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Lächel' doch mal!

von

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Streit vorprogrammiert

»Lächel’ doch mal!«, wie oft ich diesen Satz in meinem Leben gehört hatte, konnte ich schon nicht mehr zählen. Mittlerweile hatte ich eine Phobie gegen das Wort ‚Lächeln’ entwickelt, dass ich es noch nicht einmal mehr in Betracht zog, es zu tun.

Es war für mich zu einem Wort geworden, welches im Lexikon unter L stand – direkt unter Labor, in welches einige Menschen mich zu gerne stecken würden.
 

Erstens voran meine Mutter – auch wenn sie es nicht böse meinte – sie fand es wunderlich, selten zu lächeln. Es war schließlich nicht so, dass ich mit einem Gesicht herumlief, das nach Regen aussah.

Über die Jahre hatte ich mein gekünsteltes Lächeln perfektioniert, was anscheinend meine Mutter spielend leicht durchschaute.

Wenn sie es nicht getan hätte, wäre sie wohl auch nicht meine Mutter.

Als Kind – so sagte sie immer – hatte ich so schön gelächelt; was war passiert?
 

Das ist eine gute Frage!
 

Ich tippte auf die Schule; Kinder können sehr grausam sein. Genau das war passiert. Seit ich denken konnte – was zum Kindergarten und weiter hinausging – war die schönste Zeit bis zur Grundschule; danach ging es Berg ab.

Ich besuchte das beste Gymnasium und war nicht anders als andere Kinder; nichtsdestotrotz mieden sie mich.

Eine Schulzeit, in der ich aufpassen musste, nicht in einer Schussbahn von Papierkügelchen zu sein; in der ich mich in Pausen verstecken musste und erst auftauchte, wenn die Lehrer das Klassenzimmer betraten, war einfach nichts Schönes.

Wenn man keine Freunde hatte, verliert man viele Gaben; darunter Vertrauen fassen und das so besagte Lächeln.

Allerdings wen scherte es – außer meiner Mutter – dass ich nicht Lächeln konnte. Da ich keine Freunde hatte, denen es auffallen könnte und Bekannte sich mit meinem gekünsteltem Lächeln begnügten; warum sollte ich traurig sein?

Am Ende hatte dieses mir einen Schritt ermöglicht, den ich mir nie erträumen ließ.
 

Erleichtert, die Schule abgeschlossen zu haben – meine Noten waren, trotz Isolierung, nicht die Besten – hatte ich sofort einen Job bekommen. Zuerst wog ich ab zu studieren, was bedeutete in einem Raum mit Fremden zu sitzen, gleichwohl wie in der Schule; also war das gestrichen und ich nahm das Jobangebot an.
 

Meine Mutter knirschte zwar mit den Zähnen, war gleichzeitig glücklich, sich um mich keine Sorgen machen zu müssen. Was sich rasch änderte, als ich endlich gestand, ich würde Deutschland dafür verlassen.

Die Firma, die mich haben wollte, hatte ihren Hauptsitz in den Vereinigten Staaten; die Tochter Firma war voll, so setzten sie mich – wenn ich es zuließe – dort ein. Meine Entscheidung stand nach wenigen Minuten; raus aus dem Land, wo ich keinen Platz für mich fand.

Ich bezweifelte zwar, in einem anderen Land wäre es besser; jedoch hatte ich einen Job mit Aufstiegsmöglichkeiten.
 

Nach stressigen zwei Monaten Planung war ich endlich in den Vereinigten Staaten und in der Stadt, von der viele träumten. – New York City!

Meine Arbeit lag in dem bekanntesten Viertel von Manhattan. Eigentlich – wenn man es genau nahm – lagen fast alle Firmensitze dort oder Brooklyn. Meine Firma hatte ihren Sitz in Manhattan, direkt gegenüber vom Central Park. Ich hatte eine herrliche Aussicht auf den Park; so ging ich in meinen Mittagspausen täglich dorthin und schaute den Leuten heimlich zu.
 

Eine Wohnung hatte ich prompt gefunden; immerhin in Brooklyn und sie kostete mich fast ein halbes Vermögen, was es mir wert war. Die Vermieterin war nett und zu meiner Überraschung konnte sie sogar Deutsch.

Ein Knackpunkt beim Auswandern waren die Sprachkenntnisse. Von der ersten Minute – beim Verlassen des Flughafens – musste ich mich damit abfinden, Deutsch würde nur gesprochen, wenn ich meine Mutter anriefe.
 

Seufzend betrachtete ich das Chaos, was mein Hund – ein reiner Wischmopp - in meiner Wohnung hinterlassen hatte; sein Zorn lag in den Scherben dieses Tellers auf dem Boden verteilt. Ich verzog meinen Mund und legte mein Kinn auf die Hände, die auf dem Ende des Besenstiels lagen.

Böse konnte ich ihm nicht sein, dennoch ärgerte es mich; aber das war wohl die Strafe dafür, dass mein Job mich so einnahm.

Friedlich saß er in seinem Körbchen und spielte ‚Was- ich- nicht- sehe- siehst- du- auch- nicht’.

Ich ließ meine Schultern hängen und machte mich daran die Scherben aufzuwischen.

Mein schönes Geschirr.

Krachend landeten die Scherben in dem Mülleimer.

Ein Klopfen ließ Bruno aufschrecken.

Fragend, wer das um diese Uhrzeit war, schmiss ich den Besen in die Ecke und schlenderte zur Tür.

Ich sah vorsichtshalber durch das kleine Loch – denn ein Nachteil an New York war die hohe Kriminalität.

Mrs. Dewes stand mit einem Teller vor der Tür. Unverzüglich entfernte ich die Ketten und öffnete. Ich setzte mein gekünsteltes Lächeln auf.

»Ich hab’ es scheppern hören, hat Bruno wieder was zerbrochen?«, begrüßte sie mich – zum Glück in Deutsch. Der Wischmopp an Wachhund schlich zwischen meinen Beinen vorbei und begrüßte auf seine Art den Besucher. Eben noch konnte ich ihn daran hindern, an der alten Frau hochzuspringen. Wie ich Bruno kannte, schmiss er sie um.

»Hab’ dir Essen gemacht«, sie hielt mir den Teller hin; dankend nahm ich an.

Da ich eben erst von der Arbeit kam, hatte ich noch nichts gekocht und so musste ich auch nichts machen.

»Was machen sie am Wochenende?«

Ein Zucken der Schultern war meine Antwort; ich wollte ihr nicht auf die Nase binden, dass ich mich freiwillig gemeldet hatte, für meine Firma zu arbeiten. Es brachte gutes Geld und da ich nie was vorhatte, musste ich mir deswegen keine Sorgen machen, etwas zu verpassen.

»Genießen sie es doch einmal. Sie sind erst seit – wie lange hier?«

»Sechs Monate«, berichtete ich.

»Haben sie schon einmal die Stadt gesehen?«

Ich nickte; denn jede Antwort wäre eine fette Lüge gewesen. Bis auf den Park - vor der Firma - hatte ich gar nichts von der Stadt gesehen.

»Oh, mein Neffe kommt gleich«, verabschiedete sie sich beim Blick auf die Uhr. Ich nickte abermals und schloss die Tür, nachdem ich Bruno mit leichtem Schupsen zurück in die Wohnung schob.
 

Neugierig betrachtete ich das Essen, griff nach einer Gabel und setzte mich vor mein Notebook. Praktisch, ich musste nicht kochen und setzte mich gleich an die Berichte.

Ich hatte noch gar nicht gesagt, was mein Job war; ich machte für meine Firma logistische Sachen.

Zuerst sollte ich die Sekretärin eines ihrer unteren Chefs werden; allerdings hatte irgendjemand festgestellt, dass ich ein Händchen für Zahlen und logisches Denken hatte – im Klartext: Ich brachte ihnen Gewinn – und war so aufgestiegen - einer der Vorteile in den Vereinigten Staaten.

Jetzt teilte ich mir ein Büro mit Natasha. Wir zogen gemeinsam über unseren Chef her; eigentlich tat sie es und ich zog einfach mit, denn meinen Chef hatte ich bis jetzt nie gesehen.

Er war der erste, der da war, und der Letzte, der ging, und so neugierig war ich nie gewesen, um dafür länger zu bleiben.
 

Mit Zahlen und Formeln umzugehen, war für mich immer leicht. Es ließ sich nie daran rütteln; es gab nichts Verstecktes. Entweder das Ergebnis war richtig oder es war falsch.
 

Als ich meine Arbeit beendete, schlief Bruno längst; meine Augen drohten ebenfalls ihren Dienst zu versagen. So huschte ich flink ins Bett; außerdem musste ich früh raus.

Schade war nur, ich würde wie jedes Wochenende alleine in meinem Büro sitzen. Natasha bestand darauf die Wochenenden immer frei zu haben.

Ich drehte mich im Bett zur Seite und war eingeschlafen.
 

Ein gleichmäßiges Piepen riss mich aus meinem traumlosen Schlaf. Meine Hand suchte nach dem nervigen Ding. Ich ertastete es und schlug mit voller Wucht dagegen. - Endlich ruhige!

Ich drehte mich zur Seite; ruckartig sprang ich auf.

»Scheiße, die Arbeit!«, brüllte ich. Meine Hand schnellte zum Wecker. Ich hatte verschlafen; ach du –

Im rasenden Tempo zog ich mich um, betrachtete mich im Spiegel und flitzte hinaus. Der Bus kam erst fünfzehn Minuten später - als angekündigt - wie eine Raubkatze tigerte ich auf und ab. Im Bus wippte ich mit meinem Fuß auf und ab.

Ich war noch nie zu spät gekommen.

Ein Blick auf meine Armbanduhr; ich war zu spät.

Stöhnend glitt ich in den Sitz, schloss meine Augen und atmete tief durch.

Es ist Wochenende’, redete ich mir ein, ‚Es wird keiner mitbekommen, keiner.

Der Bus hielt; blitzschnell sprang ich auf und rannte hinaus.

Meine Stilettos klackerten über den Boden; stöhnend erklomm ich die Stufen. Am Eingang winkte mir der Mann von der Rezeption zu. Ich winkte flüchtig zurück.

Der Marmorboden hallte jeden meiner Schritte wieder. Peinlich rannte ich über den Boden. Der Fahrstuhl brauchte - wie der Bus - eine Ewigkeit. Ich rollte mit den Augen.

Endlich sprang die Tür zu beiden Seiten auf. Ich huschte hinein; die Türen schlossen sich. Grässliche Musik schallte mir entgegen, dennoch atmete ich erleichtert auf.

Vielleicht ist heute niemand da’, betete ich. Die Tür sprang auf.

Auf unserer Etage gab es zum Glück einen Teppich, dass meine Schritte kaum zu hören waren. Ich lief um die Abteile der Schreibtische herum und setzte mich auf meinen Stuhl.

Mein erster Schritt war den Computer einzuschalten. Neugierig sah ich mich um.

Ich war alleine.

Niemand würde je mein zu Spät kommen bemerken.

Am Monitor entdeckte ich einen leuchteten gelben Zettel; in einer sauberen Handschrift stand geschrieben:
 

» You're too late!«
 

Entsetzt sah ich mich um. Gespitzt lauschte ich; keine Geräusche. Wer wusste, dass ich nicht pünktlich war?

Hatten meine Kollegen einen Scherz gemacht?

Ich stand von meinem Platz auf. Meine Augen suchten den Raum ab. Selbst der Glaskasten – das Büro meines Chefs – war dunkel. Allerdings war das sehr selten.

Wer war die Person?

Es war bestimmt ein Scherz.

Ich zerknüllte den Zettel und schmiss ihn in den Mülleimer. Niemand konnte etwas nach Weisen – gut, vielleicht der Empfand, aber der Mann mochte mich; er würde nichts machen, um mich irgendwo reinzureiten und zu Spät kommt schließlich jeder einmal.

Dennoch nagte es an mir. Wer – verdammt noch mal – wusste es?
 

Ich stürzte mich auf meine Arbeit und hatte zur Mittagszeit es längst vergessen. Der Post-Hit war im Mülleimer unter duzend anderen Blättern begraben und ich widmete mich meinen Zahlen.

»Mittag!«, rief ich begeistert. Noch einmal blickte ich mich um. Selbst mein Chef war heute nicht aufgekreuzt. Ich hatte das Büro für mich alleine.

Ich sicherte meinen Computer und verließ das Büro.

Stürmisch, wie ich von Zuhause aufgebrochen war, hatte ich nichts zu Essen; also würde ich mir was holen.
 

Ich schlenderte zum Aufzug, winkte dem Mann an der Rezeption – mit meinem besten gekünsteltem Lächeln zu – und lief die Stufen hinunter.

Starbucks war nicht weit entfernt; so holte ich mir – wie jedes Mal – meinen Latte Macchiato und was Herbes und schlenderte in den Central Park.
 

Zu meinem Glück fand ich rasch eine Bank, die ich für mich beanspruchte, stellte den Kaffee neben mir und wühlte in der Tasche nach meinem Buch. Leider fand ich es nicht; dann fiel mir ein, ich hatte es gestern raus genommen.

Grummelnd widmete ich mich meinem Bagel und roch am Kaffee; der Dampf nach Süßem beruhigte mich.

Musste ich mich damit abfinden, die Leute zu beobachten.
 

Eine Zeitlang nippte ich an meinem Kaffee und starrte in die Leere, als ich einen Mann bemerkte, der mir zu lächelte. Unweigerlich setzte ich mein künstliches Lächeln auf – falls er mich meinte – dachte mir allerdings nicht viel dabei. Ich widmete mich weiter der Umgebung. Ein Hund tollte über die Wiese.

Urplötzlich registrierte ich, er kam immer näher.

Fragend hob ich meine Augenbraun und schaute hinter mich. Vermutlich wartete jemand auf ihn; doch es stand niemand hinter mir oder weiter weg.

Geneigt aufzuspringen und zurück zu dem Gebäude meiner Firma zu gehen, bewegte ich mich nicht.
 

Vor mir blieb er stehen. Ich lächelte – perfekt gekünstelt, aber so natürlich, dass es keiner merken würde – und zu meiner Überraschung erwiderte er.

»Sie kommen öfters hier her«, sprach er mich im Amerikanisch an; ich musste mich genau konzentrieren, denn mein Englisch war selbst nach sechs Monaten noch nicht so gut. Wenn jemand zu schnell oder in einem Akzent sprach, fiel es mir schwer, ihn zu verstehen. Jedenfalls – und zum Glück – tat er nichts der gleichen.

Zaghaft nickte ich. Seine Aussage war eine Tatsache - keine Frage - was mich stutzen ließ; denn das bedeutete, er käme ebenso oft her, um zu bemerken, ich war oft hier.

»Darf ich mich setzen?«

Ich rutschte beiseite und gab ihm zu verstehen, ich hatte nichts dagegen.

In kleinen Abständen nippte ich an meinem Latte Macchiato.

Ich wusste nicht, was ich machen sollte; so dachte ich mir, wenn ich trank, müsste ich nicht reden und wirkte nicht unhöflich.

»Kaum zu glauben, dass in einer Stadt wie New York, so etwas hier gibt.«

Abermals nickte ich und wand mich ihm sogar zu. Ich nahm einen Schluck aus meinem Pappbecher.

»Ich bin Alessandro«, stellte er sich vor und reichte mir seine Hand. Viel zu spät legte ich meine in seine und antwortete: »Emilia.«

»Sie sehen nicht wie eine typische New Yorkerin aus, Emilia.«

Verdattert starrte ich ihn an, zog meine Hand zurück und nippte an meinem Kaffee. Die Art wie er meinen Namen aussprach, klang vollkommen anders. Noch niemand hatte ihn dergleichen ausgesprochen, wie dieser Mann. Ohne es zu wollen, reagierte mein Körper auf den Klang seiner Stimme. Missgestimmt über meinem Körper nippte ich zum wiederholten Mal am Becher.

»Hab ich sie beleidigt?«

Ich schüttelte meinen Kopf. Geneigt zu antworten, erhob ich mich aus meiner sitzenden Position.

»Ich muss los. Meine Mittagspause ist rum«, log ich. Es war mir unangenehm, mit dem Mann zu sprechen; auch wenn ich zugeben musste, er sah nicht schlecht aus. Gleichwohl war er sogar mein Geschmack an Mann. Verärgert über mich selber, dieses nicht bemerkt zu haben, presste ich die Lippen aufeinander.

Die Worte waren ausgesprochen und nun eine weitere Lüge aufzutischen, würde Verwirrung sorgen.

»Vielleicht sieht man sich wieder, Alessandro«, hörte ich mich sagen; hingegen sah die Realität anders aus. Es war das erste und letzte Mal. Ich könnte mich Ohrfeigen und ging nun viel zu früh zurück ins Büro.
 

Der Mann an der Rezeption lächelte mir mit dem Telefon am Ohr zu. Dieses Mal nickte ich bloß.

Die Fahrstuhltüren sprangen zu den Seiten auf; ich schlich über den Teppich und schmiss mich auf den Sessel.

Viel zu spät bemerkte ich das Licht im Glaskasten.

Verwundert hob ich meine Augenbraun.

»Normalerweise kommt der nicht so spät«, murmelte ich vor mir hin und starrte auf die Verpackung, in der mein ungerührter Bagel lag. Geneigt diesen zu Essen, öffnete ich eine Seite der Tüte, urplötzlich schallten Schritte durch den Raum. Ich hob meinen Kopf dezent, damit ich nicht neugierig wirkte und dennoch etwas erkennen konnte.
 

Mir blieb der Atem weg; der Mann aus dem Park ging an den Tischen vorbei. Ich hatte ihn noch nie hier arbeiten sehen und ich achtete sehr auf meine Umgebung. Bestimmt aus einer anderen Abteilung. Sobald seine Augen mich wahrnahmen, lächelte er.

Ich dagegen glotzte ihn an; selbst mein gekünsteltes Lächeln vergaß ich aufzusetzen.

»Miss Walter«, ich nickte, »Haben sie auch mal gefeiert?«

Verwundert starrte ich ihn an; er lachte und seine Stimme weckte in meinem Körper ein vibrierendes Gefühl.

»Sie sind heute zu spät gekommen.«

Ich schluckte; meine Hände zitterten. Mehrmals fragte ich mich, wer dieser Mann vor mir war; welche Abteilung er gehörte?

»Sagen sie es nicht meinem Chef«, rutschte es mir automatisch heraus. Sein Lächeln wurde schief.

»Das wird wohl schwer gehen.«

Panik stieg in mir auf.

Wieso?’, fragte sich mein Verstand unaufhörlich. Geneigt härtere Geschütze aufzulegen, räusperte er sich; dennoch blieb das Lächeln in seinem Gesicht, was er unter der Hand verbarg.

»Ich bin ihr Chef.«

In mir war die Hölle los, gleichzeitig bemühte ich mich die Kühle zu spielen.

Soll ich lachen oder weinen? Soll ich zu stimmen?’, ging ich alle möglichen Wege durch. Zu Lange schwieg ich. Er griff über die Lehne, die die Schreibtische trennte und nahm sich einen Zettel. Zum Glück hatte ich meine Arbeiten vor der Pause erledigt.

Wenn ich anbot meine Mittagspause zu kürzen, ob ich dann...

»Zum Glück leisten sie hervorragende Arbeit«, weckte mich Alessandro aus meiner Trance.

»Bitte?«

Betroffen - laut gesprochen zu haben - presste ich meine Lippen fest aufeinander und vergrub meine Hände unter dem Schreibtisch. Sie hörten nicht auf zu zittern. Er lachte auf und schmiss mir den Zettel auf den Platz.

Reflexartig lachte ich mit und wollte mich im selben Moment übergeben.

Er marschierte in sein Büro. Langsam zog ich meine Hände unter dem Schreibtisch hervor. Ich konnte keinen Stift in meinen Händen halten und widmete mich dem Monitor.

Tief durchatmen!’, erinnerte ich mich, ‚Tief durchatmen!

Ich hörte die Rollos, die den Glaskasten undurchsichtig machten und die, die meiste Zeit unten waren. Erst, nachdem ich wusste, er sah mich nicht, schmiss ich mich mit dem Kopf auf den Tisch.
 

Es war ein Schock – einfach ein Schock. Mein Chef stellte sich als genau der Typ von Mann heraus, den ich mochte – groß, gut gebaut – und es war die Person, die nie erfahren hätte dürfen, ich kam zu spät.

Die Tür zum Glaskasten öffnete sich; blitzartig richtete ich mich auf und tat, ich tippe was in den Computer ein.

»Miss Walter«, rief er nach mir; ich zuckte zusammen. In meinem Kopf versuchte ich den Klang seiner Stimme zu analysieren. – Gut oder Schlecht?

Würde jetzt das Donnerwetter kommen?

Nochmals atmete ich tief durch und marschierte mit dem letzten Rest Stolz in sein Büro. – In die Bekannte: Höhle des Löwen!

In meinem Kopf malte ich mir Ausreden aus, die ich meiner Mutter sagte, warum ich wiederum heim musste.

Ich schloss die Glastür – eigentlich unsinnig, wir waren alleine – schlagartig schoss mir bei dem Wort die Röte ins Gesicht.

Cool down’, beruhigte ich mich selber.

Mit einem Schwung drehte ich mich zu ihm.

Er saß vor seinem Schreibtisch, tippte was in seinem Computer ein und widmete sich letzten Endes mir. Selbst mit Lesebrille nahm es nicht den Glanz seiner Augen. Er hatte grüne Augen und blondes Haar; eine seltsame Kombination.

„Sie arbeiten jedes Wochenende, richtig?“, richtete er die Frage an mich; dennoch brauchte ich nicht zu Antworten. Er sah in seinen Computer und stimmte sich selber zu.

»Sie müssen sich nicht jedes Wochenende melden«, meine Antwort war ein Zucken der Achseln. Widersprechen war unlogisch und brachte ärgern.

»Sie bekommen das Wochenende frei.«

»Was!«, rutschte es mir raus. Seine Augen durchbohrten mich; ich biss mir auf die Unterlippe.

War das die Art, jemandem zu kündigen?

»Sind sie so happig darauf zu arbeiten?«

Erneut antwortete ich nicht; gleichwohl ich auch nicht wusste, was ich antworten sollte. Ein ‚ja’ würde mich als Irre abstempeln und ein ‚nein’ als faul. Was – verdammt noch mal – wählte man bei so einer Frage?

Mein Schweigen dauerte für ihn zu lange und er sprach weiter: »Gehen sie nach Hause; sie haben ihre Arbeit schließlich erfolgreich für heute getan.«

Geneigt meinem Chef zu widersprechen – er blickte mich seltsam an – zwang ich mich zu nicken und verließ den Glaskasten.
 

Meine Schritte rannten zu meinem Schreibtisch; ich stopfte mein Zeug in die Tasche und lief zum Aufzug; musste allerdings kehrt machen, da ich vergaß den Computer runter zu fahren.

Am Montag kam sicher die Kündigung’, seufzte ich.

Ich lief zu den Aufzügen.

Die Tür sprang zu beiden Seiten auf und ich takelte über den Marmorboden der Eingangshalle. Ich winkte – vermutlich zum letzten Mal – dem Mann zu. Er nickte und legte den Hörer auf den Apart.

»Miss Walter!«, rief eine Stimme nach mir; ich drehte mich fragend um. Der Mann an der Rezeption deutete mir an, zu ihm zu gehen.

Wurde ich jetzt schon entlassen?

Aufrecht lief ich zum Tresen und unterdrückte das Zittern in meinen Händen. Das Gefühl von Flucht schluckte ich herunter.

Ich setzte mein gekünsteltes Lächeln auf und sagte so beiläufig, wie es möglich war: »Ja?«

»Mr. Smith möchte, dass sie in unserer Sitzecke auf ihn warten. Er möchte ihnen noch etwas mitteilen.«

Irritiert hob ich meine Augenbraun; mein Hirn ratterte alle Namen durch, an die ich mich erinnerte. Keiner fiel mir ein.

Vielleicht sollte ich erwähnen, ich hatte ein miserables Namensgedächtnis.

Mr. Smith – dennoch kam mir der Name vertraut vor.

Ich nickte dem Mann zu und lief durch die Eingangshalle zu der kleinen Sitzecke. Steif saß ich auf einem der Sessel; meine Tasche vor mir auf dem Schoss und wartete.
 

Mehrere Männer in schicken Anzügen liefen an mir vorbei, jedoch blieb keiner vor mir stehen und stellte sich als Mr. Smith vor. Ich schaute auf meine Armbanduhr – ein schönes Teil und teuer, da es von einem Designer war – und stellte fest, ich wartete schon fünfzehn Minuten. Seufzend legte ich meinen Kopf in die Hände.

»Verzeihen sie, ich hab sie warten lassen.«

»Schon –«, ich blickte auf, Alessandro lächelte mir entgegen, » – gut.«

Meine Hände krallten sich um meine Tasche. Innerlich betete ich, er bemerke meine Unruhe nicht.

Werde ich jetzt gefeuert?

»Da sie so gerne am Wochenende arbeiten«, ich legte meinen Kopf schräg; ein eigenartiges Lächeln legte sich auf seine Lippen, »Hätte ich doch einen Job für sie.«

Brav wartete ich, er spräche weiter.

»Meine Begleitung für den Empfang hat abgesagt; wenn sie nichts dagegen hätten, würden sie mich begleiten?«

Platt starrte ich ihn an. Meine Hände schlangen sich fester um meine Tasche; meine Fingernägel kratzen in das Leder und hinterließen deutliche Spuren.

Was macht man in so einer Situation, Lia?’, eine Antwort bekam ich nicht.

Ablehnen war nicht drin – schließlich war es mein Chef und es ging eigentlich um einen einfachen Empfang; das würde ich locker packen.
 

»Sie müssen nicht«, weckte er mich; ich schüttelte meinen Kopf.

»Nein, nein, kein Thema. Ich denke, der Empfang ist heute Abend?«

Verschmitzt lächelte er; ich hatte ins Schwarze getroffen.

»Sollten sie dadurch in –«

»Holen sie mich ab; ich denke gegen acht ist in Ordnung?«, unterbrach ich ihn; er nickte, »Dann bis heute Abend.«

Ich erhob mich; Alessandro nickte abermals.

Ruhigen Schrittes – obwohl es in mir anders aussah – ging ich über den Marmorboden. Meine Schritte hallten so laut in den Ohren, ich konnte es kaum erwarten endlich draußen zu sein. Nicht einmal wagte ich es, mich nach ihm umzudrehen.

Der Gedanke, ich ginge mit meinem Chef auf einen Empfang, war eine bizarre Vorstellung; hingegen gewöhnlich, denn es kam oft vor.

Durch Natasha wusste ich, er fragte ab und an jemand aus dem Büro; meistens seine persönliche Sekretärin, die anscheinend die war, die ihn sitzen ließ.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, denn die unterschwellige Enttäuschung - versetzt worden zu sein - konnte er nicht vollkommen ablegen.
 

Gut, dass ich einige Kleider gekauft hatte, darunter war mit Sicherheit ein Kleid für diesen Empfand.

Andererseits, je näher ich meiner Wohnung kam, desto mehr beschlich mich ein ungutes Gefühl.

Nutzte er es aus, weil ich zu spät kam; würde noch mehr kommen?

Ich knabberte an meinen Fingernägeln.

Er würde niemals jemand ausnutzen’, sagte ich mir mehrmals, um meinen Herzschlag zu beruhigen, der sich schlagartig erhöhte bei den Gedanken.

Es würde ein normaler Empfang werden – ein schlichter Empfang. Ich schluckte.
 

Der Bus hielt an der Haltestelle; ich stieg aus und suchte meine Schlüssel.

Ich hatte genau fünf Stunden Zeit, mich für den Abend vorzubereiten.

Lia, das packst du!
 

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© Jessica Monse 2009

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Ein Abend mit Schrecken

Etliche Stunden – genau genommen eineinhalb – stand ich vor meinem Kleiderschrank und betrachtete meine Sammlung an Kleidern.

Ich hatte es versäumt zu fragen, um welchen Anlass es sich handelte und wusste nun nicht, welches Kleid ich wählen sollte.

Am Ende entschied ich mich für ein schlichtes schwarzes Cocktailkleid. Damit konnte keine Frau was falsch machen; zwängte mich - nachdem ich fertig geschminkt war und Alessandro mich in weniger als fünf Minuten abholte - in meine Stilettos.

Ständig kam mir der Gedanke, es war nur ein Scherz. Im Inneren bereitete ich mich darauf vor, er käme selbst um viertel nach acht nicht vorbei.

Abrupt klingelte es an der Haustür.

Mein Herz machte vor Schreck einen Sprung.

Beruhig dich!’, zwang ich mich; in der Tat hatte mein Magen in den Stunden eine Achterbahnfahrt hinter sich und die Neuste kündigte sich gerade an.

Im Spiegel prüfte ich skeptisch meinen Look – nicht zu sexy, jedoch elegant – es passte alles perfekt.
 

Neugierig stand Bruno an der Tür und wartete darauf, ich öffnete sie. Selbstverständlich würde er meinen Chef in dem Moment anspringen, wo er es durch die Lücke geschafft hatte. Also drückte ich ihn weg und drohte ihm. Beleidigt zog er von dannen; gleichwohl ich wusste, der Wischmopp würde es dennoch versuchen.

Ich öffnete die Tür einen Spalt. Alessandro lächelte mir entgegen, sobald er mich erkannte, und ich erwiderte mit meinem perfektionierten Lächeln.

Etwas Wuscheliges schlängelte sich zwischen meinen Beinen; flink packte ich danach und erwischte Bruno am Halsband.

»Buno!«, zischte ich; Alessandro blickte zu seinen Füßen. Statt diese zu sehen, saß ein Hund mit schwarz weißem Fell darauf und hechelte ihn an.

»Komm rein!«, presste ich zwischen meine Lippen hervor. Geneigt zu schreien, unterdrückte ich das Volumen meiner Stimme.

Alessandro hockte sich vor dem Wischmopp; überrascht ließ ich den Griff um das Halsband locker.

Er streichelte ihn am Kopf, zerwuschelte sein Fell und flüsterte dem Frechdachs was zu.

Bruno gab sich den Streicheleinheiten hin.

»Da steht aber jemand auf Schmusen. Wie das Frauchen?«, lachte er und sah zu mir hoch. Seine versteckte Andeutung ließ mich zurückschrecken; für einen Moment verharrte ich, umfasste mit einem Ruck Brunos Halsband und schupste ihn zurück in die Wohnung.

»Wir sollten los«, war mein einziger Kommentar zu seiner frechen Aussage. Er richtete sich auf.

Der schwarze Anzug mit der dunkelroten Krawatte passte ihm ausgezeichnet; vermutlich maßgeschneidert. Da Alessandro zu den hohen Köpfen der Firma gehörte, konnte er sich solche Anzüge zwanglos leisten.
 

»Sie sehen gut aus«, öffnete er mir die Wagentür; ich nuschelte ein flüchtiges »Danke« und saß auf dem Beifahrersitz.

Er ging um die Motorhaube des Mercedes.

Meine Augen verfolgten diesen Mann; ein Gefühl in meinem Inneren, sagte mir zu deutlich, dieser Mann war gefährlich. Daran könnte ich mir die Finger verbrennen und meistens trübte mich mein Gefühl nicht – eigentlich hat es mich noch nie betrogen.

Stillschweigend setzte er sich neben mir und startete den Motor.
 

Nachdem wir losfuhren, wand ich das Wort an ihn: »Zu welchem Empfang fahren wir?«

Es war immer klug sich schlau zu machen, damit ich nicht am Ende dumm dar stand.

»Eine neue Bank«, ich nickte, »Die sich darauf spezialisiert, Firmen mit hohen Kosten zu unterstützen.«

»Also planen sie für die Firma einen weiteren Sponsor? Für das neue Bauprojekt?«, hakte ich nach, denn ich erinnerte mich heute Morgen bei den Zahlen weitere Kalkulationen entdeckt zu haben.

»Sie haben es aus den Unterlagen entnommen?«, fragte er, was für mich wie eine Feststellung klang; ich nickte, „Eigentlich waren die Zahlen so minimal, das hätte nicht auffallen müssen.“

»Ich werde bezahlt gewissenhaft zu arbeiten.«

»Sind sie in jeder Hinsicht so gewissenhaft?«

Zu gerne wollte er mich ansahen; zu meinem Glück musste er sich auf den New Yorker Verkehr konzentrieren.

Ich klammerte meine Hand – die er nicht sah – um den Sitz. Seine verstreckten Andeutungen machten mich rasend.

Von da an konnte ich Natasha sehr gut verstehen, weswegen sie über ihn herzog; anderseits hatte sie niemals so etwas erwähnt. Sie beklagte sich über seine Strenge, nicht über solche zweideutigen Anspielungen.

»In fast jeder Hinsicht«, zwang ich mich ruhig zu antworten. Ein süffisantes Lächeln umspielte seine Lippen.

»Also können sie auch genießen?«

Ich presste meine Lippen aufeinander. Wann – verflixt noch Mal – erreichten wir diesen blöden Empfand?

Es kostete mich viel Überwindung nicht bissig zu klingen.

»Ab und an«, lächelte ich – perfekt gekünstelt, er würde den Unterschied niemals merken.

»Das freut mich zu hören.«

Ich drehte mich zum Fenster und betrachtete die vorbeiziehenden Häuser.

Wir hüllten uns im Schweigen, worüber ich dankbar war; eine weitere Aussage dieser Art hätte mich meine Krallen ausfahren lassen. Natürlich so, das kein Mann es bemerkte, aber dennoch so direkt, er würde mich für eine verzogenes Ding halten. Männer liebten zwar die Jagd, wollten allerdings nichts von einer Frau, die wie ein Eiszapfen wirkte.
 

Der Mercedes fuhr in eine Tiefgarage; unweigerlich schnappte ich nach Luft. Wieso ich das tat, war mir schleierhaft; jedenfalls stieg Panik in mir auf.

Elegant fuhr er den Wagen in eine Lücke und schaltete den Motor aus. Er stieg aus dem Wagen; ich tat es ihm gleich. Ein wenig geknickt, reichte er mir seinen Arm zum Einhaken.

Wollte er mir die Tür öffnen?’, ich schüttelte meinen Kopf.
 

Die Fahrstuhltür öffnete sich und wir standen in einer prächtigen Empfangshalle. Er führte mich weiter zu einer Treppe; davor stand eine junge Frau im Hosenanzug und neben ihr, ihr Partner.

Sie forderten jedem mit einem charmanten Lächeln auf, ihre Einladung zu zeigen und ließen erst dann die Gäste die Treppe empor steigen.

Alessandro zückte aus seinem Jackett eine wunderschön gestaltete Einladung und zeigte sie der Frau. Ich wollte mich - damit er besser die Einladung aus seiner Innentasche zücken konnte - von seinem Arm lösen; allerdings hielt er mich fest.
 

Rasch stiegen wir die Stufen eine weitere Etage empor. Von weitem hörte ich lautes Gemurmel. Ich blickte über meine Schulter; weitere Menschen – ebenfalls adrett gekleidet wie wir – gingen an den beiden Empfangsboten vorbei und folgten uns die Treppe zur ersten Etage.

Eine Tür wurde uns geöffnet und wir betraten den riesigen Saal. Ein Schwall von Menschen stand und tratschten, lachten oder streckten die Köpfe zusammen.

Am Ende des Saals erkannte ich eine Bühne. Ein Pult war darauf montiert und dahinter eine riesige Leinwand, dass selbst der Letzte noch etwas sah.
 

Erst jetzt gestattete es mir Alessandro mich aus seiner Verankerung zu lösen. Ein Kellner mit einem Tablett, auf dem duzende Sektgläser standen, stoppte bei uns. Ich nahm mir eines und nippte zaghaft daran.

Nachher müsste ich das Sektglas dezent zurückgeben. Da ich nichts gegessen hatte - meine persönliche Achterbahn im Magen ließ dieses nicht zu – war ich anfälliger für Alkohol.

Meine Augen wanderten über die Masse von Menschen. Einige der Köpfe kannte ich aus dem Fernseher, andere durch die Firma. Nervös steckte ich eine Strähne hinters Ohr, die sich von meiner schlichten Hochsteckfrisur gelöst hatte.

Ein älterer Mann kam lächelnd auf uns zu. Im Laufen breitete er die Arme auseinander und rief den Namen meines Chefs: »Mr. Smith, schön, dass die kommen konnten!«

Der pummelige Mann – es wirkte als hätte man ihn in einen Anzug gezwängt – reichte erst mir die Hand und dann meinem Chef. Still – vor allem steif mit perfektem gekünsteltem Lächeln – stand ich neben ihnen.

Zwar lauschte ich nicht ihrem Gespräch, konnte allerdings perfekt so tun, als hörte ich zu. Ab und an nickte ich, sobald die Augen von Pummelchen auf mich flogen.
 

Der Mann, dessen Haare schon vollständig ergraut waren, stellte sich als Mr. Andrews vor und zu meiner Überraschung, der Veranstalter.

»Es freut mich, dass sie in Betracht ziehen, von uns unterstützt zu werden«, beide Männer lachten auf – kurz und knapp – alles rein geschäftlich. Gelangweilt huschten meine Augen weiter über den Saal, neugierig was Interessantes entdeckt zu haben.

Meine Panik im Magen legte sich von jeder Minute; denn der Empfang war einfach ein stinknormaler Empfang und ziemlich langweilig.

»Dieses Mal nicht in Begleitung ihrer Sekretärin?«

Alessandro lachte abermals auf; aufmerksam spitzte ich meine Ohren, während ich weiter tat, als wäre ihr Small Talk mir gleich.

»Dieses Mal nicht. Ich kann sie schließlich nicht immer einspannen. Sonst kommt sie gar nicht mehr zu Ruhe.«

»Da bekommt man ja den Eindruck, als sei sie vierundzwanzig Stunden um sie.«

Alessandro setzte sich ein Schmunzeln auf die Lippen; unweigerlich stockte mein Atem, denn seine Augen wanderten zu mir.

Mr. Andrews verabschiedete sich, nicht ohne mehrmals auf die kommende Präsentation hinzuweisen.
 

»Also hatte sie Zeit?«, schlussfolgerte ich; Alessandro blinzelte unschuldig. Auch wenn er den Überraschten spielte, etwas an seiner Aussage ließ mich stutzen.

»Wie kommen sie darauf?«

»Ach nichts.«

Ich nippte an meinem Sekt und merkte langsam die schleichende Wirkung des Alkohols. Nun sollte ich gewiss die Notbremse ziehen. Meine Augen suchten nach dem Kellner. Der nächste Beste, der vorbeihuschte, bekam mein Glas.
 

Nach einer geschlagenen Stunde – für mich kam es weit aus länger und langweiliger vor – verdunkelte sich der Raum und Mr. Andrews trat in den Scheinwerfer, direkt vor das Pult. Das Licht erlaubte mir, zwei Männer neben ihm zu erkennen. Ein schlaksiger – ebenfalls das Haar ergraut – und daneben ein Mann nicht älter als ich; vielleicht das eine oder andere Jahr älter. Ich verzog meinen Mund und einigte mich auf Mitte zwanzig, fünf Jahre älter als ich. Seine Augen – welche vollkommene Langeweile ausstrahlte – wanderten über den Saal. Seine Arme waren hinter seinem Rücken verschränkt und er stand steif wie ein Brett hinter Mr. Andrews.
 

»Schönen guten Abend, Ladies und Gentlemen – «, unbewusst schaltete mein Hirn ab. Meine Beine schmerzten mittlerweile höllisch; jede noch so kleine Bewegung spürte ich. Dauernd verlagerte ich das Gewicht von einem Bein zum anderen.

Hoffentlich ging die Rede nicht lange’, betete ich. Ein Vorteil hatte die Dunkelheit, ich war beim nächsten Kellner mein halbvolles Sektglas losgeworden.

Im Augenwinkel beobachtete ich Alessandro, der schnurstracks zum Pult blickte und aufmerksam alles in sich verschlang.

Gott, war das langweilig!’

Und ich hatte mir die schlimmsten Sachen ausgemalt; meine Fantasie war ein Meister darin mir Panik zu machen oder mich weit weg treiben zu lassen. Von dem Gelaber hatte ich bis auf die wenigen Worte nichts mitbekommen. Würde Alessandro mich nach dem Empfang fragen –

Verdammt!

Das würde er garantiert und ich - dumme Kuh – hatte mich bloß meinen Gedanken hingegeben.

Ich blinzelte und zwang mich dem Gerede zu widmen.
 

» – Die meisten Banken sind für normalen Bürger ausgelegt; wer von denen braucht Mal eben ein riesiges Vermögen? Aber was ist mit den Firmen; diese Reden von 1,5 Millionen, statt von 500.000 Dollar – «
 

Ständig schaltete mein Hirn auf Durchzug.

Lia! Konzentriere dich! Lia!’, schrie ich mich selber an. Der Sekt verteilte sich in meinem Blut und ein leichter Schleier legte sich auf meine Augen.

Lia!’

Ich kniff meine Augen zusammen.

Verdammt noch mal, Mädchen konzentrier dich! Dein Job hängt davon ab!’

Schlagartig war ich wach.

Etwas streifte meinen Rücken.

Ich riss meine Augen auf und sah zur Seite. Auf der einen Alessandro, auf der anderen ein älter Mann, der mein Vater sein könnte.

Ich war mir Hundertprozent sicher, jemand hat meinen Rücken gestreift. Klar spürte ich Fingerspitzen darauf. In der Ferne sah ich einen Kellner, sich an den Menschenmassen vorbei zu zwängen. Er versuchte mit seiner freien Hand, den einen oder anderen weg zu schieben.

Ich blickte hinter mir. Genug Platz gab es eigentlich, um vorbei zu schleichen.

Dann fiel mir ein, ich musste mich auf die Rede konzentrieren; ich hatte schon zu viel verpasst.
 

» – Wie sie sehen, ist es für sie nur von Vorteil, bei uns zu investieren und wir kommen auch gerne entgegen.«
 

Alle klatschten, außer mir. Ich hatte gar nichts mitbekommen. Wenn Alessandro mich später fragen sollte oder ich einen Bericht schreiben müsste – oh mein Gott, das packte ich nie – ich wusste gar nichts.

Das Licht schaltete sich an. Zuerst blinzelte ich mehrere Male, dann sah ich klare Konturen.

Der junge Mann neben Mr. Andrews lächelte dem Pummelchen zu und schüttelte ihm die Hand. Ihre Rede war anscheinend ein Erfolg.

In meinem Hirn suchte ich nach Begriffen, die ich vielleicht aufgeschnappt haben könnte - alles leer; der blöde Sekt raubte mir mein Gedächtnis.

»Alesso!«, rief eine Stimme über die Menge. Gespannt, wer einen Spitznamen für meinen Chef benutzte, drehte ich mich um.

Der Mann – eben noch neben Mr. Andrews am Pult – ging zielstrebig auf uns zu. Er lächelte; doch sein Lächeln hatte was Bedrohliches. Seine Augen ruhten zu lange auf mir. Mein gekünsteltes Lächeln saß perfekt.

»Leo!«, erwiderte Alessandro. Ich blickte von einem zum anderen, wagte es jedoch nicht zu fragen, um wen es sich handelte.

Der Mann blieb vor uns stehen. Zuerst reichte er mir seine Hand und sagte dabei: »Leonardo Andrews.«

»Ich weiß«, rutschte es mir reflexartig aus; peinlich berührt presste ich meine Lippen zusammen und fügte rasch hinzu: »Emilia Walter.«

»Die Emilia Walter

Fragend hob ich meine Augenbrauen; er lachte: »Sie haben Alesso dazu gebracht für uns Partei zu ergreifen.«

Ich verstand immer noch nicht; er sah es mir offenbar an und erklärte: »Ihre Berichte und Kalkulationen haben ihn überzeugt, dass ihr Geld bei uns sicher ist und wir ihnen bei ihrem Bauprojekt unterstützen können.«

Echt?’

Innerlich freute ich mich über meine hervorragende Arbeit, spielte allerdings weiter die Kühle und antwortete ruhig: »Das freut mich zu hören, das meine Arbeit Anerkennung findet.«

»Na, na, nicht so steif«, grinste Leonardo; ich bemerkte, er hielt weiterhin meine Hand, die ich ihm flink entzog.

»Du musst auf sie aufpassen, Alesso. Nachher werben wir sie euch noch ab«, sprach er die Drohung aus; verdattert glotzte ich beide Männer an. Alessandro nippte an seinem Sektglas; das Lächeln auf seinen Lippen blieb, nichtsdestotrotz spiegelten die Augen es nicht wieder.

Seine Augen sprachen eine ganz andere Sprache; wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, er war wütend. Verärgert, über diese verpackte Drohung.
 

Ein Kellner mit Sektgläsern lief an uns vorbei. Leonardo griff sich zwei und reichte mir eines.

Mist, ich war so froh, meines losgeworden zu sein; nun musste ich es annehmen.

»Auf gute Zusammenarbeit!«, er hielt sein Glas hin; Alessandro stieß dagegen, ich tat es ihm gleich.

»Wenn das Projekt gut verläuft, könnte wir für die Zukunft die Zusammenarbeit vertiefen«, ein verschmitztes Grinsen verschwand hinter dem Sektglas; Leonardos Augen fixierten mich.

Sollte ich auf diese Anspielung antworten; war es geschäftlich?

»Warten wir ab, bevor wir über die Zukunft reden«, hörte ich mich bereits sagen.

Dann fiel mir ein, vielleicht sollte ich auch die Klappe halten. Entsetzt stierte ich zu Alessandro. Er lächelte und seine Augen wirkten nicht mehr bedrohlich.

»Warten wir ab«, wiederholte Leonardo; doch in seiner Stimme war ein Unterton, der mir gar nicht zusagte. Dieser Mann war gefährlich. Er nahm sich, was er wollte und wann er es wollte.

Schlimmer an der Sache war, ich stand genau zwischen zwei Typen dieser Art Mann. Ich musste aus diesem Schussfeuer; jedenfalls würde ich das erst sein, wenn ich daheim in meiner Wohnung war.

»Sie entschuldigen«, ich nickte, »Ich habe noch zu tun.«
 

Unbewusst atmete ich erleichtert auf, Leonardo in den Menschenmassen verschwinden zu sehen.

»Wenn es zu dem Bauprojekt kommt, werden wir öfters mit ihm zu tun haben.«

Moment sagte er gerade wir?’

»Pass auf ihn auf, er ist nicht ohne Grund so früh, die rechte Hand seines Vaters geworden.«

Warnte mich Alesso vor ihm?’

Ich sah in die Menge, wo der junge Mann verschwunden war. Beiläufig nippte ich an meinem Glas. Es prickelte in meinem Bauch; die Achterbahnfahrt ging abermals los. Hitze stieg in meinem Kopf. Der Schleicher – der dabei war zu verschwinden – legte sich über meine Augen.

»Ich bringe sie nach Hause, Miss Walter«, schnappten meine Ohren eben noch auf. Bedacht einen Schritt nach dem anderen zu gehen, kniff ich meine Lippen zusammen. Mein Gefühl, sagte mir, sprechen ist nichts mehr. Der Boden unter meinen Füßen bewegte sich.

Was war jetzt los?’
 

Die Fahrstuhlfahrt war der Horror. Ich musste dagegen ankämpfen, mich nicht zu übergeben. Ich hatte doch nur ein Schluck getrunken!

Die Türen öffneten sich zu beiden Seiten und ich torkelte zum Mercedes. Gerade Mal eine Hand voll Wagen standen auf dieser Etage und sein Mercedes stach sofort heraus.

Meine Stilettos klackerten über den Boden; mit der Spitze stieß ich gegen einen Bordstein und schwankte. Mein Gleichgewicht setzte aus und ich fiel.

Mist!
 

Die Augen zusammengekniffen wartete ich auf den Aufprall. Er blieb aus, stattdessen spürte ich einen starken Arm um meine Taille. Eine Hand lag ausgebreitet auf meinem Bauch. Sie bedeckte diesen fast vollständig.

Mit einem Ruck stand ich aufrecht; die Wucht schleuderte mich zurück. Ich knallte gegen was Hartes. Verwirrt hob ich meinen Kopf.

Alessandro hatte den Kopf in meine Richtung gelegt und betrachtete mich skeptisch. Seine Lippen waren zu einem Strich gezogen; etwas erzürnte ihn. Seine Augen funkelten mich wütend an.

Die Spange meiner Hochsteckfrisur drückte sich in meinem Kopf. Weiterhin lag mein Kopf an seiner Brust; schlagartig traf mich der Gedanke. Ich drückte mich von ihm; seine Hand blieb weiter auf meinem Bauch und warf mich zurück.

»Er hat dir was ins Glas gekippt«, zischte er; selbst der Klang seine Stimme war empört.

In seinen Augen las ich, er rang mit sich etwas zu tun, von dem ich nicht wusste, ob ich es wissen mag.

»Mir geht es gut«, bestätigte ich; es kostete mich viel Kraft nicht zu lallen, aber ich schaffte es.

Seine Augen formten sich zu Schlitzen; er glaubte mir nicht. Ich nickte, musste meinen Kopf festhalten, damit er aufhörte und wiederholte meine Worte.

Seine Hand löste sich von meinem Bauch; er strich mit den Fingern über den dünnen Stoff des Kleides, selbst meine Haut spürte die Berührungen. Ein unbeschreibliches Kribbeln verteilte sich, als hätte ich mich verbrannt. Ich schob es auf den Sekt; der drohte jede Minute nach hoben zu kriechen.
 

Auf der ganzen Fahrt sprachen wir nicht einen Wort miteinander, worüber ich sehr dankbar war. Allerdings sorgte die Stille für eine Müdigkeit in mir; dauernd fielen mir die Augenlieder zu.

Ich löste die Spange von meiner Frisur; sie drückte zu sehr auf meinem Hinterkopf. Meine dunkelblonde Mähne glitt hinab und legte sich über Hals und Schultern. Mit den Händen massierte ich über die Stelle, wo eben noch die Spange war. Mein Kopf pochte.

Ich legte mich weiter in den Sitz.

Nur für eine Minute schloss ich die Augen.

Eine Warnung forderte mich auf, wach zu bleiben; ich konnte nicht. Mein Körper wollte nicht.

Zuerst spürte ich weiterhin die Bewegung des Wagens; der Motor war ein lautloses Surren. Weiter und weiter verschwanden die Geräusche in der Ferne.
 

Jemand streichelte mit seinen Fingern über meine Wange. Ich legte mich weiter in die Hand; eine große Hand. Der Daumen strich über meinen Lippen. Sie streiften meine Unterlippe. Ich nuschelte was.

Es roch nach Aftershave; begierig sog ich den Duft ein.

Ein wenig enttäuscht; die Person löste sich von mir und atmete im selben Moment auf, als sanfte Finger über meinem Hals wanderten.

Strähnen meines Haares wurden zur Seite geschoben; ein heißer Atem berührte meine Haut. Sie brannte.

Mein inneres Warnsystem leuchtete rot auf; ich ignorierte es, denn das hier war eindeutig ein Traum.

Lippen legten sich in meine Halsbeuge; eine weitere Hand spielte mit einer Strähne meines Haares. Ein leichtes Prickeln wanderte durch meine Kopfhaut, sobald Finger durch meine Haare strichen.

Ich seufzte.
 

Schlagartig kam der Gedanke, ich war in einem Auto.

Entsetzt sprang ich auf. Es war dunkel; stockfinster. Unter mir war es weich; eine Hand krallte sich am Lacken. Panik stieg auf.

Mein Kopf drehte sich zu allen Seite. Auf dem Nachtisch stand eine Lampe; ruckartig schaltete ich sie an.

Ich war in meinem Schlafzimmer und sprang aus dem Bett.

Mein Kleid lag auf einem Stuhl.

Verstört blickte ich an mich hinab; ich trug meine Unterwäsche. Jemand hatte mich ausgezogen.

Schnellen Schrittes rannte ich durch meine Wohnung. Die Haustür war zu. - Gott sei dank!

Bruno lag in seinem Körbchen und schlief. Sobald ich über den Boden stampfte, war er wach, bewegte sich jedoch nicht. Er drehte sich lediglich um und schlief weiter.

Jeden Raum durchsuchte ich; ich war alleine.

Meine Hände gingen durch meine Mähne.

Hatte ich geträumt?

Neben dem Kleid entdeckte ich einen weißen Zettel. Dieselbe Handschrift wie auf dem Post-Hit:
 

»Schlafen sie sich aus; ich erwarte sie am Montag im Büro. Sobald sie da sind, melden sie sich bei meiner Sekretärin
 

Schluckend las ich den Zettel immer und immer wieder. Würde ich jetzt gefeuert werden? Es war mir peinlich; ich hatte mich gehen lassen, dabei hatte ich kaum getrunken.

Was – verdammt noch mal – war passiert?

Die Erinnerungen setzten aus, nachdem ich meine Haarspange gelöst hatte; danach war alles schwarz. Die tiefste Schwärze, die es gab.
 

»Montag«, murmelte ich; ich würde so tun, als wäre nie etwas gewesen. Das war das Beste in solchen Situation – nicht, dass ich schon viele erlebt hätte.

Vielleicht funktionierte Brunos Taktik ‚Was- ich- nicht- sehe- siehst- du- auch- nicht-‚ sehr gut in meiner Welt.

Meine Gedanken kreisten weiter zum nächtlichen Traum. Ich streifte mit meiner Hand die Wange, glaubte noch eine Hitze zu spüren, und tastete meinen Hals ab.

Meine Träume waren manches Mal zu realistisch, dass ich sie nicht von der Wirklichkeit unterscheiden konnte; doch dieser schoss den Vogel ab.

Es war nur all zu gut, die Person nicht gesehen zu haben. Schlimmer wäre es gewesen, wenn ich mir Alessandro vorgestellt hätte. Ich hätte mich nie mehr ins Büro trauen können.

Sprunghaft flatterte mein Herz.

Grimmig über die Reaktion meines Körpers und über mein Hirn – wer denkt sich schon so etwas mit seinem Chef aus - schmiss ich mich aufs Bett, schaltete das Licht aus und schlief.
 

Vergessen hieß das Zauberwort; einfach – und vollkommen alles – vergessen!
 

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© Jessica Monse 2009

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Montagmorgen ist grundsätzlich die Hölle!

Meinen Sonntag verbrachte ich auf der Couch und ließ mich vom Fernseher beschallen. Ich tat nichts.

Das erste Mal – seit ich in New York war – tat ich nichts außer, mein Hirn abzuschalten und zu gammeln.

Gelegentlich wanderte mein Blick zum Notebook; sobald ich daran dachte, ich musste ein paar Kalkulationen durchführen, hämmerte es in meinem Kopf.

Stöhnend schmiss ich meinen Kopf auf die Lehne der Couch.

Bruno fand es klasse; er setzte sich neben mir und holte sich seine Streicheleinheiten ab. Nach einiger Zeit stoppte ich diese, denn Alessandros Worte hallten in meinem Schädel. Ich presste meine Lippen zusammen und glotzte irgendeinen Horrorfilm an. Obwohl pausenlos Blut auf der Röhre flackerte, ließ mich mein Traum nicht los.

Am Ende schaute ich stumpfsinnige Filme, füllte meinen Verstand mit etlichen Bilder; aber der Traum rief sich flugs ins Gedächtnis.

Das würde Tage dauern, diesen abzuschütteln.

Meistens brauchte ich zwei Wochen, dann hatte ich es vollkommen vergessen und in den Tiefen meines Hirns verbannt.
 

Der Montagmorgen begann mit meinem Wecker.

Penetrant wie immer, klingelte er solange, bis ich ihn ausschaltete. Meine Füße schleiften meinen Körper ins Badezimmer und in wenigen Minuten war ich bereit, hinaus zu gehen.

Make up war eine tolle Erfindung, um Augenringe oder dergleichen zu verbergen.

Der Bus kam, zu meiner Überraschung, pünktlich – sogar ein paar Minuten eher – und ich kontrollierte ein letztes Mal mein Aussehen, bevor ich die Empfangshalle betrat.

Der Mann an der Rezeption – auf seinem Schild konnte ich Dave lesen – winkte mir mit einem freundlichen Lächeln zu; ich erwiderte mit meinem Kunstlächeln.
 

Die Fahrstuhltür öffnete sich zu beiden Seiten. In der Ferne sah ich Natasha an ihrem Platz. Ihre Augen fixierten den Monitor und sie rieb sich den Nasenrücken. Je näher ich ihr kam, desto deutlicher bemerkte ich ihre Augenringe.

»Schön gefeiert?«, begrüßte ich sie; ein fettes Grinsen strahlte mir entgegen.

»Und wie!«

Wir lachten beide. Ich setzte mich auf den schwarzen großen Sessel und schaltete meinen Computer an.

»Erzähl’«, forderte ich sie auf; rasch schaute Natasha sich um und beugte sich zu mir rüber.

»Ich habe jemanden kennen gelernt. Journalist, und unheimlich gut im Bett«, lachte sie. Unweigerlich musste ich lächeln; denn das war typisch Natasha.

»Aber pass’ auf«, ermahnte ich sie; sie nickte, »Wir wollen doch nicht, dass es so endet wie mit Rick.«

Sie verzog den Mund. Rick war längst Geschichte; einer ihrer vielen Liebschaften, mit denen sie Spaß gehabt hatte; mehr allerdings nicht.

»Dieses Mal könnte es was Ernstes werden. Wir gehen Freitagabend aus. Feines Restaurant.«

»Das freut mich.«

Ich meldete mich mit meinem Passwort am Computer an. Die Systeme fuhren hoch; bis alles genutzt werden konnte, dauerten es durch das Netzwerk länger als bei mir zuhause.

»Und wie war dein Wochenende?«

»Miss Walter!«, krächzte eine weibliche Stimme. Wir blickten auf. Die Sekretärin vom Chef – ein blondes Flittchen, wie Natasha und ich sie nannten – winkte zu mir hinüber.

Fragend schaute ich Natasha an; sie zuckte mit den Schultern. Ich erhob mich von meinem Platz und lief um die Schreibtische zum Glaskasten.

Missbilligend musterte sie mich und verzog den Mund.

»Mr. Smith, erwartet sie.«

Entsetzt riss ich meine Augen auf; ich hatte völlig vergessen – nein, verdrängt – er wollte mich am Montagmorgen sprechen.

Ich nickte ihr zu; sie deutete mir an, in den Glaskasten zu gehen und folgte mir auf dem Fuße.

»Miss Brandon, ich wünsche alleine mit Miss Walter zu sprechen.«

Empört stierte sie Alessandro an und funkelte am Ende mich an.

Geneigt zu widersprechen, schluckte sie die Worte runter und verließ den Glaskasten.

Im Inneren amüsierte ich mich köstlich. Natasha und ich mochten sie nicht. Es war kein Geheimnis, sie schmiss sich an Alessandro ran und wie jeder Mann reagierte er auf die Reize einer Frau. Mir war es gleich, solange ich nicht benachteiligt wurde – Jobtechnisch versteht sich! Das Liebesleben meiner Arbeitskollegen war mir vollkommen gleich und ich wollte es gar nicht wissen, mit wem mein Chef noch alles ein Techtelmechtel hatte.
 

Alessandro stützte seine Ellenbogen auf den Tisch und legte sein Kinn in die Hände.

»Sie wollten mich vergessen?«

Es klang wie eine Frage, war jedoch eine Tatsache – eine gefährliche Tatsache! Ich schüttelte mit dem Kopf. Er lachte auf; war das ein Scherz?

»Was möchten sie?«, fragte ich monoton. Die Hände hatte ich hinter meinem Rücken verschränkt und drückte sie fest zusammen, um das Zittern zu unterdrücken.

»Ich habe Arbeit für sie. Da sie vom Bauprojekt wissen und ich nicht viele einweihen möchten, werden sie ab jetzt alle wichtigen Kalkulationen und Spekulationen übernehmen.«

Geschmeichelt, was besonders zu machen, schlug mein Herz schneller. Hingegen schlug die Realität zu, denn ich hatte dergleichen wie das noch nie alleine gemacht. Die Angst zu versagen, lag mir im Nacken.

Gleichwohl erhob ich keinen Widerspruch; stattdessen nickte ich.

»Sollten sie Fragen haben, können sie jeder Zeit zu mir kommen. Sie bekommen meine persönliche Telefonnummer, unter der sie mich jeder Zeit erreichen können«, er schrieb auf einem Zettel eine Nummer auf und reichte mir das Stück Papier; sofort nahm ich es an mich, „Auch nachts“, seine Augen glühten kurz auf; ich schluckte, »Das ist ein wichtiges Projekt; es darf nicht scheitern.«

Abermals nickte ich.

»Halten sie stillschweigen über diese Nummer; selbst Miss Brandon hat sie nicht. Es ist meine private Nummer. Ich verlasse mich auf sie!«

Ich konnte nur nicken; alles andere hätte mich verraten, wie nervös ich war.

»Sie bekommen ein Handy gestellt; wenn es um das Projekt geht, benutzen sie es. Nur ich darf ihre Nummer haben!«

Mit Mühe verkniff ich, mit den Augen zu rollen. Das war typisch Machogehabe. Mein erster Eindruck von dem Mann war korrekt; sehr Besitz ergreifend und alles andere, was sich ihm in den Weg stellte, wurde eiskalt vernichtet.

»Außerdem...«, seine Pause bedeutete nichts Gutes, »Werden sie mich gleich begleitet. Wir haben einen Termin mit Mr. Andrews. Es geht um die Unterstützung der Bank. Nehmen sie diese Akte und lernen sie die Daten auswendig; sie sind gleich wichtig.«

Wieder ein Nicken.

»Sie können gehen.«

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Rasant griff ich nach der Türklinke und stürmte hinaus. Das blonde Flittchen schlitterte an mir vorbei, zu ihrem Chefchen.
 

»Sie ist auf und ab getigert, wie ein Löwe«, lachte Natasha, »Das war glaube ich, das erste Mal, dass sie ausgeschlossen wurde.«

Ich zwang mich zu Lächeln; selbst mein gekünsteltes Lächeln wollte mir nicht gelingen.

»Du siehst blass aus.«

Ich nickte.

»Ist was passiert?«

»Ich muss ein paar Sachen für ihn machen.«

Natasha verzog angewidert den Mund.

»Ich sag ja, der ist viel zu streng. Das packst du schon. Du bist schließlich gut. Und seine Tussi wird dich schon rausdrängen. Dann können wir wieder entspannen.«

Ich lächelte – gekünstelt - und hielt mich an der Hoffnung von Natasha fest.

Vermutlich würde es darauf hinauslaufen; ich betete, dass es das tat.
 

Eine Verpackung knallte auf den Tisch. Entgeistert schaute ich das Blondchen an. Verärgert verzog sie die Lippen; ihre Augen zerfleischten mich.

»Ihr Handy, wie mit Alessandro besprochen.«

Bewusst benutzte sie seinen Vornamen, um ihren Besitz auszudrücken; das war eine klare Kampfansage, gegen mich.

»Sagen sie Danke an Mr. Smith«, antworte ich ruhig und betonte seinen Nachnamen. Beleidigt zog sie von dannen. Ich packte das Handy aus; ein einfaches Klapphandy in einem metallicen Violett. Ein sehr hübsches Teil, musste ich gestehen. Ich zog den Zettel aus meiner Rocktasche und speicherte als erstes die Nummer von Alessandro ein.

Zuerst tippte ich ein ‚Alessandro’, korrigierte und schrieb ‚Mr. Smith’. Besser war das.

„Erklärst du mir das?“, fragte Natasha nach; ich grübelte und suchte nach den passenden Worten: »Ich soll für die Firma bei einem Projekt mitwirken. Alles noch Top Secret.«

Das war nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Natasha nickte. Sie verstand sofort; ich durfte darüber nicht reden.

»Dann wünsche ich, viel Glück.«

»Das kann ich gut gebrauchen«, erwiderte ich.

»Miss Walter!«

Ich streckte meinen Kopf. Alessandro stand auf der Türschwelle und blickte zu mir. Ich sicherte meinen Computer und sprang vom Stuhl auf, nachdem ich mir meine Tasche gekrallt hatte. Das Mobiltelefon ließ ich darin verschwinden und signalisierte meinem Chef, wir konnten los.

»Sie übernehmen die Aufgabe von Miss Walter«, wand er sich an seine Sekretärin; ihre Lippen formten sich zum Widerspruch, wogegen er keinen zu ließ, »Es sollte für sie ein leichtes sein, sonst hätten sie den falschen Posten. Lassen sie sich von Miss Kayley die Daten geben.«

Natasha grinste sie frech an. Ihr gefiel es, das Blondchen in der Tasche zu haben, und sie würde ihr das Leben schwer machen – auch wenn es nur für Stunden war; obwohl wir wussten, das mussten wir nicht, denn seine Sekretärin war strohdumm. Mag böse klingen; aber wir wussten es, da sie sich an die Männer im Büro ranschmiss, damit diese ihre Aufgaben machten. Denn sie konnte – schlicht gesagt – gar nichts.
 

Alessandro stand neben mir und wand sich ein weiteres Mal der Blondine zu: »Oder haben sie ein Problem damit?«

Unaufhörlich schüttelte sie den Kopf und war um die Nase herum bleich wie Schnee.

»Dann wollen wir mal.«

Ich lief neben ihm.
 

Wir verließen das Büro und gingen – zu meiner Verwunderung – nicht zu den Aufzügen, sondern weitere Treppen hinauf.

Schlagartig wäre ich einige Stufen aufgesprungen, denn er hatte seinen Arm um meine Taille gelegt.

Ich funkelte die Hand um meine Hüfte an, sie sollte zurückgehen wo der Pfeffer wächst.

Mir schwante Übles.

Er hatte sich bewusst mich ausgesucht, da er von seinem Flittchen die Nase voll hatte und dachte sich, nun ist die Nächste dran.

Mistkerl!

Dezent löste ich mit meiner Hand seine von mir und lief einige Stufen voran.

Ich ignorierte sein Verhalten.

Vor einer dicken Stahltür – die zum Dach führte – blieben wir stehen. Mit einem Schlüssel öffnete er sie und der Wind pfiff ruckartig durch meine Mähne.

Pausenlos musste ich meine Haare nach hinten werfen; es brachte nichts. Zusätzlich wurde der Wind durch den Helikopter verstärkt.
 

Selbst im Cockpit war es stürmisch und unheimlich laut. Ich drückte meine Hände auf die Ohren.

»Setzen sie das auf!«, brüllte Alessandro und hielt mir einen Kopfhöher mit einem Mikrophone daran hin. Sofort kam ich dem nach; er hatte ebenfalls eines auf. Mehrere Stimmen schallten mir entgegen; sobald die Kopfbedeckung saß. Erleichtert wurde es ruhiger.

»Jetzt ist es besser, oder?«

Ich nickte.

Steif wie ein Brett saß ich auf dem harten Sitz und hoffte, schnell am Boden zu sein. Ab und an erlaubte ich mir einen Blick auf die Stadt. Die Aussicht war unbeschreiblich – keine Frage – der Lärm dagegen hämmerte in meinem Schädel.
 

Minuten später landeten wir; Alessandro reichte mir eine Hand, damit ich leichter aus dem Cockpit kam.

Leonardo ging uns mit einem Lächeln entgegen. Seine Lippen bewegten sich, jedoch verstand ich kein Wort.

Mit einer Hand deutete er an, ihm zu folgen.
 

In seinem Büro war es um einiges ruhiger. Noch immer verfolgte mich ein Piepen in den Ohren und mir graute es davor, abermals in den Helikopter zu steigen.

Leonardo verschränkte die Arme vor sich und grübelte über Alessandros Worte nach: »Das ist ein gewagtes Unterfangen.«

»Mag sein«, tat Alessandro es ab, »Jedoch wird es sich lohnen. Schon alleine, wenn es nur halb so viel einbringt, wie kalkuliert, haben wir einen hundertprozentigen Gewinn.«

»Hat sie das errechnet?«, wollte Leonardo wissen und wippte mit dem Kopf zu mir. Alessandro nickte.

»Dann fragen wir sie doch, was sie davon hält.«

Entsetzen machte sich in meinem Körper breit und strahlte es deswegen nicht aus, da ich gut trainiert war, meine Gefühle zu verbergen.

Allerdings ließen sich Schweißausbrüche und Zittern nicht trainieren. Ich umklammerte meine Tasche; meine Gesichtszüge waren kalt und geschäftlich.

»Ich?«, fragte ich nach und klang – zu meinem Glück - nicht überrascht, eher gelangweilt, wie es sein sollte, »Jede Frau ist erleichtert, wenn es ein Sicherheitssystem gäbe, was sie warnt, ob die Person ihr wohl gesonnen ist oder nicht. Ein System, dass durch den Geruch des Menschen erkennt, der sich schlecht steuern lässt«, Wie gut ich das gerade nach empfinden konnte, »Diese Person möchte mir etwas antun, würde ich es sofort nehmen. Gerade in New York ist es für allein stehende Frauen sehr gefährlich.«

»Und sie glauben, die Kosten rentieren sich.«

»Ich weiß es«, widersprach ich und biss mir auf die Lippen. Das war zu viel Selbstbewusstsein. Leonardo sah mich reglos an; dann setzte sich ein eigenartiges Lächeln auf die Lippen.

»Na dann, wenn selbst sie sich so sicher sind, steht einer Zusammenarbeit nichts im Wege. Sie bekommen den Scheck; ich werde einen Vertrag aufsetzen. Wir erwarten, dass sie uns namentlich loben für die Beteiligung und vierzig Prozent vom Gewinn.«

»Zwanzig!«, erwiderte Alessandro.

»Fünfunddreißig.«

»Zwanzig«, Alessandro schüttelte mit seinem Kopf.

»Einigen wir uns auf fünfundzwanzig«, schlug Leonardo vor, »Einverstanden?«

»Einverstanden; ich habe mir die Freiheit genommen schon einen Vertrag aufzusetzen.«

Leonardo verzog den Mund, was er unter seiner Hand verdeckte. Seine Augen überflogen das Stück Papier.

»Es versteht sich von selbst, wenn unsere Rechtsabteilung ein Auge darauf wirft, bevor ich unterschreibe.«

Alessandro nickte: »Sollten sie jeder Zeit etwas ändern, kontaktieren sie mich, ich schicke dann meine Sekretärin vorbei.«

»Miss Brandon?«

Leonardo spielte den gelassenen, aber seine Körpersprache hatte ihn verraten.

So, so, bei ihm auch’, dachte ich mir und war nicht einmal verwundert.

»Nein, Miss Walter.«

Erst Minuten später reagierte mein Gehirn auf diese Aussage. Verzögert drehte ich meinen Kopf zu meinem Chef.

Das war nicht ausgemacht! Ich sollte kalkulieren und spekulieren und keinen Laufburschen spielen.

»Dann werden wir uns wohl häufiger sehen, Miss Walter«, schmunzelte er. Obwohl seine Aussage beiläufig klang, hatte sie was Verruchtes an sich. Mein Alarmsystem schlug auf Unermesslicherweise aus.

Ich war in eine Falle geraten; ein Machtkampf unter Männern und ich sollte ihr Spielball werden!

»Mehr oder weniger«, zwang ich mich zu sagen. Ich wollte kein Spielball sein!

»Natürlich, schließlich haben sie auch aller Hand zu tun. Alessandro nimmt sie sicher voll und ganz ein.«

»Wir müssen gehen«, mischte Alessandro sich ein. Flink verabschiedeten wir uns und liefen den Flur entlang, Richtung Dach. Wieder der Helikopter; ich rollte mit den Augen.

Alessandro schnaufte neben mir.
 

Mit dem Helikopter flogen wir zu unseren Gebäude zurück. Sein Blondchen wartete ungeduldig auf uns. Wir waren nicht einmal ausgestiegen, da rannte sie mit ihren High Heel zu uns.

Stillschweigend folgte ich ihnen und achtete akribisch darauf, hinter ihnen zu gehen.

Im Büro suchte ich eilig meinen Platz auf. Natasha begrüßte mich und ihr platzte fast der Kopf vor Grinsen; sie wollte mir berichten, wie ungeschickt doch seine Sekretärin sich angestellt hatte.

»Miss Walter!«, rief Alessandros Stimme über den ganzen Raum; alle streckten die Köpfe nach mir aus. Langsam bekam ich eine Abneigung gegen meinen Namen; ob ich mich umbenennen sollte?

Das Lachen auf Natashas Gesicht verschwand. Wir sahen uns an; mit den Augen fragte sie mich, was los sei. Eine Antwort darauf konnte ich ihr nicht geben.
 

Flott sprang ich vom Stuhl und marschierte in den Glaskasten – besser bekannt als meine persönliche Hölle.

Zähneknirschend stand sein Ding neben ihm. Ihre Augen zerfleischten mich. Vor dem Schreibtisch blieb ich stehen.

Bewusst legte sein Blondchen eine Hand auf die Lehne des Stuhls; natürlich musste sie das tun, denn ihr Besitz drohte durch mich in Gefahr zu sein. Als ihre Augen bemerkten, ich sah es, setzte sie sich ein Grinsen auf.

»Sie möchten?«, sagte ich ruhig und schluckte den zickigen Ton runter.

»Einen Moment.«

Alessandro wand sich an sie: »Haben sie die Kalkulationen?«

Seine Sekretärin wurde bleich.

»Noch nicht«, gab sie kleinlaut zu. Alessandros Augen formten sich zu Schlitzen.

„Nicht?“

Sie zuckte zusammen. Die Hand auf der Lehne verschwand flink hinter ihrem Rücken.

»Hatten sie etwa Schwierigkeiten damit?«, seine Stimme klang scharf wie ein Messer. Diesen Zorn wollte ich niemals gegen mich spüren; das schwor ich mir hier und jetzt.

»Ich mache es sofort fertig.«

Sie torkelte am Schreibtisch vorbei zur Glastür hin.

»Miss Brandon«, fragend drehte sie sich um, »Das brauchen sie nicht. Miss Walter macht das gleich“, mir fiel innerlich die Kinnlade runter; wie viel Arbeit sollte ich noch machen; denn ich wusste, ich tat jetzt schon mehr als nötig war, „Sie melden sich bei der Abteilung von Mr. Newton. Er möchte sie unbedingt als seine Sekretärin haben und ich habe ihm berichtet, wie hervorragend doch ihre Arbeit ist. Er zahlt ihnen sogar mehr als ich, da habe ich für sie das Angebot angenommen. Melden sie sich bei ihm!«

Frech grinste Alessandro sie an. Irgendwie tat sie mir nun Leid, anderseits machte sie mehr Arbeit als nötig; also geschah es ihr nur Recht.

Sie biss die Zähne zusammen, nickte und stürmte aus dem Raum.
 

»Da jetzt eine Stelle hier frei ist«, richtet er das Wort an mich, »Sind sie ab sofort meine neue Sekretärin. Ich denke, sie sind gewissenhafter, als ihre Vorgängerin.«

Blinzelnd starrte ich ihn an.

»Aber daran habe ich keine Zweifel, auch wenn sie nur in fast jeder Hinsicht gewissenhaft sind.«

Unzählige Male schluckte ich; der Frosch in meinem Hals ließ sich nicht runterschlucken.

»Und jetzt korrigieren sie die Arbeit von Miss Brandon. Ich denke, sie sind reinweg falsch.«

Ich nickte und verließ den Glaskasten.
 

Ruhig, kühl und gelassen setzte ich mich auf meinen Sessel vor dem Computer. Äußerlich saß alles perfekt und von Innen – darüber möchte ich nicht reden; das war ein Schlachtfeld...

Natasha runzelte ihre Stirn. Mehrmals setzte sie an, etwas zu sagen, verstummte allerdings bei meinem Anblick.

Ich nahm den Zettel, der auf meinem Tisch lag, überflog und er strotzte nur so von Fehlern.

»Also dann«, murmelte ich und begann zu verbessern, was seine ehemalige Sekretärin da fabriziert hatte.

»Emilia?«, nuschelte Natasha. Ich drehte mich – mit meinem perfekten Lächeln – ihr zu.

»Geht es dir gut?«

»Ja, ja, alles bestens, nur etwas stressig. Ich darf die Arbeit von Miss Blondchen korrigieren.«

Natasha stimmte mir stumm zu.
 

»Soll ich dir helfen?«, ließ sie nicht locker und saß mit ihrem Stuhl neben mir, »Was ist passiert?«

Sie tat, als helfe sie mir, indirekt wollte sie etwas anders wissen.

Ich zuckte mit den Schultern und tippte dabei weiter die Daten in den Computer.

»Ich bin jetzt seine Sekretärin«, gestand ich nach einer Weile. Eine Mischung aus Entsetzten und Überraschung brachte mir die Latinerin entgegen. Mehrmalig schüttelte sie ihren Kopf; egal, was sie sagen wollte, sie fand keine Worte dafür.

»Er wird dich triezen«, flüsterte sie mir zu; ich knirschte mit den Zähnen. Nicht gerade die Worte, die ich hören wollte.

Schließlich konnte ich meinem Chef nicht widersprechen. Ich blickte über meine Schulter zum Glaskasten. Wieder Mal waren die Rollos herunter gelassen; nur ein Schatten huschte durch den Raum und setzte sich an den Schreibtisch.

»Dafür müssen wir ein Trinken gehen; heute Abend!« rief sie aus. Rasch drückte ich ihr meine Hand auf den Mund. Die Kollegen sahen sich nach uns um.

»Nicht so laut«, sie nickte, »Muss schließlich nicht jeder wissen.«
 

Ein Stapel Papier knallte vor mir auf den Tisch. Beide schauten wir verdutzt nach oben, in das Gesicht meines Chefs. Sein Gesicht wirkte eiskalt, die Lippen zu einem Strich und die Augen durchbohrten mich.

»Es wäre nett, wenn das bis heute auch fertig wäre.«

Fassungslos glotzte ich auf den Stapel; das schaffte ich niemals! Selbst Superman wäre nicht so schnell mit den Arbeiten; ich hatte noch duzend andere Arbeiten.

Ob ich vielleicht auch wie meine Vorgängerin, die Männer im Büro dazu bewegen sollte, meine Arbeiten zu erledigen. Nein! So etwas konnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren – Scheiß Teil.

»Das schaffen sie doch?« hakte er nach; im Klartext: Ich musste das schaffen. Zaghaft nickte ich.

»Kein Thema, heute Abend liegt es auf ihrem Schreibtisch.«

»Das ist schön.«

Ein unterkühltes Lächeln schimmerte auf seine Lippen; das konnte er sich wer weiß wo hinstrecken.
 

Gelassen saß ich auf meinem Sessel und blickte den Stapel an Arbeit an. Außen hin war ich die ruhige, innerlich war ich zerbrochen. Zurzeit tobte ein Kampf in mir, meinen Chef eine runter zu hauen, ihn zu zwingen diese Arbeiten zu machen und dann das Bedürfnis schreiend aus dem Büro zu rennen.

Das schaffte ich nie.

Eben noch verhinderte ich meinem Körper, den Kopf auf den Tisch zu knallen und laut auf zu stöhnen.

»Ich lass’ dich mal machen«, wand Natasha sich von mir ab.

So gerne sie mir helfen mochte, sie konnte es leider nicht.
 

Selbst nach etlichen Stunden hatte ich nicht annähernd die Hälfte geschafft. Natasha rollte mit ihrem Stuhl zu mir.

»Alles klar?«

Ich nickte und hockte vor einer blöden Statistik. Dauernd verschwanden die Zahlen vor meinen Augen; fortlaufend musste ich meine Augen reiben. Meine Augenlieder fühlten sich - wie mein Kopf - schwer an. Vermutlich war der längst aus Blei.

»Mach’ doch morgen weiter. Du hast jetzt Feierabend«, erinnerte sie mich daran. Ich blickte zur Uhr; es war längst nach siebzehn Uhr.

Stöhnend stützte ich meinen Kopf.

»Und was erkläre ich dann dem da«, mein Kopf wippte zum Glaskasten, »Nachher ruft der noch zu Hause an oder kommt vorbei.«

»Wie sollte er!«, lachte sie, »Als ob er wüsste, wo du wohnst.«

Meine Hände verkrampften und ich biss mir auf die Lippen. Geneigt Natasha von dem Empfang zu erzählen, schluckte ich die Worte hinunter. Das war mein tiefes schwarzes Geheimnis auf meiner Seele.

Ich betete in zwei Wochen mich nicht einmal mehr daran zu erinnern.

»Ich mach’ noch diese Statistik, dann werde ich Schluss machen. Trinken ist wohl heute nicht.«

Geknickt verzog sie den Mund, stimmte dann verständnisvoll zu: »Dann zum Wochenende. Du wirst es brauchen. Ich kenne da eine sehr gute Bar. Ein zwei Cocktails und alles Leid ist vergessen.«

Wir lachten beide.
 

Natasha schnappte nach ihrer Tasche, schaltete den Monitor aus und verließ mit einer winkenden Bewegung das Büro. Nun war ich alleine – eigentlich nicht direkt, denn noch immer war mein Chef da; doch das zählte nicht.

Seufzend widmete ich mich der Statistik. Langsam glaubte ich, die Zahlen tanzten mir auf der Nase herum.

Wenigstens hatte ich die Korrekturen vom Blondchen fertig. Das hat mich mindestens eine Stunde gekostet; sie hatte alles falsch. Am Ende hatte ich alles neu ausgerechnet.
 

Das Licht im Glaskasten erlosch.

Ich schaute nicht auf und widmete mich weiter meinen Zahlen. Hoch konzentriert – ich versuchte es zumindest – widmete ich mich den Unterlagen. Die Statistik hatte ich in fünfzehn Minuten erledigt gehabt und mich den Nächsten gewidmet. Natasha hätte mir vermutlich – ach was sage ich, gewiss - den Kopf abgerissen; aber ich wollte den Mist hinter mir bringen.
 

Ein Räuspern schreckte mich auf.

Mit weit aufgerissenen Augen stierte ich hoch. Alessandro saß angelehnt an meinem Schreibtisch, mit verschränkten Armen, und blickte zu mir hinab. Sein Mund verzog sich zu einer Seite; skeptisch musterte er mich.

»Haben sie nicht Feierabend?«

Ich zuckte mit den Schultern und dachte mir meinen Teil: ‚Eigentlich ja, aber ein neunmal kluger Chef musste mir arbeiten aufbrummen, die selbst drei Leute nicht an einem Tag schaffen.’

»Ich möchte nicht schuld sein, wenn ihr Freund mich nachher verflucht oder noch schlimmer«, scherzte er; ich presste meine Lippen aufeinander, um ein Kurren zu unterdrücken.

»Oh ha, ins Schwarze getroffen?«

Verwirrt hob ich eine Augenbraue.

»Keine Angst, es wartet niemand auf mich«, log ich, denn Bruno hatte sicher aus Frust etwas zerstört. Seelenruhig – als hätte ich alle Zeit der Welt – packte ich die Sachen zusammen und schaltete den Monitor aus. Ich reichte Alessandro einen Stapel mit Papieren. Verblüfft nahm er diese an.

»Die fertigen Unterlagen, den Rest werde ich morgen machen, wenn sie nichts dagegen haben.«

Ich erhob mich und griff nach meiner Tasche. Auf seinem Gesicht spiegelte sich Verwunderung.

Hatte er nicht damit gerechnet?’

Mir rutschte unbewusst ein Grinsen über die Lippen.

»Das sollten sie häufiger machen?«

»Was?«

»Lächeln.«

Ich verstand ihn nicht und offensichtlich sah er es mir an, denn nur schwer konnte er ein breites Grinsen verbergen.

»Wenn ihr Lächeln ehrlich ist, leuchten ihre Augen.«

»Ich meine es immer ehrlich«, leugnete ich. Unsicher strich ich mir eine Strähne hinters Ohr und schulterte meine Tasche.

»Tun sie das? Dann möchte ich, dass sie häufiger so lächeln wie eben. Wie nennen sie es denn?«

Ich setzte an zu antworten; doch was antwortet man in so einem Fall; außer mit einem bissigen, gemeinen Kommentar. Am Ende zuckte ich mit meinen Schultern.

»Oder haben sie sich gerade über mich lustig gemacht?«

Überflutet von Panik schüttelte ich zu heftig den Kopf. Alessandro lachte auf.

»Gehen sie nach Hause«, schickte er mich fort.

Sofort drehte ich ihm den Rücken zu und schlich zu den Aufzügen. An der Türschwelle zum Flur, blickte ich mich vorsichtig um.

Weiterhin saß er auf meinem Schreibtisch und blätterte durch den Stapel. Auf seinen Lippen zeichnete sich ein sonderbares Lächeln ab.

Er hob seinen Kopf und drohte ich meine Richtung zu schauen; schnell huschte ich hinter die Wand und marschierte zu den Aufzügen.
 

Von wegen ‚Vergessen’, anscheinend ließ das Schicksal das nicht zu.

Im Aufzug atmete ich tief durch. Tausende von Gedanken schossen durch mein Hirn. Mir drohte eine Reizüberflutung; also verdrängte ich alles, außer den Gedanken, mich auf mein Heim zu freuen.

Erst daheim auf der Couch ließ ich weitere Gedanken zu, die mich vollkommen lähmten. Die Fernbedienung in der Hand und meine Arme leblos neben mir, sollten farbige Bilder mich von einem einzigen Gedanken ablenken. Ablenken von diesem Mann – meinem Chef – der mir, ohne es zu wollen, langsam die Luft zum Atmen raubte.
 

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© Jessica Monse 2009

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Der Workaholic neben mir oder in mir?!

Surr! Surr!

Blinzelnd hob ich meinen Kopf; mein Nacken war steif wie ein Brett.

Surr! Surr!

Stöhnend schaltete ich den Fernseher aus. Verdammt, ich bin davor eingeschlafen.

Surr! Surr!

Irgendwo in meiner blöden Wohnung piepte ein Telefon. Meine Augen suchten den Raum ab und hefteten an meiner Tasche.

Surr! Surr!

Ein Blick auf die Uhr; es war halb fünf morgens. Ich musste erst in wenigen Stunden ins Büro.

Surr! Surr!

»Ja, doch!«, brüllte ich; auch wenn ich wusste, der Teilnehmer konnte diese Rufe nicht hören. Ich schleifte mich zu meiner Tasche, wühlte darin herum und hatte – endlich - dieses beschissene Teil. Zu meinem Entsetzen war es das Handy, welches mir mein Chef gestern gegeben hatte.

Surr! Surr!

Es vibrierte unaufhörlich in meiner Hand und machte keine Anstalten aufzuhören. Zitternd klappte ich es auseinander und hielt die Ohrmuschel an mein Ohr.

»Ja?«, fragte ich zaghaft.

»Hab’ ich sie geweckt?«, lachte mir Alessandro entgegen. Ich rollte mit den Augen und verbiss mir meine Bemerkung zu dieser Aussage. Seinem Chef Beleidigungen an den Kopf zu schmeißen, könnte vielleicht nicht so gut für die Aufstiegsmöglichkeiten sein.

»Was darf ich für sie tun?«, ignorierte ich seine Aussage und klang derart geschäftlich wie möglich. Anderseits fühlte ich mich völlig übermüdet und saß mit meinem Pyjama – bestehend aus einer kurzen Hose und Top – auf dem Boden. Eine amüsante und bizarre Situation zugleich.

»Wir haben um sieben einen Termin, deswegen komme ich sie gegen halb sechs abholen.«

Wir?’, blaffte ich, ‚Du meinst wohl eher du und ich muss mitgeschleift werden, da der Herr zu faul ist zum Schreiben.’

»Okay«, sagte ich stattdessen, dann brach die Leitung ab. Das Besetzzeichen schallte mir entgegen. Minutenlang blieb ich regungslos auf dem Boden sitzen. Bruno kam zu mir geschlichen, in der Hoffnung Streicheleinheiten zu bekommen.

Mürrisch erhob ich mich.

Meine Uhr sagte mir, ich hatte noch eine Stunde Zeit, mich fertig zu machen, mich um Bruno zu kümmern und – ganz wichtig – Stoßgebete von mir zu geben, den Tag schnell rum zu bekommen.
 

Nachdem ich mich angezogen hatte, lief ich mit Bruno draußen herum. Selbst die Straßen waren zu meiner Überraschung leer. Eine Seltenheit!

Dann rasch Tost in den Mund gestopft und sich weiter fertig gemacht. Die Turnschuhe wurden durch schmerzhafte High Heel ersetzt und die Jogginghose durch einen schlichten schwarzen Rock.

Keine Minute zu spät, denn es klingelte an der Tür.

Ich griff nach meiner Tasche, das metallic farbende Mobiltelefon ließ ich in eine der Nebenfächer meiner Tasche verschwinden, wuschelte Bruno durchs Fell und bestach ihn mit Leckerrein, ruhig zu sein.
 

Bevor ich die Tür öffnete, atmete ich tief durch.

Das packst du, Lia.’

»Miss Walter?«, begrüßte mich Alessandro; ich lächelte – wie immer perfekt gekünstelt.

»Guten Morgen.«

Nachdem die Tür abgeschlossen war, liefen wir die Stufen hinunter, hinaus zur Straße. Eine schwarze Limousine wartete bereits auf uns. Der Fahrer stieg aus dem Wagen, öffnete die Tür und ich rutschte auf den Sitz. Alessandro folgte mir.
 

Nun saß ich in einem teuren Auto, die Tasche vor mir und wartete darauf, aufgeklärt zu werden.

Wenn ich normal, wie immer – was es für mich nicht mehr gab – ins Büro gemusst hätte, wäre ich jetzt erst genüsslich aufgestanden.

Alessandro reichte mir eine Mappe; rasch überflog ich.

»Wir haben einen Wohnblock gefunden, der genau unseren Wünschen entspricht.«

Meine Augen wanderten zuerst auf die Zahlen; in meinem Kopf dachte ich automatisch weiter, rechnete aus, ob es passte und notierte mir in meinem geistigen Notizblock, wo ich was ändern müsste.

»Ich wünsche sie dabei zu haben, damit sie sich die Arbeitsfläche anschauen können.«

Ich reichte ihm die Mappe zurück.

»Ihre Meinung ist mir wichtig. Haben sie Zweifel, dass es mit diesem Gebäude nicht funktioniert, zögern sie nicht und teilen sie es mir sofort mit.«

Wichtig’, wiederholte ich das Wort und konnte nur lachen, ‚Wichtig, ist was anders. Zum Beispiel meine Arbeiten auf dem Schreibtisch, aber nicht das Begaffen eines Hauses. Ich bin kein Architekt.’

»Ist das okay?«, riss er mich aus meiner Trance; reflexartig nickte ich. Mit einem Ohr hatte ich zugehört und reihte mir soweit alles im Kopf zusammen.

»Aber sie wissen, dass ich nur für Kalkulationen zuständig bin.«

Er lachte.

»Ich kann ihnen nichts sagen, über die Struktur des Hauses, ob es machbar ist. Ich bin kein Ingenieur.«

»Dafür hab ich ja Ron; ihre Meinung als Frau ist mir wichtig.«

Perplex starrte ich ihn an.

Als Frau?’

Unbewusst hob ich eine meiner Augenbraun; er lachte abermals auf.

»Ich glaube, jetzt denken sie das Falsche

»Woher wollen sie wissen, was ich denke?«, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen und biss mir für mein Temperament auf die Lippen.

»Skepsis gehört zu meinem logistischem Denken dazu«, fügte ich ruhig hinzu und hoffte, mich so aus der Misere zu ziehen, »Würde ich es nicht in Frage stellen, hätte ich meinen Beruf verfehlt.«

»Wollten sie schon immer diese Art von Beruf wählen?«

»Natürlich!«

Allerdings wusste ich es besser; es war eine fette Lüge; gleichwohl, wie alles im Leben, kann man es sich nicht aussuchen und schlecht hatte ich es nicht. Ich verdiente gut - sehr gut, würde mancher Bürger behaupten. Anderseits hätte ich gerne in der künstlerischeren Ebene etwas gehabt; aber ich kann es mir nicht aussuchen. Träume bringen einen nicht im Leben voran.

Alessandro formte seine Lippen zu einem Strich.
 

Unser Gespräch wurde beendet durch das Stoppen des Wagens. Der Fahrer öffnete uns die Tür. Zuerst stieg Alessandro aus, reichte mir seine Hand, um mir dabei zu helfen. Ich streifte meinen Rock glatt und betrachtete die Umgebung.

Ich vermutete, wir mussten irgendwo in dem Gebiet von Bronx sein.

Ein riesiger Steinkollos aus Wohnblöcken erhob sich vor uns, der mit einem Maschendrahtzaun umrundet war.

Einige Stellen des Zauns wurden mit Gewalt aufgerissen; die Fenster des Gebäudes waren zum Teil mit Brettern bestückt.

Jemand wartete vor dem Eingang. Sobald er uns erblickte, kam er schnurstracks auf uns zu. Unter seinem Arm hatte er etliche Papierrollen geklemmt, die ihm keine große Mühe machten.

»Da bist du endlich!«, begrüßte der Mann meinen Chef und richtete seine Haare, denn der Wind wuselte dauernd hindurch. Zu meinem Glück hatte ich die Haare schlicht hochgesteckt.

»Ist sie das?«, nickte der Mann in meine Richtung und reichte mir seine Hand, die ich annahm.

»Emilia Walter«, antwortete ich auf seine Aussage.

»Roland Jackson, der Ingenieur für alle Fälle«, scherzte er. Ich zog meine Hand zurück und wusste nicht wirklich, was ich von dem Pausenclown halten sollte. Er war eindeutig älter als Alessandro, verhielt sich jedoch um einiges jünger. Midlife Crisis, schätzte ich.

»Was sagen sie dazu?«, ich blickte zu ihm hinauf, denn er war ebenfalls groß gewachsen und ich wirkte wie ein Zwerg zwischen den beiden Männern, »Würden Frauen sich hier wohl fühlen.«

Meine Augen schweiften zu dem Gebäude. Gewiss ‚Nein’; zumindest nicht in dem Zustand.

»Natürlich, wenn wir alles hergerichtet habe. Ich habe hier ein paar Entwürfe, die sie sich gerne anschauen sollten, um sich ein besseres Bild zu machen.«

Er machte eine einladende Geste; bereitwillig folgte ich ihm. Wir schlenderten über den Hof; aufmerksam nahmen meine Augen alles auf.

Auf einem Tisch, der provisorisch aufgebaut wurde, breitete er die Papierrollen aus. Mit Steinen hielt er sie an den Enden in Schach, dass sie sich nicht einrollten.
 

Die Zeichnungen sahen um einiges ansprechender aus. Mehrmals schaute ich von der Zeichnung zu dem Gebäude. Das würde Arbeit bedeuten – eine menge Arbeit, die ich damit verbringen musste unter einem Haufen von Männern zu sein, die Konkurrenzspiele liebten. Innerlich stöhnte ich auf.

»Wie viel Zeit haben sie kalkuliert?«, wollte ich wissen. Roland grübelte und lachte: »Zwei Monate.«

»Zu wenig«, widersprach ich sofort, »Nach dem Plan brauchen wir mindestens sechs Monate. Das Gebäude ist in einem schlechten Zustand«, nochmals blickte ich hinauf und stimmte mir innerlich zu, »Die Elektronik muss vermutlich erneuert werden; mehrere Teams müssen besorgt werden. - Haben sie schon Teams in Sicht, Mr. Jackson?«

»Noch nicht«, gestand er mir, »Uns fehlen noch ein paar Daten.«

»Was für Daten?«

»Diese hier«, Alessandro reichte dem Ingenieur einen Stapel Papier, den ich als den Stapel erkannte, woran ich gestern stundenlang saß.

Ich war gestern vollkommen in meiner Arbeit vertieft, ich bemerkte noch nicht einmal, diese waren für dieses Bauprojekt. Wäre ich aufmerksamer gewesen, hätte ich – dumme Nuss – es sicher entdeckt.

»Wow, das ging aber schnell; ich hab’ sie dir doch erst vor zwei Tagen gegeben? Das hat aber nicht deine Sekretärin gemacht?«

»Doch.«

Roland verzog den Mund und betrachtete die Kalkulationen skeptisch.

»Sie steht vor dir.«

Erleichterung kennzeichnete sich auf dem Gesicht des Mannes. Seine braunen Augen glühten mich an; mit seinem Lächeln eine sehr tödliche Kombination.

Gelassen beugte ich mich über die Skizzen und studierte sie.

»Sie ist jetzt meine Sekretärin. Mr. Newton war so angetan von Miss Brandon, ich konnte doch schlecht ihre Aufstiegschancen verbauen.«

Beide Männer lachten, als hätten sie einen Scherz gemacht, den ich zu meinem Bedauern nicht verstand. Allerdings ahnte ich, dass die Abteilung von Mr. Newton wohl nicht wirklich ein Treppchen höher war in der Karriere.

»Möchten sie sich das schöne Teil von Innen ansehen?« richtete Roland das Wort an mich; ich nickte und folgte ihm in das Gebäude.
 

Drinnen sah es nicht besser aus – eher schlimmer; das hier war eine Bruchbude und sehr unvorteilhaft für Stilettos. Überall lag Staub, kleine Steinchen und es waren verdammt viele Löcher im Boden. Bedacht arbeite ich mich voran. Die Männer hatten mit ihren Schuhen keine Probleme.

So gelassen wie möglich – schließlich spielte ich hervorragend solche Rollen – folgte ich ihnen. Ich tat, als interessierte ich mich für alles und jeden Mist; somit fiel es nicht auf, wie weit ich hinter ihnen her schlich.

Außerdem erklärte Roland - in dem er seine Hände mit benutzte - Alessandro wie er sich alles vorstellte.
 

Völlig aus der Puste erreichte ich eine Stützsäule, an der ich mich ausruhte. Ich blickte mich um und mir graute es, diesen Weg zurück zu gehen.

»Miss Walter?«

Ich schreckte auf.

»Alles in Ordnung?«

»Ja, ja, ich schau mir nur alles an.«

Verdammte scheiß Schuhe!’
 

Missgelaunt ging ich weiter, rutschte an einem Stein aus und hielt mich an der Stützsäule fest. Lautlos vor mir hinfluchend, schluckte ich den Schmerz in meinem Knöchel runter.

Dieser – argh! Was für ein Scheiß! Und das am frühen Morgen!’

Die Männer hatte ich aus den Augen verloren. Ich suchte den Raum ab; fand weder Alessandro noch Roland.

»Suchen sie uns?«, pustete mir Alessandro ins Ohr.

Mein Körper erschauderte; meine perfekte Miene ließ nichts davon andeuten.

»Nein, nein, ich gehe gerade im Kopf alles durch«, flunkerte ich. Weiterhin spürte ich Alessandros Atem auf meiner Haut, an meinem Hals. Sein Schatten hatte sich über mich gelegt und verschlang mich förmlich.

»Wir sollten zurück.«

Ich drehte mich um und blickte direkt in seine smaragdgrünen Augen. Er hatte sich zu mir hinunter gebeugt und unsere Gesichter waren auf gleicher Höhe.

Wieso bewegt er sich nicht?’

Ein Lächeln formte sich auf seine Lippen; dann endlich – ich atmete erleichtert auf – rührte er sich.

»Das sollten wir, schließlich haben sie noch ein paar Arbeiten, zu denen ich sie verdonnert habe.«

Sollte das ein Scherz sein? Kann ich gar nicht drüber lachen. Haha!’

Ich nickte.

Da ich mir gut gemerkt hatte, wie ich gegangen war, war der Rückweg schneller gegangen. Nichtsdestotrotz pochte mein Fußknöchel und ich sehnte mir meinen Bürosessel herbei.
 

Verdattert glotzte ich auf meinen Latte Macchiato und dem Croissant. Wie war ich noch mal in diese Situation gekommen – ach ja – mein Chef gab mir ein Frühstück aus.

Genüsslich trank er aus seiner Tasse. Eine Kellnerin fragte nach unserem Wohlbefinden und er bestellte sich was zu Essen.

Da ich es nicht ungerührt lassen wollte – wäre schließlich unhöflich – nippte ich an meinem Glas und schmierte mir Marmelade auf das Croissant.

»Sehen sie es als Entschädigung, sie so früh aus dem Bett geworfen zu haben.«

»Danke«, murmelte ich und biss in das Butterteil. Köstlich war kein Ausdruck – auch wenn mein Gesicht davon nichts preisgab – es war das Beste, das ich seit langem gegessen hatte.

»Ihnen scheint es zu schmecken.«

Ich nickte höflich; bemerkte zu spät seine Aussage war eine Tatsache.

»Ihre Augen verraten es.«

Ich verschluckte mich fast an meinem Bissen und trank rasch.

»Sie lesen aus den Augen?«, wollte ich wissen und nippte an meinem Glas.

»Und vielem mehr.«

»Sicher ein großer Vorteil für das Geschäft«, verbarg ich meine Unsicherheit. Dieser Mann kann nichts aus mir erkennen! Meine Fassende war perfekt, entstanden aus jahrelanger Arbeit und Pein.

»Das auch.«

»Sie nutzen es nicht dafür?«, wunderte ich mich; er schmunzelte.

»Es gibt weit aus größere Mysterien, die meine volle Aufmerksamkeit brauchen, um sie zu erforschen.«

»Kommen sie dort gut voran?«

»Das weiß ich noch nicht.«

Ein Gefühl im Inneren sagte mir, wir hatten die geschäftliche Welt längst hinter uns gelassen und redeten über Dinge, die vielleicht nicht gerade mit dem Chef beredet werden sollte.

Um dem ein Ende zu machen, nickte ich und nippte abermals an meinem Latte Macciato.
 

Die Kellnerin kam mit einem Tablett und stellte einen Teller mit einem weiteren Croissant ab. Alessandro schenkte ihr an bezauberndes Lächeln, was sie - mit vermutlichem Herzflattern – erwiderte.

Innerlich weckte das meinen Würgereiz, äußerlich lächelte ich ebenfalls mit meinem undurchdringlichen Lächeln.

»Was muss ich tun, damit sie wie gestern Abend lächeln«, richtete er das Wort an mich, sobald wir alleine waren. Ich krallte mich am Leder meiner Sitzbank fest.

»Das hat mir besser gefallen.«

Ich antwortete darauf nicht.

»Ich weiß, sie haben sich über mich amüsiert.«

»Das würde ich nie tun.«

»Wirklich?«

Lange betrachtete er mich. Meine Fassade hielt das wunderbar stand – zumindest die äußere sichtbare Schicht, darunter war längst das Chaos ausgebrochen. Ich kam nicht mehr hinter her, alles zu sortieren. Mein Herz schlug gegen meinen Brustkorb. Gut, dass man Herzschläge nicht hörte, solange man nicht auf einer Person lag.

Der Gedanke schoss mir die Röte ins Gesicht. Ich drehte den Kopf zur Seite und tat, als beobachtete ich die Straße von unserem Platz aus.

»Ich habe die Korrektur fertig«, knallte ich es unvorbereitet gegen seinen Kopf. Er räusperte sich und legte das Kinn in seine Hände.

»Ich habe nichts anders erwartet.«

»Es freut mich, dass sie mir da vertrauen.«

Er wich meinem Blick aus.

Biss er sich auf die Lippen?’

Fasziniert beobachtete ich sein Verhalten. Er rang mit sich; sollte ich doch noch gefeuert werden.

Ach, Lia, du hast eine zu große Fantasie!’

Und diese hatte ich tatsächlich.
 

Dann verbrachten wir schweigend damit unser Frühstück zu verspeisen – oder wie in meinem Fall – es hinunter zu würgen.

Mein Magen sträubte sich dagegen, Nahrung auf zu nehmen; weswegen ich den letzten Bissen nicht mehr aß. Täte ich dieses, würde in wenigen Sekunden der Mageninhalt auf dem Tisch lägen.

Alessandro bezahlte und wir saßen in dem Wagen zur Firma.
 

Natasha saß schon seit Stunden nervös auf ihrem Stuhl.

Als sie mich sah – zusammen mit Alessandro – atmete sie erleichtert auf.

»Ich dachte, sie hätten dich gefeuert«, gestand sie mir. Die Freude über meine Anwesenheit sprang mich förmlich an; ich lächelte. Ein anders Lächeln – zu meiner Überraschung – ein ehrliches Lächeln. Allerdings war ich das gar nicht mehr gewohnt; kurz danach schmerzten meine Wangen. Sanft massierte ich diese.

»Schieß los«, forderte sie mich auf, nachdem sie sich vergewissert hatte, Alessandro war im Glaskasten verschwunden, »Was für Gemeinheiten hat er getan?«

Ich grübelte.

Was konnte ich sagen, was nicht?

»Er hat mich abgeholt«, setzte ich an; Natashas Augen wurden riesig; ob das gut oder schlecht war, wollte ich gar nicht wissen, »Für ein Projekt. Ich musste mir deswegen was ansehen, was nur morgens ging.«

Sie verzog den Mund: »Wenn der mich früh morgens wecken würde, hätte ich ihm eine gegeben.«

»Wie läuft es mit dem Journalisten?«, lenkte ich das Thema ab und hoffte, sie bemerkte den abrupten Wechsel nicht. Ihr Grinsen im Gesicht wurde noch breiter – falls so etwas überhaupt noch ging.

»Es läuft bestens. Er kam gestern spontan vorbei und es war einfach nur himmlisch!«, schwärmte sie, »Ich kann dir nur empfehlen, wenn du mal Langeweile im Bett haben solltest, schnapp dir eine Feder und lasse dir die Augen verbinden. Fantastisch.«

»Also anstrengende Nacht.«

Wir lachten beide.
 

»Oh«, brach ich mein Lachen ab, da ich den Zettel mit den Korrekturen entdeckte, »Das muss ich ihm noch geben.«

Bevor Natasha mir »Viel Glück« oder etwas der Gleichen zu rufen konnte, stand ich im Glaskasten.

Alessandro blickte auf; ich wirbelte mit dem Zettel in der Hand: »Die Korrekturen.«

Er deutete auf einen Platz am Schreibtisch. Flink huschte ich dorthin, legte den Zettel darauf und war aus der Höhle des Löwen.

»Dachte schon, er würde dich wieder festhalten.«

»Zum Glück nicht«, atmete ich erleichtert auf.
 

»Miss Walter!«

Unweigerlich zuckte ich zusammen. Zu früh gefreut!

Beide stöhnten wir auf.

»Das packst du!«, flüsterte mir Natasha zu. Ich schlich den Gang entlang zu dem Löwen.

Lautlos schloss ich die Tür; keine Geräusche von draußen drangen in sein Büro und auch kein Blick ließ etwas hinaus.

»Ja?«

Innerlich war ich auf noch mehr arbeiten vorreitet, wo ich mich fragte, wie ich das alles bewältigen sollte.

»Leo hat den Vertrag unterschrieben. Da ich zurzeit nur ihnen traue, holen sie diesen bitte ab. Eine Limousine wird für sie vorfahren. Ich erwarte sie spätestens in zwei Stunden zurück.«

Ich nickte und machte mich gleich auf den Weg.

Flink huschte ich zu meinem Schreibtisch, krallte meine Tasche und winkte Natasha. Ihre Frage las ich deutlich ab; allerdings konnte ich sie nicht beantworten, noch nicht.
 

In der Empfangshalle winkte ich Dave zu; mit einem charmanten Lächeln erwiderte der ältere Mann. Meine High Heels klackerten – wie von tausend anderen Frauen – über dem Marmorboden.

Tatsächlich wartete auf dem Parkplatz vor der Firma eine schwarze Limousine. Lächelnd öffnete der Fahrer die Tür. Ich rutschte hinein; die Tür fiel ins Schloss und Sekunden später fuhren wir los.

Ich gestattete es mir, auf zu atmen und schmiss meinen Kopf auf die Lehne. Das Leder war eiskalt; genau das, was ich jetzt brauchte.
 

Viel zu kurz war die Fahrt; der Wagen stoppte und die Tür öffnete sich. Ich stieg aus und blickte zu dem Gebäude hinauf. Es wirkte wie eines von vielen New Yorker Gebäuden. Hoch und eine Wand aus Gläsern.

»Warten sie hier«, sagte ich dem Fahrer; er nickte. Ich stieg die Stufen empor, wanderte durch die Drehtür und ebenfalls klackerten hier meine Stilettos über den Boden. Zielstrebig lief ich auf die Rezeption zu. Zwei Frauen saßen dahinter und lächelten jeden an, der sie wahrnahm.

»Miss Walter für Mr. Andrews«, sagte ich beiläufig, hingegen fing mein Magen an sich zusammen zu ziehen. Ich spürte die Achterfahrt, die sich ankündigte.

Das Frühstück mit Alessandro drohte hochzukommen, dennoch lächelte ich weiterhin.

Die Dame nickte und deutete auf die Sitzecke. Ich schulterte meine Tasche und schlenderte zu den Sesseln. Auf einem Tisch lagen einige Finanzmagazine. Gelangweilt nahm ich eines und blätterte, überflog die Bilder und las gegebenenfalls die Anzeigen.

»Miss Walter?«

Flugs legte ich das Magazin weg und richtete mich auf.

»Mr. Andrews«, erwiderte ich. Er deutete mir an, zu folgen.

Wir liefen zu den Aufzügen.

Erleichtert, nicht die Einzigen im Fahrstuhl zu sein, wurde mir mit jeder weiteren Etage – die dieses Ding viel zu schnell hinauf schoss – klar, ich war gleich mit ihm alleine.

Seine Arme waren hinter seinem Rücken verschränkt und stur blickte er auf die Tür.

Im Augenwinkel erkannte ich kantige Züge und noch schlimmer – bedrohliche. Dieser Mann war zum Teil ein Tier in der Geschäftswelt. Unweigerlich schluckte ich und klammerte mich fester an dem Griff meiner Tasche wie ein Rettungsseil.

Die Tür des Aufzugs öffnete sich zu beiden Seiten. Er ging hinaus auf den dunklen Flur; stillschweigend folgte ich ihm.

Nur durch unsägliche Willenskraft unterdrückte ich die Panik in mir, ab zu hauen. Er öffnete die Tür zu einem der Büros. Ein Schreibtisch stand am Ende des Raumes; die Wand dahinter war eine reine Fensterwand. Eine perfekte Aussicht auf New York City.

Ich setzte mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch; er dahinter.

»Hier der Vertrag, Miss Walter. Leider konnte ich diesen noch nicht unterschreiben, da unsere Rechtsabteilung einige Daten geändert hat.«

Er reichte mir den Vertrag; geänderte Stellen leuchteten rot. Da ich mich nicht mit dem Rechtswesen auskannte, bildete sich ein großes Fragezeichen über den Kopf; dennoch blieb ich gelassen.

»Kein Thema, wenn sie mich kurz entschuldigen.«

Er nickte. Ich stand von meinem Platz auf und entfernte mich einige Meter vom Schreibtisch. Meine zitternde Hand suchte nach dem Mobiltelefon.

Zu meinem Glück brauchte ich nur die Schnellwahltaste drücken und sofort klingelte es.

Ob er überhaupt dran ging?

Vielleicht saß er in einer Besprechung, sonst wäre Alessandro sicher selber zu Leonardo gefahren.

»Ja?«, erklang Alessandros Stimme, versteinert brachte ich keinen Laut aus mir. Das war viel zu früh; so früh geht keiner an sein Handy!

»Miss Walter?«

»Ähm«, setzte ich an, »Die Rechtsabteilung von Mr. Andrews hat einige Passagen des Vertrages geändert.«

Ich stotterte nicht; was für ein Segen.

»Welche«, zischte seine Stimme mir entgegen. Ich musste ihn nicht sehen, um zu wissen, er war sauer.

»Soweit ich das Beurteilen kann, das Mitspracherecht beim Verkauf einiger Wohnungen.«

»Was noch?«

Sein bissiger Ton gefiel mir gar nicht; auch wenn es nicht gegen mich galt, verletzte mich das.

»Sie wünschen über alle Änderungen vom eigentlichen Plan in Kenntnis gesetzt zu werden.«

»Was?!«

Alessandro schnaubte in den Hörer.

Minuten lang passierte nichts, dann nach einer Ewigkeit erhob er das Wort: »Bringen sie die neue Vorlage des Vertrags zu mir und sagen sie Leo, ich schau mir das Ganze erst an.«

»Einverstanden.«

Ich legte auf und betrachtete den Vertrag.

Mit einer flinken Bewegung drehte ich mich um. Leonardo hatte sich inzwischen um den Schreibtisch begeben und lehnte sich lässig gegen die Kante.

»Es passt ihm nicht«, grinste er frech; seine Augen glühten mich an. Das war eine Kampfansage!

Nichts – aber auch gar nichts – werde ich durchringen lassen, wie verärgert Alessandro war.

»Sie verstehen sicher, dass wir die geänderten Daten erst prüfen müssen.«

Er verschränkte die Arme vor der Brust; dieses verschmitzte Grinsen blieb auf seinem Gesicht.

»Natürlich verstehe ich das.«

»Soll ich sie zurück zu ihrer Firma bringen?«

Entgeistert – und nur innerlich zu sehen – sah ich ihn an. Äußerlich war ich so kühl wie ein Eiszapfen. Nicht eine Regung wanderte über mein Gesicht; hoffte ich zumindest.

»Ein Wagen wartet vor der Tür. Aber vielen Dank für ihre Mühen.«

»Hat er ihnen extra einen Wagen schicken lassen?«

»Dieses Projekt ist sehr wichtig; da wäre es unvernünftig mich mit wichtigen Papieren zu Fuß durch die New Yorker City gehen zu lassen, meinen sie nicht, Mr. Andrews.«

Zu spät bemerkte ich, wie er sich auf mich zu bewegte. Steif blieb ich stehen und bot ihm die Stirn. Unmittelbar vor mir blieb er stehen. Seine braunen Augen musterten mich. Ich hätte schwören können, er wollte sich über die Lippen lecken.

»Natürlich, ich würde meine persönliche Sekretärin auch nicht alleine durch die Stadt gehen lassen.«

»Sehen sie«, ignorierte ich seine versteckte Andeutung; verdammt ich war mitten in einem Machtkampf zwischen zwei Männern, »Vorsicht ist besser als Nachsicht.«

Seine Finger spielten mit einer Strähne, die sich aus meiner Frisur gelöst hatte. Reflexartig wich ich zurück.

Mist!

Für einen Moment flackerte die Angst in mir auf.

Erleichtert - er verkleinerte den Abstand nicht zwischen uns - fasste ich mich.

»Ich werde mich wieder auf dem Weg machen.«

»Das sollten sie; sonst macht er sich noch Sorgen um sie«, seine Stimme hatte was Bedrohliches an sich. Sie war einige Oktav tiefer und vibrierte in meinen Ohren. Mein Magen zog sich zusammen; meine Finger kribbelten. Ich hielt mich fester an dem Gurt meiner Tasche fest.

Er begleitete mich zu der Bürotür, öffnete sie und machte eine Geste, ich sollte hinaus treten. Auf dem verdammten Flur war niemand. Wieso war niemand auf diesem Flur? Das ist ein Büro; es sollte von Menschen wimmeln.

»Mr. Andrews, ich wünsche ihnen einen schönen Tag«, zwang ich mich zu sagen und schluckte meinen Brechreiz hinunter.

Er beugte sich zu mir; ich wich einen Schritt zurück. Ein süffisantes Lächeln umspielte seine Lippen.

»Danke, ihnen auch, Miss Walter.«

Ich nickte und lief den Flur entlang.

Zügel dich!’, musste ich mich ermahnen, um nicht zu rennen.
 

Erst im Wagen atmete ich erleichtert auf. Ich glitt in den Sitz und war heil froh, als dieser sich bewegte.

Eine Hitze stieg in mir auf. Mein Herz pochte zu schnell, nie und nimmer beruhigte es sich bis ich bei der Firma war.

Ich biss mir auf die Lippen und drückte die Tasche fest an mich.

Surr! Surr!

Meine Tasche vibrierte; konnte sie auf meine Gefühle antworten?

Surr! Surr!

Das war mein Telefon!

Flink griff ich hinein. Es dauerte – für mich zu lange – zwei Sekunden bis ich es in den Händen hielt.

»Ja?«, meldete ich mich.

»Sind sie draußen?«, hörte ich Alessandros Stimme. Kein ‚Hallo’, kein übliches Blabla; verblümt stellte er die Frage und es klang nicht wie etwas Geschäftliches.

»Ja.«

Atmete er etwa auf?’

»Sagen sie dem Fahrer er soll sie zu unserem zweiten Sitz fahren. Dort erwarte ich sie, mit dem Vertrag.«

»Einverstanden«, sagte ich so eintönig, wie es mir möglich war. Langsam beruhigte sich mein Herz. Wenigstens beherrschte ich meine Atmung zu kontrollieren. Das Zittern in meiner Stimme war vollkommen verschwunden; lediglich meine Mutter hätte meinen katastrophalen Zustand bemerkt und die war Tausende von Kilometer entfernt.
 

Rasch teilte ich dem Fahrer die neue Route mit.

Wir erreichten fünfzehn Minuten später das Ziel; er öffnete mir die Tür. Alessandro wartete sitzend an einem Springbrunnen auf mich.

Ich lief über den Platz; er erhob sich.

»Zeigen sie mir den Vertrag.«

Flugs kam ich seiner – mehr oder weniger – Bitte nach. Ich reichte ihm das Dokument. Seine Augen überflogen es. Ich konnte schwören für den Hauch einer Sekunden wurden diese grünen Augen wütend, dass Blitze zu sehen waren.

»Ich hätte damit rechnen sollen und selber hin fahren müssen«, warf er sich selbst vor. Ich widersprach nicht, sagte auch sonst nichts dazu.

Wir liefen in das Gebäude.
 

In der zweiten Etage befand sich die Rechtsabteilung.

Ein Mann mit grauen Kotletten lächelte uns freundlich zu. Sein Gesicht legte sich in Falten. Ein weiterer Mann trat aus dem Schatten des Mannes.

Seine Augen fielen von Alessandro zu mir.

»Ich möchte, dass sie sich das durchlesen«, gab Alessandro dem Mann, der hinter dem Schreibtisch saß das Dokument und ignorierte den älteren Mann. Irgendwie erinnerte er mich an meinen Vater.

Ich lächelte - wie immer rein geschäftlich - und verschränkte die Arme vor mir.

»Miss Brandon?«, richtete der Mann mit den grauen Kotletten das Wort an mich.

„Miss Walter“, korrigierte ich und reichte ihm die Hand, die er annahm, »Emilia Walter.«

Das Lächeln hinter seinem vollen Bart wurde breiter.

»Oliver Smith.«

Verdutzt über denselben Nachnamen wie Alessandro, sagte ich kein Wort und stellte mich stillschweigend neben meinem Chef.

»Miss Brandon arbeitet für Jack.«, erklärte Alessandro. Der ältere Mann verzog grübelnd die Mundwinkel; irgendwie wirkte es unbewusst komisch. Ich presste meine Lippen zusammen, denn das Lachen lag mir schon im Rachen.

»Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich der guten Miss Brandon ihre Aufstiegschancen verbauen würde. Gute Arbeit sollte belohnt werden.«

»Sollte sie«, stimmte der andere Mr. Smith zu.

Jetzt war ich mir sicher, Alessandro hatte sie abgeschobenen. Natasha würde aus dem Häuschen sein, wenn sie das erführe. Innerlich kicherte ich.

Der Mann am Schreibtisch war vertieft in das Dokument. Nicht ein Anzeichen von Interesse zu diesem Gespräch huschte über sein Gesicht. Die Augen hinter dicken Gläsern verborgen, ging er Zeile für Zeile durch.

»Wie läuft es mit dem Bauprojekt?«

Alessandro zuckte mit den Schultern: »Das Übliche.«

Der alte Mr. Smith zupfte an seinem Bart.

»Nichts, was nicht zu schaffen sein wird, schließlich sagen die Zahlen Gewinn.«

»Und Roland?«

»Die Entwürfe sind soweit fertig.«

»Laut den ersten Kalkulationen sind wir vermutlich in sechs Monaten fertig«, antwortet Alessandro und beugte sich zum Mann, der mit dem Finger auf eine Zeile des Vertrags zeigte.

Blinzelnd glotzte ich zu ihnen.

Hatte er gerade meine erste... Das kann nicht sein. Warum?’

»Aber warten wir die fertigen Spekulationen ab. Noch fehlen uns einige Daten.«

Der alte Mann nickte und lief mit verschränkten Armen an mir vorbei, Richtung Tür.

»Wer auch immer für dich die Kalkulationen macht, er tut mir Leid. Vermutlich – wie ich dich kenne – wirst du versuchen das zeitlich zu unterbieten.«

Alessandro sah an mir vorbei, zu dem Mann. Seine Augen blitzten auf und sein Mund formte sich zu seinem schmalen Strich.

Ihm passte die Aussage des Alten nicht und rang sich zu einer Antwort: »Natürlich. Du kennst mich doch, Oliver.«
 

Zu gerne hätte ich den Mann einiges gefragt. Obwohl Smith ein aller Wertname in den Staaten war, sagte mir mein Gefühl, da steckte mehr dahinter.

Ich schluckte den Drang hinunter, zu fragen.
 

»Die Änderungen sind nicht weiter schlimm«, mischte sich der Mann hinter dem Schreibtisch ein, »Jetzt müssten sie unterschreiben. Da wir keine Änderungen vornehmen, dürften sie nicht meckern.«

»Wunderbar.«

Alessandro nahm den Vertrag an sich und wir verließen das Gebäude.
 

Minuten später saßen wir im Wagen.

»Haben sie schon zu Mittag gegessen«, wollte er wissen und sah beiläufig auf die Uhr. Ich schüttelte meinen Kopf.

»Dann sollten wir was essen.«

Er rief dem Fahrer den Namen eines Restaurants zu, bevor ich widersprechen konnte und musste mich geschlagen geben, dass ich nicht zu meinem Schreibtisch kommen würde.
 

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Schleichendes Verlangen...

Ich saß angelehnt an meiner Haustür und konnte mich an nichts – rein gar nichts - mehr erinnern. Bruno wuschelte zwischen meinen Füßen und stieß gegen meine Hand.

»Sorry Bruno.«

Ich war zu aufgebracht, als das ich mich um meinen Wischmopp kümmern konnte.

Was war passiert?

Was – verdammter Mist – war passiert?

Mein Hirn war blank; alles aus mir gesogen.

Was war passiert, Lia?’ fragte ich mich pausenlos; die erhoffte Antwort blieb aus. Um mich zu beruhigen, widmete ich mich Bruno.

Er liebte die wilde Schmuserein. Ihm war es egal, wer es war; Hauptsache er bekam überhaupt welche.

»Bruno«, ich nahm sein Gesicht in meine Hände, »Sag mir, was passiert ist?«

Der Wischmopp glotzte mich an, legte seinen Kopf schief und luchste nach der nächsten Streicheleinheit.

Seufzend erhob ich mich.

»Erst einmal Essen«, sagte ich mir selber und verschwand in der Küche, zusammen mit meinem Schatten.

Der Kühlschrank war leer; ich wollte einkaufen und wie ich feststellte, hatte ich das nicht, und wollte es vermutlich nach der Arbeit tun.

Mein Blick wanderte auf die Uhr.

Einer der Vorteile – in den Vereinigten Staaten gab es den Begriff Ladenschluss nicht wirklich. Rasch zog ich mir bequeme Sachen an – Jogginghose, Turnschuhe und ein einfacher Pullover, wo ich fast unterging – schnappte mir Bruno und lief über den Bürgersteig.
 

Wir hatten Sommer und um zwanzig Uhr war es hell - als wäre früher Nachmittag - und vor allem noch vollkommen übersät mit Menschen.

Bruno war glücklich; er war schon lange nicht mehr ausgiebig draußen gewesen und genoss es. Ich bog in eine der Straßen ein und schaute mich um. Da ich in einem belebten Viertel wohnte, hatte ich alles in meiner Nähe.

In der Straße reihten zwei Supermärkte und ein Modegeschäft. Es erinnerte mich daran, unbedingt in der berühmten Straße von Manhattan Schoppen zu gehen; bis zum heutigen Tag verspürte ich keine Lust, doch irgendwie – heute war es anders – da wollte ich unbedingt Schoppen.

»Miss Walter!«

Überrascht meinen Namen zu hören, drehte ich mich zu der Stimme um.

Das musste eine Halluzination sein – anders ließ sich das nicht beschreiben – ich werde verrückt!

Vor mir stand Alessandro, schlicht angezogen, in Jeans und T-Shirt mit V-Ausschnitt; seine kraftvollen Armen kamen - sowie sein Hals - sehr gut zur Geltung.

„Mr. Smith, was führt sie in dieser Gegend?“, fragte ich offen. Verlegen schenkte er mir ein Schmunzeln. Bruno erkannte die Person wieder, die ihn einmal betüddelt hatte, und stürmte auf ihn los. Ich musste es, ob ich wollte oder nicht – worüber ich mit dem Kleinen noch reden würde – mich seinen Bewegungen hingeben.

Alessandro hockte sich hin und streichelte den Wischmopp am Kopf.

»Ich habe jemanden besucht«, gestand er mir und richtete sich auf, »Und sie?«

»Einkaufen«, fiel meine Antwort knapp aus, »Was ich nun auch tun sollte.«

Alessandro machte keine Anstalt, zu gehen, stattdessen folgte er mir. Ich presste meine Lippen aufeinander und klammerte mich fester an der Leine.

»Sie haben doch nichts dagegen?«

Ich schüttelte mit dem Kopf.

Und ob ich etwas dagegen habe! Sehr sogar!’
 

Ohne was zu sagen, wanderten wir den Bürgersteig entlang. Ich stoppte vor dem Supermarkt.

Mit rein, würde er garantiert nicht kommen’, dachte ich mir, band Bruno an einem Baum und flüsterte dem hechelnden Bastard was zu. Er würde mich ohnehin nicht verstehen; dennoch zwang mich etwas ihm zu erklären, was ich nun tat.

»Und du wartest hier schön auf mich; lass’ dich nicht entführen«, scherzte ich. Ein Schmunzeln schreckte mich auf.

»Sie können auch witzig sein.«

Ich verbiss mir meinen Kommentar und formte meine Augen zu Schlitze.

»Warum so erbost?«

Erschrocken - meine Fassade hatte Risse bekommen - erhob ich mich lautlos und schlenderte durch die Eingangtür des Supermarktes.

Die Klimaanlage war an. Im Supermarkt herrschte eisiger Winter und draußen glühte die Hitze.

»Was brauchen sie denn?« weckte mich Alessandro. Verdattert glotzte ich ihn an; zu meiner Überraschung trug er einen Korb bei sich – Er trug einen Korb bei sich? – was ging hier vor?

»Was fürs Abendessen«, verriet ich. Er nickte und passte sich meinen Schritten an.

Jetzt verfolgt er mich schon in mein Privatleben!’, ärgerte ich mich. Ziellos schlenderte ich durch die Regalen.

»Wonach lüstet es ihnen denn?«

Ich erschauderte – wollte der Kerl mich ärgern?

Am Ende zuckte ich mit meinen Schultern.

»Ich kann ihnen was sehr Gutes empfehlen.«

»Wirklich«, rutschte es mir ungläubig heraus. Skeptisch betrachtete er mich.

»Soll ich gehen?«

Was sollte das denn jetzt für eine Frage?’

Darauf konnte ich nichts antworten; das war eine – beschissene – Fangfrage.

»Nein, nein, schließlich kann jeder in einem Supermarkt ein- und ausgehen, wie er mag«, hörte ich mich sagen und fand meine Aussage – ehrlich gesagt – purer Mist.

»Was empfehlen sie denn?«

Ein Grinsen huschte über seine Lippen; dann gingen wir durch die Gänge und der Korb fühlte sich mit etlichen Sachen. Hingegen verriet er nicht, was es damit auf sich hatte, sondern fragte stattdessen: »Mögen sie Käse?«

»Kommt darauf an«, er hob die Augenbrauen; irgendwie wirkte das süß – Gott, was dachte ich da, »Überbacken ist es okay.«

»Wunderbar.«
 

Nach einer halben Stunde standen wir vor dem Baum, an dem Bruno uns begrüßte. Ich löste die Leine; Alessandro trug die Tüten. Ich hatte viel zu viel gekauft. Das hätte ich niemals tragen können; allerdings hätte ich niemals so viel gekauft, wenn ich alleine gewesen wäre.

Alleine...

Meine Augen wanderten zu meiner Begleitung – konnte man überhaupt von Begleitung reden, wenn man sich zu fällig auf der Straße traf? Sicher nicht!

Wir schlenderten die Strecke zu meiner Wohnung.

Alessandro folgte mir in die Wohnung; ich deutete mit dem Finger Richtung Küche.

Bruno flitzte zu seinem Trinken, schlürfte es aus und trottelte zu seinem Körbchen. Diesen Abend würde der Wischmopp selig schlafen – Zum Glück.
 

Zu meiner Verblüffung hatte Alessandro begonnen meine Einkäufe einzusortieren. Einen Moment beobachte ich das bizarre Bild. Mein Chef räumte meine Einkäufe ein; das war – wie fasse ich das in Worte – unmöglich und dennoch stand er in meiner Wohnung.

»Wollen sie mir endlich verraten, was sie empfehlen?«, machte ich ihn auf mich aufmerksam. Er lächelte geheimnisvoll: »Vielleicht.«

»Ich muss es schließlich kochen, da sollte ich es wissen. Oder darf ich auch beim Kochen raten?«

»Lassen sie sich überraschen«, antwortet er und legte die Tomaten auf die Theke. Fraglich zog ich die Augenbrauen hoch.

Er würde doch nicht für mich kochen?’, was für ein verschrobener Gedanke.

»Sehen sie es als Gutmachung für ihre Arbeit, die ich ihnen Aufhalse.«

»Wie oft wollen sie denn noch etwas gut machen?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah mich an, antwortete jedoch nicht, stattdessen fing er tatsächlich an, das Gemüse zu waschen.

Unglaublich, mein Chef kochte für mich – oh mein Gott – was würde noch alles kommen. Zuerst seine Sekretärin und nun stand mein Chef in der Küche und kochte.

Lia, du träumst, du wirst verrückt. Deine Träume sind so real, du kannst es nicht mehr unterscheiden.’
 

Den Kampf gewann ich nicht, so saß ich vor meinem Notebook und widmete mich meiner Arbeit. Auch in meinen Träumen sollte ich etwas Sinnvolles tun.

Inzwischen roch es zu meinem Bedauern köstlich. Mehrmals blickte ich über meine Schulter. Die Geräusche aus der Küche bestätigten, mein Chef stand darin und kochte für mich.

Morgen würde die Welt untergehen.

Ich würde so viel Arbeit machen müssen; ich würde das Wort ‚Freizeit’ nur noch aus einem Lexikon kennen.

Obwohl ich die ganze Zeit vor dem PC saß, blieb das Dokument leer. Meine blöden Gedanken wichen dauernd vom eigentlichen Thema ab.

Tief atmete ich durch.

Lia, konzentrier dich!’

»Geschirr?«, rief er.

»Oberhalb der Spüle«, antwortete ich, erhob mich seufzend - denn heute würde ich nichts mehr schaffen - und ging zur Küche.

Fasziniert beobachtete ich Alessandro beim Kochen; jeder seiner Bewegung saß perfekt.

»Wo haben sie das gelernt?«, wollte ich wissen; ich hatte bis jetzt nicht viele Männer in meinem Leben getroffen, die Kochen konnten.

»Meine Mom ist Köchin, da schaut man sich einiges ab.«

»Ihre Freundin kann sich glücklich schätzen.«

Ein ungewöhnliches Lächeln umspielte seine Lippen. Hatte ich etwas Falsches gesagt?

Eigentlich nicht?

»Geben sie mir das Geschirr«, forderte ich ihn auf und zog mich aus seiner Reichweite.

Das Lächeln hatte sich in mein Hirn gebrannt. Zuerst der Traum, nun das hier – das würde mich für Wochen ausknocken. Gut, dass ich dennoch funktionierte. Amüsant, ich dachte wie eine Maschine über mich; aber das musste ich auch sein. Je weniger Angriffsfläche ich bot, desto leichter würde ich es durch das Leben schaffen. Diese Lektion musste ich sehr früh lernen.

Der wenigste Widerstand im Leben ist Erfolg. Je besser, je schneller, je perfekter ich bin, desto weniger wurde ich gemieden.

Ich schlang die Arme um mich.

»Sie sind aber nicht Vegetarier, oder?«

Erschrocken drehte ich mich um und schüttelte meinen Kopf.

»Gut«, atmete er erleichtert auf und trug eine dampfende Schüssel zum Esstisch, gefolgt von Weiteren mit Beilagen.

»Das sieht gut aus«, rutschte es mir heraus.

»Danke«, entnahm ich nahe an meinem Ohr. Ich wagte es nicht mich umzudrehen, zu nahe spürte ich sein Gesicht an meinem. Ich kämpfe mit meinem inneren Drang, mein Gesicht an seinem zu legen. In meinem Kopf fochtet ich. Die Neugier wie es sich anfühlte, ließ meinen Verstand für Sekunden aussetzen.

Mit einem Lachen löste er sich von mir und holte eine Schüssel mit Salat aus der Küche.

Eine Weile verharrte ich und löste mich aus meiner Erstarrung, indem ich die Situation tief in meinem Gedächtnis verbannte.
 

Als wir saßen, richtete er das Wort an mich: »Wissen sie jetzt, was es ist?«

Ich grübelte kurz.

»Ich schätze überbackenes Hähnchenbrustfilet?«

»Sie sind gut. Und sie sind sich sicher, dass sie nur in fast jeder Hinsicht gewissenhaft sind?«

»Wollen sie das testen?«

Seine Smaragdaugen stierten zu mir herüber. Die Röte schoss mir durch den Kopf, rasch widmete ich mich meinem Teller. Es roch ausgezeichnet. Das Wasser lief mir im Mund zusammen und ich konnte kaum den ersten Bissen abwarten.
 

Die ganze Zeit sprachen wir kein Wort. Beim Salat – mein Magen drohte zu Platzen, dennoch bekam ich nicht genug – erhob ich das Wort: »Sie haben Miss Brandon abgeschoben, machen sie das mit mir auch?«

»Nur wenn sie so arbeiten wie sie«, lächelte er und verschränkte seine Arme vor sich zu einem Gebet, »Allerdings bin ich mir bei ihnen sicher, dass sie das nicht tun werden.«

Ich nickte.

»Ich bin nicht blind. Ich sehe, wenn Miss Brandon andere für ihre Inkompetenz arbeiten lässt.«

»Und das sehen sie in mir nicht.«

»Emilia«, ich zuckte zusammen; er benutzte zum zweiten Mal meinen Vornamen. Das erste Mal war, wo ich dachte, er wäre ein Fremder; nun wusste ich es besser. Noch immer sprach er meinen Namen anders aus. Der Klang gab ihm etwas Verruchtes.

»Sie machen sich umsonst Sorgen. Nur weil man einmal zu spät kommt, schmeiße ich keinen raus.«

Meine Lippen verzogen sich zu einem Strich. Ob das wirklich ein Kompliment war?

»Also schmeißen sie mich nicht raus?«

Er lachte: »Wieso sollte ich; sie leisten hervorragende Arbeit.«

Geschmeichelt schob ich mir eine Gabel mit Salatblättern in den Mund; gleichwohl beschlich mich ein seltsames Gefühl, das war nicht genug. Ich schob mir noch eine Gabel hinter her; was sollte ich sagen?

»Danke«, ich denke, das war für den Anfang nicht schlecht, »Das ist wirklich sehr nett, A – ähm... Mr. Smith.«

»Alessandro. Da wir eine Weile zusammen arbeiten werden, reicht einfach Alessandro.«

»Okay.«

Er schaute auf seine Armbanduhr; eines von den klobigen Teilen – ebenfalls ein Designer Stück in einem wunderschönen Braunton. Die Uhr war in einem Lederband eingearbeitet; auf dem ersten Blick hielt es vermutlich jeder für ein Armband. Es betonte seine Handgelenk noch mehr, dass ich mich frage, wie es wohl wäre von diesen Armen gehalten zu werden.

»Ich sollte langsam los.«

?’

Ach du Schreck! Wir hatten schon elf.

Wie konnte die Zeit so schnell verfliegen; draußen war es inzwischen Nacht geworden.

Ich stand von meinem Stuhl auf und begleitete ihn zur Haustür.

»Jetzt habe ich ihnen wieder Arbeit gemacht«, scherzte er; ich blickte über die Schulter zum Esstisch.

»Ich werde es überleben. Eben der Preis für was Köstlichem.«

Seine Mundwinkel hoben sich zu einer Seite. Wie konnten diese schiefen Lächeln bloß verführerisch wirken.

Ich öffnete die Tür. In der Türschwelle wand sich Alessandro mir ein letztes Mal zu: »Schlafen sie gut, Emilia.«

An einem Abend gleich zweimal meinen Namen zu nennen, das schafften selbst Freunde nicht – wenn ich welche gehabt hätte. Ich zwang mich zu nicken und schmiss ein »Sie auch« hinter her.
 

Er sprang die Stufen hinab; ich schloss die Tür.

In meinem Kopf spielte sich der ganze Abend ab, während ich das Geschirr abräumte und die Reste in den Kühlschrank verfrachtete.
 

Zum ersten Mal träumte ich bewusst von ihm – von meinem Chef – von Alessandro. Seine alltäglichen Sachen standen ihm ausgezeichnet; der Schmuck um den Hals, der silberne Ring, sowie seine Lederbänder um die Handgelenke, die die starken Arme betonten.

Er lächelte mich mit diesem ungewöhnlichen schiefen Lächeln an.

»Emilia!«

Mein Körper zuckte zusammen. Flugs rappelte ich mich auf. Meine äußere Schicht hatte Risse bekommen; das gekünstelte Lächeln klappte nicht, stattdessen betrachtete ich ihn fasziniert. Der Drang ihn zu berühren, wuchs von Minute zu Minute. Meine Finger wollten seine Haut spüren, wissen wie es sich anfühlt.

Seine Hand legte sich auf meine Wange, ich gab mich ihrer hin. Sie wanderte weiter in meinen Nacken und vergrub sich in meinen Haaren. Ein unbeschreibliches Kribbeln jagte durch meinen Körper.

Sanft strich er mit der anderen Hand die Konturen meiner Lippe nach. Spielerisch schnappte ich nach seinen Finger; er lachte auf.

Er schmunzelte, zog die Hand weg, nur um sie dann wieder auf meinen Lippen zu legen. Wie Feuer fühlte es sich an. Jede Stelle - die er berührte - brannte. Mit den Fingern strich er meine Nackenpartie entlang. – Herrlich!

Sein Gesicht näherte sich meinem; ich gab seinen Bewegungen nach; schmiss meinen Kopf im Nacken. Mein Hals lag frei.

Seine Lippen streiften mein Ohr.

»Emilia...«, flüsterte er meinen Namen; mein Körper reagierte auf dem Klang seiner Stimme. Zögernd streckte ich meine Hände aus. Zuerst berührte ich nur mit den Fingerspitzen seine Gesichtszüge. Er schloss seine Augen.

Sanft zeichnete ich diese nach, jede Kontur; ich spürte seine Atmung unter meinen Fingerkuppeln.

»Alessandro?«

Er schnurrte.
 

Surr! Surr!

Blinzelnd tastete ich mich voran. Wer wagt es mich in meinen Träumen zu stören? Diese Person wird bluten!

Surr! Surr!

Argh, dieses verdammte Telefon!

Ich sprang aus dem Bett und schleifte zu meiner Tasche.

Diese Person wird es büssen!’

Surr! Surr!

Ich klappte es auseinander und zischte, damit jeder meinen Unmut hören konnte: »Ja, was gibt’s?«

»Oh ha, hab ich sie geweckt...«, hörte ich einen reumütigen Alessandro. Vor Schreck fiel mir die Kinnlade runter. Gott, war das peinlich!

»Entschuldigung«, nuschelte ich in die Sprechmuschel.

»Sie müssen sich nicht entschuldigen. Vielleicht sollte ich die Termine wirklich auf später verschieben.«

Meine Augen suchten den Wecker. Es war halb sechs in der Früh.

»Ich komme sie um sieben abholen. Der Vertrag muss heute unterschrieben werden, sonst haut der Zeitplan nicht hin. Den Rest besprechen wir gleich. Sieben?«

»Verstanden, sieben.«
 

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Und die Hölle geht weiter!

Pünktlich auf die Minute – wenn nicht sogar früher – stand Alessandro vor meiner Haustür und holte mich ab.

Im Gegensatz zu mir war er fit, als wäre er pünktlich ins Bett gegangen.

Sobald der Wagen los gefahren war, reichte er mir eine dicke Mappe; ich musste sie in zwei Hände nehmen.

»Ron hat die Skizzen fertig; jetzt sind sie gefragt.«

Und dafür musste ich um sieben Uhr abgeholt werden?’, verzog ich den Mund und betrachtete die Arbeiten. Sauber auf Millimeterpapier wurde alles festgehalten. Zahlen sprangen mich an; Zeichnungen von der Elektronik und abermals Zahlen.

»Was meinen sie?«

»Eine menge Arbeit. Nichts, was ich nicht packen würde.«

»Da bin ich mir sicher«, lächelte er und räusperte sich, »Nun, wir haben gleich eine Sitzung und da sie diejenige sind, die für uns kalkuliert, müssen sie mit anwesend sein. Meinen sie, sie schaffen das?«

»Sicher.«

Sitzen konnte ich gut und so tun, als hörte ich zu, ebenfalls.

Der Wagen stoppte.
 

Mit schnellen Schritten liefen wir durch den Flur. Zu meiner Verwunderung zwei Etagen über meinem Büro. Vielleicht würde ich heute dazu kommen, weiter an meinen Arbeiten zu sitzen.

Alessandro öffnete eine große Tür. Ich erkannte Roland an dem länglichem Tisch und den älteren Mann mit den Kotletten, der denselben Namen wie mein Chef trug.

Die weiteren Gesichter sagten mir nichts, nichtsdestotrotz nickte ich jedem freundlich – mit dem besten gespieltem – Lächeln zu und setzte mich neben meinem Chef.

Die dicke Mappe legte ich vor mir auf den Tisch und blätterte ein weiteres Mal darin. Ein unangenehmes Bauchgefühl sagte mir, besser sei das.

Ich prägte mir alles ein, was ich konnte.

Als der Letzte sich hingesetzte, räusperte sich der ältere Mr. Smith: »Wie sie sicher vermuten geht es um das Bauprojekt. Wir möchten damit einen neuen Standard in der Stadt setzen. Nehmen wir der Stadt den Schrecken, den es damals erlebt hatte und machen sie wieder erträglich. Allerdings ist mir zu Ohren gekommen, dass eine weitere Firma ein gleiches Projekt plant. Alessandro, wie sieht es aus?«

Mein Chef schob dem Älteren die dicke Mappe zu. Mit schnellen Bewegungen blätterte er darin, schlug sie zu und widmete sich Roland.

»Sind das die Endfassungen«, Roland nickte, »Also können wir tatsächlich mit dem Aussuchen der Teams beginnen.«

»Ja, ich habe mir die Freiheit genommen, einige Namen zu erwähnen. Sie arbeiten sauber und schnell.«

Mr. Smith nickte und widmete sich weiter den Unterlagen. Er zog einen weiteren Zettel aus dem dicken Teil, mit dem ich sicher jemanden erschlagen könnte. Vielleicht sollte ich es bei mir tragen für die nächste Begegnung mit Leonardo oder wenn Alessandro mit noch mehr Arbeit ankam.

»... Miss Walter?«

Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich hatte nicht aufgepasst. Oh, Gott, ich hatte mich meiner Fantasie hingegeben.

Peinlich unterdrückte ich die Röte in meinem Gesicht, spürte gleichwohl zu deutlich die Hitze in meinem Körper.

»Ist das ihre Berechnung? Zwei identische Spekulationen mit unterschiedlichen Ergebnissen, wie kommt es dazu?«

Ich presste die Lippen aufeinander. Meine Hände streckten sich nach den Zetteln aus. Es kostet mich immens Kraft, das Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Ich wagte es nicht, die Papiere in die Hand zu nehmen. Ich würde mich sofort verraten; stattdessen lagen sie vor mir. Meine Augen huschten über die Zahlen.

Ich schluckte.

Ruhig atmen und klar antworten’, ermahnte ich mich selber. Abermals schluckte ich, dann erklärte ich: »Die erste Kalkulation ist die eigentlich; die Zweite tritt in Kraft, wenn es zu Verzögerungen kommen sollten«, ich spürten jeden Blick auf meiner Haut, »Da eine Zeitspanne von sechs Monaten – meiner ersten Schätzung – in Betracht gezogen wurde, habe ich - da das nur durch sehr schnelle Arbeit möglich ist - einen weiteren Plan erstellt. Der besagt eine Fertigstellung in neun Monaten. Das Gebäude«, ich schluckte meinen Frosch runter, »Befindet sich zurzeit in einem miserablen Zustand. Gegebenfalls läuft es darauf hinaus, Teile einzureißen und zu erneuern, wenn man die Skizzen von Mr. Jackson in Betracht zieht. Allerdings beeinträchtigen beide Spekulationen nicht den Werdegang der Presse, der wie geplant in zwei Monaten starten kann.«

Steif rührte ich mich nicht und starrte weiter auf das Stück Papier. Hätte ich meinen Kopf gehoben, sähe jeder meine Unsicherheit. Ich presste meine Lippen fest aufeinander, dass es wehtat. Meine Hände zog ich langsam zurück und vergrub sie unter dem Tisch.

Ich drückte sie auf meine Oberschenkel und ballte sie zur Faust.

»Ein Notfallplan?«, äußerte sich der ältere Mr. Smith; zaghaft nickte ich und gestattete es mir, auf zu sehen. Ich blendete alles aus, bis auf den alten Mann vor mir. Zu meiner Verwirrung lächelte er mich an. Seine blauen Augen schimmerten hervor. Erleichtert machte mein Herz ein Sprung und ich lächelte automatisch zurück.

»Ich denke, wir werden den nicht brauchen«, mischte sich Roland ein, »Meine Teams sind schnell und gewissenhaft. Aber sicher ist bekanntlich sicher.«

Ich drehte mich zu ihm. Die anderen Männer nickten freundlich.

Innerlich freute es mich, auf wie viel Zuspruch ich stieß. Zwar zeigte es mein Gesicht nicht, aber das war Balsam für mein Ego.

Gleichzeit bedeutete es, noch sorgfältiger zu arbeiten.

»Miss Walter?«, wand Roland das Wort an mich, »Haben sie eine Nummer für mich. Wir müssen in ständigem Kontakt bleiben.«

»Ja«, sagte ich; in jedem Moment, wo mir einfiele, die Nummer durfte ich nicht rausrücken. Verdammt; musste ich etwa meine Private geben?!

Alessandro reichte über mich hinweg einen Zettel an Roland. Ratlos drehte ich mich zu ihm um.

»Ihre Nummer.«

Meine Augen huschten über den Zettel. Es war nicht meine Private; also musste es die von meinem anderen Gerät sein.

Roland nahm den Zettel an sich, speicherte diese sofort in sein Mobiltelefon ein – eines mit einer Wert- Tastatur – und zerknüllte den Zettel.

»Und der Vertrag?«, widmete sich Mr. Smith weiter dem Thema zu.

»Wird heute von der Bank unterschrieben; die Vertragsdaten sind soweit in Ordnung. Mit ihrem Geld haben wir mehr Spielraum und weniger Verlust.«

»Wunderbar. Damit ist dann für heute erst einmal alles beendet.«

Krachend erhob sich jeder, schnappte seine Sachen und lief aus dem Raum. Ich verharrte länger auf dem Stuhl. Mein Magen hatte gerade einen Looping hingelegt.

Alessandro stand von seinem Platz auf; rasch folgte ich ihm, nicht ohne vorher tief durchzuatmen.

»Alesso?«

Fragend drehte er sich um; ich blieb an der Türschwelle stellen und wartete brav.

»Brumm ihr nicht zu viel Arbeit auf.«

Verdattert stierte ich den alten Mann an, der mir freundlich zu nickte. Ich erwiderte.
 

Vor Freude – endlich wieder an meinem Schreibtisch zu sitzen – umarmte ich ihn. Natasha hielt mein Verhalten für verrückt; hätte anderseits genauso reagiert. Die letzten Tagen – eigentlich nur zwei – waren der pure Stress und das sollte nun sechs Monate gehen – wenn nicht sogar länger.

Innerlich stöhnte ich.

»Und du bist sicher, dir geht es gut?«, wollte sie sicherheitshalber wissen; ich nickte.
 

Den ganzen Tag wurde ich nicht einmal in den Glaskasten gerufen. Ich konnte - der Gedanke war unfassbar – meine eigentlichen Aufgaben vollenden.

»Wir gehen doch einen Trinken?«, hakte Natasha nach. Mein Verhalten war ihr sonderbar.

»Natürlich!«, grinste ich frech. Längst hatte ich die morgendliche Sitzung und meine Achterbahn im Magen vergessen.

Und zu meiner Überraschung freute ich mich riesig auf den Abend mit ihr. Wenn ich jemanden erzählen würde, nach geschlagenen sechs Monaten in den Vereinigten Staaten würde dieses mein erster Abend sein, wo ich feiern ginge; er würde mich für verrückt erklären.

Den Empfang vom Sonntag verdrängte ich aus meinen Gedanken, der sich hineinschleichen wollte; das war kein Feiern gehen.
 

Die Zeiger der Uhr näherten sich weiter dem Feierabend und eine Stunde vor Schluss hatte ich alle Aufgaben erledigt. Aufatmend legte ich mich in den Sessel zurück.

»Erstaunlich, dass er dich noch nicht gerufen hat«, stellte Natasha fest, »Wo er doch gestern wie eine Klette an dir hing. Ich hätte schwören können, er würde dir bis nach Hause folgen.«

Schlagartig war die Ruhe davon. Bilder vom Abend mit Alessandro in meiner Wohnung schossen ohne Vorwarnung wild durcheinander. Ich zwang mich ruhig zu atmen und drängte sie in die Tiefen meines Hirns. Andauernd erkämpften sie sich den Weg zu meinem geistigen Auge.

Ich lachte auf: »So weit käme es noch.«

Perfekt spielte ich die Lässige; aber das Schlimme an der Sache, es war bereits soweit gekommen.

»Wie läuft es mit deinem Journalisten?«, lenkte ich vom Thema ab. Natasha legte ihre Stirn in Falten - Merkte sie den Themenwechsel? - dann zeichnete sich – was für ein Glück – ein Grinsen auf dem Gesicht.

»Wir hatten Telefonsex«, gestand sie mir und eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen.

»Kannst du dir ausmalen, was der Klang einer tiefen männlichen Stimme bewirken kann?«

Ich schüttelte meinen Kopf – eine fette Lüge – ich wusste es zu gut! Viel zu gut; in meinem Kopf nahm ich die Stimme von Alessandro wahr. Der Klang, wenn er schmunzelte, wenn er lachte, wenn er meinen Namen aussprach...

Schweiß legte sich in meinem Nacken.

Denk an was anders, Lia! Denk an was anders! Denk an.... An was? An Bruno, der muss noch rum, genau, und die Wohnung muss geputzt werden. Die Ecke...

»Emi?«, weckte mich Natasha; perplex sah ich sie an.

»Geht es dir wirklich gut?«

»Ja, es ist nur der Schlafmangel. Die beiden Tage waren wirklich anstrengend«, schummelte ich und biss mir auf die Lippen.

»Dann schlaf’ dich heute bloß aus. Du musst fit sein.«

Ich nickte mit meinem perfekten Lächeln.

Unbewusst kontrollierte ich meine äußere Fassade; sie hatte zwar Risse, bildete hingegen immer noch eine eindrucksvolle Mauer. Niemand würde sie je einreißen können; anderseits wünschte ich mir manches Mal, jemand würde es tun.

Würde mit einem Hammer diese beschissene Mauer zertrümmern und sobald ich anfing sie zu erneuern, mich lahm legen.

Ein dummer Gedanke, denn ich brauchte diese Mauer, um in dieser rücksichtslosen Welt überleben zu können. Wäre diese Mauer nicht gewesen, wäre ich vor etlichen Jahren zerbrochen.
 

Das Klingeln eines Telefons riss mich aus meiner Trance.

Meine Hände suchten den Tisch ab, bis ich es aus meiner Tasche lokalisierte. Es war das Mobiltelefon. Irritiert blickte ich zum Glaskasten. Die Rollos erlaubten mir nicht, hinein zu sehen.

Unaufhörlich klingelte es; blitzschnell klappte ich es auseinander und meldete mich: »Ja?«

»Miss Walter?«

»Mr. Jackson, was darf ich für sie tun?«

Ich blickte Natasha an, die genauso verdutzt aussah, wie ich mich gerade innerlich fühlte.

»Können sie eben in die untere Etage zu mir kommen. Ich brauche sie bei einer Planung.«

»Okay.«

Das Besetzzeichen schallte mir entgegen.

Mein Blick ging zum Glaskasten.

Sollte ich meinem Chef davon berichten – ach was soll’s!

»Ich bin gleich zurück«, sagte ich Natasha und huschte schon zum Aufzug, eine Etage niedriger.

Roland wartete am Aufzug mit dem Mobiltelefon am Ohr.

»Ah, ich hatte vergessen zu sagen, welches Büro«, lächelte er und ließ das Teil in seiner Tasche verschwinden.

»Bei was kann ich helfen?«

»Es geht um die Kosten. Mit meinen Teams würden die Kosten sich erhöhen, um die Liste weiter zu geben, muss ich wissen, ob wir mehr bekommen oder es so bleibt.«

»Zeigen sie mir die Liste.«

Er reichte mir ein Stück Papier. Skeptisch überflog ich. Nichts, was jetzt schlimm wäre; zu meiner Verblüffung minimal und genau das, was ich zusätzlich eingeplant hatte. Eigentlich hätte er es aus meinen Akten entnehmen können.

Bloß nichts anmerken lassen!’

»Nein, das haut schon hin, die Liste kann so bleiben.«

Er lächelte; ein befremdendes Lächeln und nahm die Liste wiederum an sich.

»Das war’s dann auch schon.«

»Einen schönen Tag!«, rief ich und meine Stimme wurde zum Teil von den Türen des Aufzugs geschluckt.

Merkwürdig’, grübelte ich über das Geschehende und schlenderte zu meinem Platz.
 

»Boah!«, regte sich Natasha auf und knallte mit der Faust auf den Tisch, »So etwas habe ich noch nie erlebt.«

Wie immer ging das Temperament mit ihr durch. Überrascht blickte ich zum Glaskasten. Es brannte kein Licht; fragend hob ich meine Augenbrauen.

»Was ist passiert?«

»Eben kam so ein schmieriger Typ. Von dieser neuen Bank – der fragte übrigens nach dir – und meinte mich dumm Anmachen zu müssen.«

»Schmierig? Groß, schwarze Haare und braune Augen und ein kantiges Gesicht?«

»Du kennst ihn?«, beruhigte sich die Latinerin; ich nickte.

»Leonardo Andrews; die rechte Hand seines Vaters und sehr...«

Ich suchte nach den richtigen Worten; aber mir viel keines ein, was sein arrogantes Verhalten vortrefflich beschrieb.

»Er ist ein Arsch!«, kam Natasha mir entgegen. Das beschrieb es eigentlich ziemlich genau.
 

Alesso, sagte mir nichts, dass er vorbei käme...’, schweiften meine Gedanken ab. Nebenbei packte ich meine Tasche. Ich hatte Feierabend und musste keine neuen unlösbaren Aufgaben erledigen. Vor sich hinfluchend schulterte Natasha ihre Tasche und wartete auf mich.

»Der ist noch schlimmer. Vermutlich pennt der mit jeder aus seiner Firma, die nicht schnell auf den Bäumen ist.«

»Vermutlich«, stimmte ich zu; denn ich wusste es. Er hatte es schließlich auch bei mir versucht. Die Erinnerung, seine Finger streiften meine Strähne, ließen mich erschaudern.

»Aber vergessen wir ihn und freuen uns auf das Wochenende. Ich hoffe, die Bar ist so gut, wie du versprichst.«

Ihre Miene hellte sich auf und sie nickte freudig.
 

Wir torkelten durch die Empfangshalle; ich winkte dem alten Dave zu, da stoppten mich Rufe nach mir.

Neugierig drehten wir uns beide um. Alessandro saß in der Sitzecke und deutete mir an, zu ihm zu gehen.

»Ich muss wohl«, verabschiedete ich mich von Natasha.

»Oh man, sag ihm mal, Feierabend ist Feierabend.«

Ich nickte und lief über den Marmorboden. Natasha verschwand durch die riesige Eingangstür und ich setzte mich auf einen Sessel gegenüber von Alessandro.

»Bevor ich sie morgen wieder aus dem Bett schmeiße, dachte ich, ich teile ihn jetzt schon den Termin für morgen mit.«

Ui, er wird clever.

Aufmerksam lauschte ich.

»Eigentlich nicht viel. Der Vertrag wurde eben von Mr. Andrews unterschrieben, somit haben wir das erledigt. Ich brauche sie lediglich morgen für Kleinkram.«

Kleinkram sagt er’, ich rollte mit den Augen und stützte meinen Kopf mit einer Hand.

Sein Schmunzeln schreckte mich auf.

»Sie glauben mir nicht?«

»Doch!«, schoss es wie aus einer Pistole aus mir. Seine Gabe aus meinen Augen – angeblich - zu lesen, gefiel mir ganz und gar nicht – besser gesagt – ich hasste es. Meine Mauer sollte das verhindern; nicht zulassen, er läse aus mir wie in einem Buch.

»Der Abend mit ihnen war übrigens sehr schön, Emilia.«

»Bitte?«, rutschte es aus mir heraus.

Darauf war ich nicht vorbereitet. Hatten sie die Heizung aufgedreht – mein Gott, hier drin waren mindestens 30 Grad!

»Bruno war auch hin und weg«, zwang ich mich zu sagen.

Tief durchatmen, Lia!’

Mein Herz pochte gegen meine Brust; ich hörte es in den Ohren. Alle Geräusche waren verschwunden; ich hörte nichts. Mein Blick war stur auf den Tisch gerichtet. Alles musste ich ausschalten, verdrängen. Im Augenwinkel nahm ich seine Bewegung war. Er spielte mit der Uhr an seinem Handgelenk. Meine Augen fixierten das Ding und wanderten weiter zu seinen Händen.

Bilder von ihm, wie er mit diesen Fingern meine Lippen berührte, machten es nicht leichter, eher schlimmer.

Ich kniff meine Augen für einen Moment zusammen.

»Ist ihnen nicht gut?«

Ich sah hoch, direkt in seine Smaragdaugen. Mein Magen drehte Schauben und Loopings. Fester krallte ich mich an dem Riemen meiner Tasche und tat mit einer Handbewegung alles ab.
 

»Nur Bruno?«, vibrierte seine Stimme. Mein Körper reagierte darauf. Ich presste meine Lippen aufeinander.

Mit reiner Willenskraft drückte ich mich in den Sitz und verdrängte die Gedanken, sowie das, was ich aussprechen wollte.

Berühre mich!’ schrie mein Verstand. Es kostete mich Kraft die Schreie in den tiefsten Winkel meines Hirns zu begraben.

»Es«, ich musste aufpassen, was ich sagte, »War für mich auch erfrischend.«

Mein Kopf wog die Worte ab; zwar waren sie ausgesprochen, dennoch wollte ich keine falschen Missverständnisse zustande bringen.

»Erfrischend?«

Er beugte sich mit dem Oberkörper nach vorne. Eben noch verhinderte ich es ihm gleich zu tun.

»Angenehm...«, korrigierte ich mich – auch nicht gerade ein besseres Wort. Mein Kopf war leer. Die verputzten Risse bröckelten.

»Ich sollte«, atmete ich tief durch, »Nach Hause.«

»Stimmt, Bruno wartet sicher auf sie. Ich will ihm doch nicht seine Streicheleinheiten nehmen.«

Könnte ein Herz aus der Brust springen?’

Im Moment glaubte ich fest daran. Flugs sprang ich auf, verabschiedete mich flüchtig und lief aus dem Gebäude.

Ich nahm nichts um mich herum wahr.
 

Ich wusste nicht, wie ich es nach Hause geschafft hatte; ich war nur erleichtert, dass ich es geschafft hatte.

Keuchend lehnte ich an meiner Haustür.

Fast hätte ich meine Selbstbeherrschung verloren. In meinen Erinnerungen dachte ich nur an diese Hände, wie sie mich berührten.

Ich biss mir auf die Unterlippe.

An so etwas sollte ich gar nicht erst denken!

Es war tabu; ich verbot es mir selber. Ich durfte nicht!

Ständig schweiften meine Gedanken ab. Flink war die Szene in meinem Kopf, spielte sich abermals ab - immer und immer wieder.

Ich glitt zu Boden und zog die Beine an mich.

Meine Gefühle erdrückten mich; ich konnte kaum noch atmen und das Schlimmste – das katastrophale an der Sache – nur ein Mann konnte diese Sehnsucht lindern.

Stöhnend ging ich durch meine Haare.

Am Wochenende würde ich mir die Kante geben, bis ich nicht mehr wusste, wer ich war!

Vielleicht ließe mein Körper – der eindeutig gegen mich war – mich endlich in Ruhe.
 

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Meine Mauer muss halten!

Die restlichen Tage der Woche vergingen flugs und ohne irgendwelche Zwischenfälle. Ich wurde nicht aus dem Bett geklingelt und durfte an meinem Bürotisch bleiben.

»Heute Abend?«, hakte Natasha pausenlos nach; ich nickte.
 

Der Feierabend war schneller da - als gedacht - und so stand ich vor meinem Kleiderschrank, auf der Suche nach etwas bequemen und dennoch sexy. Schwere Entscheidung.

Bruno - den ich manches Mal fragte, was er fand - antwortete bloß mit einem Kopfzucken und verschwand schließlich in seinem Körbchen.

Nicht gerade eine tolle Hilfe.

Am Ende entschied ich mich für eine dunkelblaue Jeans und einem Hüftgürtel, der genau die richtigen Stellen betonte, und dazu ein passendes Top mit einem Ausschnitt, der verboten gehörte.

Heute würde ich Feiern!
 

Eine Stunde später saß ich mit Natasha und ihrem Journalisten – sehr charmant – in der Bar.

»Sagte ich nicht, perfekt!«, rief sie mir zu, denn die Musik war manches Mal zu laut. Eigentlich dauerhaft; der Club war eigentlich purer Käse, dennoch nickte ich. Meine Augen suchten den Raum ab, während ich gedankenverloren am Glas nippte.

Ohne es zu wollen, suchten meine Augen nach einem gewissen Mann, den ich eigentlich nicht hier finden sollte – alles andere wäre verkorkst. Es wäre verrückt!

Emilia du bist verrückt!’

Dennoch tat ich es, trank für diesen Gedanken das Glas leer und bestellte mir gleich noch einen Cocktail.

Ich musste vergessen.

Wenn ich es selber nicht schaffte, die Bilder in meinem Hirn so tief es ging zu verbergen, musste Alkohol her.

Natasha verschwand mit ihrem Freund – wofür ich sie beneidete – auf der Tanzfläche. Eine Weile beobachtete ich die beiden und musste einsehen, so viel Glück würde ich nie haben.

»Hi!«, weckte mich eine männliche Stimme. Überrascht schaute ich hinter mir. Ein Mann lächelte mich an; ich lächelte perfekt gekünstelt zurück.

»Alleine?«

Ich schüttelte meinen Kopf und deutete mit dem Kopf auf die Tanzfläche. Er nickte und setzte sich auf den freien Stuhl neben mir.

Irgendwas gefiel mir nicht. Mein Magen zog sich unweigerlich zusammen und mein Alarmsystem ging los.

Ich schaute mich nach dem Kellner um - der dieses Mal Ewigkeiten für einen einfachen Cocktail brauchte – und rollte mit den Augen.

»Ein Drink, ich lad’ dich ein.«

Zu meiner Überraschung standen bereits zwei Gläser vor mir. Aus einem nippte er mit einem sonderbaren Lächeln. Skeptisch betrachtete ich das Glas. Ganz böse Erfahrung von Fremden etwas anzunehmen, hingegen war es unhöflich; also nahm ich das Glas erst einmal an.

»Danke.«

Ich musste schließlich nicht trinken.

»Ich sehe dich zum ersten Mal hier.«

Ich nickte abermals.

Er kam also öfters her; kein gutes Zeichen - Ein Schürzenjäger!

»Kein Durst?«

»Ach...«, mir fiel keine Ausrede ein – verdammt, »Ich genieße.«

Die Augen des Mannes flammten auf.

Mist! – Am Ton vergriffen.

Ich biss mir auf die Lippen; zu meinem Bedauern machte ihn das auch noch an. Er rückte näher; ich rutschte weiter von ihm. Ein Blick auf seine Hose bedeutete nichts Gutes. Ich konnte gar nicht so viel Essen, wie ich wieder auskotzen wollte.

»Genießen ist gut«, hauchte er.

Gott! Der wollte mich tatsächlich abschleppen; stand auf meinem Kopf ‚Frei Wild’?

Ich grinste; er tat es mir gleich.

»Das finde ich auch«, antwortete ich und fügte in meinen Gedanken hinzu, ‚Nur nicht mit dir.’

Geistesabwesend nippte ich am Glas; zu spät fiel es mir ein, dieses zu unterlassen. Ich stellte es vor mir auf den Tisch. Wenigstens hatte ich nun getrunken und er könnte mich nicht zwingen, alles zu trinken.

Urplötzlich drehte sich mein Magen.

Komisch, dabei hatte ich erst zwei Drinks. Meine Augen suchten nach Natasha und ihrem Freund. Sie waren irgendwo unter diesen – unendlich vielen - Menschen.

»Ich muss mal!«, sprang ich auf und lallte fast.

Der Boden bewegte sich. Ich drängte mich durch die – beschissene – Menge; eine unheimliche Hitze strömte aus mich heraus. Mein Top - sowie meine Jeans - klebte an meiner Haut. Eben noch konnte ich den Zusammensturz mit einem Paar verhindern.

Die Tür zur Damentoilette kam immer näher; meine Sicherheit!
 

Aus heiterem Himmel packte mich jemand am Handgelenk.

Entsetzt drehte ich mich um. Dieser Mann war mir gefolgt.

»Wohin des Weges?«, seine Stimme hatte eine bedrohlichen Unterton. Ich versuchte mich loszureißen; alle Kraft war aus meinem Körper gewichen. Mein Magen schlug Loopings.

Der Gedanke zu schreien, blieb in meiner Kehle stecken. Bevor ich etwas machen konnte, zog er mich aus dem Club.

Keiner drehte sich nach mir um.

Meine Augen suchten nach Natasha. Ich startete einen weiteren Versuch mich zu befreien; ich würde den Türsteher auf mich aufmerksam machen.

Zu meinem Entsetzten lief er nicht Richtung Ausgang, sondern verschwand hinter einer Tür mit der Aufschrift: ‚Zutritt verboten.’

Ich zerrte an meinem Handgelenk. Sein Griff wurde fester; ich stöhnte auf.

»Hoffentlich stöhnst du gleich genauso, Kätzchen!«

Schlagartig brach die Panik aus. Mein Blick wurde nebelig; pausenlos musste ich blinzeln. Der Schleier legte sich nicht. Mein Mund fühlte sich trocken an; etwas blockierte meine Stimme. Ich schaffte es nicht zu schreien.

Was war los mit mir?

Ich kniff die Augen zusammen.
 

Ein Knall durchschnitt die Luft; der Griff um mein Handgelenk löste sich. Kräftigte Arme schlangen sich um mich und zogen mich an eine starke Brust. Ich drückte meine Hände gegen diese stahlharte Brust.

Blinzelnd versuchte ich den Mann zu erkennen. Blonde Haare blitzten auf, in dem sich manches Mal das Licht verfing.

Fluchend stand der Andere auf und stürmte auf meinen Beschützer zu. Dieser parierte den Angriff – trotz mir in seinen Armen; er wollte mich per tu nicht frei gebe - und schlug zwischen die Schultern des Mannes. Stöhnend krachte er zu Boden und rührte sich nicht.
 

Der Lärm lockte das Personal an.

»Was ist passiert?!«, brüllte der Türsteher. Verdattert setzte ich mehrmals an, was zu sagen; aber mir blieben die Worte stecken.

»Da dachte sich ein Arsch, er könnte sich durch K.-o.-Tropfen ein Nummerchen verschaffen!«

Diese Stimme kannte ich doch!

Steif wie ein Brett, drehte ich mich zu meinem Beschützer um, der mich weiterhin in seinen Armen – starken Armen - hielt. Smaragdaugen betrachteten mich. Mit einer lockeren Handbewegung ging sich Alessandro durch die Haare.

»Alles in Ordnung?«

Ich nickte.

Der Türsteher packte sich den Mann; keuchend ließ er sich von dem bulligen Türsteher aus das Lokal befördern.

»Verfolgen sie mich?«, rutschte es mir raus; panisch es laut gesagt zu haben, knallte ich meine Hände auf den Mund.

Das Erste – was ich endlich sagte – war so ein Mist.

Er lachte und hielt mir seinen Arm zum Einhaken hin. Wäre mein Zustand nicht so verschwommen gewesen, ich hätte abgelehnt; so war ich jedoch mehr als dankbar. Dennoch würde ich es ihm nicht zeigen; besser war das.

»Ein wenig«, gestand er mir; wir betraten den Club. Das Neonlicht blendete mich, die Hitze erschlug mich und die Musik dröhnte mit voller Wucht auf mich ein.

Alessandro lotste mich durch die Menschenmenge und ich atmete – erleichtert – auf. Die frische Nachtluft war um längen besser, als das stickige Etwas.

»Dann haben sie keinen besucht, letztes Mal?«

»Das war nicht gelogen«, korrigierte er mich, »Ich kam gerade von dem Besuch.«

»Aha.«

Wir schlenderten in einem Park.

Langsam kroch die Kälte durch meine Sachen. Voll geschwitzt nahmen sie den Wind bestens auf. Alessandro zog seine Lederjacke aus und legte sie über meine Schultern. Überall klebte sein Duft; ich wurde regelrecht gezwungen ihn ein zu atmen und er roch einfach köstlich.

»Danke, dass sie mich gerettet haben«, erinnerte ich mich viel zu spät, mich noch nicht dafür bedankt zu haben.

»Gern geschehen.«

Wir setzten uns auf eine Bank im Central Park. Am anderen Ende ragten über die Baumkronen die riesigen Skyscraper.

»Warten sie«, bat er mich und verschwand in der Nacht. In meinem Kopf ließ ich das Geschehende Revue passieren; zischend massierte ich mir den Nasenrücken. Mein Kopf spielte Technoparty.

In wenigen Minuten kam er mit zwei Bechern zurück.

Einen reichte er mir.

Der Duft von Kaffee kroch mir in die Nase; begierig nahm ich diesen in mir auf. Ein beruhigendes Gefühl.

»Finden sie es nicht merkwürdig mit ihrer Sekretärin Freitagabends in einem Park zu sitzen?«

Was rede ich für einen Scheiß?!’

Ich presste meine Lippen - für die Dummheit meiner Worte - aufeinander. Zu meiner Verwunderung lachte er.

»Sollte es merkwürdig sein?«

»Vielleicht.«

Ich nippte am Becher. Die bräunliche Flüssigkeit wärmte mich von Innen heraus. Ich zog die Jacke enger an mich. Sein Duft war herrlich. Wie konnte ich den Schweißgeruch eines Mannes – nichts anders war es doch – so faszinierend finden?

»Ich werde mich das nächste Mal daran erinnern, wenn es noch einmal dazu kommt.«

Ein Schmunzeln huschte über meine Lippen, was ich im Bechern untergehen ließ.

’Nächstes Mal’, als ob es das gäbe...

»Sie sollten häufiger so Lächeln.«

Blinzelnd starrte ich ihn an. Zu meinem Glück erhellte nur eine Laterne diese Bank und er konnte meine Überraschung nicht klar vom Gesicht lesen.

»Das sagten sie schon einmal«, antwortete ich nüchtern.

Ganz ruhig, Lia.’

»Vielleicht tun sie es dann auch, wenn ich es noch öfters sage.«

»Vielleicht.«

Ich nippte an meinem Kaffee. Meine Gedanken ließen den Abend stetig Revue passieren; mehrmals fragte ich mich, wie es zu der momentanen – absurden - Situation kam.

Woher sollte mein Chef wissen, dass mein Lächeln nicht echt war? Er kannte mich nicht! Und dennoch wusste er es. Ich kontrollierte meine Mauer; bis auf meinen verletzten Stolz, nichts.

»Sind sie wieder in sich gekehrt?«

Ein Arm legte sich um meine Schultern; ohne darüber nachzudenken lehnte ich meinen Kopf gegen seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. Der gleichmäßige kräftige Ton ließ mich Müde werden. Ich blickte zu den Skyscrapern und schloss meine Lieder...
 

Für nur eine Minute...
 

Wirklich nur eine Minute...
 

Wirklich...
 

Benommen weckte mich die Sonne auf dem Gesicht.

Muffelig zog ich mein Kissen über das Gesicht. Ich hasste den Morgen!

Es roch anders. Es roch nicht nach mir; es roch nach... nach... – nach Mann!

Entsetzt sprang ich auf.

Ich lag alleine in einem riesigen Bett mit herrlichem Ausblick auf die New Yorker City. Die Wände bestanden aus einer Fensterwand. Zwischen den Häusern war die Sonne längst aufgegangen.

Ich war nicht in meiner Wohnung!

Panisch sprang ich aus dem Bett. Statt meiner Sachen trug ich ein Männerhemd. Ordentlich lagen meine Klamotten auf einem Stuhl. Durch die Zimmertür hörte ich Geräusche.

Auf Zehnspitzen schlich ich hinaus. Ich lief einen schmalen Flur entlang und stieg die Stufen hinab. Zwischen den Stufen erkannte ich eine Küchennische. Alessandro schlürfte aus seiner Tasse; die Ellenbogen auf der Theke und lächelte mir zu.

Diese Wohnung war so offen, dass sie ein Anschleichen – oder Verstecken - nicht zuließ. Ich stand direkt im Wohnzimmer, musste nur um die Treppe gehen und war bereits in der Küche.

»Kaffee?«, fragte er lächelnd – bezaubernd; Mist, was dachte ich da? - und schüttete schon längst das bräunliche Zeug in eine Tasse. Dankend nahm ich an. Zu meiner Verwunderung hatte er ihn sogar gesüßt, da ich das Zeug bitter hasste.

»Ihre Wohnung?«

Meine Augen suchten jeden Winkel ab. Ich schlenderte ins Wohnzimmer; an der Zimmerwand hing ein riesiger Flachbildschirm – kein Vergleich zu meinem Kleinen.

Selbst hier waren mehr Fenster, als Wände, und zeigten die Stadt von ihrer besten Seite.

Ich wollte gar nicht wissen, wie teuer das Teil war. Bis ich mir das leisten konnte, müsste ich das Geld scheffeln.

Ich kniete mich auf den Sessel und legte meine Arme auf die Lehne, um besser die Stadt zu beobachten.

»Frühstück?«

Ich nickte; viel zu fasziniert war ich von dieser Aussicht. Schließlich löste ich mich von dem hinreißenden Anblick und wurde direkt darauf mit einem besseren belohnt. Alessandro mit nichts bekleidet außer einer Pyjamahose, die passend zu meinem Oberteil wirkte.

Mein Verstand brauchte zwei Sekunden, um eins und eins zusammen zu zählen. Automatisch schoss mir die Röte ins Gesicht. Flugs nippte ich an der Tasse.

Ich setzte mich auf einen der metallischen Stühle, die – trotz ihres Aussehens – bequem waren und betrachtete den gedeckten Tisch.

Alessandro machte sich nicht die Mühe, sich ein Hemd überzuziehen und da er – verdammt noch mal – gegenüber saß, hatte ich einen perfekten Blick auf seine – gut durchtrainierte - Brust.

Gestern Nacht durften meine Hände es bereits spüren, was meinen Augen nun erlaubt war zu sehen.

Konzentrier dich auf das Essen!’, ermahnte ich mich und griff nach dem Toast.
 

Eine befremdende Vorstellung mit seinem Chef am Frühstücktisch zu sitzen. Keiner wagte was zu sagen, worüber ich froh war. Jedes falsche Wort würde mein Herz zum sprengen bringen. Mein Magen zog sich mit jedem Bissen zusammen und ich musste ihn anbetteln, es nicht hinaus zu befördern.

»Ich sollte mich langsam anziehen und nach Hause gehen«, zwang ich mich zu sagen, obwohl ich eigentlich etwas anders wollte. Allerdings redete ich mir ein, Bruno wartete auf mich, und das war noch nicht einmal gelogen.

»Wenn sie das müssen, dann müssen sie«, fiel seine Antwort aus. Für einen Moment glaubte ich - vermutlich redete ich mir das auch nur penetrant ein – er wollte, dass ich bliebe.

»Sie können sich im Schlafzimmer umziehen.«

Er wippte mit dem Kopf in die Richtung; ich nickte und erhob mich vom Stuhl.

Leise schlich ich die Stufen hinauf und betrachtete jedes noch so kleine Detail. Bis jetzt hatte ich kein Foto von der Freundin gefunden; vielleicht hatte er keine.

Mein Herz machte einen Sprung.

Was denke ich da, Lia!’, verärgert biss ich mir auf die Lippen.

Flink zog ich mich an und stand wenige Minuten später, angezogen vor ihm.

»Der Bus hält direkt vor der Tür«, erklärte er und stellte seine Tasse ab. Er begleitete mich zur Haustür.

Wir verharrten viel zu lange - seine Hand umklammerte die Klinke - dann öffnete er die Tür.

»Wir sehen uns im Büro.«

Ich nickte und schulterte meine Tasche. Ich ging zwei Schritte – Gott, ich musste verrückt sein – ruckartig drehte ich mich um, stellte mich auf Zehnspitzen und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

Eigentlich nichts besonders, oder?’

Ich gehörte eh in die Klapse!
 

Bevor ich das Ausmaß meiner Tat begriff, wollte ich aus dem Apartmentblock verschwunden sein. Ich war gerade Mal zwei Schritte gegangen, da packte er mich am Handgelenk und zog mich zurück.

Stolpernd landete ich in seine Arme. Meine Tasche rutschte von der Schulter, was mir in diesem Moment egal war.

Seine Hände schnellten hervor und hielten mein Gesicht fest. Ehe ich ein Wort von mir geben konnte, lagen samt weiche Lippen auf meinen.

Berauschend beschrieb es nicht dermaßen, wie es sich anfühlte. In meinem Magen tobten mindestens dreißig tausend Schmetterlinge; wenn nicht noch mehr.

Als er sich löste – zu meinem Bedauern - hielt ich die Augen geschlossen, um den Moment zu genießen. Ich musste ihn festhalten, bis die reale Welt abermals zuschlug.

Seine Stirn stieß leicht gegen meine.

»Kann ich sie heute Abend wieder sehen?«, hauchte er tonlos; gleichwohl jagte es mir eine Gänsehaut durch meinen Körper.

Eine harmlose Frage – für mich von unschätzbarem Wert – ich nickte einmal. Meine Stimme würde versagen, sollte ich sie benutzen.

Er küsste mich auf die Stirn, dann torkelte ich den Flur zur Bushaltestelle entlang.
 

Selbst mit Bruno herumziehen, brachte keine Linderung.

Die Risse in meiner Mauer waren zu groß; das würde Tage dauern bis sie repariert waren, jedoch wollte ich das?

Gedankenverloren schlenderte ich durch die Straßen. Zu meiner Überraschung tänzelte ich und genoss das Leben in vollen Zügen.

Mrs. Dewes begegnete mir auf dem Weg und lächelte mir zu: »Sie sehen glücklich aus, Miss Walter.«

Ich antwortete mit einem Lächeln – zu meiner Verwunderung war es ehrlich.

»Genießen sie endlich das Leben.«

»Mehr oder weniger«, murmelte ich; gelogen war es nicht, denn je länger ich über die Sache nachdachte - die passiert war - desto mehr überkam mich ein schrecklicher Gedanke.

Sich mit seinem Chef einlassen, waren einige Dinge im Leben, die man nie tun sollte. Er war immerhin mein Chef. Was würde mit mir passieren, wenn es nicht klappt?

Er hatte mich in der Hand?

»Geht es ihnen nicht gut?«, weckte mich die alte Frau. Ich schüttelte meinen Kopf.

»Nein, mir ist nur gerade was eingefallen.«

Auch wenn der kurze Moment schön war; es würde nicht lebenslang andauern. Also musste ich meine Mauer – mein Schutzschild – wiederum aufbauen. Auf dem Heimweg begann ich die Risse zu reparieren.
 

Leise schloss ich meine Haustür; wie üblich schlürfte Bruno am Wasserdampf und verzog sich in sein Körbchen. Ich suchte im Kühlschrank nach einigen Resten. Pausenlos spielte sich in meinem Kopf die morgige Situation ab.

Den Gedanken - er wollte sich mit mir treffen - verband ich in die Tiefen meines Verstandes.

Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meiner Gedankenwelt. Benommen hob ich ab und meldete mich wie immer.

»Emilia?«, hörte ich Alessandros Stimme; unweigerlich musste ich schlucken.

»Ja?«

»Soll ich sie heute Abend um zwanzig Uhr abholen?«

Ich kniff die Augen zusammen. Ich hatte nur einmal im Leben solch eine Chance, einen hinreisenden Mann zu finden, anderseits war er verboten. Mit geschlossenen Augen und ruhiger Stimme sprach ich aus, was mein Herz zusammen zog: »Es... Es passt doch nicht. Bruno scheint es nicht gut zu gehen und ich möchte ihn dann nicht alleine lassen; ich lasse ihn so oft alleine. Vielleicht ein anders Mal.«

Ich biss mir auf die Unterlippe; wie leicht es mir doch fiel zu lügen. Eigentlich sollte ich mich schuldig fühlen; aber meine Mauer leistete hervorragende Arbeit.

Auf der anderen Seite blieb es stumm.

Wieso sagt er nichts?’

Minuten – eine halbe Ewigkeit – verging, da nahm ich seine Stimme war: »Dann sollten sie wirklich zu Hause bleiben. Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich dem Kleinen sein Frauchen nicht gönne.«

Auch, wenn er einen Scherz versuchte, seine Stimme klang verbittert.

Nichts anmerken lassen!’, redete ich mir ein.

Wir verabschiedeten uns; das Besetztzeichen schallte mir entgegen. Ich drückte es mit dem Kopf weg.

Fluchend ging ich mir durch die Haare und schlang die Arme um mich.

Tief atmete ich durch.

Dummheit beschrieb sich hervorragend mit einem Namen – meinem Namen: Emilia.

Seufzend schmiss ich mich auf die Couch, zog die Füße an und vegetierte vor mich hin, indem das Fernsehprogramm lief.
 

Das eben getane, musste ich verdrängen – tief verdrängen - bis in den schwärzesten Winkel meines Hirns.
 

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Gefährliche Nähe

Wie lange ich auf der Couch saß, wusste ich nicht; ein Klingeln weckte mich. Benebelt hob ich den Kopf. Bruno stand bereits an der Tür.

Verwundert - wer das sein könnte - schlenderte ich zur Tür. Geistesabwesend schaute ich nicht einmal vorher durch das Kuckloch und öffnete ohne Bedenken die Tür.

Vor Schreck wich ich einen Schritt zurück. Mehrmals blinzelte ich; meine Augen spielten mir einen Streich – anders ließ sich das nicht beschreiben.

Lia, ab heute bist du vollkommen unheilbar verrückt!’

Entsetzt schlug ich die Tür zu.

Es klopfte dagegen.

»Emilia, machen sie die Tür auf!«

Ich schüttelte meinen Kopf. Mein Herz drohte aus der Brust zu springen. Schlimmer war der Gedanke, gelogen zu haben. Ich glitt zu Boden. Ich hatte meinen Chef belogen; ich bin tot!

»Ich weiß, dass es Bruno gut geht.«

Erschrocken stierte ich Bruno an, der seinen Kopf schräg legte und brav darauf wartete den Besucher zu begrüßen.

»Bitte geh’«, flüsterte ich. Ich hörte es Rascheln; etwas kratzte am Holz der Tür. Er musste in die Hocke gegangen sein. Wusste er, dass ich am Boden saß?

»Emilia...«

Obwohl er meinen Namen leise aussprach, hörte ich ihn klar und deutlich.

»Ich bin dir nicht böse.«
 

Was mich dazu bewegte - wusste ich nicht - dennoch tat ich es und öffnete die Tür. Bruno sprang flugs über mich hinweg und begrüßte Alessandro. Lachend tätschelte er den Wischmopp, während seine Smaragdaugen auf mir lagen. Er erhob sich; ich tat es gleich.

Lautlos schloss ich die Haustür, nachdem er in die Wohnung gegangen war.

Das Zittern unterdrückte ich gerade noch; im Augenwinkel beobachtete ich ihn. Seine Mähne lag wild um seinen Kopf; das T-Shirt lieblos übergezogen, als wäre sein Entschluss, zu mir zu fahren ganz plötzlich gekommen; was schwachsinnig war.

Es war der beste Beweis, dass dieser Mann mich nun in den Händen hatte.

Nichts anmerken lassen’, trichterte ich mir ein.

»Wasser?«

»Gerne.«

Geschwind verschwand ich in der Küche, nahm ein Glas und fühlte es mit Wasser. Tief atmete ich durch und drehte mich – nach etlichen Stoßgebeten - zur Türschwelle. Grüne Augen funkelten mich an. Verschreckt schrie ich auf; das Glas rutschte aus meinen Händen. Blitzschnell fing Alessandro es auf, doch das Wasser klatschte zu Boden.

»Oh!«

Flink griff ich nach einem Handtusch und wischte es auf. Alessandro seufzte und nahm mir das Tuch aus den Händen.

»Emilia...«

Wie oft wollte er noch meinen Namen benutzen?’

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

»Emilia.«

Schon wieder!’

Der Schatten über mir wurde größer; er kam näher. Mein Verstand schrie mich an, aufzustehen und davon zu laufen; jedoch konnte ich nicht.

Seine Finger wandern unter meinem Kinn. Es wäre leicht, diese weg zu schlagen; aber ich tat es nicht. Ich blickte in Smaragdgrüne Augen.

Es fehlten nur Zentimeter bis unsere Lippen sich berührten.

Ehe sie sich berührten, legte ich einen Finger auf seine.

»Nicht, Alessandro«, würgte ich hervor. Doch - den Mistkerl von einem Mann - scherte es nicht; zärtlich biss er in meine Fingerkuppel.

Mit Sicherheit – purpurrotem Kopf zog ich meine Hand zurück.

Wie konnte ich so dumm gewesen sein; diese Augen, nach der Jagd galten mir. Ich biss mir auf die Lippen.

»Wovor hast du Angst?«

»Ich? – Vor nichts!«

Ich wischte das Wasser auf, nachdem ich ihm gewaltsam das Handtuch entrissen hatte – es war immer noch meines! - und nahm ihm das Glas aus den Händen. Er ließ mir nicht eine Minute zum Verschnaufen und stand dicht hinter mir.

Ich spürte seinen Atem auf meinem Nacken; ich müsste lügen, wenn ich behaupte, mir gefiele es nicht; aber es war kein guter Gedanke.

Ich fühlte das Glas mit Kranwasser. Seine Hände legten sich auf meine.

Das war zu viel – einfach zu viel. Mein Herz explodierte.

Ich musste etwas unternehmen – egal was – so konnte es nicht weiter gehen!
 

»Ich lasse dich nicht gehen.«

Vor Schreck knallte das Glas in die Spüle und zerbrach in seine Einzelteile. Sofort machte ich mich daran, die Scherben auf zu heben, und schnitt mich an dem – scheiß beschissenem – Glas.

»Zeig her!«, forderte Alessandro; ich verweigerte, allerdings ließ er keine Widerrede zu. Mit einem Ruck hatte er die Hand – meine Hand - und begutachtete den Schnitt.

Ein kleiner Schnitt – nichts der rede Wert – kein Grund, um meine Hand intensiv zu betrachten.

Da streckte er den Finger – meinen Finger - in seinen Mund und saugte an der Fingerkuppel. Ich presste meine Lippen zusammen. Ein Kribbeln jagte durch meinen Körper.

Dieser Mann machte mich schwach - in mehr als nur einer Hinsicht.

»Geht’s wieder?«, hauchte er; ich nickte.

Meine Mauer hielt; doch die Risse waren riesig.

Ohne Gegenwehr zog er mich ins Wohnzimmer und wir saßen auf der Couch. Bruno setzte sich demonstrativ neben uns – eigentlich neben mir und kesselte mich ein - und hechelte, als wäre nichts.

»Guter Junge; kesseln wir dein Frauchen ein.«

Ich funkelte Alessandro an.

Ich fand das gar nicht lustig – überhaupt nicht! Oder lache ich? – Haha!

»Warum bist du hier?«

Ihm huschte ein Lächeln über die Lippen. Ich rutschte weg von ihm, stieß gegen Bruno, der nicht einen Millimeter wich. Der kleine Teufel legte sich tatsächlich dagegen.

Ich knurrte.

»Faucht meine Katze?«

»Deine?!«, krächzte ich, »Ich bin dir dankbar, dass du mir das Leben gerettet hast«, der Versuch aufzustehen, vereitelte er spielend leicht, »Aber das heißt noch lange nicht, dass ich dein bin.«

»Wie nennst du dann den Kuss

»Eine Wiedergutmachung.«

Er tat, als nickte er nachdenklich, gleichwohl verriet sein breites Grinsen ihn. Zu gerne wollte ich ihm eine rein schlagen; aber er war noch mein Chef – eine tödliche Kombination – so tötete ich ihn wenigstens mit meinen Blicken.

»Du glaubst mir nicht?«, zischte ich.

»Für eine Wiedergutmachung bist du viel zu weit gegangen«, ich lachte auf; ich hatte ihn lediglich nur auf die Wange und dann... – verdammt, er hatte recht, »Falls es dir nicht aufgefallen ist, wir sind ins Du übergangen.«

Mehrmals öffnete ich den Mund und presste am Ende die Lippen zusammen.
 

»Und wehe das ändert sich jetzt.«

Drohte er mir gerade?

Er drohte mir gerade!

Ich funkelte ihn an; er lachte.

Das war zu viel!

Einfach zu viel!

Chef hin oder her; jetzt war Schluss!

»Wage es nicht mir zu drohen! Nur weil du glaubst, dir alles zu erlauben! Die letzten Tage waren der pure Stress und das nur wegen dir. Ich habe kaum ein Auge zu gemacht und du sitz vor mir und grinst, als wärst du der Morgen höchst persönlich! Wie kann man nur so penetrant Grinsen. Schläfst du überhaupt? Bist du eine Ar Vampir! Niemand ist so arbeitssüchtig. Dauernd diese ganze Kalkulationen und dann noch der andere Mist und nun bist du in meiner Wohnung – meiner Wohnung – und verhältst dich wie der King schlechthin. Das steht mir bis hier!«, ich machte mit meiner Hand eine Bewegung über den Kopf, holte tief Luft und redete weiter, „Es nervt unheimlich! Besonders diese Besitzergreifende; was bin ich! Irgendein Püppchen, das Mann für sich beansprucht? Ich bin ein Mensch; ich entscheide, was ich will und was nicht! Ich alleine

Ich redete mich mehr und mehr in Rage. Mein Hirn schrie dauerhaft ‚Stop’; aber ich ignorierte es. Alessandro wand sich mir zu, mit diesem – verdammte – Grinsen weiterhin auf seinem Gesicht und mit einer Hand stützte er seinen Kopf, als würde ich ihm etwas Spannendes erzählen.

Abrupt presste ich meine Lippen aufeinander. Langsam meldete sich meine Mauer – mein Verstand.

Lia, jetzt hast du den Vogel abgeschossen...’

»Fertig?«, fragte er mit einem amüsierten Unterton; meine Mauer setzte aus, ich boxte gegen seinen Oberarm.

Das hatte er verdient – genau – er hatte es verdient!

Was hast du getan? Lia! Was hast du...’

»Ich...«, presste ich hervor; wie macht man alles rückgängig, um seinen Job zu behalten?

Ich wusste keine Antwort.
 

Blitzschnell tat ich das, was mir einfiel. Ich sprang auf; ein Arm schlang sich um meine Hüfte und drückte mich zurück auf die Couch.

Bruno schaute zu mir hinüber, und als ob er es geahnt hätte – jetzt wurde es gefährlich – sprang er von der Couch.

Bruno, du Verräter! Noch nie etwas von Ehre gehört?’

Alessandro nahm eine Haarsträhne von mir und spielte damit. Er sagte nicht ein Wort.

Wieso sagte dieser – verdammt gut aussehende – Mann nichts?

Wog er seine Todesworte an mich ab?

Ich wich seinem Blick aus.

Sein Körper bebte; er musste unheimlich wütend sein. Das schlimmste an der Sache war, dieser Zorn richtete sich gegen mich.

Ich würde sterben!

Drei Buchstaben: tot!
 

Plötzlich lachte er.

Verdattert starrte ich ihn an. Er konnte sich vor Lachen nicht mehr festhalten und hielt sich den Bauch.

Er machte sich lustig über mich! Wie konnte er sich lustig über mich machen; ich bin keine Lachnummer!

Wütend schlug ich mit den Fäusten auf seine Arme. Er schlang seinen Arm um mich und zog mich an sich. Ich presste meine Hände gegen seine Brust; jeder Widerstand, den ich leisten konnte, brachte ich zustanden, mit dem Ergebnis...
 

Es brachte gar nichts!
 

»Ich finde das nicht lustig...«, wimmerte ich. Er vergrub sein Gesicht in meine Haare.

»Ich schon.«

»Du lachst über mich.«

»Das ist nicht ganz korrekt.«

Ein weiterer Versuch sich zu befreien, gelang – zu meinem Bedauern – nur, weil er es zugelassen hatte.

»Du bist zu süß.«

Irritiert glotzte ich ihn an.

»So etwas sagt man nicht«, rutschte ich es raus, bevor ich in der Lage war, über meine Worte nach zu denken.

Mist, meine Mauer musste kaputt sein. Ich kontrollierte mein Inneres. Es war vollkommen chaotisch, alles war kreuz und quer. Wenn ich nicht alles ordnete, würde das ein schlimmes Ende nehmen.

Er nahm mein Gesicht in beide Hände.

Toll, jetzt war ich auch noch gezwungen ihn anzusehen; in diese – viel zu hübschen – Augen.

»Und ich habe mich schon gefragt, was ich noch anstellen muss, bist du platzt.«

»Du hast das geplant?«, zischte ich; wenn es möglich gewesen wäre, wären in dem Moment Funken aus meinen Augen gekommen.

»Ja«, grinste er frech.

»Dafür verdienst du Schläge!«

Hatte ich das gerade laut gesagt?’, entsetzt glotzte ich ihn an; er verzog den Mund, ‚Ich hatte es laut gesagt; Scheiße!’

Seine Lippen formten sich zu einem breiteren Grinsen, falls es noch möglich war.

»Nur wenn sie von dir kommen.«

Ich knurrte.

»Und jetzt gehen wir erst einmal einkaufen. Ich hab Hunger.«

Befahl er mir gerade?

Ehe ich einen Laut von mir gegeben konnte, erhob er sich von der Couch.

Trotzig blieb ich sitzen und ignorierte ihn. Sollte er alleine gehen!

Genau...
 

Hey!

Kräftige Arme zogen mich hoch und ich stand auf meinen Beinen. Alleine der Gedanke mich wieder hinzusetzen, scheiterte an seiner dezenten Art – obwohl penetrante Art es besser traf.

Dennoch gab ich nicht klein bei und wehrte mich. Mit einem Ruck zog er mich an seine Brust; seine Lippen streiften mein Ohr: »Ich kann dich auch über die Schulter zum Supermarkt tragen.«

Schlagartig stoppte ich.

Das würde er nicht tun.

Skeptisch betrachtete ich sein Gesicht.

Er würde es tun...

Seufzend ließ ich meine Schultern hängen und gab mich geschlagen.
 

Mit zwei vollen Einkaufstüten stand ich in der Küche und räumte meine Schränke ein. Egal, wie gut er aussah, langsam machte er mich rasend. Selbst der schönste Mann der Welt könnte mich nicht mehr besänftigen.

Pfeifend schnitt er die Tomanten, gefolgt von den Karotten. Wie konnte er bloß die Ruhe weg haben.

»Du machst die Nudeln!«, befahl er mir; ich verzog den Mund, worauf er mich an sich zog und mir einen Kuss auf die Stirn hauchte.

»Bitte.«

Ein Versuch mich zu beschlichten.

Ich formte meine Augen zu schlitzen, riss die Packung Nudel an mich und tat, was mein Chef – dieser... – mir befahl.
 

Vor mir hin grummelnd gab ich dem Wasser eine priese Salz und lies vorsichtig die Nudel ins Wasser.

Inzwischen purzelte in einer Pfanne das Gemüse. Aufmerksam beobachtete ich ihn dabei. Mir war schon beim ersten Mal aufgefallen, mit wie viel Hingabe er sich darauf konzentrierte zu kochen.

Jeder Handgriff saß perfekt.

»Die Nudeln brennen an«, weckte er mich und kam mir zuvor, den Topf vom Herd zu nehmen.

»Sorry...«, nuschelte ich und schlich von dannen, allerdings ließ Alessandro das nicht zu; packte mich und riss mich zu sich. Eingefesselt von seinen Armen, spürte ich sein Kinn auf meinem Kopf und schnitt weiterhin den Schnittlauch.

»Ich lasse dich nicht gehen«, flüsterte er, küsste mein Haar und schmiss das Grünzeug in die Pfanne.

Nach einigen Minuten roch es appetitlich, dass ich es heimlich – er musste es ja nicht wissen – kaum erwarten konnte, zu essen.

Gleichwohl fragte ich mich, wie er das anstellen wollte, denn in der ganzen Zeit ließ er mich nicht mehr los.

Langsam gewöhnte ich mich daran.

Meine Mauer beschloss einen Waffenstillstand; was nicht bedeutete, er würde für immer halten.
 

Er servierte die Nudel mit der Soße – ich hatte noch nie selbst gemachte Soße gegessen und war schon ganz heiß darauf – auf zwei Teller. Bevor ich mich an den Esstisch setzen konnte, zog er mich weiter zur Couch und zwang mich dort platz zu nehmen.

Da die Couch im einiges bequemer war – eigentlich aß ich immer dort – gestattete ich ihm es; ausnahmsweise!

Ich zog meine Beine an und legte meinen Teller auf die Knie. Im Mund lief mir bereits das Wasser zusammen.

Der Hunger ignorierte, dass er mir nahe saß, dass wir uns an den Schultern berührten, dass er sein Bein um mich schlang und ich so auf seine Brust lag.

Ich wollte endlich essen.
 

Der erste Bissen war unwiderstehlich; ich bekam nicht genug. Es war vollkommen anders als das gekaufte Zeug.

In wenigen Minuten hatte ich alles verputzt und wäre zu gerne aufgesprungen, um mir noch einen Teller zu holen; da hielt er mir seinen hin. Ich dachte nicht darüber nach, schnappte mir den und fütterte weiter.

Langsam schaltete mein Hirn sich ein.

Entsetzt über meine Gier hörte ich ein Schmunzeln an meinem Ohr; weiche Lippen legten sich auf meinen Nacken und zogen eine Spur aus Küssen; dennoch aß unbeirrt ich weiter. Es war zu gut, um sich über sein Verhalten aufzuregen.

Leider traf es auf beides zu. Mein Körper reagierte auf seine Küsse mit einem Kribbeln.

Satt lehnte ich mich zurück und sah zu ihm hinauf. Mit seinem Finger wischte er die Reste von Soße von meinen Lippen und leckte sich diesen ab.

Diese kleine Geste jagte mir einen elektrischen Schlag durch die Glieder. Es war nicht schlecht, es war – wie beschrieb ich es – geradewegs erotisch.
 

Aber ich würde nicht klein bei geben; er war immerhin mein Chef - eine tabu Zone!

Auf seine Lippen legte sich ein Lächeln, rasch schaute ich weg und stierte auf meinen – ausgeschalteten – Fernseher. Die Fernbedienung war zu weit weg, um ihn einzuschalten und Alessandros Griff hielt mich in Schacht.

Für diesen Moment musste ich mich geschlagen geben.

Einfach ruhig atmen, Lia.’
 

Das Essen in meinem Magen hatte mich müde gemacht; die Stille leistete noch ihren Dienst dazu und dieser – Vollidiot – an Mann sagte ebenfalls keinen Ton. Pausenlos fielen mir die Augenlieder zu und schließlich ein letztes Mal, dass ich sie nicht aufbekam.
 

In meinen Träumen erlebte ich die Situation immer und immer wieder. Mein Kopf brauchte Stunden, um sie verarbeiten. Die Risse meiner Mauer waren so tief, dass Löcher darin entstanden, um auf die andere Seite zu blicken.
 

Jemand berührte mich an der Wange und strich sanfte Kreise. Unbewusst legte ich mich mehr hinein. Mein Körper reagierte von alleine und mein Verstand interpretierte es als Traum. Ein harmloser Traum, da würde schon nichts passieren.
 

Brunos kalte Nase stieß dauernd gegen meine Hand. Grummelnd öffnete ich meine Augen. Ein hechelnder Wischmopp sah mich an und legte seinen Kopf schräg. Ich lag in meinem Bett. Ruckartig erhob ich mich. Ich lag alleine in meinem Bett.

Erleichtert atmete ich auf.

Vielleicht hatte ich mir das auch alles eingebildet. Meine Fantasie war ziemlich – ach was redete ich – hervorragend darin Dinge realistisch wirken zu lassen.

Ich wuschelte meiner persönlichen Nervensäge durch das Fell.

„Dein Frauchen wird langsam verrückt“, kicherte ich.

Wenn alles ein Traum war, musste nur ich alleine damit zu Recht kommen. Ich würde am Montag ins Büro gehen, als wäre nie etwas gewesen.

Ich schwang mich aus dem Bett und schlenderte ins Wohnzimmer.

Genau, ich werde weiter arbeiten wie immer, denn es war alles –
 

Entsetzt blieb ich in der Türschwelle stehen.

Auf der Couch saß er, mein – persönlicher – Alptraum. Sein Kopf lag auf der Lehne, die Augen geschlossen. Leise schlich ich zu ihm und beugte mich über ihn. Er rührte sich nicht.

Oh Gott! Oh Gott! Oh – verdammter - Gott!

Lia, du musst aufwachen!’

»Wach auf!«, murmelte ich mir selber zu; jemand brummte.

Ich sprang bestürzt auf; zwei Schritte weg von der Couch.

Alessandro öffnete seine Augen.

»Was machen sie –«

»Du!«, knurrte er.

»Was machst du in –«

Er packte mich am Handgelenk und zog mich auf die Couch. Seine Beine kesselten mich ein und seine Arme schlangen sich um meine Mitte.

Zärtlich begann er meinen Nacken zu küssen. Das war ganz und gar nicht gut – nein, überhaupt nicht, das raubte mir die Kraft zum Denken.

»Müssen sie – ähm – Musst du nicht arbeiten?«

Toll, das war das Dümmste, was du sagen konntest, Lia.’

»Am Sonntag?«, lachte er in meine Haare. Er machte sich lustig über mich.

»Ich weiß nicht...«

»Nein, muss ich nicht«, beantwortete er meine Frage und knabberte an meiner Schulter. Das war gemein! Unfair! Wie sollte ich einen klaren Kopf behalten, wenn andauert der eigene Chef – ach was sage ich – der best aussehenste Mann der Welt – an mir herumknabberte.

Alleine der Gedanke ließ meine Körpertemperatur um einige Grad steigen und seine Berührung brachte mein Gleichgewicht vollkommen durcheinander.

»Kannst du mich auch mal denken lassen!«, hörte ich mich sagen. Irritiert, das laut ausgesprochen zu haben, stierte ich schockiert meine Zimmerwand an.

Ich verlor den Verstand.

Was war passiert?

»Und dir die Möglichkeit geben, dich zurück zu ziehen?«, er tat, als grübelte er, »Nein.«

»Du bist...«

Er griff nach meinen Haaren und zog leicht daran, dass ich meinen Kopf zurück werfen musste, um ihn anzusehen. Erwartungsvoll wartete er, ich spräche weiter.

»...unmöglich!«

»Nur das? Damit kann ich leben.«

»Du bist noch viel mehr! Du bist Besitz ergreifend, arrogant und viel zu sehr von dir überzeugt.«

»Redest du von dir?«

Ich formte meine Augen zu schlitzen. Dieser Mann machte mich wahnsinnig und ich war gerade auf 180°!

»Ich rede von DIR!«

»Hast du dann nicht etwas vergessen?«, fragend schaute ich ihn an, »Wie zum Beispiel, gut aussehend, hinreißend und unwiderstehlich.«

»Ich pump dir doch nicht noch Zucker in den Hinter!«

Er lachte auf, ließ meine Haare los, dass ich – endlich – seinem Blick ausweichen konnte. Allerdings ließ er mich nicht gehen, zog mich mehr an sich. Ich spürte seine harte Brust an meinem Rücken.
 

Seufzend fand ich mich langsam damit ab, ich müsste nach seiner Nase tanzen. Jedoch nur heute; ich würde ihm schon zeigen, dass es ab morgen vorbei war.
 

Zu meiner Überraschung war er früh aufgestanden und hatte alles für ein perfektes Frühstück geholt.

Nun saßen wir am Esstisch; er mit einem Grinsen im Gesicht, ich mit der Laune, es ihm aus dem Gesicht zu schlagen.

»Musst du heute nicht wieder zurück. Schließlich hast du keine Sachen hier.«

Sein Grinsen wurde breiter.

Er deutete mit dem Kopf zur Haustür hin. Ich kniff meine Augen zusammen und erkannte eine schwarze Reisetasche neben der Tür.

Und was sollte schon so besonders daran –
 

Reisetasche, das bedeutete doch nicht; mein Blick wanderte zu ihm. Er musste in meinem Gesicht die unausgesprochene Frage gelesen haben, denn er antwortete sogleich: »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich die Nacht hier verbringe.«

»Ich hab nur ein Bett!«, protestierte ich; kein gutes Argument, schließlich stand hinter mir eine breite Couch.

»Das passt schon.«

Moment, war das indirekt ein Geständnis in einem – in meinem – Bett zusammen zu schlafen. Plötzlich wurde mir schlecht.

Mein Magen schlug Loopings.

In meinen Träumen war es okay, mit Alessandro ein Bett zu teilen; aber in Real. Er war doch mein Chef!

Jedoch verlor die Bedeutung des Wortes nach und nach an Druck. Selbst mein Verstand sagte mittlerweile: ‚Ja und.’

Ich nippte aus meiner Kaffeetasse.

»Ich kann auch auf der Couch schlafen.«

»Nein!«

Zu spät realisierte ich, was ich gerade getan hatte. Ich hatte seine Worte nicht richtig verstanden; ich hatte gar nichts verstanden und das erst beste Wort, was mir einfiel war ‚Nein’.

Ob ich es noch richtig stellen konnte; ich musste es richtig stellen!

»Ich meine... Natürlich,... Es ist nur selbstverständlich, dass du auf der Couch schläfst. Schließlich sind wir kein Paar.«

»Natürlich.«

Er nippte ebenfalls an seiner Tasse, nichtsdestotrotz erkannte ich das fette Grinsen. Am liebsten hätte ich ihm für diese Gemeinheit geschlagen; eigentlich müsste ich mich selber schlagen. Mein Körper arbeitete gegen mich und mein Verstand verfiel in seine Einzelteile. Der vernünftige Teil wurde immer weniger.

Ich kniff meine Augen zusammen.

In meinem Kopf sah ich Bilder, wie ein kleiner Alessandro meine hart erarbeitete Mauer einfach einriss - wie in diesen blöden Zeichentrickserien - und mit Dynamit alles zerstörte.
 

Der Tag verlief – ich weiß nicht wie – ziemlich harmonisch – wenn man es so bezeichnen könnte. Bruno verbrachte nach etlichen Wochen mehr Zeit draußen, als er je erlebt hatte, und ich gewöhnte mich seltsamerweise an Alessandros Art. Wann immer sich ihm die Gelegenheit bot, drückte er mich an sich.

Irgendwie war es unangenehm und gleichzeitig beruhigend.

Nun saßen wir zusammen auf der Couch – Bruno saß ebenfalls auf der Couch, seinen Kopf auf meinem Schoss – und schauten dem sinnfreien Fernsehprogramm zu.

Je dunkler es draußen wurde, desto mehr wurde mir die Tatsache bewusst, dieser Mann neben mir würde nicht gehen; er bliebe über Nacht.

Mein Herz hatte in den letzten Stunden ein Akkordschlagen hinter sich und begann bereits abermals zu rasen.

Ein Blick auf die Uhr bestätigte, was mein Körper längst wusste; wir mussten langsam schlafen gehen. Geneigt die Nacht zum Tag zu machen, musste ich einsehen, ich würde den Montagmorgen übermüdet nicht im Büro überstehen.

Er schaute auf seine Uhr – die ausgezeichnet sein Handgelenk betonte – und stellte dasselbe fest wie ich.

»Wir sollten schlafen gehen.«

Ich nickte.

Er schaltete den Fernseher ohne Vorwarnung aus. Ich war noch nicht bereit. Selbst Bruno war gegen mich und hoppelte von der Couch zu seinem Körbchen.

Alessandro nahm die Reisetasche und verschwand im Badezimmer.

Verstört blieb ich sitzen, erinnerte mich daran, dass ich mich ebenfalls umziehen musste und das wollte ich nicht unbedingt in seinem Beisein.

Ich huschte ins Schlafzimmer, riss mir die Klamotten vom Leib und zog mich geschwind um.

Dabei stellte ich fest, mein Nachthemd – bestehend aus kurzer Hose und Top – war viel zu sexy; doch da öffnete sich die Tür zum Badezimmer.

Meine Augen begannen von unten an nach oben zu wandern. Eine normale Pyjamahose – akzeptabel - fehlte nur noch das passende – nicht vorhandene – Hemd. Fassungslos schluckte ich.

So wollte er doch nicht ins Bett gehen!

Mehrmals öffnete ich meinen Mund zum Widerspruch; heraus kam nichts.

Genervt tauchte ich unter die Bettdecke.

Sollte der Tag schnell zu Ende gehen.
 

Das Bett gab einer weiteren Person nach. Jede Vibration spürte ich. Zu meinem Glück blieb er oberhalb der Decke, dennoch spürte ich seine Hitze durch diesen dicken Stückstoff.

Ich presste meine Augen zusammen.

Schlaf!’, befahl ich mir; doch das Herzrasen würde es mir nicht leicht machen, was sich noch verstärkte, als sein Arm sich über meine Taille legte.

Dieser Gedanke war der bizarrste, den ich jemals hatte; ich – Emilia Walters – lag mit meinem Chef – Alessandro Smith – in meinem Bett.
 

Grundsätzlich hätte mein Verstand in dem Moment behauptet, ich würde träumen; doch das tat er nicht. Er akzeptierte zu meinem Bedauern die Sache.

Ich pustete die zusätzliche Luft aus mir und versuchte zu Schlafen. Irgendwann würde ich einschlafen, irgendwann...
 

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© Jessica Monse 2009

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Es ist längst da!

Dieses – bescheuerte – Irgendwann war selbst nach drei Uhr nachts nicht über mich gekommen.

Ich lag hell wach in meinem Bett und spürte einen - äußerst attraktiven - Mann in meinem Rücken, der vermutlich vorzüglich schlief, während ich – dumme Kuh – die Wand vor mir anstarrte.

Gut, dass es Make up gab; ich würde davon Tonnen auf meinem Gesicht schmieren müssen. In weniger als vier Stunden würde mein Wecker klingeln; das Erste, was ich zu mir nehmen würde, wäre Kaffee, Unmengen davon; Hauptsache ich sähe wach aus.

In meinem Kopf ging ich alles durch, was mich im Büro erwartete; ich hatte noch ein paar Aufgaben - diese schaffte ich im Schlaf - dazu müsste ich nicht wach sein; erleichtert seufzte ich.

»Wenn du nicht langsam schläfst, schläfst du mir im Büro ein«, flüsterte mir Alessandro ins Ohr. Entgeistert drehte ich mich mit dem Oberkörper um. Zwei Smaragdaugen stierten mich an.

War er ebenfalls die ganze Zeit wach?

Seine Finger spielten mit einer meiner Haarsträhne.

»Ich kann auch ohne Schlaf hervorragend arbeitend«, antwortete ich bissig und drehte ihm abermals den Rücken zu, und das war noch nicht einmal gelogen. Ich schaffte die meiste Arbeit im Schlaf.

»Das bezweifle ich nicht«, und was hatte er dann für ein Problem, »Doch will ich dich nach der Arbeit fit haben.«

Ich setzte an zu antworten, als ich seine Worte noch einmal Revue passieren ließ.

Nach der Arbeit? Was sollte das denn heißen?’
 

Ich drehte mich mit dem ganzen Körper zu ihm, was nicht gerade leicht war, da er auf der Decke lag und ich nichts von mir preisgeben mochte.

»Was willst du damit sagen?«

Er schwieg; statt einer Antwort formten sich seine Lippen bloß zu einem Schmunzeln.

»Du solltest schlafen.«

»Was für Arbeiten verpasst du mir noch?«

Er rutschte näher; leider lag ich bereits auf der Kante und konnte nicht weg rutschten, sonst säße ich auf dem Boden. Hingegen wog ich einen Moment ab, ob dieser nicht lukrativer war, als die Person vor mir. Mein Körper wählte klar ‚nein’; mein Verstand diskutierte mit sich selber und enthielt sich mit seiner Meinung.

»Wie kommst du darauf, dass es mit Arbeit zu tun hätte?«

Das war ein sehr gute Frage; wie kam ich darauf?

Ich –
 

Ich hatte einen Black out!

Mein Hirn war nicht nur leer, sondern ich wusste gar nichts mehr. Meine Lippen schlossen sich und ich betrachtete den Mann vor mir.

Seine Hand legte sich auf meine Wange und sein Daumen strich sanfte Kreise.

Normalerweise würde ich zurück weichen; würde ich das?

Ich wusste es nicht, legte meinen Kopf auf das Kissen und beobachtete ihn. Ernst schaute er mich an; merkte er, dass mein Verstand sich verabschiedet hatte?

Dass ich dem Wahnsinn verfiel?

Ich schloss meine Augen, länger ertrug ich den Anblick nicht. In meinem Kopf pochte es. Ein Arm legte sich unter meinem Kopf, der andere um meine Hüfte und zog mich näher an seine Brust.

Ich roch an ihm - deutlich sichtbar - er konnte es nicht übersehen.

Sicher hätte mein Hirn geschrieen, wie ich es wagte es offensichtlich zu zeigen; aber nichts.

Schwarze Leere war in meinem Kopf und lediglich mein Körper reagierte auf das, was seit Menschengedenken eingetrichtert wurde.

Langsam – endlich – schlief ich ein.
 

Das gleichmäßige Klingen meines Weckers riss mich aus meinem traumlosen Schlaf. Ich spürte einen heißen Atem auf meiner Haut. Das klirrende Etwas erlosch.

Mein Kopf fühlte sich schwer an, als hätte ich Unmengen an Alkohol getrunken. Meine Hände tasteten über eine harte Brust; meine Finger zeichneten die Konturen nach. Allmählich fuhren alle Funktionen hoch. Meine Mauer war gestern Nacht an etlichen Stellen eingebrochen; die Nacht hatte sie soweit herstellt. Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Mein Kopf lag nicht wie üblich auf einem Kissen.

Wunderschöne Augen lächelten mich an.

»Wie geht es dir?«, fragte er mich leise; ahnte er von meinen Kopfschmerzen?

Ich antwortete betäubt mit einem Lächeln. Es war ehrlich; bis ich das gekünstelte abermals nutzen konnte, musste ich mich weiter regenerieren.

Mit den Fingern strich er meine Haare aus dem Gesicht. Mit großen Augen stierte ich zu ihm hinauf.

Ich musste wunderlich aussehen, denn er biss sich auf die Lippen; allerdings sah ich sein Grinsen dennoch und formte meine Augen zu schlitzen.

Er nahm mein Gesicht in seine Hände; als ob mich das beschwichtigen würde!

Ehe ich was sagte, zog er mich an sich und küsste mich.

Ich spürte seine Brust unter meinen Händen; ich fühlte ihn überall. Ich musste mich wehren. Mein Verstand erwachte langsam.

Endlich hatte ich die Kraft mich loszureißen.

»Was - !«

Jeder Widerspruch wurde von seinen Lippen vereilet. Das Spiel trieben wir einige Male; schließlich gab ich mich seinem Kuss hin.

Er war genauso dickköpfig in dieser Hinsicht wie ich und nach langen Abwegen – leider – war er mir überlegen.

Zärtlich knabberte er an meiner Unterlippe. Ein Kribbeln jagte durch meinen Körper. Mein Magen schlug einen Looping, der zu einer Schraube wurde, da seine Zunge um Einlass bei mir bat.

Das war zu viel!

So viel vertrug ich nicht!
 

Ich riss mich los; dieses Mal ließ er mich gehen. Mit einem Ruck sprang ich vom Bett und flüchtete ins Badezimmer. Die Tür fiel ins Schloss und ich atmete tief durch.

Mir war schwindelt. Ein Kampf tobte in mir, rausgehen und meinen Stolz über Board werfen oder tapfer dagegen ankämpfen.

Die logische und bessere Entscheidung war dagegen anzukämpfen. Ich zwang mich die Zähne zu putzen, um zu ziehen und stand fünfzehn Minuten später bereit für das Büro.

Alessandro war ebenfalls fertig. Er schenkte Bruno einige Streicheleinheiten, die der wandelnde Pelz genüsslich entgegen nahm. Der Gedanke – diese Hände lagen vor wenigen Minuten noch auf mir – war bizarr; es war alles ein Traum. Genau, das war gut - ein Traum.
 

Alessandro blickte auf und schenkte mir das schönste Lächeln, was ich jemals bei diesem Mann gesehen hatte.

Es ist alles ein Traum...’

Eine Strähne war aus meiner Hochsteckfrisur gefallen, liebevoll strich er sie hinter mein Ohr und beugte sich zu mir hinunter.

Geneigt zurück zu weichen, weigerte sich mein Körper. Ein zarter Kuss legte sich auf meine Stirn.

Er war bloß flüchtig und längst vorbei, bevor ich es wirklich realisierte, dennoch nockte es mich aus. Ich griff nach seinem Jackett. Meine Knie sackten weg; eben noch schlangen sich zwei Arme um mich und schützten mich vor dem Fall.

Das müsste ich unbedingt klären.’
 

Blinzelnd betrachtete mich Natasha.

»Und dir geht es gut?«, hakte sie etliche Male nach; ich nickte und konzentrierte mich auf die Arbeit.

Ich stürzte mich regelrecht darauf und nahm alles an, was ich kriegen konnte.

»Ich bin so erleichtert, dass es dir gut geht. Du warst plötzlich verschwunden und es tut mir so Leid«, jammerte die Latinerin, »Was war passiert? Du warst nicht mehr da, bist nicht an dein Handy gegangen...«

»Mein Handy!«

Schreckhaft zuckte Natasha zusammen.

Unbeirrt griff ich nach meiner Tasche. Zuerst fand ich mein privates Mobiltelefon – mehrere Anrufe von Natasha und meine Mom – dann das Dienstliche.

Ich rief die Liste der letzten eingegangen Rufnummer auf. Dort fand ich, was ich suchte – Rolands Handynummer.

Rasch wählte ich die Nummer und wartete. Das Tut-Zeichen schallte mir entgegen, dann ein Klick und Rolands Stimme: »Miss Walter?«

»Können wir uns treffen, Mr. Jackson?«

Sofort an die Sache gehen und geschäftlich klingen’, trichterte ich mir ein. Die andere Leitung schwieg. Natasha sah mich skeptisch an. Ich winkte mit einer Handbewegung ab und setzte mir mein gekünsteltes Lächeln – welches wieder klappte – auf.

»Wann?«

»Ich habe in einer Stunde Mittag; seien sie bitte in der Kantine.«

Roland fragte zum Glück nicht weiter nach und stimmte zu. Vermutlich dachte er an das Projekt, was ich nur befürworten konnte.
 

Wir saßen abseits in der Kantine.

Ich nippte an meinem Kaffee; Roland wartete darauf, dass ich anfing zu reden.

Ich umklammerte die Tasse und atmete tief durch. Wie sollte ich anfangen; es war mir peinlich.

Ich presste meine Lippen aufeinander.

»Was haben sie, Miss Walter? Ist etwas mit dem Projekt nicht in Ordnung?«

»Nein, da ist alles korrekt, es ist...«

Gott, wie soll ich das erklären...?’

»Ich brauche ihren Rat«, sprach ich mit leiser Stimme; schon einmal ein guter Anfang. Roland legte seine Stirn in Falten.

»Ein Rat von mir?«

»Ich weiß sonst nicht, zu wem ich gehen könnte, nicht in dieser Hinsicht...«

Ich presste meine Lippen fester zusammen und ging im Kopf erneut alles durch. Mir blieb nichts anders übrig, als diesen Schritt zu gehen; es musste sein.

»Jemand, der sehr von sich eingenommen ist, wie kann man ihm verständlich machen, dass es besser wäre, sich nicht wie ein Paar zu verhalten?«

Ich blickte ihn an und betete, meine Worte nicht zu wiederholen; denn ein weiteres Mal schaffte ich es nicht. Roland verzog grübelnd den Mund.

»Sagen sie ihm doch einfach die Wahrheit.«

»Und wenn das nicht geht; wenn er die Wahrheit nicht begreift?«

Meine Miene war ruhig, innerlich war ich zerrissen; Menschen würden es bezeichnen, kurz vor einem Weinkrampf.

»Wie kommen sie darauf, dass er die Wahrheit nicht begreifen wird?«

»Ich habe es versucht.«

»Mm...«

»Vielleicht haben sie es gesagt, aber nicht gemeint.«

»Das kann nicht sein«, meine Mauer ist perfekt; die Menschen denken dauernd das, was ich sage; niemals könnten sie es anders verstehen. Meine Finger klammerten sich fester um die Kaffeetasse.

Schweigend tranken wir. Ich beobachtete die Leute. Es war das erste Mal, dass ich in der Kantine war. Es war ein großer heller Raum und mit perfektem Blick auf New York City.

»Mögen sie denn den Mann?«

Perplex glotzte ich ihn an.

So ein Schwachsinn!’

»Nein«, hörte ich mich nüchtern sagen. Das war eine – fette, riesige – Lüge; aber ich werde mir nichts anmerken lassen.

Roland schmunzelte.

»Wieso sträuben sie sich davor?«

»Das tue ich nicht.«

»Sind sie sicher?«, lächelte Roland und biss in seinen Donat.

»Ich bin mir hundertprozentig sicher«, log ich und wich seinem Blick aus.

»Dann sollten sie ihm die Wahrheit sagen«, Roland stand vom Stuhl auf; er stützte seine Hände auf der Lehne ab, »Nur, lügen sie nicht, weil es vielleicht kompliziert sein könnte.«

Ich sah ihn bloß an; mir fielen keine passenden Worte dazu sein.

»Wieso lassen sie sich nicht einfach mal fallen; es tötet sie keiner, wenn sie ihren Verstand ausschalten. Und Alesso würde sich freuen.«

»Was?!«, rutschte mir ein Schrei raus; woher wusste er es? Wie konnte das sein?

Ich prüfte meine Mauer; mein Gesicht war vollkommen gefühllos.

Alesso – Er hat gepetzt, dieser...’

»Miss Walter?«, ich blickte auf, »Manches Mal ist der Verräter der eigene Körper. Außerdem, wieso sollten sie sonst mit mir über diese Person reden, wenn es nicht er wäre?«
 

Erst nachdem Roland aus der Kantine war, brach ich stöhnend zusammen.

Wunderbar jetzt wusste er es auch; nun hatte sie mich in der Hand.

Verdammt!
 

Alessandro lief mir – zum Glück - nicht über den Weg und ich musste ausschließlich das Übliche machen. Natasha beobachtete mich bei jedem Schritt; dauern musste ich ihr versichern, dass es mir hervorragend ging.

Ich schaltete meinen PC aus, legte meine letzte Notiz in die dementsprechende Ablage und schulterte meine Tasche. Den ganzen Nachmittag blieb der Glaskasten leer.

Auf dem Weg zum Aufzug fragte ich mich unbewusst, was Alessandro wohl machte? Mist, jetzt dachte ich schon an ihn!

Ich kniff meine Augen zusammen und atmete tief durch.

Die Tür des Aufzugs öffnete sich zu beiden Seiten.

Innerlich betroffen, bewarte mich meine Mauer davor den älteren Mr. Smith anzustarren, stattdessen nickte ich höflich und stieg in die Kabine.

Die Türen schlossen sich; ich war eine Gefangene.

»Kommen sie gut voran?«

Lächeln, Lia, Lächeln!’

Ich nickte.

»Und mein Sohn bombardiert sie auch nicht mit arbeiten.«

Ich schüttelte meinen Kopf.
 

Moment, sagte er gerade Sohn!!!
 

Gott, war meine Willenskraft stark, sonst säße ich nun auf dem Boden des Aufzugs. Stetig wich mein Blick zur Anzeige. Es dauerte – ewig, unendlich – bis dieses blöde Ding ankam.

»Hat er es ihnen nicht gesagt?«

»Was?«, fragte ich höflich.

»Geht es ihnen nicht gut?«

Jetzt der auch noch; sah mir jetzt die ganze Welt an, dass ich mich beschissen fühlte?!’

Ich schüttelte meinen Kopf.

»Nein, ich mag nur Aufzüge nicht«, flunkerte ich, biss mir auf die Lippen; toll, nun belog ich auch noch Alessandros Vaters.

»Sie sehen bleich aus. Ich sollte veranlassen, dass sie sich lediglich um das Projekt kümmern.«

»Das müssen sie nicht; mir geht es sehr gut.«

Langsam ertrug ich mich selbst nicht mehr. Wie konnte ich in dem Zustand immer noch perfekt lügen, mit diesem – verdammt beschissenem – perfektem Lächeln.
 

Die Fahrstuhltür öffnete sich zu beiden Seiten – Erleichterung – ich huschte hinaus und verabschiedete mich. Ich schaffte es noch dem alten Dave zu winken und schlenderte – so lässig, wie ich konnte – zur Sitzecke. Dort konnte mich der alte Mann nicht sehen und ich brach in einem Sessel zusammen.

Mir war heiß und kalt gleichzeitig. Es machte mich wahnsinnig und all meine Gedanken stürzten auf mich ein.
 

Mein Magen baute sich langsam seinen eigenen Vergnügungspark; rein aus Achterbahnen.

Und dauert drehte sich alles um einen – beschissenen - Mann.

Stöhnend stützte ich meinen Kopf mit den Händen und sog tief die Luft ein.

»Das schaffst du, Lia! Du bist ein starkes Mädchen!«

»Das finde ich auch.«

Fassungslos blickte ich auf, direkt in das Gesicht von Alessandro; den Mann, den ich am aller wenigstens sehen wollte.

Bleib cool, bleib cool.’

Unweigerlich stiegen mir die Tränen ins Gesicht. In dieser Minute wurde mir zu sehr bewusst, wie gern ich diesen Idioten doch hatte. Wie hatte er es bloß geschaffte, sich soweit in mein Herz vor zu drängen.

Ich ballte meine Hände zur Faust und betrachtete den Tisch.

»Bevor du fragst, es geht mir gut.«

Er lachte auf; mein Körper reagierte darauf.

»Du überlegst also wie du mich am besten loswerden willst«, setzte er sich zu mir in dem selbem Sessel; jedoch rutschte ich nicht von meinem Platz. Er kann sich nicht alles krallen!

Das war mein Platz.

Und Roland würde ich lunchen; ich hätte es wissen müssen!
 

Zu zweit saßen wir in dem Sessel für - nur eine - Person. Ohne darüber nachzudenken, was andere dachten, küsste er mich auf die Stirn. Einige neugierige Mitarbeiter drehten sich nach uns um.

»Das sorgt für Gerede«, brummte ich.

»Sollen sie doch reden. Mir macht das nichts aus.«

Ihm...’, ich rollte mit den Augen, ‚Für ihn hatte es auch keine Konsequenzen.’

»Ich hab mit meinem Vater geredet; anscheinend hast du ziemlich fertig gewirkt.«

»Mir geht es gut!«, ratterte ich die Floskel perfekt hinunter. Ich hatte sie schließlich auch nur... – wie oft gesagt?

»Natürlich, deswegen sitzt du auch hier und klammerst dich an deine Tasche fest«, schmunzelte er und spielte mit seiner Uhr; anscheinend machte er das ständig bei ernsten Gesprächen oder wenn er –

»Bist du nervös?«, rutschte es mir raus; noch nie hatte ich ihn derartig überrascht gesehen, wie jetzt.

Irgendwie süß...’

Wir beide setzten gleichzeitig an zu sprechen; dann machte er ein Zeichen, dass ich beginnen durfte.

»Sorry, ich wollte nicht... Du spielst nur immer an deiner Uhr, wenn wir reden. Nicht immer... ähm...«

Was labere ich für einen Mist?’

»Vielleicht«, antwortete er mit einem scheuen Lächeln auf meine Frage von vorhin, »Es ist schwer dich zu einzuschätzen; aber langsam komme ich dahinter.«

Ich nickte; so toll fand ich das nicht.

»Ist es nicht unsinnig, zu wissen, wie ich ticke, wenn ich mir doch keine Beziehung zu dir wünsche.«

»Vor ein paar Wochen hätte ich dir das glatt geglaubt.«

»Und nun nicht mehr?«

Ich spitzte meine Lippen; das passte mir ganz und gar nicht!

Er schüttelte seinen Kopf und lächelte mich an, dabei stieß er mit der Schulter gegen meine. Neckte mich der Kerl?!

»Ich wusste, dass es schwer werden würde; aber das ist es mir wert.«

Fraglich hob ich eine Augenbraue.

»Du gehörst mir.«

»Du bist sehr Besitz ergreifend! Ich gehöre nur mir

»Natürlich«, kicherte er.

Hätte ich mich nicht erinnert, wir waren immer noch in der Firma, ich hätte ihm spätestens jetzt meine Faust gegen den Arm geboxt.

»Wir sollten los; Bruno wartet.«

Ich nickte, denn jedes weitere Wort wäre an diesem Mann verschwendet.

Mein Magen hatte sich beruhigt und ich konnte ohne Bedenken gehen.
 

Begeistert begrüßte Bruno uns, selbstverständlich war er hin und weg von meiner Begleitung, die sich hinreißend um ihn kümmerte.

Männer!

Vielleicht sollten diese beiden sich zusammen tun; ich finde, sie haben sich gefunden.

»Was magst du heute?«, richtete er die Frage an mich, während er mit Bruno spielte.

»Willst du mich mästen?«, fauchte ich; er antwortete mit einem Lachen.

»Also leichte Kost.«

Wieso tat er das; ich hatte ihm nicht gestattet eine weitere Nacht in meinem Apartment zu verbringen. Seines war doch um längen besser; wieso verbrachte der Kerl seine Zeit hier?

»Dann weiß ich was«, weckte er mich, klopfte sich die Hundehaare von seinem Jackett sowie Hose und verschwand erst einmal im Bad.

Genervt schmiss ich mich auf die Couch. Sofort war Bruno zur Stelle. Geistesabwesend wuschelte ich durch seine Mähne.

»Du bist auch gegen mich, richtig?«, seufzte ich und betrachtete mit schrägem Kopf meinen Wischmopp, wie er mich betrachtete.

Die Badezimmertür öffnete sich; automatisch begann mein Herz zu rasen. Was sollte es sonst anders tun, wenn Alessandro mit nichts bekleidet war außer seiner Pyjamahose? Er fühlte sich eindeutig zu heimisch.

Bruno sprang von der Couch und bettelte um weitere Streicheleinheiten, doch Alessandro flüsterte ihm was in sein Ohr und verschwand pfeifend in der Küche.

Sanft massierte ich meine Schläfe.

Schließlich erhob ich mich und ersetzte meine Bürokleider durch bequeme Sachen, wie Jogginghose und Top.
 

Ich liebte es barfuss über das Holz des Fußbodens zu gehen.

Es war sonderbar; jedoch fühlte ich mich wie die ersten Wochen in dieser Wohnung, alles war neu, erfrischend und aufregend.

Langsam hob sich meine Laune, dass ich mich vor Bruno setzte und begann sein zerwuseltes Fell zu bürsten.

Er liebte diese Aufmerksamkeit, leider bekam er diese zu selten. Wenn ich schon das hier alles erleben musste, sollte wenigstens der Kleine es gut haben.
 

Intensiv arbeitete ich mich Schritt für Schritt voran und das Fell wurde von Mal zu Mal kraftvoller. Schade, dass es nicht blieb, wenn ich mit der kleinen Nervensäge hinausging.

Die Geräusche hallten aus der Küche, sonderbarerweise beruhigten sie mich. Sobald sie stoppten, blickte ich auf. Alessandro beobachtete mich von der Türschwelle aus; letzten Endes setzte er sich zu mir.

Bruno rührte sich nicht; machte ich Anzeichen mit dem Bürsten aufzuhören, legte er eine Pfote auf meine Hand.

Schweigend saßen wir da; hoch konzentriert vollendete ich meine Arbeit, zupfte das Fell aus der Bürste und schmiss es in einem Mülleimer.

Alessandro lächelte bloß, verschwand in der Küche und kam mit einem Schälchen zurück.

»Nudelsalat?«

»Du wolltest magere Kost.«

»Ob Mayonnaise mager ist?«

»Wir können es ja abtrainieren«, scherzte er; ich fand das überhaupt nicht lustig.
 

Stillschweigend setzten wir uns auf die Couch, lauschten dem Fernseher und ich musste – zähneknirschend – feststellen, dieser Salat war - wie seine Gerichte davor - köstlich.

»Du kochst zu gut«, murmelte ich nach einer Weile; mittlerweile war ich bei der dritten Portion angelangt.

»Du musst nichts essen.«

Ich strafte ihn mit einem bösen Blick – nur kurz – denn ich musste noch diese Schale aufbekommen, auch wenn der Magen längst nicht mehr wollte. Es war zu gut, um aufzuhören.

»Und dennoch überzeugt dich das nicht.«

Bittend sah ich ihn an; er lachte in sich hinein.
 

In dieser Nacht konnte ich besser schlafen – besser gesagt – überhaupt schlafen. Zu meiner Überraschung gewöhnte ich mich daran; was allerdings nicht gut war. Wenn er eines Tages nicht mehr da wäre, würde es mir das Herz brechen.

Aber dafür hatte ich meine Mauer; niemand würde es mitbekommen, wie ich Stück für Stück mein Herz zusammen baute, während ich der Welt eine ungebrochene Emilia Walter präsentierte.

Der Verstand siegte das Herz...
 

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© Jessica Monse 2009

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Auf den Geschmack gekommen?

Der – erbahmungslose – Morgen kam zu früh. Das klirrende Geräusch des Weckers weckte mich aus einem Traum, den ich beim ersten Aufschlagen meiner Augen vergessen hatte. Schlaftrunken drehte ich mich zur anderen Seite und blinzelte in das Gesicht eines Mannes.

Schockiert rutschte ich zurück und knallte hart auf dem Boden auf. Ein Lachen schallte durch den Raum, während mein Oberkörper sich hochzog.

Haha! Witzig! Ich finde das ist nicht lustig!’

Meine Augen formten sich zu schlitzen; dennoch ließ er sich das Grinsen nicht aus dem Gesicht nehmen, war längst bei mir und küsste mich.

Verdattert ließ ich ihn gewährend; dann erinnerte ich mich, ich müsste mich wehren, jedoch war er bereits im Badezimmer verschwunden.

Bruno kroch zu mir. Ich pustete mir meinen Pony aus dem Gesicht und betrachtete das Fellknäuel.

»Wir sollten uns unbedingt mal über deinen Job unterhalten. Du hast auf ganzer Linie versagt«, brummte ich; als ob Bruno es wusste, zuckte er mit dem Kopf und dackelte frech von dannen.

Das Rauschen des Wassers machte mich darauf aufmerksam, Alessandro stand unter der Dusche. Geneigt hinein zu schauen – wofür ich mich Ohrfeigen müsste, so einen Gedanken überhaupt zu haben – zog ich mich um.
 

Lieblos biss ich von meinem Toast ab, als mir ein gewisser jemand diesen klaute. Mit einer schnellen Bewegung drehte ich mich um - die Lippen zum Motzen geöffnet - doch es kam kein Ton aus mir heraus. Mit nichts bekleidet, außer einem Handtuch um die Hüften, stand er – frech grinsend - vor mir. Ich drehte mich flugs um und machte mir einen Neuen.

»Mache ich dich nervös?«

Er stand dicht hinter mir; ich spürte wie seine Brust sich hob und senkte. Das war eindeutig zu nah; ich konnte praktisch alles spüren.

Mit einem Schlag errötete ich.

»Ja«, nuschelte ich, irritiert über meine Ehrlichkeit.
 

Er begann an meinem Ohr zu knabbern und wenn das nicht genug war, zog er eine Linie aus zärtlichen Küssen vom Ohr bis zu meiner Halsbeuge.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, denn ein Drang in mir, wollte mich aufstöhnen lassen; ich gönnte ihm das nicht. Er legte seine Hände auf meine und lockerte die Anspannung.

Abermals knabberte er an meinem Ohrläppchen und fand meine empfindliche Stelle; ich stöhnte auf.

Verärgert über meinen Körper biss ich mir auf die Unterlippe.

»Lass das!«, zwang ich mich zu sagen.

»Warum, dein Körper liebt das?«

»Das ist – «

Wieder biss ich mir auf die Lippen; immer schwerer fiel es mir ruhig zu bleiben. Mein Verstand und mein Körper waren gegen mich. In meinem Kopf schwirrten Bilder umher, die ich lieber tief – sehr tief – verbannen sollte.

Seine Finger suchten sich einen Weg unter meine Bluse. Jede Stelle, die er berührte, brannte lichterloh. Das war kaum zum Aushalten; wenn nicht etwas passierte, schaltete sich mein Verstand vollständig aus.

Ich...

Seine Hände wanderten – nachdem sie einen Weg durch den schon dünnen Stoff gefunden hatten – weiter meinen Bauch entlang. Mein Magen überschlug sich; in einem Moment dachte ich, es bräche was hinaus.

Ich musste das unterbinden!

»Wir müssen zur Arbeit!«, würgte ich hervor; enttäuscht ließ er von mir ab.
 

Erst als ich wirklich sicher war - ich war alleine in der Küche - rutschte ich zu Boden. Mein Herz raste; es sprang sicher gleich aus meiner Brust.

Seufzend verbarg ich mein Gesicht.

Lia... Das endet nicht gut...’
 

Im Büro überschwemmte mich der nächste Schock.

Auf Wunsch des alten Mr. Smith – Alessandros Vater - sollte ich mich lediglich um das aktuelle Projekt kümmern; wenigstens durfte ich meinen Platz bei Natasha behalten.

Gelangweilt ging ich die Kalkulationen durch; allerdings wurde ich von einer Flut von Mails überrumpelt und musste nun mehr Kleinkram machen.

Zähneknirschend arbeitete ich mich voran.

Mit der Hand stützte ich meinen Kopf und sah zu Natasha rüber, die mich wie ein Alien ansah.

„Du schaust, als sei ich ein Monster“, scherzte ich und musste kichern. Nun blinzelte sie noch mehr. Mit dem Finger deutete sie hinter mir; ich drehte mich um und irgendwie war das so etwas von klar.

Alessandro lehnte sich lässig an meinem Tisch, das Jackett war offen, seine Mähne zerzaust. Sonderbar; normalerweise achtete er auf sein Aussehen.

»Du siehst beschissen aus«, gackerte ich. Natasha fiel die Kinnlade runter; Alessandro schmunzelte und verschränkte die Arme vor seiner Brust.

»Und du siehst auch nicht besser aus, deine Mauer...«, grinste er, »Ich brauch dich gleich im Büro.«

Ich nickte.

Natasha wartete einige Minuten und stürzte dann auf mich ein.

»Das musst du mir erklären«, fauchte sie. Vorsichtshalber schob ich meinen Stuhl einige Meter von ihr entfernt. Sie beugte sich über den Tisch und funkelte mich an.

»Emilia, was war das gerade eben?“«

Ich zuckte mit den Schultern.

»Seit ihr ein«, sie machte eine Kunstpause, »Ein Paar

Ungeduldig wartete sie auf eine Antwort; ich würde erst von ihr davon kommen, wenn sie die nötigen Antworten hatte.

»Nicht wirklich«, setzte ich an und das war nicht gelogen.

»Das klang gerade ganz anders

»Das täuscht«, lachte ich.

»Sicher? Hast du gerade mitbekommen, wie du dich verhalten hast und jetzt noch?«

»In wie fern?«

»Du lachst und hast gerade deinen Chef... nun ja...«

»Habe ich das?«

Natasha schüttelte ihren Kopf.

»So wie ihr beide euch verhalten habt, das kann nur eines bedeuten.«

Ehe ich antworten konnte, rief Alessandro mich in den Glaskasten. Ich schnappte mir die Unterlagen und verschwand.

Zum ersten Mal war ich erleichtert - von ihm - in die Höhle des Löwen gerufen worden zu sein.
 

Ich schloss die Tür.

Neugierig sah Natasha mir nach, wie die anderen Arbeitskollegen. Anscheinend war es zu deutlich, dass mein Verhalten und sein Verhalten nicht normal waren.

»Ich hab nie neusten Zahlen«, kam Alessandro gleich auf das Thema; ich streckte eine Hand nach dem Zettel aus, den er mir hinhielt. Flüchtig überflog ich; bis jetzt sah alles hervorragend aus. Ich bin eben gut. Innerlich kicherte ich.

»Sieht gut aus«, sagte ich kühl und bemerkte seinen musternden Blick.

»Komm her!«

Ich war doch da; er deutete mir an um den Schreibtisch zu gehen. Genervt lief ich herum und verschränkte die Arme. Er grinste frech.

Die Lesebrille stand ihm ausgezeichnet; das machte ihn noch anziehender. Es betonte sein kantiges Gesicht.

»Nimm mir die Brille an«, flüsterte er; verwirrt sah ich ihn an. Ich formte meinen Mund zu einem Strich, geneigt einen Widerspruch zu ergeben; jedoch protestierte mein Verstand nicht. Seltsam...
 

Ich beugte mich nach vorne und griff vorsichtig mit beiden Händen nach seiner Brille. Er schloss die Augen. Einen Moment verharrte ich.

Noch nie hatte ich ihn mir so genau betrachtet, wie ich es nun tat. Er hatte sogar leichte Sommersprossen.

Dann erinnerte ich mich, ich sollte ihm das Ding von der Nase ziehen. Sanft nahm ich die Brille ab und hielt sie in der Hand fest. Weiterhin blieb ich nahe an seinem Gesicht; seine Lippen sahen erstaunlich einladend aus.

Mein Verstand musste einen Kurzschluss haben – genau das war es – eine Fehlfunktion, denn ich beugte mich weiter nach vorne und tastete mich zärtlich mit meinen Lippen auf seine voran.

Zuerst sehr zögernd, dann knabberte ich leicht an seine Unterlippe. Er schmunzelte; reflexartig zog ich mich zurück.

»Das hast du absichtlich gemacht«, kam ich ihm zuvor. Er setzte sich die unschuldigste Miene auf, die er konnte; aber das zog nicht bei mir. Das versuchte Bruno dauernd!

Ich verschränkte die Arme.

»Du hast mich reingelegt!«

Er lachte.
 

Schweigend stand ich ihm gegenüber.

Wieso sagte er nichts?’

Endlich bewegte er sich; leider nicht mit dem gewünschtem Ergebnis – welches ich selber nicht wusste, was es war – packte meine Handgelenke und schmiss mich auf seinen Schoss.

»Du hättest mir auch einfach nur die Brille abnehmen können«, hauchte er, nahm mir seine Brille aus der Hand und legte sie auf den Schreibtisch.

Unbewusst legte ich meinen Kopf auf seine Schulter und musste über seine Worte nachdenken.

Zugegeben, er hatte Recht; doch das sollte ich einem Mann – besonders ihm – niemals sagen.

»Ich weiß, dass ich Recht habe.«

»Wer sagt...!«, protestierte ich.

Er antwortete nicht, hob meinen Kopf mit zwei Fingern unter meinem Kinn und küsste mich.

Eigentlich könnte ich mich daran gewöhnen – Not gedrungen natürlich – es fühlte sich schließlich nicht schlecht an.

Es fühlte sich nach mehr an, weit aus mehr.

Schlagartig prallten die Bilder aus meinen Träumen auf mich ein und noch weit aus mehr. Ich stellte mir Sachen vor, die ich alles anstellen wollte. Erschrocken entriss ich mich ihm und sprang auf.
 

War es in diesem Büro plötzlich unendlich heiß geworden?

Ich drückte meine Hände auf die Wangen. Ich musste aussehen, wie eine rote Ampel; zumindest fühlte es sich so an.

»Ich sollte weiter arbeiten...«

Ich flitzte zur Tür. Die Hand lag bereits auf der Klinke, bis ich mich erinnerte, ich konnte doch nicht raus rennen, wenn ich aussah wie eine Verkehrsampel.

Verzweifelt knabberte ich an meinen Fingernägel.

Ein Arm schlang sich um meine Hüfte.

»Ist die Mauer kaputt?«

»Das finde ich nicht lustig!«, fauchte ich, »Und würdest du das lassen, das macht es schlimmer.«

Er lachte und nahm zwar seinen Arm nicht von mir; jedoch machte er sonst nichts. Ich seufzte und ließ meinen Kopf zurück auf seine Schulter fallen.

»Du machst mich wahnsinnig«, faselte ich vor mich hin.

»Das hoffe ich doch; ich gebe mir große Mühe.«

Ich kicherte.
 

Nach einer Weile hatte ich mich beruhigt und schlich aus seinem Büro. Ich war dankbar, dass er keine weiteren Versuche startete die Verkehrampel aus mir hervor zu holen.

Natasha saß mit verschränkten Armen und übergeschlagenen Beinen auf ihrem Stuhl.

»Ich höre!«

Ich biss mir auf die Lippen. Irgendwie tat es mir auch Leid, also holte ich aus und erzählte ihr die ganze Geschichte.

Ihre Augen wurden von groß, zu riesig und am Ende waren sie überdimensional.

»Wow!«, war ihr erster Kommentar, danach noch fünfundzwanzig Mal »Wow!«, abgelöst durch ein »Das ist ja unglaublich.« und wieder zurück zu dem »Wow!«

»Aber bitte halte Stillschweigen darüber.«

Sie nickte.

»Denn wie du siehst, ist es nichts.«

»Das würde ich nicht behaupten.«

Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch.

»Nur weil ihr nicht sagt, ihr seit ein Paar, heißt es nicht, dass es nicht so ist. Manches geht einfach heimlich von statten.«

Ich lachte auf.

»Ach was, das gibt sich nach dem Projekt wieder, schließlich schlafen wir nicht miteinander.«

»Sei dir da nicht so sicher...«, nuschelte sie und würgte ihre Worte hinunter, denn Alessandro kam aus dem Glaskasten.

Er stellte sich neben meinen Schreibtisch hin und deutete mit seinem Blick zur Uhr. Ich hatte Feierabend.

Natasha hatte längst ihren PC runter gefahren, nur ich hinkte hinter her. Im Grunde genommen auch nicht, denn für mich war es normal länger zu arbeiten; normalerweise, jetzt nicht mehr, dank –
 

Mein Blick wanderte zu dem Mann, der auf mich wartete und sich an meinen PC bediente!

Hey!

Dreist – wie er war – hatte er ihn hinunter gefahren; ich krallte mir meine Tasche, verabschiedete mich von Natascha und schlenderte mit Alessandro den Flur entlang.
 

Ich winkte dem alten Dave zu, der ziemlich überrascht war, mich mit Alessandro zusammen zu sehen.

Wir liefen durch den Haupteingang, als ich einen Mann in schicken Anzug vor uns sah. Scharf sog ich die Luft ein.

Reflexartig legte Alessandro – Besitz ergreifend – die Hand um meine Hüfte, was ich in dem Fall durchgehen ließ; nur dieses Mal.

Leonardo lächelte uns zu.

»Alesso, gut, dass ich dich noch antreffe.«

»Leo, was gibt es?«

Die Luft fühlte sich – trotz dem Wind – angespannt an. Steif und geschäftlich blieb ich neben Alessandro stehen, der nicht im Traum daran dachte die Hand von seinem Platz zu nehmen.

Leonardos Augen lagen ihr. Knirschte er mit den Zähnen?

Ich lächelte brav, perfekt gekünstelt natürlich.

»Ich wollte mit dir über das Projekt reden und wie es damit aussieht.«

»Gut«, fiel nüchtern die Antwort aus; Alessandro zog mich näher an sich.

»Das freut mich. Wenn du die ersten Zahlen hast, fax sie bitte durch.«

»Werde ich machen.«
 

Leonardo verabschiedete sich; deutlich merkte ich den Blick auf mir und auf Alessandros Geste. Das Funkeln in seinen Augen bedeutete nichts Gutes; es bedeutete ich war die Beute, um die die beiden – Dumpfbacken – kämpften.

Ich stöhnte auf, als wir beide alleine waren.

Fragend blickte er mich an. Er wusste nicht wieso; klar sah ich es seinem Gesicht an.

Ha!

Wenigstens etwas, was er nicht aus mir las; leider war genau das, das er verstehen sollte.

»Du weißt, dass ich kein Jagdobjekt bin?«, sagte ich und lief voran zu seinem Wagen. Wieso ich nicht – wie üblich – zur Bushaltestelle lief; darüber wollte ich nicht nachdenken!

»Das weiß ich...«, zischte er und setzte sich vor das Lenkrad.

Lügner!

Er klammerte sich um das Lenkrad, startete den Motor und fuhr los.

Wir sprachen kein Wort. Es war ungewohnt, ihn zurück gezogen zu erleben. So etwas traute ich ihm nicht zu und noch mehr überraschte es mich, ich fand das dermaßen sexy.

Ich drehte mich im Sitz zu ihm und betrachtete sein Seitenprofil. Mit einer Hand stützte ich meinen Kopf und grübelte.

Wir standen längst auf dem Parkplatz vor meinem Apartment, dennoch stiegen wir nicht aus.

»Wenn du wütend bist, wirkst du derartig – «

»Wer sagt, dass ich wütend bin«, unterbrach er mich und klammerte seine Hände fester um das Lenkrad.

»Nicht?«, spielte ich die Unwissende, »Wie nennst du es denn dann? Übertriebene Freude?«

Geschwind drehte er sich zu mir um; mehrmals setzte er an zu reden, doch verließ nicht ein Laut seine Lippen.

Stattdessen legte er - wie ich - einen Arm auf den Sitz und stützte diesen mit seinem Kopf.

Kopierte er mich etwas?!

»Wenn du nicht willst, dass ich dich gleich in der Wohnung packte und auf das Bett schmeiße, um dich hemmungslos zu nehmen, solltest du aufhören so zu schauen.«

»Wie schaue ich denn?«

Seine Mundwinkel hoben sich zu einer Seite. In seinen Augen blitzte etwas auf; das war gar nicht gut.

Ich wog seine Worte ab und löste mich räuspern aus meiner Pose.

»Wir sollten nach oben«, lenkte ich vom Thema ab; im Nachhinein musste ich jedoch feststellen, das stachelte es eher an.
 

Weiterhin hatte Alessandro schlechte Laune; er versuchte es nicht zu zeigen – und es war nicht mehr extrem wie im Wagen – dennoch ärgerte er sich über die Begegnung mit Leonardo.

Männer!

Er saß auf der Couch und hatte sich nicht einmal aus seinen Büroklamotten gequält. Irgendwie – ich fragt mich nicht, wie es dazu kam – musste ich etwas dagegen tun und setzte mich auf seinen Schoss; jeweils ein Bein - links und rechts - neben ihn und stierte ihn an.

»Willst du nun ewiglich Grummeln blasen?«

Er antwortete mir nicht. Selbst Bruno blieb in seinem Körbchen; er roch anscheinend den Ärger.

„Du solltest deine Klamotten ausziehen. Das knittert sonst“, erklärte ich und hatte flugs die Krawatte gelöst.

Sein Blick ruhte auf mir. Er beobachtete meine Hände dabei, wie ich die Krawatte zusammen rollte und mich dann seinem Hemd widmete.

Ich knöpfte die ersten drei Knöpfe auf, verharrte und sah ihn an: »Hast du ein T-Shirt in deiner Reisetasche?«

Er antwortete nicht; also musste ich nachschauen – sturer Bock. Als ich aufstehen wollte, verhinderte er es.

Grummelnd sah ich ihn an.

»Dein Hemd; du brauchst das morgen noch!«, protestierte ich; er ließ mich nicht gehen. Wenigstens sollte es nicht knittern, so knöpfte ich es weiter auf. Aufmerksam nahm ich jeden Winkel seiner Haut in Augenschein. Ein leichter Waschbrettbauch – verdammt – ich musste mich regelrecht zügeln nicht mit meinen Finger darüber zu streicheln.

Ich hatte zwar sein Hemd offen, allerdings bewegte – der faule Sack – sich nicht, um es vollständig auszuziehen.

Nach wie vor sah er verbissen aus – so ein... – das ertrug ich nicht. Es passte mir nicht, dass er eine derartige Miene zog. Ich legte meine Hand auf seine harte Brust und spürte sein Herz darunter.

Lia, du bisst völlig verrückt sein!’

Sanft küsste ich seinen kraftvollen Hals; leckte mit der Zunge über die Stelle und genoss den salzigen Geschmack von Schweiß.

Alessandro zuckten bei jeder weiteren Berührung zusammen, dennoch blieb er Einsern, dieser...

Ich lehnte mich zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen.

»Langsam beruhig?«

Er schwieg.

Nun denn, ich konnte auch anders!

Ich rutschte weiter auf seinen Schoss und küsste seinen Hals, wanderte weiter zu seinem Ohrläppchen, um daran zu knabbern.

Was er konnte, konnte ich schon längst!

Womit ich jedoch nicht rechnete, das Kribbeln breitete sich in mir aus; dennoch hörte ich nicht auf. Inzwischen lagen beide Hände auf seiner Brust; ich fühlte jede Hebung.

Wurde sein Herz schneller?

Meine Küsse wanderten weiter zu seiner Schulter, an der ich spielend knabberte; meine Fingernägel streiften über seine Haut. Es fühlte sich herrlich an.

Ein leises Stöhnen ertönte; und das war nicht ich!

Ich verharrte und legte meinen Kopf auf seine Schultern.

»Beruhigt?«

Meine Augen wanderten hinab zu seiner Hose; wenn ich es nicht besser wüsste, gab es nur eine Antwort darauf.

»Vielleicht«, erklärte sich der Herr der Schöpfung bereit zu antworten.

»Um sicher zu gehen, solltest du Duschen«, ich klopfte ihm auf die Schulter, »Das kühlt dich ab.«

Er biss sich Grinsen auf die Lippen.

»Du machst nicht weiter?«

Meine Finger zeichneten Kreisen auf seiner Brust. Für einen Moment war ich geneigt weiter zu machen; jedoch sagte mir etwas, dieses Mal durfte es nicht sein.

Ich schüttelte meinen Kopf und kletterte von seinem Schoss. Widerwillig gab er mich frei.

»Schade...«, spielte er den Schmollenden, stand auf und verschwand im Badezimmer.
 

Langsam beruhigte sich mein Herz.

Als das Rauschen des Wasser erklang, hatte ich mich selber soweit in die Wirklichkeit zurückgeholt, um nicht im nächst besten Moment an seinen Hals zu springen. Ich leckte mir über die Lippen.

Eigentlich – auch wenn ich es nur ungern zu gab – gefällte es mir sehr gut, ihn zu schmecken. Es kam einer Droge nach – ach was sagte ich – es war eine Droge.

Bruno sah mich mit großen Augen an; der Kleine hatte Hunger. Flink huschte ich in die Küche, gab ihm sein Futter und entdeckte im Kühlschrank Erdbeere.

Ich nahm das Schälchen, wusch und schnitt sie. Dann verteilte ich sie jeweils in zwei Schälchen.

»Kochst du dieses Mal?«, weckte mich Alessandro. Er trug bereits seine Pyjamahose.

»Ja und dieses Mal wirklich leichte Kost. Zucker?«

Er schüttelte den Kopf. Ich reichte ihm das Schälchen mit den Erdbeeren und packte in meines Zucker rein. Für mich konnte es niemals süß genug sein.
 

Wir machten es uns auf der Couch bequem und ich gewöhnte mich daran, dass er mich mit seinen Beinen einkesselte.

Wenn ich ehrlich zu mir wäre – würde ich zugeben – es fiel mir eigentlich sehr gut an seiner Brust zu liegen.

Im Fernseher lief – wie üblich in der Woche – nichts Gescheites.

»Ich müsste morgen mal an den Schauplatz, lässt sich das einräumen?«

Alessandro brummte.

»Wunderbar.«

Dann widmete ich mich diesem schwarz weiß Horrorfilm, wo die Zombies zum schreien Komisch wirkten.

Bruno traute sich mittlerweile zu uns.

Obwohl wir schwiegen, war es nicht unangenehm; es war ein beruhigendes Gefühl.
 

Irgendwann gegen Mitternacht spülte ich das Geschirr ab und kroch in das Bett. Alessandro lag längst darin – über der Decke – jedoch gefiel mir das dieses Mal nicht.

»Steh mal auf.«

Verwundert schaute er mich an und kam meiner Bitte nach. Ich schlug die Decke zurück und deutete an, er könnte sich wiederum reinlegen.

Langsam dämmerte es ihm und ein Schmunzeln huschte über die Lippen, was ich mit einer drohenden Bewegung – wenn er es ausnützte – vereiteln würde. Er machte eine unschuldige Geste – deutlich sah ich die Hörner an seinem Kopf – und stöhnte für mein Mitleid – Dummheit, wie auch immer – auf.
 

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Meine Entscheidung!

Der Morgen kam dauernd zu schnell!

Jammernd drehte ich mich im Bett zur Seite. Ich überhörte den Wecker. Ich hatte keine Lust; ich wollte nicht aufstehen.

Finger streichelten über meine Wange und zeichneten sich sanft weiter zu meinem Hals, tiefer zu meinem Top.

Auf einen Schlag war ich hell wach und blickte in zwei grinsende Augen. Ich knurrte.

Mürrisch schleifte ich mich aus dem Bett.
 

Mittlerweile – erstaunlicherweise – sagte ich nichts, dass ich zusammen mit Alessandro im Bad stand und mir die Zähne putzte, während er es mir gleich tat. Es hatte den Vorteil: Ich konnte parallel in der Wohnung umher wandern, Bruno sein Futter geben und musste nicht warten bis der Herr der Schöpfung aus dem Bad kam.

Flink zog ich meinen schlichten Hosenanzug an und steckte mir die Haare hoch.

Meine Tasche fand ich - wo ich sie abgestellt hatte - neben seiner Reisetasche.

Grübelnd verzog ich den Mund. Eigentlich müsste er langsam in seine Wohnung; schließlich brauchte er neue Sachen.

»Du – «, drehte ich mich zu ihm um, rechnete nicht damit, er stand direkt hinter mir und fing mich eben noch auf, bevor ich zu Boden fiel.

»Ich?«

»Neue Sachen?«, japste ich und mein Blick wanderte zur Reisetasche.

»Stimmt, machen wir nach der Arbeit.«

Fraglich hob ich meine Augenbraun und lief die Stufen zur Haupttür hinunter.
 

Im Büro holte ich einige Unterlagen ab und düste weiter zu dem Gebäude, welches in ein paar Monaten eine luxuriös Wohnapartment für allein stehende Frauen werden sollte - mit der neusten Sicherheitstechnik, versteht sich natürlich!

Auf den Skizzen sah es hervorragend aus und in Real wäre es sicher noch prächtiger.

Ich kontrollierte auf der Fahrt die Zahlen.

Etwas passte mir nicht; gestern sah es noch gut aus, nun stimmte was nicht.

Ich kräuselte meine Lippen.

»Was ist?«, hakte Alessandro nach.

Ich studierte ein weiteres Mal die Zahlen.

»Etwas stimmt nicht.«

»Das sehe ich auch.«

»Die Zahlen haben sich seit gestern verändert.«

Meine Augen suchten jede Zeile ab, bis ich den Fehler gefunden hatte.

»Die Summe, die unser Sponsor einbringen sollte, stimmt nicht. Ich müsste mit Mr. Andrews darüber reden.«

»Aber nicht alleine!«, zischte Alessandro.

Ich glaubte es nicht; er war eifersüchtig, oder irgendetwas in dieser Art.

»Dann musst du mich begleiten.«

Zähneknirschend schluckte ich seinen Besitzanspruch an mir herunter. Eine Diskussion brachte nichts; ich hatte es gestern erlebt und da waren wir uns nur flüchtig begegnet.

»Geht das nicht telefonisch?«

»Nein!«, Männer!, »Und das weißt du auch.«

Er rollte mit den Augen. Natürlich wusste er es; es war ein verzweifelte Versuch, sich selber zu beruhigen.

Stöhnend ging er sich durch die Haare.
 

Der Wagen hielt auf dem Parkplatz direkt vor dem Bau.

Ich stieg aus und winkte Roland zu. Lächelnd kam er auf uns zu.

»Ich hab’s schon gesehen«, kam ich ihm zuvor; denn er wollte es mir ebenfalls berichten, »Ich kümmere mich heute noch darum.«

Alessandro schnaubte; Roland verkniff sich sein Grinsen.

Ich bildete mir rasch eine Meinung über den Bauplan, bis auf diesem kleinen Malheur, den Leonardo bewusst provozierte – ich würde darauf wetten – lief alles wunderbar.

Die Außenfassade machte inzwischen einiges her und drinnen sah es bestimmt genauso aus. Handwerker huschten an uns vorbei und nickten uns zu.

Heimlich war ich stolz auf dieses Projekt. Es war das Größte, in dem ich mitwirkte und das war reine Genugtuung für mein Ego. Wann konnte man schon behaupten bei so etwas mitgewirkt zu haben? Ich bestimmt nicht.

»Sieht sehr gut aus«, meinte ich trocken, schließlich musste nicht jeder wissen, wie ich mich freute.

»Ich weiß!«, grinste Roland und erklärte mir seinen weiteren Werdegang, was sein Team machte, und benutzte seine Arme, um dem mehr Ausdruck zu geben.

Dann verabschiedeten wir uns; Alessandro hatte einen Termin mit der Bank ausgehandelt.
 

Minuten später saß ich in dem Büro, vor mir Leonardo – fett Grinsend, über die Tatsache – und Alessandro neben mir - ebenfalls am Lächeln; wie er das schaffte, wollte ich nicht wissen.

»Wie kommt es zu der niedrigen Zahlung?«, stellte ich direkt die Frage ohne drum herum zu reden.

»Wir behalten uns vor, nach und nach zu zahlen.«

»Warum?«

Alessandro verschränkte die Arme und drohte Leonardo mit den Blicken zu töten. Leonardo passte es genauso wenig, dass mein Chef dabei war. Er hatte gezielt darauf gehofft, mich alleine anzutreffen.

Ich ließ mir nichts anmerken.

»Diese Summe ist für uns ebenfalls ein Risiko. Wir müssen schließlich auch Vorsichtsmaßnahmen setzten.«

»Es wäre schön gewesen, dieses vorher zu wissen, um es in den Planungen einfließen zu lassen.«

»Ich hätte es vorher erwähnen sollen.«

»Wann folgt die nächste Summe?«

Mit dem Stift in der Hand wartete ich auf seine Aussage. Ich würde mir nichts von diesem Spielchen anmerken lassen. Ein Jagdobjekt, soweit käme es noch!

Innerlich wanderte Alessandros Wut zu mir über – gar nicht gut.

Lia, seit wann reagierst du so stark auf Gefühle?’

»750.000 Dollar nächste Woche und in zwei Wochen noch einmal diese Summe.«

Nickend notierte ich die Daten.

Wir verabschiedeten uns.

Alessandro knurrte, als Leonardo mir die Hand zum Abschied gab.

Also das musste er unbedingt unter Kontrolle bringen; innerlich seufzte ich.
 

Im Wagen packte ich meine Unterlagen ein, um Alessandro die Zeit zu geben, sich zu beruhigen; doch der Junge war zu stur.

»Du kannst nicht bei jedem Mann die Zähne zeigen«, resignierte ich.

»Kann ich wohl.«

Jetzt war er ein Kind und irgendwie süß; allerdings sollte ich ihm das nicht sagen, das könnte seinen Stolz verletzten.

»Das wäre aber nicht gut für die Firma.«

Vernunft war dagegen weit aus klüger.

Er brummte.

Der Wagen fuhr in die Tiefgarage; der Motor erlosch. Wir blieben sitzen; so konnte ich ihn nicht ins Büro lassen.

»Das ist mir egal...«

Er biss sich auf die Lippen, denn er wusste selber, wie idiotisch diese Antwort klang. Ich verbarg mein Lächeln in meinen Händen.

»Solange du mir nicht ganz gehörst, wird es so bleiben«, fauchte er und stieg aus dem Wagen. Perplex blieb ich sitzen, um die Worte zu verdauen.

Das war kindisch!

Mir stieg die Röte ins Gesicht.

Wie konnte ein Mann so Besitz ergreifend sein?

Ich stieg aus dem Wagen. Er schloss mit der Zentralverrieglung ab. Ich schulterte meine Tasche und wie liefen zu den Aufzügen.

»Und du meinst, dann hört es auf? Schon mal mit Vertrauen versucht?«

Ehe er antworten konnte, öffneten sich die Aufzugstüren. Der ältere Mr. Smith lächelte uns zu.
 

Nicht ein Wort sprachen wir und standen stillschweigen in dieser – engen - Kabine. Die Luft war geladen und selbst ein Blinder hätte das gesehen.

Die Fahrt dauerte genau zwei Minuten – zwei unendliche Minuten – wir stürmten aus dem Aufzug. Ich auf meinen Platz und er in den Glaskasten.

»Was ist passiert?«, wollte Natasha wissen. Ich fauchte, massierte meine Schläfen und nuschelte: „Dieser Mann macht mich wahnsinnig.“

»Zu streng? Lass uns einen Kaffee trinken.«

»Geht nicht. Auf mich wartet Arbeit«, seufzte ich und schaltete meinen Computer an.

Lieb wie Natasha war, fühlte sie eine Tasse mit Kaffee und reichte ihn mir.

»Was ist denn passiert?«

»Nichts«, knurrte ich und fand mein Verhalten nun selber kindisch, »Wie läuft es bei dir und deinem Journalisten?«, lenkte ich vom Thema ab. Ihre Augen begangen zu glühen.

»Wunderbar. Die letzte Nacht...«, sie stöhnte auf.

»So gut?«

Meine Laune besserte sich; ich zog meine Mauer hoch und widmete mich meiner Arbeit. Nebenbei gönnte ich mir den Kaffee. Langsam wurde ich einigermaßen ruhiger und hatte Alessandros – mehr als kindisches – Verhalten tief verdrängt.
 

»Miss Walter!«, rief er nach mir; unweigerlich zuckte ich zusammen.

»Das wird schon!«, zwinkerte Natasha mir zu. Seit ich ihr gestanden hatte, was passiert war, war sie der festen Überzeugung, ich und er wären das neuste Traumpaar. Ich müsste ihr unbedingt erklären, dass da nichts lief.
 

Genervt schloss ich die Tür und drehte mich zu seinem Schreibtisch, flugs kesselten mich starke Arme ein.

»Was gibt es?«, zischte ich. Er nahm eine Strähne zwischen seine Finger und führte sie an seinen Mund.

»Es tut mir Leid.«

»Und dafür rufst du mich? Ich hab noch ein paar Arbeiten.«

Ich drückte die Klinke runter, doch diese – blöde – Tür ging nicht auf. Meine Augen wanderten zur besagten Quelle und entdeckten eine Hand dagegen.

»Alesso?«

Es interessierte ihn nicht.

Dieser verdammte, sture Mistkerl!

Und ich hatte noch Mitleid mit ihm. So etwas wie gestern Abend würde es kein zweites Mal geben.

»Das gefällt mir.«

»Was?«

Er näherte sich mit seinen Lippen meinem Ohr und flüsterte nicht lauter als das Rauschen des Windes: »Wie du meine Namen aussprichst?«

»Alessandro?«

Er lachte.

»Die Koseform.«

»Oh – !«

Verdammte Scheiße, ich hatte gar nicht mitbekommen, wie ich...

Das war nicht gut.

Mit aller Gewalt zog ich meine Mauer hoch.

Ganz ruhig, Lia, ganz ruhig...’
 

Blinzelnd fand ich mich an meinem Schreibtisch. Zum wiederholten Mal rief Natasha meinen Namen.

»Schätzchen, du brauchst Urlaub!«, stellte sie fest.

Das weiß ich auch!’

Allerdings konnte ich mir keinen erlauben. Meine Augen wanderten zum Glaskasten; das Licht war aus. Hatte er schon Feierabend?

Hatte ich gar nicht mitbekommen.

Erleichtert atmete ich auf. Ich sah zur Wanduhr. Kurz vor fünf, ich hatte Feierabend. Natasha hatte - wie immer - zehn Minuten vorher ihren PC herunter gefahren.

Ich kontrollierte meine letzten Notizen.

Wow! Ich hatte sogar einiges geschafft; wie – wusste ich zwar nicht mehr – aber ich hatte was und es sah passabel aus.
 

Wie liefen den Flur entlang - zum Aufzug - und ich hatte den Vormittag sowie alles drum herum vergessen – nicht zu vergessen meine Gedächtnislücke.

Ich winkte – perfekt gekünstelt – dem alten Dave zu.

»Dieses Mal nicht mit – «

Ein Räuspern unterbrach Natasha. Wir drehten uns zur Sitzecke. In legerer Kleidung lehnte sich Alessandro gegen den Sessel. Sein Anzug war einer Jeans und einem weißem T-Shirt mit Verzierungen gewichen. Er trug den Lederschmuck an den Armgelenken.

Sexy!’, schoss es automatisch durch meinen Kopf, was ich wütend runter schluckte. Dieser Mann kochte mich weich und das gefiel mir nicht.
 

»Bis morgen dann«, verabschiedete sich Natasha.

Geneigt ihr zu folgen und den Mistkerl sitzen zu lassen – er hatte es verdient – drehte ich mich zu ihm um.

»Abend!«, begrüßte ich ihn; er lächelte. Wie es den Anschein hatte, hatte er bessere Laune; im Gegensatz zu mir.

»Was denn?«

Ich knurrte.

Amüsiert schlang er seinen Arm um meine Schultern und schleifte mich durch den Haupteingang. Ich drehte mich zur Rezeption. Der alte Mr. Smith unterhielt sich mit Dave. Beide blickten zu uns und kicherten.

Ich fand das gar nicht komisch. Haha!

Nichtsdestotrotz musste ich mich Alessandro beugen; leider war er einiges stärker als ich.

Zähneknirschend schleifte er mich zu seinem Sportwagen.
 

»Du warst bei dir?«, zwang ich mich im Wagen zu sagen.

»Nicht direkt.«

Fragend hob ich meine Augenbraue; er sprach nicht weiter. Nun machte er noch ein bescheuertes Geheimnis aus irgendeiner kleinen Sache.

Wir fuhren die übliche Strecke; irgendwie waren wir vollkommen falsch.

Das war nicht mein Apartment; das war seines!

Er schaltete den Motor aus.

Lautlos folgte ich ihm.

Er nahm aus dem Kofferraum seine Reisetasche; bis jetzt nicht ungewöhnlich.

Er schloss die Tür zu seinem Apartment auf und brachte die Reisetasche ins Schlafzimmer. Vermutlich wollte er neue Klamotten mitnehmen.
 

In wenigen Minuten kam er ohne das schwarze Ding die Stufen hinunter. Ich stand noch immer angezogen im Flur und wartete.

»Zieh dich aus«, bat er mich; skeptisch spitzte ich die Lippen.

»Wir bleiben heute Nacht hier«, beantwortete er endlich die unausgesprochene Frage.

Was?! Das ist ein Scherz! Das kann nur ein Scherz sein!’

»Und Bruno?«, hörte ich mich sagen.

»Längst erledigt. Eine Nacht übersteht der Kleine auch ohne uns.«

Wieso wollte ein Mann alleine mit einer Frau in einer Wohnung sein?

Da gab es nur eines!

Nun war ich steif wie ein Brett und mein Herz pochte gegen die Brust.

Tief durch atmen, Lia! Sehr tief durchatmen!’

»Angewurzelt?«, scherzte er; trotzig zog ich meine Schuhe aus.

»Ich hab keine Sachen hier!«, ein sehr gutes Argument, schließlich konnte er nicht –

»In der Reisetasche.«

Er konnte doch.
 

Ich ließ meine Schultern hängen. Ich musste mich selber davon überzeugen, stürmte die Stufen ins Schlafzimmer und überprüfte den Inhalt der Reisetasche. Tatsächlich meine Klamotten, sogar meine Unterwäsche und nicht irgendwelche Unterwäsche, sondern...

»Du hast meine Unterwäsche durchwühlt!«, fauchte ich.

Lässig lehnte er sich an die Türschwelle und lächelte.

»Das ist dir doch nicht peinlich? Ich muss sagen, du hast da ein paar ausgelesene Stücke, die würde ich gerne an dir sehen.«

Dieser...

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

Nur ein Schlag, auch wenn es mich meinen Job kostet; er hat es verdient!’

Aber ich war cool – redete ich mir zumindest ein – gelassen und ruhig; letzten Endes könnte jeder Mann in einem Geschäft dieses Zeug finden und dennoch...
 

Er ging auf mich zu und fischte aus der Reisetasche ein schwarzes Stück Stoff von Nichts.

»Könntest du das heute anziehen?«, fragte er süffisant.

Das war zuviel!

Ich riss ihm das Stück – mein Stück Stoff – weg und zog die Reisetasche zu.

»Du bist so...«

»Liebreizend?«

Ich schlug nach ihm; er wich meinem Schlag aus und lief lachend aus dem Zimmer.

Hockend blieb ich vor der Reisetasche sitzen.

»Und was mach ich nun?«

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich keine Antwort auf diese Frage. Grundsätzlich war mir jederzeit was eingefallen, nun war in mir eine gewisse Leere. Ich hörte von unten Geräusche.
 

Da ich noch meinen Anzug trug, wechselte ich diesen erst einmal gegen bequeme Sachen; lange stierte ich meine Unterwäsche an. Was mich dazu geritten hatte, wusste ich nicht; allerdings zog ich tatsächlich die Spitzenwäsche an.

Jedoch würde ich es ihm nicht verraten!

Das blieb mein Geheimnis.

Nur meines!

Ich zog die Ärmel meines Pullis über meine Hände, dass nur meine Fingerspitzen hervor lugten und marschierte hinaus, die Stufen runter zu ihm.
 

Alessandro lehnte an der Theke und nippte an einer Tasse, die Augen auf mich gerichtet.

»Auch?«

Ich nickte.

Er reichte mir eine Tasse mit Kaffee; dankend nahm ich an und schlenderte ins Wohnzimmer. Der Anblick der Stadt war herrlich; doch konnte ich diesen nicht genießen, denn es gab da einen Mann – der sich seit geschlagenen fünf Minuten nicht mehr bewegte - und mich amüsiert ansah.

Das Schweigen war unerträglich; ich musste regelrecht dagegen ankämpfen, nicht irgendeinen Mist zu Labern.

Tief durchatmen!’

Ich setzte die Tasse an meinen Lippen und nahm den Duft des dunklen Gebräus auf.

Das T-Shirt stand ihm ausgezeichnet; es betonte genau die richtigen Stellen.

Ich wusste, wie gut er gebaut war; aber nun donnerte es prägnant auf mich ein. Ignorieren war unmöglich, weil ich gewisse Stellen dieses wunderbaren Körpers längst berührt hatte. Ich war süchtig geworden.

Wunderbar Lia, du bist ohne es zu merken einer Sucht verfallen! Das hast du ganz toll gemacht.’

Es raschelte; im Augenwinkel beobachtete ich, wie er sich zu mir bewegte. Stillschweigend setzte er sich zu mir auf die Couch und beobachtete die Stadt.

Es hatte schon einen Vorteil eine Wand aus Glas zu haben. Zum Glück waren wir weit oben, dass niemand uns sah.

Sag was!’

Meine Lippen setzten an zu sprechen; ein Klingeln unterbrach meine nicht ausgesprochenen Worte.

Ich sprang förmlich von der Couch auf, verschüttete beinahe meinen Kaffee und zog aus meiner Tasche mein Handy.

Zu meiner Verwunderung klingelte mein eigentliches Handy. Die Nummer war unterdrückt. Fragend klappte ich es auseinander und meldete mich.

»Emilia?«, hörte ich eine männliche Stimme, die mir doch sehr vertraut vor kam. Ich sagte nichts.

»Ich bin es, Leonardo?«

Entsetzt riss ich meine Augen auf. Woher hatte dieser Vollidiot meine Nummer?!

»Mr. Andrews?«, fiepte ich.

»Ich wollte dich fragen – «

Plötzlich war meine Hand leer. Ich hob meinen Kopf und blickte in Alessandros Gesicht. Seine Stirn hatte sich in Falten gelegt.

Er legte das Handy an sein Ohr, lauschte und fragte in einem ruhigen Ton: »Was willst du von meiner Sekretärin?«

Obwohl seine Stimme rein geschäftlich klang, signalisierte seine geballte Faust was ganz anders. Er kochte vor Wut.

»Wir arbeiten noch.«

Er legte auf und reichte mir das Handy. Nicht ein weiteres Wort verließ seine Lippen, lief um mich zur Küchennische und nahm sich eine Flasche mit Hochprozentiges heraus.

Ich packte mein Mobiltelefon in die Tasche.

»Alesso?«, fragte ich zaghaft; er brummte und huschte ins Wohnzimmer.

Mit wenigen Zügen hatte er die Flasche leer getrunken; ein sehr ungewöhnliches Bild.

Er knallte die leere Flasche auf den Glastisch - der nichts dafür konnte - und stierte in die dunkle Nacht.

Schon wieder!’

Ich setzte mich neben ihm.

»Ich weiß nicht, woher er meine Nummer hat«, rechtfertigte ich mich; warum rechtfertigte ich mich überhaupt?

Wollte ich etwa, dass er nichts Falsches von mir dachte?

Ich streckte meine Hand nach ihm aus und stoppte, bevor ich ihn berührte. Ich hatte nicht den Mut. Ich hatte Angst, er wies mich zurück, und zog die Hand zurück.
 

Schweigen blieb ich neben ihm sitzen.

Nach einer Weile griff er nach meiner Hand und riss mich auf seinen Schoss. Ich fiel nach vorne und hielt mich eben noch an seinem Hals fest.

Überrascht über sein Verhalten verschlug es mir die Sprache. Er drückte mich fest an sich und atmete meinen Duft ein. Seine Hand streichelte meine Wange und wanderte weiter in meinen Nacken direkt in meine Haare.

Stöhnend ließ er mich los und beförderte mich neben sich.

Was war ich; seine Puppe?!

Ich knurrte: »Sturer Bock!«

Verwunderung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

»Du hast mich richtig verstanden!«

»Emilia«, setzte er an; der Klang seiner Stimme war ruhig, dennoch hörte ich seinen Zorn heraus, »Du kennst ihn nicht.«

»Aber du?«

»Ja, ich kenne ihn sehr gut«, antwortete er zickig und biss sich auf die Lippen.

Wir schwiegen, dann setzte er abermals an: »Leo gibt sich mit einem Nein, nicht zufrieden; er nimmt sich, was er will.«

»Das weiß ich.«

Alessandro funkelte mich böse an. Obwohl ich mich hätte fürchten müssen, tat ich es nicht; ich fand diese Seite besonders attraktiv an ihm. Nun konnte ich mir sehr gut vorstellen, dass er nicht ohne Grund Chef war; mit diesem Blick gaben mit Sicherheit einige Männer klein bei.

»Emilia!«

»Ich bin nicht dumm«, flüsterte ich, »Ich habe gemerkt, dass er auf der Jagd ist. Dennoch habe ich genauso Krallen; ich bin nicht schwach.«

Er lachte: »Gewiss nicht.«

»Und dennoch bist du so...«, wie beschrieb ich es am Besten; er knurrte. Anscheinend verstand er sehr gut.

»Ich überlass ihm nicht mein Mädchen.«

»Dein Mädchen?!«, fauchte ich, »Habe ich irgendwo auf meiner Stirn eintätowiert ‚Eigentum von...’«

»Gott, kannst du stur sein.«

Das ist ja wohl...!’

Wütend sprang ich von der Couch und stemmte meine Hände in die Hüfte.

Regte er sich gerade über mich auf?

Wenn jemand einen Grund hatte, dann wohl ich, nicht er.

»Setz dich!«

Ihm geht ja wohl zu gut! Nein!’

»Emilia!«

Er stand ebenfalls auf. Ich schluckte, dennoch würde ich mich nicht setzten.

Nein! Nein! Nein!
 

»Emilia...«, seine Stimme wurde tiefer, rauer; unweigerlich reagierte mein Körper darauf.

Oh nein, ich würde dagegen Kämpfen!

Er schlang einen Arm um mich und zog mich an sich. Sein Gesicht vergrub sich in meiner Halsbeuge.

»Emilia...«

Noch einmal mein Name und es...’

Zärtlich begann er meinen Hals zu küssen.

Hart bleiben! Hart bleiben!’

Mit der Hand strich er den Ausschnitt meines Oberteils zur Seite. Ein schwarzer BH Träger blitzte auf.

Er leckte sich über die Lippen.

Das war mein Geheimnis!

Ich richtete den Ausschnitt meines Pullis und löste mich aus seinem Griff. Ich war sauer!

Genervt drehte ich ihm den Rücken zu und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Doch ihn interessierte es nicht, stattdessen strich er mein langes Haar nach vorne und küsste meine Nacken, gleichzeitig arbeiten sich zwei Hände nach vorne und direkt unter mein Oberteil.

So weit käme es noch!

»Alesso!«

Er schnurrte und küsste mein Schlüsselbein.

»Lass das!«, zischte ich und löste mich, nur um gleich darauf auf der Couch zu liegen.

Verblüfft stierte ich zu ihm hinauf; er beugte sich über mir. Die Versuche aufzustehen, scheiterten.

Ohne Vorwarnung zog er mein Shirt hoch und entdeckte mein – weniger gut gehütetes – Geheimnis.

»Ich wusste, dass es gut an dir aussehen würde«, leckte er sich abermals über die Lippen. Ich riss mein Pullover über den Bauch.

»Das ist Tabuzone für dich

»Meinst du?«, grinste er.

»Ja!«

»Soll ich deinen Körper fragen, was er möchte?«

Empört schlug ich gegen seinen Arm; gleichwohl hatte ich in dieser Position nicht viel Kraft und er amüsierte sich köstlich über mein Verhalten. Verstimmt verschränkte ich die Arme vor meiner Brust.

Es war unfair; woher wusste er, dass ich mit meinem Körper im Klinisch lag.

»Du bist...«

»Ja?«, hakte er nach und küsste meinen Ausschnitt; scharf sog ich die Luft ein.

Meine Sinne wurden benebelt. Ich wollte antworten, aber meine Stimme blieb im Hals stecken. Seine Hände wanderten unter meinem Pullover hinauf zu meinem BH. Ich stöhnte auf.

Mit dem letzten Rest Vernunft schaffte ich es mich zur Seite zu drehen, um ihm auszuweichen.

»Mag sein, dass mein Körper darauf reagiert und ich dich attraktiv finde«, gestand ich und merkte nicht, was ich da laberte, »Dennoch halte ich das nicht für gut! Du bist immerhin mein Chef«, ‚Nicht gerade mit Nachdruck gesagt, Lia...’, »Was passiert mit mir, wenn das nicht gut geht? Ich kann mich nicht für eine Affäre hingeben.«

Alessandro saß wortlos neben mir. Ich lag auf meinem Bauch und stierte zum Fenster hinaus. Es sah einfach traumhaft aus, was getrübt wurde, als ich mich an meine Worte erinnerte.
 

Wieso sagt er nichts?’

Ich seufzte und wagte es nicht, mich nach ihm umzudrehen; zu groß war die Angst vor dem, was ich sehen könnte.

Seine Finger strichen sanft meine Rückenpartie nach, bis zu meinem Po und wieder hinauf.

»Es war wohl sehr egoistisch von mir«, sprach er mit ruhiger Stimme; ich wusste es, ich sollte nur - »Allerdings bin ich erschüttert, dass du mich als Affäre siehst«, war er beleidigt, »Zum Glück hast du gesagt, dass du mich heiß findest. Sonst hätte ich dir das sehr übel genommen.«

Ich gab mir einen Ruck und drehte meinen Kopf zu ihm. Er saß neben mir und betrachtete mich mit einem Funkeln in den Augen.

Er lächelte mich an und beugte sich zu mir nach vorne; wieso tat er das?

Seine Lippen lagen direkt neben meinem Ohr; leise - und doch klar und deutlich – hörte ich seine Stimme: »Wenn du für mich nur eine Affäre wärst, würde ich mich nicht so ins Zeug legen. Da hätte ich auch Miss Brandon nehmen können.«

»Oh - !«

Eigentlich – wenn ich genau darüber nachdachte – hatte er Recht; kein Mensch würde so ausgiebig hinter einem her sein und einen in Clubs folgen und vor...

Ich setzte an zu antworten, was seine Lippen vereitelten.

Der erste Kuss war mild; der Zweite zärtlicher und der Dritte verlangender.

Unweigerlich hielt ich die Luft an.

»Wenn du den nächsten Schritt nicht magst, dann solltest du schnell deine Sachen schnappen und verschwinden! Ich garantiere für nichts mehr...«

Baff schaute ich ihn an. Bis ich seine Worte verstand, dauerte es eine Ewigkeit.

»Oh - !«, war das Einzige, was meine Lippen verließ. Rasch erhob ich mich, blieb jedoch noch sitzen.

In meinem Kopf ratterte es: Wenn ich ginge, würde es endgültig sein.

Wollte ich das?

Wollte ich das wirklich?
 

Ich wusste eigentlich nicht, was ich wollte. Ich kniff meine Augen zusammen.

Lia, was willst du!’, brüllte ich mich an; mein Kopf arbeite nicht. Meine Mauer sagte nichts. Sie war an etlichen Stellen eingerissen.
 

Ich...’
 

Ein Ruck riss mich hoch. Erschrocken fand ich mich in Alessandros Armen.

»Ich hab noch nicht fertig gedacht!«, protestierte ich; er schmunzelte.

Obwohl er mich die Stufen ins Schlafzimmer trug, versuchte ich mich nicht zu befreien. Ich ließ es einfach zu.
 

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Der Einriss der Mauer

Nach der Hälfte der Geschichte bin ich mal so dreist und erlaube mir ein kleines 'Blabla'. =p

Eigentlich auch nur kurz und schmerzlos - vielleicht interessant für euch - eine kleine Playlist, welche Art von Musik ich mir bei der Geschichte vorstelle:

http://only-true-jess.livejournal.com/45083.html

Das wars dann auch schon und viel Spaß beim weiterem Kapitel. ^^

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Wenn ich schon dafür in die Klapse kam, dann sollte ich es auch genießen!

Ich beugte mich in seinen Armen weiter nach vorne und küsste seinen Hals. Wir erreichten sein Schlafzimmer, wo er mich vorsichtig auf das Bett legte.

Er zog sein T-Shirt aus, schmiss es lieblos in eine Ecke und kroch zu mir ins Bett. Wie ein Tiger auf der Jagd pirschte er sich zu mir voran.

Ich war fasziniert von den anmutigen Bewegungen. Seine Arme glitten – links und rechts – neben mir. Sein Kopf arbeite sich zu meinem heran.

Tief sah ich in seine Augen, als er mich küsste. Aus den zärtlichen Küssen wurden Leidenschaftliche, die nur nach Gier verlangten.

Ich stöhnte auf.

Seine Hände glitten unter meinem Pullover und zogen ihn über meinem Kopf. Alessandros Lippen lösten sich von meinem, um sich zu meinem Hals voranzuarbeiten, weiter hinab zu meinem BH. Jede Berührung brannte auf meinem Körper wie Feuer.

Zuerst zögerte ich, dann wuschelten meine Hände durch seine Mähne und krallten sich an seinen Schultern fest.

Unaufhörlich küsste er jede Stelle meines Körpers. Als er eine Spur um meinen Bauchnabel fuhr, beugte sich mein Körper unter der aufkeimenden Lust.

In mir stieg ein Verlangen auf nach mehr; weit aus mehr. Er dufte nicht aufhören; allerdings wollte ich ihn ebenfalls berühren. Ich zog ihn hoch. Meine Hände wanderten über seine Brust - nicht mehr sanft - sondern fester.

Er keuchte auf.

Diese Brust war der Wahnsinn. Jeden Muskel zeichnete ich nach. Ich spürte sein Herz; es raste genauso schnell wie meines. Ich schmiss ihn zur Seite und setzte mich auf seinen Schoss.

Sein Duft machte mich irre; ich bekam nicht genug davon. Erst küsste ich zaghaft seinem Hals, dann dominanter; ich wollte ihn.

Meine Lippen wanderten zwischen seiner Brust zu seinem Bauch. Der Geruch nach seinem Schweiß stieg mir in die Nase.

Ich schmeckte ihn auf der Zunge; köstlich!

Meine Finger wanderten weiter zu seiner Hose.

Kurz verharrte ich und blickte zu ihm hinauf. Mit gierigen Augen beobachtete er mich.
 

Ein süffisantes Lächeln – von dem ich glaubte, es nie zu können – legte sich auf meine Lippen und meine Hände ließen von dem Knopf seiner Hose ab. Ich küsste mich hinauf zu seinem Hals und knabberte an seinem Ohrläppchen. Ein leises Lachen ertönte. Verwirrt stoppte ich, doch das ließ er nicht zu und schmiss mich mit dem Ruck auf den Rücken.

Nun war er es, der an meiner empfindlichen Stelle hinter dem Ohr pustete; ich stöhnte auf.

»Du kannst also auch frech sein«, raute er.

»Manchmal«, hörte ich mich gedämpft sagen.

Er lachte und streifte sanft einen Träger des BHs von meiner Schulter.

Seine Finger strichen über den dünnen Stoff meines BHs. Unbeschreiblich.

Meine Hände wollten seine Brust berühren; jeden Zentimeter abtasten und erforschen.

Ich rutschte mit meinem Köper tiefer, um ihm ins Gesicht zu blicken. Er zog eine Augenbraue hoch. Skeptisch betrachtete er mich. Gott, sah er sexy aus.

Kichernd umklammerte ich mit beiden Händen sein Gesicht.

Er beugte sich zu mir und küsste mich. Immer heftiger.
 

Ein leises Klingeln durchschnitt die Luft.

Ich ignorierte es; irgendwann hörte es schon auf.

Doch das tat es nicht.

Alessandro löste sich nur widerwillig von mir, griff zum Nachttisch - auf dem das Telefon lag - und knurrte in den Hörer.

Aufmerksam beobachtete ich ihn. Er wirkte dermaßen anziehend, wenn er sauer war, da wollte ich gleich –

Grr!

Er pfefferte den Hörer auf die Gabel und presste die Lippen aufeinander. Ich klopfte neben mir; er zwang sich zu einem Lächeln.

Stöhnend ließ er sich auf das Bett nieder.

Was sagte man in dergleichen Situation; dumm gelaufen?

Ich glaubte, wenn ich das täte, würde er mich verfluchen, anderseits wäre es sicher amüsant.

Ich grinste frech.

Es kam einfach über mich. Verdutzt stierte er mich an.

»Die Arbeit?«, säuselte ich – noch immer benebelt von dem Rausch - und es klang im Nachhinein klüger, als das ‚Dumm gelaufen’.

Er seufzte. Ich piekste mit dem Finger gegen seinen Arm; langsam verstand ich, wieso Alessandro mich dauerhaft berührte. Es machte dermaßen süchtig.

»Ungefähr«, erklärte er sich bereit zu antworten und knirschte weiterhin mit den Zähnen. Es ärgerte ihn, nicht das bekommen zu haben, was der Frechdachs wollte.

Ich dagegen musste kichern und drückte meine Hände auf den Mund. Es war unglaublich; wie konnte ich mich gehen lassen?

Meine Mauer musste defekt sein.

Mit einer flinken Bewegung stand ich vom Bett auf und schlenderte zur Tür.

»Kaffee?«

Er nickte.

Mit einem breiten Grinsen lief ich über den Flur. Die kalten Stufen an meinen Füßen fühlten sich gut an. Ich huschte in die Küche und suchte nach der Kanne.

Nach dem Inhalt zu schließen, reichte es sogar für zwei Tassen; schnappte die vom Wohnzimmertisch und fühlte sie.

Leise Tritte ließen mich aufschauen. Es war ungewohnt in der Situation sein, jemanden zu beobachten, wie er die Treppen hinab lief; sonst war es immer andersherum.

Kess lächelte ich ihn an. Seine Mähne war zerzaust.

Rasch versteckte ich mein gemeines Grinsen hinter der Tasse, aber er hatte es bemerkt; seine Augen verrieten ihn.

»Du bist sehr schaden froh«, nahm er die Tasse an sich.

Er hatte Glück, dass die Theke zwischen uns war, ansonsten wäre ich genau in dem Moment über ihn hergefallen.

Fragend hob er seine Augenbraun; seine Augen fixierten mich und wirkten durcheinander.

»Worüber denkst du nach?«, fragte ich unverblümt.

Er stützte seine Arme auf der Theke; unsere Köpfe waren auf derselben Höhe. Eine Weile betrachtete er mich, bevor der Herr sich bereit erklärte auf meine Frage zu antworten: „Ich wusste gar nicht, wie gierig du sein kannst.“

Nun hob ich irritiert meine Augenbraun und er lächelte verschmitzt.

»Ich und gierig?«, lachte ich und biss mir auf die Unterlippen. Konnte er Gedanken lesen?

Ach was Lia, das bildest du dir ein.’

Er nahm eine meiner Haarsträhnen zwischen den Fingern und spielte damit.

»Ich bekomme schon noch, was ich will und dann wirst du vor Ekstase schreien«, hauchte er und ließ die Strähne los.

Bush!
 

Ich glühte innerlich, wie äußerlich. Ich drückte eine Hand auf meine Wange, um etwas Linderung zu verschaffen; doch es war wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Tausende von Bilder schossen durch meinen Kopf; meine Fantasie ging mit mir durch.

Ich presste meine Augenlieder zusammen.

»Oh mein Gott...«, nuschelte ich; ein Lachen ließ mich aufschrecken. Genüsslich trank er aus seiner Tasse. Dieses verdammte Grinsen!

»Was grinst du so? Es ist nicht das, was du wieder denkst. Als ob sich die Welt nur um das eine dreht«, verteidigte ich mich und dazu noch schlecht.

»Natürlich nicht. Aber woran habe ich denn gedacht?«

»An das«, antwortete ich trotzig und wich seinem Blick aus. Ich musste ihm das schließlich nicht auch noch erklären. Eigentlich war ich der Depp, der daran gedacht hatte; der von Tausenden von Bildern überflutet wurde, wie ich...

Ein Kribbeln jagte durch meinen Körper und vor mir stand der Mann, der für all das verantwortlich war. Ich knurrte in die Tasse.

»Ich habe noch weit aus mehr drauf, als du dir erträumst.«

»Ach ja?!«

Verdammt! Das war ein Zugeständnis; wie konnte ich!

Alessandro sah mich an; sein Grinsen ging in der Tasse unter, doch ich sah es deutlich. Ich könnte ihm die heiße Brühe ins Gesicht schütten, aber so sadistisch war ich dann doch nicht.

Ich seufzte.

»Du bist sehr von dir überzeugt«, versuchte ich einen – allzu kläglichen – Versuch, heile aus der Situation zu kommen. Er beugte sich weiter zu mir nach vorne; seine Lippen streiften mein Ohr. Aufmerksam lauschte ich seiner Stimme: „Ich werde dich von oben bis unten ablecken - jeden noch so kleinen Winkel - und ich werde erst aufhören, wenn du um Gnade bettelst.“

In meinem Schritt pochte es. Allein die Vorstellung brachte mich aus der Fassung. Ich sog die Luft ein und biss in den Rand der Tasse. Ich würde mir nicht die Blöße geben. Nein, auf keinen Fall, so leicht machte ich es ihm nicht.
 

»Ach – «, spielte ich die gelangweilte, als würde ich solche Angeboten täglich von derartigen gut aussehenden Männern bekommen. Er hob eine seiner Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln; statt einer Antwort knabberte er an meinem Ohrläppchen. In meinem Schritt kribbelte es immer mehr; mein Magen schlug Loopings.

Mein Gott, Lia, hast du eine Selbstbeherrschung!’

Ein wenig war ich stolz, anderseits hätte ich zu gerne gewusst, was passiert wäre, wenn ich mich hingegeben hätte.

»So unwiderstehlich bist du auch nicht«, log ich; er lachte leise in mein Ohr. Erkannte er meine Lüge?

»Dann hast du ja nichts zu befürchten, wenn ich neben dir schlafe mit nichts bekleidet außer einer Boxershorts.«

Oh!

Mein!

Gott!

»Und du natürlich in dem schwarzen Hauch von nichts.«

Ich schluckte.

Er sah auf die Uhr.

»Wo wir schon beim Schlafen sind; wir sollten, sonst brauchen wir gar nicht mehr.«

Einen Moment wog ich diesen Vorschlag ab, gar nicht schlafen oder neben einem Mann, den ich in meinen Gedanken aufs Bett schmiss und mich wie ein wildes Tier vor Verlangen auf ihn stürzte?

Vielleicht könnte ich auch auf der Couch schlafen?
 

Hey!

Er nahm mir die Tasse aus der Hand und zog sanft an meinem Arm. Ohne einen Widerstand – das Wort hatte sich aus meinem Kopf verband – schleifte er mich ins Schlafzimmer.
 

Keine fünf Minuten später lagen wir zusammen im Bett.

Ich – vollkommen hell wach – stierte zu den Fenstern hinaus und konzentrierte mich auf die Landschaft. Dauernd wollte ich mich umdrehen und diesen Mann anstarren.

Lia ganz ruhig, ganz ruhig... Ach verdammt, das sagst du dauert und es bringt nichts!’

»Ich weiß, dass du mich anstarrst«, murmelte ich in das Kissen.

»Woher denn?«, bestätigte er. Ich hörte sein leises Lachen; mein Körper vibrierte.

»Ist das nicht anstrengend, wenn der eigene Vater der Chef von allem ist?«, fragte ich. Genau, über die Arbeit reden; nichts sorgt für mehr Langeweile im Bett als das Thema.

»Mm...«, brummte er, »Es ist erträglich.«

Ich wagte es, mich zu ihm umzudrehen. Seine Augen funkelten, aber sie zogen mich nicht mehr aus.

»Ich hab meinen Master of Arts in Kommunikation Marketing Management. Also nichts mit Daddys Sohn hat den Posten geschenkt bekommen. Ich musste hart dafür arbeiten«, aufmerksam lauschte ich, »Es wundert mich eigentlich, dass du bei deinem Wissen nicht ebenfalls studiert hast. Nicht daran gedacht Mathematik zu studieren? Wirtschaft?«

Ich verzog den Mund. Zuerst war ich geneigt zu Schweigen, zwang mich dann zu antworten: »Zu viele Menschen.«

»Und in einer Firma ist das nicht?«

»Dort arbeitet größtenteils jeder für sich«, nuschelte ich, »In einem Studium dagegen sitzt man mit etlichen in einem Raum zusammen. Für einen Moment wog ich sogar ab zu studieren; Finanzierung und Kreditwirtschaft.«

Ich schmunzelte.

»Wenn du die Chance hättest jetzt zu studieren, würdest du es tun?«

Verblüfft starrte ich ihn an.

In meinem Kopf ratterte es; würde ich den Job hinschmeißen und studieren? Würde ich zurück nach Deutschland fliegen, um zu studieren?

Das würde bedeuten, ihn zurück zu lassen; all mein jetziges Leben - so wie ich kannte - über Bord zu werfen, nur weil jemand – nein, er glaubte – es wäre für mich besser.

»Und was würde das bringen?«

Meine Mauer zog sich hoch; wie ein Schutzwall schloss sie mich ein.

Der Gedanke, umgeben von Menschen, die mich meiden könnten oder sogar noch schlimmeres Taten – Bilder meiner Schulzeit blitzten auf – nein, das konnte und wollte ich nicht.

Ein leises Zischen weckte mich. Ich blickte in Alessandros Augen. Sanft strich seine Hand über meine Wange.

Schweigend lagen wir dar.

Wie lange, war mir gleich; innerlich kämpfte ich damit meine Vergangenheit in die tiefsten Winkel meines Gehirns zu verbannen. Diese Zeit gehörte ausgelöscht!

»Es gäbe eine Möglichkeit von der Firma aus zu studieren«, nur mit einem halben Ohr hörte ich zu, »Ein Platz in der oberen Abteilung muss besetzt werden und...«

»Da gibt es sicher ein paar, die nur darauf warten«, antwortete ich bissig und wusste selber nicht, wieso ich mich im Ton vergriff.

»Autsch!«, biss sich Alessandro auf die Lippen, »Da hab ich wohl, was Empfindliches getroffen.«

»Hast du nicht«, murmelte ich und drehte ihm den Rücken zu. Das musste ich mir nicht anhören; aber es hatte auch einen guten Effekt, mein Herz schlug mir nicht mehr bis zum Hals und ich würde schlafen können.

Ein Arm schlang sich um meine Hüfte, den ich dezent davon löste; doch war er hartnäckig dieser...

Ar...
 

»Zu deiner Aussage: Ja, sehr viele wollen diesen Platz, jedoch egal, was sie machen, sie bekommen ihn nicht.«

»Nicht die passenden Anforderungen?«, brummte ich; er lachte.

»So könnte man es ausdrucken.«

»Muss man ein Super-Genie sein?«

Er schwieg und küsste meine nackte Schulter, bevor er antwortete: »Sie muss zur Familie gehören.«

»Tja...«, ich setzte an eine weitere Gemeinheit von mir zu geben, hingegen arbeite mein Gehirn und kam zu einem entsetzlichen Entschluss; verärgert biss ich mir auf die Lippen.

»Solltest du eine Schwester habe - würde ich sagen - müssten die Herren der Schöpfung sich an sie ranschmeißen.«

»Ich bin ein Einzelkind.«

»Habe ich mir fast gedacht«, rutschte es mir heraus, ehe ich über die Worte nachdachte.

Er knurrte; war mir allerdings nicht lange böse und lächelte; zumindest glaubte ich es zu spüren.

»Mir tut die Person jetzt schon Leid.«

»Du tust dir selber Leid?«, grinste er; ich formte meine Augen zu schlitzen. Er beugte sich über mich.

»Wieso sollte ich mir Leid tun; ich hab doch nichts zu befürchten.«

Er küsste meine Rückenparty.

»Du solltest dir jemanden suchen, der dir die Stirn bieten kann. Einzelkinder sind sehr verwöhnt.«

»Ich glaube, ich hab da jemanden, der das wirklich hervorragend kann.«

Ich drehte mich auf den Rücken und funkelte ihn an.

Ich bestimmt nicht!’

»Dann solltest du es der Person sagen

»Sollte ich das?«, er tat, als grübelte er, »Eigentlich würde ich es viel lieber zeigen

»Vielleicht will sie das auch nicht?«

»Will sie nicht

»Hast du keine anderen Hobbys?«, lenkte ich vom Thema ab. Mein Kopf dröhnte und ich bekam von den unterschwelligen Andeutungen Kopfschmerzen.

»Ich hab sogar eine ganze Menge Hobbys; eines versuche ich gerade auszuleben.«

»Andere Leute ärgern?«

Er lachte abermals auf.

»Was willst du denn wissen?«, fragte er und stützte mit der Hand seinen Kopf. Ich verzog den Mund und dachte darüber nach, was ich fragen könnte. Ich glaubte nicht, dass er mir die Wahrheit erzählen würde.

»Macken!«, schoss es aus mir heraus; das Wort hatte sich noch nicht einmal in meinem Kopf manifestiert und schon hatte ich es ausgesprochen.

»Oh man, gleich die ganz harten Sachen«, er ging sich durch die Haare, »Mm... Ich hab einen Bleifuß und eigentlich hasse ich es morgens aufzustehen. Das mache ich nur, um jemanden zu ärgern. In Wirklichkeit bin ich ein Morgenmuffel.«

Ich fauchte.

»In meiner Vergangenheit war ich sehr handgreiflich.«

Unweigerlich wich ich zurück.

»Ich schlag doch keine Frauen!«, schmollte er, »Das Übliche halt, wie das bei Jungs ist.«

»Lass mich raten, Sportschüler, auf den alle standen?«

»Nein, ich hasse Sport. Ich habe mich vor jedem Sportkurs gedrückt; durch meine Noten musste ich allerdings auch keinen belegen. Habe einige Klassen übersprungen, jedoch nur, weil die Lehrer mich loswerden wollten«, er faltete die Hände, als würde er beten, »Die Schule langweilte mich ein wenig, also hab ich einige Scherze gemacht und mich mit den Sportteams angelehnt. Sehr amüsant, einer gegen ein ganzes Team.«

Er lachte über sein eigenes Verhalten; ich fand das nicht lustig. Mir zeigte sich Alessandro vollkommen anders, jemand, der immer nett war, doch das war er nicht. Er war jemand, der für seine Ziele über Leichen gehen würde.

Unweigerlich schluckte ich.

Diesen Mann durfte ich mir nicht zum Feind machen.

»Was ist mit dir?«

»Hä?«

»Deine Art, diese Mauer, warum?«

Antworten oder nicht?’

Klüger wäre es, nicht zu viel von sich preis zu geben, aber dieser Mann würde es durchschauen oder würde er nicht?

Eigentlich konnte ich perfekt lügen. Konnte ich das bei ihm?

»Ich...«, setzte ich an; mein Verstand arbeitete an einer best möglichen Lösung, »Schule.«

»Schule?«, wiederholte er; war er taub?

»Kinder können sehr grausam sein«, er nickte und wartete, ich spräche weiter, »Eigentlich sagt das schon alles.«

»Du machst mir nicht den Eindruck, als könnte man dich ärgern.«

»Das täuscht«, antwortete ich automatisch und bereute meine Aussage.

»Bist du so verletzlich?«, flüsterte er und war nur noch Millimeter von meinem Gesicht entfernt. Ich spürte seinen – heißen - Atem auf meiner Haut.

Zaghaft zuckte ich mit den Schultern. Die Erinnerungen holten mich ein. Ich presste meine Lippen fest aufeinander; Tränen stiegen mir in die Augen.

Ich würde nicht weinen?

Wie ein Film spielte sich alles ab; immer und immer wieder. Ihre Scherze, ihre Worte hallten in meinem Kopf, die einsamen Nächte...

Zwei Hände umschlossen meinen Kopf. Ich wollte ihn nicht ansehen; nicht jetzt.

Aber er ließ mir keine Wahl. Die erste Träne floss über meine Wange.

Nicht weinen Lia!’, schrie ich, ‚Bloß nicht weinen!’

Doch ich wimmerte. Fest hielt ich meine Lippen zusammen gepresst, dass lediglich ein unterdrücktes Schluchzen meine Lippen verließ.

Ich drückte meine Hände auf meine Augenlieder. Diese Bilder gehörten verdrängt! Meine ganze Schulzeit spielte sich ab. Nein! Ich wollte das nicht sehen.

Zwei Arme schlangen sich um meine Taille und drückten mich an sich. Heulend vergrub ich meinen Kopf in seine Schulter.

Es war mir peinlich!

Gott, niemand sollte mich so sehen. Vollkommen kaputt, nicht bereit jemals eine Bindung einzugehen.

Ich riss mich los und sprang auf. Zwei Arme zogen mich bestimmend auf das Bett zurück. Ich wich seinem Blick aus. Alessandro drückte mich an sich.

Jeder weitere Versuch aus diesem Griff zu entkommen, ließ er nicht zu.

»Es tut mir Leid«, nahm ich seine Stimme nahe an mir wahr, »Das wusste ich nicht...«

Schluchzend kamen immer mehr Tränen. Es hörte nicht mehr auf. Ich weinte bitterliche Tränen, alles brach aus mir heraus.

Wie ich mich dafür hasste!

Vereinzelt stammelte ich unverständliches Zeug, was ich noch nicht einmal verstand und schlief übermüdet in seinen Armen ein.
 

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Das innere Gefühlchaos

Rammdösig öffnete ich meine Augen; nur sehr langsam erinnerte ich mich an die letzten Stunden. Die Sonne blendete mich.

Verdammtest Ding; musste sie immer viel zu früh aufstehen?
 

»Ach du Schreck!«, hechtete ich auf und blickte mich um. Ich lag im Bett - nicht in meinem, in Alessandros - und war alleine.

Verzweifelt suchte ich eine Uhr.

Irgendwo musste doch eine verdammte Uhr sein!

Im Wohnzimmer fand ich eine.

Ich hatte eine böse Vorahnung, die sich bestätigte, als ich endlich in der Lage – Schlaftrunken wie ich war – das Zifferblatt zu lesen: Ich war zu spät!

Rasch flitzte ich die Stufen empor.

Gar nicht gut, Lia! Gar nicht gut!’

Ich stürmte zur Reisetasche und griff nach den Sachen für das Büro. Plötzlich schlang sich ein Arm um meine Hüfte und zog mich hoch. Mit der Bluse in der Hand warf ich meinen Kopf nach hinten und schlug gegen eine Schulter. Ein zischender Laut ertönte.

»Ich bin zu spät!«, hauchte ich und versuchte mich aus dem Griff zu lösen. Meine Augen nahmen die Person nicht wahr; meine Gedanken galten meiner Arbeit.

Das wäre das zweite Mal nach kürzester Zeit, dass ich zu spät war.

‚So ein Mist!’

»Du hast heute frei«, weckte mich Alessandros Stimme; ich verharrte in der Bewegung. Mein Verstand begriff nicht.

Seine Arme schlangen sich enger um mich und zogen mich an eine muskulöse Brust; als ob ich dadurch besser Denken könnte.

»Ich hab für dich frei genommen.«

»Das geht nicht!«, protestierte ich, »Das Projekt; ich hab noch nicht alle Daten... Ich muss noch... Ich kann mir nicht frei nehmen. Man braucht die Daten... «

Sein Finger legte sich auf meine Lippen; ich verstummte.

»Roland macht das schon.«

Ich öffnete meinen Mund für den nächsten Protest, fix drückte er seine Hand dagegen.

»Kein Wenn und Aber

Das würde nicht leicht werden zu vermitteln, dass ich unbedingt zur Arbeit musste.

»Nein, Lia!«

Verdutzt starrte ich ihn an; woher wusste der Kerl meinen Kosenamen. Woher wusste er überhaupt immer, was ich dachte?

»Wmumpg wempf duf mampf Kopfform?«

»Was?«

Er nahm die Hand von meinem Mund.

»Woher weißt du von meinen Kosenamen?«

»Du hast dich selbst so betitelt, schon vergessen? In der Firma.«

Ich nickte; mein Gehirn ratterte. Dumpf dämmerte es in meinem Kopf; dann galt meine Aufmerksamkeit abermals der Arbeit.

»Aber du musst auch ins Büro! Du kannst nicht – «

»Wie du siehst, kann ich sehr wohl.«

Grummelnd verzog ich meinen Mund.

»Aber, aber... Jetzt wird erst einmal gefrühstückt.«
 

Ehe ich irgendeinen erdenklichen Einspruch erheben konnte – den dieser Mann vermutlich widerlegt hätte – zog er mich die Stufen zur Küchennische. Der Tisch war gedeckt und der Geruch von Kaffee lag in der Luft. Wieso hatte ich das eben nicht bemerkt?

Bedeutete das, er hatte gesehen, wie ich wie eine Wahnsinnige – anders lies sich das nicht beschreiben – die Stufen hinunter gestürmt war und dann wieder hinauf.

Mir schoss die Röte ins Gesicht.

Peinlich! Mehr als Peinlich.

Alessandro ließ mich nicht los. Er setzte sich auf den Stuhl und verfrachtete mich auf seinen Schoss.

Wie sollte ich da bitte essen?

Doch der sture Bock ließ mich nicht gehen. Er schlang einen Arm um meine Hüfte und küsste mein Schulterblatt.

»Und wie - ?«

»Kaffee?«, unterbrach er mich; ich nickte genervt. Er hielt mir eine Tasse hin. Brummend nahm ich diese an mich.

Dieser Mann machte mich fertig.

Ich konnte nicht mehr; egal, wie ich es anpackte, ich wurde ihn nicht los.

Er tauchte einfach auf und riss alles kaputt. Meine jahrelange Arbeit – kurzerhand – zerstört und er grinste weiterhin frech.

Außerdem machte es ihm Spaß.

Meine Hände klammerten sich fester um die Tasse. Selbst der berauschende Duft von Kaffee beruhigte mich nicht.

Am Ende musste ich – wie immer – alleine damit zu Recht kommen. Am Ende - wenn er nicht mehr da wär - musste ich mit meinen Problemen alleine damit fertig werden. Er würde mich nie verstehen!

»Wo bist du?«

Ich funkelte ihn an; er schmunzelte.

»Verstehe.«

»Was verstehst du?«, zischte ich und nippte an der Tasse; er verstand gar nichts.

»Du hast Angst.«

Ich gackerte. Ich und Angst; wovor? Vor ihm, bestimmt nicht!

Ich biss mir auf die Lippe.
 

Okay, vielleicht ein bisschen; aber das musste er nicht wissen!
 

»Ich glaube, so langsam versteh ich dich.«

Wunderbar! Genau das habe ich erwartet! Verdammt!’

Ich stieß die Luft aus mir. Ein leichtes Zittern überkam mich, was ich unterdrückte.

Ich hatte mich zu sehr auf ihn eingelassen; ich war dumm! Ich hätte klare Grenzen ziehen müssen. Wieso hatte ich es nicht getan?

Hoffte ich, dass es klappte?

Es würde niemals klappen!

Ich war nicht der Mensch, der Bindungen einging. Mit niemanden!

Niemand würde diese Leere in mir Stillen können; so manches Mal wünschte ich mir eine Person herbei, die sie ausfüllte - die meine heimlichen Wünsche erfüllte - doch das würde nie passieren.

Das durfte nicht passieren!

»Lia... «

»Nicht!«, presste ich hervor.

Gott, ich ertrug die Nähe nicht. Ruckartig sprang ich auf; zu meiner Überraschung hielt er mich nicht auf.

Wieso hielt er mich nicht auf?

Also war es ihm doch gleichgültig.

Ich marschierte zum Wohnzimmer und ließ mich auf der Couch nieder. Wieso kam er nicht?

War es ihm egal?

Ich schloss meine Lieder und atmete tief durch.

Es wäre besser, wenn ich ihn auf Abstand hielt; ich musste ihn von mir fernhalten. Er würde mich verletzten.

Er könnte mir nicht das geben, was ich brauchte, was ich wollte. Niemals!

Ich ging durch meine Haare; leblos fielen sie um meine Schulter.

Erst einmal sollte ich mich anziehen.
 

Ich erhob mich und schlich die Treppe hinauf. Warum sagte er nichts?

‚Anziehen!’, befahl ich mir. Ich zog das erst Beste an – einfache Jeans und ein T-Shirt – und lief dann mit der Tasche die Stufen hinab.

Die Erinnerung - an diese Nacht - verfrachtete ich tief in meinen letzten Hirnwindungen; ich vergaß, das ich geweint hatte, dass ich ihm meine innere Gefühlswelt gezeigt hatte; diese Nacht existierte einfach nicht!

»Ich sollte nach Hause fahren«, hörte ich mich selber sagen; meine Stimme klang wie von einer anderen und dennoch war es meine.

Er sagte nichts. Sein Blick ruhte auf mir; es war mir unangenehm. Ich musste weg! Weg von diesem Mann und gleichzeitig wollte ich bleiben.

Halt mich fest!’, flehte mein Verstand.

Sollte ich hier bleiben?

»Bruno wartet... «, sagte ich nach einer Weile; abermals schwieg er.

Gott, ich ertrug den Blick nicht. Meine Augen schweiften hilflos durch den Raum.

Sag was!’
 

»Wenn du musst... «, antwortete er schließlich; nicht gerade was ich hören wollte. Was wollte ich denn hören? Ich wusste es nicht.

Tränen stiegen in mir auf; aber dieses Mal konnte ich sie verdrängen.

Ich nickte.

» ...dann solltest du. Du weißt, wo die Tür ist.«

Er war sauer. Warum war er sauer?

Ich hatte doch nichts gemacht. Es würde nicht gut gehen. Er würde mich verletzten und das ertrug ich nicht.

Ich musste meinen inneren Schaden reparieren; meine Mauer war zerstört.

Ich schleifte die Tasche zur Tür und drehte mich zu ihm um. Er saß noch immer auf dem Stuhl und sah mir nicht nach.

Es machte mich wütend. - Warum?

Es sollte mir egal sein; er bedeutete mir nichts!

Meine Hand umschloss die Klinke. Ich zitterte.

Die Tür öffnete sich.

»Die Tasche...«, nahm ich seine Stimme gedämpft wahr, »Du kannst sie behalten.«

»Okay.«

Ich presste meine Lippen fest aufeinander. War es nun vorbei?

Ich verharrte an der Türschwelle. Geneigt zurück zu schauen, gab ich mir einen Ruck und verließ mit der schweren Tasche sein Apartment.

Mit erhobenem Haupt lief ich durch den Flur; mein Herz tat weh.

Krampfhaft kämpfte ich gegen meine Tränen an. Auf dem ganzen Heimweg nahm ich nichts wahr. Überhaupt nichts.
 

Meine Apartmenttür öffnete sich, knallte ins Schloss und ich heulte los.

Dumpf knallte die Tasche zu Boden. Ich glitt daneben – die Beine an mich gezogen – und weinte wie lange schon nicht mehr.

Er würde nicht mehr kommen?

Ich hatte es verbockt!

Aber was hatte ich verbockt; ich wusste es nicht.

Bruno stieß mich an; ich schupste ihn weg.

Es war mir alles peinlich. Ich hatte mich gestern Nacht gehen lassen, gehofft, dass alles nun besser werden würde; aber das war es nicht.

Stattdessen saß ich nun hier und weinte – wie üblich – ich war kaputt.

Nicht in der Lage Gefühle zu verstehen oder zu zeigen; einfach kaputt.
 

Nach Stunden bewegte ich mich; mein Telefon klingelte. Mit der Hoffnung - er war es - ging ich an den Hörer.

»Was ist passiert?«, platzte Natascha mir entgegen. Perplex starrte ich den Hörer an, räusperte mich und fragte unwissend: »Was sollte passiert sein?«

»Habt ihr euch gestritten?«

Fragend glotzte ich Bruno an, der seinen Kopf schief legte.

»Nein«, log ich und wusste selber nicht, ob dieses als Streiten zählte. Natasha stöhnte.

Ich wusste es wirklich nicht.

»Ich... «, setzte ich an, da unterbrach Natasha mich: „Er tobt wie ein wahnsinniger? Jeder, der auch nur einen Fehler macht, bekommt eine Standpauke zu hören. Ich musste mir gerade einiges anhören. Also was ist passiert

»Nichts«, ich blieb bei meiner Aussage. Der Gedanke - dieser Hass würde sich nun gegen mich richten - ließ mich überlegen, vielleicht die nächsten Wochen – ach was redete ich - Monate krank zu feiern.

»Er ist eindeutig wütend – «

Die Leitung verstummte; das Besetztzeichen schallte mir entgegen.

Ich schüttelte meinen Kopf. Alessandro war ein erwachsener Mann; er würde Arbeit und Privatleben trennen!

Würde er?

Okay, er konnte wie ein Kind sein.

Ich brauchte Gewissheit; also wählte ich Natashas Nummer vom Büro.

»Ja!«, meldete sich eine männliche Stimme; überrumpelt brachte ich kein Wort heraus.

»Na... Natasha... «, stotterte ich.

»Sie arbeitet.«

»Du lässt das doch jetzt nicht an den anderen aus!«, preschte es aus mir heraus; entsetzt knallte ich meine Hand auf den Mund.

Auf der anderen Leitung blieb es stumm. Im ersten Moment glaubte ich, er hatte aufgelegt, doch hörte ich ein leises Atmen.

»Das geht dich nichts an.«

Dieser sture Bock!’

»Du bist so – «

»Pass auf, was du sagst; du willst doch nicht deinen Chef beleidigen!«, drohte er mir. Ich schnappte nach Luft.

»Dein Verhalten ist für den Arsch und wenn du es an anderen auslässt, bist du nicht weit aus besser als ER

Ich drückte – bevor er antworten konnte – die Taste zum Auflegen. Seine Antwort wollte ich nicht wissen; zu gut konnte ich mir das Bild vorstellen, wie wütend er sein würde.

Dann schlug es auf mich ein: Er wusste, wo ich wohnte!

Shit!

Ich packte meine Handtasche, stopfte meine Schlüssel hinein, sowie meine Geldbörse und flüchtete aus meiner – eigenen - Wohnung.
 

»Wohin so eilig?«, stoppte mich Mrs. Dewes.

»Einkaufen, ganz dringend«, flunkerte ich. Ich hörte die Autos an uns vorbeizischen. Meine Hand lag an der Klinke; die Tür war einen Spalt offen. Ein Auto stoppte.

»Ich muss weg, ganz dringend«, betonte ich mehrfach und flitzte hinaus; da erkannte ich einen Sportwagen – seinen Sportwagen - und knallte die Haustür lautstark zu.

»Ist die Hintertür offen?«, fragte ich, stürmte an der alten Frau vorbei - ehe sie antworten konnte - und lief ich die Stufen zum Keller runter.

Eigentlich müsste die Tür zum Hof offen sein.

Ich hatte Glück.

Hinter mir hörte ich Schritte.
 

Angestachelt durch meinen Verfolger huschte ich durch die Tür, lief über den Platz durch das Tor auf den Bürgersteig und mischte mich unter die Menge.

Ich dumme Kuh!

Er wusste, wo ich wohnte.

Erst denken, dann reden!’, trichterte ich mir ein. Pausenlos drehte ich mich um; eine Gestalt kam aus dem Hof. Ich bog in eine Gasse, rannte die Straße entlang und bog in eine weitere Gasse.

Hauptsache weg - weit weg - wo er mich nicht fand.

Würde er mich suchen?
 

Nun hatte ich den Salat!

Ich konnte mich nicht ewiglich vor meinen Chef - vor Alessandro, vor dem Mann, der mittlerweile mehr über mich wusste, als mir lieb war - verstecken.

Ich stieg in einen Bus, der mich nach Manhattan brachte. Dort kannte ich mich einigermaßen aus. Ich ging in den Central Park und abends würde ich seelenruhig heimfahren. Sicher würde er keine Stunden vor meiner Haustür verbringen. Ganz bestimmt nicht!

Ich lief eine Weile durch den Park und ließ mich stöhnend auf einer Bank nieder. Zu meinem Entsetzten war es genau jene Bank, wo ich immer meine Mittagspause machte. Wieso hatte ich nicht aufgepasst?

War ich so blind?

Ich sprang auf; jemand griff nach meinem Arm.

Erschrocken drehte ich mich um und stierte in zwei funkelnden Smaragdaugen. Das blonde Haar schimmerte in dem Sonnenlicht weiß.

Eben noch unterdrückte ich einen Schrei.

Ich zerrte an meinem Arm; sein Griff verstärkte sich. Ich zischte vor Schmerz.

Er würde mir doch nichts tun?

Hier waren Menschen - viele Menschen - es wäre dumm mir da etwas anzutun.

Wie war er so schnell hier her gekommen?

Woher wusste dieser Idiot, dass ich hier war?

»Lass mich los!«, fand ich meine Stimme.

»Nein!«, peitschte mir seine Stimme entgegen. Bei so einem durchdringenden Ton würde keiner Widerspruch einlegen; viel zu sehr wurde mir bewusst, ich hatte ihn unterschätzt.

Er würde mich nicht so einfach gehen lassen!

»Lass mich los«, flehte ich ihn an.

Er antwortete nicht, stattdessen zerrte er mich weiter in den Park.

Panik erklomm langsam ihren Weg zu meinem Verstand.

Würde er mir etwas antun?

Ich musste mich befreien!
 

Blieb ich stehen, gab er mir einen Stoß.

Schrei!’, befahl mein Vernunft; aber ich blieb stumm. Er zerrte mich über die Wiesen zu den Bäumen. Von hier konnte ich alles erkennen, hingegen waren wir von Büschen verborgen.

Er ließ mich los.

Ich rannte; bloß weg von ihm. Arme schlossen mich ein. Ich spürte seine Brust an meinem Rücken. Heftig wehrte ich mich. Zuerst hatte er Mühe mich fest zu halten, allerdings hatte er nach wenigen Sekunden mich gepackt, dass ich still halten musste.

Heftig atmend verabschiedete ich mich von der Welt.

Er wird mich doch nicht schlagen! Lia, dir muss was einfallen!’

»Wir sind zwei erwachsene Menschen«, versuchte ich es mit der Vernunft; erleichtert, dass meine Stimme nicht zitterte, »Es war klar, dass es nicht gut Enden würde.«

»Ach«, zischte er.

»Wir sollten vernünftig bleiben... «

Mir fielen keine Argumente ein; mein Verstand war leer.

»Vernünftig? In dem du mich beleidigst?«

»Gott! Du verhältst dich manches Mal wie ein Kind!«, antwortete ich, bevor ich nachdachte; perplex drückte ich meine Lippen aufeinander. Ein Ruck durchfuhr meinen Körper; er presste mich näher an sich. Ich spürte die Hebung seiner Brust an meinem Rücken.

Ich wagte einen weiteren Versuch aus seinem Griff herauszukommen; jedoch rührte ich mich nicht einen Millimeter.

»Und du bist vernünftig?«

Darauf antwortete ich nicht; jede Antwort wäre eine Lüge gewesen.

»Vielleicht ist es besser, wenn ich die Abteilung wechsle«, murmelte ich vor mich hin. Er biss mir in die Schulter - nicht fest, es zwickte eher - dennoch versetzte es mich in einen Schock.

»Was – «

»Das erlaube ich nicht! Du gehörst mir

»Ich – «, er knabberte an meinem Ohrläppchen, »Ich bin niemanden Besitz!«

»Jetzt schon!«

»Du hast mich gehen lassen!«, protestierte ich und ärgerte mich, meinen Frust gestanden zu haben. Er leckte über meinen Hals.

»Ich wollte mich nicht mit dir streiten«, flüsterte er.

»Und dann lässt du mich lieber gehen

Ich war wütend; wieso war ich wütend? Wieso regte es mich auf?

»Du bist genauso schlimm wie ER!«, zischte ich.

Scharf sog er die Luft ein. Mit einem Ruck drehte er mich zu sich um und wir stierten uns an. Nach einer Weile beugte er sich zu meinem Ohr hinab.

Seine Stimme klang ruhig; aber ich wusste es besser, er kochte.

»Pass auf, was du sagst! Es gibt gravierende Unterschiede.«

»Ach - !«

Er schmunzelte.

»Du magst es dir nicht eingestehen; aber ich weiß, dass du mich willst. Jede Pore sehnt sich nach mir.«

»Tut sie nicht!«

Sein Gesicht war meinem nahe; ich legte den Kopf leicht schräg. Fast berührten sich unsere Nasenspitzen. Ich würde nicht klein beigeben.

»Wieder ein Versuch, sich selbst zu belügen?«

Er machte sich lustig über mich!

»Warum sträubst du dich so sehr davor?«

»Vor was?«

Seine Lippen zuckten. Lachte er?

Er nahm meine Hand und küsste die Innenhandflächen. Nein, das wollte ich nicht!

Ich riss ihm meinen Arm weg. Nicht auf dieser Weise; mich schwach machen, damit ich nicht denken konnte.

»Ich habe dich beurlauben lassen«, mir entglitt das Gesicht, »Natürlich hab ich vorher alles geklärt. Roland und sein Team werden das schon machen und wir... «

Soll ich ihm eine verpassen... Wo tut es am meisten weh?’

»Lia, hier bin ich.«

»Was?«, fauchte ich.

»Wunderbar, du hast die perfekte Stimmung. Wir fliegen noch heute nach Florida!«

Nur ein winziger Schlag. Es tat ihm eh nicht weh... Nur ein Schlag.’

»Und wenn ich nicht will?«

Eine sehr gute Frage, eine berechtigte Frage; er konnte mich schließlich nicht dazu zwingen.

»Ach, du willst schon; Bruno kann als Aussage nicht herhalten, um den kümmert sich ein Freund. Gleich am Montag kannst du dich wieder intensiv in deine - all zu geliebte - Arbeit stürzen.«

Ich formte meine Augen zu schlitzten. Er lachte und führte mich auf den Schotterweg.
 

Tatsächlich saß ich in einem Flugzeug auf dem Weg nach Florida - erste Klasse - und stierte mein Sektglas an.

Na dann, ex und weg!’, schluckte ich das Zeug wie Wasser runter.

Nach weiterem Nörgeln von meiner Seite gestand Alessandro, dass es ein wenig geschäftliches in Florida gäbe. Der Schweinehund wollte mich nicht alleine in New York City lassen.

Auf die Aussage, ob es an Leonardo lag, knurrte er.

Ich verzog den Mund und bestellte mir noch ein Glas von diesem Prickelzeug.

Nach dem Chaos hatte ich mir das verdient; ich war mit meinen Gefühlen vollkommen überfordert. Mein Kopf drohte bei dem Wissen zu explodieren.

Flugs kam die Stewardess; dankend nahm ich an und würgte den Inhalt gleich meine Kehle hinab.

Mir wurde schlecht. Ich schmiss meinen Kopf in den Sitz und kicherte.

Alessandro hob fragend die Augenbraue, da bestellte ich mir ein weiteres Glas; dieses Mal passte er es ab.

»Du hast genug.«

»Schade«, lallte ich.

»Eindeutig genug.«

Er schickte die Stewardess weg.
 

Die Sitze waren riesig – ich passte zweimal hinein – mir war langweilig; also spielte ich mit der Elektronik herum. Meine Augen- Hand- Koordination war ein wenig beeinträchtigt. Ich verfehlte einige Male die Knöpfe und kicherte jedes Mal.

Amüsiert betrachtete mich Alessandro.

»Gott, wieso bist du nur so heiß?«, faselte ich vor mir her und lachte. Ich war betrunken, stellte ich mit entsetzten fest; allerdings – zu meiner Überraschung – war es mir egal.

Alessandro räusperte sich; färbte sich seine Wangen rötlich?

»Eigentlich«, ich schluckte, ui, alles drehte sich, »Grr – «

Ich drückte meine Hand gegen seine Brust und leckte mir über die Lippen. Schief lächelte er mich an; ich kicherte.

Er stützte mit der Hand seinen Kopf und beobachtete mich interessiert.

»Wenn ich gewusst hätte, dass ich dich nur hätte betrunken machen müssen... «

»Ich bin nicht betrunken. Vielleicht angeheitert«, log ich.

All meine Hemmungen waren verschwunden, meine Mauer, die Stimmen, die sagten ich durfte nicht – weg!

Ich beugte mich zu ihm vor.

»Weißt du... «, flüsterte ich - mehr oder weniger schlecht - es fiel mir schwer leise zu reden, » ...Ich glaube, du wärst eine Bombe im Bett.«

Ich gackerte.

»Ja, du hast eindeutig zu viel getrunken«, nuschelte er in seine Hand.

»Finde ich gar nicht«, lachte ich, »Hab ich so unrecht? Vielleicht sollte ich es mal testen... Gibt es noch Sekt?«

Ich winkte zur Stewardess; das Zeug tat mir gut. Dieses Mal ließ ich mir sogar zwei Gläser bringen.

Zwei waren besser als eines und meine Firma zahlte; also Ausnutzen!

Ich kippte mir fix das erste Glas die Kehle hinunter und gab es der Stewardess direkt wieder.

Uff, irgendwie drehte sich alles. Es fiel mir schwer meinen Kopf aufrecht zu halten. Wie ich das schaffte, dazu war ich nicht in der Lage darüber nachzudenken. Eigentlich konnte ich überhaupt nicht mehr denken.

Ich stand von meinem Platz auf, nur um im selben Moment zurück zu fallen.

»Hab ich etwas zu viel getrunken?«, fragte ich in den Raum.
 

Ein leises Lachen erklang. Ich drehte mich um und sah einen lachenden Alessandro. Zuerst drückte er seine Hand auf den Mund, aber sein Lachen schallte durch das ganze Flugzeug. Neugierige Blicke sahen von der Economic Class zu uns. Rasch zog die Stewardess den Vorhang zu.

»Hab ich was verpasst?«, brauchte ich fünf Minuten für diesen Satz. Das Sprechen fiel mir immer schwerer und dennoch wollte ich reden und reden.

Ach, eigentlich überkam mich was ganz anders; nur reagierte mein Körper nicht, wie er sollte. Ich hievte mich hoch und schaffte es – mehr schlecht als recht – auf Alessandros Schoss. Ein fettes Grinsen lag auf seinen Lippen.

»Ich bin nicht betrunken«, lallte ich, »Ange... Gott, wie nennt man das... Ah... angeheitert, ein bisschen«, ich hielt ihm den Daumen und Zeigefinger hin und versuchte zu zeigen, wie betrunken ich doch war, »Genau... Ich hab nicht viel... Nicht viel getrunken.«

»Wenn du meinst.«

»Das meine ich!«, nickte ich, »Gott, ich muss dich probieren... «

Dann sackte ich weg; meine Augenlieder schlossen sich für einen kurzen Moment.

Wirklich nur einen kurzen Moment...
 

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Die letzten Hemmungen fallen...

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Leiser Verdacht...

» ...das ist mir egal!«, weckte mich Alessandros Stimme. Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Ich war alleine im Bett; Alessandro stand am Fenster und telefonierte mit nichts bekleidet außer seiner Jeans.

Schlaftrunken betrachtete ich das Bild.

»Wir reden in New York weiter«, beendete er das Gespräch und ließ den Blick zu mir gleiten. Ich lächelte ihn an; er erwiderte. Allerdings konnte ich in seinen Augen, was anders erkennen.

»Was ist?«, flüsterte ich und zog die Decke näher an mich.

»Meinungsverschiedenheiten.«

»Wegen dem Projekt?«

Alessandro schüttelte den Kopf - erzählte mir jedoch nicht, worum es ging - und ich hielt es für besser nicht nach zu fragen. Meine Hände fischten nach meiner Unterwäsche, die ich fix anzog und meine weiteren Sachen im Zimmer verteilt fand. Ich konnte mich gar nicht erinnern, dass wir dermaßen in Ekstase waren, sie durch die Gegend geworfen zu haben.

»Frühstück?«, fragte er; ich nickte.

Fix rief er über das Hoteltelefon den Zimmerservice und wenige Minuten später hatten wir auch ein prächtiges Frühstück im Zimmer.

Nach und nach begann mein Verstand - und meine Mauer zu arbeiten - zuerst wurde ich – wie vermutet – mit Gewissensbissen geplagt.

Nun hat er dich in der Hand’, donnerte es pausenlos auf mich ein. Selbst der Kaffee ließ diese Schreie nicht verschwinden, was mir sonst immer gelang.

Seufzend ließ ich mich weiter in den Stuhl fallen. Aufmerksam beobachtete ich Alessandro.

Ob er auch Gewissensbisse hatte?

Männer haben so etwas seltener – ach was redete ich – eigentlich gar nicht.

Ob er mich nun abservieren würde?

Aber er bestätigte schließlich, dass wir ein Paar seien. Doch wie verhielt man sich als Paar?

Könnte ich zu ihm gehen und ihn küssen?

Würde er mich wegschupsen?

Ich hatte Angst – große Angst – und kniff meine Augen zusammen. Plötzlich hob er mich hoch und verfrachtete mich auf seinen Schoss. Seine Arme schlangen sich um mich und ich legte meinen Kopf auf seine Schulter.

Er küsste mein Haar und nahm meinen Duft in sich auf.

»Emilia... «, setzte er an; ich schluckte. Das hörte sich nicht gut an.

Würde er doch alles rückgängig machen?

Er hatte bekommen, was er wollte; dieser Mistkerl!

»Ich hab dich für einen gewissen Posten vorgeschlagen.«

Zuerst wollte ich ihn anschnauzen – zum Glück arbeitete mein Verstand wieder – stattdessen verschluckte ich mich am Kaffee.

»Was?«, krächzte ich.

Habe ich das richtig verstanden?’

»Du hast was? Warum? Ich meine, das ist toll. Ist das toll?«, brabbelte ich darauf los und versuchte seine Worte einzusortieren, »Oder ist das schlecht?«

Er lachte leise.

»Eigentlich ist es etwas Gutes.«

Eigentlich sagt er...’

»Allerdings... «

Ja?’

»Nun, mein Vater – «

»Er will das nicht?«, unterbrach ich ihn; ich hatte nichts anders erwartet.

»Nicht direkt.«

»Sondern?«

»Er will dich kennen lernen

»Und das ist schlecht?«

Er küsste meine Innenhandfläche.

Mm... irgendwie ist das gut. Geneigt ihn zu küssen, zwang ich mich stur nach vorne zu schauen.

»Nicht unbedingt.«

Ich wand mein Gesicht zu ihm und hob meine Augenbraue. Alessandro sah mich unschuldig an.

»Der Blick - den Bruno immer aufsetzt - zieht bei mir nicht.«

»Versuchen kann man es.«

»Also, was erwartet mich?«, stellte ich - ohne drum herum - die Frage.

»Wir... «, ‚Oh wir, wer ist wir?’ » ...treffen uns heute Abend zum Dinner. Du, ich, mein Vater und meine Mutter... «

»Nur deine Eltern?!«, rief ich schockiert aus.

Nein, das wäre nicht gut.

»Ich hab keine Zeit,... heute Abend«, Alessandro legte seine Stirn in Falten, »Geht nicht.«

Er setzte an etwas zu sagen; jedoch schwieg er, stattdessen lächelte er in mein Haar: »Passt das nicht mit deiner Affäre?«

»Ganz genau!«

Moment, was laber ich da – ’

»Das geht nicht gut«, seufzte ich, »Und warum so schnell?«

»Warum nicht?«

»Beantworte meine Frage nicht mit einer Gegenfrage.«

Wir schwiegen.
 

»Wie du meinst, dann nicht«, gab er zu schnell meinem – schlechtem – Vorwand nach. Er hob mich von seinem Schoss und stand auf. Verdattert starrte ich ihm nach. Er zog sich seelenruhig sein Hemd an.

»Du gibst schon auf?«, stammelte ich.

»Sollte ich nicht?«, lächelte er.

Gehörte das zu seinem Plan; wollte er mich dadurch dazu verleiten, ihm zu zustimmen?

Ich ging in meinem Kopf alle Möglichkeiten durch; Falle oder nicht?

Skeptisch spitzte ich meine Lippen.

»Unser Flieger geht gleich«, weckte er mich; ohne ein Wort suchte ich meine Sachen zusammen und zog mich an.
 

Die ganze Fahrt zum Flughafen, im Flugzeug und auch noch in New York City dachte ich darüber nach.

Ich begrüßte nur beiläufig Bruno; meine Gedanken waren bei seinen Worten. Außerdem musste ich noch etwas finden, was ich gegen diesen Mann einsetzten konnte.

Es war ein seltsames Gefühl nichts gegen ihn ausrichten zu können.

Alessandro gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verabschiedete sich. Ich nickte; mein Verstand arbeitete auf Hochtouren.

Erst Minuten später registrierte ich; er war nicht mit in meine Wohnung gekommen.

Die Chance um nach zu Forschen!

Ich musste mehr über meine Firma herausfinden. Ich gab Bruno sein Fressen und saß kurzerhand vor meinem Notebook.

Zuerst besuchte ich unsere offizielle Homepage; ich entdeckte, dass mein Projekt vorgestellt wurde.

Innerlich freute es mich; allerdings wurde es getrübt durch die Tatsache, dass ein weiteres Gefühl in mir sagte, da war etwas im Busch.

Also forschte ich weiter.

Und Google – mein Freund und Helfer in Allem – sollte mir dabei helfen. Zuerst suchte ich nach der Firma; dann suchte ich gezielt - nach dem Namen von Alessandro.

Ich nippte an meinem Glas mit Cola und las.

Vielleicht hätte ich vor dem Beginn meiner Arbeit mich schlauer machen sollen; ich gab zu, ich war faul.

Das Nötigste reichte damals; er hätte schon damit gerechnet, dass ich ein Techtelmechtel mit einen der Chefs haben würde?

Ich bestimmt nicht; ich war für so etwas eigentlich nicht geschaffen.

Die Erinnerungen von dieser Nacht überrollten mich; ich atmete tief durch.
 

Unsere Firma war – was ich mit entsetzten feststellen musste - nicht irgendein Bauunternehmen, sondern wir wurden - inklusive anderer bekannter Unternehmen - ausgewählt bei dem Wiederaufbau des World Trade Center.

Ich musste schlucken.

Das wusste ich nicht; zusätzlich fand ich heraus, dass die – geglaubte – Tochterfirma in Deutschland ebenfalls von der Familie Smith geleitet wurde; ausschließlich von Alessandro.

Hustend stellte ich mein Glas weg.

In meinem Kopf begann es zu rattern.

Bei meinem Bewerbungsgespräch war er nicht dabei; er selbst nannte nur seine Abteilung, die war in Amerika, oder?

War er vielleicht in Deutschland als ich mich beworben hatte?

Meine Noten waren nicht allzu gut beim Zeitpunkt der Bewerbung; ich glaubte durch den Einstellungstest hätte ich mich bewiesen. Aber was wäre, wenn Alessandro mich damals gesehen hatte?

Was wäre, wenn ich nur durch mein Aussehen genommen worden wäre?

Wie sah ich damals aus?

Ich grübelte; ich hatte mir nicht viel Mühe gegeben.
 

Ich huschte in die Küche und füllte mein Glas nach; meine Gedanken gingen alles durch, den ganzen Ablauf meines Bewerbungsgesprächs.

Meine Mom hatte mich hingefahren – ich trug eine schlichte schwarze Hose und eine weiße Bluse, die Haare hochgesteckt mit einer Klammer – und ich war alleine in das Gebäude gegangen. Neben mir warteten noch etliche Bewerber.

Es dauerte ewiglich, bis einer von der Firma kam.

Alessandro war nicht dabei; da war ich mir 100-prozentig sicher.

So eine Tussi hatte uns abgeholt und wir mussten diesen dämlichen Psycho- Test machen.

Es gab keine Spur von den Smiths – weder vom Alten, noch von Alessandro.

Es gab eine Pause von fünf Zehnminuten; mir war schlecht – ich hatte nichts gegessen – ging auf die Frauentoilette und zog mir ein Getränk aus dem Automaten. Er war kaputt; ich schlug dagegen.
 

Schlagartig umklammerte ich mein Glas; das hatte ich vollkommen vergessen!
 

Lia, du bist so dumm!’

Ich war Alessandro begegnet!

Er saß im Warteraum und durchforschte Unterlagen – vermutlich Bewerbungsunterlagen – er sah auf; ich hatte ihn nicht gesehen.

»Wenn das die Leute von der Firma sehen«, grinste er damals; verlegen lächelte ich und zuckte nur mit der Schulter.

Ich – dumme Kuh - hatte ihn für einen Bewerber gehalten und mir keinen Kopf mehr gemacht.

Ich war so dumm!

Wer würde mich schon wegen meines herausragenden Zeugnisses nehmen?

Verbittert stellte ich das Glas ab.

Ich musste noch besser werden!

Gleich am Montag würde ich mich in meine Arbeit stürzen und keine Art von Gefühl zu lassen. Ich wollte niemand sein, der einen Job bekommen hatte, weil ich gut aussah, sondern weil ich es konnte!
 

Zu meiner Überraschung besuchte mich Alessandro am Abend nicht mehr und ich sah ihn am nächsten Tag im Büro ebenfalls nicht.

Er war verschwunden, was vielleicht auch besser war. Dieser Mann hätte meine Vorsätze zerschlagen, wie einfaches Glas.

Lächelnd, wie immer perfekt gekünstelt – und erstaunlicherweise viel es mir wieder leichtert – kam ich ins Büro.

Natasha saß längst an ihrem Schreibtisch. Ich fuhr meinen PC hoch. Erwartungsvoll sah sie mich an.

»Also?«, setzte sie einen drauf; ich zuckte mit den Schultern, »Erzähl schon, ihr habt euch wieder versöhnt.«

»Vielleicht«, antwortete ich und widmete mich meinen Mails. Ich hatte duzende, was mich viel Zeit kosten würde, alles abzuarbeiten.

»Könntest du vielleicht mal mit Einzelheiten kommen.«

»Es gibt nichts zu berichten«, wimmelte ich sie ab; entrüstet sah mich die Latinerin an.

»Emilia?«

Ein Windzug huschte durch das Büro; ich sah auf und erblickte Alessandro in sein Büro verschwinden.

Kein Kuss, kein Wort; einerseits war ich erleichtert, anderseits war ich wütend. Ich schluckte meinen Frust mit Arbeit herunter.

Das ist besser...’, trichterte ich mir ein, ‚Sonst schaffe ich nachher nichts.’

Fleißig widmete ich mich meinen Aufgaben.

Den ganzen Vormittag rief mich Alessandro nicht einmal in sein Büro, stattdessen erhielt ich eine Mail mit den Zahlen, die ich prüfen sollte.

Alles runter schlucken!’

Ich rief mir ins Gedächtnis - wie ich zu diesem Job kam - und wollte ihnen beweisen, ich konnte mehr – weit aus mehr!
 

In meiner Mittagspause – Alessandro hatte sich mir immer noch nicht zugewandt – schnappte ich meine Tasche und huschte hinaus.

Ich winkte dem alten Dave zu; er tat es mir gleich.

Bei Starbucks besorgte ich mir einen Kaffee - allerdings hatte ich kein Bedarf auf Süßes - und setzte mich auf meine übliche Bank im Central Park.

Wieso redete der Mann nicht mit mir?!
 

Dann fiel mir das Dinner ein. Die Antwort – ob es nun statt fand oder nicht – wurde rasch mit einer SMS geklärt; er hatte abgesagt.

»Verdammt!«, zischte ich und fluchte innerlich.

Mit all möglichen Schimpfwörtern – die mir einfielen und ich kannte viele - betitelte ich Alessandro und war am Ende eher wütend auf mich selber.
 

Vollkommen erschöpft – es war unheimlich anstrengend empört zu sein – schleifte ich mich zu meinem Tisch, der mit weiteren Arbeiten belagert war. Stöhnend widmete ich mich diesen.

Das würde eine Nachtschicht bedeuten; einiges konnte ich mit nach Hause nehmen – ob Alessandro vorbeischauen würde – nein, ich musste mich auf meine Arbeiten konzentrieren.
 

Natasha beobachtete mich die ganze Zeit; deutlich las ich ihre Frage aus dem Gesicht – zum Glück – musste ich sie nicht beantworten, solange sie diese nicht stellte. Sie seufzte und reichte mir eine Tasse; ich lächelte dankbar.

„Ich gehe“, machte sie auf sich aufmerksam; ich nickte lediglich, denn die Abrechnungen hielten mich von allem ab. Ich verglich die Kosten mit meinen Kalkulationen. Es passte; erleichtert atmete ich auf.

Dann widmete ich mich den weiteren Tabellen und Planungen zu. Ich musste das fertig bekommen!

Immer weniger vertraute ich meinen Fähigkeiten, schließlich hatte ich nur Glück gehabt. Ein scheiß Wort.

Eigentlich sollte ich mich freuen; ich tat es jedoch nicht. Es ärgerte mich. Ich kniff die Augen zusammen.

Alessandros Büro war dunkel; ich war die einzige, die um diese Uhrzeit – ein Blick auf die Uhr verriet 19 Uhr – noch im Büro saß. Mein Nacken füllte sich steif an; vorsichtig massierte ich ihn mit meiner Hand.

Am Ende musste ich aufhören. Die Putzfrauen kamen schon ins Büro. Ich fuhr meinen PC runter und schulterte meine Tasche.
 

Im Aufzug fragte ich mich, würde Alessandro auf mich warten?

Die Antwort lautete: Nein.

Zähneknirschend marschierte ich zur Bushaltestelle.

Ich hatte mich zu sehr an ihn gewöhnt. Ich war süchtig und nun war ich auf Entzug.

Lia, denk einfach nur an die Arbeit!’

»Miss Walter!«, hoffnungsvoll - es könnte Alessandro sein - drehte ich mich um, »Um diese Uhrzeit noch am Arbeiten?«

Es war nur Leonardo. Ich verzog den Mund und zuckte mit den Schultern.

»Viel zu tun«, antwortete ich; er nickte.

»Meine Sekretärin sollte sich mal ein Beispiel an ihnen nehmen.«

Ich tat verlegen; hingegen war ich stocksauer.

»Lässt Alesso sie auch mal alleine irgendwo hingehen.«

»Er ist nur mein Chef, nicht mein Freund«, hörte ich mich sagen und versetzte mir selber einen Stich. War das nun eine Lüge oder nicht?

Laut Wochenende ja, doch verhielten wir uns auch nicht wie ein Paar; außerdem wusste ich nicht, wie sich ein Paar verhielt.

Nicht, dass ich nicht schon Beziehungen geführt hatte, doch irgendwie interessierte mich nie, was mein Partner trieb.

»Wenn man euch sieht, könnte man glatt was anders vermuten.«

Darauf wusste ich keine Antwort.

»Emilia – ich darf sie doch so nennen – hätten sie nicht Lust mit mir Essen zu gehen? Ich hab ebenfalls Feierabend und sie haben sicher noch nichts gegessen.«

Einen Moment wog ich ab, das Angebot an zunehmen; schüttelte dann den Kopf.

»Mein Hund wartet auf mich.«

»Ihr Hund?«

»Bruno.«

Leonardo nickte.

»Vielleicht ein anders Mal«, verschwand ich zur Bushaltestelle. Mein Gott war ich sauer; irgendwie wollte ich etwas zerschmettern.

Ich wusste noch nicht einmal, wieso ich so sauer war. Ich hatte mich seit langem nicht mehr derartig schlecht gefüllt; es war vollkommen neu für mich.
 

Zu Hause setzte ich mich sofort an mein Notebook.

Ich hatte – wie vorgenommen – einige Arbeiten mitgenommen und arbeite mich vor an. Essen musste heute ausfallen und auch Bruno wurde nur notdürftig versorgt. Ich musste diese Arbeiten schaffen.

Sobald ich das weiße Worddokument betrachtete, schaltete mein Hirn ab; dauernd schweiften meine Gedanken ab.

Er hatte das Essen abgesagt – was ich auch wollte – aber ich war dennoch sauer?

Ich musste verrückt sein!

Kaputt.

Tief atmete ich ein und tippte die ersten Worte ein; abermals schweiften meine Gedanken ab.

Konzentrier dich!’

Entrüstet schmetterte ich meine Fäuste auf den Tisch; Bruno verzog sich in sein Körbchen.

»Mein Gott!«, fluchte ich. Ich ging mir durch die Haare und starrte ins Nichts.

Minutenlang rührte ich mich nicht; plötzlich sprang ich auf und huschte unter die Dusche.
 

Das Wasser befreite mich für einen kurzen Moment von meinen kuriosen Gedanken – nichts anders waren sie – verdrehte und verrückte Gedanken.

Die Erinnerung an das Gespräch mit Leonardo ließ mich erschaudern und mein schlechtes Gewissen plagte mich.

Nicht mein Freund...’, murmelte ich im Kopf; gut dass Alessandro es nicht gehört hatte.

Der Wirrwahn in meinem Kopf war die pure Qual; nicht für eine Minute konnte ich es abstellen. Es machte mich verrückt. Ich legte meinen Kopf auf die kalten Fliesen, während das Wasser auf mich niederprasselte.

Langsam ertrug ich mich selber nicht mehr. Am liebsten hätte ich mich gewandelt, um 180 Grad, alles hinter mich gelassen und neubegonnen.
 

Ich stellte das Wasser ab und schlenderte durch meine Wohnung; durchsuchte meine Post – ich musste Rechnungen bezahlen; würde ich morgen machen – dann griff ich zum Telefon und wählte nach etlichen Wochen eine Nummer, die ich vor meiner Ankunft regelmäßig angerufen hatte: Meine Mutter.
 

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Tick... Tack... Die Zeit läuft...

Das Gespräch mit meiner Mom war wie üblich; ich berichtete über die Wochen und ließ bewusst Alessandro aus den Gesprächen.

Zwar erkündigte sich meine Mom nach meinen Bekanntschaften, allerdings würgte ich dieses Thema so schnell es ging ab – schon der leiseste Verdacht erstickte ich im Keim.
 

Mein Schlaf war unruhig – wie noch nie – ich träumte alles kreuz und quer und wachte schließlich eine Stunde zu früh auf.

Einschlafen wollte ich nicht mehr; also putzte ich meine Wohnung. Je mehr ich zu tun hatte, desto weniger dachte ich über alles nach. Schließlich verschob ich sogar meine Möbel, Hauptsache mein – blöder – Verstand hielt die Klappe.

Ich musste ihn – diese verdammte Stimme – im Keim ersticken.

Diese blöde Stimme – meine beschissene Vergangenheit – ist Schuld, dass ich mein Leben nicht genießen konnte.

Immer häufiger fragte ich mich, was aus mir geworden wäre, hätte ich nicht erlebt, was ich erlebt hatte.

Ich hatte die Nase von mir voll, und tat zum ersten Mal etwas – von dem ich glaubte es nie zu tun – ich zog mich nicht wie üblich an. Zwar war ich weiterhin elegant für das Büro gekleidet, dennoch legte ich mehr Wert aufs Äußerliche – was ich sonst nie tat – ich schminkte mich!

Meine Haare gönnte ich sie offen zu tragen, statt sonst – mehr schlecht als recht – hochzustecken.

Prüfend betrachtete ich mich im Spiegel, gab Bruno sein Leckerchen und machte mich auf ins Büro.
 

Natasha begrüßte mich mit offenem Mund; ich knirschte mit den Zähnen.

»Ehrlich, das sieht gut aus«, beruhigte sie mich, »Ich bin es nur nicht gewohnt. Eigentlich keiner hier im Büro.«

Sie machte eine ausladende Geste und mir fielen die Blicke meiner Mitarbeiter auf, besonders unsere Singlemänner musterten mich an diesem Morgen genauer, als sie es sonst immer taten.

Normalerweise war ich dauernd Luft für sie gewesen – was ich bevorzugte – heute jedoch nicht, heute hafteten ihre Augen an mir.

Ich ignorierte es; schließlich beherrschte ich das Spiel perfekt.

»Sicher wird er Augen machen«, kicherte Natasha.

»Wer?«

Erschüttert sah sie mich an, wie ich überhaupt diese Frage stellen konnte.

»Na, wer schon.«

»Ach der«, würgte ich ab, »Denke ich nicht.«

»Was denkst du nicht?«, unterbrach uns eine männliche Stimme. Beide blickten wir in Alessandros Gesicht. Auch seine Augen betrachteten mich anders. Er war wütend und gleichzeitig leuchteten seine Augen befremden. Es war ein seltsames Spiel; dauernd wechselte sie ihren Glanz.

»Niemand«, antwortete ich; Natasha verschluckte sich an ihrem Kaffee und stellte die Tasse unauffällig beiseite.

»Guten Morgen, Mr. Smith«, stotterte sie und versuchte konzentriert zu arbeiten.

»Dann ist gut.«

Alessandro schmiss mir einen Stapel mit Arbeiten hin und lief weiter zu seinem Büro. Ich wusste nicht, wieso; aber irgendwie freute ich mich – ich konnte ja so schadenfroh sein. An der Türschwelle drehte er sich flüchtig zu mir und verschwand hinter der Tür.
 

»Hey«, räusperte sich eine Stimme; wir sahen auf, »Habt ihr schon gehört?«

»Was?«, fragte Natasha nach, während ich den Mann vor uns musterte. Ich sah ihn jeden Morgen im Büro, bis heute hatte er uns noch nie angesprochen.

Ich stützte mit meiner Hand meinen Kopf und widmete mich desinteressiert meinen Mails zu.

»Der freie Platz im Vorstand soll endlich besetzt werden.«

»Wirklich?«, grinste Natasha und ihre Augen huschten für eine Sekunde zu mir; ich knurrte.

»Wer das wohl sein wird?«

»Auf jeden Fall eine Frau. Es muss eine Frau sein, bis jetzt war es zumindest immer eine«, äußerte sich der Mann mit den Sommersprossen im Gesicht. Er trug eine Brille, welches die Rundung seines Gesichts kantiger wirken ließ, als es war. Zusätzlich versuchte er mit Haaren das Mondgesicht zu verbergen. Einziger Pluspunkt – den ich empfand – war sein schlanker Körper, jedoch viel zu dürr.

»Hoffen wir mal, dass sie nett ist«, zwang ich mich zu sagen und lächelte den Mann an, »Vielleicht ist sie so wie Miss Brandon?«

Er verzog den Mund – ui, er mochte sie nicht. Ein Wenig war ich überrascht, wie offensichtlich er es zeigte.

»Hoffen wir nicht.«

»Dann wäre die Firma sehr schnell bankrott«, scherzte Natasha; wir lachten alle, auch wenn ich lieber vor Panik die Hände über en Kopf geschlagen hätte. Indirekt sprachen wir über mich; sprachen wir das?

Vielleicht hatte Alessandro es sich anders überlegt und eine bessere Kandidatin gefunden.

Nachdem er bekommen hatte, was er wollte, war ich nun uninteressant.

»Miss Walter?« Ich blickte zu dem Mann auf; verlegend kratzte er sich am Kopf, »Haben sie am Freitag schon etwas vor?«

»Warum?«, platzte es aus mir; ich begriff viel zu spät die Bedeutung der Worte, »Oh... Ich... Muss ich schauen, das Projekt nimmt mich sehr ein; es wird vermutlich hinauslaufen, dass ich daran sitze.«

Der Mann nickte enttäuschte, lächelte jedoch.

Irgendwie war es eigenartig.

Natasha wartete bis er weg war und stürzte sich dann wie ein Hai auf mich: »Ich dachte, du bist Alessandro zusammen?«

Ich zuckte mit den Schultern.

Ich hatte ehrlich nicht mitbekommen, dass er mich anmachte; aber Natasha würde mir nicht glauben. Sie verschränkte die Arme und musterte mich.

»Hat er dich sitzen gelassen

Vor Schreck wäre mir beinahe der Stift aus der Hand gefallen. Ich schluckte meinen Missmutr.

Sitzen gelassen...’, wiederholte mein Verstand die Worte; er war zwar seit der Reise nicht mehr aufgetaucht – heißt das – er hat mich tatsächlich...

»Wenn, ist es eher umgekehrt«, zwang ich mich scherzhaft zu sagen; mein Magen drehte sich um.

Den ganzen Vormittag stürzte ich mich in meine Arbeit, während Natasha kommentierte welcher Typ sich nun nach mir umdrehte.
 

Genervt flüchtete ich in meine Mittagspause.

Schnell raus aus der Firma; floh vor einen Mitarbeiter, der auf mich zuging, und holte mir erleichtert meinen Kaffee bei Starbucks.

Leider war meine Bank im Central Park besetzt. Ich wollte mich nach einer anderen umsehen, da erkannte ich Alessandro.

Er saß mit den Armen vor der Brust verschränkt und sah zu mir.

Er war sauer – was in dem Fall jeder sah, der ihn betrachtete – geneigt mich davon zu schleichen, räusperte er sich.

Augen zu und durch!’, sagte ich mir und begrüßte ihn – wie jeder normale Mensch es getan hätte: »Hi.«

Er erwiderte nicht und musterte mich lediglich. Am Ende presste er seine Lippen aufeinander und wich meinem Blick aus.

»Setz dich!«, forderte er mich auf; geneigt stehen zu bleiben, setzte ich mich neben ihm und nippte an meinem Pappbecher.

»Viel zu tun?«, versuchte ich normalen Small Talk zu führen. Ich hatte ebenfalls guten Grund wütend zu sein; schließlich meldete er sich nicht mehr – gut, vielleicht hätte ich mich bei ihm melden sollen – aber darum ging es nicht.

»Scheint so«, brummte er.

Wir verfielen ins Schweigen. Sein Kinn war angespannt; seine Halsmuskulatur zuckte.

»Ich schick dir heute Abend den Bericht.«

Er stöhnte.

»Sieht so weit alles sehr gut aus; wir haben auch die ersten – «

Er legte seine Hand auf meinen Mund; meine letzten Worte gingen darin unter. Sein Duft stieg mir in die Nase; heimlich nahm ich ihn in mir auf und sah ihn mit großen Augen an.

»Später«, knurrte er, »Du kannst alles später im Büro erzählen.«

Ich legte meine Stirn in Falten.

Er ließ von mir ab und ging sich durch die Haare. Genüsslich trank ich von meinem Kaffee. Irgendwie – ich musste wohl doch leicht sadistisch sein – fand ich es amüsant, dass er sauer war.

»Ich finde das nicht lustig!«, fauchte er; mir entglitt das Gesicht.

Woran hatte er es gemerkt?’

»Du hast gelächelt«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage.

Hatte ich gar nicht?’

Oder hatte ich doch und merkte es nicht mehr?

Merkte ich nicht mehr, dass ich automatisch auf mein Umfeld reagiere?

Was war aus meiner Fassade geworden?

»Hab ich nicht«, verteidigte ich mich – viel zu spät – er schmunzelte.

»Doch, hast du.«

Ich verzog meine Lippen zu einem dünnen Strich und musterte ihn.

»Und jetzt bist du sauer.«

»Bin ich nicht!«, protestierte ich; allerdings hatte er Recht.

»Du solltest aufpassen, Eisprinzessin. Dein Pokerface schmilzt.«

Mit geweiteten Augen sah ich ihn an; eine fürchterliche Vorstellung, wenn das passierte. Die Folgen wären unberechenbar; wenn jeder sähe, was ich von ihm hielt.

Oh, mein Gott, das durfte nicht passieren!

Dieser Mann hatte es kaputt gemacht.

Nein, ich durfte mich nicht ablenken lassen; es war eine Taktik von ihm. Ich musste gradlinig bleiben.

»Das passiert schon nicht«, nuschelte ich und spielte die Gleichgültige.

Er brummte.

Ich wusste, er glaubte mir nicht. Aber das musste er auch nicht, denn ich wusste es besser.

Lange betrachtete ich ihn; er schaute in den Himmel.

Die Frage – ob wir nun zusammen waren oder nicht – beschäftigte mich; zu gerne hätte ich geküsst. Auch wenn ich wütend über ihn war, könnte ich dennoch etwas von ihm kosten, nur ein bisschen.

Doch welchen Status hatten wir?

»Hast du schon von den Gerüchten gehört?«, versuchte ich die Stille zu vertreiben; er hob unwissend eine seiner Augenbrauen, »Die Belegschaft spekuliert, wer den freien Posten im Vorstand bekommt.«

Er schwieg weiterhin; was ich bedauerlich fand. Eigentlich war es ein Versuch zu erfahren, wo ich bei ihm stand.

»Dann sollten sie noch etwas weiter spekulieren«, antwortete er mit einem süffisanten Lächeln. Hatte er meinen Plan durchschaut?

»Ich muss los.« Mit den Worten erhob er sich; winkte flüchtig mit einer Hand und verschwand. Ich sah ihm nach bis er aus meinem Blinkwinkel verschwunden war und setzte mich dann gerade auf die Bank.
 

Nichts!’, ärgerte ich mich und klammerte mich an den Pappbecher, ‚Überhaupt nichts.’

Nicht eine Umarmung, kein Kuss, gar nichts; hatte Natasha doch Recht und er hatte mich fallen gelassen?

Ich werde noch weiter nachforschen!

Fix leerte ich den Becher und machte mich auf ins Büro.
 

Natasha saß vor ihrem Computer und tippte – ein sehr ungewohntes Bild – sie arbeitete. In all der Zeit – die ich hier war – war es eine Seltenheit, sie arbeiten zu sehen.

Stillschweigend setzte ich mich neben ihr. Sie schob mir Unterlagen zu; fragend warf ich einen Blick darauf. Unter dem Stapel befand sich ein Zeitungsartikel. Ich setzte an, sie danach auszufragen, doch sie saß mit dem Rücken zu mir, so ließ ich es bleiben und las.

Meine Augen huschten flüchtig über den Artikel; ein kurzer Text über das Projekt, an dem ich arbeite; nichts Weltbewegendes. Ich hatte die Texte von unserer Presseabteilung gesehen und kannte sie; allerdings weckte eine gewisse Sparte meine Aufmerksamkeit. Es ging um den freien Platz im Vorstand.

Wie konnte man so einen Terz daraus machen?

Wenigstens erfuhr ich durch diesen Artikel, dass es bei letzten Mal – als der alte Mr. Smith sich für seine Frau entschied– ebenfalls so vor sich ging.

Nun wusste ich – zumindest vermutete es der Reporter dieser Zeitung – dass dieser Platz für die Vermarktung und Finanzierung der Firma zuständig wäre, während die männlichen Mitglieder sich rein um die Aufträge kümmerten.

Grübelnd verzog ich meinen Mund.

Da ich noch etwas machen musste, setzte ich mich an meinen Computer und tippte geistig alles ein, was irgendwie zu meinen Aufgaben passte, parallel ratterte mein Kopf und speicherte alles andere von dieser Firma.

Vielleicht hatte Alessandro eine Unterredung mit seinem Vater und beide waren zu dem Resultat gelang: Ich war nicht gut.

Ich biss mir auf die Unterlippe, atmete tief durch und konzentrierte mich auf mein Geschreibsel. Sobald ich einen Buchstaben tippte, waren meine Gedanken wieder woanders.

Seufzend ließ ich meine Tätigkeit bleiben, stattdessen verfasste ich eine E-Mail, die ich Natasha zukommen ließ.

Verwundert hob sie ihren Kopf in meine Richtung; ich deutete ihr an leise zu sein.

Ungeduldig wartete ich auf ihre Antwort; keine drei Minuten später hatte ich von ihr eine Mail im Eingang.

Ich öffnete und las: »Musste hier antanzen und mit dem alten Mr. Smith ein Bewerbungsgespräch führen. Hat mich alles Mögliche gefragt

»Was genau?«, antwortete ich fix.

Natasha hob fragend ihre Augenbrauen.

»Wieso willst du das wissen

»Ich muss was prüfen? Was hat er dich gefragt

»Hauptsächlich Sachen zu der Firma, was sie machen, was ich mir vorstelle, das Übliche halt

Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren; wie lief es bei mir ab?

Ich hatte einen Test und ein Bewerbungsgespräch. Stumm nickte ich.

Nicht sehr aufschlussreich; ich wusste nicht mal, wonach ich suchte. Was bezweckte ich?

»Wieso fragst du?«, schrieb Natasha mir.

Ignorieren war unmöglich; die Wahrheit oder nicht?

Ich entschied mich für die Wahrheit: »Ich glaube, sie haben ein Bewerbungsgespräch für die Person im Vorstand gemacht

Eigentlich klang das schwachsinnig, doch die Mail war längst abgeschickt. Natasha Reaktion war deutlich. Ungläubig blickte sie mich an; dann formte sie ihre Augen zu schlitzten.

»Gut möglich...«, kam ihre Antwort.

Wusste sie von der Bedienung, die von diesem Posten ausging?

»Wusstest du, dass dieser Platz nur von der Frau von Alessandro besetzt werden könnte

Ich tarnte es hinter einer Frage; doch der Versuch die Unwissende – wie sie zu spielen – scheiterte; perplex starrte sie ihren Monitor an.

»Das wusste ich nicht! Soll das bedeuten – «

»Nein!«, zischte ich und presste meine Lippen aufeinander. Natasha rückte zu mir. Neugierige Blicke sahen zu uns rüber.

»Er hat es mir gesagt«, gestand ich leise, »Es muss ein Familienmitglied sein.«

»Aber nicht jeder im Vorstand ist miteinander Verwand.«

»Wissen wir das genau?«

Natasha zuckte mit den Schultern.
 

Auf dem ganzen Heimweg dachte ich über nichts anders nach, während das Gewicht meiner Unterlagen mir Schlagseite gab. Ich hatte eindeutig zu viel mitgenommen.

Seufzend schloss ich meine Wohnungstür auf. Fix begrüßte ich Bruno, der angetapst kam.

»Morgen kümmere ich mich ausgiebig um dich«, versprach ich ihm, »Heute muss ich noch etwas machen.«

Ich klopfte auf meine Tasche.

Mein Blick wanderte auf die schwarze – leere – Reisetasche. Irgendwie hatte sich alles seit Florida verändert. Ich seufzte.
 

Lautlos schlich ich in die Küche; als ich Bruno sein Fressen geben wollte, stellte ich fest, der Napf war voll.

Fragend sah ich ihn an.

»Hast du heute nichts gegessen? Wirst du krank?«

Ich nahm seinen Kopf in beide Hände. Bruno hechelte mir mit - seinem ausgezeichnetem – Mundgeruch entgegen. Dem Kleinen ging es mehr als gut und dennoch hatte er sein Fressen nicht angerührt.

Ich würde es beobachten; wäre es morgen ebenfalls, würde ich einen Arzt aufsuchen.

Geistesgegenwärtig schüttete ich mir Cola ins Glas und huschte zu meinem Notebook. Ich hatte alles auf dem Tisch offen liegen gelassen, damit ich mich direkt daran setzten konnte.

Mit schnellen Handbewegungen knallte ich die Unterlagen von der Arbeit neben meinen Notizen zur Firma und schaltete mein Notebook an.

Ich nahm einen weiteren kräftigen Schluck und würgte ihn hustend runter.

Vor mir auf der Couch saß Alessandro und sah zu mir hinüber.

Mehrfach blinzelte ich; war ich schon dermaßen verrückt, mir das einzubilden?

Er rührte sich nicht; es konnte nur eine Halluzinierung sein!

»Wie bist du in meine Wohnung gekommen?«, nuschelte ich.

Lia, du redest mit deiner eigenen Hallu; bist du bekloppt?’

Ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen; er bewegte sich und legte sein Bein auf das andere Knie und die Arme verschwanden lässig hinter der Lehne.

Man, bin ich gut, selbst Bewegungen konnte ich realistisch darstellen.’

»Du forscht also nach?«

Und die Stimme ebenfalls. Vielleicht hab ich meinen Beruf verfehlt und sollte Irre werden.’

»Die alte Frau ist wirklich sehr vertrauensselig.«

»Mrs. Dewes?«

Alessandro zuckte mit den Schultern. Es dauerte bis mein Verstand mir berichtete, er kam durch die alte Frau in die Wohnung.

»Sie hat dich in meine Wohnung gelassen«, japste ich.

»Wie du siehst: Ja.«

»Was willst du?«, knurrte ich und biss mir auf die Unterlippe.

Deswegen hatte Bruno Futter in seinem Napf gehabt; er hatte es ihm gegeben.

Schweigend saß er dar; als nach etlichen Minuten noch nichts von ihm kam, widmete ich mich meiner Arbeit.

Ohne ein Laut von sich zu geben saß er dar und beobachtete mich, während ich ihn dezent ignorierte – okay, ich versuchte es - ich konnte diesen Mann nicht ignorieren; es ging einfach nicht.

Aber das musste er nicht wissen; ich könnte auch so tun, als würde ich arbeiten. Wir waren schließlich nicht auf der Arbeit, dass ich ihm diese später präsentieren musste.

Hoffte ich und schluckte.
 

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Die Bombe explodiert... bald!

»Nicht gerade viel«, weckte er mich; erschrocken blickte ich in sein Gesicht. Mein Herz schlug heftig, dass es schon zu sehen sein musste wie es gegen die Brust pochte.

Er saß direkt auf einem Stuhl neben mir und betrachtete skeptisch das weiße Worddokument.

Wann hatte er sich neben mir gesetzt?

Ich erinnerte mich an nichts; ich versuchte äußerst konzentriert zu wirken.

»Oder kannst nur du es sehen«, scherzte er, reflexartig schlug ich gegen seinen Oberarm. Baff stierte ich ihn an; wie konnte ich mich gehen lassen?

»Ich denke nach?«, verteidigte ich mich.

»Seit fünfzehn Minuten?«, er stützte mit einer Hand seinen Kopf, »Scheint wohl sehr komplex zu sein.«

Seine andere Hand griff nach den Unterlagen - die ich mitgenommen hatte - und betrachtete sie kritisch.

»Normale Kalkulationen«, stellte er fest; ich knirschte mit den Zähnen und riss ihm den Zettel aus den Händen.

»Es geht nicht darum!«

»Worum dann?«

Ehe ich reagieren konnte, war er mit der Maus auf die Taskleiste gegangen und hat eine der Internetseiten aufgerufen. Ich schnappte nach Luft: Ausgerechnet der Bericht über ihn. Gelangweilt huschten seine Augen darüber.

Wieso sagt er nichts?’
 

»Da haben sie ja einiges ausgeschmückt«, lachte er in seine Hand. Ich wagte es nicht, etwas zu sagen; es war einfach nur peinlich. Der Boden sollte sich auf tun und mich – auf der Stelle – verschlingen.

»Mal sehen, was wir sonst noch so finden.«

Er wollte doch nicht mein Notebook durchsuchen!

Erleichtert atmete ich auf, als er nur die Goggle- Seite aufrief; doch was machte der Idiot?!

Er tippte meinen Namen ein. Gespannt betrachtete ich den Ladebalken.

Zu meiner Überraschung tauchten tatsächlich ein paar Links auf, allerdings konnte das jede sein. Emilie Walter war schließlich ein häufiger Name.
 

Jedoch nicht, wenn dieser im Zusammenhang mit dem Namen Alessandro Smith stand.

Stillschweigend klickte Alessandro den Link an und ein Zeitungsartikel aus einem Wirtschaftsmagazin öffnete sich.

So etwas las ich gar nicht und machte einen Bogen darum – obwohl ich es eigentlich tun sollte – aber die waren immer so langweilig.

Wieso stand da überhaupt ein Artikel über uns drin, sogar mit Foto! Wie kam das da rein?

Es war von der Veranstaltung, wo ich mit ihm hingegangen war. Ich hatte es tief in mir verdrängt. Ich wusste zwar, dass dort Reporter waren; aber – mein Gott – wieso sollten sie aufnahmen von mir machen?

Ich presste meine Lippen aufeinander, sobald ich den Titel las: »Sohn des größten Bauunternehmens leiert

Wer dachte sich so einen Mist aus?

Darin sollte über die Veranstaltung selbst geschrieben werden, nicht: Wer mit wem!
 

»Emilia Walters (21) begleitete Alessandro Smith (27) auf der Eröffnung der neue Bank von New York...«
 

Ich wollte gar nicht weiter lesen, bestimmt stand dort noch mehr unsinniges Zeug drin. Im Augenwinkel beobachtete ich Alessandro, der aufmerksam den Artikel zu studieren schien.

Also wandte ich mich diesem noch einmal zu und mir blieb die Luft weg.
 

»Aller Anschein ist der Sohn des Baukonzerns Smith auf Frauensuche, um die Firma zu übernehmen. Es wurde zwar nicht bestätigt; doch bekommt dieser nur das Unternehmen, wenn er verheiratet ist. Eine Familientradition - wie sich herausstellte - und vermutlich auch einer der Gründe für den Erfolg dieses Konzerns.

Es wird spekuliert, ob Emilia W. die ausgewählte Kandidatin ist, wo noch zuvor Julia B. immer mit dem Geschäftsmann gesichtet wurde...«
 

Dazu fiel mir nichts mehr ein – na ja, vielleicht doch eine Sache – ich mochte ihn umbringen!

Ich kaute auf meiner Unterlippe; sollte dieser Empfang eine Probe sein?

Dieser Mann – !

Ich zog die Ärmel über meine Hände und versuchte zu verbergen, dass ich sie zu Fäusten ballte.

»Sauer?«, kicherte er; wieso fand er das noch komisch?

Ich war doch keine Ware!

»Nein«, atmete ich langsam aus, »Wie sollte ich sauer sein, als ausgewählte Kandidatin

Er hielt seine Hand vor dem Mund und verbarg sein Grinsen. Was war so komisch an der Sache? Das ist nicht lustig, darüber amüsiert man sich nicht!

»Vielleicht solltest du zu Julia gehen; sicher nimmt sie dich mit offenen Armen...«

Ich klickte die Webseite weg und klappte mein Notebook zu.

»Noch irgendwelche Geheimnisse?«, Alessandro zuckte – immer noch – belustigend mit den Schultern, »Vielleicht zu einer Sache mit meiner Einstellung?«

»Du hast dich erinnert?«, fragte er nach und hauchte mir einen Kuss ins Haar, »Und ich dachte schon, du hättest es vergessen.«

»Vergessen: Nein – verdrängt: Ja«, ich wand mich ihm zu, »Ihr habt mich nie wegen meinen Fähigkeiten genommen, sondern wegen dem Mist? Ich sollte nur ein Spielball werden!«

»Jetzt übertreibst du.«

Ich knurrte.

»Eigentlich wollte ich dich nie einstellen«, gestand er mir; ich verschränkte meine Arme vor der Brust.

»Dennoch sitze ich hier, in New York City und arbeite für deine zukünftige Firma

»Das tust du«, lächelte er. Seine Versuche – mich zu beschwichtigen – scheiterten; schließlich seufzte er: »Dein Einstellungstest hat mich neugierig gemacht. Statt auf die Fragen ordnungsgemäß zu antworten, hast du die Fehler in dem Fragebogen selbst korrigiert.«

Langsam erinnerte ich mich; ich war damals wütend gewesen.

Meine Mom hatte mir eine ihrer ‚Denk an die Zukunft’- Predigten gehalten; ich war einfach genervt.

Hatte ich in meiner Wut tatsächlich so gehandelt?

»Bei einer Frage hast du dich besonders ausgelassen«, weckte Alessandro mich; ich blickte auf, »Irgendeine mathematische Aufgabe. Die damalige Gruppe, welche die Tests durchgeschaut hat, hat sich köstlich amüsiert, bis einer sagte, was du geschrieben hast, entspräche der Wahrheit. Die Aufgabe war tatsächlich falsch geschrieben und so ein Mist.«

Ich durchwühlte meine Erinnerungen, es gab da eine Aufgabe – sie war unlogisch – irgendwie überkam es mich. Ich zuckte mit den Schultern.

»Und deswegen stellst du Leute ein?«

»Ja«, grinste er, »Und es war doch nicht schlecht; dein Wissen über mathematisches Denken ist erstaunlich.«

Ich spürte eine Hitze in meinem Gesicht, vermutlich waren meine Wangen blutrot.

»Das empfanden meine Lehrer anders«, räusperte ich mich; er musste nicht wissen, dass das Kompliment bei mir runter ging wie Butter, »Dennoch ändert es nichts an der Tatsache, was du gemacht hast!«

»Und was habe ich gemacht?«, fragte er mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen; doch ich durchschaute es, es war böse, hinterhältig. Dieser Idiot plante etwas und ich musste aufpassen.

»Das weißt du ganz genau. Ich werde jedenfalls nicht dein Spielball!«

Empört erhob ich mich und packte mein Notebook aus seiner Reichweite, ehe er noch etwas anstellen konnte. Ich brachte es in mein Schlafzimmer und versteckte es in einem meiner Schränke. Die Geheimnisse auf diesem Teil sollten meine sein und auch nur meine!

Nicht einen Millimeter hatte er sich bewegt, nur seine Augen folgten mir.
 

»Und was soll mir das jetzt sagen?«

Eine sehr gute Frage von ihm – musste ich gestehen – auf die ich keine Antwort hatte. Ich grübelte. Mit meinen Finger stieß ich leicht gegen meine Stirn. Ich hatte darauf keine Antwort.

»Was wollte eigentlich Leonardo von dir?« Er würgte den Namen nur widerwillig aus sich.

»Du hast mich gesehen?«, wundert es mich; er wartete darauf, dass ich seine Frage beantwortete. Ich konnte genauso stur sein.

Er erhob sich und lief auf mich zu.

»Ich hab zuerst gefragt.«

»Mich zum Essen einladen«, fiel meine Antwort knapp aus, bevor er antworten konnte, flüchtete ich in die Küche.

Er folgte mir.

»Was dagegen?«, knurrte ich und durchforstete meinen Kühlschrank. Sanft stieß er diesen zu und trat in mein Blickfeld.

»Ja.«

»Und was gibt dir das Recht?«

»Eigentlich, weil ich dein Mann bin, allerdings...«, er machte eine kurze Pause; das bedeutete nichts Gutes, »Wenn es nach dir ging, wohl nur dein Chef

Ich schluckte.

»Du hast das gehört?«, hauchte ich; meine Stimme drohte zu versagen. Ich wich einen Schritt zurück; sein Arm schlang sich um meine Hüfte und zog mich an ihn.

»Sehr deutlich.«

Seine Augen formten sich zu Schlitzen.

Er war sauer, wegen mir, wegen dem, was ich gesagt habe. Ich senkte meinen Kopf; ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, das war mir mehr als peinlich.

Wieso hatte ich es damals gesagt?

Ich war sauer auf ihn gewesen; er hatte mich ignoriert. Genau, daran lag es. Würde das als Ausrede gelten?

Vorsichtig hob ich meinen Kopf und erlaubte mir einen Blick zu ihm.

»Ich...«, setzte ich an und meine Stimme verlor an Kraft.

»Ich war wütend«, presste ich aus mir heraus.

»Wütend?«, wiederholte er.

»Auf dich.«

»Auf mich?«

Was war er: Ein Papagei, der alles wiederholen musste?

Ich rollte mit den Augen; er lachte auf.

»Warum warst du – ?«

»Bin!«, korrigierte ich; er ließ von mir ab und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Theke.

»Warum bist du sauer?«

Ich machte eine ausladende Geste. Nun konnte ich meinen Frust von der Seele reden; ich wollte ihn anschreien, ich wollte so vieles und sagte am Ende nichts.

Lange sah ich ihn an. Seine Augen musterten mich.

Stöhnend verließ ich die Küche.

»Warum bist du sauer?«, rief er mir hinter her und vergnügte sich köstlich.

»Du – !!!«, brüllte ich und drohte mit dem Finger zusätzlich. Ich schritt auf ihn zu und fuchtelte mit meinen Armen.

»Du!!!«

»Ja...«, grinste er; das war zu viel und ich holte zum Schlag aus. Er fing meinen Schlag ab.

»Gott, du machst mich so rasend!!!«

Ich dachte nicht daran meine Stimme zu senken. Das ganze Apartment sollte es hören und hörte es vermutlich. Sein Lächeln verschwand nicht aus dem Gesicht.

»Erst klebst du wie eine Klette an mir, dann nicht mehr; dann lese ich so etwas! – Und rede dich nicht raus! – Alessandro Gabriel Smith, du bist so ein... Argh! Mir fällt noch nicht einmal ein passender Begriff für dich ein!«

Sein Lächeln verschwand und Verwunderung blieb auf seinem Gesicht.
 

Seltsamerweise kam keine Stimme, die sagte, ich hätte die Klappe halten sollen. Ich fühlte mich gut – nein – ich fühlte mich fantastisch. Es war, als hätte ich etwas aus mir raus gelassen, was ich seit Jahren mit mir herumschleppte.

Tief atmete ich durch; das Gefühl blieb und die Stimme war weiterhin verschwunden.
 

»Wie hast du mich gerade genannt?«, fragte er mich. Ohne darüber nachzudenken, wiederholte ich: »Alessandro Gabriel Smith, du bist – «

Er presste seine Hand auf meinen Mund.

»Wer hat dir das gesagt?«

Erstaunlicherweise verließ seine Lockerheit ihn. Zum ersten Mal sah ich einen anderen Ausdruck in ihm. Er war nicht sauer – säuerlich – als hätte ich ein Geheimnis entdeckt, was er nie erzählen wollte.

Ein Geheimnis!

Ich hatte was gegen ihn in der Hand; keck grinste ich ihn an. Er spürte mein Lächeln in seiner Hand und seine Augen glühten mich böse an.

»Das finde ich nicht lustig!«, hüstelte er.

»Mumpf mumpf.«

»Was?«

Er nahm seine Hand weg.

»Ich schon«, lachte ich und mein Ärger war verflogen.

»Wer hat dir das gesagt?«

»Sagte ich nicht, dass ich hervorragend bin?«

Er schmunzelte: »Und nicht nur in dieser Sache.«

Er spielte mit einer Strähne meiner Haare.

»Nun aber zu der Sache: Wer hat dir das mit dem Namen verraten?«, lenkte er auf das Thema.

Es ärgerte ihn also – Gott tat das gut – es ärgerte ihn und ich hatte was in meiner Hand.

»Sag ich nicht.«

Er beugte sich zu mir hinunter und begann meinen Hals zu küssen. Genüsslich gab ich mich seinen Liebkosungen hin. Er strich einen Träger meines Oberteils von der Schulter und küsste mein Schlüsselbein.

»Verrätst du mir vielleicht, wer es dir gesagt hat...?«, säuselte er.

Mm...

Er war gut; aber ich würde nicht klein bei geben.

»Netter Versuch«, lachte ich und löste mich von ihm; er zischte, »Ärgert dich das?«

Schmollend nickte er.

»Vielleicht...«, hauchte ich verführerisch, »...verrate ich es dir, wenn du nett zu mir bist.«

Er biss sich auf die Unterlippe. Ich tänzelte in mein Schlafzimmer und drehte mich in der Türschwelle zu ihm um. Seine Antwort war ein süffisantes Lächeln.

Mit raschen Schritten folgte er mir. Seelenruhig schritt ich zu meinem Bett; er schloss die Tür hinter sich.

Mit einer flinken Bewegung schlang er seinen Arm um meine Hüfte und beförderte mich sanft aufs Bett.

»Hat dir jemand schon mal gesagt, dass du ziemlich frech sein kannst?«, flüsterte er und küsste mich. Ich lachte in den Kuss und gab mich seiner hin.

Meine Hände wanderten über seine Brust, direkt unter sein Hemd.

»Nur bei dir.«

Er lachte und knabberte an meinem Ohrläppchen.

Das würde schwer werden, standhaft zu bleiben; aber ich würde meine Quelle nicht verraten. Das war mein Trumpf.
 

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Die Bombe platzt!

Dieser blöde Wecker! War es tatsächlich schon morgen? Brummend erhob ich mich, neben mir brummte ebenfalls jemand. Ich öffnete eines meiner Augen und betrachtete Alessandro, der sich ein Kissen über den Kopf zog.

Er war genauso ein Morgenmuffel und zeigte es nun offensichtlich, seit er es mir gestanden hatte.

Kaum zu glauben und all die Zeit hatte er mir den fitten Mann vorgespielt. Ich stieß mit meinem Finger gegen seine Brust.

Der Gedanke – an die Nacht – ließ meinen Schritt pochen und ich leckte mir über die Lippen. Ja, ich bekam wirklich nicht genug von ihm.

Er lugte unter seinem Kissen hervor und schmunzelte.

Verwirrt zog ich meine Augenbrauen hoch.

»Ich hab dein Pokerface kaputt gemacht«, lachte er vergnügt.

Hatte er gar nicht!

Ich verzog die Schnute. Ich konnte – wenn ich wollte – immer noch perfekt gekünstelt lächeln; niemand würde einen Unterschied merken. Ehrlich, das konnte ich immer noch perfekt!

Skeptisch verzog ich meinen Mund.

Ach verdammt! Wem mache ich was vor!’

Er hatte Recht und wie er Recht hatte; ich merkte es nicht einmal, allerdings bemerkte mein Umfeld es umso mehr. Meine Mauer, meine Fassade: Weg.

Verärgert riss ich sein Kissen weg und die Sonne traf ihn mitten ins Gesicht; er stöhnte auf. Das hatte er verdient!
 

»Wir müssen«, erinnerte ich ihn daran, dass wir beide noch einen Job hatten. Er brummte. Kichernd erhob ich mich aus dem Bett; ein Arm schlang sich um meine Hüfte und warf mich zurück.

»Machst du dich lustig über mich?«, fauchte er gespielt und verzog seine Lippen. Keck grinste ich ihn an.
 

Das Klingeln des Telefons ließ mich aufspringen. Verwundert, wer das sein könnte – denn die einzige Person, die ich mir vorstellte, lag nackt in meinem Bett – nahm ich den Hörer ab.

Ich meldete mich und mir entglitt das Gesicht: Der alte Mr. Smith, Alessandros Vater!

Mechanisch reichte ich Alessandro den Hörer, der ihn fragend annahm und lauschte. Auch ihm entgleiste für den Hauch einer Sekunde das Gesicht, dann wurde seine Miene ernst und seine Augenbrauen zogen sich zusammen.

Er massierte sich mit einer Hand die Stirn.

Schweigend lauschte er und kaute auf seiner Unterlippe. Etwas passte ihm ganz und gar nicht. Am Ende spannte er sein Kinn an und biss die Zähne fest zusammen.

»Was ist passiert?«

Er antwortete nicht.

Knurrend folgte ich ihm, als er aufsprang und rasch nach seinen Sachen suchte.

»Gabriel!« Er verharrte in der Bewegung, bemühte ruhig zu wirken, was ihm misslang. Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

Dieser sture Bock!’

»Zieh dich an«, befahl er; geneigt zu widersprechen, gehorchte ich nur deswegen, da seine Miene nichts Gutes deutete.

Fix hatte ich mich umgezogen und verabschiedete mich von Bruno.

Alessandro hechtete zum Sportwagen; ich warf mich auf den Beifahrersitz.
 

Selbst auf der Fahrt behielt er diesen verbissenen Gesichtsausdruck, dass ich ihn schon gegen den Arm boxen wollte. Er sollte mir – verdammt noch mal – sagen, was ihn belastete. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und stierte ebenso bockig zur Windschutzscheibe hinaus.

Was er kann, kann ich auch!’

Er fuhr in die Tiefgarage der Firma. Der Motor erlosch. Ich stieg aus dem Wagen und wartete nicht erst, bis er abgeschlossen hatte und zischte flink zu den Aufzügen. Wenn er mir schon nichts sagen wollte, dann muss ich mich auch nicht nett sein!

Genau, bloß kein schlechtes Gewissen bekommen...’

Leider war das leichter gesagt als getan, denn schon beim Gehen plagte mich mein Gewissen, auf ihn zu warten.
 

Die Aufzugstüren öffneten sich und wir waren in unserer Etage. Zielstrebig lief ich zu meinem Platz, geschwind packte Alessandro mich am Arm und zerrte mich weiter zu seinem Büro. Verdutzt starrte Natascha mir hinter her. Wir warfen uns beide einen fragenden Blick zu.

Ich selbst verstand sein Verhalten nicht.

Die Tür seines Büros knallte hinter uns zu. Roland wartete längst in dem Sessel von Alessandro auf ihn.

»Bist du geflogen?«, begrüßte er ihn grinsend.

Alessandro lächelte nicht.

»Ist das wahr?«, hakte er nach; Roland seufzte.

Alessandro knallte seine Hände auf den Schreibtisch; ich zuckte zusammen. Ein Kugelschreiber rollte vom Tisch und zu meinen Füßen. Flugs bückte ich mich und hob ihn auf.

Was ist nur los?’

Ich legte meinen Kopf schief und versuchte die Situation zu verstehen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Körper aus.

Hatte ich was falsch gemacht? Hatte ich mich verrechnet? Ich hatte doch alles tausend Mal nachgerechnet und geprüft. Das konnte nicht sein.

Verwirrt knabberte ich an meinen Fingernägeln.

»Sie weiß es noch nicht?«, Roland deutete zu mir, »Sie sieht schneeweiß aus.«

Alessandro drehte sich rasant zu mir um. Ich wich einen Schritt zurück.

»Komm her«, sagte er in einem sanften Ton. Ich betrachtete ihn.

Abermals ging ich etliche Gedanken in meinem Kopf durch. Es ging um Millionenbeträge, da wäre es tödlich, wenn ich mich verrechnet hätte.

Alessandro schnappte sich mein Handgelenk und ich entdeckte mich in seinen Armen.

»Du hast nichts falsch gemacht«, flüsterte er in mein Ohr. Meine Hände zitterten, was ich erst bemerkte, als er seine Hände um meine schloss. Alessandro seufzte in mein Haar.

»Mit dem Projekt läuft es übrigens sehr gut«, lenkte Roland das Thema ab. Verdattert blinzelte ich. Mein Verstand brauchte seine Zeit, bis er begriff, es ging um etwas anders.

Erleichtert war kein Ausdruck, ein Stein – so groß wie eines diese Skyscraper – fiel von meinem Herzen. Ich pustete Luft aus meinen Lungen und atmete tief ein.

Gott sei dank...’
 

Anderseits, wenn es nicht darum ging, worum dann?

Fragend blickte ich in Alessandros Gesicht; sein Kiefer war immer noch angespannt.

Das Gefühl in meinem Magen ließ nicht nach. Abermals schnürte es mir die Luft zum Atmen. Gott, war die Luft stickig hier. Ich musste hier raus.

»Ich brauche Luft...«, murmelte ich und löste mich von Alessandro. Er ließ mich gehen. Ich sah mich nicht um und stürmte aus dem Büro.
 

Zum ersten Mal waren mir die Blicke und Gedanken meiner Kollegen gleich. Sollten sie denken, was sie wollten. Sollten sie glauben, ich hatte etwas Falsches gemacht.

Erstaunlich wie kalt mich das ließ – sonst verbrachte ich dauernd damit, mir das Hirn darüber zu zerbrechen, was andere dachten – und huschte an den Tischen vorbei.

Fragend sah Natasha mir hinter her.

Es tat mir leid, jedoch konnte ich ihr jetzt nichts erklären. Ich wusste selber noch nicht einmal, was Sache war. Zielstrebig stürmte ich auf den Fahrstuhl zu.
 

Ich wusste von meinem letzten Besuch in der Kantine, dass es eine große Terrasse gab. Ich brauchte frische Luft!

Der Fahrstuhl brauchte viel zu lange. Ich wippte von einem Fuß auf den anderen.

Wann kommt das blöde Ding endlich?!’

Mein Magen hatte seine eigene Achterbahn, mir wurde schlecht.
 

Tief atmete ich ein und aus, als ich endlich – die Fahrstuhlfahrt war der pure Horror – draußen war.

Alessandros nervöse Art hatte mich angesteckt und ich wusste nicht, wieso.

Ich ließ mich auf einen der weißen Stühle nieder und genoss den Wind durch meine Haare.

Ich hatte noch nicht einmal die Zeit gehabt meine Haare zu richten.

Ein Räuspern ließ mich aufschauen. Der alte Mr. Smith lächelte mich an; ich lächelte zurück und biss mir am Ende eingeschüchtert auf die Lippe, als ich daran dachte, er hatte mich heute morgen angerufen. Verwundert zog er seine Augenbrauen hoch.

War mein Gesicht entglitten?

Ich konnte noch nicht einmal mehr meine Mauer kontrollieren. Sie war einfach nicht mehr da. Ich fand nur noch die Trümmer in meinem Inneren, erschlagen von Gefühlen ließ ich sie aus mir heraus, ob ich wollte oder nicht.

»Darf ich?«, fragte er höflich; ich nickte und deutete auf den freien Stuhl.
 

Eine Weile betrachteten wir die Aussicht.

Es war ein unangenehmes Gefühl. Die Kühle der Luft war verschwunden, eine erdrückende Hitze stieg in mir auf.

Mach bloß nichts Falsches!’, ermahnte ich mich.

»Du hast meinem Sohn ganz schön den Kopf verdreht«, kam er direkt auf den Punkt. Verlegend drehte ich mich weg; was sollte ich darauf antworten?

Darauf konnte man nicht antworten. Spielte man die Schüchterne, hielt man es für falsch, bejahte man, war man zu eingenommen.

Am Ende seufzte ich.

Ein merkwürdiges Lächeln huschte über die Lippen des alten Mannes. Wenn er lächelte fiel mir die Ähnlichkeit zu seinem Sohn besonders auf, beide hatten ein geheimnisvolles Lächeln, was einem manches Mal das Genick brechen konnte.

»Er muss bestimmt, mit der Tür ins Haus gefallen sein. Haben sie schon geantwortet?«

Geantwortet?’

Meine Augen wurden riesig. Die Verwunderung sprang ihn förmlich an, als ich meinen Fehler bemerkte, meine Gefühle zu zeigen, war es zu spät.

»Er hat nichts gesagt?«

»Sie meinen Alessandro?«, er nickte, »Was sollte er mir sagen?«

»Das ich ihm die Pistole auf die Brust gedrückt habe«, ich sog die Luft scharf ein, »Symbolisch gesprochen.«

Er lachte auf.

Machte er sich über mein Verhalten lustig?

Das war gar nicht zum lachen. Ich hatte nie die Chance gehabt zu üben, wie ich mit Gefühlen umgehen muss. Für mich war das eine vollkommen neue Welt.

Da machte man sich nicht über mich lustig.

Ich knirschte mit den Zähnen und ballte unbewusst meine Hände zu Fäusten.
 

»Du schuldest mir eine neue Vitrine und von den Dingen darin möchte ich gar nicht erst reden.«

»Was?«

Mir entgleiste das Gesicht.

Lia!’, schrie mein Verstand, es war zu spät. Der alte Mr. Smith saß lachend in dem Stuhl.

»Wie hat er reagiert, als du seinen vollen Namen genannt hast?«

»Sie haben mir den Zettel zu geschoben?«, rutsche mir heraus – mein Geheimnis, womit ich Alessandro ärgern konnte.

Ich fand unter meinen Unterlagen einen handgeschriebenen Zettel mit der Aufschrift: »Sein voller Name lautet Alessandro Gabriel Smith

Ich dachte, Roland war es; ich hielt es nie für möglich, dass es sein eigener Vater sein konnte.

Skeptisch formte ich meine Augen zu Schlitze und beugte mich zu ihm vor. Er grinste.

So vor mir hatte er nichts von einem Firmenchef. Er wirkte eher wie mein Vater, amüsiert und für jeden Spaß zu haben.

»Er war überrascht«, antwortete ich.

»Nur überrascht?«

Meine Wangen färbten sich rot und ich biss mir auf die Lippe. Natürlich mehr als das, er hatte jeden erdenklichen Trick versucht, belohnt wurde ich mit dem schönsten Se...

Daran sollte ich nicht denken!
 

Tief atmete ich durch.

»So, er hat also alles versucht«, grinste er. Ich zuckte mit den Schultern und musste die Contenance bewahren.

Lia, du schaffst das auch ohne deine Mauer. Du bist gut!’

»Wieso haben sie mir das verraten?«, wollte ich wissen.

»Eine gute Frage«, er legte sich in den Stuhl zurück, einen Arm über die Lehne, »Weil ich glaube, dass du das gebrauchen könntest.«

»Für was?«

»Ich bin sicher, dass du das weißt.«

Ich presste meine Lippen aufeinander. Natürlich wusste ich wofür; es war mein kleines – aber sanftes – Druckmittel. Mein Mittel gegen seines; seufzend – der Gedanke an ihn machte mich wahnsinnig – nickte ich.
 

»Was meinten sie mit: Ich schulde ihnen eine Vitrine

»So wie ich es meinte«, antwortete und erklärte: »Vor kurzem kam er wutentbrannt zu uns und hat eine Vitrine mit samt seinem Inhalt zerdeppert. Murmelte dann etwas von ‚Nur ihr Chef’ und ist darauf schließlich wieder abgezischt.«

Ich japste nach Luft. Er war dermaßen eifersüchtig gewesen, dass mein Herz ein Sprung machte, auch wenn es sich eigentlich nicht schickte. Dennoch ich musste Lächeln. Von alleine formten sich meine Lippen zu einem Lächeln und ich schaute gedankenverloren in den Himmel.

»Sie haben ein schönes Lächeln.«

Ertappt zuckte ich zusammen und glotzte ihn an. Ich hatte es nicht bemerkt, es kam einfach über mich.

»Sie werden den Platz genauso ausfüllen, wie ich mir das vorgestellt habe.«

»Bitte«, forderte ich ihn auf, weiter zu reden. Er lächelte: »Du bist ab jetzt im Vorstand.«
 

Puff!
 

Der Boden zog sich unter meinen Füßen weg. Ich schluckte mehrmals. Mein Hirn wiederholte den Satz, immer und immer wieder.

Vorstand...’

»Aber ich dachte. Ich meine, Alessandro... Er sagte...«, abrupt stoppte ich. Hatte er mich belogen! Mein Blick wanderte zum Eingang der Kantine und wollte eine bestimmte Person mit Blicken töten.

»Es stimmt, der Platz gebührt seiner Frau«, lächelte mich der alte Mr. Smith geheimnisvoll an, »Spiel einfach überrascht, wenn er dich fragt.«

Ich schüttelte den Kopf. Das konnte nicht wahr sein!

Wie sollte ich überrascht spielen? Könnte er mir das erklären und wieso ging der alte Mann davon aus, dass ich ‚ja’ sagen würde. Ich könnte auch ‚nein’ sagen und was würde er dann machen?

Meine Hände klammerten sich um die Kante des Tisches.
 

»Emilia!«
 

Ich blickte schockiert auf.

Oh nein!’, war mein erster Gedanken. Panisch blickten meine Augen zum Alten, der sich köstlich über meine Reaktion amüsierte.

Ich fand das nicht lustig! Sah man mich lachen? – Nein!
 

Als Alessandro mich bei seinem Vater am Tisch sitzen sah, beschleunigte er seine Schritte.

»Hast du keine Konferenz?«, zischte er spitz.

»Die führe ich gerade mit der neuen Vorsitzenden.«

Alessandros Augen weiteten sich und fielen ständig zwischen mir und seinem Vater.

»Konntest du nicht warten?«, fauchte er mit gedämpfter Stimme. Es fiel ihm schwer seine Wut zu zügeln. Ruhig betrachtete ich – wie eine Außenstehende – die Situation. Ich kam mir vor, als stände ich neben meinem Körper. Ein Kinofilm mit 3D Effekt, so nah, dass man die Gefühle spürte.

»Du wusstest es seit gestern. Ich hab dir Zeit gegeben.«

»Die Pistole auf der Brust...«, murmelte ich und zählte eins und eins zusammen. Meine Augen funkelten Alessandro garstig an. Deswegen war er bei mir zu Hause, es ging um diese kleine Sache, die ich hätte heute erfahren sollte.

»Ich glaube, ihr habt da noch einiges zu klären«, verabschiedete sich der alte Mr. Smith. Roland kam gerade auf die Terrasse, da legte ihm der alte Mann einen Arm um die Schulter und lachte: »Lassen wir die beiden mal alleine. Das Donnerwetter möchten wir nicht aus nächster Nähe hören.«
 

Wie aufs Stichwort verschwanden plötzlich alle weiteren, die sich auf der Terrasse eingefunden hatte. Sie flüchteten in die Kantine und drückten sich neugierig die Nasen an den Fenstern platt.

»Dieser...«, stöhnte Alessandro und ging sich durch die Haare.
 

Schweigend saß ich dar. Ich würde nicht anfangen. Nicht ein Wort, nicht ein Ton würde über meine Lippen kommen. Ich würde brav warten, bis er etwas sagte.
 

Es waren nur Minuten – was für mich Stunden waren – als er zum x-ten Mal aufstöhnte.

»Sag was«, bat er mich. Ich verzog den Mund.

Ich schwieg wie ein Grab.

»Ja, ich wollte dich gestern Abend fragen«, gestand er und legte seine Hände vor seinen Lippen, als betete er.
 

Es war dermaßen schwer, wütend auf einen Mann zu sein, an dem ich mich nicht statt sehen konnte. Ein innerer Drang in mir, wollte ihn berühren. Seine Hände wirkten besonders sexy und der Schmuck betonte sie noch mehr. Ich presste meine Lippen aufeinander und verschränkte zusätzlich meine Arme vor der Brust.

Er seufzte und lächelte verzweifelt.

»Wegen dir schulde ich deinem Vater eine Vitrine«, brach ich mein Schweigen. Alessandro blickte über seine Schulter. Sein Vater winkte ihm aus dem sicheren Raum zu und zeigte nicht den Hauch eines schlechten Gewissens.

»Ich hatte das Recht der ganzen Welt auf meiner Seite«, wand er sich an mich.

»Um einen harmlosen Gegenstand zu zertrümmern?«

»Ja«, fauchte er, »Du hast mich als ‚nur deinen Chef’ bezeichnet.«

»Ich sagte dir, ich war sauer!«

»Ja und!«

Ich pustete meine Backen auf und legte mir meine Worte so gut es ging zu Recht, was nicht wirklich gelang. Ich reagierte von alleine darauf.

»Du und dein kindisches Verhalten, Alessandro Gabriel Smith!«

Zähneknirschend knallten seine Hände auf den Tisch.

»Lass den Doppelnamen weg!«

»Ist das ein Befehl?«

»Ja!«

»Dann wird es mir eine Freude sein, ihn zu brechen!«

Ich beugte mich über den Tisch und funkelte ihn feindselig an, er tat es mir gleich.

»Reize mich nicht. Ich war noch nett

»Wo denn?«

»Dein Verhalten war auch nicht immer das Beste

»Ach ja!«

»Ja!«, knurrte er. Ich wich zurück, fasste mich rasch und nahm den Kampf wieder auf.

»Es war berechtigt

»Sich zu verhalten, als wäre man ein Eiszapfen

»Bei dir: Ja!«

Er schlug mit dem Fuß gegen das Tischbein.

»Der Tisch kann nichts dafür!«

»Du machst mich wahnsinnig!«

»Gleichfalls!«
 

Beide verfielen wir in ein Schweigen und funkelten uns bitterböse an.

Schließlich nahm ich den Blick von ihm.

»Wieder am überlegen, wie du mich erneut mit deinem Verhalten verrückt machst? Kommt vielleicht jetzt, dass es als Vorstandsitzende sich nicht schickt, sich mit mir ein zu lassen?«

»Cool, daran hatte ich noch nicht gedacht, was dagegen, wenn ich darauf zurückgreife?«

Erzürnt sprang Alessandro auf. Der Stuhl ging scheppernd zu Boden.

Das konnte ich auch!

Ich sprang ebenfalls auf, auch wenn ich ein Kopf kleiner war als er; ich konnte genauso böse schauen.

»Emilia!«, Ein Kribbeln jagte durch meinen Körper, »Reize mich nicht; du hast nicht den Hauch einer Chance gegen mich

»Was willst du machen? Du vergisst, dass wir Zeugen haben!«, grinste ich heimtückisch und wippte mit dem Kopf zum Eingang der Kantine. Aufmerksam beobachteten die Leute unser Verhalten.

»Sollen sie ruhig zusehen.«

»Das traust du dich nicht!«, lachte ich.

Blitzschnell war er um den Tisch gehechtet und hatte mich eng ans ich gezogen, da spürte ich schon seine Lippen auf mir.
 

Damit hatte ich echt nicht gerechnet!
 

Perplex starrte ich ihn an und gab mich schließlich seinem Kuss hin. Das war nicht fair!

Ich stieß ihn weg, vollkommen außer Atem, er gleichfalls.

»Das ist nicht fair!«, hauchte ich, »Du weißt, dass du mich so in der Hand hast!«

»Habe ich das?«, flüsterte er sanft. Ich nickte.

»Gut zu wissen, denn ich dachte nämlich, dass es nicht wirkt.«

Meine Augen formten sich zu Schlitze.
 

Gott, was macht der Kerl jetzt?’

Ich sah nur zu, wie er vor mir auf die Knie ging und schluckte. In seiner Tasche suchte er etwas.

Bitte, lass es nicht das sein, was ich glaube. Oder doch, nein...’

Ratlos schaute ich zu ihm runter. Ein kleines rötliches Kästchen kam zum Vorschein.

Behutsam nahm er meine Hand und küsste die Innenhandflächen.

»Du weißt, was jetzt kommt«, grinste er in die Hand.

»Ich weiß nicht, wovon du redest«, spielte ich Brunos Taktik aus; er lachte. Wie vermutet, klappte sie – wie sollte es anders sein – nicht.

»Emilia Walter...« Er machte eine Pause; ich schluckte.

Oh Gott, ich bin tot.’

»Du kleines biestiges Kätzchen...«, ich knirschte mit den Zähnen, »Willst du meine Frau werden?«

»Habe ich eine Wahl bei der Antwort?«

»Nein«, antwortete er lächelnd und öffnete das kleine Kästchen. Ein silberner Ring mit einem blauen Diamanten, der zu meiner Verwunderung verkehrt herum in der Fassung lag, lächelte mich an. Zärtlich nahm er meine Hand und steckte den Ring an den Finger. Er passte perfekt und verwundert starrte ich dieses Ding an.

»Du weißt, dass er verkehrt herum ist.«

»Der Diamant?«, hakte Alessandro nach und grinste weiterhin, »Damit du dich selbst verteidigen kannst.«

»Und du meinst, ich brauche Hilfe dabei?«

Er lachte in meine Hand und küsste sie: »Nicht unbedingt... Es ist auch eher gedacht, um mich fern zu halten.«

»Dich?«

»Du meinst doch wohl nicht, dass mir einmal in der Woche reichen würde. Ich will jeden Tag, jede Stunde.«

Fragend zog ich meine Stirn in Falten, dann begriff ich und schlagartig färbten sich meine Wangen rötlich. Ich riss meine Hand los und drückte meine Hände gegen die Wangen.

Ich musste leuchten wie ein Stoppschild.

»Du nicht?«
 

Wusch!
 

Einfach zu viel! Mein Verstand setzte aus und mir wurde heiß. Ich brannte lichterloh. Er lachte schadenfroh und ich war noch nicht einmal in der Lage, ihn für diese Unverschämtheit zu schlagen.

Ehe ich mich versah, zog er mich auf die Knie und küsste mich auf den Mund. Mehrfach musste ich mich ermahnen, dass wir Zuschauer hatten, sonst hätte ich weiß Gott was angestellt.

Sanft stieß er mit seiner Stirn gegen meine und wir schauten uns in die Augen.

»Ich liebe dich«, hauchte er mir zu und wenn meine Wangen nicht schon wie eine Tomate leuchten würden, würden sie es bestimmt jetzt. Ich lächelte und es kam mir so leicht von den Lippen, dass ich es niemals für möglich gehalten hätte.

Ich glaubte immer, dass ich diese Worte niemals sagen würde.

Wie man sich doch im Leben irren konnte.

»Ich liebe dich auch, Alessandro Gabriel Smith.«

Er knurrte flüchtig und lachte in den Kuss.
 


 

Jetzt folgt nur noch der Epilog und dann ist aus die Maus. ^^

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Lächel’ doch Mal!

»Und?«, fragte ich und wippte von einem Bein zum anderen.

»Hast du es ihm schon gesagt?«, wollte Natasha wissen und schaute für mich zum x-ten Mal auf die Uhr. Heftig schüttelte ich meinen Kopf: »Bin ich denn des Wahnsinns!!!«

Und machte direkt ein Zeichen, leise zu sein; ich – dumme Nuss – ermahnte mich schon selber.

»Und jetzt?«

Natasha rollte mit den Augen.

»Das braucht schon seine fünf Minuten?«

»Und wie viele Minuten sind schon vergangen.«

»Eine...«, knurrte sie und musste gleich darauf lächeln. Ungeduldig knabberte ich an meinen Fingernägeln.

Natasha warf einen Blick durch die Wohnung. Seit einem Monat war ich mit Alessandro zusammen gezogen – natürlich in sein Apartment – ich liebte die Aussicht. Wenn er es aufgegeben hätte, hätte ich ihn erschlagen, mehr oder weniger...

Okay, ich hätte das nicht hinbekommen; ich kann dieses hübsche Gesicht nicht schlagen, aber in Gedanken, da hätte ich es gemacht.

»Und?«

»Nein«, summte Natasha und sah sich neugierig alles an. Bruno musste sich ebenfalls an sein neues Zuhause gewöhnen, was er rasch konnte, nachdem er ein breiteres Körbchen bekommen hatte. Nun ja, Alessandro hat ihn mit Leckerein noch zusätzlich bestochen und danach liebte Bruno das neue Heim.

»Jetzt?«

»Nein...«, säuselte Natasha und rollte mit den Augen. Ungeduldig lief ich im Wohnzimmer Hin und Her, stürmte zur Küche, holte mir etwas zu trinken, setzte mich auf die Wohnzimmercouch und stand schließlich wieder auf.

»Jetzt?«, flehte ich; Natasha schüttelte ihren Kopf.

»Keine Angst, dass er plötzlich kommt?«

»Hat heute eine Konferenz und wird erst gegen achtzehn Uhr da sein.«

»Und du hast schon Feierabend?«

Ich nickte.

Seit ich im Vorstand saß, waren meine Arbeitszeiten um einiges angenehmer. Christin – Alessandros Mutter – weihte mich in allen Bereichen, die ich später übernehmen würde, höchstpersönlich ein. Eine sehr liebe Frau, wenn ich an sie dachte, musste ich augenblicklich lächeln, allerdings – wie das so war – Frauen und Hochzeit war ein tödliches Thema.

Sobald es irgendwie zu sprechen kam – denn wir sollten in zwei Wochen heiraten – leuchten ihre Augen und dann wurde es für mich richtig schlimm.

Alles fing an zu quietschen, egal, wie alt man als Frau war. Da es sich zusätzlich um ihren Sohn handelte, der dazu noch Einzelkind war und endlich für sich eine Frau gefunden hatte, konnte man sich denken, wie das für mich aussah. Sie tobte sich an mir aus. In den letzten drei Tagen hatte ich mindestens fünfzig verschiedene Hochzeitskleider anprobiert und bis jetzt stand immer noch keines fest.

»Jetzt?«

»Ne – «, Natasha sah auf ihre Uhr, »Oh, jetzt.«

Ich stürmte zum Badezimmer.

»Du musst mir sagen, was es ist, ich kann nicht.«

Tief atmete ich ein. Natasha seufzte und huschte an der Badezimmertür an mir vorbei. Zielstrebig lief sie zum Waschbecken und nahm den weißen Stift in die Hand.

»Und?«

»Was war noch einmal rot?«, fragte Natasha.

»Positiv«, nuschelte ich gedankenverloren vor mich hin, »Und?«

»Dann ist es rot?«

»Was ist dann rot?«

»Ja, was wohl?«

Mir entglitt das Gesicht, mehrfach ging ich mir durch die Haare.

Ganz ruhig!’

»Bist du sicher?«

»Sieh selbst.« Natasha reichte mir den Test.

Die Haustür öffnete sich und Alessandros Stimme schallte im Raum.
 

»Emilia?«
 

»Versteck den Test!«, brüllte ich mit unterdrückter Stimme.

»Wo denn?«

»Emilia?«, rief Alessandro.

Ich riss den Test an mich und verschränkte die Arme hinter meinem Rücken, in jenem Moment entdeckte uns Alessandro im Badezimmer.

»Was macht ihr denn hier?«, hakte er nach und hob fraglich die Augenbraun.

»Ähm...«, stotterte ich und Natasha sprang für mich ein: »Mir alles zeigen.«

Ich nickte heftig.

Zweifelnd legte sich seine Stirn in Falten.

»Ein schönes Badezimmer«, setzte Natasha einen drauf, »Meines ist leider nicht so geräumig, da beneide ich dich wirklich drum.«

Meine Hände umklammerten den Test und ich versuchte zu lächeln.

Alessandro lehnte sich gegen den Türrahmen und sah mir direkt in die Augen, meistens mit dem Resultat, das ich – dumme Pute – alles verriet. Nachdem er wusste, wie leicht er mich um den Finger wickeln konnte, nutzte er diese Taktik schamlos aus und zu achtundfünfzig Prozent klappte sie.

Dieses Mal musste ich die Klappe halten!

Lia, halt die Klappe!’

»Ich muss dann auch langsam los«, verabschiedete sich Natasha und lief an uns vorbei, »Wir sehen uns auf der Arbeit.«

Ich nickte flüchtig und folgte ihr fix. An der Haustür steckte ich ihr den Test zu: »Beseitige das, aber nicht im Haus.«

Ich sah über meine Schulter, natürlich war Alessandro mir dezent gefolgt, um uns zu beobachten, was er mit Spielerrein Brunos versuchte zu vertuschen. Mein Verhalten war auch merkwürdig.

Sie nickte und lächelte mich an: »Mach dir da einfach keinen Kopf, wir reden morgen auf der Arbeit.«

Lautlos fiel die Tür ins Schloss.

»Essen?«, spielte ich so normal wie es mir möglich war, mit dem Resultat, dass er mich kritisch betrachtete.

Er klopfte sich die Hundehaare von den Händen und schnappte sich meine Handgelenke. Mit einer flinken Bewegung lag ich in seinen Armen.

Ich wusste zu gut, was er nun versuchte; er wollte wissen, was wir besprochen hatten.

Lia, halt bloß die Klappe. Diese Tests sind nie sicher... Nur zu über neunundfünfzig Prozent, aber das sind keine hundert Prozent!’

»Und? Verrätst du mir, was ihr getuschelt habt?«

Ich zuckte mit den Schultern.

»Ach, belangloses Zeug, meistens hab ich mich über unsere Mutter aufgeregt«, log ich – teilweise – denn meistens machte ich das wirklich, nur dieses Mal nicht, dieses Mal war... Daran wollte ich nicht denken!
 

Er seufzte lang und mir fiel auf, dass sein Vater das in letzter Zeit ebenfalls machte.

Ob meiner auch den ganzen Tag seufzt?’

Ich sprach zurzeit nur mit meiner Mom am Telefon; sie würde erst mit der Familie in einer Woche einfliegen, dann würde richtig die Hölle los sein. Der Gedanke daran, gleich zwei Frauen um mich zu haben, die es kaum erwarten konnten, dass ihre Kinder heiraten, war... Das ließ sich noch nicht einmal beschreiben; vielleicht mit dem Vergleich, wenn man mit Fingernägeln auf Tafeln kratzte und das über Stunden ertragen musste.

»Sie geht dir auch auf die Nerven?«, grinste ich und versuchte vom Thema abzulenken, was mir zu meiner Überraschung gelang.

Sein Blick glitt an mir runter.

»Du liebst es meine Sachen zu tragen«, kommentierte er mit einem breiten Schmunzeln, denn ich trug eines seiner Hemden. Aber, die waren auch bequem und sie rochen so schön nach ihm.

Ich grinste keck.

Er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und wanderte zu meinem Ohrläppchen, an dem er zärtlich knabberte.

»Gefällt mir«, hauchte er und küsste mich.

Bruno blickte kurz auf und verzog sich ins Körbchen, als wüsste er, dass er nun keine Chance hätte, Beachtung zu bekommen.

Alessandro führte mich ins Schlafzimmer; erwartungsvoll leckte ich mir über die Lippen.
 

»Echt?«, hakte Natasha ein weiteres Mal nach; ich konnte nur geistesgegenwärtig nicken. Es war das Einzige, was noch funktionierte, seit ich vom Arzt zurückkam. Wir hatten gerade Mittagspause und ich saß mit ihr in der Kantine, um die Hiobsbotschaft zu übermitteln. Sie schlürfte an ihrem Kaffee und grinste.

»Ist doch cool.«

Ich presste meine Lippen aufeinander.

»Ich weiß nicht... Wie soll ich ihm das erklären. Soll ich sagen: Volltreffer, hast du gut gemacht?«, brabbelte ich vor mir her. Natasha kicherte.

Ich schenkte ihr einen bitterbösen Blick, reumütig lächelte sie.

»Mein Gott, Schätzchen, mach es doch nicht immer so kompliziert. Du heiratest den Mann, irgendwann war klar, dass das passiert.«

»Ich will aber nicht...«, jammerte ich.

»Daran hättest du denken soll, als es passiert ist.«

»Als ob ich in dem Moment einen klaren Kopf gehabt hätte.«
 

»Mädel!«, begrüßte uns Roland und setzte sich zu uns, »Darf ich mir den neusten Klatsch und Tratsch anhören. Direkt von der Quelle.«

Ich rollte mit den Augen, eine meiner Lieblingsgestiken seit Tagen, denn meine Familie war nun auch in den Staaten.

Obwohl ich ab morgen in meinen heiß geliebten Urlaub gehen würde, wusste ich, Urlaub hatte nur andere, jedoch nicht ich.

Seufzend stützte ich meinen Kopf mit den Händen.

»Was hat sie denn?«

»Hochzeitsphobie«, ich funkelte Natasha garstig an, die sich nicht davon ärgern ließ, »Ihre Eltern sind jetzt da und die beiden Mütter stürzen sich auf sie«, erklärte sie Roland, der verständnisvoll nickte.

»Da musst du durch.«

»Wenn es nur das wäre«, stöhnte ich.

»Schwanger, was?«, scherzte Roland, was ich für den puren Ernst hielt und ihn entgeistert anstarrte. Zuerst zeichnete sich Verwunderung auf seinem Gesicht ab, dann verstand er und grinste auf ganzer Linie.

»So, so... Weiß er es schon?«
 

»Wer?«, machte Alessandro auf sich aufmerksam.

»Nichts!«, antwortete ich prompt.

»Emilia!«, quietschte eine Stimme und mein Körper zuckte zusammen. Wenn Christin so klang, bedeutete das nichts Gutes für mich; es bedeutete lange qualvolle Qualen. Ich setzte mich aufrecht hin und drehte mich mit einem – perfekt gekünstelten – Lächeln zu ihr.

»Wow!«, riefen alle Drei – Natasha, Roland und Alessandro – aus und Alessandro flüsterte mir noch zu: »Dieses Mal übertriffst du dich selber mit diesem Lächeln.«

Ich weiß’, knurrte ich in meinem Kopf.

Christins High Heels klackerten über den Boden. Schon im Gehen rief sie mir zu, dass auch bloß die ganze Firma es wusste: »Wir haben, glaube ich, das perfekte Kleid!«

Sie wartete nicht erst eine Antwort ab, schnappte sich meinen Arm und zerrte mich aus dem Stuhl. Hilflos sah ich zu meinen Freunden und vor allem zu meinem zukünftigen Mann, der nur mit seinen Schultern zuckte.

Dieser...’

»Beatrice wartet schon im Wagen«, erklärte mir Christin.

»Mom?«
 

Ich verbrachte über drei Stunden damit ein blödes Kleid anzuziehen – okay es sah schon fantastisch aus – aber drei Stunden!

Drei Stunden musste ich etliche Kombinationen probieren, bis wir endlich – oder ich sollte besser sagen, zwei Nervensägen – zufrieden damit waren.

Erleichtert schmiss ich mich auf das Bett. Alessandro lag neben mir und wandte sich mir zu.

»So schlimm?«

»Frag nicht«, brummte ich und war froh, endlich zu liegen. Wenn ich gewusst hätte, dass eine Hochzeit für eine Frau so der Horror sein konnte, ich hätte den Mann neben mir zum Teufel geschert. Skeptisch betrachtete ich ihn und verzog die Lippen.

»Da musst du durch, ich lass dich nicht mehr gehen«, lächelte er und las – wie sollte es sein – meine Gedanken im Gesicht ab, allerdings konnte ich genauso gut aus ihm lesen.

»Du weißt, dass ich den benutzen könnte«, drohte ich gespielt und hielt ihm den Verlobungsring hin.

»Ich bitte drum.«

Ich fauchte; er lachte auf und begann meinen Kopf zu kraulen – ich war im Himmel – und kuschelte mich näher an ihm. Da konnte ich auch seine Gemeinheiten ertragen, wenn er nur weiter meinen Kopf streichelte.

Nach einiger Zeit wanderte seine Hand weiter zu meinen Wangen und stoppten bei meinen Lippen.

Ich wagte einen Blick in sein Gesicht und seine Lust nach mir sprang mich förmlich an, dass ich nur lächelte. Er beugte sich zu mir und küsste mich.

Wenn er derartiges machte, hatte ich beinahe die Anstrengungen des ganzen Tages vergessen, da nahm ich auch zwei Mütter, die sich auf einmal wie Teenager fühlten, in Kauf.
 

»Morgen ist die Hochzeit und du hast es ihm immer noch nicht gesagt?«, wiederholte Natasha ungläubig meine Worte.

»Nicht so laut!“«, bat ich sie.

Sie schlief mit mir in einem Hotelzimmer, dennoch, man wusste schließlich nie, ob dieses Zimmer nachher Wanzen hatte. Wieso ich in einem Hotelzimmer schlief? Braut und Bräutigam sollten sich vor der Hochzeit nicht sehen und damit dieses bloß nicht geschah, schliefen die Mütter mit der Braut in einem Hotelzimmer, während Alessandro in seinem eigenem – und eigentlich auch meinem Bett – schlief.

Positiv war eigentlich nur der Gedanke, dass er sich die Wohnung mit unseren Vätern teilen musste, die darauf achteten, dass er nicht heimlich die Wohnung verließ.

Von Christin hatte ich nämlich erfahren, er hatte es einmal versucht und sich einen Dämpfer von unseren Müttern eingefangen. Schadenfroh musste ich kichern.
 

»Wissen, es denn die beiden?«

»Gott bewahre, weißt du was dann los wäre!«, kreischte ich. Die Vorstellung wäre der glatte Wahnsinn, ich würde von zwei Frauen – die größten Nervensägen des Landes – bemuttert werden. Kurz schüttelte ich mich.

»Glaubst du ich könnte es ihm beim Sex sagen. So nach der Art: Hey, ich bin übrigens Schwanger

Natasha sah mich mit großen Augen an und musste dann laut loslachen. Beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust. Das war ernst gemeint, mm – okay, vielleicht doch etwas blöd.

»Dann kannst du es ihm auch vor dem Altar sagen.«

»Geht das denn?«, fragte ich nach. Natasha schüttelte mit einem breiten Grinsen den Kopf.

»Erstaunlich, dass er nicht schreiend weggelaufen ist, bei deinem komplexen Charakter.«

»Wer?«

»Mensch Emi, wer wohl, dein Zukünftiger.«

»Wieso sollte er weglaufen?«

Die Latinerin legte mir einen Arm um die Schulter und machte mit der anderen Hand eine ausladende Geste: »Du, Emi, kann es sein, dass du gerne die Dinge verkomplizierst.«

Tu ich gar nicht!’

Ich presste meine Lippen aufeinander.

»Wenn der passende Moment kommt, dann wirst du es ihm sagen können. Aber bitte nicht vor dem Altar.«

»Okay...«, nuschelte ich und flüchtete ins Bett.
 

»Emilia, Lächeln!«

»Ich will nicht mehr!«, jammerte ich und kämpfte mich durch die Tür. Dieses dumme Kleid war auch zu pompös! Nun ja, aber es sah einfach klasse an mir aus, aber zu pompös...

Ich seufzte.

Viel schlimmer waren allerdings diese Schuhe, auf denen ich schon den ganzen Tag herumlief. Meine Füße schrien nach ihrer Freiheit.

Mindestens zehn Zentimeter Absatz!

Erstaunlich war die Feststellung, dass die Grinsekatze – mein Mann – immer noch größer war als ich und ich hatte weiterhin keinen passenden Zeitpunkt gefunden. Ständig mussten wir für Fotos hinhalten, dann Kuchen aufschneiden, nicht zu vergessen tanzen mit diesen Tretern... Ich mochte einfach nicht mehr!
 

Natasha half mir durch die Tür und reichte mir eine Hand.

»Dieser Reifrock ist wirklich tödlich!«

»Ich weiß...«, seufzte ich und war endlich durch die Tür.

Zusammen mit Natasha war ich vor meiner eigenen Hochzeit geflüchtet und dafür gab es nur einen Grund – nein, nicht mein Ehemann – sondern, das Wort ‚Lächeln’. Ich habe an diesem einen Tag das Lächeln von etlichen Jahren nachgeholt und nun dürften sie raten, wie sehr meine Wangen schmerzten. Höllisch!
 

Natasha stand am Türrahmen schmiere, während ich mich auf einen der Stühle fallen ließ. Ich musste aus diesen Schuhen!

Meine Füße atmeten auf.

Was für ein herrliches Gefühl!’

»Kaum zu glauben, dass du jetzt Emilia Smith heißt«, lachte sie. Ich lächelte und massierte mir gleich darauf die Wangen. Jetzt tat ich es völlig unbewusst; es kam einfach über meine Lippen.

»Frag mich mal, ich muss mich daran gewöhnen, mich jetzt mit Mrs. Smith vorzustellen. Das klingt so alt.« Ich zog das letzte Wort in die Länge und wir beide lachten laut auf.

»Hast du es ihm denn endlich gesagt?«

»Wann denn? Wir waren nie alleine.«

»Genau!«, mischte sich eine allzu bekannte männliche Stimme ein. Schockiert blickte ich zur Seite, neben mir saß mein Mann – seltsamer Gedanke – und wirkte genauso erschöpft. Mehrfach schluckte ich.

»Was willst du mir denn sagen?«, säuselte er.

»Ich bin dann mal weg!«, flüchtete Natasha.

Ich bin töt... Kann man sich nach sechs Stunden schon wieder scheiden lassen? Sicher nicht.’

»Nichts...«, murmelte ich und wollte aufstehen, allerdings drückte er mich sanft – jedoch bestimmend – auf den Stuhl zurück.

»Das ‚Nichts’ würde ich liebend gerne wissen.«

»Ich...«, setzte ich an und sah in seine grünen Augen – Gott, sah er heiß aus.

Was mache ich? Okay, Lia, mit der Tür ins Haus fallen!’

»Ich bin schwanger!!!«, brüllte ich viel zu laut und knallte entsetzt meine Hände auf den Mund. Perplex starrte er mich an. Hatte die Musik aus dem Nachbarsaal aufgehört zu spielen?

Das bildest du dir alles ein, Lia.’

Färbten sich seine Wangen rötlich?

Räuspernd drehte er sich weg von mir und suchte nach seiner inneren Fassung.

Sag doch was!!!’

Die Musik hatte tatsächlich aufgehört zu spielen. Schluckend drehte ich mich zur Tür. Gott, wieso hörten sie bei der lauten Musik denn ausgerechnet das. Stand die ganze Verwandtschaft an der Tür und gaffte zu uns?

Und mein – blöder – Mann hatte immer noch nichts gesagt!
 

»Ist das wahr?«, wollte er wissen und sah mich an. Zaghaft nickte ich. Er faltete seine Hände zusammen.

»Deswegen...«, murmelte er vor sich hin und ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen. Erleichtert atmete ich aus, er war nicht böse; wieso sollte er auch?

Ich war schließlich seine Frau.

»Lass mich raten: Du weißt es, als ich dich mit Natasha im Badezimmer erwischt hatte.«

Ich kaute auf meiner Unterlippe und sofort hatte er seine Bestätigung, dass er Recht hatte.

»Du bist Schwanger?«, quietschten beide Frauen – wie vermutet – aus einem Mund los.

»Rette mich«, flehte ich Alessandro an; er schlang einen Arm um mich und zog mich an sich.
 

»Ihr habt schon genug angestellt!«, mischte sich der alte Mr. Smith ein, den ich mittlerweile liebevoll Donato nannte.

Überglücklich – ich sah mich schon umgeben von nervenden Frauen – scheuchten unsere Väter alle Gäste wieder in den Festsaal.

Donate zwinkerte mir zu.

»Dafür streiche ich euch einen Tag vom Urlaub.«

Ich lachte; Alessandro knurrte.
 

Die Musik setzte wieder an und wir hatten – endlich – ein paar Minuten für uns alleine. Zwar nicht viel, das wussten wir beide; aber es reichte erst einmal, um sich zu entspannen.

»Schwanger?«, wiederholte er und ich nickte erneut.

»Frag mich jetzt nicht, wie; das müsstest du wissen!«, fauchte ich; er grinste frech: »Ich dachte daran, dass du es mir vielleicht zeigst

Ich boxte ihm leicht gegen den Ärmel; dieser...

»Wenn es ein Mädchen wird, wirst du die niemals los, das weiß du?«

Ich seufzte und konterte: »Bei einem Jungen musst du wenigstens mitleiden!«

Ich streckte ihm die Zunge raus.

Er lachte auf und küsste mich stürmisch.

»Allerdings hast du uns jetzt die perfekte Begründung gegeben, uns vorzeitig aus dem Staub zu machen.«

»Meinst du...?«

Zweifelnd verzog ich den Mund, was er mir gleich tat. Wir linsten zur Tür; vereinzelt versuchten unsere Mütter einen Blick zu uns zu erhaschen.

»Vielleicht auch nicht«, stöhnte er.

Er stand auf und reichte mir eine Hand, die ich lächelnd ergriff.
 

Und wie sollte es auch anders sein: Sie hatten uns nicht eher gelassen, stattdessen wollten die beiden – aufgestiegen zu: Den größten Nervensägen der Welt – alles über meine Schwangerschaft wissen. Wie konnte man nur so viele Fragen stellen?

In der Hoffnung, ein Ultraschallbild würde Ruhe bringen, bewirkte es nur, dass selbst mein Mann plötzlich auf ihrer Seite war. Besitzergreifend zog er mich an sich und ließ mich den ganzen Abend nicht mehr alleine.
 

Wie, das wusste ich nicht mehr, aber irgendwann lag ich in unserem Bett. Das Kleid hatte ich flugs ausgezogen und es mir in einem Hemd von ihm bequem gemacht. Meine Füße pochten. Ich würde die nächsten Tage nicht mehr aus dem Bett gehen, da konnte von mir aus die Welt untergehen!

Alessandro nahm einen Fuß in seine Hände und massierte ihn. Gott, tat das gut. Ich stöhne vor mir hin.
 

Eine Spur aus Küssen zog sich meinen Rücken entlang und Alessandro schmiss sich neben mir ins Bett.

Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich aus seinen Sachen zu pellen.

Lächelnd betrachteten wir uns.

Der goldene Ring leuchtete an seiner Hand.

»Sie haben uns bewusst so gefoltert«, säuselte ich.

»Natürlich«, bestätigte er und küsste meine Wange. Tief sog er meinen Duft ein.

»Du riechst gut.«

Ich summte und drehte mich zu ihm, um ihn zu küssen.

»Und du schmeckst gut«, konterte ich.

»Jetzt gibt es kein Entkommen mehr vor mir

»Ich weiß«, seufzte ich. Er stieß mich mit der Schulter an; ich lachte auf.

»Dafür entkommst du mir auch nicht mehr!«

»Ist das eine Drohung?«

»Vielleicht«, antwortete ich verspielt.

»Habe ich dir schon einmal gesagt, dass ich deine Drohungen liebe?«

»Nicht direkt.«

Beide lachten wir und sahen uns tief in die Augen.

Wir waren einfach zu müde, noch einen Finger zu rühren. Seine Hand suchte nach meiner und verankerte sich. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch.

Er rutschte näher an mich.

Es war ein beruhigendes Gefühl, ihn an meiner Seite zu spüren und wenn ich mir eines bei diesem Mann – meinem Mann – sicher war, dann war es das, dass er mein Leben auf eine liebenswürdige Art und Weise zur Hölle machen würde, wie ich seines.

Ich schmunzelte.

»Heckst du wieder irgendwelche Sachen aus, um mich zu foltern?«

»Vielleicht.«

»Gefällt mir.«

Dann schliefen wir ein.
 


 

Nachwort
 

Ich hoffe, ihr hattet so viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben.
 

Ich bedanke mich auf jeden Fall für meine lieben Kommentarschreiber, durch euch habe ich mich noch etwas mehr angespornt.
 

Ich hoffe einfach mal, dass die sprachlichen Mängel nicht zu hoch waren. Als Autor selber haut man so viele rein und bemerkt es gar nicht; erst wenn man es sich nach etlichen Tagen noch einmal durch liest.

Da wird mein Beta sich noch freuen, wenn sie darüber lesen darf. Haha.
 

Es war auf jeden Fall ein Experiment, das mir gezeigt hat, dass ein Schuss Erotik – die hoffentlich auch dabei war – ziemlich viel Spaß machen kann.

Vielleicht werde ich noch einmal so eine ähnliche Geschichte schreiben oder aber vermischt mit anderen Elementen, denn für mich gehört das irgendwie einfach dazu.

An Ideen für Geschichten mangelt es nicht.

Privat arbeite ich nämlich gerade an einer Veröffentlichung mit dem Titel „Royal Flush“ – wenn es klappt, ab dem 09.09.09 zu erwerben – und parallel sitze ich zusätzlich noch an zwei weiteren Geschichten.
 

Und damit verabschiede ich mich und sage nur zum Schluss:
 

Vielen Dank!
 

Eure

Jess
 

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© Jessica Monse 2009

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Kommentare zu dieser Fanfic (57)
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Von:  capricious
2010-01-13T19:47:37+00:00 13.01.2010 20:47
Edit:
Ah hab grad gesehen, dass es ja eine Fortsetzung gibt ;)
Da werde ich mich gleichmal dran machen!
Von:  capricious
2010-01-13T19:46:09+00:00 13.01.2010 20:46
Huhuuuu,
jetzt hab ich grad deine ganze Story im ganzen ohne Pause durchgelesen und bin total begeistert!!! Hatte richtig Herzklopfen zwischendrin und das soll schonmal was heißen*g*
Überlegst du eigentlich eine Fortsetzung zu schreiben?
Das mit Leo bietet sich dafür ja hervorragend an und weitere eifersuchtsausbrüche von dem sexy Alesso*g*
Vielen Dank für die wunderschöne UNterhaltung!!!
Lg Susi
Von:  KittyKathi
2010-01-01T17:13:15+00:00 01.01.2010 18:13
Wir haben das mal versucht nach zustellen.
Geht nicht...
Tut mir Leid, wenn ich meinen Vorgängerinnen da widersprechen muss, aber leidenschaftlicher Sex sieht irgendwie anders aus und geht im Normalfall auch länger. Hoffentlich ....
Abgesehen davon fand ich das Kapitel sehr lustig, ich finde die Komödie ist sehr gelungen.
Du solltest allerdings nochmal deine Kapitel auf Rechtschreibung und Zeichensetzung gegenlesen und besonders nochmal deine Grammatik überarbeiten.
Beispiele:
"Langsam stieß er tiefer und tiefer in mir ein." - mir durch mich ersetzen
"Etwas Hartes drang in mir ein" - ebenfalls mir durch mich ersetzen
"Meine Fänger kratzten über seinen Rücken." - Du meinst sicher Finger oder steht sie auf Tentakeln
"Ich drückte dagegen, da flog sie komplett weg." - Wir haben versucht das nachzustellen, aber uns ist nicht ganz klar wie das so funktionieren soll.
Desweiteren würde uns interessieren wie die Hose der Dame "elegant von [ihren] Beinen verschwand". Eine Freundin von mir studiert Naturwissenschaften und würde sich den Vorgang gerne genauer erklären lassen.
Das wars auch schon, mach weiter so.
Deine Geschichten sind sehr erheiternd und es hat mir und meinen Freundinnen viel Freude bereitet sie durchzulesen.

Mit freundlichen Grüßen Neko
Von:  stefanie22
2009-12-23T04:57:01+00:00 23.12.2009 05:57
habe gerade deine geschichte zuende gelesen oder eher romane und fand sie sehr sehr schon!!!
ich habe gerade gelesen das du was veröffendlichts meinen die diese geschichte hier wenn ja wann wird es dann rauskommen würde mich sehr freuen wenn du noch so eine geschichte schreiben konntest kannst du mir dann bescheid geben

lg stefanie22
Von:  il_gelato
2009-08-06T12:35:08+00:00 06.08.2009 14:35
Süßes Ende!
Aber was mir beim Lesen eingefallen ist, die Geschichte mit Loenardo ist nie zu ende gekommen...

Würde mich auf eine weitere Geschichte in dieser Art von die freuen!
Von:  P-Chi
2009-08-06T11:23:17+00:00 06.08.2009 13:23
*KREISCH*
Maaaan, war das der Waaaaaahnsinn!!!! XDDDDDDDDDDDDD
Ich lieb Alesso! Und Lia! Und Roland! Nur die Mütter nicht....sollte ich je schwanger werden, werde ich es ihnen so lange verheimlichen bis das Kind da ist. Dann muss es leiden und nicht ich. *grins*
Aber ich hätte Alesso zugetraut das er eine richtige Freudenfeier veranstalltet, oder ihr wenigstens um den Hals fällt...aber naja^^
Der Epilog war echt total romantisch, aber ich hätte auch noch gerne einen kitschigen Ausschnitt/ oder wenigstens einen tollpatschigen Auftritt der Hochzeit gehabt. ^^'
Ich bin echt traurig, dass es schon wieder vorbei ist ;___;
(vergiss nicht mir bescheid zu geben, wenn <Royal Flush> draußen ist^^)

glg Angels
Von:  XaoiMai
2009-08-06T10:59:34+00:00 06.08.2009 12:59
Woah ........
..ein wunderschöner Schluss ... :) .... jetzt ist es vorbei .... schade eigentlich ... den es hat verdammt viel spaß gemacht es zu lesen .... es war echt cool das sie auch noch schwanger war :) ..... macht das ganze einfach total romantisch ...... Ja Mütter & Schwiegermüter können echt anstrengend sein ... gut das es bei mir noch lange nicht so weit ist :)........

....ich hoffe für dich das es klapt mit der veröffentlichung ..... da deine Geschichte echt tollist .... *ganz doll mit dem Kopf nick* .....
Es ist echt schade das es nun vorbei ist doch ....vielleicht bringst du ja noch eine Story .... die ich dann auch auf jeden fall lesen werde :)

wünsche dir viel glück bei der veröffentlichung. Das klapt schon :)
glg
Jess
Von:  XaoiMai
2009-08-05T13:25:31+00:00 05.08.2009 15:25
YEAH! :)
Endlich ;) Das war so was von süß,.... niedlich, ..... zum dahin schmelzen, ......unglaublich. ........ hach ...... da könnte ich noch eine ganze Liste schreiben wie das ist :) .....

.....Bombe das Kpitel, einfach hamma....... diese verlobung ist richtig gut geworden..... du hast es nicht zu kitschig geschrieben, ..... es passt einfach zu den beiden .... da sie dickköpfig sind ......

.....Gott sei dank hat sich der Vater eingemischt...... ich fand das mit der vitrine geil .... "du schuldest mir eine neue Vitrine." einfach genial, hatte einen lach anfall als ich das las......... die vorstellung von ihrem gesicht .... hat mir dann den rest gegeben ....

...... Schade das es zu ende geht, es hat echt spaß gemacht deine Story zu lesen .... du solltest sie auf BookRix veröffentlichen ... da gibt es bestimmt welche die das lesen wollen.....

freue mich auf den letzten Teil
hdgdl
glg
JessicaK
Von:  P-Chi
2009-08-05T11:09:54+00:00 05.08.2009 13:09
Yeah! Endlich!!
Aber ich finds so furchtbar schade, dass es schon fast vorbei ist!! ;____; Das ist gemeeeeeiiin :
Ich bin etwas verwirrt gewesen zwischen Roland und Mr.Smith, aber ansonsten wa es echt toll x33
Der Antrag war...ähem. Es gibt romantischere Wege, aber so war es wenigstens zum schießen xDD
Besonders das mit: Du schuldest mir eine Vitrine... :DDD (ich hätte mich weghaun können)
Bin schon total aufgeregt was der Epilog wohl bringen mag x3

glg Angels :3
Von:  il_gelato
2009-08-04T22:58:33+00:00 05.08.2009 00:58
Ich fand das Kapitel sehr schön...
Diese Verlobung passt zu den beiden, ich fand es gut, dass der Vater sich eingemischt hat!

Freu mich auf das letzte Kapitel!


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