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Fragile

von

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Fragile
 

Fandome: Cinema Bizarre

Mainchars: Luminor & Yu [Paring? Ob man das in dem Fall so nennen kann?]

Rating: P16/Slash [ändert sich wahrscheinlich noch ... mal sehen]

Genre: Drama

Parts: max. 3

Disclaimer: Die Jungs von Cinema Bizarre gehören nicht mir, ich verdiene weder Geld mit der Story, noch will ich Cinema Bizarre mit ihr schaden. Die Geschichte ist größtenteils frei erfunden (ich halte mich allerdings an das, was ich weiß) und dient nur meinem Vergnügen.

Claimer: Plot und Stil gehören mir. Wer klaut, dem werden die Finger abhackt. Und dann bekommt er einen Karibik-Urlaub am Guantanamo-Bay!

Inhalt: Ich mag eigentlich gar nix drüber schreiben, das würde irgendwie alles verraten. Nur soviel: Die Story ist nichts Großartiges. Alles ist aus Yus Sicht geschrieben und behandelt den Zeitraum von Mainz (vorm Konzert) und den folgenden zwei Tagen (nach der Rückkehr aus Amsterdam). Den Rest werdet ihr schon mitkriegen ;)

Drama, Baby!
 


 

1
 

„Ok, Jungs, wir sind fertig! Soundcheck beendet!“, rief einer der Techniker und Strify ließ erleichtert das Mikro los. Das Abmischen der Instrumente und vor allem das der beiden Gesangselemente hatte heute mehr Zeit als sonst in Anspruch genommen. Irgendwas hatte immer nicht hingehauen.

Während ich mir meine Gitarre abschnallte, Kiro seinen Bass im dazugehörigen Ständer parkte und Shin seinen angebrochenen Stick gegen einen neuen austauschte, kam auch Luminor hinter seinem Keyboard hervor. Erst dachte ich, es läge an dem diffusen Scheinwerferlicht, doch er sah wirklich nicht gut aus. So war er schon aufgestanden, als unser Tourbus vor der Mainzer Halle angehalten hatte, doch auch die Schminke und seine Kleidung konnten nicht ganz darüber hinwegtäuschen, dass er irgendwie angeschlagen war.

„Hey, alles klar?“, fragte ich deshalb, als er an mir vorbei wollte, um im Backstage zu verschwinden.

„Ja, keine Sorge“, gab er nur zurück und lächelte sein mildes Luminor-Lächeln. Zu einem „Wenn du meinst“ kam ich gar nicht mehr, denn Tilo trat schon neben uns, als wir gerade von der Bühne kamen und scheuchte uns hoch in Richtung Galerie. Ach ja, das Fotoshooting für die Rockoon.

Während Kiro und Shin die Treppen hinauf stürmten und unser Drummer mit einem siegessicheren Grinsen als erster oben ankam, kommentierte Strify natürlich lautstark die vergeblichen Bemühungen unseres Kleinsten, der wie immer bei Anspielungen auf seine „Größe“ schimpfte wie ein Rohrspatz.

Ich hingegen ging wie ein normaler Mensch die Stufen zur Galerie hoch, warf nur, als ich fast oben war, einen verstohlenen Blick über die Schulter zu Luminor. Was ich sah, gefiel mir nicht. Er hielt sich eindeutig am Geländer fest, auch wenn er versuchte, darüber hinwegzutäuschen, sein Blick sagte mir, dass er mit seinen Gedanken gerade ganz woanders war und er schien sich darauf konzentrieren zu müssen, die Treppe auch wirklich hochzusteigen. Das machte mir Sorgen, doch gerade als ich erneut zu der Frage nach seinem Befinden ansetzen wollte, traf mich sein Blick, er schien sofort zu verstehen und schüttelte leicht den Kopf.

„Alles in Ordnung“, sagte er nur leise, dann ging er an mir vorbei.
 

„Ja, genau, jetzt noch den Kopf ein bisschen mehr nach rechts! Und schau mal ein bisschen arrogant! Ja, genau so, bleib so!“

Strify hatte sichtlich Spaß am Posieren, er spielte wie immer perfekt mit der Kamera und der Fotograf würde im Nachhinein Schwierigkeiten haben bei der Auswahl der Fotos – er musste sich nämlich letztendlich für nur eines entscheiden. Aber Strify war ja schließlich nicht umsonst unsere kleine Diva, also gönnte ich ihm seine Freude.

Als nächstes waren Shin und Luminor an der Reihe, Kiro und ich waren zum Glück schon im Kasten. Ich war längst kein Mensch, der die Kamera so liebte wie Strify, sodass mich solche Termine eher langweilten. Also sah ich mich im Raum um oder beobachtete meine Bandkollegen. Natürlich trommelte Shin aus Langeweile auf dem Tisch vor sich herum, Kiro saß nur herum und schien gleich wegzudösen. Und Luminor stand an eine Wand gelehnt und beobachtete einfach wie ich das Geschehen. Irrte ich mich oder war er noch ein wenig blasser geworden? Hatte sich sein Atem beschleunigt?

In dem Moment winkte ihn der Fotograf heran, er war an der Reihe. Strify zog einen Flunsch, unglücklich darüber, dass es schon vorbei war, räumte dann aber das Feld für unseren zweiten Sänger.

Als Luminor sich postierte, seinen Fächer aufschlug und stolz in die Kamera sah, war er wie ausgewechselt. Niemand wäre auch nur annähernd auf die Idee gekommen, dass er nur wenige Sekunden zuvor ausgesehen hatte, als wäre er der Tod auf Latschen – oder zumindest sein kleiner Bruder.

Kaum jedoch nickte ihm der Fotograf zu und rief nach Shin, schien diese Fassade, die unser Ältester aufgezogen hatte, von ihm abzufallen und er wirkte wieder so entkräftet wie zuvor. Irgendwas stimmte da wirklich nicht, das war doch nicht zu übersehen!

Aber ich kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn Strifys und Kiros unbändiges Gelächter machten es mir unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Mein Blick fiel auf den Grund ihrer Lachattacke: Shin hatte versucht, eine Pose von Strify nachzuahmen, was allerdings gründlich in die Hose gegangen war. Er sah nicht sexy aus, sondern albern. Mehr als das. Vor allem, als er nun zu schmollen begann und sich damit rechtfertigen wollte, dass ihm der Fotograf verboten hatte, wieder nur wie ein Fragezeichen mit den Händen am Gürtel vor der Kamera herum zu stehen. Das ließ sogar mich kurz auflachen.

Kurz darauf wurden wir zum Gruppenfoto zusammengetrommelt, hierhin und dorthin geschoben, steh so, steh so, noch ein Stück zusammen, Kiro, lehn dich nach vorne, Strify, hör auf, so blöd zu grinsen, Yu, jetzt konzentrier dich doch mal ... das übliche Chaos.

Luminor stand hinten neben Shin, ich schräg vor ihm. Neben mir unser Gartenzwerg und unsere Diva. Ich spürte, nun, da ich ihm so nahe war, deutlich Luminors Anspannung und wie er versuchte, ruhig und flach zu atmen. Das machte mir Sorgen. Sehr große sogar. Was war los mit ihm? An zu wenig Schlaf in den engen Buskojen konnte das doch nicht nur liegen!

„Verdammt ...“ Fast lautlos schlich sich dieses Wort von Luminors Lippen, ich kam nicht einmal mehr dazu, über seine Bedeutung nachzudenken, denn schon hörte ich einen dumpfen Aufschlag, dann Shins panischen Ruf: „Luminor!“

Den verwirrten Fotografen ignorierend, wirbelte ich herum und erstarrte – unser Ältester stand nicht mehr hinter mir, er lag kreidebleich und bewusstlos am Boden, Shin kniete neben ihm und wusste vor Schreck nicht, was er machen sollte.

„Kiro, hol ’nen Arzt!“, rief ich und ließ mich auch neben Luminor sinken. Kiro verschwand sofort, Strify, der Fotograf und einige Crewmitglieder, die noch mit uns im Raum gewesen waren, umringten uns sofort und machten besorgte Gesichter. Vorsichtig schlug ich gegen Luminors Wange, kleine Tropfen kalten Schweißes standen auf seiner Stirn, selbst eine Kalkwand hatte mehr Farbe als er.

„Hey, Lumi, hörst du mich? Wach auf!“ Ich schlug weiter vorsichtig gegen seine Wangen, redete leise auf ihn ein, während Shin nur etwas aufgelöst neben mir hockte und immer wieder „Was machen wir denn jetzt?“ vor sich hin murmelte.

„Strify, da drüben steht Tee – hol bitte schnell eine Tasse ... und mach viel Zucker rein, egal, wie widerlich süß das dann wird. Je mehr, desto besser!“ Schon stob Strify davon und goss etwas von dem Früchtetee in eine Tasse, schüttete dann, den Geräuschen nach zu urteilen, ein halbes Kilo Zucker hinein und kam zu uns zurückgelaufen.

In diesem Moment hob Luminor endlich quälend langsam seine Lider und blinzelte verwirrt zwischen Shin und mir hin und her. Er brauchte eine Weile, bis er die Situation einordnen konnte, doch dann richtete er sich halb auf und ich hielt ihm, bevor er etwas sagen konnte, die Tasse an den Mund.

„Hier, trink das. Damit du wieder ein bisschen Energie bekommst.“

Ohne zu fragen, tat er, was ich von ihm verlangte. Er verzog zwar kurz das Gesicht – wahrscheinlich hatte Strify wirklich allen Zucker hineingeschüttet, den er finden konnte – doch er hatte wohl sowieso keine Kraft, um sich zu beschweren.

„Sorry“, nuschelte er dann, doch wir schüttelten nur gemeinschaftlich die Köpfe.

„Was war denn los?“, fragte Shin, der von dem Ganzen doch ziemlich mitgenommen war. Als Luminor nur die Schultern zuckte, fragte ich konkret nach: „Hast du wieder nichts gegessen?“ Daraufhin senkte er einfach nur die Lider mit diesen langen, schwarzen Wimpern und schwieg. Volltreffer. Bevor ich ihm jedoch eine Gardinenpredigt halten konnte, kam Kiro mit einem Notarzt in den Raum gerannt.

„Wie geht’s ihm?“, fragte unser Bassist sofort, atmete aber erleichtert auf, als er Luminor bereits wieder bei Bewusstsein in unserer Mitte sitzen sah.

Der Arzt kümmerte sich sofort um unseren Ältesten, wollte schließlich wissen, ob er sich in der Lage dazu sah, aufzustehen und mit hinunter zu kommen. Luminor nickte zaghaft und erhob sich, doch so einfach, wie er sich das vorgestellt hatte, war es wohl doch nicht. Sein Gesicht verlor wieder ein wenig seiner Farbe und er wäre sicher gleich wieder umgekippt, hätte nicht einer aus der Crew so schnell geschalten und seinen Arm gepackt, sodass er nicht fallen konnte. Ich konnte deutlich sehen, wie es ihm widerstrebte, doch er war gezwungen, sich an dem Mann und dem Arzt, der nun ebenfalls an Luminors Seite getreten war, festzuhalten.

„Keine Sorge, bin gleich wieder da“, sagte er noch, der Klang seiner Stimme und die Tatsache, dass er sich nicht einmal richtig auf den Beinen halten konnte, straften seine Worte Lügen.
 

Luminor wurde ins Krankenhaus gebracht, wohingegen wir dazu verdammt waren, unseren Tagesplan durchzuziehen und auf eine Nachricht von ihm zu warten. Dass wir alle ziemlich unkonzentriert waren, hätte selbst ein Blinder gesehen und so wenig Tilo und Eric das auch gefiel, so sagten sie doch nichts und zeigten Verständnis.

Eine Stunde später, wir saßen gerade im Aufenthaltsraum, erreichte uns endlich ein Lebenszeichen aus dem Krankenhaus, das zunächst nur aus zwei Worten bestand: Auftrittsverbot, Kreislaufzusammenbruch. Luminor würde die Nacht entweder im Krankenhaus oder im Hotelzimmer verbringen und morgen in der Frühe den Heimweg nach Berlin antreten.

Hätte Strify jetzt ein Glas in der Hand gehabt, es wäre auf dem Boden zerschellt. So warf er nur seine Wasserflasche quer durch den Raum, die mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufschlug. Ich hingegen versuchte mich zumindest äußerlich zu beherrschen, auch wenn mir diese Nachricht wohl am meisten wehtat.

Hätte ich das Ganze nicht verhindern können, wäre ich ein wenig hartnäckiger gewesen? Hätte ich ihn nur nicht mit diesen Floskeln davonkommen lassen, vielleicht wäre er dann noch hier und nachher zusammen mit uns auf der Bühne.

Ich spürte plötzlich eine Hand auf meiner Schulter, dann tauchte Kiros besorgtes Gesicht vor meinem auf.

„Alles ok, Yu?“

Erst jetzt spürte ich, dass ich wie ein Wahnsinniger auf meiner Lippe herum gebissen hatte, nahm den leichten metallischen Geschmack von Blut wahr. Meine Hände waren zu Fäusten geballt.

Schnell erhob ich mich – Kiro zog überrascht seine Hand zurück – und zwang mich dazu, meine Hände locker zu lassen. Dann nickte ich nur, brachte irgendwie ein „Ja“ zustande und schaffte es sogar, noch ein „Ich brauch Frischluft“ dranzuhängen. Dann schlug die Tür des Aufenthaltsraumes hinter mir zu.

2

Vielen Dank an meine beiden Reviwer und die restlichen Schwarzleser (ich sehe, wer abonniert *gg*)!

Hier Teil 2 ... viel Spaß.
 

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2
 

Das Konzert in Mainz meisterten wir ganz gut. Die Fans merkten kaum, wie sehr uns Luminor fehlte. Sein Ersatzmann war am Keyboard natürlich sehr gut, sodass zumindest dieser Teil nicht ausfiel. Doch sein Gesang, seine reine Präsenz fehlten einfach und rissen ein großes Loch in unsere Mitte. Vor allem mir schien der nötige Rückhalt zu fehlen, wenn ich in meine Saiten griff und mit einem Grinsen über die Bühne fegte, stand er doch sonst wie ein Schatten stets hinter mir. Niemand von denen dort unten schien jedoch irgendetwas davon zu bemerken.

Als die Setlist, die fein säuberlich hinter einem Verstärker auf den Bühnenboden geklebt war, verkündete, dass „Get off“ der nächste Titel sein würde, zog sich mir kurz die Brust zusammen. Strify würde den Song allein singen müssen. Obwohl er die ganze bisherige Show über Luminors Gesangsparts übernommen hatte – und ich musste ihm anrechnen, dass er sich wirklich größte Mühe gab und es nicht schlecht machte – kam ich nicht umhin, eine Feststellung zu treffen: Er konnte es nicht. Es ging nicht. Er traf nicht einen Ton, konnte diesem Lied einfach nicht annähernd das einhauchen, was Luminor ihm immer gegeben hatte. Nicht nur gesanglich, sein Auftreten war ein völlig anderes. Ich merkte in diesem Augenblick deutlicher als zuvor, dass dies nur Luminors Song war. Es gab keinen anderen Menschen, der ihn würde singen und performen können. Und abermals kam mir eine Aussage von unserem Ältesten in den Sinn: „Cinema Bizarre existiert nur als Cinema Bizarre, jemanden dazuzuholen oder gehen zu lassen, funktioniert einfach nicht.“

Und so war es.

Kurz die Augen schließend, konzentrierte ich mich wieder aufs Gitarrespielen, hatte ich doch gerade gehörig daneben gelangt, wobei mir der kurze, mürrische Blick aus Strifys Richtung bestätigte, dass dieser es nicht überhört hatte. Also blendete ich alles aus und gab einfach zweihundert Prozent.

Und dennoch graute mir ein wenig vor dem morgigen Abend in Amsterdam. Wie sollte ich bloß noch so eine Show überleben? Diese Leere hinter mir schien mich jetzt schon zu verschlingen.
 

Geschafft!

Unser Bus passierte eben das Ortseingangsschild mit den lang herbeigesehnten Buchstaben: Berlin! Wir waren endlich wieder zu Hause.

Nur ganz kurz hatte sich unser Sorgenkind gestern am späten Abend gemeldet, dass er in seiner Wohnung angekommen wäre und sich sofort hinlegen würde. Danach war komplett Funkstille, sooft ich auch nach dem Konzert und auf der gesamten Rückfahrt – die Nacht ausgelassen, denn sowohl er als auch wir brauchten schließlich ein wenig Schlaf – versucht hatte, ihn zu erreichen.

Unruhig rutschte ich auf meinem Sitz hin und her, die Sorge machte mich fast krank.

„Yu, jetzt ist aber mal gut!“, blaffte mich Strify von der Seite an. Natürlich machten wir uns alle Gedanken, doch ich war der Einzige, der in den letzten Stunden zu einem reinen Nervenbündel mutiert war. Selbst Strify, der schnell nervös wurde und sich wie alle anderen um Luminor sorgte, wirkte im Gegensatz zu mir wie die Ruhe in Person. Shin und Kiro dösten zum Glück, nachdem sie die halbe Nacht kaum hatten schlafen können und ständig im Bus herumgetigert waren. Was mir natürlich nicht entgangen war, da ich bis auf wenige Minuten die ganze Nacht wach gelegen hatte.

„Sorry“, nuschelte ich also nur, und begann, an meinem Piercing herumzukauen. Dies hielt ich allerdings nur knappe zwei Minuten durch, dann fischte ich wieder mein Handy aus der Tasche und wählte per Kurzwahl zum gefühlten tausenden Mal heute Luminors Nummer.

Monotones Tuten, nach fast einer Minute sprang die Mailbox an. Entnervt legte ich auf, gab ein Seufzen von mir und steckte das Telefon wieder weg. Verdammt, was machte er nur?!
 

Kaum in unserer WG angekommen, warf ich nur entgegen aller meiner sonstigen Gewohnheiten mein Zeug ins Zimmer, stellte meine geliebte Lady allerdings ordnungsgemäß in ihren Ständer, dann rauschte ich auch gleich wieder zur Wohnungstür hinaus. Kiro und Strify blieb nicht einmal mehr Zeit, mir einen verwunderten Blick hinterher zu werfen.

Schnellen Schrittes machte ich mich auf in Richtung U-Bahn, rannte die Stufen hinunter und hechtete gerade noch durch die sich schon schließenden Türen. Keuchend blieb ich kurz stehen, dann atmete ich einmal tief durch und ließ mich auf einen freien Platz fallen. Vier Stationen, einmal umsteigen, zwei Stationen, ein paar Meter laufen und dann ... dann?
 

Hektisch drückte ich den Klingelknopf, neben dem Luminors bürgerlicher Name prangte. Nicht einmal, nein, ich klingelte Sturm. Verdammt, warum dauerte das so lange? Erneut klingelte ich, diesmal presste ich meinen Finger nur einmal auf den Knopf, allerdings ein paar Sekunden lang.

„Ja?“, kam es leise einen Moment später durch die Gegensprechanlage.

„Lumi, wie geht’s dir?! Ich bin’s, Yu! Lass mich rein!“, sprudelte es aus mir heraus – wenn ich nervös war, sprach ich meistens so schnell, dass mich niemand verstehen konnte, aber das war mir gerade vollkommen egal.

Der Summer ertönte ohne eine weitere Antwort und ich hetzte die wenigen Stufen hinauf. Am letzten Treppenabsatz angekommen, bot sich mir ein wahres Bild des Schreckens: Luminor sah fürchterlich aus.

Wahrscheinlich hatte ich ihn gerade geweckt, denn seine Augen drohten ihm zuzufallen, während er müde in meine Richtung sah, sein Haar war nicht gekämmt, sondern fiel ihm in unordentlichen Strähnen über Schultern und Rücken. Er trug so etwas wie einen Schlafanzug, zumindest sah es nicht so gothic-mäßig aus wie das, was er sonst nur an seinen Körper ließ. Erst dadurch fiel mir auf, wie dünn unser Keyboarder eigentlich wirklich war. Geschminkt war er auch nicht, was wohl seine Augenringe und die leicht hervorstehenden Wangenknochen noch mehr betonte – ich musste in diesem Augenblick zugeben, dass ich ihn noch niemals zuvor ungeschminkt gesehen hatte. Außerdem hing er mehr im Türrahmen, als dass er aufrecht stand.

Atemlos erklomm ich die letzte Stufe und begrüßte ihn mit einer Umarmung.

„Du siehst schlecht aus“, bemerkte ich und sah ihm in die etwas glasigen Augen.

„Nein, es geht schon. Ich bin nur ein wenig müde“, gab er zurück und ließ mich eintreten. Wer Luminor nicht oder nur schlecht kannte, würde wohl meinen, seine Wohnung hätte schwarze Wände und sei voll gestopft mit ausgefallenen Möbeln, inklusive Sarg im Schlafzimmer. Doch das entsprach keinesfalls der Wirklichkeit. Oft war ich noch nicht hier, doch seine Wohnung war hell und gemütlich eingerichtet – natürlich hingen aber im Wohnzimmer und im Schlafzimmer zwei riesige HIM-Poster und ein großes Portrait von der Elisabeth-Sängerin, von der ich mir noch nie den Namen habe merken können. Jedenfalls war sie Holländerin und für meinen Geschmack zu alt. Aber wenn Luminor sie mochte ... ich musste hier ja schließlich nicht leben.

Luminor war vorausgegangen in die Küche, sodass ich mich beeilte, meine Schuhe und Jacke abzulegen und ihm zu folgen.

„Kaffee?“, fragte er, als ich durch die Tür trat, ich nickte. Er trank zwar selbst keinen – er hasste ihn genau genommen – doch hatte er immer ein wenig von dem Gebräu zu Hause, sollte sich mal einer von uns oder seine Mutter bei ihm einnisten.

Während die Maschine vor sich hin gluckerte, ließen wir uns beide am Küchentisch nieder, ich wählte den Platz genau ihm gegenüber, sodass ich ihn eingehender betrachten konnte. Und er war eindeutig nicht nur ein wenig müde.

„Hast du heute schon was gegessen?“, fragte ich in unser Schweigen hinein. Er reagierte nicht, doch das war mir Antwort genug. „Himmel, hast du mal auf die Uhr geschaut?! Es ist fast acht Uhr abends und du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen?! Wie willst du da wieder gesund werden, sag mir das mal!“, fuhr ich ihn an und wäre am liebsten aufgesprungen.

„Ich ... ich hab geschlafen“, sagte er kleinlaut. Es war ungewohnt, ihn so zu sehen, doch das bestätigte mir, dass ihm meine Worte zumindest nicht egal waren.

„Du hast gesagt, du musst sehr drauf achten, dass du ordentlich isst, damit genau so was wie vorgestern nicht passiert – und jetzt das.“ Damit erhob ich mich, schnappte mir meinen fertigen Kaffee und lehnte mich gegen die Spüle. Ich musterte ihn genau, als er sich langsam zu mir umdrehte und mich einfach mit ausdruckslosen Augen ansah.

„Tut mir Leid ... Es ist eben ... schwer. Und ich war so müde“, gab er leise zurück, sein Blick klebte förmlich am Fliesenboden fest. Ich hatte in diesem Moment das Gefühl, würde er noch länger hier sitzen, würde er entweder im Sitzen einschlafen oder einfach wieder umkippen. Da ich weder das eine noch das andere riskieren wollte, stieß ich mich von der Spüle ab, stellte meine Tasse auf dem Tisch ab und zog den überraschten Luminor hoch. Wahrscheinlich kam die Bewegung etwas plötzlich für ihn, da ich spürte, wie er sich für ein, zwei Sekunden an mir festhalten musste, weil ihn augenscheinlich ein Schwindelgefühl übermannte.

„Ab ins Bett, Großer. Ich koch dir in der Zwischenzeit was zu essen. Kann ja schlecht zulassen, dass du nicht richtig gesund wirst.“ Ich ließ es so unbeteiligt wie möglich klingen – etwas anderes hätte schon allein mein Stolz nicht zugelassen.

Keiner Antwort oder gar Widerrede fähig, ließ sich Luminor von mir in sein Schlafzimmer bringen, in dem man deutlich die Spuren einer unruhigen Nacht erkennen konnte: zerwühlte Laken, eine zerdrückte Tablettenschachtel – in der beachtlich viel fehlte – und ein halbleeres Wasserglas auf dem Nachttisch, herumliegende Kleidung. Ein sehr ungewohnter Anblick, denn unserem Ältesten war Ordnung fast so wichtig wie mir. Das konnte nur heißen, dass er es tatschächlich nicht schaffte, sich besonders lange auf den Beinen zu halten.

Vorsichtig ließ ich ihn auf seinem Bett Platz nehmen, er sah mich dennoch ein wenig unsicher an. Fürsorge war er wohl wirklich nicht gewohnt. Wie auch, schließlich war er es sonst immer, der sich um uns kümmerte. Zeit, dass ihm das auch mal zuteil wurde.

Ich bedeutete ihm, dass er sich hinlegen sollte, und war überrascht, wie schnell er meiner Aufforderung nachkam, sich in die Kissen sinken ließ und die Decke bis ans Kinn zog.

„Mach einfach ein bisschen die Augen zu, ich schau in der Zeit, was ich zu essen machen kann.“ Damit ließ ich ihn auch schon allein und verschwand wieder in der Küche.
 

Als ich mit der dampfenden Suppenschüssel wiederkam – besonders viel Essbares und vor allem Nahrhaftes hatte er wirklich nicht im Haus – fand ich ihn schlafend vor. Die Decke war halb auf den Boden gerutscht, bedeckte nur noch seine Lenden und die dünnen Beine. Vorsichtig schob ich die Tabletten und das Glas beiseite und stellte die Suppe auf dem niedrigen Tischchen ab. Ich wollte ihn gerade wecken, doch dann hielt ich mich selbst zurück und entschloss mich, ihn noch eine Weile zu betrachten. Wann würde ich wieder die Gelegenheit dazu haben? Vermutlich nicht in naher Zukunft ...

Ich ließ mich auf die Bettkante sinken, meinen Blick auf sein entspanntes Gesicht geheftet. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig, wahrscheinlich schlief er tief und fest und ihn würde nicht einmal ein Rütteln an seiner Schulter aufwecken. An seiner Schulter ...

Schon hatte sich meine Hand an die weiche Haut seines Halses verirrt, ich lehnte mich ein wenig nach vorn, um mir nicht den Arm dabei auszukugeln. Vorsichtig strich ich zu seiner Schulter hinab und prüfte den Wahrheitsgehalt meiner Vermutung, indem ich ihn leicht anstieß.

„Lumi?“, fragte ich, doch nichts geschah, er bewegte sich nicht einmal. Erneut versuchte ich es, doch er schlief seelenruhig weiter.

Ermutigt durch die ausbleibende Reaktion, machte sich meine Hand aufs Neue selbstständig und streifte nun ein Stück zur Seite, bis sie auf seiner schmalen Brust zum Liegen kam. Deutlich konnte ich seinen Herzschlag fühlen, gleichmäßig und langsam pumpte es das Blut durch seine Adern. Aber auch seine Rippen waren deutlich spürbar, ich konnte sie problemlos zählen, als meine Finger ihre Pfade bis hinab zum Ansatz der Decke zeichneten. Er war so dünn ...

Gedankenverloren starrte ich auf ihn hinab, war so versunken in diesen Anblick, der mich doch eigentlich erschrecken müsste – schließlich war er krank und konnte noch immer einer Kalkwand Konkurrenz machen – dass ich erst aufschreckte als hätte ich einen Stromschlag bekommen, als meine Hand seine nackte Haut berührte. Ohne es richtig mitzubekommen, hatte ich das Shirt ein Stück nach oben geschoben, meine Finger ruhten auf seinem flachen Bauch. Ungläubig starrte ich auf diese Stelle – was, zur Hölle, tat ich hier eigentlich gerade?!

3

sooo ähm ...... das, was nun kommt, steht seit 5. Juni so in der Form da ....... es ist eigentlich für ein kapi viiiiiiel zu kurz und ich wollte ja auch nur drei machen .... aber ich bin mir unsicher, ob ich diese von mir geplante (sich an kapi 3 in diesem fall anschließende) szene wirklich schreiben soll ......... also, wenn ihr das gelesen habt, schreibt mir doch bitte, ob es in der richtung weitergehen soll, oder ob yu abhaut. oki? das würde mir helfen ..........
 

danke allerdings erstmal an meine lieben reviewer *alle knuddel* und an die, die meine story abonniert haben .... und an die schwarzleser, die sich bisher nicht getraut haben, mir ein review zu hinterlassen ;) vielleicht kommt das noch? ich würd mich freuen :)
 

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Noch ein paar Sekunden starrte ich einfach nur reglos vor mich hin, dann zog ich die Hand zurück und schloss einen Moment die Augen.

Nein, Yu, das darfst du nicht, das ist eine ganz schlechte Idee!, sagte ich mir immer wieder in Gedanken. Einmal tief durchatmend schlug ich die Lider wieder auf und sah erneut auf ihn hinab. Er wirkte so friedlich, so entspannt. So ... verführerisch.

„Nein!“ Ein Keuchen entfuhr mir, ich erhob mich ruckartig. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Nicht genug damit, dass es unserem Bandältesten nicht gut ging, nein, nun spielten auch noch meine Gefühle verrückt, die ich doch Tag für Tag so gut es ging im Zaum gehalten hatte. Längst schon hatte ich mir eingestanden, dass ich von Luminor mehr wollte, als seine Freundschaft und Güte, die er jedem von uns entgegen brachte. Ich wollte alles von ihm. Sein schlanker Körper, diese ab und an femininen Bewegungen, seine geheimnisvolle, starke Ausstrahlung ... ich fühlte mich in seiner Gegenwart wie eine hilflose Motte, die nicht anders konnte, als zum Licht zu fliegen, weil es sie so magisch anzog. Luminor war mein Licht, dieses dunkle, faszinierende Licht, auf das ich immer wieder zuflog, ohne es auch nur ansatzweise erreichen zu können. Ohnehin würde es mich gnadenlos verbrennen, käme ich ihm nahe genug.

Doch würde Luminor mich wirklich verletzen, mich abweisen, mich verbrennen, wenn ich versuchte, ihn auf diese Art zu erreichen? Würde er ...?

Er war so wehrlos, so ahnungslos, wie er dort auf seinem Bett lag, die Augen geschlossen und tief versunken in den unendlichen Gefilden des Schlafes.

Vielleicht würde er gar nichts merken, wenn ich ... wenn ich ... – Nein! Unmöglich!

Ich fasste mir an den Kopf, vergrub die Finger in meinen schwarzen Haaren und war nahe dran, vor Wut und Verzweiflung meine roten Extensions herauszureißen. Ich kniff die Augen zusammen, drehte Luminor den Rücken zu und holte ein paar Mal tief Luft.

Verdammt, Yu, du bist hier, um einen Krankenbesuch zu machen! Weil es ihm nicht gut geht! Weil du dir Sorgen machst!, schalt ich mich in Gedanken, grub die Finger noch tiefer in mein Haar. Du darfst dich nicht an ihm vergreifen! Das würde er dir nie verzeihen ...

... und du dir auch nicht!

Ich wirbelte herum, riss die Augen auf. Warum musste das alles auch so verflucht kompliziert sein?! Ich litt wahrlich nicht unter Entzugserscheinungen, was körperliche Liebe anbelangte – schließlich kam mein Ruf als Frauenheld nicht von ungefähr, auch wenn er noch immer übertrieben war – und schwul war ich garantiert nicht, wahrscheinlich nicht mal bi, doch das hier war definitiv etwas anderes. Luminor zog mich einfach an, faszinierte mich, bis ich nicht mehr fähig war, einen klaren Gedanken zu fassen. Normalerweise holte er mich selbst in die Realität zurück, wenn er meinen starren Blick auf sich mit einem sarkastischen Spruch kommentierte und dann dieses typische überlegene Luminor-Lächeln auflegte. Oder ich hatte plötzlich einen Ellenbogen von Strify, Shin oder Kiro in den Rippen, damit ich aus meinen Tagträumen aufwachte. Wenn sie nur wüssten, dass sie dadurch nicht nur mich, sondern auch Luminor gerettet hatten.

Doch nun ... nun war ich allein mit ihm und fand einfach keine Ablenkung. Selbst er konnte mich nun nicht mehr in die Realität zurückholen, würde wahrscheinlich nicht einmal merken, wenn ich ihn jetzt ...

Meine Hand war erneut schneller als mein Kopf und so registrierte ich, wie ich längst über seine Brust strich, zu seinem Bauch hinab und schon mit meinen Fingern unter seinem Shirt verschwand.

Vielleicht würde er es gar nicht merken? Ob er es vielleicht für einen Traum halten konnte? Einen dieser fast real scheinenden Träume, aus denen man verwirrt erwachte und erst nach ein paar Sekunden feststellte, dass alles nicht real gewesen war?

Das wäre die einzige Möglichkeit, mich zu retten. Ich wüsste einfach nicht, was ich tun sollte, würde er nun erwachen und mich ansehen, fragend und verwirrt, vielleicht ein leises „Yu? Was machst du da?“ flüsternd. Ich wüsste es einfach nicht.

Im Moment jedoch wusste ich gar nichts mehr. Eines nur: Ich wollte ihm spüren. Nur dieses eine Mal, jetzt, wo er sich nicht wehren konnte. Jetzt, wo alles vielleicht ein Traum sein konnte.

Mein schlechtes Gewissen schob ich im selben Augenblick von mir, in dem ich die Decke von seinen Beinen zog, mich über ihn beugte und seine Lippen sanft mit meinen verschloss.

Kapitel 4 - Version 1 [P18!!!]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 4 - Version 2 [P16]

KAPITEL 4 - VERSION 2
 

Ich genoss den Kuss, genoss das Gefühl seiner weichen, warmen Lippen auf meinen. Deutlich konnte ich spüren, wie in mir der allerletzte Gedanke an ein Aufhören erstarb, ich war einfach gefangen von ihm, gefangen von seinen Lippen, seit der ersten Berührung süchtig nach seinem Körper.

Nach unendlich vielen aufgeregten Herzschlägen löste ich mich wieder vorsichtig von ihm, betrachtete ihn, wie er noch immer schlafend und so verführerisch vor mir lag, das dunkle T-Shirt entblößte halb Bauch und Brust, diese makellose, fast weiße Haut, dass ich fast glaubte, er wäre nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus kostbarem Porzellan, aus feinster, teuerster Seide geschmiegt in den ebenhölzernen Rahmen seiner langen, weichen Haare.

Ich konnte mich kaum satt sehen an ihm, doch wiederum war meine Hand schneller als meine Gedanken. Schon strich ich ihm den lästigen Stoff seines Shirts fort, sodass es nicht mehr seinen Oberkörper verdecken konnte, meine Fingerspitzen zeichneten feine Linien auf seine Brust, folgten den Pfaden seines Schlüsselbeines, des Brustkorbes hinunter zu seinem flachen Bauch, dann zu seinen Seiten und wieder empor zu seinem Hals, den ich mit Küssen bedeckte. Noch immer schlief er.

Meine Lippen setzten fort damit, die Pfade, die meine Fingerspitzen bereitet hatten, nach zu schreiten und so hauchte ich vorsichtige Küsse auf seine warme, schimmernde Haut. Immer wieder versicherte ich mich durch einen Blick in sein friedliches Gesicht, dass er nicht erwacht war, dann schloss ich meine Augen wieder und setzte mit meinem Tun fort, vorsichtig, zärtlich, ihn voll und ganz genießend.

Kurz schlich sich ein Murren über seine leicht geöffneten Lippen. Sofort hielt ich inne, schreckte zurück, doch er schlief weiter, bewegte sich kaum. Mein Herz jedoch trommelte vor Aufregung auch nach ein paar hektischen Atemzügen noch mit aller Gewalt gegen meinen Brustkorb.

Was tat ich hier nur?! Ich kannte mich doch. Wenn ich einmal begonnen hatte, würde ich es nicht bei ein paar schüchternen Küssen belassen, das hatte ich nie. Nein, ich war schon immer ein Mensch gewesen, der stets bis zum Äußersten gegangen war. Doch ... durfte ich das wirklich auch hier? Konnte ich es überhaupt? Der Druck, der sich langsam in meinem Unterleib aufgebaut hatte, versicherte mir, dass ich es sehr wohl können würde – aber durfte ich es auch? Würde ich Luminor nicht auf ewig verlieren, würde ich nun weitermachen?

Wieder war ich nahe dran, meine Finger in den Haaren zu vergraben, anschließend wie Rumpelstilzchen durch den Raum zu rennen und immer nur „Nein, nein, nein!“ zu brüllen.

Ich wandte mich um, kniff die Augen zu, riss sie allerdings sofort wieder auf und lief ein paar Schritte im Raum herum.

„Hör auf, Yu, hör auf“, flüsterte ich zu mir, selbst meine Stimme schien nicht mehr zu mir zu gehören, so heiser und rau wie sie sich anhörte.

Dann jedoch fiel mein Blick auf eine nur halb geschlossene Schublade der Schlafzimmerkommode. Das ... das konnte doch jetzt unmöglich ... Schon war ich herangetreten und förderte die kleine weiße Tube zutage. Nein, Luminor, tu mir das jetzt nicht an. Nicht so eine indirekte Einladung, nein ...

„Ah, verdammt!“, fluchte ich und warf das Gleitgel von mir, sodass es halb unters Bett rutschte. Verzweifelt lief ich noch einmal im Raum umher, nur um mich daraufhin resigniert wieder aufs Bett an Luminors Seite fallen zu lassen. Ich konnte ihn doch nicht ... das ging doch nicht! Aber nun, da ich es gefunden hatte ... würde ich ihm wahrscheinlich nicht allzu wehtun, wenn ich ... wenn ich ... verdammt!

Luminor hingegen bekam natürlich von dem Krieg, der in mir tobte, nicht das Geringste mit, nein, er drehte sich in diesem Augenblick, in dem ich wieder auf ihn hinab sah, nur ein wenig in eine bequemere Position und wusste überhaupt nicht, was er damit bei mir anrichtete.

Wie sein Haar weich und kaskadengleich über seine schmale Schulter floss, diese langen, schwarzen Wimpern, die im Traum leicht zitterten, die weiße Haut seines Gesichtes, die ihn plötzlich in meinen Augen gar nicht mehr so krank, sondern vielmehr unwiderstehlich erscheinen ließ, seine Hand, die so zufällig an seiner Hüfte ruhte, nur knapp oberhalb seines ...

„Nein!“, rief ich laut und sprang auf. In Windeseile stürmte ich aus dem Schlafzimmer, griff im Flur nach meiner Jacke, streifte die Schuhe über und warf kurz darauf die Wohnungstür hinter mir ins Schloss.
 

Ich rannte. Ich rannte einfach. An zwei U-Bahn-Stationen hetzte ich einfach wie vom Teufel gejagt vorbei, die anderen vier lief ich zwar ebenfalls, doch etwas langsamer. Mir standen Tränen in den Augen, als ich durch die Tür unserer WG hastete, nicht einmal Schuhe oder Jacke auszog, sondern einfach auf direktem Wege in mein Zimmer verschwand. Ich warf die Tür hinter mir ins Schloss, ließ mich, nach Atem ringend, aufs Bett sinken und vergrub meinen Kopf im Kissen. Strify, der wohl im Wohnzimmer gewesen sein musste und mir nun ein besorgtes „Yu?“ hinterher rief, registrierte ich kaum. Nur langsam beruhigte sich mein Herzschlag, allmählich konnte ich wieder normal atmen, doch die Tränen hörten einfach nicht auf.

Ich war so ein Idiot! Was hätte ich noch gemacht, wäre ich nun nicht Hals über Kopf weggerannt?

Ein leises Klopfen an meiner Zimmertür ließ mich auffahren. Schnell wischte ich mir über die Augen und setzte mich auf.

Strify. Mit einem besorgten Gesichtsausdruck lugte er in mein Zimmer, traute sich aber augenscheinlich nicht ganz rein.

„Yu, alles ok?“ Ich zwang mich zu einem Nicken. Strify schien kurz zu überlegen, ob er es dabei belassen sollte, doch er kannte mich – wenn ich nichts erzählen wollte, konnte man sich auf den Kopf stellen und mit den Füßen klatschen, ich sagte einfach nichts. Also entschloss er sich, es dabei bewenden zu lassen. „Wie geht’s Lumi?“

„Er schläft“, antwortete ich monoton, fügte dann aber noch ein „Aber er sah nicht gut aus“ an. Was zumindest in der Hinsicht stimmte, dass er, als ich angekommen war, eher einer wandelnden Leiche als einem echten Menschen geglichen hatte. Doch dann ...

„Na, gut, dann sollten wir vielleicht morgen noch mal bei ihm vorbeischauen“, sinnierte Strify, ließ mich dann aber nach einem „Gute Nacht erstmal, Yu“ alleine.
 

Am nächsten Tag rief Luminor an, doch ich traute mich nicht ans Telefon und so flüchtete ich mich ins Bad. Nach ein paar Minuten klopfte es und ich öffnete zaghaft die Tür.

„Lumi sagt: ‚Danke für die Suppe und den Besuch, Yu’!“, sagte Strify ein bisschen sauer und ging an mir vorbei ins Badezimmer. „Und dass wir uns doch vielleicht morgen zur Bandprobe treffen könnten, er wäre bis dahin wohl wieder auf den Beinen.“

Ich nickte nur mechanisch und hoffte, dass ich mich bis dahin wieder unter Kontrolle haben würde. So etwas durfte ich nicht noch mal riskieren.
 

Auf den Beinen war wohl doch etwas übertrieben. Luminor erwartete uns rauchend vorm Probenraum, er hatte in den letzten zwei Tagen noch mehr abgenommen, das sah man deutlich, auch wenn er sich wieder ordentlich geschminkt und stilbewusst angezogen hatte, doch ich hatte beschlossen, nichts dazu zu sagen. Er war schließlich alt genug – auch wenn ich mir nach wie vor Sorgen machte.

Er sah noch nicht wirklich fit aus, doch er setzte ein Lächeln auf, als wir vier – wir hatten Shin noch zuvor eingesammelt – auf ihn zukamen und die anderen ihn freudig umarmten. Ich stand zuerst nur daneben und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, doch dann kam unser Ältester auf mich zu und umarmte auch mich.

„Danke noch mal für deinen Krankenbesuch, ich weiß das zu schätzen. Aber du hättest mich ruhig wecken können, damit die Suppe nicht kalt wird“, schmunzelte er und wuschelte mir dann durchs Haar. Er wusste, dass ich das hasste und darauf jedes Mal ansprang wie ein Bullterrier auf ein „Fass!“

„Lumi! Du weißt genau, dass ich das hasse!“, zeterte ich und versuchte, meine Haare wieder in Ordnung zu bringen. Er allerdings lächelte nur sein mildes Luminor-Lächeln und schnippte dann den Rest seiner Kippe weg.

„Lasst uns reingehen, nicht, dass wir noch einrosten, wenn wir dank mir ewig nicht zum Spielen kommen“, bestimmte er und schon waren Kiro, Strify und Shin im Probenraum verschwunden. „Du auch“, meinte er und hielt mir die Hand hin, als ich mich einfach nicht von der Stelle rührte.

Zaghaft ergriff ich seine schmale Hand und sofort durchfuhr mich ein warmes Kribbeln. Als er mich auch noch aufmunternd anlächelte, war es ganz vorbei. Ich konnte ihm das nicht antun! Niemals! Lieber würde ich mir die Hände abhacken, als mich je gegen seinen Willen an ihm zu vergreifen und ihn dadurch vielleicht für immer zu verlieren. Und dadurch vielleicht nie wieder dieses unendlich warme, wunderschöne Lächeln zu sehen, das er mir schenkte, während er mich zu den anderen in den Probenraum zog.

„Was für ein Timing“, dachte ich nur in mich hinein lächelnd, als Strify genau in diesem Moment „Silent scream“ übte: „... and we felt there’s more to share ...”
 

[Fragile - Ende.]



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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von: abgemeldet
2010-01-07T18:15:40+00:00 07.01.2010 19:15
Wenn ihrs Wissen wollt in der adult version kann Yu sich NICHT zurück halten ;-) Mehr sag ich nich xD
Von: abgemeldet
2008-12-13T21:24:41+00:00 13.12.2008 22:24
So, jetzt habe ich mir auch diese Fic von dir durchgelesen und wieder bin ich begeistert!
Ich habe ja auch schon davon gehört, dass Lumi umgekippt ist und war überrascht, als ich diese FF von dir fand.
Ein wirklich sehr gut gewähltes Thema, geschrieben mit einem klasse Schreibstil, frei von Rechtschreibfehlern jeglicher Art und nochdazu mit viel Gefühl.

Als Yu da in Lu´s Zimmer war konnte ich ihn mir so richtig bildlich vorstellen. Ich weis nicht, ob ich hätte wiederstehen können.. Okay, ich hab keine Ahnung was in der Adult-Version passiert ist (was ich aber in 4 Jahren und 2 Monaten wissen werde! XD), aber auf jeden Fall scheint er es mehr oder weniger geschafft zu haben, nichts überstürztes zu tun.
Es war etwas Neues für mich, eine FF aus der Sicht von Yu zu lesen und Yu war gut dargestellt - sehr gut sogar!
Ich habe echt nichts zu Kritisieren, da wirklich alles perfekt war, auch das Ende, welches mehr oder weniger offen war.
Ich liebe solche Enden einfach <3

Eine wirklich sehr gute Fanfic! Du darfst stolz auf dich sein! =3

Gez. dat Sasu
Von: abgemeldet
2008-10-08T17:11:11+00:00 08.10.2008 19:11
Ja, ein verletzlicher Yu ..*schwääääääärm* Das war wahsinnig schön....
Du schreibst echt super, vor allem das ende dieses kappi finde ich spitze ;)
Was wohl in der adult- version passiert ? :D
Von: abgemeldet
2008-10-08T16:57:34+00:00 08.10.2008 18:57
Wow, Yu geht ja ganz schön ran :D

Das ist ganz nach meinem Geschmack. Bloss ausdrucken darf ichs net wieder, sonst findets noch meine Mutter xDDDD
Von: abgemeldet
2008-10-08T16:30:54+00:00 08.10.2008 18:30
Ich stimme Bijay vollkommen zu, so ging mir auch !!!

Echt super geschrieben ;)

Aber leider musste ich feststellen, dass es ein adult - kappi geben wir und das kann ich nicht öffnen *schnief*


Na ja ich hoffe auf eine Art Wunder *zwinker* :D

Mach weiter so !!!
Von: abgemeldet
2008-10-08T16:26:25+00:00 08.10.2008 18:26
Waaas ?! LUminor ist echt umgekippt ? Oh gott, das hab ich ja gar nicht mitbekommen O_O

Aber nun zu deiner FF :

Dieses Kappi fand ich mal wieder sehr toll ;)

*Strify, die kleine Diva * :D

Ich werde gleich das nächste lesen :-*
Von: abgemeldet
2008-06-30T12:04:58+00:00 30.06.2008 14:04
Wie ich mich doch gefreut habe das du weitergetippselt hast.
Danke dafür.

Ich finde es schwierig in so einer situation zu sagen wie es nun weitergehen soll.ich denke aber mal du wirst dir schon was einfallen lassen.

yu so verletzlich zu zeigen finde ich auf jedenfall eine gute idee.
Von:  Issyart
2008-06-24T17:09:48+00:00 24.06.2008 19:09
uhi, Yu, mach bloß nix falsches
Bin gespannt wies weiter geht^^

LG issy
Von: abgemeldet
2008-06-19T11:51:33+00:00 19.06.2008 13:51
hi ^^
Ich mag die Story sehr...lass ihn weiter machen, nicht weglaufen ^o^
liebe Grüße <3 Rory
Von: abgemeldet
2008-06-18T20:00:40+00:00 18.06.2008 22:00
O.O
Yu??
lass Luminor doch erst gesund werden!
Dann kannste dich ihm widmen!
GLG Viva<3


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