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Der Teufel in meinem Haus

Eine Sakura-Fanfiction
von

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Sandmänner und Kühlschrank-Affären

„It's kind of fun to do the impossible.“
 

-- Walt Disney
 

***
 

Er war nicht der schlechteste Lehrer auf Erden. Jedenfalls nicht solange Gai noch atmete.
 

Doch als Kakashi Hatake die Kühlschranktür von Naruto Uzumaki mit einem leisem Plopp öffnete, verdammte er sich dafür, versäumt zu haben, seine Schüler in die Grundkenntnisse der gesunden Ernährung einzuweihen. Die Fehler der Vergangenheit holten ihn nun ein und sein Auge begutachtete skeptisch die Lebensmittel, die ‘lebendig‘ genug aussahen, um eine intelligente Unterhaltung mit ihm führen zu können.
 

Kakashi seufzte und fuhr sich ratlos mit der Hand übers maskierte Kinn. Es war drei Uhr in der Frühe. Sein eigener Kühlschrank glich einem Endlager für Biomüll, nachdem er längere Zeit in Sunagakure gewesen war. Die Märkte würden erst in wenigen Stunden öffnen und doch hinderte es Kakashis Magen nicht daran, sich nach etwas Genießbaren zu verzehren.
 

Aber wozu hatte er Schüler, wenn nicht dafür, dass sie ihren hungerleidenden Sensei in Zeiten der Not fütterten? Mit oder ohne ihr Wissen.
 

Er hätte natürlich auch bei Gai klingeln und um die Reste vom Abendessen betteln können - aber ehrlich, wer wollte schon freiwillig riskieren, den Verfechter von Spandex-Höschen in seinem Nachtgewand zu überraschen? Nein, Kakashi war hungrig, aber nicht hungrig genug, um völlige Erblindung und lebenslange Therapie in Kauf zu nehmen.
 

Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich bei Iruka einzuschleichen und dessen Kühlschrank heimlich zu plündern. Aber Iruka war die treue Seele von Konoha. Ihm sein Essen wegzunehmen, war, als würde man kleine Enten in den Teich schubsen. Dann doch schon eher Sasukes Kühlschrank - auf die Gefahr hin, dass Kakashi tatsächlich erblindete, denn der einzige Weg in die Küche des Uchiha-Erben war das Mangekyo Sharingan; und sich wegen ein bisschen Feinkost gegenseitig über den Jordan zu schicken, nein, das konnte er auch einfacher haben.
 

Mit Sakuras Kühlschrank zum Beispiel. Er hatte sich in der Vergangenheit unzählige Male an dem reichlich mit gesunden Lebensmitteln bestückten Kühlschrank der Harunos bedient. Bis zu jener denkwürdigen Nacht, in der Sakuras Mutter mit Morgenmantel, Lockenwickler und obligatorischer Gurkenmaske in die Küche gewankt kam, den Copy Nin über ihre Salatschüssel gebeugt vorfand - und den wohl lautesten, jemals gemessenen Schrei in Konoha ausstieß. Auch wenn die Mutter bis heute beinhart schwor, ein unglaublich attraktiver Kobold hätte sich über ihr Essen hergemacht, so hegte Sakura Haruno zumindest einen kleinen Verdacht über seine nächtlichen Diebstahlaktionen. Sie warf ihm noch heute, Jahre nach diesem Vorfall, seltsame Blicke zu, wann immer er seine Finger nach einem Salatblatt ausstreckte.
 

Zu dumm, dass Sakura nicht mehr bei ihren Eltern wohnte. Kakashi war, wie viele Ninjas auch, überzeugter Vegetarier. Sakura war, nach Tsunades ewiger Gehirnwäsche, zu einer Fleischliebhaberin mutiert. Eine Tatsache, die Kakashi Tränen in die Augen getrieben hatte, als er heimlich vor ihrem Kühlschrank stand und nichts weiter darin fand als Stärke, totes Tier und Ketchup. Und genügend Süßigkeiten, um ganz Konoha unter einer dicken Zuckerschicht verschwinden zu lassen.
 

Ein Jammer, dass der Copy Nin nun auf das angewiesen war, was Naruto Uzumaki in seiner spärlichen Küchennische aufbewahrte.
 

“Mmh, was haben wir denn hier…“ Kakashi stand unschlüssig davor, die eine Hand tief in der Hosentasche vergraben, die andere schob den Inhalt des Kühlschrankes inspizierend hin und her. Sie beschrieb einen großen Bogen um etwas, das einer Explosion auf einem Teller ähnelte und zögerte vor einer klebrigen Sprühdose Schlagsahne neben einer halbleeren Sakeflasche. Kakashi stutzte. Er warf einen misstrauischen Blick über die Schulter auf die unwissende Gestalt im Bett.
 

Naruto Uzumaki grunzte im Schlaf. Der junge Mann war mittlerweile zu groß für sein Bett und die langen Beine, die in einer Pyjamahose steckten, aus der er herausgewachsen war, baumelten über den Rand der Matratze. Hingebungsvoll umarmte Naruto sein Kissen, als wäre es Konohas Sexbombe Nummer eins. Und auf dem Nachtschrank lag eine Ausgabe von ‘Kunoichi’s Secrets’ - ein Reizwäschekatalog.
 

Kakashi seufzte schwer. “Kinder heutzutage werden so schnell erwachsen.“, sinnierte er flüchtig, ehe er mit unerschütterlichem Gleichmut seinen nächtlichen Beutezug fortsetzte. Wer war er schon, dass er sich ein Urteil erlauben konnte? Es überraschte ihn nur hin und wieder, wenn er zufällig über die unvermeidlichen Beweise der voranschreitenden Zeit stolperte.
 

Naruto hatte jetzt eine feste Freundin. Sasuke hatte keine Freundin, aber die Wege der Sharinganträger hatten sich vor einigen Monaten in Konohas Vergnügungsviertel gekreuzt. Kakashi und Sasuke hatten sogar die Nerven bewiesen, sich zusammen an die Bar zu setzen und über Sasukes Trainingsfortschritte zu philosophieren, ehe sie dann, jeder mit einer Frau am Arm, in die Hinterzimmer verschwunden waren. Man konnte wohl nichts anderes erwarten von jemanden, der erst bei dem Copy Nin und dann bei Orochimaru in die Lehre gegangen war, genauso wenig wie man Naruto sein Verhalten ankreiden konnte, wo er doch von Konohas größtem Perversling quasi vom Fleck weg adoptiert worden war.
 

Zum Glück gab es ja noch Sakura, die die Ehre von Team 7 hochhielt. Die kleine, unschuldige Sakura. Keine Skandale, keine Gerüchte, nichts Verwerfliches. Sollte Kakashi jemals das Zeitliche segnen und er müsste am Tor zum Himmel anklopfen, dann wäre das Mädchen seine Eintrittskarte. Er hatte im Leben eine Menge Fehler begangen, aber sie zu Tsunade gehen zu lassen, war definitiv eine seiner wenigen lobenswerten Entscheidungen.
 

Kakashi langte nach einem Glas sonnengetrockneter und in Olivenöl eingelegter Tomaten. Er schaute nach dem Haltbarkeitsdatum und vergewisserte sich, dass das Glas nicht vom Vormieter aus Versehen vergessen worden war. Dann fischte er aus dem Brotkorb ein Baguette. Sein Blick blieb anschließend auf dem schnarchenden, von seinem Besucher ahnungslosen Naruto haften.
 

Ein schöner Ninja war er, der er sich im wahrsten Sinne des Wortes die Butter vom Brot stehlen ließ. Kami-sama stehe Konoha bei, sollte er jemals Hokage und somit Hüter der Geheimnisse des Dorfes werden, denn Naruto hatte die Auffassungsgabe eines Hamsters.
 

Eines Hamsters, der in ein paar Stunden Nudelsuppe schlürfen und sich dabei wundern würde, woher der ganze Kies in seinem Zimmer kam. Kakashi hatte seit Wochen keinen Wasserstrahl mehr abbekommen und er trug soviel Sunadreck mit sich herum, dass sogar das Sandmännchen die Nase mit Abscheu über ihn rümpfen würde.
 

Leises, gedämpftes Lachen ertönte im Raum, ehe Kakashi Hatake mit einem Plopp verschwand.
 

***
 

Etliche Stunden und einen ausführlichen Besuch im Badehaus später, erschien Kakashi mit einer Rauchwolke aus dem Nichts vor der Bürotür der Hokage zu seinem üblichen Antrittsbesuch- und bescherte damit den beiden ANBU-Wächtern den Schock ihres Lebens. Binnen eines Wimpernschlages hatten sie Kunais gezückt, um den Eindringling unter Einsatz ihres Lebens zurückzuschlagen. Die Kunais in den Händen sanken, als sie erkannten, wer vor ihnen stand.
 

“Verdammt, Hatake! Kannst du nicht wie jeder normale Mensch die Vordertür benutzen?!”, knurrte einer der beiden maskierten Wächter.
 

Kakashis Auge kringelte sich leicht erheitert. “Wer auch immer behauptet hat, ich wäre normal.”
 

“Scheiße man, du und deine verdammte Jutsu-Freak-Show können einem echt auf den Sack gehen. Ich hab mir beinahe in die Hose geschissen.” Der Mann mit der hölzernen Kaninchenmaske knurrte weiter und steckte sein Kunai in den Halfter zurück. Sein Name war Isamu Goro und er war nicht nur ein Kollege von Kakashi, sondern auch ein langjähriger Kneipenkumpel. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite der Tür, stand ein junger ANBU mit einer Falkenmaske. Er kannte Kakashi nicht von den abendlichen Frustbesäufnissen, sondern nur von den unzähligen Legenden, die um den berühmten Copy Nin kursierten. Aus diesem Grunde schien er trotz Maske sichtlich eingeschüchtert. “S-sir, Sie sollten nicht in diesem T-ton mit Hatake-sama sprechen!”

Außerdem schien er gerade eben dem Stimmbruch entschlüpft zu sein.
 

Kakashi blickte ihn abschätzend an. “Wie alt bist du, Junge?”
 

“Nicht alt genug, um mit dir einen trinken zu gehen … wenn es das ist, was du meinst.”, antwortete Isamu für ihn. Sogar unter der Maske konnte Kakashi das breite Grinsen seines erfahrenen Kollegen sehen.
 

“Nah, vergiss es - ich werde in ein paar Jahren noch mal fragen.” Dass hieß natürlich, wenn der Junge bis dahin noch am Leben war, wie Kakashi bitter dachte. Er trat auf die große Holztür zu. “Ich nehme an, die Hokage ist im Büro?”
 

“Ja. War’n ruhiger Tag bisher”, informierte Isamu ihn und klopfte an der Holztür an, bevor er sie gänzlich öffnete. Als Kakashi den Wächter passierte, lehnte der sich vor. “Tu mir ‘n Gefallen und piss sie nicht wieder an!”
 

Kakashi schenkte ihm ein harmloses Lächeln. Vergebens. Einem Ninja mit der tödlichen Effizienz eines Sezierskalpells kaufte man die Unschuldsnummer nicht ab. Deshalb legte Kakashi nach: “Ich komme gerade von einer zweimonatigen Suna Wüstenmission. Keine Sorge, ich habe nicht vor, ihr einen Grund zu geben, noch einmal drei Monate hinten dran zu hängen.”
 

Isamus massig muskulöser Körper schüttelte sich. “Ach, Scheiße, Suna. Is ’ne verdammte Sandburg um die Zeit. Möchte ich jetzt auch nich’ sein. Die armen Scheißhunde dort tun mir leid.”
 

Der ANBU traf mit seiner Aussage den Nagel auf den Kopf. Sunagakure war um diese Jahreszeit der ungemütlichste Ort auf Erden, wo man sich nur aufhalten konnte. Die herbstlichen Sandstürme machten jeden Schritt in freier Natur zur Qual. Der Sand kroch in alle Körperritzen. Stundenlang war man am Tag damit beschäftigt, die Waffen von den kristallscharfen Körnern zu reinigen. Man konnte kaum sehen, wohin man trat und selbst in den Häusern legte sich der Sand wie eine dicke Staubdecke auf alles, was sich nicht bewegte. Kakashi stellte keine hohen Lebensansprüche, aber in diesem besonderen Fall war er froh, wieder zu Hause zu sein.
 

Mit den Händen in den Hosentaschen vergraben, trat er in das Büro der Hokage ein.
 

Tsunade sah mit erhobenen Brauen und einem schnellen Lächeln auf. “Hast du wieder meine Wachen terrorisiert?”
 

“Nur einen, Hokage-sama”
 

Sie rollte mit den Augen. “Willkommen daheim. Ich hoffe, du hast dir wenigstens am Tor die Füße sauber gemacht und nicht die halbe Wüste in mein Dorf geschleppt.”, neckte sie.
 

Kakashi zog die Hand aus der Tasche und Tsunade sah irritiert zu, wie ein kleiner Sandhaufen auf ihren geliebten Teppich fiel. Er fischte den schriftlichen Missionsbericht aus seiner Weste und ließ das zerknitterte Papier mitsamt einem weiteren Haufen Sandkörner auf den Schreibtisch segeln. “Negativ, Hokage-sama. Dafür habe ich Sunas Sandkasten sauber gemacht und die vermeintlichen Seidenhändler als Spione von Otogakure enttarnt.”
 

“Tote?”
 

“Sieben. Keine Zivilisten. Die Mission war erfolgreich und ich bin heute nach Mitternacht, ohne Zwischenfälle, zurückgekehrt.”
 

“Mitternacht, hm? Es ist jetzt elf Uhr. Aber wie ich sehe, hast du dennoch nicht die Zeit gefunden, deinen Waschsalon aufzusuchen.” Ungehalten starrte sie auf den Dreck, den ihr Shinobi an Ort und Stelle hinterließ.
 

Kakashi zuckte mit den Schultern. “Nein, Hokage-sama. Ich war der Ansicht, Sie wollten den Bericht so schnell wie möglich haben, nachdem mich Ihr Bote halbnackt aus dem Badehaus geschliffen hat.”
 

Tsunade schmunzelte. “Hat er das? Klingt, als hätte ich heute ein paar weiblichen Badegästen den Tag versüßt.”
 

“Oder verdorben, wie man‘s nimmt.”
 

“Deine Bescheidenheit - in allen Ehren - ist manchmal zum Davonrennen, Kakashi. Ich schwöre, als ich in deinem Alter war, da-”, Tsunade bremste sich gnädigerweise selbst. “Nein, das erzähle ich dir lieber nicht.” Sie begann, den üblichen Berg Papiere auf ihrem Schreibtisch umzusortieren. Sie fand, wonach sie suchte und hielt eine Schriftrolle in der Hand. “Es ist richtig, ich wollte dich sprechen. Aber nicht der Mission wegen. Sondern privat. Ich habe da etwas für dich.”
 

Ihr Lächeln war geheimnisvoll.
 

***
 

„Somewhere, something incredible is waiting to be known.“
 

- - Carl Sagan
 

***
 

Die Wüste Suna war vielleicht doch kein so übler Ort, dachte Kakashi ein paar Minuten später. Natürlich, die Hitze konnte einem das Blut zum Kochen bringen und den Verstand rauben. Die Sandstürme waren nicht weniger schmerzhaft als eine verrostete Stahlbürste. Es bestand die leise Gefahr einer qualvollen Dehydrierung und dass sein Gerippe am Ende von einem Haufen drittklassiger Suna-Möchtegern-Shinobis gefunden wird, dennoch fand Kakashi diesen Ort im Moment um Längen attraktiver als Konoha.
 

Teufel, sogar die Hölle mit all ihren Schwefelfeuern war attraktiver als Konoha und Kakashi starrte grübelnd zum Fenster hinaus, über die Häusersilhouette hinweg und überlegte scharfsinnig.
 

Seine Finger, die in schwarzen Lederhandschuhen steckten, zerknitterten die Hiobsbotschaft in Form von schwarzer Tusche auf weißem Papier. Kakashi hatte schon öfters schlechte Nachrichten erhalten. Als legendärer Copy Nin, der in mehr Kämpfe verwickelt worden war als er zählen konnte, gehörten schlechte Nachrichten zu seinem Berufsalltag. Ganz gleich, ob Kyuubi vor den Stadttoren rumlungerte, oder Orochimaru, oder die gefährlichste Bande Shinobis, die je auf diesem Boden gewandelt war, er blieb grundsätzlich ruhig und ließ die Nachricht in sein Bewusstsein sacken - und sah dann neugierig zu, wie seine Kameraden reihenweise durchdrehten, die Wände hochgingen und eilig ihr Testament kritzelten. Kein Grund zur Panik. Jedenfalls nicht für ihn, der schon alles gesehen und erlebt hatte und den nichts mehr aus den Sandalen kippen lassen konnte.
 

Um so erstaunter war Tsunade, dass der unerschütterliche Kakashi Hatake ausgerechnet jetzt vor ihrem Schreibtisch plötzlich sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte und allgemein den Eindruck erweckte, als würde er jeden Moment die Flucht nach hinten antreten wollen. Mit der Maske und dem Stirnband über seinem Sharingan sah Kakashis Gesicht so passiv wie eh und je aus, doch Tsunade müsste taub sein, um das Zähneknirschen zu überhören, und blind, um das Zucken in seinen Zehen zu übersehen.
 

Die Hokage kämpfte gegen den Drang an, nach Shizune zu pfeifen und s o f o r t eine Kamera holen zu lassen. Es war einfach zu ulkig. Ohnehin war es selten, dass Kakashi einen persönlich adressierten Brief erhielt. Wenn, dann waren es Morddrohungen gedemütigter Shinobis, die das Pech hatten, dem Copy Nin über den Weg gelaufen zu sein. Oder die neusten Werbebroschüren der Waffenhändler. Noch nie während Tsunades zehnjähriger Amtszeit hatte Kakashi tatsächlich Post bekommen. Von einem zivilisierten Wesen geschrieben, ohne die üblichen Anschuldigungen und Schadensersatzforderungen, sondern beginnend mit einem netten ‘Hallo, wie geht es dir? Lange nichts mehr von dir gehört.’ bis hin zu ‘Halt die Ohren steif, Kleiner.’
 

Zugegeben, es war die pure Sensationslust gewesen, die Tsunade dazu getrieben hatte, Kakashi in ihr Büro zu rufen, damit er den mysteriösen Brief unter ihren Augen öffnen konnte. Der Inhalt war ihr längst vertraut. Kein Brief verließ oder kam nach Konoha, ohne vorher gründlich vom Sicherheitsdienst untersucht worden zu sein.
 

Und als Kakashi den Brief entrollte, konnte er sicher sein, dass das Papier ihm nicht um die Ohren flog.
 

Die Explosion war anderer Art. Sie erfolgte in seinem Inneren. Die Worte sprangen ihm ins Gesicht, wurden scharf eingezogen und traten in seinem Bauch ein Gefühl los, das zu fühlen der Shinobi schon lange nicht mehr in der Lage gewesen war: Beklommenheit.
 

Was folgte, war die kühle Kalkulation eines Mannes, der gewohnt war, seine Gegner in einem Nahkampf auszuschalten. Er fragte sich, wie die Chancen standen, dass seine Großmutter ohne einen hinterhältigen Gedanken nach Konoha käme. Er berücksichtigte dabei, dass diese Frau eine waschechte Hatake war und Hinterhalte genauso zu ihrem Steckenpferdchen zählten wie zu seinem - und er kam nur zu einem Schluss:
 

“Das war’s”, brummte Kakashi durch seine Maske hindurch, “mir bleiben noch vier Stunden, um meine Haare zu färben, den Namen zu ändern und auf einen anderen Kontinent zu flüchten. Vielleicht findet sie mich dann nicht.”
 

Tsunade schüttete sich aus vor Lachen. Es war ein lautes brüllendes Lachen, das tief aus der Kehle kam und jeden Nuke Nin mit Stolz erfüllt hätte. “Wenn das ein offizieller Antrag war um eine Aufnahme in unser Zeugenschutzprogramm, dann betrachte dich hiermit als abgelehnt.”
 

Kakashi blickte der Hokage fest in die Augen. “Es muss nicht gleich das Zeugenschutzprogramm sein, Hokage-sama. Eine Mission am anderen Ende der Welt würde mir auch genügen.”
 

“Wie der Zufall es will, habe ich tatsächlich eine B-Rank-Mission auf meinem Schreibtisch zu liegen, die sehr viel diplomatisches Geschick und Taktgefühl erfordert; am sprichwörtlichen Arsch des Kontinents liegt -”
 

Kakashis Hoffnungen stiegen in den Himmel.
 

“- und die ich bereits an Naruto vergeben habe.”
 

Die Hoffnungen fielen mit einem Klatscher auf den Boden zurück. Dann wiederum, Naruto und diplomatisches Geschick? Das hörte sich für Kakashi eher nach einem politischen Eierlauf an, wobei Tsunade den Löffel mit dem Ei in die Hände eines wandelnden Vulkans gedrückt hatte. Einen Vulkan randvoll mit heißer Kyuubi-Magma.
 

Kakashi blieb stumm. Es lag nicht in seiner Kompetenz, die Hokage offen zu kritisieren.
 

Sein Gegenüber schmunzelte aber kurz und schlug die Beine übereinander. “Ich weiß genau, was hinter deiner Stirn vorgeht, Kakashi. Selbstverständlich habe ich Uzumaki die Mission nicht allein anvertraut. Uchiha wird ihn begleiten.”
 

“Ah.” Genau das Richtige, was ein Vulkan brauchte, jemand, der ihn zum Brodeln brachte.
 

“Und Jiraiya. Damit die zwei sich nicht gegenseitig die Schädel einschlagen”, setzte Tsunade hinterher.
 

“Eine weise Entscheidung, Hokage-sama.” Und obendrein völlig überflüssig. Drei Männer führten einen Job aus, den er allein erledigen konnte. Kakashi ahnte, worauf es die Hokage abgesehen hatte, und der Gedanke bereitete ihm Magenschmerzen.
 

“Dir dürfte doch klar sein”, betonte Tsunade, “dass ich um keinen Preis der Welt verpassen würde, wenn sich d e i n e Großmutter zu einem Besuch in Konoha ankündigt.” Mit engelsgleichem Lächeln sah sie ihn an. “Und wenn ich dafür das halbe Ninja Korps auf Mission schicken muss, damit du zu Hause bleiben kannst, ich würde es ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf nehmen. Ich habe nämlich so eine kleine Ahnung, dass es amüsant werden wird. Kakashi Hatake und seine geliebte Großmutter. Hoffentlich erinnerst du dich an deine gute Kinderstube und holst die alte Dame pünktlich von der Bootsanlegestelle ab.” Dann, mit einem sehr breiten Grinsen im Gesicht, bei dem Kakashi anfing sich zu fragen, ob die Frau zwei Hörner unter ihrer blonden Mähne versteckt hatte und wo der Dreizack abgeblieben war, hatte sie doch tatsächlich den Nerv zu fragen:
 

“Treffen die Gerüchte eigentlich zu, dass sie bei ihrem letzten Besuch versucht hat, dich mit einer wildfremden Frau zu verheiraten?”
 

Stille.
 

Dann ein frustrierter Laut.
 

Das Aufstöhnen folgte einer unangenehmen Erinnerung. Kakashi würde es nicht sobald vergessen, wie er als 18jähriger versucht hatte, der krankhaften Besessenheit seiner Großmutter auszuweichen. Damals hatte die alte Frau sich in ihrem original Hatak’schen Querschädel eingeredet, ihr einziger Enkel müsse unbedingt heiraten und Kinder in die Welt setzen. Die gefallene Fackel der Familie wieder aufheben und voller Stolz weiter tragen. Kakashi hielt das für ausgemachten Schwachsinn.
 

Eine Einstellung, von der er bis zum heutigen Tag keinen Millimeter abgerückt war. Eher rangerückt und festgeklebt.
 

Doch die Erinnerung, gepaart mit symbolischem Hochzeitsglockengeläut in seinem Kopf, ließ Kakashi an die Stirn fassen und die Schläfen reiben, als würde ein lästiger Kopfschmerz in den Startlöchern bereit stehen. Kami-sama erbarme sich seiner, nur er wusste, die einzige dauerhafte Beziehung, zu der Kakashi Hatake jemals in der Lage gewesen war, war die zwischen ihm und einem Stück gepresster Baumrinde - mit dem wohlklingenden Namen Icha Icha Paradise darauf. Alles andere unterlag seiner ‘So effektiv wie möglich’ - Lebensphilosophie. Und flüchtige Bekanntschaften zum Stillen humaner Bedürfnisse waren effektiver als schwierige - mit Reden und Erklärungen verbundene - Partnerschaften.
 

Außerdem konnte Kakashi sich noch nie mit dem Gedanken anfreunden, nachts um seine Bettdecke zanken zu müssen. Das letzte Stück vom süßem Rote-Bohnen-Kuchen würde er auch nur nach einem verlorenen Martial-Art-Kampf herausrücken. Keine Idealvoraussetzungen.
 

Wann würde seine Großmutter das endlich akzeptieren und die Shuriken ins Korn werfen?
 

Tsunade schüttelte leicht amüsiert den Kopf angesichts Kakashis Reaktion und erinnerte sich ihrer Pflicht als Mutter der Schäfchen. In Windeseile zauberte sie die nötige ‘Medizin‘ aus der Schublade hervor.
 

Der Copy Nin trat an den Schreibtisch heran und langte nach dem von der Hokage reichlich aufgefülltem Sakeschälchen. Ein schneller Griff unter die Maske und die helle Flüssigkeit rauschte seine Kehle hinunter. In einem einzigen Zug.
 

“Ich schätze, das bedeutet wohl Ja”, schlussfolgerte Tsunade und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln.
 

Der nicht verdeckte Teil von Kakashis Stirn legte sich in Falten, als er das Glas auf den Tisch stellte und Tsunade wortlos seiner unausgesprochenen Bitte Folge leistete und nachschenkte. “Hokage-sama, meine Großmutter ist keine schlechte Frau”, begann er mit rauer Stimme, “sie treibt mich nur in den Wahnsinn mit ihrem ständigen Gerede von Heirat und den üblichen Traditionen.”
 

Tsunade verkniff sich ein Grinsen. Da stand er, der berühmt berüchtigte Copy Nin Hatake Kakashi - der personifizierte Alptraum des Bösen. Wenn Nuke Nins hörten, dass er in ihrer Stadt war, dann gab es mehr Seppuku und Kehle durchschneiden als auf einer Akatsuki-Party, zumindest, wenn man dem Bingo Buch glaubte. Tsunade fand das irre witzig. Sie konnte den abgebrühten Kakashi ans andere Ende der Welt schicken, in die Eiswüste, in den Dschungel, in ein gottverdammtes Wespennest und er zeigte keine Regung, sondern nahm gehorsam jede Mission an. Nun offenbarte sie ihm, seine Großmutter sei auf dem Weg nach Konoha und er leerte bereits sein zweites Schälchen Sake in einem Zug.
 

“Den üblichen Traditionen?” Neugierig griff sie seine Worte auf.
 

“Sie wissen schon, den Kram, den Jiraiya in seinen Meisterwerken weglässt.”
 

“Oh, eine glaubwürdige Handlung.“
 

Kakashis Augenbraue zuckte pikiert. “Junkos Abenteuer sind absolut glaubwürdig, Hokage-sama.”
 

Tsunade schnaubte, was sich verdächtig nach “totaler Realitätsverlust” anhörte, ehe sie sich zu einer Antwort herabließ. “Dann meinst du wohl Liebe und Romantik. Harmonie. Wahre Gefühle. Solche Traditionen?”
 

“Schmalz.”
 

“Ah, und deine Großmutter ist eine hoffnungslose Romantikerin, die ungefragt Leute miteinander verkuppelt, verstehe ich das richtig?”
 

Ein gequältes Lächeln zeichnete sich unter Kakashis Maske ab. “Da ist die Fliege mit dem Kunai an den Baum genagelt. Und ich werde ihr nächstes Opfer sein, Hokage-sama. Wieder. Sie weiß einfach nicht, wann sie eine Schlacht verloren hat.”
 

“Stur ist sie also auch noch, hm? Aber etwas anderes kann man wohl nicht von der Frau erwarten, die den ’White Fang von Konoha’ geboren und den Copy Nin von Konoha großgezogen hat. In diesem Fall denke ich, dass sie sich ausgezeichnet mit Haruno-chan verstehen wird.”
 

“…”
 

“Haruno-chan, Kakashi.”, seufzte die Hokage. “Mein bester Medical Nin. Die Frau, die dir vor zwei Jahren das Leben rettete, als sie dich mehr tot als lebendig von einem Schlachtfeld aufgesammelt hat. Sakura-chan, deine süße, kleine Schülerin, erinnerst du dich?”
 

Kakashi schloss für einen Moment die Augen. “Ich weiß, wer Sakura ist, Hokage-sama. Ich bin 34 Jahre alt, aber nicht senil.” Er trat von einem Fuß auf den anderen. “Ich halte es nur nicht für eine besonders gute Idee, sie mit meiner Granny bekanntzumachen. Ich hab gehört, was Sakura mit Naruto und der kleinen Hyuuga angestellt hat. Sollten die zwei Frauen sich jemals über den Weg laufen, ist am Ende des Besuches meiner Großmutter die eine Hälfte von Konoha mit der anderen verheiratet.” Er räusperte sich kurz. “Mich natürlich ausgeschlossen.”
 

“Und mich.”
 

“Dessen bin ich mir nicht so sicher, Hokage-sama.”
 

Tsunade verschluckte sich heftig an ihrem Sake.
 

Kakashi kratzte sich träge hinterm Ohr. “Sie kennen meine Großmutter nicht, Hokage-sama. Manche Leute sagen, als sie geboren wurde, hat Amor frustriert seinen Schreibtisch geräumt.”
 

“Tz, und als ich geboren wurde, hat Aphrodite eingepackt. Jetzt male nicht gleich den Teufel an die Wand, Kakashi, sonst muss ich deiner Großmutter noch ein Einreiseverbot erteilen.” Sie lächelte beschwichtigend. “Du weißt aber schon, was man über zwei Ninjas in einem großen Wald sagt.”
 

Seine Hand fuhr müde über das maskierte Kinn. “Was? Dass sie sich eher früher als später über den Weg laufen?”
 

“Hm-mm. Dass Gleiches sich immer gern zu Gleichem gesellt.”
 

In mehrerer Hinsicht.
 

***

Familienbande - oder warum man immer ein Schlauchboot im Gepäck haben sollte

„I may not have gone where I intended to go, but I think I have ended up where I intended to be.“
 

- - Douglas Adams
 

***
 

Es war ein seltsames Bild, das sich etliche Kilometer von Konoha entfernt auf einer staubigen Landstraße abspielte. Ino Yamanaka zog schwitzend und keuchend einen voll beladenen Handkarren hinter sich her, während Sakura Haruno, mit dem Gesicht in einem medizinischen Fachjournal vergraben, vorweg lief und sich bemühte, Inos Schimpfen zu ignorieren.
 

Es war nur fair, sie den Karren nun ziehen zu lassen, nachdem Sakura ihn seit den frühen Morgenstunden allein durch die Landschaft gezerrt hatte.
 

Die zwei jungen Frauen hatten die letzten Wochen im Land der Gräser verbracht. Eine Gegend, die für ihre ausgeprägten Steppen und trockenen Sommermonate bekannt war. Der Herbst jedoch strotzte vor Niederschlägen und die Böden waren mit ungewöhnlich mineralischen Anteilen angereichert, so dass im Land der Gräser um diese Jahreszeit seltene Heilkräuter zu finden waren.
 

Der botanische Ausflug der jungen Frauen wurde mit Säcken voller wertvoller Pflanzenextrakten und getrockneter Blätter und Blüten belohnt, die Sakura und Ino sorgsam verpackt auf dem Handkarren verstaut hatten. Sie hätten ihre Beute auch mit einem Sealing Jutsu belegen und dann in der praktischen Größe einer Erdnuss und dem Gewicht einer Tonne in ihren Rucksäcken verstauen können. Dummerweise hatte die Beute die lästige Eigenschaft, ihren Trägerinnen die Sinne zu vernebeln, so dass Sakura und Ino sich regelmäßig einem Drogenrausch nahe fühlten, sobald sie die Rucksäcke länger als zwei Stunden auf dem Rücken trugen.
 

Aus diesem Grunde griffen sie auf einen altbewährten Karren zurück und achteten stets darauf, den kühlen Herbstwind nicht im Rücken zu haben.
 

Als Ino zum 78zigsten Male an diesem Tag deshalb Staub ins Gesicht gepustet bekam und ihr die Augen brannten, hatte sie die Nase gestrichen voll.
 

Sie ließ die Zugstange auf den Boden plumpsen. “Ich hab’s satt. Ich will nicht mehr.”
 

Ohne ihren Schritt zu verlangsamen oder von ihrem Journal aufzuschauen, erwiderte Sakura: “Wir sind hier nicht bei ‘Wünsch dir was’, Ino-pig. Zieh weiter!”
 

Ino kochte innerlich. Die selbstgefällige Art ihrer Freundin hing ihr mindestens genauso zum Halse heraus wie der Dreck und der schwere Karren, deshalb stemmte sie die Hände in die Hüften und machte ihrem Ärger Luft. “Von wegen. Du hast mir gar nix zu sagen. Zu deiner Information, ich lasse mich nicht von einer Zicke mit überbreiter Alienstirn, die Ufos als Landebahn benutzen können, vorschreiben, was ich zu tun habe!”
 

Sakura zuckte nicht einmal an. “Doch, das tust du.”
 

“Nein, tue ich nicht!”
 

“Und ob”, erwiderte Sakura ruhig.
 

“Seit wann?”
 

“Seitdem ich Jounin bin und du immer noch eine Chunin. Und als deine Vorgesetzte und Ranghöhere befehle ich dir, zieh den Wagen, pig.”
 

“Miststück!”
 

“Der Wagen, pig.”
 

Ino stampfte mit dem Fuß auf und wünschte sich sehnlichst, Haruno möge über ihre eigene Arroganz stolpern und sich die Nase brechen. Blaue Augen weiteten sich entsetzt, als Ino erkannte, dass ihr Wunsch womöglich früher in Erfüllung ging als gedacht. Unmittelbar vor Sakura auf der Straße tat sich ein Loch auf, das wahrscheinlich den einen oder anderen Pferdewagen zum Umkippen gebracht und unaufmerksame Wanderer, die ihre Nase in Bücher vergraben statt ihre Augen auf die Unebenheiten der Straße gerichtet hatten, einen schmerzhaften Fußknicker beschert hatte.
 

Ino biss sich auf die Lippe. Jeden anderen hätte sie gewarnt, sooo gemein war nicht einmal sie, aber das hier war Sakura Haruno - Oberpute vom Dienst und Wunderheilerin von Konoha. Ein kleiner Dämpfer würde ihrem Ego gut tun. Sie nicht zu warnen, war für Ino eine Art Freundschaftsdienst.
 

Sakura steuerte geradewegs auf das Loch zu. Ino hielt die Luft an. Zur Überraschung der blonden Kunoichi, tat Sakura einen Ausfallschritt zur Seite, wich dem Loch aus, ohne auch nur einmal von ihrem Journal aufgesehen zu haben.
 

Ino sah dem Manöver verblüfft zu. Sie griff nach der Zugstange vom Karren und hatte mit ein paar schnellen Schritten ihre Freundin eingeholt. Blaue Augen betrachteten neugierig das Profil der rosahaarigen Medical Nin.
 

Früher im Kindergarten und auf der Akademie hatten die Jungs und Mädchen Sakura wegen ihrer unmöglichen Haarfarbe, ihrer breiten Stirn und der seltsamen grünen Augen aufgezogen. Dieselben Jungs und Mädchen hatten Ino um ihre langen blonden Haare und ihre blauen Augen beneidet. Ino wusste, dass sie hübsch war, sie hatte schließlich Zugang zu mehreren Spiegeln im Haus, aber es blieb ihr auch nicht verborgen, dass sich im Laufe der Jahre ‘rosa und grün’ von merkwürdig zu außergewöhnlich schön entwickelte, und ‘blond und blau’ hingegen zu durchschnittlich hübsch abgestempelt wurde. Nicht, dass sie ihrer Freundin so etwas jemals ins Gesicht sagen würde. Eher würde Ino sich ein Bein ausreißen und sich selbst damit verprügeln.
 

“Weißt du, an wen du mich gerade erinnerst?”, bemerkte die blonde Kunoichi.
 

“Mm?”
 

“Kakashi-sensei.”
 

Sakura blieb plötzlich stehen und senkte ihr Journal. Grüne Augen starrten fragend zurück.
 

“Na, ständig hast du deine Nase hinter einem Buch versteckt. Und trotzdem stolperst du nicht.” Ino griff mit der freien Hand nach dem Journal. “Nein, kein Porno.”, sagte sie nach eingehender Betrachtung. “Aber das wäre auch 'ne Nummer zu heftig.”
 

Sakura schnappte sich ihr Journal zurück. “Du hast echt einen an der Waffel, pig.”
 

“Und du hast Beine wie ein abgemagertes Hühnchen, forehead-girl.”
 

Rosa lackierte Fingernägel krallten sich eisern in das Journal.
 

Ino begann zu überlegen, was einen Blick zum Himmel erforderte. “Mal ehrlich, was soll eigentlich der Scheiß mit Kakashis Maske? Ist der Mann wirklich so hässlich? Ich meine, was könnte so grauenhaft an seinem Gesicht sein, dass er es vor dem Rest der Menschheit verstecken muss?”
 

“Das frage ich mich schon seit Jahren”, antwortete Sakura leichthin, ihre Augen wieder fest auf das Magazin gerichtet und die Füße im Gleichschritt.
 

Ino folgte ihr mit dem Karren. “Und dann ist da noch seine perverse Obsession. Wie kann er nur rumlaufen und sich mitten in der Öffentlichkeit diese Pornoheftchen reinziehen? Denk doch nur mal daran, was da drin steht!”
 

“Ich versuche nicht daran zu denken, pig.”
 

“Ich weiß, dass der Autor einer von den großen Sannin ist, aber Hand aufs Herz, der Schund, den er schreibt, ist widerwärtig und abstoßend. Ich würde lieber sterben, bevor mich jemand mit diesem Schmuddelkram erwischt.”
 

Sakura rollte mit den Augen.
 

Ino steigerte sich rein, wie immer, wenn sie ein neues Lästerthema aufgriff. In den vergangen Wochen war sie methodisch über Konohas ehrwürdige Ninja hergezogen. Jetzt bekam scheinbar auch Sakuras ehemaliger Sensei seinen Senf ab. “Die Handlungen sind absolut unrealistisch”, meckerte Ino. “Die Hauptperson endet immer mit dem Mädchen im Bett, egal wie. Ich meine, wenn diese Frauen auch nur annähernd die erfahrenen Kunoichi sind, die sie sein sollten, würden die doch sofort schnallen, dass der Typ ein mieses perverses Schwein ist.”
 

“Das einzige perverse Schwein hier weit und breit, bist du Ino. Für jemand, der diese Lektüre widerwärtig und abstoßend findet, hast du nämlich verdammt viel Ahnung davon.”, bemerkte Sakura trocken.
 

“Jaaah, wie dem auch sei”, fuhr Ino fort, “Ich verstehe nicht, wieso Kakashi-sensei, der offensichtlich ein Perverser ist, den Ruf hat, jede Frau um den Finger wickeln zu können. Du hast doch Jahre mit ihm verbracht, Sakura. Hast du ihn denn je mit einer Frau überhaupt zusammen gesehen?”
 

“Hinzusehen, wenn mein ehemaliger Sensei eine Frau verführt ist nicht unbedingt das, womit ich meine Freizeit gestalten will, pig. Ich frag dich ja auch nicht über Shikamaru-kuns Liebesleben aus.”
 

“Shika-kun hat wenigstens ein paar Tussis um sich herum gehabt - zumindest solange, bis er anfing, mit dem Feind zu kollaborieren. Aber er hat welche gehabt -”
 

“Temari ist nicht unser Feind”, warf Sakura leichthin ein.
 

“- was man von deinem Sensei nicht behaupten kann. Weißt du, was ich denke?”
 

“Nein, aber du wirst es mir sicher gleich mitteilen”, sagte Sakura, und versuchte, sich nicht allzu sehr aus dem Konzept bringen zu lassen.
 

“Ich denke, Kakashi-sensei ist ein absoluter Frauenversager. Er weiß nicht, wie er an eine richtige Frau kommen soll. Er ist sexuell frustriert und deshalb von diesen dämlichen Büchern abhängig.”
 

Sakura stolperte über ihre eigenen Füße. ”Ino, bitte! Ich will mich nicht mit dir über Kakashis Sexualleben unterhalten!” Sie war vieles von ihrer besten Freundin gewohnt, aber Kakashi war für Sakura ein Tabuthema. Deshalb war sie auch leicht rot ums Näschen, als sie Ino-pig scharf zurechtwies.
 

“In Ordnung, jetzt ist es offiziell”, beschwerte sich Ino. “Mit dir kann man nichts mehr bequatschen. Du bist weit davon entfernt, die lustige Sakura von damals zu sein. Alles, was ich von dir zu hören bekomme ist ’Ino mach das! Ino mach dies! Ino hör auf! Ino lass das! Ino bitte! Scheiße Ino!'”
 

“Nun, einige von uns sind eben erwachsen geworden.”
 

“Du bist nicht erwachsen geworden, forehead-girl, sondern bist von einem Tag auf den nächsten 40 Jahre alt geworden. Mit dir kann man keinen Spaß mehr haben. Und deine Stirn ist noch genauso groß wie damals, egal wie erwachsen du zu sein glaubst.”
 

“Ino!”, knurrte Sakura warnend und mit heftig pulsierender Vene auf so genannter Stirn.
 

Innerlich zählte sie von eins bis zehn. Dass Ino Yamanaka sie schneller auf die Palme bringen konnte als Naruto Uzumaki, war keine Neuigkeit. Sakura war sicher, eines Tages würde sie an einem verdammten Aneurysma im Schädel krepieren, weil die zwei Nervensägen ihr Blut so wahnsinnig schnell zum Rasen brachten. Sie würde sich jedenfalls nicht wundern, wenn bei einer Untersuchung herauskäme, dass ihre Blutkörperchen bereits aerodynamisch verformt waren und Staubwolken in den Adern zurückließen, sobald Naruto oder Ino in ihr Blickfeld huschten.
 

Ino brabbelte weiter. Die blonde Kunoichi ließ sich darüber aus, was für eine dufte Freundin Sakura früher einmal gewesen war und was für eine schreckliche Langweilerin aus ihr geworden ist.
 

Sakura gähnte. Ob sie als junges Mädchen auch so eine lästige Quasseltasche wie Ino abgegeben hatte? Sie hoffte nicht, ansonsten müsse sie sich nach dieser Mission ernsthaft bei Sasuke und Naruto für all die qualvollen Jahre entschuldigen. Und natürlich auch bei Kakashi.
 

Die Buchstaben des Artikels verschwommen vor ihren Augen, als ihre Gedanken abdrifteten und Sakura stumm darüber sinnierte, dass sie Kakashi nicht vor dem nächsten offiziellen Neujahrsfest für ein paar Worte mit ihr erwärmen konnte. Sie hatten in den letzten Jahren kaum miteinander gesprochen.
 

Natürlich, hin und wieder waren sie sich im Hauptquartier über den Weg gelaufen, und in den seltensten Fällen hatte Kakashi die Energie gefunden, seine Hand zu heben und ihr ein Hey zuzurufen.
 

Aber das tat er auch, wenn er die Freundin der Cousine der Mutter seines Freundes über die Straße rennen sah.
 

Sie schwor, der Mann pflegte mehr persönlichen Kontakt zu ihrem Kühlschrank als zu ihr selbst. Tz, weniger Priorität als ein mickriger Tomatensalat zu haben, konnte ganz schön ans Ego kratzen.
 

Kakashi war Sakuras Lehrer gewesen. Fast ein ganzes Jahr lang, bevor sie sich dazu entschlossen hatte, in Tsunades Lehre zu gehen. Und nachdem Naruto von seinem zweieinhalbjährigen Training mit Jiraiya zurückgekehrt war, bildeten sie zusammen Team Kakashi - mit Kakashi Hatake als Squadleader. Obwohl er damals behauptet hatte, dass sie von nun an nicht mehr Lehrer und Schüler waren, sondern gleichwertige Kollegen, so hatte Sakura gewusst, dass der berühmte Copy Nin sie immer noch alle in den Sack stecken konnte - Flüche und Dämonen hin oder her.
 

Mit Sasukes Heimkehr vor fünf Jahren hatte sich viel verändert. Gemeinsam mit Naruto stellte der Uchiha-Erbe einen traurig-komischen Rekord in Konoha auf. Die zwei größten Shinobis ihrer Generation waren zu einem Dasein als Chunins verdammt. Der eine, weil er nicht vor seinem 28. Lebensjahr graduieren durfte, der andere, weil der schriftliche Teil der Jounin-Prüfungen ihm regelmäßig das Genick brach.
 

Es war eine Überraschung für alle Beteiligten gewesen, dass ausgerechnet Sakura Haruno, das ‘schwächste’ Mitglied von Team 7, als erste zu einem Jounin graduierte. Das Wort ’schwach’ war Sasuke Uchiha jedoch in dem Moment im Halse stecken geblieben, als besagtes schwaches Mitglied ein 40 mal 40 mal 8 Meter tiefes Loch in den Erdboden gerissen hatte, auf dem er gerade gestanden hatte. Sasuke war verblüfft gewesen - aber nicht verblüfft genug, um sich Hals über Kopf in die damals 18jährige Sakura zu verlieben.
 

Ein Umstand, an dem sie schwer zu knabbern hatte. Es war nicht leicht gewesen zu akzeptieren, dass neben Schönheit auch Stärke nicht ausreichte, um den Uchiha-Erben für sich zu gewinnen. Ganz gleich, wonach Sasuke bei einer Frau suchte, sie hatte es offensichtlich nicht. Mit der Erkenntnis kam der Schmerz. Und Schmerzen - egal, wie blendend sie waren - verblassten, jeden Tag ein wenig mehr; jedes Jahr wurden sie ein wenig erträglicher, bis Sakura eines morgens aufgestanden war und sein gerahmtes Photo vom Nachtschrank in die Schublade räumte. Dann von der Schublade in das Photoalbum. Von dem Photoalbum in eine Kiste, die sie auf dem Dachboden ihrer Eltern zurückließ, als sie von zu Hause auszog.
 

Die unterschiedlichen Ränge und die Tatsache, dass die Hokage Kakashi Hatake während eines Personalnotstandes zu ANBU versetzt hatte, bewirkten, dass Team 7 in alter Konstellation heute selten bis nie zusammen auf Mission geschickt wurde.
 

Team 7 existierte nur noch als geselliges Grüppchen, das sich jeden Mittwochabend bei Ichiraku zum gemeinsamen Suppeschlürfen einfand - ohne Kakashi. Es schien, als habe der Copy Nin mangels Verpflichtung als Lehrer einfach nicht den Drang dazu, sich mit den dreien privat abzugeben. Sakura fragte sich, ob es daran lag, dass er einfach nur introvertiert war, oder weil es ihm schlicht egal war.
 

Sakura war so in Gedanken versunken, dass sie die Weggabelung beinahe verpasst hätte. Mit einem Griff an Inos Shirt hielt sie die blonde Kunoichi an, ehe sie den falschen Weg einschlagen konnte.
 

Zwei Stunden später konnten die zwei Freundinnen den ersten Blick auf die ‘Kawa no Hime’ werfen, die so genannte Fähre, die Sakura, Ino, den Karren und noch einhundert andere zivile Passagiere die rund dreihundert Kilometer durch unbewohntes Waldgebiet bequem nach Konohagakure transportieren sollte.
 

Ino zupfte an Sakuras Ärmel. “Findest du, dass wir es wirklich riskieren sollten, einen Fuß auf diesen vergammelten Kahn zu setzen?”
 

Sakura war sich nicht sicher. Als sie das Wort ‘Kawa no Hime’ aus Tsunades Mund gehört hatte, hatte sie an einen kleinen aber wohlverdienten Bonus gedacht, den die Hokage ihren zwei ehemaligen Lehrlingen zukommen lassen wollte. Tsunade saß für gewöhnlich mit zusammengekniffen Backen auf dem Haushaltsgeld von Konoha und hielt ihre Ninja dazu an, möglichst sparsam über die Runden zu kommen. Als sie Sakura zwei Tickets für die 'Kawa no Hime' gegeben hatte, um den langen beschwerlichen Rückweg zu Fuß zu erleichtern, hatte Sakura sich deshalb ohne Ende geehrt gefühlt. Sie hatte an einen wunderschönen Dampfer gedacht, an Büffets, an denen man soviel essen konnte, bis man platzte, Bars und unglaublichen Luxus.
 

Woran sie nicht gedacht hatte, war ein schäbiger halb verrotteter Kahn, aus dessen rostigem Schornstein schwarze Rauchwolken quollen und vor dessen Anlegesteg eine wilde Horde geschwätziger Menschen - überwiegend älter als achtzig Jahre, und für Sakura ein einziges Wunder, dass sie nicht kollektiv an einem Sauerstoffschlauch hingen, so viel wie sie Zigarren pafften - anstand.
 

“Kawa no Hime”, murmelte Sakura kopfschüttelnd. “In Anbetracht der Qualmbelästigung und dem Absaufrisiko sollten sie sich eher in ’Kawa no Todesfalle’ umbenennen.”
 

Vielleicht hatte Tsunade ja hinter ihrem Rücken eine Lebensversicherung für die Kunoichi abgeschlossen und hoffte daumendrückend, der Schrotthaufen möge untergehen und sie zu einer reichen Frau machen.
 

Zuzutrauen wäre es ihr allemal. Wer aus ‘Trainingszwecken’ mitten in der Nacht Mordanschläge auf dreizehnjährige Teenager verübte, um Reflexe zu testen, der schreckte vor nichts zurück.
 

“Wenigstens hat sie Charakter - und sie wird mich bequem nach Hause bringen. Das allein zählt”, bemerkte Ino in dem verzweifelten Versuch, die Sache positiv zu sehen.
 

Sie hatte Recht. Das Einzige, was für die ‘Kawa no Hime’ sprach, war, dass sie Charakter hatte. Ihr offenes Oberdeck war von schmucken (wenn auch verrosteten), schmiedeeisernen Gittern umgeben. Sakura kramte nach den Tickets in ihrem Rucksack. “Hm, wir haben einen Sitzplatz für das geschützte Unterdeck und einen Sitzplatz für das offene Oberdeck.”
 

“Na toll. Jetzt können wir uns aussuchen, ob wir vergast werden wollen”, meckerte Ino mit vorwurfsvollem Blick auf die Zigarrenqualmer am Steg. “oder wie Eis am Stiel krepieren wollen.”
 

“Ich geh auf das Oberdeck”, verkündete Sakura.
 

“Ach, nenn mir einen Grund, warum ich ins Unterdeck gehen sollte”, protestierte Ino gewohnheitsgemäß.
 

“Ganz einfach, pig. Ich habe einen Pullover an und eine lange Hose. Du hingegen trägst ein bauchfreies Top und Shorts. Diejenigen, die sich zuerst eine Nierenentzündung holen wollen, treten also bitte vor.”
 

Ino verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg. Eins zu null für Sakura.
 

“Außerdem”, fuhr der rosahaarige Medical Nin fort, “ hängst du doch eh jedes Wochenende in einer verrauchten Bar herum. Da müsstest du doch Qualm gewohnt sein.”
 

“Was du meinst, nennt man nicht ‘Herumhängen in Bars’, sondern ein erfülltes Sozialleben, forehead-girl”, stänkerte Ino zurück.
 

Doch die Sitzvergabe war geklärt und die zwei jungen Frauen gingen - nicht dabei ohne sich blitzende Blicke zuzuwerfen - getrennte Wege. Zum ersten Mal seit drei Wochen.
 

***
 

Sakura ging nun den schmalen Gang zwischen den Sitzreihen des Oberdecks entlang und quetschte sich auf der Suche nach ihrem Platz an einem dicken Rentner vorbei, der eifrig auf den Schiffskapitän einredete.
 

Weiter hinter stritten sich zwei Senioren um den Platz an der Außenreling.
 

Sakura stöhnte unterdrückt auf. Auf diese ’normale’ Art zu Reisen lehrte sie, die professionelle Atmosphäre, das schnelle Vorankommen und die relative Stille mit einem Jounin-Team zu schätzen.
 

Sie hatte es für eine Erleichterung empfunden, nach einer drei-Wochen-jeden-Tag-24-Stunden-Ino-Total-Dosis endlich mal ein bisschen Ruhe auf der Fähre zu haben.
 

Jetzt aber, als sie mit der bunten Mischung von geschwätzigen Senioren, geschäftigen Händlern und lebhaften Familien auf dem Oberdeck konfrontiert wurde, fragte sie sich, ob sie die letzten dreihundert Kilometer nicht doch lieber zu Fuß und mit Schnattermaul Ino im Nacken hätte zurücklegen sollen.
 

Sakura stellte sich zumindest auf lange vier Stunden ein.
 

Endlich fand sie ihren Sitz und stöhnte innerlich erneut. Sie hatte den Mittelplatz und neben diesem, an der Außenreling, saß eine Frau, die etwa 80 Jahre alt sein mochte und wie Sakura vermutete, zu der Senioren-Reisegruppe gehörte, die sie bereits vor dem Anlegesteg bemerkt hatte - sie waren nicht zu überhören gewesen.
 

Mit Tsunade als vitale Hokage, Jiraiya als legendär starker Sannin und Sakura als hervorragende Medizinerin, hatte sich Konoha in den letzten Jahren den Ruf einer ausgezeichneten Heilstätte angeeignet, der nicht nur Ninja aus aller Welt anzog, sondern auch Zivilisten, die sich Linderung versprachen.
 

Und natürlich auch jede Menge Senioren, die glaubten, in Konohas Medizin einen Jungbrunnen gefunden zu haben.
 

Sakura nahm sich vor, ihre Identität unter allen Umständen geheim zu halten, sonst würde sie sich den Rest der Fahrt nur noch eingewachsene Zehennägel und eitrige Abszesse anschauen müssen.
 

Die vier Stunden wurden länger und länger.
 

Sakura, die mit Ino den Karren im menschenleeren Maschinenraum untergebracht hatte, setzte sich auf die ächzende Holzbank und stellte ihren Rucksack ab.
 

Die alte Dame sah von ihrem Buch auf und nickte ihr freundlich zu. Sie hatte silbergraues Haar und aufmerksam blickende, schwarze Augen. Eine warme, karierte Wolldecke war sorgsam um ihre Beine drapiert und sie schien sich - im Gegenteil zu Sakura - von dem regen Treiben um sie herum und der frischen Brise auf dem Oberdeck nicht gestört zu fühlen, sondern sah lächelnd darüber hinweg.
 

Die meisten Passagiere hatten jetzt ihre Plätze gefunden und der einzige Bordsteward versuchte, auch die letzten Senioren zu ihren Bänken zu scheuchen.
 

Ein junger Mann, offenkundig ein Zivilist, im abgewetzten Hemd setzte sich auf den Platz am Gang, rechts von Sakura.
 

Er zwinkerte ihr grinsend zu und ließ seinen Blick dann über ihren dunkelgrünen Rollkragenpullover gleiten und über ihre lange schwarze Hose. Weder bemerkte er den verborgenen Kunai-Halfter am Oberschenkel noch die Shuriken hinter ihrem Gürtel. Definitiv Zivilist.
 

Sie warf ihm einen warnenden Blick zu, aber er schien dessen Bedeutung nicht zu verstehen, denn er grinste nur noch breiter.
 

‚Seeeehr lange vier Stunden!‘, dachte Sakura bissig.
 

Eine Bankreihe hinter ihr stritten sich zwei Rentner, wer die weißen Figuren in ihrem Schachspiel nehmen sollte und drei Sitzreihen weiter schrie, nein plärrte, ein kleines Kind nach seinem Spielzeug.
 

Sakura tröstete sich mit dem Gedanken, dass Ino-pig unter ihr sich wahrscheinlich innerlich nach einem Sauerstoffgerät verzehrte.
 

Dann legte die Fähre vom Steg ab und trödelte gemächlich auf dem schlammgrünen Konoha Fluss.
 

Sakura griff nach ihrem medizinischen Fachjournal und begann wieder zu lesen.
 

Der Streit der beiden Schachspieler wurde lauter. Auf der anderen Seite des Oberdecks hielt eine Rentnerin einen lautstarken Vortrag über ihre Arthritis. Das Kind plärrte immer noch nach seinem Spielzeug und zu allem Überfluss nahm der Fahrwind zu. Sakura legte kopfschüttelnd die Zeitschrift weg und fragte sich, was passieren mochte, wenn sie jetzt eine gehörige Ladung Chakra freisetzen würde. Der Gedanke brachte sie zum Grinsen - aber es währte nur so lange, bis zwei Reihen hinter ihr jemand laut zu schnarchen begann.
 

***
 

Sakura seufzte. Wie sie bereits befürchtet hatte, erhoben sich einige der unternehmungslustigen Senioren schon nach zehn Minuten von ihren Sitzen und wanderten den Gang entlang.
 

„Das ist kein gültiger Zug! Das ist kein gültiger Zug!“, rief einer der Schachspieler hinter Sakura.
 

„Das sagst du nur, weil ich dich gleich matt setzen werde!“, knurrte sein Gegner zurück.
 

„Mich matt setzen? Ha, ich habe jede Menge Zugmöglichkeiten!“
 

„Ach ja? Und welche?“, höhnte der andere Mann.
 

Schweigen.
 

‚Zu schön um wahr zu sein‘, dachte Sakura. Sie wusste, dass der Streit gleich wieder losgehen würde.
 

Die silberhaarige Dame neben Sakura drehte sich um. Ihre schwarzen Augen warfen einen trägen aber kurzen Blick auf das Schachbrett.
 

„Schwarzer Läufer schlägt weiße Dame auf F5. Und Schach“, sagte sie ruhig und setzte sich wieder.
 

Die beiden Schachspieler waren vollkommen ruhig. „Kami-sama, sie hat Recht“, jauchzte dann der eine. „Ich sagte dir ja, dass ich jede Menge Zugmöglichkeiten habe.“
 

„Rentner“, meinte die alte Dame lächelnd zu Sakura, „schlimmer als Kindergartenkinder!“
 

Sakura musste lachen. Offenbar gehörte die rüstige 80jährige nicht zu der Senioren-Reisegruppe.
 

„Sind Sie zum ersten Mal mit einer Fähre unterwegs?“, erkundigte sich die Fremde. Vermutlich hatte sie Sakuras Reaktion auf die Unruhe bemerkt.
 

Sakura schüttelte den Kopf. „Nein. Und Sie?“
 

Die schlanke grauhaarige Dame lächelte. „Ich bin sozusagen ein alter Hase“, antwortete sie und zu den Fältchen um ihre Augen kamen noch weitere hinzu. Normalerweise pflegte man schwarze Augen eher für kühl zu halten. Sakura konnte darüber Romane schreiben seit sie Sasuke Uchiha kannte, aber sie stellte plötzlich fest, dass dies die wärmsten schwarzen Augen waren, die sie je gesehen hatte ... na ja, mit einer Ausnahme vielleicht. Kakashis Blick konnte auch sehr warm sein, wenn er nur wollte.
 

„Fahren Sie nach Hause zu Ihrer Familie?“, erkundigte sich die alte Dame, „Mann und drei Kinder?“

Sie lächelte erneut und obwohl Sakura normalerweise nicht gerade sehr auskunftsfreudig war, was ihr Privatleben betraf, stellte sie fest, dass sie die Frage nicht als aufdringlich empfand.
 

Sakuras Mundwinkel zuckten amüsiert. „Fast.“
 

„Vier Kinder?“, fragte die silberhaarige Frau und ihre Augen funkelten vor fast jugendlichem Übermut. Dann wurde sie wieder ernst und meinte: „Nein, Sie sind beruflich unterwegs.“
 

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Sakura war ein wenig verblüfft über die Sicherheit, mit der die alte Dame das sagte. „Woher wollen Sie wissen, dass ich nicht zu meiner Familie unterwegs bin?“, fragte sie, ohne zu bestätigen oder zu verneinen, was die Dame gesagt hatte. Sakura war 22 Jahre alt. Theoretisch könnte sie Mutter von vier Kindern sein. In Konoha war das nichts Seltenes. Mädchen, die keine Ninja-Ausbildung antraten, landeten mit 16 Jahren in der Regel auf dem Heiratsmarkt - ein Fakt, an dem Sakuras Mutter ihre Tochter gerne bei jeder Gelegenheit erinnerte.
 

Die Seniorin betrachtete Sakura einen Moment lang abschätzend, bevor sie erneut lächelte. „Sie wollen Kinder, ja, aber Sie sind keine Frau, die sich damit zufrieden geben würde, zu Hause am Herd auf ihren Mann zu warten.“ Das Lächeln verstärkte sich, als sie hinzufügte: „Außerdem tragen Sie keinen Ehering.“
 

„Oh“, sagte Sakura nur. Wirklich peinlich für einen Elite-Jounin, einen so offensichtlichen Hinweis zu übersehen. „Und wohin sind Sie unterwegs?“, fragte sie in dem Versuch, von ihrer eigenen Person abzulenken.
 

Die alte Dame lächelte und stellte fest, dass die junge Frau etwas distanziert war. „Ich will endlich, nach vielen Jahren, meinen Enkel in Konoha besuchen. Ich habe soviel von ihm gehört. Ich bin gespannt, wie es meinem kleinen Jungen so erging.“ Stolz und Zuneigung lag bei diesen Worten in ihrem Blick.
 

Sakura konnte fast einen kleinen, schwarzäugigen Jungen vor sich sehen, der sich sicher sehr über den Besuch seiner Großmutter freuen würde. Sie war sicher, dass die grauhaarige Dame genug Spielzeug und Süßigkeiten in ihrem Gepäck hatte, um ein ganzes Dutzend Enkel zu verwöhnen.
 

Sakura wünschte sich plötzlich, auch eine solche Großmutter gehabt zu haben. Ihre war während des Angriffs von Kyuubi vor 22 Jahren umgekommen.
 

***
 

Sakura hatte schon Geiselnahmen überstanden, aber das hier war eindeutig schlimmer. Selbst ihre Ninja-Ausbildung hatte sie nicht auf etwas Derartiges vorbereitet: Die Senioren-Reisegruppe hatte das Mikrophon der Lautsprecheranlage besetzt und spielte Bingo. Der gequält lächelnde Bordsteward verteilte Bleistifte und Blöcke.
 

Rechts von ihnen sprang eine Rentnerin mit zartlila gefärbtem Haar plötzlich von ihrem Sitz auf und jauchzte „Bingo, Bingo!“, wobei sie so heftig mit den Armen fuchtelte, dass sie ihrem Mann fast die Brille von der Nase geschlagen hätte.
 

Sakura wünschte sich, sie würden von Nuke Nins entführt werden. Aber vermutlich hätten selbst abgedroschene Verbrecher den Nachhauseweg mit dieser Rentner-Gang nicht besonders amüsant gefunden.
 

„Wenn ich ein aufblasbares Gummiboot hätte, würde ich es jetzt benutzen, um selbst nach Konoha zu paddeln“, meinte die alte Dame, aber ihr Lächeln wirkte keinesfalls genervt, nur amüsiert. Sie betrachtete ihre Altersgenossen, als wäre es eine Horde übermütiger Schulkinder.
 

Ihre Nachbarin wurde Sakura mit jeder Minute sympathischer. „Ich würde mich schon mit einem Schwimmreifen zufrieden geben“, behauptete sie spitz.
 

Wenn es so weiterging, wäre sie vermutlich bald bereit, ihren Kopf in einen der Opiumsäcke von dem Karren zu stecken.
 

„Darf ich Sie fragen, was Sie beruflich machen?“, erkundigte sich die Seniorin plötzlich interessiert, aber nicht aufdringlich.
 

„Reiseleiterin würden Sie mir wohl nicht abnehmen, oder?“, fragte Sakura grinsend.
 

„Ich tippe eher auf ... hmm ... Köchin? Polizistin? Nein, das ist es auch nicht.“ Die Rentnerin legte den Kopf schräg und sah Sakura prüfend an. „Ninja?“
 

Sakura verschlug es für einen Moment die Sprache. Ino und sie reisten für ihre Mission inkognito und trugen ihre Konoha-Stirnbänder an nichtsichtbaren Stellen - in Sakuras Fall war dies der rechte Oberarm unter dem Pullover. Auf den ersten Blick gab es nichts an Sakura, das sie als Ninja verraten würde. Diese alte Dame entpuppte sich als sehr scharfsinnig. „Oh, dann sind Sie Hellseherin?“, vermutete Sakura mit einem überraschten Lächeln.
 

Die reizende alte Dame lachte. „Nein, das ist nur ein Hobby von mir. Und? Mögen Sie Ihren Beruf?“, erkundigte sie sich mit aufrichtigem Interesse.
 

Sakura nickte ohne zu zögern. „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen.“
 

Die 80jährige schmunzelte. „Nicht einmal einen Mann und vier Kinder?“, fragte sie neckisch.
 

Plötzlich wusste Sakura nicht mehr, was sie antworten sollte. Und es verblüffte sie, dass sie es überhaupt für nötig hielt zu antworten. Normalerweise hätte sie das Gespräch für beendet erachtet, wenn ein völlig Fremder sie etwas Derartiges fragte. Aber in dem warmen Blick und dem sorglosen Lächeln der älteren Frau lag etwas, was ihr das Gefühl gab, es mit einer alten Freundin zu tun zu haben.
 

„Vielleicht möchte ich beides haben, aber vielleicht ist das zuviel verlangt.“, meinte Sakura mit einem kaum merklichen Seufzen. ‚Eine tolle Karriere, einen guten Mann und Haarpflegeprodukte – und zwar einen ganzen Haufen davon.‘, hörte sie sich in Gedanken sagen. Aber die Realität sah für eine Kunoichi anders aus. Männliche Zivilisten fühlten sich von ihrer Stärke eingeschüchtert. Shinobis, die unter ihrem Rang waren, sahen in ihr eine Vorgesetzte. Blieben nur noch Jounins und ANBU. Und wenn man bedachte, dass ANBU inoffiziell stand für ‚Arschloch mit Neigung zur Berufsbedingten Unzurechnungsfähigkeit’, grenzte das die Möglichkeiten doch sehr ein. Kein Wunder, dass die erfolgreichsten Kunoichi meistens als allein stehende Jungfern mit Katzen als Haustieren endeten.
 

Für einen kurzen Augenblick legte die alte Frau ihre Hand auf Sakuras. „Nein, das ist nicht zuviel verlangt. Sie haben beides verdient.“, sagte sie mit einem aufmunternden Lächeln.
 

Sakura schluckte. „Wie wollen Sie das wissen? Sie kennen mich doch nicht einmal.“
 

„Oh, doch“, entgegnete die Rentnerin nur ernst. Sie wusste selbst nicht, warum sie es sagte, aber sie hatte wirklich das Gefühl, die jüngere Frau schon jahrelang zu kennen. Vielleicht, weil sie in ihren grünen Augen etwas von ihrem eigenen Humor und Kampfgeist entdeckten konnte.
 

***
 

Sakura aß den selbstgebackenen Reiskuchen, den ihre neue „Freundin“ ihr angeboten hatte und war inzwischen so gut gelaunt, dass es sie nicht einmal allzu sehr störte, als die Seniorengruppe begann, alte Volkslieder anzustimmen. Es überraschte sie, dass die alten Leute wirklich alle Strophen von „Ninja Love“ auswendig konnten.
 

„Das wäre was für meinen Kollegen!“, sagte sie lachend zu ihrer Platznachbarin. Kakashi Hatake liebte dieses Lied, seit Naruto es einmal während einer Nachtmission in voller Länge über die Funkradios gesungen hatte, in etwa so sehr wie das Geräusch von Fingernägeln, die über eine Tafel kratzten.
 

„Ah, noch ein Ninja.“ Die alte Dame schmunzelte.
 

„Noch ein Ninja“, bestätigte Sakura, „und ein guter obendrein. Wenn wir uns also entschließen würden, hier auf dem Oberdeck plötzlich ein paar Geiseln zu nehmen, würde er uns sicher rausboxen. Es wäre nicht das erste Mal.“ Sakura lächelte, aber es lag ein wenig Traurigkeit darin.
 

Die ältere Frau an ihrer Seite bemerkte es und beschloss, nicht nachzufragen. „Klingt, als wäre Ihr Kollege ein interessanter Mann.“
 

Sakura lächelte. Über Kakashi konnte man vieles sagen, aber das Wörtchen ‚interessant‘ wurde ihm nicht gerecht. Der Mann war ein einziges Mysterium auf zwei Beinen. Ein Mysterium, an dem so viele Geheimnisse hafteten und das nur noch getoppt wurde von seinen vielen seltsamen Schrulligkeiten. Obwohl sie ihn seit zehn Jahren kannte, musste sie sich eingestehen, dass sie nicht mehr über Kakashi wusste, als dass er ein Vollblut-Ninja und Vegetarier war, und eine verschrobene Vorliebe für schlüpfrige Geschichten hatte. Sie kannte noch nicht einmal sein Gesicht.
 

Sakura musste lachen. Im Zweifelsfall vertraute sie ihr Leben blind einem salatmampfenden, gesichtslosen, pornosüchtigen Mann an. Als verantwortungsbewusste Ärztin müsste sie sich dafür eigentlich selbst in die Klapse einweisen. Vor allem wenn man bedachte, dass Kakashi Hatake in ihren Augen noch der ‘vernünftige Vertreter’ seiner Zunft war.
 

Die alte Dame sah sie prüfend an und ihre schwarzen Augen funkelten heiter. „Sie sind wirklich sicher, dass es nur ein Kollege ist?“, erkundigte sie sich neckisch.
 

Sakura konnte nicht anders, als noch lauter aufzulachen. „Vertrauen Sie mir. Er ist nur ein Kollege“, meinte sie in einem scherzhaft-verschwörerischen Tonfall.
 

„Das tue ich“, erwiderte die grauhaarige Frau zu ihrer Überraschung.
 

***
 

Der Bordsteward kam mit einem Bauchladen vorbei. „Möchten Sie etwas zu trinken? Oder kann ich Ihnen einen kleinen Imbiss anbieten?“

Sakura und ihre Nachbarin entschieden sich für beide für ein Fischbrötchen.
 

Die alte Dame legte ihr Buch auf den Schoß, um es als kleinen Tisch zu verwenden und sah zufrieden zu, wie Sakura herzhaft in ihr Brötchen biss. „Endlich mal jemand, der keine Dauer-Diät hält!“, meinte sie schmunzelnd.
 

Sakura sah sie fragend an, während sie einen weiteren Bissen schluckte. „Ich bin ein Ninja. Ich muss essen, sonst geht mein Chakravorrat irgendwann zuneige. Wieso sagen Sie das?“
 

„Na ja, manchmal glaube ich, dass in meiner Familie jeder außer mir etwas gegen gutes Essen hat.“, erklärte die Seniorin mit einem gutmütigen Seufzen. „Meine Schwiegertochter ernährte sich fast nur von Salat und mein Enkel ... der Junge ist ja so dünn, das letzte Mal, als ich zu Besuch war, habe ich mich bemüht, ein paar Kilo mehr auf seine Rippen zu bringen.“
 

„Oh, keine Angst, das gibt sich sicher, wenn er etwas älter ist“, erwiderte Sakura beruhigend. Sie war als Teenager selbst sehr mager gewesen.
 

Die alte Dame lachte. „Das halte ich für unwahrscheinlich. Bei meinem Sohn und meinem Mann war es dasselbe, die hat man auch kaum zum Essen bringen können.“
 

Der liebevolle Blick, mit dem sie das sagte, ließ Sakura lächeln. „Ich sag Ihnen was: meine Teamkollegen haben sich jahrelang nur von Suppe ernährt. Und mein alter Sensei ist ein verkappter Grünfutterfetischist. Ein Wunder, dass ich während meiner Teenagerzeit nicht als Hungerhaken geendet bin. Es war so schwer, die Jungs mal zu einem anständigem Wirtshaus zu kriegen, wo man was zu Beißen bekam und nicht nur zum Schlürfen. Und trotzdem sind sie alle groß und stark geworden. Das klappt bei ihrem Enkel bestimmt auch noch.“
 

***
 

Sakura räusperte sich. „Darf ich Sie etwas fragen?“, erkundigte sie sich zurückhaltend.
 

Die alte Dame nickte freundlich. „Aber sicher, ich habe Sie schließlich auch die ganze Zeit über mit meinen Fragen bombardiert.“
 

„Ähm ... ist Ihre Ehe glücklich?“, wollte Sakura wissen. Sie wusste nicht, woher diese plötzliche Neugierde kam. Vielleicht nahm sie einfach nur Anteil am Leben der alten Dame. ‚Vier Stunden gemeinsam inmitten dieser Horde wild gewordener Rentner auszuharren, das schweißt zusammen‘, dachte sie lächelnd. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie sich in letzter Zeit selbst immer häufiger Gedanken über das angebliche Geheimnis einer glücklichen Beziehung gemacht hatte.
 

Ihre Nachbarin sah einen Moment lang über die Reling auf den Fluss hinaus. „Oh ja, das war sie.“
 

Sie lächelte fast wehmütig und betonte das ‚war‘.
 

Sakura hätte sich ohrfeigen können. „Tut mir leid.“, murmelte sie und ihre grünen Augen sagten dasselbe.
 

„Das braucht Ihnen doch nicht Leid zu tun, Liebes, mein Mann ist schon gestorben, bevor Sie überhaupt geboren wurden. Der Krieg, wissen Sie. Er war Ninja.“ Die alte Dame lächelte versonnen. „Und sehr gutaussehend. Vielleicht wissen Sie, was man über ANBU-Uniformen sagt.“
 

Jetzt lächelte auch Sakura. „Und über ANBU- Tätowierungen.“
 

„Oh, es spricht sich also herum, auch unter der Jugend“, stellte die 80jährige neben ihr erfreut fest.
 

Sakura musste grinsen. Es passierte nicht mehr sehr oft, dass jemand sie mit ihrer Erfahrung und ihrem Rang als „Jugend“ bezeichnete. „Wenn man einen Kollegen hat, der bei ANBU ist, bekommt man das ständig zu hören. Bisher hat es mich nicht besonders überzeugt“
 

„Na ja, meistens ist es aber so, dass in jedem alten Klischee zumindest ein Körnchen Wahrheit steckt.“, wandte die alte Dame ein. Ihre schwarzen Augen funkelten vergnügt.
 

Sakura konnte ihr nicht einmal widersprechen.
 

***
 

Sakura warf einen schnellen Blick auf die Uhr – reine Angewohnheit, denn ihre exakte innere Uhr machte es eigentlich unnötig, dass sie einen solchen Zeitmesser trug. Nur noch eine dreiviertel Stunde bis Konoha.
 

Sie sah sich um. Um Sakura herum war es etwas ruhiger geworden. Im Gang vor der Toilette standen die Rentner Schlange. Ein älterer Herr schräg gegenüber blätterte in einer alten Icha Icha Paradise Ausgabe.
 

Die nette Rentnerin neben Sakura sah eine Weile halb amüsiert, halb empört zu. „Wissen Sie, ich habe einmal ein Lagerfeuer im Garten meines Mannes veranstaltet und diese Schundlektüre verbrannt“, erklärte sie zu Sakura gewandt.
 

„Ja, das wollte ich auch schon einige Male tun. Mein Kollege kann keinen Meter gehen, ohne dieses verdammte Buch.“
 

Die alte Dame schmunzelte. „Diesen Wunderknaben, den Sie Ihren Kollegen nennen, müssen Sie mir unbedingt einmal vorstellen. Dem werde ich schon den Kopf zurechtrücken “, meinte sie, obwohl sie beide wussten, dass sie sich wohl kaum wieder treffen würden.
 

Die alte Dame drehte sich von dem perversen Mann weg und sah wieder Sakura an. Icha Icha war vergessen.
 

Sakura begann fast, sich unter dem intensiven Blick der Rentnerin unwohl zu fühlen. Diesen Effekt hatte bisher eigentlich immer nur Kakashi und die Hokage auf sie.
 

„Haben Sie schon mal einen Regenbogen gesehen?“, fragte die alte Dame plötzlich.
 

Sakura lächelte unsicher. „Ähm, natürlich. Wieso?“
 

„Ich meine, WIRKLICH angesehen, nicht nur flüchtig registriert“, beharrte die Rentnerin.
 

Sakura fragte sich, welche Bedeutung dieses seltsame Thema für sie haben mochte. „Ja, wirklich angesehen.“, bestätigte Sakura. Immer, wenn sie auf dem Hokagefelsen saß und darauf wartete, dass ihre Freunde gesund von ihren Missionen heimkamen, hatte sie viel Zeit für solche Dinge gehabt und sie plötzlich mit ganz anderen Augen betrachtet.
 

„Haben Sie bemerkt, dass Regenbogen wie Menschen sind?“ Die grauhaarige Frau sah sie eindringlich an und schien es wirklich ernst zu meinen.
 

Sakura lächelte leicht. „Genauso vergänglich? Oder genauso verbogen?“, fragte sie ein wenig belustigt.
 

„Beides – aber es geht noch darüber hinaus. Ich bin jetzt 81 Jahre alt und habe eine Menge gesehen in meinem Leben, aber ein solcher Regenbogen versetzt mich immer wieder ins Staunen als wäre ich noch ein Kind. Allein, wenn man bedenkt, dass er eigentlich nur durch die Brechung und Reflexion des Lichtes in winzigen Regentropfen zustande kommt. Dann die Farben ... Wir glauben immer, dass es nur sieben Farben sind. In Wirklichkeit sind die Farben jedoch nicht so klar voneinander getrennt, sondern gehen schrittweise ineinander über. Wie viele Farben ein Regenbogen hat, hängt immer auch davon ab, wer sie zählt.“
 

Sakura nickte. Sie war sicher, dass der Regenbogen besonders viele Farben hatte, wenn diese alte Frau sie zählte. Sakura beschloss, auf das Thema, das ihrer Platznachbarin offensichtlich am Herzen lag, einzugehen.
 

„Ich habe ein paar Mal gesehen, dass ein zweiter, schwächerer Regenbogen über dem ersten erscheint, wenn die Regenwolken sehr dunkel sind und die Sonne sehr hell scheint. Die Farben sind so angeordnet, dass sie die des ersten Regenbogens in umgekehrter Reihenfolge widerspiegeln.“
 

Die alte Dame nickte und bedachte Sakura mit einem anerkennenden Blick, wie eine Lehrerin, deren Schüler gerade einen Test bestanden hat – genauso fühlte sich Sakura auch. „Das nennt man den Nebenregenbogen“, erläuterte die 81jährige. „Seine Farben sind das Gegenstück zum Hauptregenbogen. Sie beginnen mit Rot auf der Innenseite und gehen bis Violett am äußeren Rand. Beim Hauptregenbogen ist es genau umgekehrt.“ Sie schwieg einen Moment lang und sagte dann einen letzten Satz, der wie ein Zitat klang: „Die Farben des Regenbogens sind wie Menschen – es gibt keine zwei, die genau gleich sind.“
 

Damit schien das Thema für sie erledigt zu sein.
 

Sakura lächelte stumm in sich hinein. Vermutlich wurde man im Alter einfach ein wenig sonderlich. Sie hatte sich jedenfalls nie zuvor mit jemandem ernsthaft über Regenbogen unterhalten.
 

***
 

Gerade als Sakura und die alte Dame in ein lebhaftes Gespräch über ihre jeweiligen Haustiere verwickelt waren, erklang die Stimme des Kapitäns durch die Lautsprecheranlage der Fähre. „Liebe Passagiere, sehr geehrte Damen und Herren, wir erreichen in Kürze Konohagakure und bedanken uns, dass Sie unsere Gäste waren. Wir würden uns freuen, Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen.“
 

„Kami-sama bewahre!“, murmelte Sakura, aber sie musste zugeben, dass die vier Stunden dank ihrer ungewöhnlichen, aber angenehmen Reisegefährtin schnell vergangen waren.
 

Hinter ihnen packten die Rentner ihr Kartenspiel ein und begannen sich darüber zu streiten, wer welches Zimmer im Hotel bekommen sollte. Sakura hörte nicht mehr hin, es war ihr ganz egal, solange dieses Hotel nicht gerade das neben dem Krankenhaus war.
 

Einige der Senioren fuchtelten schon jetzt aufgeregt mit riesigen Fotoapparaten herum. Der Bordsteward hatte alle Hände voll zu tun, sie auf ihren Plätzen zu halten. Er kam an ihnen vorbei. „Wir erreichen Konoha pünktlich in …“ Er warf einen Blick auf die Uhr.
 

„... in neun Minuten“, half Sakura freundlich.
 

Der Bordsteward und Sakuras grauhaarige Nachbarin warfen einen Blick auf ihre Armbanduhren und dann einen weiteren, erstaunten Blick auf Sakura.
 

„Wie machen Sie das?“, fragte die alte Dame verblüfft.
 

Sakura lachte. Sie konnte sich noch daran erinnern, dass Naruto und Sasuke ebenso überrascht ausgesehen hatten, als sie ihnen zum ersten Mal die Uhrzeit nannte, ohne auch nur einen Blick auf die Uhr zu werfen.
 

„Ein eingebautes Standard-Medical-Nin-Uhrwerk“, erwiderte Sakura grinsend. „Ist einfach praktischer, wenn man Herz- und Atemfrequenz selber messen kann.“
 

Die ältere Frau sah sie mit großen Augen an. „Sie sind ein Medical Nin?“, vergewisserte sie sich überrascht.
 

Sakura lächelte tolerant. „Ja, ich weiß, ich sehe nicht unbedingt wie einer aus.“ Das bekam sie des Öfteren zu hören.
 

„Nein, das wollte ich damit nicht sagen“, versicherte die silberhaarige Dame. „Es ist nur …“
 

Was sie weiter sagen wollte, blieb unklar, denn in diesem Moment folgte die Fähre einer scharfen Flussbiegung, der dichte Wald am Ufer lichtete sich und gab eine beeindruckenden Sicht auf den Hokagefelsen von Konoha frei.
 

***
 

Sakura passierte den Anlegesteg und sah mit Erleichterung zu, wie die Senioren-Reisegruppe gesammelt zu einem Eselkarren strömte.
 

„Und wohin gehen Sie jetzt?“, erkundigte sich die nette alte Dame, als sie sich gemeinsam auf den Weg zur Ankunftsregistrierung machten.
 

„Nach Hause“
 

„Ah, zu Ihrem Mann und Ihren vier Kindern“, schmunzelte die Rentnerin. Es war bereits zu einem vertrauten Scherz zwischen ihnen geworden.
 

„Eher zu einem riesigen Berg Schreibarbeit“, erwiderte Sakura halblächelnd. Sie bedauerte es beinahe, sich jetzt von der alten Frau verabschieden zu müssen. „Und Sie? Werden Sie abgeholt?“
 

„Ja.“ Die grauhaarige Dame drehte sich kurz um, biss auf die Fingerknöchel und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, ihr Enkel möge zur Abwechslung mal pünktlich sein.
 

„Tja, dann auf Wiedersehen“, sagte Sakura, ohne wirklich mit einem Wiedersehen zu rechnen.
 

„Auf Wiedersehen“ Die Rentnerin zeigte erneut ihr unbesorgtes, warmherziges Lächeln.
 

Sie hatten die Ankunftsregistrierung erreicht und sich dort in dem Gewimmel aus den Augen verloren. Nachdem sich Sakura ins Namensbuch eingetragen hatte, wurde sie von Ino eingeholt. Die blonde Kunoichi sah etwas blass im Gesicht aus und stank schlimmer als ein geräuchertes Barmännchen, aber sie hatte sich bereits den Handkarren aus dem Frachtraum organisiert und schloss zu ihr auf. „Kannst du dich noch daran erinnern, als ich dich mal darum gebeten habe, meine Samstagabendschicht im Krankenhaus zu übernehmen?“
 

Sakura verzog das Gesicht. „Du meinst, die 131 Male, die ich für dich am Wochenende eingesprungen bin?“
 

„Tz, ich kann nichts dafür, wenn du so ein armseliges Liebesleben hast, forehead. Schwamm drüber. Ich möchte mich jetzt dafür revanchieren.“
 

„Meinem Liebesleben geht es ganz ausgezeichnet, was man von deiner Arbeitsmoral nicht behaupten kann, pig. Und wie gedenkst du, dich dafür zu revanchieren?“
 

„Nun, ich könnte zum Beispiel zum Hauptquartier gehen, unseren ganzen Bürokram erledigen, den Bericht schreiben und die Kräuter bei der Hokage abliefern - während du nach Hause gehst und dich selig in deiner Badewanne entspannst.“
 

„Diese Selbstlosigkeit hat nicht zufälligerweise damit zu tun, dass ein gewisser Jounin mit einer Vorliebe für geröstete Kartoffelscheiben gerade Dienst im Hauptquartier schiebt, oder?“
 

Ino wurde, zu Sakuras Überraschung, knallrot. „Keine Ahnung, wovon du redest, forehead-girl.“
 

Sakura seufzte. Ein freier Abend würde ihr sehr gelegen kommen. „Na los, hau schon ab, pig.“
 

Mit sensationeller Geschwindigkeit verschwand die blonde Kunoichi inklusive Handkarren und Kräuter, so dass Sakura nur noch in eine leere Staubwolke starrte, als sie ihren Satz beendet hatte. Sie schulterte ihren Rucksack und begann, sich freudig nach Naruto umzusehen. Der Jinchuuriki mit der Lizenz zum Dauerplappern hatte versprochen, sie abzuholen und zu einer Schale Ramen einzuladen.
 

Doch statt einem lauten orangen Farbklecks in der Menge der Wartenden, entdeckte Sakura plötzlich… .
 

„Kakashi-san! Was tun Sie denn hier?“, entfuhr es ihr überrascht. „Sind Sie etwa hier, um mich abzuholen?“ Wenn das der Fall wäre, dann war er aber verdammt pünktlich. Und Kakashi Hatake war nur dann pünktlich, wenn die Welt unterging - oder der Icha Icha Paradise Verlag ein neues Band auf den Markt warf. Von einer schrecklichen Vorahnung befallen, fragte sie: „Ist etwas mit Naruto und Sasuke passiert?“
 

Ihr hochgewachsener Kollege und ehemaliger Lehrer stand zwischen den Wartenden und obwohl er nichts anderes tat als seine maskierte Nase hinter einem Buch zu verstecken, stach er mit seiner ANBU Uniform aus der Menge heraus. Er sah gelangweilt aus. Sein Auge starrte über den Rand des Buches hinweg und fasste Sakura ins Visier. Das einzige Zeichen der Widererkennung war, dass er das Buch zuschnappen und in seiner Weste verschwinden ließ. Wenn er überrascht war, sie hier zu sehen, dann zeigte er es nicht, vorbildlich nach Paragraph 43 der Ninja-Verhaltensregeln: ‘Erwarte stets das Unerwartete!‘
 

„Nein. Alles in Ordnung“, beruhigte er sie. „Naruto und Sasuke wurden auf Mission geschickt.“ Mit der Hand fuhr er sich durchs unordentliche Haar. „Ehrlich gesagt wusste ich nicht, dass du heute ankommst. Schon gar nicht, dass du mit der Fähre ankommst. Was ist, kein Vertrauen mehr zu deinen eigenen Füßen?“
 

Kleine Fältchen kringelten sich um sein Auge und Sakura wusste, dass er unter seiner Maske schmunzelte.
 

„Nein“, grinste sie extrem erleichtert zurück. „Nicht mit zwanzig Kilo Opium auf dem Rücken. Ich wäre spätestens auf der Hälfte der Strecke mit Pupillen so groß wie Untertassen und einem dämlichen Grinsen im Gesicht vom Ast gefallen. Und ihr Jungs von ANBU hättet dann eine weitere Rettungsaktion auf dem Stundenplan. Aber wenn es Ihr kleines Ninja-Herz beruhigt, Kakashi-san, kann ich Ihnen sagen, dass die Überfahrt mit der Fähre schrecklich war. Wir waren von einer Horde lärmender Rentner umzingelt.“
 

„Wir?“ Kakashi sah fragend an ihr vorbei und die Lachfältchen um sein Auge wurden tiefer.
 

Sakura fragte sich, ob er glaubte, sie hätte auf ihrer Mission einen Mann kennen gelernt. Sie grinste breit, bevor sie antwortete. „Ja. Wir. Ino, ich und meine neue Freundin, die mich davon abgehalten hat, wahnsinnig zu werden“, erklärte sie und drehte sich suchend um.
 

Die alte Dame kam geradewegs auf sie zu.
 

„Ah, … “, Sakura fiel plötzlich auf, dass sie nicht einmal den richtigen Namen ihrer Reisegefährtin kannte. „Jetzt kann ich Sie wirklich noch mit meinem Kollegen bekanntmachen!“, rief sie ihr zu.
 

Die alte Dame lächelte.
 

Kakashi sah Sakura seltsam an.
 

Dann begann er zu lachen und hielt genügsam still, als die grauhaarige Dame ihn umarmte.
 

Sakura starrte ihn mit heruntergeklappter Kinnlade an. Nicht nur, weil sie zum ersten Mal sah, dass jemand Kakashi umarmte, ohne dabei den üblichen Todeskampf auszufechten, sondern auch, dass er lachte - und nicht nur das übliche mechanische Lächeln zeigte, bei dem Sakura sich jedesmal fragte, ob man ihn in die gleiche Klasse gesteckt hatte wie Sai.
 

Ein Lächeln mit Seltenheitswert.
 

Der Copy Nin lachte noch ein wenig lauter und die alte Dame fiel in das Lachen mit ein. „Sakura“, sagte Kakashi, als er sich endlich von der Überraschung erholt hatte. „Du wolltest mich doch nicht etwa meiner eigenen Großmutter vorstellen? Auf einen solchen Gedanken kann auch nur eine Kunoichi kommen.“
 

Sakura sah baff zwischen Kakashi und der alten Dame hin und her. Jetzt wusste sie endlich, wieso die Rentnerin ihr so vertraut vorgekommen war und von wem Kakashi sein träges Grinsen geerbt hatte. „SIE sind SEINE Großmutter?!“, fragte sie ein wenig atemlos.
 

„Yep“, antworte Kakashi nonchalant.
 

„Kein Scherz, hm?“
 

Der Copy Nin verschränkte die Arme vor der Brust und blickte herausfordernd auf die junge Frau herab. „Hast du etwa geglaubt, ich wurde von einem Rudel Wölfe großgezogen?“
 

Sakura fühlte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. „Hatake-obaasan…“
 

„Granny“, verbesserte Kakashis Großmutter lächelnd.
 

Sakura nickte. „In Ordnung, Granny-san … haben Sie gewusst, wer ich bin?“ Ganz offensichtlich war die Rentnerin nicht überrascht gewesen, dass sie und Kakashi sich kannten.
 

Granny schüttelte ihr graues Haar. „Nein, erst als Sie mir sagten, dass Sie ein Medical Nin sind, hatte ich so eine Vermutung. Ich hätte wirklich schon früher darauf kommen sollen, aber Kakashi hat noch untertrieben, als er mir schrieb, wie hübsch Sie sind.“
 

Wenn Sakuras Kinnlade nicht schon unten gewesen wäre, spätestens jetzt wäre sie bis zum Erdmittelpunkt und weiter heruntergefallen.
 

Kakashis Auge weitete sich mit verhaltener Überraschung. „Hm. Das ist wirklich interessant, Granny. Zumal ich sicher bin, dass ich noch nie in meinem ganzen Leben einen Brief geschrieben habe.“
 

„Eben. Schande über dein Haupt, deine alte Großmutter so zu vernachlässigen.“
 

„Sakura?“ Kakashi beugte sich vor und winkte mit der Hand vor dem sprachlosen Gesicht seiner einstigen Schülerin. „Das war ein Scherz. Du kannst den Mund wieder zu machen. Es sei denn, du möchtest weiterhin Fliegen fangen.“
 

Sakura gab sich einen mentalen Ruck. „Natürlich war das ein Scherz“, erwiderte sie schnell. Kakashi Hatake würde eher der Mund abfaulen, bevor er etwas Positives über sie ausplauderte.
 

Granny lächelte und legte ihr die Hand auf den Arm, wie sie es schon zuvor getan hatte. „Schon gut, diesen Wink konnte ich mir einfach nicht verkneifen.“ Sie zwinkerte Sakura zu. „Aber Sie haben wirklich nicht untertrieben, als Sie mir von Ihrem Kollegen erzählten.“
 

Kakashi sah zwischen ihnen hin und her. „Worüber habt ihr beide die letzten vier Stunden gesprochen?“, erkundigte er sich. Seine Stimme war zwanglos, als würde es ihn nicht wirklich interessieren. Aber Sakura hatte noch nie vorher gehört, dass Kakashi Hatake nach dem Gesprächsstoff zweier Frauen fragte. Er musste tatsächlich neugierig sein.
 

Sakura machte eine Bewegung, als drehe sie einen Schlüssel vor ihren Lippen um. „Ich bin Ärztin und stehe unter Schweigepflicht“, erklärte sie schelmisch.
 

Kakashi wandte sich an seine Großmutter. „Granny?“
 

„Und ich sage kein Wort ohne meine Ärztin.“, antwortete die alte Dame und grinste ihren Enkel an. „Wir Frauen müssen schließlich zusammenhalten.“
 

Kakashi seufzte. „Und was ist mit uns Hatakes?“
 

Die alte Dame zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Oh, Nachnamen können geändert werden.“, meinte sie und zwinkerte Sakura bedeutungsvoll zu.
 

„Was ist, Kakashi-san, wollen Sie zwei hungrige Damen nicht zum Essen einladen?“, erkundigte sich Sakura. Sie wäre von allen guten Geistern verlassen, wenn sie die Chance nicht beim Schopfe packte und den Drückeberger endlich für die vielen unbezahlten Rechnungen bei Ichiraku bluten ließ.
 

„Wieso, gab es auf der Fähre keine Suppe?“, fragte Kakashi nett.
 

„Oh nein, so leicht werden Sie dieses Mal nicht davonkommen!“ Sakura schulterte ihren Rucksack und hakte sich bei Granny unterm Arm ein, zog sie fort, und ließ den Copy Nin mit den zwei Koffern der alten Dame zurück.
 

Er seufzte und bürdete sich die Last auf. Mit ein paar Schritten hatte er das ungewohnte Frauengespann eingeholt. „Eine gut gemeinte Warnung, Ninja…“, sagte Kakashi und beugte sich ein wenig zu Sakura vor, während sie nebeneinander hergingen, „wenn Granny beginnt, von Regenbogen zu sprechen…“
 

Sakura grinste. „Zu spät, Kakashi-san. Das hat sie schon vor einer Stunde und drei Minuten getan.“
 

Kakashi stöhnte unterdrückt auf. Er erklärte es ihr. Diese Geschichte mit den Regenbogen war ein alter Test seiner Großmutter.
 

Wann immer ihr jemand sympathisch war, fing sie mit diesem Thema an, um zu prüfen, ob derjenige sich darauf einließ.
 

„Und? Wie hast du abgeschnitten?“, wollte er wissen.
 

„Was glauben Sie wohl, Kakashi-san? Ich bin schließlich ein ehemaliges Mitglied von Team 7!“ Sakuras Augen funkelten ehrgeizig.
 

„Dann bist du also mit wehenden Fahnen durchgefallen“, gab Kakashi cool zurück.
 

Sakura wechselte ihren Rucksack in die andere Hand und gab Kakashi einen Schlag auf den Arm. „Sie sollten aufhören, ständig von Naruto und Sasuke auf mich zu schließen! Natürlich hatte ich die höchstmögliche Punktzahl!“, gab sie empört von sich.
 

Granny, die neben den beiden herging, lächelte stumm in sich hinein.
 

***

Ein Ninja zum Nulltarif

„When you are dating a nice girl an hour seems like a second. When you sit on a red-hot cinder a second seems like an hour. That's relativity.“
 

- -Albert Einstein
 

***
 

Also, wohin gehen wir, Kakashi-san?“, fragte Sakura und fasste ihren ungewöhnlichen Begleiter für den Abend ins Auge.
 

Kakashi zuckte mit den Schultern.
 

Mit den Händen in den Hosentaschen gestopft, der hängenden Schulterpartie und dem träge dreinschauenden Auge, sah er nicht gerade glücklich aus mit der gegenwärtigen Situation. Aber, er sah auch nicht viel anders aus als sonst. Stets ein wenig gelangweilt und unterfordert. Und immer den Eindruck erweckend, dass er überall sonst sein wollte, nur nicht eben hier.
 

Sakura gluckste. „Ich hätte vielleicht gedacht, Ihre Großmutter würde gerne in dem Restaurant essen, in dem Tsunade-sama immer die ersten Trüffel der Saison verspeist.“, schlug sie mit einem diebischen Lächeln vor.
 

Es entlockte ihm ein müdes Gähnen. „Nur wenn du uns einlädst, Sakura. Das Gedeck kostet 80 Ryo in diesem Restaurant.“ Er sah von der Seite auf sie herab und zeigte sein schwerfälliges Lächeln. „Scheinbar bezahlt die Hokage ihre Medical Nins großzügig, aber meine Großmutter ist nur eine arme Rentnerin und ich als ANBU Kommandeur bin praktisch mittellos.“
 

„Hey, ihr beiden, könntet ihr bitte aufhören, so von mir zu sprechen, als wäre ich ein Haustier? Ich bin anwesend, bei vollem Verstand und kann immer noch selbst entscheiden, wo ich essen möchte, auch wenn ich Gebissträgerin bin!“, griff Granny in das Gespräch ein. „Wie wäre es mit diesem netten kleinen Restaurant dort drüben auf der anderen Straßenseite?“
 

Kakashi folgte ihrem Blick und was er sah, ließ ihn enttäuscht ausatmen. Er konnte bereits jetzt vorhersagen, was Sakura und Granny bestellen würden.
 

***
 

Kakashi studierte die Speisekarte, während Sakura und seine Großmutter die Karte bereits zugeklappt hatten und aus dem Fenster sahen. Draußen glitzerte die späte Nachmittagssonne auf den Dächern von Konoha.
 

„Es sollen ja schon Leute in einem Restaurant verhungert sein“, kommentierte Sakura nach einer Weile und dann an Granny gewandt: „Jetzt weiß ich auch, warum Ihr Enkel so dürr ist.“
 

Kakashi sah von einem zum anderen. „Ich habe das Gefühl, dass es ein Fehler ist, euch beide allein zu lassen. Vermutlich habt ihr die übelsten Klatschgeschichten über mich erzählt.“ Vage Schmunzelfältchen umrandeten sein Auge, aber in seinem Blick lag auch Neugierde.
 

„Damit wollte ich eigentlich bis nach dem Essen warten ... falls du dich heute noch entscheiden kannst“, bemerkte Granny mit liebevollem Spott.
 

„Vielleicht sollte ich Ihnen die Karte vorlesen, alter Mann?“, bot Sakura grinsend an.
 

„Es ist DEFINITIV ein Fehler, euch allein zu lassen. Ihr scheint euch ja gut zu verstehen.“, beschwerte Kakashi sich. In Wirklichkeit musste er jedoch innerlich kapitulieren, da die Hokage mit ihrer Prophezeiung ins Schwarze getroffen hatte. Flüchtig bäumte sich die Frage in ihm auf, welche Folgen das wohl für Grannys vermeintliches Vorhaben haben könnte. Mit Sakura als ihre Komplizin, sollte er vielleicht doch den klitzekleinen Gedanken in Erwägung, in Otagakure um Asyl zu betteln.
 

Aber auch nur vielleicht.
 

Er konnte Sakura immer noch gefesselt, bewusstlos und mit einer riesigen Schleife auf dem Kopf vor Rock Lee‘s Türschwelle abliefern und wäre sicher, seine Schülerin so bald nicht mehr auf offener Straße wieder zu sehen. Lees unglaubliche Verliebtheit war sogar ihm, der-der-niemals-weiß-was-vor-sich-geht-bis-er-mit-den-Füßen-knöcheltief-durchs-Wasser-stapft-und-sich-wundert-ob-der-Wasserhahn-vielleicht-noch-an-ist-Mensch zu Ohren gekommen. Jemand hätte Kakashi schon den Kopf abreißen müssen, damit er Naruto Uzumakis jahrelange Schimpferei über Lees Ambitionen überhört haben könnte.
 

Heiter schloss er die Speisekarte und winkte dem Kellner.
 

„Na endlich! Ein dreifaches Hoch auf Kami-sama!“, kommentierte die vitale 81jährige.
 

Wie Kakashi vorhergesehen hatte, bestellte Sakura die gemischte Grillplatte und Granny schloss sich ihr an.
 

„Ich hätte gerne Sake, den Schwertfisch mit Reis und den Salatteller, bitte“, entschied er und ignorierte das synchrone Augenrollen seiner Begleiterinnen, die Vorsitzende des barbarischen Clubs ‘Du isst meinem Essen das Essen weg, auf die Knie mit dir, Vegetarier!‘ waren.
 

Der Kellner verschwand - und raus kam das Buch. Der berühmte Copy Nin lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander und schien sich mit Icha Icha Violence die Wartezeit versüßen zu wollen.
 

„Kakashi Hatake! Pack sofort das Schmuddelbuch weg, oder ich zieh dir die Ohren lang!“
 

Er sah irritiert auf und schien kurz zu überlegen, ob in dem Restaurant noch ein anderer erwachsener Mann mit dem Namen Kakashi Hatake gemeint war. Er blickte seine Großmutter an, seufzte, und ließ das Buch wieder verschwinden.
 

Sakura musste lachen. Es geschah nicht oft, dass jemand ihrem Sensei die Leviten las. Nicht oft, aber bitternötig war es allemal.
 

„Ich hätte euch warnen sollen.“, sagte Kakashi nach einer Weile, um die Langeweile zu überbrücken. „Die Grill-Platte ist ziemlich groß.“
 

„Ich habe lediglich vorausschauend bestellt“, wandte Sakura ein und in Grannys Richtung erklärte sie, „Kakashi-san hat die Angewohnheit, mehr von anderer Leute Teller zu essen als von seinem eigenen - besonders, wenn sie gerade nicht hinschauen.“ ‚Oder sich im Land der Träume befinden.‘ Letzteres sagte sie nicht, sondern packte es in einem bedeutungsvollen Blick.
 

Kakashi fing den Blick auf und erwiderte ihn mit einem unschuldigen Schulterzucken. „Nur weil ich einmal vor Jahren ein paar Oliven aus deinem Salat gegessen habe, als ein absoluter finanzieller Notstand bei ANBU herrschte…“, verteidigte er sich, „Ich konnte nur nicht zusehen, wie du in dem armen Salat herumgestochert hast, als würden ein paar Vitamine ab und zu dich umbringen. Weißt du, Granny, Sakura ist ein Medical Nin – die essen praktisch alles, es sei denn, es ist gesund.“
 

„Dann sollten Sie aufpassen, ich könnte eines Tages entscheiden, zum Menschenfresser zu werden“, drohte Sakura scherzhaft.
 

„Und dich vernaschen, Kakashi-kun?“ Granny kicherte als wäre sie elf und nicht 81 Jahre alt.
 

Ein paar lange Sekunden lang war das auch das einzige Geräusch, das am Tisch zu hören war.
 

Kakashi hatte die Luft angehalten.
 

Sakura schob leicht schockiert die Serviette von einer Seite zur anderen.
 

„Granny!“ Der warnende Unterton in Kakashis Stimme war was für fortgeschrittene Kettenrassler.
 

Seine Großmutter lächelte und genoss es wie immer zu versuchen, ihren ruhigen, selbstbewussten Enkel in Verlegenheit zu bringen. „Entschuldige, ich vergaß, du ziehst es ja vor, allein zu leben.“
 

„…“
 

„Oder hat sich während meiner Abwesenheit etwas für dich ergeben?“ Die alte Dame lächelte liebenswürdig, so als würde sie nicht gerade ganz nebenbei vor dem Abendessen Kakashis Privatleben auseinander nehmen – und das auch noch vor Sakura.
 

Kakashi hob streng die Braue. „Themenwechsel.“
 

Sakuras Gesichtsausdruck schwankte zwischen Mitleid, Schadenfreude, Neugierde und Verlegenheit und endete dann bei Belustigung.
 

„Kakashi Hatake! Mir kannst du das doch erzählen; ich bin deine Großmutter! Dieselbe, die dich davon abgehalten hat, mit diesen Pappflügeln von der Scheune zu springen, die dir beigestanden hat, als Klein-Gai dich überreden wollte, einen Chihuahua zu kaufen und die dich vor Kaori Wu aus deiner Windelgruppe gerettet hat!“
 

„Und dieselbe, die es schon immer liebte, mich vor der Welt zu blamieren!“, murmelte Kakashi und hoffte, dass der Kellner bald das Essen bringen würde, so dass seine Großmutter etwas anderes zu tun bekam, als ihn in Verlegenheit zu bringen. „Ich bin sicher, es gibt irgendein Gesetz in Konoha, das verbietet, Shinobi mit respektablem Ruf in der Öffentlichkeit zu verunglimpfen.“ Hilfesuchend wandte er sich an Sakura.
 

Aber Sakura dachte nicht daran, für ihn und gegen Granny Partei zu ergreifen – Frauen hielten nun einmal zusammen. „Ich habe Tsunade-samas Bibliothek von Anfang bis Ende gelesen. Ich wüsste es, wenn es so etwas gäbe, glauben Sie mir“, versicherte sie amüsiert grinsend.
 

„Dann muss es wohl unter den Ninja-Verhaltensregeln fallen.“, beharrte Kakashi. „Unter Paragraph 38 vermutlich: Kein Shinobi darf ohne ausreichenden Grund der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.“
 

Er setzte eine betont leidende Miene auf.
 

Sakura nahm ihm die Mitleidsmasche nicht ab. Dafür müsste er schon blutend auf dem Boden liegen. „Hmm, ich sehe die Grabinschrift dafür:“, philosophierte sie. „Hier ruht Kakashi Hatake. Wir gedenken seiner, weil er alle Ninjas mit Schande befleckt und im Alter von 34 Jahren von seiner eigenen Großmutter mit bloßen Worten zermürbt wurde. Er war auch der legendäre Copy Nin, aber das wurde durch die Granny-Episode null und nichtig gemacht.”
 

„Eine Tat, die mir in vielen Teilen dieser Welt bestimmt Heiligenstatus einbringen würde“, überlegte Granny.
 

„Zumindest würde es Ihnen eine Ehrenmitgliedschaft bei Akatsuki sichern - wenn der Gammelverein noch existieren würde.“, setzte Sakura hinterher.
 

„Oh, danke, du bist deinem Kollegen wirklich eine große Hilfe.“, sagte Kakashi trocken. „Das muss die berühmte Loyalität der Medical Nins sein.“
 

„Tja, Kakashi-san, und Sie sind kein Medical Nin, es sei denn, Sie haben in den drei Wochen, in denen ich im Land der Gräser war, die Branche gewechselt.“
 

„Kami-sama bewahre, EIN Holzkopf von Team 7 bei den Medical Nins ist mehr als genug“, entgegnete Kakashi steif. „jedenfalls sollte man eine großmütterliche Schweigepflicht einführen.“
 

Sakura dachte zwei Sekunden ernsthaft darüber nach, ehe sie antwortete: „Ich sehe schwarz für dieses Gesetz, Kakashi-san. Nicht, solange die Hokage selbst im großmütterlichen Alter ist.“
 

„Dann erinnere mich bitte daran, dass ich Granny‘s Gepäck durchsuche, bevor ich ihr das Hauptquartier zeige - ich möchte nicht, dass nachher irgendwelche peinlichen Kinderphotos von mir in Umlauf sind.“, meinte Kakashi gequält.
 

„Die werde ich Sakura-chan dann schon per Post zuschicken,“, entgegnete Granny lächelnd und erhob sich, „Ihr entschuldigt mich… diese Senioren haben auf der Fähre die ganze Zeit über die Toilette belegt.“
 

Sie sagte es, als wäre sie selbst noch längst nicht alt genug, um zu den Senioren gerechnet zu werden.
 

Kakashi sah ihr mit unleserlicher Miene nach. Derselbe Blick blieb dann auf Sakura ruhen, als Granny hinter der Tür zu den Toilettenräumen verschwand.
 

„Was ist?“, fragte Sakura lächelnd.
 

„Nichts weiter. Ich schwelge gerade in Erinnerungen.“
 

„Ah, die gute alte Zeit mit Kaori Wu aus der Windelgruppe?“, neckte Sakura.
 

„Nah, ich versuche mich daran zu erinnern, wie schön es war, als du noch respektvoll zu mir aufgesehen hast.“
 

„Kakashi-san! Ich sehe immer noch zu Ihnen auf!“, sie kicherte, „Sie sind ja auch ein ganzes Stück größer als ich.“
 

Er blickte fassungslos drein. „Und das aus deinem Mund, Sakura. Ich bin tief getroffen. Dabei warst du immer meine Lieblingsschülerin gewesen.“
 

Sakura zog eine schmollende Grimasse. „Ich wette, das sagen Sie zu all Ihren Schülern.“
 

„In der Tat, das tue ich“, gab Kakashi zu. „Das ist eine ausgezeichnete Motivation. Aber bei dir habe ich es auch gemeint.“
 

Sakura wurde leicht rot. „Wirklich?“, fragte sie zögernd und hoffte, dass er nicht wieder scherzte. Kakashi hatte zuweilen eine seltsame Art von Humor. “Wie kommt das?“
 

„Du bist klüger, reifer, lernst schnell… du bist nicht durchgebrannt mit einem kriminellen oder perversen Kerl. Ich musste mich weniger um dich sorgen.“ Die Maske zeichnete die Konturen seines Lächelns nach. „Außerdem lässt du immer die grünen Dropse aus der Wundertüte liegen, was einfach phantastisch ist, weil ich die grünen Dropse liebe. Normalerweise muss ich Sasuke und Naruto knebeln und fesseln und fürchterliche Schmerzen androhen, ehe ich an die grünen Dropse komme, aber du lässt sie einfach liegen.“
 

„Ja klar, als ob ich jemals freiwillig Bonbons mit Ginkgo-Geschmack in den Mund stecken würde.“ Sie schüttelte sich angewidert. „Wissen Sie, Kakashi-san“, fuhr sie fort mit einem seichten Lächeln. „Ich habe das vermisst, mit Ihnen zusammen zu sein.“
 

Kakashi blinzelte. „Hm?“
 

„Sie sollten diesen Mittwochabend unbedingt bei Ichiraku-san vorbeischauen. Sasuke und Naruto würden sich bestimmt freuen. Der alten Zeiten Willen.“
 

„Vielleicht sollte ich das… vielleicht sollte ich auch meine Sockenschublade aufräumen.“
 

Was soviel hieß wie ‘vielleicht, aber wohl eher nicht‘. Sakura seufzte. Bei Kakashi konnte man nie sagen, ob er sich vor etwas drückte, oder er tatsächlich das dringende Bedürfnis hatte, seine Socken zu sortieren. Sie ließ es darauf beruhen. Wie immer. „Sie haben wirklich eine ganz reizende Großmutter, Kakashi-san.“
 

Er stieß einen Seufzer aus. „Sie mag ja reizend zu dir sein, aber nicht zu ihrem eigenen Fleisch und Blut… .“
 

„Ich bedaure Sie nach dem Essen, okay?“, meinte Sakura frech.
 

„Sicher doch, ohne Essen ist Team 7 nicht mal in der Lage, sich die Schuhe zuzubinden.“, kommentierte Kakashi trocken.
 

Granny verließ gerade die Damentoilette und ging in Richtung ihres Tisches. Prompt wurde sie mit einem Anblick belohnt, der ihr ein Lächeln abrang, das Außenstehende für leicht irre hielten, in der Hatake-Familie aber ein berüchtigtes Symptom war - das Symptom eines Bluthundes, der soeben Lunte gerochen hat. Kakashi und Sakura saßen einander gegenüber, redend, und was immer ihr Enkel von sich gab, es ließ Sakura lächeln und gleichzeitig die Fäuste ballen, als wolle sie ihm den heißen Inhalt des Sakekruges über den Kopf ausschütten.
 

Tat sie aber nicht.
 

Granny fand, das war ein gutes Zeichen.
 

Sie selbst wollte Kakashi öfter gerne mal vors Schienbein treten.
 

Als Granny sich näherte, kickte Kakashi ihren Stuhl lässig mit dem Fuß zurück, bot ihn ihr an. Lächelnd nahm Granny Platz. Manchmal war er seinem Vater und Großvater so ähnlich, dass es ihr den Atem raubte.
 

„Na, Sakura-chan, hat Ihnen mein Enkel während meiner Abwesenheit den letzten Nerv geraubt?“
 

Amüsiert sah sie zwischen den beiden Ninjas hin und her und kniff ohne Vorwarnung Kakashi liebevoll in die Wange und ließ ihn mit einem preislosen Gesichtsausdruck zurück.
 

Sakura brach - sehr zu Kakashis Missfallen, in schallendes Gelächter aus, das die Aufmerksamkeit der anderen Tische auf sie zog. Kakashi seufzte. Die einzige vernünftige Handelungsweise in dieser Situation war, von seinem Stuhl zu gleiten und unter dem Tisch zu winseln. Natürlich winselte ein Ninja nicht, aber er dachte, mit einem kleinen männlichen Gurgeln käme er vielleicht durch.
 

Sakura hielt sich die zuckenden Bauchmuskeln. Sie hatte nie zuvor gesehen, dass jemand den 1,82m großen Copy Nin und jetzigen ANBU Kommandeur wie einen ungezogenen Jungen behandelte.
 

Granny kniff Kakashi noch ein zweites Mal in die Wange. „Ich kenne doch meinen Enkel. Schon seine Kindergärtnerin wollte ihn regelmäßig an den Gartenzaun des Horts fest ketten und Tennissocken in seine freche Klappe stopfen, weil er sie wahnsinnig machte.“
 

„Es ist nicht meine Schuld, dass Mina-san so ein schwaches Nervengerüst hatte“, verteidigte sich der Copy Nin.
 

„Schwaches Nervengerüst? Sie war der Grund, weshalb wir dich schon mit drei Jahren an der Ninja Akademie angemeldet haben. Keine andere Vorschule wollte dich mehr aufnehmen!“
 

Sakura prustete in ihr Wasserglas. „Wer hätte das gedacht, der Copy Nin verdankt seine glänzende Karriere einer hilflosen Kindergärtnerin.“
 

Glücklicherweise brachte der Kellner das Essen und rettete Kakashi vor weiteren peinlichen Anekdoten aus seiner Kindheit.
 

Sakura stürzte sich auf ihr gebratenes Hähnchen und wunderte sich heimlich über Kakashis Familie. Reizende alte Omas kamen immer zu Geburtstagen und Neujahrsfesten zu Besuch. Sakura hatte Granny jedoch nie vorher kennen gelernt, geschweige denn, sie in Konoha gesehen. All die Jahre nicht. Sicher, der Weg nach Konoha war beschwerlich und nicht einfach für eine betagte Frau, weshalb Sakura zu einer Schlussfolgerung kam: „Gibt es einen besondern Anlass, weshalb Sie nach Konoha gekommen sind?“
 

„Du meinst, mich zu sehen, ist nicht besonders genug?“
 

Sakura zupfte ein Hähnchenflügel auseinander und streckte ihrem alten Sensei die Zunge raus. „Weiß nicht, wir können ja mal Mina-san fragen… .“
 

Die alte Dame ignorierte diesen Einwurf. Eiskalt, ohne mit der Wimper zu zucken und nebenbei mit der Gabel ein kleines Wachtelherz aufspießend, sagte sie: „Natürlich gibt es einen besondern Grund: ich bin zu Kakashi-kuns Hochzeit angereist.“
 

Die Hälfe des Hähnchenflügels flutschte Sakura aus der Hand und haute den kahlköpfigen Mann an der Bar vom Stuhl.
 

Kakashi verschluckte sich an seinem Sake.
 

Sakura war so freundlich, ihm auf den Rücken zu klopfen. „Wow, das sind ja mal Neuigkeiten“, ließ sie mit angestrengt ruhiger Mimik verlauten. Das Klopfen wurde allmählich zu harten Schlägen. „Und Sie treulose Tomate halten es nicht einmal für nötig, uns davon zu erzählen.“ Zu den Schlägen kamen sanfte Chakraentladungen hinzu und Kakashi fürchtete, er würde auf dem Rücken Morgen in allen Farben schimmern.
 

Also fing er die prügelnde Hand im Flug auf, bevor er demnächst noch Invalidenrente beantragen musste. „Sakura, ich habe nicht vor, zu heiraten. Zumal mir dazu das entscheidende Equipment fehlt: eine Frau.“
 

Sakura hielt inne.
 

Granny zerhackte seelenruhig mit ihrem Messer ein Steak. „Och, deshalb bin ich ja hier. Ich werde dir eine Frau besorgen und dann wird geheiratet.“
 

Zu sagen, dass Sakura leicht verwirrt war, war die Untertreibung des Jahres. Sie blickte Kakashi an, versuchte sich ihn als Haus- und Ehemann vorzustellen und fing an, amüsiert zu zucken. Dabei entging ihr glatt der viel sagende Blick, den Granny ihr zuwarf. „Was ist mit Ihnen, meine Liebe?“, fragte die alte Dame kokett. „Die Eintritteskarte zu dem Haus und Ihren vier Wunschkindern sitzt an diesem Tisch. Ich versteigere den Prachtburschen zum Nulltarif, und mich gibt’s als kostenlosen Babysitter noch obendrauf. Wie wär‘s? Haben Sie Interesse an dem Posten meiner zukünftigen Schwiegertochter?“
 

***
 

Wie wär‘s? Haben Sie Interesse an dem Posten meiner zukünftigen Schwiegertochter?“
 

Sakura fror ein.
 

Kakashi blinzelte sehr langsam.
 

Wahrscheinlich ebenso langsam wie sein Bewusstsein brauchte, um die Frage zu verarbeiten.
 

Granny liebte es zu schockieren. Natürlich liebte sie auch Hochzeiten, Kreuzworträtsel und Zitronenkucken, aber Leute aus ihren Socken kippen zu lassen, war ihr heimliches Lieblingshobby. Warum auch lange um den heißen Brei herumreden? Lieber gleich reinhauen, und belustigt zusehen, wie ihre ‘Opfer‘ verlegen nach Antworten suchten, stotterten, Servietten zerknüllten und sich sehnlichst wünschten, der Boden möge sich unter ihren Füßen auftun und sie verschlingen.
 

Zumindest hatte Granny das erwartet, nachdem sie Sakura ihren Enkel angepriesen hatte, als wäre er der beste Fang des Tages auf einem müffelnden Fischmarkt.
 

Es war zunächst erschreckend ruhig am Tisch.
 

Kein Wörtchen wurde gesprochen und Granny ließ von ihrem Steak los, zersäbelte selig ein anderes Stückchen Fleisch auf ihrer Grillplatte und schob es zu der betäubten Sakura hinüber. „Hier, meine Liebe, Rinderhoden. Das Beste vom Besten. Soll besonders gut für die Fruchtbarkeit sein.“
 

Um dem Ganzen noch ein Krönchen aufzusetzen, balancierte sie die andere Hälfte auf Kakashis Teller.
 

Und dann explodierte die Bombe.
 

Allerdings auf eine Weise, mit der Granny ganz sicher nicht gerechnet hatte.
 

Die beiden kugelten plötzlich brüllend von den Stühlen, zeigten abwechselnd mit den Fingern auf sich, verstummten kurz, um sich dann wieder aufs Neue laut loszulachen. Kakashi haute mit der Hand auf dem Tisch, legte den Kopf in den Nacken, und ließ dem vibrierenden Gelächter in seiner Kehle freien Lauf. Sakura, leicht rot ums Näschen, ließ den Kopf auf die Tischkante fallen, mit der Stirn voran, zuckte wie ein Epileptiker, kicherte, ruckte wieder hoch mit ein bisschen Ketchup in den rosa Haaren verteilt und schüttelte sich aufs Heftigste aus.
 

Die alte Dame legte leicht pikiert ihr Besteck beiseite. „Ich denke, ich habe es begriffen.“
 

Nicht, dass das den kollektiven Lachanfall irgendwie beruhigte. Kakashi lehnte sich schmunzelnd vor. „Granny, der Gedanke ist so absurd… Sakura war meine Schülerin. Hast du ernsthaft in Betracht gezogen, mich mit meiner eigenen Schülerin zu verkuppeln? Ich meine, wie alt bist du, Sakura? 16? 17?
 

Sakuras Lachen verstummte dann schneller wie ein Hummer im Delikatessengeschäft. „Ich bin 22!“, protestierte sie.
 

Kakashi blinzelte. „Huh… wirklich?“
 

Sie verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. „Ja, wirklich! Sie schulden mir übrigens noch zehn Geburtstagsglückwünsche!“
 

Er sah sie leicht bedröppelt an und setzte zu seiner Antwort an - als sein Auge sich plötzlich mit Schrecken weitete und er mit dem Finger auf etwas zeigte, das hinter ihr war. „Orochimaru!“
 

„Wo?!“ Sakura sprang auf, duckte sich, zog ein Kunai, während sie sich gleichzeitig umdrehte und nach Orochimaru suchte.
 

Hinter ihr war jedoch nur ein einsamer Garderobenständer. „Was zum-?“
 

Als sie sich umdrehte, zog Kakashi gerade wieder die Maske über sein Gesicht, mit vollen kauenden Backen. Der Teller vor ihm war jetzt leer. „Das war wirklich eine ausgezeichnete Mahlzeit“, schmatzte er und rieb sich den Bauch.
 

„Das war wirklich… ein unglaublich billiger Trick, Kakashi-san!“ So unglaublich billig, und dennoch ausreichend, einen Jounin an der Nase herumzuführen.
 

Er zuckte mit den Schultern. „Ein Ninja muss tun, was nötig ist, um zu gewinnen.“
 

„Sie sind UNMÖGLICH!“ Unmöglich Kakashi‘sch.
 

„Kinder, Kinder… , hört auf zu streiten.“, schaltete sich Granny beruhigend ein. „Wie wär‘s mit einem Dessert?“
 

‚Wie wär‘s mit Kakashis Kopf auf einem Teller?‘, grummelte Sakura innerlich. Doch dann kam der Kellner angerauscht, einen kleinen Wagen vor sich herschiebend, auf dem viele kleine Puddingtürmchen, Schokokreationen, Sahnehäubchen und Fruchtsorbets sich den engen Platz teilten mit wirklich entzückend aussehenden Tortenstückchen. Vergessen war der Ärger, raus kam die Begeisterung. Sakura klatschte mit den Händen. „Nein, wie bezaubernd! Seht euch nur diese kleinen Leckerbissen an! Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.“
 

Kakashi schmunzelte. Sakura, wie sie leibt und lebte. Für ein bisschen Süßkram würde sie glatt ihren letzten Kunai auf dem Flohmarkt verschachern.
 

„Kann ich bitte die Schokoladenmousse haben?“, fragte Sakura den Ober mit funkelnden Augen, vorgeschobener Unterlippe und einem betörenden Wimpernaufschlag. Er hätte ein Eunuch sein müssen, um ihre Bitte abzulehnen, und der Geschwindigkeit nach zu urteilen, mit der er unterschiedlich große Schälchen mit der braunen Mousse vor ihr aufreihte, war er sich durchaus des Testosterons in seinem Körper bewusst - auch wenn in der lächerlichen Uniform eines Pinguins gequetscht war.
 

„Sie können wählen, junge Dame. Kleines Tellerchen, mittleres Tellerchen, oder das große Tellerchen für große Genießerchen.“
 

Kakashi starrte ihn seltsam an.
 

Sogar Granny legte den Kopf leicht schräg, um einen besseren Blick auf den Mann zu werfen, der so sorglos mit dem östrogengeschwängerten Wort ‚Tellerchen‘ um sich warf.
 

„Hm“, Sakura legte nachdenklich den Zeigefinger auf ihre Lippen. „Sie sind alle nicht besonders groß.“
 

Kakashi beschloss auszuhelfen: „Haben Sie in der Küche nicht irgendwo noch ein Goldfischgläschen rumzuliegen?“
 

Die Gabel, die auf seine Hand zielte, verfehlte ihn nur um wenige Millimeter. Sakura brauste ihn an: „Was zur Hölle soll das schon wieder bedeuten!?“
 

***
 

Trotz diverser mieser Verkupplungsversuche und Gabelattacken wurde der Abend dennoch ganz nett - und auf eine verquere Art und Weise sogar recht vertraut. Zumindest konnte Sakura sich nicht daran erinnern, jemals mit Kakashi an einem Tisch zusammen gesessen zu haben, ohne nicht dabei über Lagesondierungen, Missionsplanungen oder schlicht und einfach über Trainingsfortschritte gesprochen zu haben.
 

Schließlich winkte Kakashi dem Kellner und bat um die Rechnung.
 

Als sie gemeinsam zu Tür gingen, öffnete diese sich gerade und zwei grauhaarige Männer traten ein, sich heftig über den Ausgang eines Kartenspiels streitend. Sakura und Granny sahen sich an und lachten, während Kakashi sich die Koffer der alten Dame aufbürdete.
 

„Kommen Sie noch mit auf eine Tasse Tee, Sakura-chan?“, fragte Granny, als sie ihren Nachhauseweg einschlugen.
 

Sakura sah unschlüssig nach vorn und starrte auf den Rücken von Kakashi, der mit den Koffern der alten Dame voran lief. Sie zögerte. Vor allem deshalb, weil sie noch nie in Kakashis Wohnung gewesen war, und sie nicht wusste, ob sie damit eine unsichtbare Grenze überschritt. Aus diesem Grunde beeilte sie sich zu sagen: „Nein danke, ich kann nicht. Ich muss jetzt wirklich nach Hause.“
 

Die alte Dame grinste. „Ach, richtig: zu Ihrem Mann und den vier Kindern.“
 

Sakura lachte, während Kakashi einen Blick über die Schulter warf und zwischen den beiden Frauen hin und her sah. „Sollte ich da was verpasst haben, Sakura?“, fragte er neugierig. „Du hast vier Kinder und ich bin bei keinem Patenonkel geworden?“
 

Granny lächelte vor sich hin. Patenonkel war nicht unbedingt die Rolle, die sie ihm zugedacht hatte, aber natürlich hütete sie sich, das laut zu sagen.
 

„Tz, ich habe gesehen, wie Sie Asuma Junior verwöhnen und das soll bei meinen vier Kleinen nicht passieren.“, wandte Sakura ein.
 

Kakashis Augenbraue schoss zweifelnd in die Höhe. „Ach, und wer hat Asuma junior zu seinem Geburtstag mit Geschenken überhäuft, hm? Und wer musste den Transport übernehmen, weil dieser riesige Bär nicht auf deinem Fahrrad gepasst hat?“, fragte er triumphierend.
 

„Und wer hat ihm dieses ferngesteuerte Auto gekauft, für das Asuma junior noch viel zu klein ist?“, konterte Sakura.
 

„Asuma junior vielleicht, aber Gai Senior schien ziemlich begeistert davon zu sein.“ Er sah ihr ins Gesicht. „Was ist mit dem Tee? Ich habe sogar heiße Schokolade zuhause. Meinetwegen mit soviel Zucker, dass du im Koma landest.“
 

Sakura schüttelte fast bedauernd den Kopf. „Könnte mich fast überzeugen, aber ich muss morgen Früh der Hokage Bericht erstatten.“
 

„In Ordnung, dann bringen wir Sie jetzt nach Hause“, meinte Granny.
 

„Nur keine Umstände, ich kann auch gut allein nach Hause laufen. Gute Nacht und vielen Dank für die Einladung. Wir sehen uns dann Morgen vielleicht. Oder nehmen Sie sich ein paar Tage frei?“ Sie sah ihren ehemaligen Sensei fragend an.
 

„Sagen wir‘s mal so: Ich stehe in Verhandlungen mit der Hokage“
 

„Sie meinen, Sie nerven die Hokage so lange, bis sie nachgibt?“, vermutete Sakura schelmisch. Sie wussten beide, dass man mit der Hokage nicht so einfach über etwas ‚verhandelte‘.
 

„Nein, würde mir nie einfallen“, behauptete Kakashi, „das ist eine Medical Nin-Technik.“
 

„Haha, guter Witz! Glauben Sie, ich würde Morgen zum Dienst antreten, wenn das eine Technik von uns Medical Nins wäre?“
 

„Hm, eine Technik muss natürlich auch richtig angewandt werden, damit sie erfolgreich ist. Das kann eben nicht jeder.“
 

Das forderte Sakuras Medical Nin - Stolz heraus. Sie verschränkte die Arme und sah Kakashi herausfordernd an. „Wetten, dass ich es vor Ihnen schaffe, einen Tag frei zu bekommen?“
 

„Wette angenommen“, stimmte Kakashi zu und drehte sich um, um Sakura die Hand zu schütteln, so wie er es viele Male mit Gai getan hatte, bevor seine Wetten ziemlich abgefahren wurden.
 

„Und was gewinne ich?“, erkundigte sie Sakura mit einem siegessicheren Medical Nin - Lächeln.
 

„Wenn ich gewinne - und das werde ich - dann isst du einen Monat lang nur Gemüse, Früchte, GESUNDE Nahrung. Schweinerückensteaks und Donuts sind gestrichen.“ Kakashis Auge kringelte sich.
 

„Oh, das ist hart. Aber einverstanden, Sie werden ohnehin nicht gewinnen. Denn wenn ich gewinne, werden Sie einen Monat lang jeden Morgen in einem T-Shirt MEINER Wahl joggen gehen.“ Jetzt grinste Sakura.
 

„Autsch. Das ist gut. Darauf hätte ich kommen müssen.“
 

***
 

Ich hoffe, sie gewinnt“, sagte Granny, sobald Kakashi seine Wohnungstür aufgeschlossen hatte.
 

„Hey, wo bleibt deine Loyalität zu ANBU und deinem Enkel?“, wollte Kakashi wissen.
 

„Ich bin absolut loyal dir gegenüber. Du solltest aber eines bedenken: Wenn Sakura-chan die Wette gewinnt, muss sie einen Monat lang jeden Tag mit dir joggen, um sicherzugehen, dass du das T-Shirt auch wirklich trägst.“
 

Kakashi fuhr sich mit der Hand durchs unordentliche Haar. „Granny, das wollte ich dir schon den ganzen Abend sagen: Sakura und ich sind Schüler und Lehrer - “
 

„Waren.“
 

„- und haben nicht im Entferntesten romantische Absichten.“
 

„Noch nicht.“
 

„Weil das so wäre, als würde ich mit meiner kleinen Schwester ein Verhältnis anfangen. Granny. Ich bin mir sicher, dass du dich mit Sakura blendend verstehst. Ihr zwei seid aus einem Holz geschnitzt. Verständlich, dass du sie für ein tolles Mädchen zum Heiraten hältst. Was ich auch gar nicht abstreiten will.“
 

Granny strahlte ihn hoffnungsvoll an.
 

„Nur eben nicht für mich.“
 

„Was nicht ist, kann ja noch werden.“, meinte Granny unbeeindruckt.
 

Kakashi stöhnte. Was er auch sagte oder tat, seine Großmutter ließ sich nicht von ihrer Idee abbringen. Dann könnte er gleich versuchen, einen Tyrannosaurus rex von Vegetarierkost zu überzeugen. Seine Erfolgschancen stünden wesentlich besser.
 

Granny zuckte unbeirrt die Schultern. „Weißt du, wenn ich es nicht schon gewusst hätte, dann wäre ich spätestens jetzt überzeugt davon, dass du ein wahrer Hatake bist, Kakashi-kun. Auf deinen Vater musste ich acht Wochen lang einreden, bevor er sich endlich getraut hat, Akemi einen Heiratsantrag zu machen und wenn ich darauf gewartet hätte, dass dein Großvater den ersten Schritt macht, dann würdest du heute mit Sicherheit nicht existieren.“
 

„Ich bin dir auch äußerst dankbar für meine Existenz, aber Sakura Haruno ist ein Spielfeld, das ich nie betreten werde.“, betonte Kakashi.
 

„Ich glaube nicht, dass meine Urenkel dir da zustimmen würden.“
 

Kakashi hob eine Augenbraue: „Granny, du hast überhaupt keine Urenkel.“
 

Auch dieser Einwand beeindruckte seine Großmutter wenig. „Eben“, murmelte sie lächelnd.



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Von:  Lunasan
2013-03-01T16:37:02+00:00 01.03.2013 17:37
yosch... hey wann geht es weiter??? selten so gelacht. kakashis oma ist ja göttlich. achja das alte semester halt gg. also bitte bitte bitte weiter schreiben

lg luna
Von: abgemeldet
2011-06-07T16:05:44+00:00 07.06.2011 18:05
Auch mich hat die Neugier überwunden und ich konnte die Finger von der FF nicht lassen. Da ich ein Anhänger von deiner anderen FF "Zuckersüßer Nachgeschmack" bin, musste ich einfach meine neugierge Nase hier hineinstecken.
Die jetzigen Kapitel sind einfach nur goldig. Ich mag deinen Humor und die art und weise WIE du die Charas umsetzt.
Auch hoff ich irgendwann das du dich vielleicht überwinden könntest doch wieder mit der FF anzufangen.
Es würde sich jedenfalls sehr lohnen nach der Kommi anzahl die dir jetzt schon vorliegen.
Aufjedenfall hast du mich so oder so als Leser dazu gewonnen ^^

lg Klecks
Von:  Emily
2010-09-10T11:27:36+00:00 10.09.2010 13:27
Coole FF^^ Würde gerne weiter lesen, auch wenn ich mir sicher bin, dass es nie passieren wird :D
Trotzdem musste ich wegen der vielen Kommentare einfach mal reinlesen!
Von:  SezunaChan
2010-05-16T16:28:11+00:00 16.05.2010 18:28
oh mann echt hammer geil.
schon der einstieg mit kakashi, der essen klaut ist genial und tsunade XD
wie kommt man nur auf solche ideen?
das gespräch zwischen tsunade und kakashi war geil.
das er so viel 'angst' vor seiner oma hat *haha* *sich kugel*
Von:  -Lika-
2010-05-06T20:51:47+00:00 06.05.2010 22:51
HAHAHA
einfach eine klasse und überaus geniale story! :D
bin sowas von begeistert!
ich find die granny von kakashi einfach nur hamma xD
ich ich hoffe das da noch was aus kakashi und sakura wird ^_^
das wär dann echt toll!
bin gespannt wie es weiter geht xD
hab schon lange nicht so gelacht.
wär toll wenn du mir eine ens schicken könntest, wenns hier weiter geht =)
lg
Von:  Feainn
2009-09-29T16:28:07+00:00 29.09.2009 18:28
Oh mein Gott das ist so unglaublich genial geschrieben! Super Humor und Kakashi und Sakura perfekt getroffen!
Super!
Ich würde mich wirklich sehr freuen wenn du weiterschreiben würdest, denn das is echt eine der besten FFs die ich bis jetzt gelesen habe ;)
Bitte mach weiter! :)
Lg Chibi!^^
Von: abgemeldet
2009-08-20T19:34:34+00:00 20.08.2009 21:34
ALsoo ich meine zweites Kapitel :)
huuuh

aber ist toll*.*
Von: abgemeldet
2009-08-20T19:31:34+00:00 20.08.2009 21:31
Die Story ist bis zu dem dritten Kapitel hier auch schon ziemlich genial.
Sie hat halt diesen gewissen Humor den ich so gerne lese.
Wirklich Klasse.

Ich mag einfach dieses Lockere.
Mal von allen so ein bisschen die Gefühlswelt kennen lernen :)
Wirklich gut :)

Ich freu mich auf mehr :)

grüüßchen
Von:  Friday_Ocean
2009-07-05T12:47:21+00:00 05.07.2009 14:47
Hi!
Die liebe, Gute Granny ist wirklich zum lachen! Ich liebe es wenn sie mit Kakashi-chan redet! Sakura und er passen wirklich perfekt zusammen!
Grüße
Von:  Friday_Ocean
2009-07-05T12:20:20+00:00 05.07.2009 14:20
Hallo!
Ich glaube ich schreibe nichts neues, wenn ich sage, dass diese FF wirklich Kultstatus hat!
Die Szenen auf der Fähre fand ich einfach genial! Die Omis und Opis kann man sich wirklich vorstellen! Genauso wie die liebe Granny!
In jeden Satz findet man wirklich etwas zum Lachen! *gg*
Grüße
Noch ein schönes rest Sonnen- Wochenende!


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