls. Genausowenig wie das Fernsehbild, das langsam an Klarheit zu nahm. Der Sturm schien nun in den letzten Zügen.

Geschickt fischte er einen der dünnen Glimmstängel aus der Packung, schob ihn sich zwischen die blassen Lippen und sandte sie postum - retour - zu ihrem Besitzer. Auch dieser nahm sich einen der Lungentorpedos.

Auch Lungenzüge haben mal ein Ende?

Mathilda

Kapitel Drei: Mathilda

Eine halbe Stunde länger, ach was, fünfzehn Minuten und sie wäre vermutlich trockenen Fußes angekommen. Scheiß Tag! Scheiß Nacht! Naja, zumindest ein scheiß Heimweg. Eilig stieg sie die alten Treppenstufen hinauf, nahm gar zwei auf einmal um schnellstmöglich in ihre zumindest etwas wärmere Wohnung zu gelangen. Fünf Uhr. In knapp einer Stunde würde der Boiler wohl wieder heißes Wasser ausspucken. Eine Dusche und sie wäre wieder fit.

Mit zittrigen Fingern fummelte sie die Schlüssel aus ihrer Handtasche und förderte dabei gleich noch ein Päckchen Kondome, zwei Lippenstifte und eine Reihe zerknüllter Tempotaschentücher zu Tage. Kein Wunder, dass dieses verdammte Wildleder Ding fast eine Tonne wog. Trotz zunehmder Kälte öffnete sie die Tür um einiges schneller als ihr Mitbewohner knapp eine Stunde zuvor. Eine mehr oder minder beeindruckende Leistung. Drinnen angekommen schob sie mit ihrem Absatz die Tür ins Schloss, warf ihren Mantel an die Garderobe und wäre beinahe über einen dämlich in der Ecke rumstehenden Rucksack gestolpert. Einen leisen Fluch ausstoßend ließ sie ihre eigene Tasche direkt neben dem Übeltäter zu Boden gleiten - nicht ohne vorher das Kondompäckchen herauszuholen und marschierte auf direktem Wege ins Badezimmer.
 

Drei Feuchtigkeitsttücher und zwei Minuten später trat sie wieder in den Flur. Abgeschminkt und aufgrund des geschätzten Minus fünf Grad kalten Wassers auch hellwach wand sie sich zur Küche hin, das kleine, schwarze Päckchen noch immer in der Hand. Hatten die Jungs ein Fenster auf, oder kam es ihr nur so vor, dass der Sturm hier drinnen lauter als draußen

schien?

Das klackernde Geräusch ihrer Absätze ihr ständiger Begleiter als sie durch die Küche stakste, im vorbeigehen den weiß Gott wie lang schon offen stehenden Kühlschrank schloss und zwei leere, mit Lippen- und Fingerabdrücken vollgeschmierte Gläser in die Spüle schob. Der mdorige Geruch der ihr aus dem Abfluss entgegensprang schien ihr den Atem zu rauben. Höchste Zeit, dass sich endlich ein Klemptner um das verfluchte Rohr kümmerte, bevor sich da drin irgendwelche - extra - terrestrischen Lebewesen einnisteten. Ein biologischer Müllschlucker? Na das wäre doch mal eine wirklich außergewöhnliche Einnischung.
 

Sehr leise, und irgendwie abgehakt drang eine Stimme an ihr Ohr. Russisch, allerdings eindeutig keiner ihrer Mitbewohner. Wie lang lebte sie nun schon in dieser riesigen Stadt? Zwei Jahre und vier Monate, und noch immer war ihr Russisch alles andere als passabel. Nichts destotrotz - das was sie Verstanden hatte ließ nur einen Schluss zu. Meldungen über Todesopfer des nächtlichen Sturms, Nachrichten, Fernsehen. Die zwei waren also noch wach, oder schliefen wie so oft im Wohnzimmer. Wenn sie es recht bedachte, hätten sie genausogut auch eine kleiner Wohnung mieten können. Oder eine mit einem Zimmer weniger. Die beiden Männer hätten sich das größere Zimmer - quasi ein Schlaf-, Sport-, Ess-, Streit- und Fernsehzimmer teilen, und sie das kleiner als gemütliches, sauberes, und vor allen Dingen eigenes Reich in beschlag nehmen können.

Zu blöd, dass sie sich ander entschieden hatte.

Kopfschüttelnd trat sie aus der Küche heraus in das doch um einiges geräumigere Wohnzimmer, erblickte die leere Pizzaschachtel auf dem kleinen Esstisch und das letzte Stück Pizza auf dem Fußboden darunter. Und natürlich auch die zwei jungen Russen, die grade drauf und dran waren eines, ja wenn nicht gar das ungeschriebene Gesetz dieser heiligen vier Wänden zu brechen. Ein empörtes Räuspern ihrerseits schreckte beide auf. Bewirkte jedoch letzten Endes nicht mehr als einen kurzen Blick in ihre Richtung. Was fiel denen eigentlich ein?
 

Gerade hatte der Rotschopf zu ihrer linken das Feuerzeug aus seiner Hosentasche geangelt, es entzündet und schon auf halbem Wege in Richtung Mund geführt. Ein einsamer Blitz ging direkt vor den großen Fenstern nieder. Der darauf folgende Donnerschlag war Ohrenbetäubend. Den jungen Russen kümmerte es jedoch herzlich wenig. Viel mehr beschäftigte ihn der - heute schon zum zweiten Mal auftretende - stechende Schmerz in seinem Hinterkopf. Als er an sich herab blickte erkannte er sofort den Übeltäter. Billy Boy, dieses etwas andere Kondom. Er hob den Kopf und sah seiner Mitbewohnerin kritisch in die Augen. Den dritten im Bunde schien dieses kleine Schauspiel sichtlich zu erquicken. Wieder hatte er dieses süffisante Grinsen aufgelegt.

Die Zigarette noch immer zwischen seinen schmalen Fingern sah er zwischen der rosahaarigen und dem jungen Mann unmittelbar neben ihm hin und her. Und ab und an auch auf den kleinen Fernseher, dessen Bild jetzt wieder gestochen unscharf zu erkennen war. Das schwerste Unwetter des Jahrhunderts. Kyrill. WoW.
 

Die junge Dame währenddessen schien nur Augen für den zuvor von Präservativen erschlagenen zu haben, wie sie da - zugegebener Maßen sehr stilvoll - eine Hand an der Hüfte, die andere tadelnd erhoben in Richtung Küche wies. "Raus mit dir Rotkehlchen!"

Jetzt konnte er sich ein leises Kichern nicht mehr verkneifen.

"Du auch Gandalf!"

Über den Dächern von Moskau

Epilog: Über den Dächern von Moskau

Auch wenn einem von Zeit zu Zeit eine kräftige Böe ins Gesicht schlug, der Regen hatte nachgelassen. Die Wolken waren abgezogen. Es mochte halb sechs in der Früh sein als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont lugten und die Welt um sie herum in goldenes Licht tauchten. Gerade so, als würden sie zum Gruß einen Guten Morgen wünschen. Vielleicht lag es an dem starken Wind, vielleicht auch an dem für Moskau selbst um diese Zeit ungewöhnlich wenigen Verkehr - aber die Stimmen all der exotischen Vögel drüben im Zoo drangen zu ihnen herauf. Mozarts kleine Tagmusik!
 

Ein Lächeln, einerseits kaum zu erkennen, andererseits von solch tiefer Zufriedenheit umspielte Kais Lippen. Jedes verdammte Mal wenn er hier oben stand. Direkt hier an der Brüstung. Egal ob allein oder mit seinen Freunden. Egal ob Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. War das Glückseeligkeit? Wie oft hatte er sich mit diesem Gedanken schon geplagt. War er, nach all den Jahren und all den Schattenseiten in seinem Leben, war er nach all dem Schmerz endlich glücklich? Das Lächeln wurde zu einem verschmitzten Lächeln.

"Eine Mischung aus Autoabgaßen und Elefantendung!"
 

Ein lautes Lachen, hell und klar entrann Yuris Kehle. Die zwei vorwitzigen Haarsträhnen folgtem dem Takt. Jedes verdammte Mal wenn sie hier oben waren, er, Kai und sie, umspielte dieses Lächeln seine Lippen. Wandelte sich zu diesem lächerlichen Grinsen und ließ ihn schließlich seinen Standardspruch aufsagen. Aber - und das war etwas, dass alle hier anwesenden wussten, er verstand seinen Freund. Auch ihn plagten diese Gedanken. Dieser Drang sich selbst, alles um einen herum zu zerstören. Wie lange mochte es her sein, dass er sich der dunklen Seite tief in ihm zuletzt ergeben hatte?

"Wen kümmerts? Lass uns schlafen gehen, oder Sex haben!"
 

Ein lang gezogener Seufzer und das leise klatschen Mathildas flacher Hand auf Yuris Wange fügten sich perfekt in den Gesang der unzähligen Vogelstimmen ein. Jedes verdammte Mal wenn sie hier oben waren, Kai, Yuri und sie - jedes Gott verdammte Mal wenn sie hier zwischen Rotkehlchens Beinen saß, Graumann an ihrer Seite das gleiche Gespräch. Der typische Elefantenscheißespruch. Der typische Schlafen-oder-Sexspruch. Und zu guter letzt die Ohrfeige. Natürlich nicht besonders fest. Nervig? Aber nicht doch. Wunderschön? Auf jeden Fall!

"Rise above the storm"
 

If your patient,

Everything will be okay.

If you persistant,

Troubles will seem far away.

Perseverance is the key,

To everything you achieve.

Seek out the truth,

Don't forget about what you believe.
 

Rise above the storm,

You can find what you,

Have been looking for.
 

Planet of the clouds,

You can be the one,

To shout it out loud.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-12-31T13:44:42+00:00 31.12.2011 14:44
Also ein vielversprechender Anfang ist das schon mal. Auch wenn ich persönlich kein allzu großer Fan von ausfürlichen Beschreibungen bin. Ich les auf jeden Fall weiter, aber ein anderes mal.


Zurück