Symphonie der Welt von Guglehupf (10 Geschichten zur Welt) ================================================================================ Kapitel 2: Armut-Reichtum ------------------------- Der Wind trieb den Regen durch die Straßen, ließ jeden Regentropfen zu einem kleinen Geschoss werden. Dazu kam eine beißende Kälte, die jedem Menschen bis auf die Knochen gehen würde. Man sah kaum Menschen auf der Straße, alle hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen, wie eine Schnecke. Die, die man sah, versuchten sich mit Schirmen und Jacken vor den Wassermassen zu schützen, was jedoch so gut wie immer schief ging. Selbst die beste Regenjacke war nicht dicht genug, um dem Wasser Einhalt zu gebieten. Wer sich zudem noch länger auf der Straße aufhielt, riskierte im besten Fall eine Erkältung, im schlimmsten Fall eine lebensgefährliche Lungenentzündung. Und doch gab es ein paar Menschen, die noch auf der Straße waren. Zu ihnen gehörte Taipen, ein Mädchen von zehn Jahren, welche sich unter einem kleinen Balkon dicht an die Wand presste, um dem Unwetter zu entgehen. Es war sinnlos. Der Wind wurde durch die Häuser der Umgebung ständig abgelenkt, sodass er die Wassermassen auch unter den Balkon trieb, durch die Lumpen, direkt auf die Haut des Mädchen. Sie fror und zitterte. Doch war dies noch die beste Möglichkeit, sich vor dem Sturm zu schützen. Ihre Hütte, am anderen Ende der Stadt, mitten in einem Sumpfgebiet mit Moskitos, Gestank, Tod und Elend, war so dicht wie ein Sieb. Zudem wusste sie nicht, ob das Blech und die einfachen Holzbretter dem Sturm standhalten würden. So stand sie dort, unter den Balkon, und starrte auf das Haus auf der anderen Straßenseite. Es war ein großes Haus, viel größer als die größten Hütten, die sie je gesehen hatte. Die Fassade strahlte trotz des Regens weiß und aus den Fenstern drang warmes Licht. Man konnte schemenhaft Personen erkennen, die hinter dem Fenster auf und ab gingen. Wie wäre es doch, wenn ich doch jetzt in dem Haus wäre. Ich hätte ein Dach über dem Kopf, der regen würde mich nicht frieren lassen und der Hunger würde mich nicht verzehren. Ja, ein Haus ist was schönes. Es bietet Sicherheit, Schutz und Wärme. Ich hätte auch gerne eins. Die Mama sagt zwar immer, dass wir das auch bald haben, doch ich glaube das nicht. Sie sagt immer, dass es bald aufwärts geht, dass der Papa eine neue Arbeitsstelle hat, dass wir dann mehr Geld haben, dass ich dann in die Schule gehen kann, auch wenn ich nicht weiß, was das ist, dass wir dann vor dem husten keine angst mehr haben müssen, dass es der Oma dann besser geht, dass wir dann keinen Hunger mehr haben müssen, dass wir in die Häuser mit den vielen Lichtern im Innern der Stadt gehen dürfen, dass ich mir schöne Kleider kaufen kann, so wie die Frauen auf den Plakaten. Papa muss wohl sehr hart arbeiten. Die Mama sagt immer, dass er dann kommt, wenn wir schlafen und geht, bevor wir aufstehen. Sie sagt, dass wir schon bald wo anders leben,wieder glücklich sind. Ich hoffe, das stimmt. Dann sind wir so wie die Menschen in dem Haus, sicher und fröhlich. Bald. Wir müssen nur daran glauben, dann kommt das Geld schon, sagt die Mama. Bald werden wir keine sorgen mehr haben. Sagt die Mama. Wenn die Mama das sagt, wird das stimmen. Die Mama hat doch immer Recht. Ihre Augen wurden immer größer, als sie durch die Regenmassen auf die Gestalten hinter dem Fenster blickte. Sie wünschte sich so sehr auch in dem Haus zu sein. Und wenn es nur für eine Nacht wäre. Dann würde sie nicht mehr frieren und es geht ihr sicherlich nicht mehr frieren. Zudem würden ihre Lungen nicht bei jedem Atemzug wie Feuer brennen. Und der Hustenreiz wäre auch sicherlich weg. Sie schloss die Augen und dachte daran, wie es wäre, in dem Haus zu sein. Sie sah goldene Fliesen, sie fühlte die Wärme, hörte den Sturm ungefährlich vorbeiheulen, sah einem Mann, der sich vor ihr verneigte und sie bat, in das Bad zu folgen. Dort entkleidete sie sich und stieg in die riesige Badewanne, voller Schaumbad. Es war herrlich. Überall Wärme und Geborgenheit. Sie schloss im Traum die Augen und ließ sich gleiten... immer weiter gleiten... in das Herz des Schaums... sie fühlte sich als könnte sie schweben... [...] Schwerste Stürme zogen über die Südsee und zerstörten weite Teile des Landes. Wieder waren die Ärmsten der Armen betroffen. Allein in der letzten Nacht sich mehr als 30 Menschen ums Leben gekommen, mindestens vier von ihnen waren noch nicht einmal 18 Jahre alt. Oft waren die Todesursache nicht die Trümmer, sondern die ungewöhnliche Kälte, die der Sturm mit sich getrieben hatte. Für uns berichtet live aus den betroffenen Regionen:[...] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)