1
Wie immer war Joe O´Bannan zu früh wach geworden, zwei Stunden bevor ihr Wecker sie aus dem traumlosen Schlaf wecken sollte. Nach einer längeren Auseinandersetzung mit sich selbst beschloss sie dann doch aufzustehen. Nachdem sich ihre Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, ging mit Top und Hotpants bekleidet in die Küche um die dort stehende Kaffeemaschine an zuwerfen.
Joe O´Bannan war eine fast unnatürlich hübsche Frau. Sie war lang gewachsen und ziemlich dünn. Sie war 29 Jahre alt und lebte seit 10 Jahren in einem Loft in Miami, Florida. Ihre kurzen verstrubbelten Haare umrandeten ihr schmales Gesicht. Joe öffnete die Vorhänge der großen Fenster. Ihre azurblauen Augen leuchteten als die morgentlichen Sonnenstrahlen auf sie fielen. Nicht nur ihre Schönheit war ein Männermagnet sondern auch ihre Intelligenz. Ihr Abitur absolvierte sie mit einem Notendurchschnitt von 1, 0 und auch ihr Kriminalistikstudium schloss sie mit Bestnoten ab. Vor einer Woche wurde Joe zum Special Agent befördert und würde absofort beim Florida Department of Law Enforcement, kurz FDLE arbeiten. Heute wäre ihr erster Arbeitstag dort und sie wollte auf keinen Fall zu spät erscheinen.
Nachdem die Blondiene ihren morgentlichen Kaffee getrunken hatte, ging sie ruhigen Gemütes ins Bad, wo sie sich duschte und ihre ohne hin schon strahlend weißen Zähne zu putzen. Als das erledigt war zog sie sich an. Joe entschied sich für eine lockere schwarze Jeans, und einer weißen langärmligen Bluse, über welche sie einen eng anliegenden schwarzen Blaiser trug. Ein letztes mal schaute sie in den Spiegel, bevor sie zu ihrem Auto gehen und zur Arbeit fahren würde.
Auch wenn die Straßen durch den Verkehr ziemlich verstopft waren, kam Joe pünktlich an und stand nun vor der Büro Tür ihres neuen Bosses. Auf dem Türschild stand: „Director Simon Downs“, die Blondine holte einmal tief Luft bevor sie anklopfte. Es dauerte nicht lange bis zur Antwort ein tiefes emotionsloses „Herein!“ ertönte. Auch wenn es nicht gerade einladend klang öffnete Joe die Tür und betrat entschlossen den Raum. Dort saß der Mann, er schien gut gebaut zu sein, was sein kleiner Bierbauch verdeutlichte. Zudem glänzte auf seinem Kopf eine wunderbare Halbglatze, welche darauf schließen lies das er nicht der Jüngste zu sein schien. Der alte Mann hob seinen Blick und sah die junge Frau an. Ein Lächeln bildete sich in seinem Gesicht: „Special Agent O´Bannan, Sie sind pünktlich, ein guter Anfang. Setzen Sie sich doch.“ Er deutete auf den freien Platz vor seinem Schreibtisch. Joe zögerte kaum und setzte sich ihren neuen Chef gegenüber. Er sah sie an und sie merkte förmlich wie er sie musterte. Joe verzog keine Miene, sie saß da, die Augen geradeaus gerichtet und atmete ruhig. Sie bemerkte das nur eine einzige Akte auf dem Tisch des Directors lag, nämlich ihre eigene. Es schien als habe er sie mehrfach gelesen und nahezu studiert.
„Mir wurde gesagt, dass Sie zu den Besten gehören“, sagte er nach einer kurzen Pause.
„Ach ja?“, sie sah ihn prüfend an.
„Deswegen sind Sie hier. Ich will Sie in Abteilung 1 des Dezernats haben.“
Der alte Mann war recht direkt, machte keine umschweifenden Bemerkungen und kam gleich zum Thema.
„Okay, warum nicht“, sagte sie gelassen, aber innerlich freute sie sich tierisch über dieses Angebot.
„Okay, ich habe noch einiges zu tun. Die Abteilung befindet sich im obersten Stock, Sie werden es schon finden.“
Obwohl diese Anweisung mehr nach einem Rausschmiss klang er hob sich Joe zögernd und betrat den Gang, von welchem sie 5 Minuten zuvor gekommen war und steuerte auf den Lift zu.
2
„Chulay, bewege deinen verdammten Arsch hier her!“, dieser Satz hallte durch das ganze Abteil. Augenblicklich blieben alle Blicke an John Banks kleben. Er kreuzte die Blicke der Leute mit seinem typischen eiskalten Blick und ohne das er was sagen musste, widmeten sie sich wieder ihrer Arbeit.
Special Agent John Banks war der Leiter der Abteilung. Er war Mitte 50 und ungefähr eins fünfundachtzig groß. Seine silbergrauen Haare, waren kurz geschnitten und seine hellblauen Augen strahlten eine nahezu unzerrüttelbare Ruhe und eine Menge Erfahrung aus.
Nach dem er diesen Satz praktisch in das Handy gebrüllt hatte, klappte er es ohne auf eine Antwort zu warten zu. Wenn John eins nicht leiden konnte, dann waren es zu spät Kommer, zu denen unter anderem sein Teampartner Mick Chulay zählte. Eigentlich mochte er den Jungen, aber seine stetige Unpünktlichkeit machte ihm manchmal zu schaffen.
Glücklicherweise wohnte Mick nicht weit weg vom Büro, so das er fünfzehn Minuten später in den Raum stürtzte.
„Bin da Boss“, keuchte er außer Atem.
„Wurde auch Zeit“, murrte der Alte und sah Mick an.
„Ja tut mir Leid, ich steckte im Stau und...“
„Fang an zu arbeiten“, unterbrach John seinen Partner und deutete auf dessen Schreibtisch, auf welchem sich Stapelweise die Akten sammelten. Man konnte Chuley die Begeisterung förmlich ansehen.
„Geht klar, John“, sagte er emotionslos und mit verzogener Miene als er sich seinem Schreibtisch nährte.
„Wo kommt das alles her?“, fragte er laut und sah auf zu dem Grauhaarigen, welcher gerade dabei war die Treppen runter zu laufen. „Danke Boss“, rief er ihm mürrisch hinterher und machte sich daran die Akten durch zu arbeiten.
Es war eine Weile vergangen, bis Micks Aufmerksamkeit auf den Fahrstuhl gelenkt wurde, welcher sich mit einem leisen aber hörbaren Surren öffnete. Eine Frau mit kurzen blonden Haaren betrat den Raum. Mick starrte sie mit großen Augen an. Ja, eine seiner größten Schwächen, galten den Frauen. Mit Jeder, die einigermaßen gut aussah und nicht bei drei auf einem Baum sprang, wurde geflirtet. Es fiel Mick nicht schwer eine Frau um den Finger zu wickeln. Mit seinen schwarzen Haaren, welche ihm meist verwuschelt im Gesicht hingen, seinen dunkelbraunen Augen und seinem gut trainierten Körper brachte er so ziemlich jedes Frauenherz zum schmelzen.
Auch diese hübsche Blondine, stand jetzt schon ganz oben auf seiner Liste, also stand er auf und ging zu ihr, da sie wen zu suchen schien.
„Guten Tag, ich bin Special Agent Mick Chulay vom FDLE, kann ich Ihnen helfen?“
Die Frau drehte sich in seine Richtung. „Ich suche Special Agent John Banks“, sagte sie ruhig und musternt.
Chulay stemmte eine Hand in seine Hüfte und sah sich kurz
um. „Nun ja, der ist gerade nicht da, vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen. Um was geht es denn?“, er fuhr mit seinem Blick ihren Körper entlang.
Sie verdrehte die Augen und schaute auf ihre Uhr. „Das bezweifle ich, könnten Sie mir vielleicht sagen wann er wieder da ist?“
Da er erstmals überhaupt nicht wusste wo John hin war, verneinte er diese Frage.
In dieser Zeit war Banks schon wieder im Raum und hatte sich hinter Mick platziert wo er der kleinen Konversation freudig mit einem Kaffeebecher in der Hand folgte.
Mick bemerkte das der Blick seiner Gegenüber an ihm vorbei ging und sich eine Art grinsen auf ihrem Gesicht breit machte.
Nach einer kurzen Zeit des Schweigens, drehte er sich langsam nach hinten.
„Oh, Boss.....äh...ja, dass ist für dich“, stotterte Chuley vor sich hin und trat einen Schritt bei Seite.
